Beiträge von Claudia Antonia

    Wie lange hatte Antonia mit sich gerungen, ehe sie sich auf den Weg zu ihrer neu angekommenen Verwandten gemacht hatte. Schon geraume Zeit war sie nun hier und doch hatten sie sich seit jenem ersten Abendessen kaum gesehen. Zum einen wohl, weil Antonia, wenn sie sich in der Villa aufhielt, kaum aus ihrem Cubiculum kam, zum anderen, weil in ihrem Kopf gänzlich andere Gedanken herumspukten, als Zerstreuung mit anderen Frauen zu suchen - selbst ihre Freundinnen bekamen sie kaum noch zu Gesicht.
    Doch heute war es anders. Wie so oft war sie vor ihrem Spiegel gestanden, hatte sich hin und her gedreht, wurde immer unzufriedener mit dem, was sie dort sah. Doch wie sie dies ändern konnte, wollte ihr einfach nicht einfallen. Da war ihr schließlich ein rettender Gedanke gekommen: Celerina.
    Sie musste einen Rat für sie haben. Irgendein Geheimnis hatte sie sicher, sah sie doch stets makellos, schön, schlank, flavisch aus. Angesichts der Tatsache, dass Antonia sie kaum mehr als zwei- bis dreimal gesehen hatte, war dies vielleicht auch nicht so verwunderlich.
    Nichtsdestotrotz hatte sie ein ungutes Gefühl, als sie nun endlich vor der Türe stand, die sie von Celerina trennte, bat sie doch selten - um nicht zu sagen nie - um Hilfe, geschweigedenn, dass sie über Probleme sprach.
    Den Kopf gesenkt haltend, atmete sie stoßartig einige Male durch, um endlich wieder aufzublicken und die Holzmaserung der Tür anzustarren, genau wie ihr Gatte dies oft vor ihrer Türe tat - was sie allerdings nicht wusste.
    Ihre rechte Hand hob sich, um anzuklopfen, verharrte jedoch in der Luft und sank wieder nach unten, ohne ihrer Aufgabe nachgekommen zu sein.
    Lächerlich., murmelte sie halblaut und wandte sich wieder zum Gehen, blieb jedoch schon nach wenigen Schritten wieder stehen.
    Was hatte sie schon zu verlieren? Schlimmer, als es jetzt war konnte es ja ohnehin nicht mehr werden. So kehrte sie zurück und klopfte an.

    Es war ein ungewöhnliches Stück, das ihr Gatte da gewählt hatte. War doch zumeist das Ungeheuer, das Monster der Böse in der Geschichte und der König jener, welcher am Ende triumphierte. Hier war jedoch alles anders.
    Nichts zuletzt, weil sie sich jenem Satyr irgendwie verbunden fühlte, stimmte sie begeistert in den Applaus mit ein.


    :app:


    Nun gut, „begeistert“ war in ihrem Falle vielleicht zu viel gesagt. Verglichen mit anderen Zuschauern wirkte sie schon fast apathisch. Verglichen mit ihrem Normalzustand jedoch euphorisch.
    Selbst den kleinen Disput, den Aristides und sein Hintermann sich kontinuierlich lieferten, bekam sie kaum mit.
    „Ein wundervolles Stück, Manius.“, versicherte sie schließlich ihrem Gemahl.

    Noch immer schwer atmend hatte Antonia ihre „Umklammerung“ von Gracchus gelöst und lies die Beine stattdessen einfach baumeln. Vermutlich zum ersten Mal in ihrem Leben.
    Das Stück war vorbei, der letzte Akt – im wahrsten Sinne des Wortes – glatt über die Bühne gegangen und die männliche Hauptrolle zog es von der Bühne. Höchste Zeit für Antonia, wieder in ihre alte Rolle zurückzufallen.
    Sein prüfender Blick zuletzt, sein allzu geschäftsmäßiges Verhalten, das Glattsreichen seiner Tunika, all dies ließ die Rädchen in ihrem Kopf schneller rattern. Er komme wieder. Es klang fast wie eine Drohung in ihren Ohren.
    Kaum war er aus ihren Cubiculum entschwunden zog sie die Beine an sich, noch immer auf dem Tisch sitzend, und umfasste sie mit ihren Armen. Was war nur in sie gefahren? Wie hatte sie annehmen können, dass eine Lupa wissen konnte, was ein Mann wie Gracchus wollte, was er begehrte? Gewiss, er hatte sich nichts anmerken lassen, war auf jenes Spiel, das Antonia gespielt hatte, eingegangen, doch innerlich war er sicherlich abgestoßen gewesen von solcherlei Gebärden. Und sogleich fiel ihr wieder seine Beteuerung ein: „Nichts begehre ich mehr, als dich zu begehren.“ Erst jetzt verstand sie, erst jetzt dachte sie darüber nach.
    „Er will mich nicht.“
    Nur leise geflüstert kamen jene Worte über ihren Mund, als könnten sie die ganze Welt zerstören. Nur warum? Warum nicht? Was machte sie falsch?
    Mit einem patschenden Laut landeten ihre Füße auf dem Marmorboden, sie war aufgestanden, wandte sich um, um sich in ihrem Bronzespiegel zu betrachten. Langsam glitten ihre Hände ihr Gesicht entlang, befühlten Stirn und Wangen. Sie drehte und wendete sich, prüfte den Sitz ihrer Tunika und ihres Gürtels – da blieb ihr Blick stehen. Ihre Hüften waren zu breit, ihr Hinterteil geradezu gigantisch, der Bauch aufgebläht und die Oberschenkel viel zu dick. Zumindest in ihren Augen. So konnte es nicht weitergehen, kein Wunder, dass ihr Gatte abgestoßen war und es nicht länger im Raum aushalten konnte.
    „Oh ihr Götter…“
    Da half wohl nur eine Diät.

    Zitat

    Original von Manius Flavius Gracchus et Marcus Flavius Aristides


    Natürlich war auch sie hier. Natürlich, denn zum einen verlangte es die Ehe mit dem veranstaltenden Aedil, zum anderen liebte die Claudia nichts mehr als Theater. Kein Wunder, denn alles, was ihr half, sich in andere Realitäten zu flüchten gefiel ihr.
    So lag es vielleicht daran, dass jenes subtile Lächeln in ihrem Gesicht keineswegs so aufgesetzt war, wie es manchen scheinen mochte. Hin und wieder wandte sie ihren Kopf dem neben ihr sitzenden Gatten zu, gänzlich jenes private Theaterstück spielend, welches die beiden zu solchen Gelegenheiten aufzuführen pflegten: Das liebende Ehepaar. Nichtsdestotrotz kam kein Wort über ihre Lippen. Es gab nichts zu sagen.
    In jene kühle Szenerie kam wie ein warmer Sommerregen Aristides, der Kriegsheld der Familie. Er kam wie von selbst, jener fröhlich-unbeschwerte Gesichtsausdruck Antonias. Der Flavius hatte einfach etwas an sich, das sämtliche Mitmenschen in ihren Bann zog, schlechte Laune und böse Gedanken vertrieb. Doch wie immer in ihrem Leben gab es keine unbeschwerte Freude, denn parallel zur Freude stieg der Neid in ihr auf. Neid auf ihre Verwandte, welche schon bald mit diesem Flavius verheiratet sein würde. Mit diesem Flavius, dem die Strenge und Ernsthaftigkeit Gracchus' so völlig zu fehlen schien - was sie nach einer kurzen Zeit in einer Ehe mit Sicherheit ebenso stören würde.
    "Salve Marcus.", wiederholte Antonia die Worte ihres Gatten.
    Auf seine zahllosen Komplimente, wusste sie nichts weiter zu erwidern als ein "Danke." Denn noch immer kam sie nicht mit derlei Dingen zurecht, glaubte kein Wort, wusste sie doch nur zu gut um ihre Unzulänglichkeiten.
    "Wie schön, dass du uns trotz deiner Verletzung Gesellschaft leistest."
    Sie selbst hätte vermutet, dass Aristides eher Gladiatorenspiele bevorzugte. Andererseits nach Monaten von "Live"-Gladiatorenspielen war es vielleicht nicht weiter verwunderlich, dass der Flavier etwas Abwechslung brauchte.


    Schließlich jedoch erschien der erste Schauspieler auf der Bühne, was jegliche Aufmerksamkeit Antonias in Beschlag nahm.

    Darauf, dass Sophronas Tipps bei Gracchus absolut die falschen Reaktionen auslösen würden, kam Antonia freilich nicht. Eine Lupa musste es schließlich wissen und sie hatte genug bezahlt, als dass man sie angelogen hätte.
    So gab sie bei jeder Berührung einen wohligen Laut von sich, warf den Kopf in den Nacken, schloss die Augen, sich ganz dem Moment - und ihrem Gatten - hingebend.
    Kein Vergleich zu ihren sonstigen Vereinigungen, wo die Claudia, wie man es ihr vor der Hochzeit erklärt hatte, einfach still hielt und Gracchus das tun ließ, was er zu tun gedachte. Welche der beiden Varianten ihr besser gefiel war ihr in jenem Moment jedoch noch unklar. Denn durch die Befolgung der Ratschläge jener Lupa, fühlte sie sich beinahe selbst wie eine Lupa. Die Hüften kreisten, die Hände erforschten und ihre Stimme gab Töne von sich, die sie bei klarem Verstand wohl niemals hervorgebracht hätte. Auch dies würde ihr später zu Denken geben.
    Es kam, wie es kommen musste, ihr Körper erbebte, ihre Hände krallten sich in Gracchus' Rücken und die Bewegungen verebbten langsam. Ein zufriedenes Seufzen war das Letzte, das sie von sich gab, ehe die normale Antonia langsam zurückzukehren begann.

    Jene andere Antonia, welche derzeit verbannt in einer der hintersten Ecken hockte und unerwünscht war, jene Antonia hätte wohl bei Gracchus' Worten gestutzt, hätte ihn von sich geschoben und nachgehakt. Zu jener Frau wurde der Satz geschoben, wo er später, zweifellos, analysiert werden und erneute Zweifel hervorrufen würde.
    Die derzeitige Antonia kümmerte sich nicht darum, ließ sich nur bereitwillig an ihres Gatten Brust ziehen und küssen. Sie schloss die Augen, um zu vergessen. Alles um sich herum blendete sie aus, schlang einen Arm um Gracchus' Nacken und tastete mit dem anderen hinter sich, wo ihre Hand alsbald auf den Tisch stieß. Einen halben Fußbreit wich sie nach hinten, um sich auf jenem Möbelstück niederzulassen. Der Flavius wurde, ob er wollte oder nicht, von der unnachgiebigen Hand der Claudia hinterher gezogen. Eisige Schauer jagten über ihren Rücken, als sich erneut die Lippen vereinigten.
    Ihre Beine indes umschlangen den schicksalsergebenen Körper von Gracchus in Hüfthöhe, machten eine Flucht scheinbar aussichtlos.

    Es war wohl eine sonderbare Eigenheit Antonias, dass sie, nicht wie die meisten ihrer Geschlechtsgenossinnen, nur ungern über ihre Wünsche und Gefühle sprach. Insbesondere ihrem Gatten gegenüber. Vielleicht ein Teil ihrer Erziehung, vielleicht auch ein angeborener Instinkt einer Claudia, die vor einigen Generationen auch der eigenen Familie nicht hätte Vertrauen können. So tat sie sich auch hier und heute schwer, unumwunden auszusprechen, was in ihrem Kopf und ihrem Herzen schon seit so langer Zeit vor sich ging.
    Kaum hatte Gracchus seinen letzten Satz beendet, hatte sie sich von ihrem Sitzplatz erhoben, wanderte einige Schritte durch den Raum, um ihrem Gatten schließlich den Rücken zuzukehren. Wie launenhaft und wankelmütig musste sie ihm wohl erscheinen.
    "Ich-"
    Sie begann leise, wie ein verschüchtertes Kind, dass soeben gestehen wollte, Opferkekse vom Altar des Iuppiter gestohlen zu haben. Die echte Antonia schien die falsche für dieses Gespräch, sie war ohnehin in den meisten Lebenslagen unnütz, also musste eine andere her. Ein Hebel im Kopf wurde umgelegt, der Körper straffte sich und das gesenkte Haupt hob sich wieder.
    "Vergiss Ovid.", forderte Antonia 2.0 und drehte sich wieder um, langsam, mit elegantem Schritt auf ihren Gatten zugehend. In ihrem Inneren hörte sie leise die billigen Ohrringe einer Lupa klingeln, geflüsterte und gezischte Ratschläge drangen ins Bewusstsein.
    "Mein Herz muss nicht erobert werden, Manius. Mein Herz ist das Deine, ich dachte, das hätte ich bereits deutlich gemacht."
    Ihr Mund formte ein Lächeln, ihr Körper glitt nach unten, auf eben jenen Sitzplatz, von welchem sie sich wenige Sekunden zuvor so eilfertig erhoben hatte. Einige verirrte Sonnenstrahlen brachten ein juwelenbesetztes Armband zum Funkeln, als sich der Arm der Patrizierin hob und schließlich ihre Hand auf Gracchus' Knie platzierte. Beruhigende Geste der liebenden Ehefrau?
    "Begehrt, gebraucht werden, Manius, das ist es, was ich möchte. So, wie es im Moment ist, könnte ich ebenso gut auf einem Landgut in Britannia leben und dein Leben wäre dennoch dasselbe wie bisher. Und ich.. ich bin keine Frau, die sich andernorts Zerstreuung sucht."

    Gesprochen. Gewiss, er hatte mit Aquilius gesprochen, doch dieser hatte dankend abgelehnt, hatte jene Bürde als zu groß empfunden. Immer hatte sie gewusst, dass die Komplimente und geflüsterten Worte des Flaviers nichts als Lug und Betrug gewesen waren. Das Tuch in ihren Händen legte Antonia nun wieder zurück auf den Tisch vor sich, starrte in ihren Spiegel, ohne jedoch wirklich etwas darin zu sehen. Was war es nur, das sie an sich hatte und alle Menschen um sie herum so abstieß?
    Doch Gracchus, perfekt wie er war, nahm die Schuld auf sich. Er könne dies nicht verlangen. Keine Lösung. Wie zähflüssiger Honig tropften die Worte in Antonias Bewusstsein, wenngleich sie sie nicht recht wahrhaben wollte.
    "Was soll das heißen, es wäre keine Lösung?", fuhr sie schließlich aus ihrer Lähmung. "Für alles wäre es eine Lösung. Zumindest würde ich mir nicht-"
    Mitten im Satz hielt sie inne, erkennend, dass Vorwürfe im Moment auch nicht weiterhalfen. Dass sie sich nutzlos fühlte war schließlich letzten Endes auch zum Teil ihre eigene Schuld. Schon zu Beginn ihrer Ehe hätte sie sich einen Liebhaber nehmen können, schon zu Beginn erkennen, dass Gracchus keinen Erben zeugen würde und die Sache selbst in die Hand nehmen. Nun war es zu spät dazu, niemals würde ihr Gatte nun noch ein Kind anerkennen, das sie gebären würde, wissend, dass es unmöglich das Seine sein konnte.
    Noch immer ihr Abbild des vollkommenen Römers vor sich, fiel es ihr schwer zu glauben, dass dieser ratlos sein sollte. Ebenso ratlos wie sie selbst, denn nun weigerte sich ihr Geist beständig, kluge und geistreiche Sätze von sich zu geben, Ratschläge oder Wünsche zu formen und auszusprechen. Sie hatte schlicht keine Ahnung, was ein Heim oder eine Ehe wären, die sie verdiente. Vielleicht verdiente sie eine Ehe, genau wie sie sie im Moment führte. Es sollte schließlich schon schlimmere Verbindungen gegeben haben.
    "Ebenso ergeht es mir.", bekannte sie letztendlich.
    Ein Kind, so hatte sie gehofft, würde alles ändern, würde jenes nebeneinander her zumindest ansatzweise in ein miteinander verwandeln. Doch jene Hoffnung begrub sie nun. "So kann es jedoch nicht weitergehen."
    Eine vergebliche Bitte, wie sie nur zu gut wusste. Wie oft hatten sich die beiden schließlich vorgenommen, ihr Verhalten einander gegenüber zu ändern und waren am Ende doch wieder in eine vorsichtige, den anderen beobachtende und abschätzende Haltung verfallen?

    Wie immer, äußerlich ungerührt, folgte lediglich Antonias neugieriger Blick ihrem Gatten. Sie hatte angenommen, er hätte wohl Aquilius bei sich, um nun, einige - es waren wohl schon Wochen - seit ihrer Aussprache zu tun, was getan werden musste. Sein Vetter fehlte jedoch. Ob er nachkommen würde? Gewiss, ihr Gemahl wollte dem ganzen sicher nicht beiwohnen, daher war er vorangegangen, um sie darauf vorzubereiten, dass heute die Nacht der Nächte sein sollte. Seine Frage indes ließ sie das Gesicht verziehen.
    "Verspotte mich nicht, Manius.", forderte die Ehefrau, die seit jeher ihren Ehemann missverstand. "Natürlich ist das so nicht gedacht gewesen."
    In Ermangelung einer Sklavin, die diese Arbeit für sie tun konnte, griff die Claudia nun selbst zu einem naheliegenden Tuch, um die schwarze Haarpracht von jener fehlplatzierten Substanz zu befreien. Die helle Paste verschwand zwar, dennoch blieb ein Schimmer auf den betroffenen Strähnen zurück, als wären sie nass.

    Sie war da. Wo hätte sie auch sonst sein sollen? Umringt von einigen Sklavinnen, welche diverse Funktionen erfüllten - vom Haare kämmen bis zum Haut eincremen.
    Antonia vernahm Gracchus' Stimme vor der Tür und fuhr umgehend herum, was zur Folge hatte, dass ein Teil ihrer Gesichtscreme auf ihrem Haar landete, die Bürste, die gerade durchs Haar glitt an selbigem schmerzhaft zog und, als unausweichliche Reaktion dessen, einige unwirsche Unmutsbekundungen der Claudia nach sich zog.
    "Verschwindet!", zischte sie daraufhin ein wenig ungehalten, woraufhin die Sklavinnen schnell durch eben jene Tür verschwanden, vor welcher Antonias Gemahl stand. Die letzte der Flüchtenden richtete schließlich das Wort an ihn.
    "Die Herrin erwartet euch, Herr."
    Die Herrin war im Übrigen noch damit beschäftigt, ihre Haare wieder zu richten. Warum geschah nur jedesmal etwas Dummes, wenn Gracchus vor ihrer Türe stand?

    Auch Antonia warf Lucanus einen verwunderten Blick zu. Die relative Ruhe, die seine Schwester bei seiner Äußerung behielt war wahrlich bewundernswert.
    Lange Zeit, sich hierüber Gedanken zu machen blieb jedoch nicht, denn das grüne Wunder, vormals bekannt als Serenus, betrat den Raum samt Gefolgschaft. Ruhe und Frieden waren damit wohl endgültig aus der Villa vertrieben.


    Blass, um einiges blasser als sonst, wurde sie jedoch, als die Sprache auf den noch immer fehlenden Nachwuchs ihrer Person und Gracchus kam. Ein kurzer Blick streifte den Gatten, richtete sich jedoch schnell wieder auf Serenus. Schließlich das Geschenk ins Auge fassend, vergaß die Claudia kurzzeitig das Atmen. Glücklicherweise hatte ihr Gatte nicht die Sprache verloren und bedankte sich artig. Einen Moment lang spielte sie mit dem Gedanken, sich ob einer Unpässlichkeit vom Tisch zu entfernen, doch wäre dies wohl zu diesem Zeitpunkt zum einen unpassend, zum anderen auffällig. Es wurde wirklich höchste Zeit, dass sie jene Angelegenheit hinter sich brachten.
    Bis dahin beschloss sie vorerst, ihren Kummer in Wein zu ertränken, womit sie auch gleich begann. Zunächst noch in kleinen Schlucken.
    "In der Tat.", stimmte sie schließlich Gracchus zu. "Wir werden uns bemühen, jenes Geschenk bald seinem Zweck zuzuführen."

    Sim-Off:

    Bei allen Göttern, völlig vergessen 8o


    Nicht im Geringsten annehmend, dass Aquilius auch nur geringfügig weniger Freude an dieser Einkaufstour empfand, überlegte Antonia bereits, wann und wo die Fortsetzung dieses Ausflugs stattfinden sollte.
    "Ach, Aquilius. Du weißt gar nicht, welche Freude du mir heute bereitet hast."
    Ihr Begleiter wickelte den Kauf letztendlich ab, während sich die Claudia in nahezu kindlicher Freude übte. Beim Verlassen des Ladens hakte sie sich erneut beim Flavius unter, genoss die wiederhergestellte Nähe, welche ihr zumindest für diesen Moment die Vorstellung gönnte, er sei der Gatte, welcher sie auf ihren Einkaufszügen geduldig begleitete.
    "Gewiss werde ich sie tragen.", versprach sie. "Ein solches Stück gehört in kein Schmuckkästchen."

    Juhu, das Leben hat wieder einen Sinn :D
    Schön, dass du wieder dabei bist :)


    Zitat

    Original von Lucius Flavius Serenus
    Venus dickem Hintern (der Tante Antonia so ähnlich im Umfang ist)


    Und derlei Vergleiche verbitte ich mir, junger Mann :P

    Die Andeutung eines Schmunzelns fand sich in Antonias Gesicht wieder, als sie Celerinas Blick einfing. Das erste Essen mit der Familie und dann sogleich ein solches Thema. Fürchterlich. Sie erinnerte sich noch sehr gut, wie unangenehm ihr selbst immer derlei Zusammenkünfte waren, als sie fremd (beziehungsweise fremder als jetzt) in der Villa Flavia war. So beschloss sie, es der jungen Frau ein wenig einfacher zu gestalten, blendete im Innern die anwesenden Herren völlig aus und wandte sich Celerina zu.
    "Du bist also gerade erst in Rom angekommen?", mutmaßte sie. "Kennst du denn die Stadt?"
    Nun gut, sie war eine Flavia, das ein oder andere Mal war sie gewiss in der Urbs Aeterna gewesen. Doch die Stadt wuchs und veränderte sich so schnell, dass bereits ein Jahr Abwesenheit genügte, um nicht mehr zu wissen, was wo war und wie man dorthin gelangte. Nebenher nippte sie an ihrem mit Wasser verdünnten Wein.
    "Ich muss gestehen, von deiner Existenz wusste ich bislang gar nichts, wie mir auch dein Bruder erst vor Kurzem über den Weg lief."
    Dass sie zuerst angenommen hatte, bei Lucanus handele es sich um einen der Sklaven ließ sie an dieser Stelle wie so oft unausgesprochen.
    "Erzähl doch bitte ein wenig über dich. Wo hast du gelebt, wie ist es dir ergangen, was treibt dich nach Rom?"

    Mit innerer Besorgnis und äußerer Gleichmut hatte Antonia den kurzen Disput zwischen Onkel und Neffe verfolgt.
    Aquilius' Eintreffen indes schien alle wieder zu beruhigen und so schenkte sie ihm ein dankbares und ehrlich erfreutes Lächeln. Umgehend bereute sie, heute nicht jenes Armband angelegt zu haben, welches er ihr auf ihrem letzten Marktbesuch geschenkt hatte. Naja, beim nächsten Mal.
    Nicht minder erfreut war sie, endlich ein wenig weibliche Gesellschaft in der Villa zu haben. Die Flavier waren zwar allesamt mehr oder minder umgänglich, doch für typische Frauengespräche war keiner wirklich geeignet.


    Ein wenig unwohl fühlte sie sich noch, so nah bei ihrem Gatten. Wie lange waren sie sich körperlich nicht mehr so Nahe gewesen? Sah man von der Umarmung an jenem schicksalhaften Tage vor einiger Zeit ab, wohl seit Monaten nicht mehr. So lag sie mehr steif als entspannt auf der Kline, bemüht, die claudische Eleganz und Würde auszustrahlen. Aus dem Gesprächsthema, welches nun aufkeimte, hielt sie sich zunächst vornehm heraus.

    Die nächste Person, welche den Raum betrat, war Antonia. Es war ein äußerst seltener Anblick, die Claudia in diesem Raum zu sehen, mied sie doch gemeinsame Essen und ‚fröhliches Beisammensein‘ der Familienmitglieder. Hauptsächlich aus dem Grund, dass sie nicht besonders viel aß.
    Doch heute war es anders. Anwesenheit erwünscht, hieß es weiter. Sie ließ sich zwar nur ungern etwas befehlen, doch musste es einen Grund geben für jene ‚Anordnung‘. Der geringe Hunger wurde so durch eine ungleich größere Neugier besiegt.
    Gehüllt in eine leuchtend rote Tunika, am Arm jenes glitzernde Armband, das sie bei ihrer Einkaufstour mit Aquilius ergattert hatte, kam sie nur zögerlich weiter ins Triclinium. Fremdes Terrain. Doch außer ihrem Gatten war niemand anwesend. Ihr Gatte. Seit jenem schicksalsträchtigen Gespräch war etwas anders. Sie hatte geglaubt, sie würde sich nun in seiner Gegenwart wohler fühlen, nun, da sie wusste, dass auch er nicht perfekt war. Doch im Grunde genommen fühlte sie sich nur noch befangener, wusste nicht, wie sie mit ihm umgehen sollte.
    „Salve, Manius.“
    Eine plötzliche Muskelzuckung schob ihre Mundwinkel zu einem Lächeln empor. Es war wie immer. Sie wusste nicht was sie sagen, wie sie sich verhalten sollte, wenn er in der Nähe war. Inständig hoffte sie, dass dies nicht als Essen zu zweit geplant gewesen war – doch vorstellen konnte sie sich dies ohnehin kaum.

    Nachdenklich folgte Antonia Aquilius' Ausführung, nickte mal zustimmend oder runzelte die Stirn. Innerlich hatte sie ihre Entscheidung ohnehin bereits getroffen.. es glitzerte einfach so wunderbar.
    "Dieses.", bestimmte sie also schließlich und deutete auf das zweite, welches wie Wasser in der Sonne funkelte. Alles was glitzerte war gut, zumindest in den Augen der Claudia. Schmunzelnd sah sie ihren Begleiter an.
    "Das Rote dann beim nächsten Mal.
    Ich hoffe, du wirst dein Angebot, mir ein Geschenk zu machen jetzt nicht bereuen."

    Ein schelmisches Zwinkern folgte, was zur Folge hatte, dass sie das überaus glückliche Grinsen des Verkäufers nicht sah. Auf Frauen war wie immer Verlass, war jenes Armband doch das Teuerste der verfügbaren.
    "Eine ausgezeichnete Wahl.", stellte er also fest. "Möchtest du es gleich anlegen?"
    Mit einem Nicken hielt Antonia ihre schlanke Hand in die Höhe, sodass der Händler das Schmuckstück befestigen konnte. Zufrieden mit ihrer Wahl betrachtete die Patrizierin das Glitzern an ihrem Arm.
    "Es steht dir wirklich hervorragend.", beeilte sich der eifrige Verkäufer hinzuzufügen. "Nicht wahr, Dominus?"
    Beifallheischend fixierte er Aquilius.

    "Oh ihr Götter.. ", murmelte Antonia erneut.
    So gut wie alle Fleischstücke verbrannten - natürlich, denn nicht Antonia, sondern die Sacerdos hatte sie den Flammen übergeben.
    "Siehst du, Domina?", ergriff diese das Wort, "Iuno hat dein Opfer angenommen."
    Ein stummes Nicken war alles, was die Claudia hierzu von sich geben konnte. Das Opfer war angenommen, ja, doch so ganz konnte sie dem Frieden nicht trauen. Zuerst jenes zögerliche Verbrennen der Innereien, dann waren - kaum erwähnenswerte - Reste auf dem Kohlebecken geblieben.. nein, die Göttin zürnte ihr, dessen war sie sich nun sicher.
    Einen kurzen Dank richtete sie an die Gottesdienerin, ehe sie sich verabschiedete und zurück auf den Weg zur Villa Flavia machte. Sie musste sich etwas anderes einfallen lassen.

    Froh, das leidige Familienthema beendet zu haben, jedoch noch immer das Gespräch über die schönste Nebensache der Welt im Kopf, überschwappte sie die Wortflut des Händlers ohne ihm auch nur ansatzweise folgen zu können.
    Musste sie auch nicht, sie wusste ohnehin, was sie wollte.
    "Zeig mir die Armreifen, die du hast.", ordnete sie befehlsgewohnt an.
    Halsketten hatte sie genug, Ohrringe trug sie zwar, doch mochte sie das Geklimper am Ohr nicht allzu gerne, weshalb sie es auch vermied, zu viele davon zu kaufen. Dem Händler war es ohnehin gleich, er beeilte sich, eine kurze Verbeugung anzudeuten, lächelte glücklich und wies eine seiner Angestellten an, die kostbarsten und edelsten Stücke aus dem Hinterzimmer zu holen.
    Diese erkannte die Gunst der Stunde und beeilte sich, das Gewünschte zu besorgen.
    ""Später vielleicht noch etwas für die Haare."
    Es war klar, für Antonia gab es keine bessere Ablenkung als einkaufen. Als Patrizierin blieben ihr allerdings auch sonst nicht allzu viele Alternativen.
    Eifrig nickte der Ladenbesitzer, als auch schon seine Angestellte zurückkehrte.
    "Hier seht ihr meine exquisitesten Stücke, ich bin sicher, das ein oder andere wird euch gefallen.", ergriff er schließlich das Wort und deutete mit weit ausholender Geste auf allerlei funkelnde Schmuckstücke. Für einen Juwelier galt hierbei das Gleiche wie für einen Stoffhändler. 'Exquisit' war als Synonym für 'unverschämt teuer' zu verstehen.
    Die Neugier hinter einer Maske der Gleichgültigkeit verbergend trat die Claudia näher und besah sich mit Kennerblick jedes einzelne Armband.
    "Was meinst du?", fragte sie, ohne aufzublicken Aquilius. "Dieses-", sie deutete auf einen schmalen Goldreif, rundherum besetzt mit rot funkelnden Rubinen, "-Oder dieses-", ihr Finger wanderte zu einem über und über glitzernden und funkelnden Stück, welches umgehend den Blick auf sich zog, "-Oder dieses?". Zuletzt blieb der Zeigefinger über einem schlichter gehaltenen Armreif stehen, der wie eine Schlange geformt war. Der Schlangenkopf biss hierbei in den Schwanz, um eine runde Form zu erzeugen.
    In diesem Moment war es schwierig zu sagen was mehr leuchtete: Der Schmuck oder die Augen des Besitzers.

    Es verbrannte nicht. Nicht richtig zumindest.
    Erschrocken wich Antonia einen Schritt zurück, um ein Haar hätte sie sich die Hand vor den Mund gehalten, doch sie erinnerte sich rechtzeitig an das Schweineblut, welches ihre Hände rot färbte.
    „Oh ihr Götter…“, murmelte sie, das Feuer nicht aus den Augen lassend. Das war furchtbar. Schrecklich. Ein böses Omen. Iuno zürnte ihr. Niemals würde sie ihr ein Kind gewähren, geschweigedenn vergeben.
    Vielleicht war es am Ende doch alles ihre Schuld. Gracchus war Pontifex, die Götter sahen sicher mit Wohlwollen auf ihn herab. Nur sie, sie war unwürdig.
    „Alles umsonst.“


    Die neben Antonia stehende Sacerdos sah dies alles freilich nicht ganz so dramatisch, fehlte ihr doch das angeborene theatralische, das der Claudia zu Eigen war. Um Iunos Launen wusste sie ohnehin bescheid, war sie doch bereits seit Langem ihre Dienerin. Beruhigend tätschelte sie daher den Arm Antonias.
    „Keine Sorge.“, sagte sie, „Das passiert öfter, als man denkt.“
    Worte, die die junge Frau keineswegs beruhigten. Für sie war das Zeichen mehr als eindeutig.
    „Wir sollten den Rest des Schweines ebenfalls opfern, vielleicht wird das helfen. Wenn nicht, wiederholen wir das Ganze einfach.“
    Das freundliche Lächeln im Gesicht des Sacerdos bemerkte die Patrizierin nicht, war ihr Blick doch noch immer von jenem Kohlebecken gefangen. Es verbrannte nicht. Was hatte sie nur falsch gemacht? War es so verwerflich, dass sie tun wollte, was ihr Mann vorgeschlagen hatte?
    „Domina?“, hakte die Sacerdos noch einmal nach. Ihre Antwort war ein zögerliches Nicken. Langsam hob sich Antonias rechte Hand und hielt ihr das Opfermesser entgegen. Sie konnte nicht. Es würde nur alles verschlimmern, wenn sie, die Unreine, die Unfähige, es tun würde.
    Die Sacerdos, Ofilia Mugillana ihr Name, wunderte sich zwar ob der plötzlichen Starre der Opfernden, nahm jedoch kommentarlos das Messer und ging zu Werke.


    Das rote Fleisch fand ebenso wie zuvor die Innereien seinen Weg auf die glühenden Kohlen und wie die Eingeweide gab es zischelnde Laute von sich, die Antonia kurz zusammenzucken ließen.
    Es war wie bei einem Brand, sie wollte nicht hinsehen, doch den Blick abwenden konnte sie ebenso wenig.