Beiträge von Quintus Petronius Cinna

    "Nun, ich kann die Pferde nicht aufeinander abstimmen, solange eines von beiden solche Spirenzchen veranstaltet. Damit es das nicht mehr tut, also damit es den Kopf nicht mehr zurückreißt und das Hauptgewicht auf die Hinterhand verlegt, bindet man einen Lederriehmen je rechts und links des Mails an das Geschirr." Cinna gestete - den Sachverhalt zu erklären war schwer. Kurzerhand stand er auf und pfiff einmal lautmit den Fingern. Der Wagen kam zu ihnen. Cinna hielt zielstrebig auf den Rappen zu, der nervös auf der Stelle tänzelte. Natürlich hatte der Pferdekenner in weiser Voraussicht ein paar Ausbinder dabei. Die befestigte er nun am Maul des Pferdes und dann am Brustgeschirr. "So, das dürfte fest genug sein. Wenn nicht, stellen wir es noch ein wenig nach. Wenn er seinen Körper immer noch nicht lang genug kriegt, lass ihn das Leder spüren. Er wird es schon noch lernen, wie er sich zu strecken hat", sagte er zum Wagenlenker und demonstrierte dem Iulier die Methode des Ausbindens. "So sieht das aus, wenn man einem Pferd den Kopf runter bindet. Er kann ihn jetzt nicht mehr so weit hochreißen - siehst du?" Er klopfte dem Pferd den Hals und nickte dem Wagenlenker, der das Gespann wieder auf die Bahn brachte.

    "Wunderbar", sagte Cinna ironisch aber ruhig. Wieder einmal hatte sie sich an einer Kleinigkeit hochgezogen, die nun wirklich bedeutungslos dahergeredet war. Es schien ihm fast so, dass Arria geradezu nach Ansätzen stocherte, um ihn angiften zu können. E schüttelte kaum merklich den Kopf und hob demonstrativ das Buch, um so zu tun, als würde er sich wieder hineinlesen wollen.

    Der Mann hob im Ansatz die Schultern, dann jedoch senkte er den Kopf ein wenig herab. Er verstand Arria absolut nicht, aber das musste man ihm ja nicht sofort anmerken. Die Gelassenheit, die aus ihm sprach, sollte ihn selbst überraschen. "Ich bin nicht dein Vater und ich weiß auch nicht, was er sich wünscht. Aber du bist meine Nichte und würdest auch nicht ersetzt werden können. Was soll das, Arria? Bist du gekommen um mir vorzuwerfen, was du deinem Vater vorwerfen möchtest?" Letzendlich sah er genau das in ihr, was sie mal verstecken, mal betonen und ein anderes mal verfluchen wollte - ein Kind.

    Cinna verfolgte das Zweiergespann mit kritischem Blick und hörte quasi, wie der Sand durch die Uhr fiel. Das Gespann lief ungleichmäßig, eins der Pferde lief mit weit hochgerissenem Kopf und hielt damit das andere auf. Ein Laie hätte vielleicht Beifall geklatscht, aber für jeden anderen musste das Gespann unharmonisch wirken.
    "Dem Rappen muss der Kopf runter gebunden werden, so kann er nicht das Tempo mitgehen, das der Braune vorlegt."

    "Nicht diese Diskussion, Arria", sagte Cinna und legte den Kopf in den Nacken. "Wenn es das ist, was dich in solch eine missliche Stimmung verfallen lässt, solltest du nicht vergessen, dass der Tod deiner Mutter schon viele, viele, viele Jahre zurückliegt, man rein gar nichts daran ändern kann und keiner die Schuld daran trägt, was geschehen ist. Gib dich nicht solch törichten Gedankengespinsten hin, Kind."

    Cinna befeuchtete sich die Lippen und war sichtlich amüsiert. "Nun, ich vielleicht nicht. Männer erziehen ihre Söhne, aber nicht ihre Töchter. Auch wenn ich mich frage, wo mein Bruder all die Jahre seie Augen hatte, denn er hätte die Pflicht gehabt, sich so um dich zu kümmern, dass du gewisse Aufgaben beherrschen lernst. Du weißt selber gut genug, was für Aufgaben das sind. Und jetzt sieh mich nicht so an. Wenn überhaupt hat dein zukünftiger Ehemann das Recht dazu dich als perfekt oder nicht zu sehen. Ich bin dein Onkel, Kind, ich will dir doch nichts Böses." Seine Finger tippten auf seinen Oberschenkel. Irgendetwas stimmte hier doch nicht. "Ist dir denn eine Laus über die Leber gelaufen? Habe ich dir etwas getan?"

    Hatte sie es wieder als Vorwurf aufgewasst. "Das war kein Vorwurf, Arria." Gut, es war doch einer. Ein kleiner. "Aber nein, du kannst nichts für deines Vaters Versagen." Cinna machte eine sparsame Geste mit der freien Hand, seufzte erneut innerlich und schloss ein wenig länger als gewöhnlich die Augen. Dennoch verstand er die Situation nicht ganz. "Also was sollte dann das Gemurmel?"

    "Gut, ich weiß es jetzt. Aber das heißt nicht, dass du es nicht noch lernen könntest." Innerlich seufzte Cinna - hatte dieses Mädchen denn gar nichts gelernt? Was hatte sie denn zum Henker die vielen Jahre lang gebtrieben? Es musste einem ja glatt so vorkommen, als wäre sie im Exil aufgewachsen, fernab jedweder zivilisierten Gesellschaft.
    Ihr Gemurmle vernahm er ihren Hoffnungen entgegen doch, jedenfalls in Fetzen. Sein Blick trübte sich leicht, was aber kaum auffallen durfte. "Tu ich denn sonst nichts Sinnvolles?", fragte er, darum bemüht einen gewissen Unterton zu unterdrücken.

    "Die Ruhe, die kühle Luft und der Sonnenschein", sagte Cinna, dessen Gesichtszüge ungewohnt weich waren, während eine Hand mit dem Buch auf seinen Oberschenkel sank, wodurch es sich zusammenrollte. "Und du? Willst du krank werden, mein Kind? Du solltest an einem wärmenden Feuer sitzen und etwas weben." Seine Lippen waren noch leicht gekräuselt, sodass man denken konnte, dass er nur scherzte. Wer ihn kannte, wusste, dass er es ernst meinte und sich dabei nur sorgte.

    Cinna sah auf, als jemand an ihm vorüberlief. Er konnte die Person nicht erkennen, denn er war von der Sonne geblendet, aber als sie ihn grüßte, erkannte er die Stimme seiner Nichte. "Arria!", sagte er, sodass sie es würde hören können, wohl in der Absicht sie zurück zu halten.

    Es war einer dieser Wintertage, der trotz der Kälte erreichen wollte, das man ihn mochte, indem er die Sonne scheinen ließ. Und wenn man sich ehrlich war, dann schaffte er es sogar. Zumindest bei Cinna, dessen Laune sich meist zu leicht dem Wetter anpasste. Regnete es, war er grimmiger als sonst, aber pflügten sich Sonnenstrahlen durch kahles Geäst, war er bereit sich beschwichtigen zu lassen.
    Das schaffte sonst nur Marcia bei ihm. Cinna hielt beim Lesen inne, sah auf einen sich sacht wiegenden Busch und schmunzelte - wie er jetzt auf diesen Vergleich gekommen war? Er schüttelte den Kopf, sog dabei klare Luft bis tief in die Lungen und vertiefte sich wieder in ein Buch, in dem jemand seine Gedanken zum Pferdesport niedergeschrieben hatte - ein billiges aber teilweise nützliches Schriftstück, das Cinna nur aus Spaß an der Freude erstanden hatte, als er am Vormittag über den Mercatus gelaufen war.
    So saß er also, in einen warmen Mantel gehüllt auf einer steinernen Bank, auf die er ein Kissen gelegt hatte, hatte das eine Bein halb über das andere geschlagen und lehnte sich an eine Holzwand, an der sich im Sommer eine prachtvolle Hecke entlanghangeln würde, während die schwachen Sonnenstrahlen des tiefstehenden Sonnenballs ihn dazu veranlassten, die Augen zusammenzukneifen.

    Cinna sah sich jetzt schon drei fremden Gesichtern gegenüber. Er sah kurz zu Varus, der seine Aufgabe als Pater mal wieder schleifen ließ und räusperte sich mit vielsagender Miene. Die junge fremde Frau war ins Gespräch vertieft, so sah Cinna von dem gerade eingetretenen und von ihm zu dem jungen Mann, der schon anwesend gewesen war, bevor er und Marcia gekommen waren. "Entschuldigt, dass ich so salopp frage - aber seid ihr Besucher, die mit uns die Liegen teilen? Dann muss ich mich vorstellen. Ich bin einer Varus Brüder, genauer genommen sein Halbbruder Cinna und erst seit Kurzem hier ansässig. Und das ist meine Frau Marcia." Er sah zu ihr, lächelte und legte ihr eine Pranke auf den Unterarm, während er zurück zu den "Fremden" sah.

    Er wusste, wenn er es jetzt auch sagen würde, würde es albern klingen. So lächelte er seine Frau an, die sich weich an ihn schmiegte und besiegelte ihren gemeinsamen Wunsch mit einem leidenschaftlichen Kuss.
    Wie lange waren sie inzwischen verheiratet? Zwei Jahre - oder drei? Es wurde Zeit, dass die Ehe Früchte trug. Warum hatte sie das bislang nicht? Cinna hatte nie darüber nachgedacht, weil sie lange Zeit gereist waren. Mit einer Frau war das manchmal schon schwer gewesen. Nicht auszurechnen, wie es mit einem plerrenden Kind gewesen wäre... War es Zufall gewesen, dass Marcia nicht schwanger geworden war, oder von der Frau stets sorgsam beachtet?
    Cinna hielt im Küssen inne, schmatzte und lehnte sich zurück. "Sollen wir hier bleiben? Ich bin noch am Überlegen, ob Rom nicht der bessere Wohnort für uns ist." Er seufzte. "Die Arbeit... Ich hätte dort weitaus bessere Möglichkeiten. Obwohl eine Arbeit in der Verwaltung oder sonst irgendwo auch nicht wirklich mein Ding ist."

    Kurz hinter Iason betraten Cinna und Marcia den Raum. Sie ging an seiner Seite, hatte die Hand auf seinen Unterarm gelegt und er seine andere Hand darauf. "Salvete! Verzeiht, dass wir uns verspätet haben, aber ich wurde aufgehalten. Komm', setz dich erst einmal." Damit führte er Marcia zu einem Korbsessel, der notfalls noch schnell herbeigeschafft worden war und ließ sie sich darauf setzen. Arria und Livia grüßte Cinna mit einem sparsamen Lächeln, Varus nickte er dezent zu. Dann wandte er sich an die beiden ihm fremden Gesichter. "Wie ich sehe, haben wir heute Gäste?", fragte er und legte sich auf eine der Klinen, wo noch genügend Platz für ihn war.

    Cinna ließ sich und seiner Marcia viel Zeit. Er genoss es allein mit ihr zu sein, ungestört, liebevoll sein zu können und nicht meckern zu müssen. Er kostete jeden Moment aus, war wie betäubt von ihrem Duft und ihrem Körper. So viel Sanftheit, Geduld und Feingefühl, wie er es mit Marcia unter Beweis stellte, hätte man dem kräftigen Petronier wohl nie zugetraut.


    Hinterher lag er schwer atmend neben seiner Frau. Den Arm hatte er um ihre Mitte gelegt, seine Stirn ruhte an ihrem Kopf und die Lippen an ihrer bloßen Schulter, als ihm ein wohliger Schauer über den Rücken fuhr. Er hob den Kopf und betrachtete sie einen Moment, ehe er ihr nahezu verspielt am Ohrläppchen knabberte.
    "Schenk mir ein Kind."

    Zitat

    Original von Publius Matinius Agrippa
    "Es freut mich dich kennenzulernen Petronius Cinna. Die Pferde scheinen mit dir auch eine fabelhaften Trainer zu haben ..."


    "Die Freude liegt ganz bei mir", sagte Cinna und hielt das Pferd an den Zügeln. Proconsul? Wie dumm, dass Cinna noch relativ neu in Tarraco war und so noch nicht alle Namen kennen konnte. Er nickte dezent."Das werden wir ja sehen, wenn die nächsten Spiele anstehen."

    Cinna seufzte und hielt ihr den Becher hin. Es war doch wirklich nicht schwer ihn zufrieden zu stellen, oder? Ein wenig Aufmerksamkeit, die richtige Anrede und eine Portion Pflichtbewusstsein - dann ging alles problemlos und harmonisch. Als sein Becher aufgefüllt war, zog er einen Mundwinkel hoch, was wohl das Lächeln für Sklaven war, und versank gleich darauf wieder in Gedanken.

    Es war Balsam für Cinnas Seele und ganz nebenbei errettete es die Sklavin vor einer Standpauke. Natürlich war er nicht so dumm, es ihr auch wirklich abzunehmen, was sie da sprach - aber sie verleugnete damit ihre wahren Gedanken und Gefühle, und das brachte Genugtuung. Mit einer fahrigen Handbewegung wunk Cinna die Sklavin weg. "Wisch den Wein auf", sagte er hörbar besänftigt und versank in Grübeleien, während er seinen Becher langsam leerte.

    "Geht doch....", raunte Cinna, als Turia kaum nach seiner Beschwerde auch schon mit neuem Wein kam. Ging widererwartend doch etwas in diesem Hause so, wie es gehen sollte. Er war überrascht und hielt ihr den Becher hin, den sie auffüllte, während sie die Entschuldigung vortrug. Cinna machte eine gleichgültige Handbewegung. Das Lächeln, das nicht glückte, trieb ihn dann jedoch wieder auf die Palme. "Was guckst du mich denn so an?! Hat die Sklavin es denn nicht darauf angelegt, bestraft zu werden?" Sein Blick funkelte, während er schleichend langsam den Blick, der ihr eine Antwort verbot, von der Sklavin nahm und den Becher an die Lippen hielt. "Benimm dich, spure, dann werde ich dich auch nicht strafen."
    War doch wahr... Cinna hatte doch nicht willkürlich gestraft, aber das konnte Turia ja nicht wissen. Er schüttelte den Kopf und trank in großen Zügen den Wein, als wäre die Slavin nicht länger existend.

    Es war genug Zeit vergangen und immernoch war kein Sklave aufgetaucht. Normalerweise musste man darauf nicht erst lange warten. Verdächtig. Wo steckten die denn alle? Er hatte Durst. "Bei den Göttern, muss man denn immer erst laut werden, wenn man in diesem Haus etwas haben möchte?!", schnauzte Cinna wohl etwas lauter als beabsichtigt.