Und weg war er. Ich war von den Informationen gerade zu überrumpelt. Noch bevor ich etwas fragen oder sagen konnte, war er verschwunden. Ein wenig fassunglos sotierte ich ersteinmal die gehörten Worte. Ich soll also eine Akte fälschen? Meine Akte noch dazu? Wozu soll denn dass dienen? Soll ich mich selbst noch mehr demoralisieren? Da meldeten sich aber zum Glück noch Reste meine positiven Menschenverstandes und sagten mir, dass der Praefectus und Legatus sich irgendetwas dabei schon gedacht haben wird. Aber was? Schnell vergaß ich die Fragen, jetzt zählte es Schnell zu sein, eine Stunde war kurz, und die Aufgabe bestimmt nicht leicht. Zumindest war es mein erstes Mal, dass ich auf Befehl etwas ungesetztliches tat. Ich stand langsam auf und schritt um den Schreibtisch. Ich sah den bequemeren Stuhl des Praefectus und schob ihn weg. Etwas bequemes lenkte mich jetzt nur ab. Ich stand vor dem Tisch und blickte auf die Oberfläche: Schreibgeräte und meine Personalakte lag auf dem Tisch. Ein wenig lächelnd nahm ich den Siegel und die Unterschrift zur Kenntnis.
Mir fiel auf, dass eigentlich mein Lebenslauf kein Spannender war. Zumindest auf dem Papier. Kein Wunder. Ich habe keine Großtaten geleistet, aber wenigstens meinen Teil zum Großen Imperium Romanum, aber das war jetzt in diesem Moment egal, ich hatte konkrete Aufgaben und diese wollten erfüllt werden. Was sollte nochmal mit der Dienstakte geschehen? Genau. Ich soll kriminelle Taten begangen haben. Außerdem soll ich von Victor noch ein schreiben fertigstellen, dass mich hier her versetzt hat. Mit einer gnadenvollen ehrenhaften Entlassung. Lieber fing ich mit den einfachen Sachen an. Also schob ich die Personalakte zu mir und nahm mir die Feder. Wo sollte ich am besten Anfangen? Ich nutzte die freie Zeile unter meinem letzte Posten – dabei fiel mir auf, wie lange ich schon bei der CU als Centurio gedient hatte – und setzte vorsichtig die Feder auf das Papier. Wie in alten Zeiten...
Ehrenhafte Entlassung aus den Cohortes Urbanae
NON IAN DCCCLVII A.U.C. (5.1.2007/104 n.Chr.)
Den Trick eine Schrift, die nicht verwischt kannte ich nur gut genug. Anstatt irgendwie darüber zu fuchteln oder zu pusten ließ ich das Blatt still auf dem Tisch liegen. Dann überlegte ich weiter. Gründe wurden meistens bei einer ehrenhaften Entlassung nicht angegeben, also war ein Teil der Aufgabe schoneinmal erledigt. Ich atmete tief durch und erinnerte mich nocheinmal an die Worte des Praefectus Castrorum. "diverse Umtriebe krimineller Natur" hatte er gesagt. Oh... wie sollte ich das denn jetzt machen? Doch bevor ich darüber nachdenken konnte viel mein Blick auf die Signatur – es war noch meine. Das sollte ich nicht so stehen lassen, das machte es unglaubwürdig. Durchstreichen konnte ich nicht und abändern war schwer – aber möglich! Ich überlegte mir schnell einen Namen. Da viel mir nur Epius ein, den man so einigermaßen daraus machen konnte. Sofort war die Feder wieder an der Signatur und zog einen Strich durch das C von Caius, so dass es ein E wurde. Mit einem Strich und einer Art Tintenklecks verwandelte sich das a von Caius zu einem p. Epius Octavius Sura, war nun dort zu lesen. Das Sura war aber noch zu auffällig, das musste auch weg. Lachend musste ich an den einen Miles Surdinus denken. Der war schon ein wenig sehr komisch gewesen, aber wenigstens konnte er kämpfen. Surdinus! Das war es überhaupt. Das a von Sura zu einem d zu machen, hatte ich ja schon am p geübt. Den Rest musste ich sowieso nur ergänzen. Epius Octavius Surdinus. Das ist mal ein Name. Von Caius Octavius Sura war nicht mehr viel zu sehen.
Wieder war ein Punkt der Aufgabe erledigt. Oh ihr Götter war das aufregend. Und die Zeit lief. Ich wusste nicht wie viel Zeit schon vergangen war, aber ich schätzte ich hatte noch genug. Ich schickte ein kurzes Stoßgebet zu Apollon und den Musen, dass sie mir genug Kreativität und Kunstfertigkeiten gäben. Die andere Schrift war inzwischen getrocknet und ich war zufrieden mit der Personalakte, aber es fehlte noch ein entscheidener Punkt, die Kriminalität. Der Platz bei der Laufbahn war knapp geworden, und außerdem war brachte es da sowieso nicht viel, also mussten in die Anmerkungen noch etwas hinzugefügt werden. Nervös trommelte ich mit den Fingern auf den Tisch, wie - im Namen von Mars - sollte ich denn das schreiben? Da kam mir eine Idee. Ich wusste nicht, ob sie gut war, bisher musste ich noch nie auf eine Personalakte schreiben, dass jemand korupt ist. Mit einer unruhigeren Hand griff ich erneut zu Feder und setzte an. Erstaunlicherweise flossen dann die Worte doch relativ zügig aus meiner Hand.
Beobachter sagen, er sei korupt und knüpfe schlechte Kontakte.
Beobachter misstrauen ihm.
Fügte ich in meiner Akte hinzu. Das sollte reichen. Mehr Dinge würden nur noch mehr Fragen aufwerfen und eigentlich eine ganze Akte eröffnen. Ich hoffte nur dass es reichen würde. Aber Misstrauen... das sollte doch schon reichen. Immerhin war er ein centurio, und falls es so einen wirklich geben sollte... Jetzt redete ich schon von mir selbst in der dritten Person. Nein, ich redete nicht von mir selbst, sondern von dem Ich, dass ich auf dem Papier erschaffen hatte. Ich schluckte und kam nicht hinter den Sinn dieser Aktion. Möglicherweise könnte man ja dieses Material gegen mich verwenden! Aber nein, er sagte, es sei meine Chance hier noch eine Zukunft zu haben, aber wollte ich diese überhaupt? Ich seufzte und blickte auf meine Akte. Fertig war sie – gefälscht war sie.
Erleichtert atmete ich auf, ein Teil der Aufgabe war schon einmal erfüllt, aber ein noch schwieriger Teil kam auf mich zu. Solangsam taten meine Füße weh, vom lauter Stehen, aber ich zwang mich weiter zu stehen. Jeder Pause konnte eine Pause zu viel sein. So redete ich mir es zumindest ein. Während ich vorsichtig die Akte zur Seite legte, suchte ich nach einem leeren Papyrus und fand auch schließlich einen in angemessener Kommandeursgröße. Ich legte es vor mich hin und überlegte. Wie sah so ein Briefkopf aus. So einer, den sich die hohen Tiere immer schicken. Ich würde mal schätzen wie ein ganz normaler Brief. Aber Victors Schrift musste ich eh nicht kopieren. Zum Glück hatte er ja genug Schreiber, die alles für ihn schrieben, bis auf die Unterschrift. Ich tunkte die Feder in die Tinte und bekann zu schreiben.
An den
Legatus Legionis M' Decimus Livianus
Castellum Legio I Traiana Pia Fidelis
Mantua
Schonmal ein guter Anfang, aber jetzt musste ich mich ins Zeug legen. Jetzt musste ich denken.
Sim-Off:Viel Spaß in Schottland, praefectus. Ich schreib weiter, sobald ich wieder Zeit finde.