Beiträge von Sciurus

    Er hatte nicht erwartet, angesprochen zu werden. Hastig senkte er den Blick, in den sich eine Hand mit einem Kanten Brot schob. Er wusste, dass bisweilen mildtätige Bürger Speisen an die Armen verteilten, doch dass sie dazu selbst an den Tiber kamen, war ihm neu. Er nahm das Brot und biss hungrig hinein, denn er hatte seitdem er den Bauern bestohlen hatte nur ein paar Wildkräuter gegessen. Ein Bissen Brot würde ihn zu nichts zwingen.


    Der Mildtätige - Volusus - fragte ihn nach einer Unterkunft. Misstrauisch linste er unter der Kapuze des Umhangs hervor. Sein Auge, das der Decimer ihm beinahe ausgestochen hatte, war noch immer rot geändert und von einem grün-gelblichen Bluterguss gerahmt, und an seiner Lippe und seinem Kinn zeigte sich Schorf von den Abschürfungen, die er sich bei dem Sturz in die Schlucht zugezogen hatte. Im Palast des Vogelmannes würde ihn eine warme Mahlzeit und ein trockenes Lager empfangen, doch es gab keine Garantie, dass er in dieser Nacht noch Einlass erhielt. Der Palast wechselte regelmäßig seinen Ort, nur Eingeweihte kannten die Zugänge, und Sciurus hatte seine Kontakte zu lange vernachlässigt. Er schluckte den Bissen hinab.
    "Nein", antwortete er ehrlich, doch weiterhin misstrauisch.



    Sein Herr hatte ihn nicht nur verstoßen, er hatte ihn umgebracht. Sciurus, langjähriger Sklave des Manius Flavius Gracchus - Leibsklave, Vilicus, Privatsekretär, Vorleser und Rezitator, Bettgenosse, Handlanger, Vorkoster, Leibwache. Alles. Er hatte alles getan für seinen Herrn. Er hatte alle Gefahr von ihm abgehalten, hatte ihn beschützt - bis zuletzt. Doch Manius war verhext, verflucht, verblendet durch den falschen Schein des Decimus Serapio, und hatte Sciurus geopfert.


    Er war gefallen, den Abhang der Schlucht hinabgerutscht, der Fels hatte ihm seine Haut aufgerissen, und nach einem harten Aufprall auf eine verkrüppelte, schief gewachsene Pinie war er halb in den Fluss gefallen. Womöglich hätte er sich mit Kraft an das felsige Ufer ziehen können. Doch Sciurus hatte keine Kraft mehr. Sciurus war tot. Er übergab seinen Leichnam den Strömen des Flusses, der ihn kalt und unbarmherzig umfing und mit sich riss, warf sich in die Tiefe, seine Seele reinzuwaschen, die hinabsank in tiefe Dunkelheit.


    Doch Wasser war schon immer gleichgültig gegen das Leben. Was man hineinwarf, tauchte irgendwann wieder auf. Und so spie der Fluss auch den geschundenen Leib wieder aus, der gestorben und neu geboren zugleich war, die Hülle eines toten Sklaven, angefüllt mit einem rachsüchtigen Geist. Einen Tag, oder zwei, oder drei lag er am seichten Ufer, viele Meilen entfernt von der Jagdhütte des Voluptarianus Suavis, ernährte sich von dem Brennen in seinen Rippen, dem inneren Feuer des Hasses und seiner Verwirrung. Einen weiteren Tag, oder zwei oder drei vegetierte er im Wald, kroch über den Boden, aß Beeren, Kräuter und Wurzeln, um wieder zu Kräften zu kommen. Die herbstliche Natur war gnädig, versorgte ihn mit allem, was er brauchte, die Montes Lucretili gewährten ihm die Schonung, derer er bedurfte, und die Einsamkeit nährte in ihm die Rachsucht, die ihn am Leben hielt. Insbesondere die Einsamkeit war endlos und nahrhaft.


    Halbwegs bei Kräften folgte er dem Fluss und gelangte zum Tiber. Einem Bauern, der auf seinem Feld arbeitete, stahl er den Mantel und den Mittagsproviant. Ansonsten hielt er sich von Menschen fern. Sciurus war tot, doch sein Leib trug noch immer das flavische Brandmal, im Alltag zwar unsichtbar, doch bei einer eingehenden Überprüfung nicht zu übersehen. Erst in der Nähe Roms wagte er sich am späten Nachmittag aus seiner Deckung. Er musste den unterirdischen Kaiser finden, den Mann mit der Vogelmaske. Nur er würde ihm helfen können seine Rache auszuführen.
    Am Tiberufer, dort wo die Aussätzigen und Ausgestoßenen vegetierten, verschmolz er mit dem Bodensatz der Gesellschaft und wartete er auf den Anbruch der Nacht.



    Als der Decimer sich zur Wehr setzte, schnürte Sciurus instinktiv den Gürtel enger je stärker Serapios Druck auf sein Auge wurde. Der Schmerz, der sich über sein Gesicht ausbreitete, war wie ein Elixier, das die Brutalität in ihm antrieb. Erst Gracchus' Stimme brachte beide einen Moment lang aus dem Takt der Gewalt.
    "Bleib wo du bist, Manius!" brüllte der Sklave. "Du hast schon genug angerichtet! Ich werde beenden, zu was du nicht in der Lage bist. Merkst du nicht wie dieser Bauerntrampel dich in Gefahr bringt? Jahrelang habe ich dich geschützt vor allen Widrigkeiten, deinen Ruf, dein Vermögen, dein Haus, deine Kinder, deine Familie, dein Leben! Das hier geht zu weit! Der Decimus wird dich in Schande stürzen, dich und deine ganze Familie! Meine Bestimmung ist es, dich zu schützen, und das werde ich tun, auch vor dir selbst!"
    Wie viele Leben hatte Sciurus nicht schon beseitigt für seinen Herrn, ohne dass dieser je davon erfahren hatte. Wie viel Dreck hatte er weggewischt, wie viele Stimmen zum Schweigen gebracht. Sein Herr hatte nicht die geringste Ahnung, was Scurius alles für ihn hatte getan. Dies war sein Leben, seine Bestimmung, für nichts anderes war er geboren. Er würde nicht zulassen, dass Decimus Serapio das Leben seines Herrn, und damit sein eigenes zerstörte.

    Verborgen von Zweigen und Ästen wartete Sciurus an der Aussicht über die Schlucht, gespannt wie eine Katze auf der Lauer vor dem Mäuseloch. Er hatte den Gürtel seiner Tunika gelöst und hielt ihn locker in seinen Händen. Es dauerte nicht lange bis die Maus angekrochen kam. Als Decimus Serapio sich nach dem Thymian bückte trat der Sklave aus seinem Versteck und näherte sich schnell und lautlos seinem Rücken. Mit einem letzten Schritt war Sciurus hinter ihm, schwang seinen Gürtel über dessen Kopf und zog ihn um seinen Hals zu. Es hatte lange gedauert bis Sciurus als Sklave ein eigenes Messer zugestanden worden war, daher hatte er damals längst andere Methoden der Gewalt perfektioniert. Mit einem Seil, oder auch einem Gürtel konnte man aus dem Hinterhalt sehr schnell agieren und sich jemandes entledigen. Doch Sciurus beherrschte es ebenso, die Luft seines Opfers nur ein wenig abzuschnüren, gerade soviel zum Atmen zu lassen, dass es noch zum Leben reichte, aber zu wenig war, um Widerstand zu leisten.


    "Keinen Laut und keine Bewegung", zischte der Sklave.
    "Hier und jetzt wird dieses Trauerspiel ein Ende finden. Du wirst ein Ende finden! Ich habe dieses Hasardspiel schon viel zu lange toleriert. Du und deine liebestolle Gier, du bringst meinen Herrn in Gefahr, sein Leben und seine Familie, alles was er je erreicht hat! Du hättest bleiben sollen wo der Pfeffer wächst, Decimus! Aber du musstest zurückkehren und diese Buhlerei auch noch vertiefen! Mag euer Techtelmechtel über die Distanz schon riskant und verantwortungslos gewesen sein, aber diese Tage sind zuviel! Und daher werden sie jetzt ein Ende finden. Ha, bei allen Bemühungen war es am Ende so einfach, euch endlich mit ein bisschen Salz zu entzweien! Manius wird froh sein, dich los zu sein!"
    Er lachte hämisch und schob Serapio auf den Rand der Klippe zu. Eine eingeschnittene Kehle wäre zu offensichtlich. Er musste den Decimer in die Schlucht stürzen lassen. Ein tragischer Unfall oder auch Selbstmord seines Freundes hätte Gracchus zuvor in tiefe, vermutlich lange währende Trauer gestürzt, doch nach dem Streit würde er dies schnell überwinden.
    "Ich werde nicht zulassen, dass du ihn in Schande stürzt!"

    Sciurus blickte seinem Herrn hinterher. Nun war der Augenblick gekommen, zu handeln. Dieser Zwist mochte nicht lange halten. Er schaut es sich nach Armastan um, der wie ein guter Sklave so tat als hätte er von alldem nichts mitbekommen.
    "Die kriegen sich schon wieder ein. Mach dich nützlich und geh Feuerholz holen, und zwar reichlich und möglichst trocken. Sonst haben sie heute Abend schlechte Laune wenn es nur kaltes Essen und eine kalte Hütte gibt."
    Der Custos war daran gewöhnt von ranghöheren Sklaven Befehle zu erhalten, nickte, nahm den Feuerkorb und trollte sich in den Wald.


    Kurz darauf kam Gracchus von der Latrine zurück. Sciurus setzte eine unverdrossene Miene auf. "Herr, Serapio möchte sich für seine unbedachten Worte entschuldigen. Er möchte dich mit einer ganz besonderen Geste um Verzeihung bitten. Dafür muss er jedoch einiges in der Hütte vorbereiten. Er bittet dich darum, noch einige Augenblicke in den Wald spazieren zu gehen. Etwa bis zu dem runden Fels den Berg hinab und dann wieder zurück."
    Sciurus kannte jede Regung seines Herrn und wie er nun die Augenbraue hob und dreinblickte zeigte, dass er noch immer erbost war. Mit einem verärgerten
    "Meinetwegen"
    stellte er den Eimer einfach dort ab, wo er gerade stand, wandte sich um und ging angespannt den Weg entlang, den sie vor drei Tagen gekommen waren.


    Sciurus wartete einige Augenblicke bis der Flavius nicht mehr zu sehen war und wandte sich dann zur Hütte. Nach einem Klopfen trat er ein. "Decimus, Herr, mein Herr bedauert zutiefst, dass sein hitziges Gemüt ihn hat kopflos agieren und falsche Worte sprechen lassen. Er möchte dich mit einer großen Geste um Verzeihung bitten und bereitet daher eine Überraschung vor. Er bittet dich, in wenigen Augenblicken zum Aussichtspunkt über die Schlucht zu kommen."
    Damit war alles vorbereitet. Sciurus schloss die Türe wieder und machte sich daran, die Überraschung vorzubereiten, einen gedanklichen Handel mit den Laren der flavischen Familie abschließend, dass sein Plan aufgehen möge.

    Die Zärtlichkeit zwischen den beiden Sklaven rührte den Vilicus nicht. Ab dem folgenden Tag war dies ohnehin nicht mehr sein Problem. Die Bestätigung Angus', dass sie am Morgen bereit wären, reichte ihm aus.
    "Das ist alles", bestätigte er daher, doch bevor die beiden gehen konnten, wandte Sciurus sich zur Tür und verließ den Raum. Seine Aufgabe hier war erledigt.

    Sciurus zeigte nicht die geringste Regung als der Custos auf ihn zutrat und laut wurde. Einzig seine Körperspannung erhöhte sich unmerklich und er hakte ganz beiläufig seinen Daumen hinter den Gürtel seiner Tunika. Zwar war der Vilicus nicht übermäßig groß und auch an Muskelkraft Angus sicher unterlegen, doch Größe und Stärke hatten noch nie Sieger bestimmt. Sciurus hatte schon weitaus beindruckendere Gegner über den Styx befördert.
    "Scato hat nichts verfügt. Sein Besitz geht im Ganzen an seine Erben über, seine Ländereien, sein Vermögen und auch alle Gegenstände." Unter letztere fielen auch die Sklaven.
    "Ihr werdet hier nicht mehr gebraucht." Die beiden konnten immerhin froh sein, dass sie nicht direkt an die Minen veräußert wurden. Doch beide standen gut im Leben und würden sicher einen höheren Preis einbringen als bloße Arbeitssklaven. Nicht, dass den Flaviern an hohen Preisen gelegen wäre, doch Sciurus verabscheute Verschwendung.

    Flavius Scato war kein Sklavenschreck gewesen wie sein Großvater Felix, doch er hatte seinen Besitz auch nicht verhätschelt, weswegen Sciurus keine tief bewegte Trauer erwartete. Im Grunde tangierten ihn die Emotionen der Sklaven sowieso nicht, zumindest sofern sie keinen Effekt auf ihre Arbeitskraft hatten.
    "Was ihr heute begonnen habt, werdet ihr beenden. Morgen früh werdet ihr euch ordentlich waschen und frische Kleidung anziehen. Danach bringe ich euch auf den Markt, ihr werdet verkauft."
    Sofern der Vilicus sich überhaupt eigene Emotionen zugestand, mochte ein wenig Genugtuung in dieser Aussicht liegen. Die Flavier hatten keinen Grund, sich frisch eingefangene und daher billige Sklaven anzuschaffen, nicht einmal wenn sie bereits einige Jahre domestiziert waren. Flavia Agrippina betrieb eine erstklassige Zucht in Baiae, die alle flavischen Häuser mit Sklaven ausstattete. Dennoch kam es ab und an vor, dass einer der Herren aus Abenteuerlust oder Verwegenheit sich zu solch einer Anschaffung hinreißen ließ, die im besten Falle Unruhe in den Haushalt, im schlechtesten Falle zusätzlichen Aufwand oder Ärger für den Vilicus brachte. Sciurus wäre nicht über Leichen gegangen - zumindest nicht über die seiner Herren -, doch wenn eine solche die Möglichkeit zur legitimen Beseitigung gleich zweier Ärgernisse mit sich brachte, dann zögerte er nicht, die Gelegenheit zu ergreifen.

    Es dauerte nicht allzu lange bis Angus und Iduna den Raum betraten. Sciurus umrundete sie und trat zur Türe. "Wenn du nichts zu tun hast, dann lasse dir von Ali eine Arbeit auftragen", wandte er sich mit frostigem Ton an Astarte, die neben dem Eingang stand - gerade so weit, dass man sie von Innen nicht mehr sah. Der Vilicus verabscheute Geschwätz und Gerüchte in seinem Haushalt, doch noch mehr verachtete Faulenzerei. Hastig senkte Astarte den Kopf und huschte den Gang entlang in die Gefilde der Villa.


    Sciurus wandte sich zurück zu Angus und Iduna. Sein Tonfall war nicht ganz so eisig wie zuvor, doch ohne Emotion. "Caius Scato ist tot. Er ist auf seinem Landgut einem Fieber erlegen." Ein wenig mehr Informationen hatte der Vilicus zwar - schlussendlich gingen alle Nachrichten an seinen Herrn zuerst durch seine Hände -, doch dies war für die Sklaven nicht relevant. Die Ärtze vermuteten, dass Scato sich bei seiner Kontrolle der Wasserversorgung in Rom oder seinen Untersuchungen außerhalb der Stadt mit einem Erreger infiziert hatte. Da Angus und Iduna ihn jedoch nicht begleitet und auch die letzten Wochen in der Villa Flavia keinerlei Symptome gezeigt hatten, war eine Ansteckung ausgeschlossen.
    "Wie sein übriges Erbe geht ihr in den Besitz des flavischen Haushaltes über."

    Ein leichter Duft nach Regen lag in der Luft, doch ein kühler Wind aus Westen her schob die dunklen, grauen Herbstwolken zügig über die ewige Stadt hinweg, dass die einzige Feuchtigkeit die hellen, grauen Nebelschwaden blieben, welche sich durch die Täler zogen. Die Räumlichkeiten der Sklaven innerhalb der Villa Flavia indes zeigten sich ohnehin stets trist, selbst bei Sonnenschein herrschte hier meist eine kühle, nüchterne Stimmung. Wenn jedoch Sciurus, Vilicus des flavischen Haushaltes, Leibsklave, Sekretär und persönlicher Vertrauter des Hausherrn den Speiseraum der flavischen Sklavenschaft betrat, kühlte die Temperatur gefühlt noch um einige Grad ab. Gawain, der Hortulanus - stets in guter Laune - stopfte hastig seinen letzten Bissen in den Mund, erhob sich, nahm seine Schüssel und ging mit wortlosem Gruß an Sciurus vorbei aus dem Raum. Die schöne Astarte und die gesprächige Phrima beendeten augenblicklich ihr lebhaftes Gespräch über die herrlichen Kleider der Herrin Prisca und wandten sich stumm ihren Tellern zu. Nur Diomedes, einer der Custodes, ließ sich in seinem Schmatzen nicht weiter stören.
    "Raus mit euch", verfügte der Vilicus emotionslos und deutete auf Astarte und Phrima. "Ihr sucht Angus und Iduna und schickt sie her. Und zwar unverzüglich, ganz gleich, was sie gerade tun."

    Seitdem der Spross der flavischen Familie in Aegyptus seinen Studien frönte war es keine Seltenheit mehr, dass flavische Sklaven Briefe zur Postannahme trugen - so auch an diesem Tage.


    Manius Flavius Gracchus Minor, Domus Sulpicia, Polis Alexandreia, Oikiai tes Alexandreias
    Provincia Alexandria et Aegyptus


    Mein Sohn,


    die Antezedenzien, welche zum Tode deiner Schwester führten sind deplorablerweise zu nuanciert und tragisch zugleich als dass sie in bloße Worte auf einem Pergamente zu fassen wären. Ich bedaure dies sehr, doch wir beide werden ausharren müssen bis du wieder in Rom bist, nicht nur ob der Aussprache wegen, sondern ebenfalls um diese Konstellation nivellieren zu können, um weiteren Schaden von der Familie - insbesondere der deinen - zu obstruieren. Die Vorkehrungen sind bereits getroffen, gleichwohl drängt die Zeit nicht, denn weder für dich, noch Titus besteht diese Gefahr.


    Wie gehen deine Studien voran? Ich hoffe, du konntest bereits Erfolge verzeichnen, so dass Rom deiner nicht mehr allzu lange harren muss.
    Der Senat hat mich für das nächste Amtsjahr zum Consul bestimmt. Ich wünschte, du könntest hier sein, und an meiner Seite deine ersten Schritte in der Politik zu gehen. Indes wird sich auch später noch passende Gelegenheit finden, allfällig zum Aedilat deines Vetters Scato, dann nachdem dieser seine Quaestur vorzüglich abgeschlossen hat ist es zweifelsohne nurmehr eine Frage der Zeit bis dass er in den Senat erhoben wird.


    Richte bitte auch deinem Gastgeber Grüße aus!


    Mögen die Götter dich allzeit beschirmen und über dein Wohlergehen wachen!




    Sim-Off:

    Bitte auf die Wertkarte der Flavia

    "Danke", erwiderte der Sklave und fügte beim Verlassen des Officium noch ein "Vale!" an, um danach noch ein wenig seinen eigenen Geschäften in Rom nachzugehen bevor sein Herr ihn vermissen würde.

    Während sein Herr anderweitig in der Regia zu tun hatte, veranlasste Sciurus die offizielle Eintragung dessen Ehe in das entsprechende Register.
    "Salve! Mein Herr, der Pontifex pro magistro Flavius Gracchus, wünscht sein Ehe in das Register eintragen zu lassen." Und überreichte dem Beamten eine Tabula mit allen notwendigen Daten.



    M' Flavius Gracchus Pontifex pro magistro s.d.


    Ich bitte darum, meine Ehe mit Aurelia Prisca in das Eheregister einzutragen. Die Ehe wurde nach Art der Confarreatio sine manu durch den Pontifex Maximus ANTE DIEM XVI KAL OCT DCCCLXV A.U.C. geschlossen.


    [Blockierte Grafik: http://www.niome.de/netstuff/IR/ManiusFlaviusGracchus.png]

    Auf dem Weg von A nach B und hernach zurück kam ein Sklave der flavischen Familie beim Cursus Publicus vorbei, um einen weiteren Brief nach Aegyptus aufzugeben.


    Manius Flavius Gracchus Minor, Domus Sulpicia, Polis Alexandreia, Oikiai tes Alexandreias
    Provincia Alexandria et Aegyptus


    Mein Sohn,


    nur allzu gerne würde ich dir noch einmal erfreuliche Neuigkeiten berichten aus deiner Heimat, doch muss ich dir deplorablerweise mitteilen, dass deine Schwester in das Elysium übergetreten ist. Hier wie dort in der Ferne deines Aufenthaltes bleibt nicht mehr als ihrer Iuno ein Opfer zu bringen, auf dass sie Frieden finden mag.


    Mögen die Götter über dich wachen und dich beschirmen!





    Sim-Off:

    Bitte auf die Wertkarte der Flavia

    [Blockierte Grafik: http://www.niome.de/netstuff/IR/nsc/Acanthus.png| Acanthus


    "Verstehe", kommentierte Acanthus die Erklärung über das unrechtmäßige Öffnen eines unadressierten Briefes, auch wenn er diese Bedenken nicht verstand. Wenn nun der Hausherr den Brief öffnete und er war gar nicht für seine Augen, sondern die eines anderen Flaviers und enthielt eben Intrigen, Affären oder Schlimmeres ... Am Ende würde der Stationarius dann auch seinen Kopf hinhalten müssen. Doch dem Ianitor konnte es gleich sein.


    Acanthus nahm den Brief an sich.
    "Warte einen Augenblick."
    Mitsamt der Nachricht verschwand er hinter der schweren Porta, um einen Augenblick später ohne das Schriftstück, aber mit einem kleinen Beute zurückzukommen.
    "Das ist ein kleiner Dank für deine Mühe. Die flavische Familie schätzt es sehr, wenn all ihre Briefe ankommen."
    Womit er ihm den Beutel reichte, in dem einige Münzen* klimperten.




    Sim-Off:

    * ein kleiner Obulus wird dir aus dem Familienvermögen über das Konto Gracchus Minors zukommen



    IANITOR - VILLA FLAVIA

    Der Vilicus trat näher und stellte eine hölzerne Kiste - etwa eine Elle messend in jeder Dimension - neben sich ab. Dann brach er das Siegel des Briefes und begann zu lesen - in seiner faden, neutralen Intonation in Kontrast zur Lebendigkeit des Paris. Doch die Worte Flammas bedurften ohnehin keiner Klangfarbe, um ihre Wirkung zu entfalten.



    Werter Vater,


    seit Wochen nun suche ich einen Grund, diesen Brief hinauszuzögern, doch es will mir keiner einfallen. Im Gegenteil, jeder Tag hier in Lavinium bestärkt mich mehr in meinem Entschluss.


    Ich versuche mich an einen Tag zu erinnern, an dem du mich angenommen hast, Vater, doch es gibt keinen einzigen. Schon als ich geboren wurde, war ich dir nur eine Last. Wann immer du dir überhaupt die Mühe machtest mich zu beachten, lag Freude in deinen Worten, dass ich bald schon in den Kreis der Vestalinnen aufgenommen werden würde. Ich war nicht deine Tochter, ich war nur dein Dienst an Rom.


    War es mein Glück oder mein Unglück, dass der Bürgerkrieg diesen Plan vereitelte? Wir werden es nie erfahren. Du hast uns mit Mutter fort geschickt, weit hinfort von der Gefahr, aber auch fort aus deinem Leben. Die Sklaven wollten uns Kinder glauben lassen, dass dies alles ein großes Abenteuer sei. Doch Mutter litt an jedem Tag und auch ich spürte es. Welches Schicksal glaubst du ist schwerer zu ertragen - die politische Verbannung durch einen Usurpator, oder die Verbannung durch den eigenen Ehemann oder Vater? Manchmal habe ich mich gefragt, was Mutter sich wohl mehr wünschte - dass du sie zurück nach Rom holst oder dass du sie dort in der Ferne in Ruhe lässt?
    Aber du hast uns sowieso nicht zurück geholt. Nicht als der Bürgerkrieg vorbei war und auch nicht danach. Nichts habe ich von dir gehört, nicht ein einziges Wort, geschweige denn dass du uns sehen wolltest. Am Ende starb Mutter aus Gram. Aus Gram darüber, dass sie dazu verdammt war, in der Einöde zu verkommen, da sie die Einöde ihrer Ehe vorzog.


    Dir konnte das wohl nur Recht sein, denn als Titus und ich mit ihrem Leichnam nach Rom zurückkehrten, hattest du ebenso wenig einen Blick für uns, wie du eine Träne für sie hattest! Es konnte dir nicht schnell genug gehen, mich nach Baiae abzuschieben. Rom wäre keine Stadt für ein Mädchen ohne Mutter. Aber das war nicht dein Grund. In Rom war kein Platz für deine Tochter, in deinem Leben war kein Platz für mich. Nicht mehr und nicht weniger.


    Auch als die Zeit gekommen war, dass ich endlich in Rom meine Pflicht als Flavia erfüllen sollte, hattest du keinen Platz für mich. Ich war dir nicht einmal gut genug, mich für die Familienpolitik einzusetzen. Geschweige denn, dass du dich auch nur einmal dafür interessiert hast, wie es mir geht.


    Welche Zukunft gibt es noch für mich? Den erstbesten Ehemann, den du dich irgendwann genötigt siehst mir auszusuchen, um mich aus deiner Verantwortung zu entlassen? Dass ich enden werde wie Mutter, aus Gram und Kummer über meine Ehe zu sterben?
    Immer war ich dir nur eine Last, Vater, darum will ich dir wenigstens einmal eine gute Tochter sein und dich von dieser Last befreien! Nicht eine einzige Pflicht will ich dir noch aufnötigen, und nur eine letzte Tat von dir erbitten - dass du mir in diesem Leben einen Platz neben Mutter gewährst.


    Vale bene in perpetuum!


    [Blockierte Grafik: http://www.niome.de/netstuff/IR/flamma.png]


    [Blockierte Grafik: http://www.niome.de/netstuff/IR/nsc/Acanthus.png| Acanthus


    Es folgte recht viel Text zur Erklärung, den Acanthus vorerst über sich ergehen ließ, auch wenn er schon bei 'ich will eigentlich nur eine Frage stellen' sicher war, dass er nur seine Zeit verschwendete. Aber der Cursus Publicus war immerhin eine staatliche Institution und der Stationarius ein römischer Beamter, so dass ihm mit etwas Respekt zu begegnen war.


    Als der Ianitor dann bereits seinen Mund öffnete, um ein mürrisches 'So eine Schlamperei gibt es bei flavischen Briefen nicht! in die Welt zu entlassen, wies der Artorier gerade rechtzeitig den Brief vor.
    "So eine ... oh ... mhm ... ja, das ist ein flavisches Siegel!"
    Acanthus nahm den Kopf ein wenig zurück, um das Siegel noch genauer zu studieren - entgegen der landläufigen Meinung, dass dem scharfen Auge des Iantiors nichts entging, hatte er seit geraumer Zeit mit einem Nachlassen seines Sehvermögens zu kämpfen, welches darin resultierte, dass er in der Nähe mehr schlecht als recht sah.


    "Aus Ägypten, sagst du? Der Sohn des Hausherrn hält sich derzeit in Ägypten auf."
    Zu weiteren Spekulationen wollte Acanthus sich vor dem Sationarius nicht hinreißen lassen, doch wenn Gracchus Minor einen solchen Brief absandte, dann steckt er am Ende in Schwierigkeiten.
    "Kannst du den Brief nicht einfach öffnen und nachsehen, von wem er ist?" fragte er - nun schon weitaus höflicher.




    IANITOR - VILLA FLAVIA

    [Blockierte Grafik: http://www.niome.de/netstuff/IR/nsc/Acanthus.png| Acanthus


    Acanthus - seines Zeichens Ianitor der Villa Flavia, stets mürrisch vor, stets nachdenklich hinter der Porta - stand kurz davor eines der letzten Rätsel der Menschheit zu lösen. Was war zuerst da, die Henne oder das Ei? Ohne Henne niemand, der das Ei legte, doch ohne Ei nichts woraus die Henne entspringen konnte. Doch Acanthus hatte all dies genauestens analysiert und durchdacht und würde dieses Rätsel mit dem Abschluss dieses letzten Gedankenganges lösen, in welchem die Henne schlichtweg ...


    Ein Pochen unterbrach die tiefgründige Beweisführung. "Porca vacca! Wer ist das schon wieder!?"


    Er erhob sich von seinem Schemel und öffnete die Tür. Mit grimmiger Miene - die üblicherweise noch jeden Bittsteller schon vor dem ersten Wort in die Flucht schlug - raunzte er den davorstehenden Artorier, den er noch nie zuvor gesehen hatte, an.
    "Wer bist du und was willst du?"




    IANITOR - VILLA FLAVIA