Beiträge von Hannibal

    Hannibals Hand, die an der Wand gelehnt war, ballte sich zu einer Faust. Etwas von dem Kalk bröckelte herunter und Hannibals Fingernägel bohrten sich tief in seine Haut hinein. Der Schmerz schien ihm in dem Moment doch eher gut zu tun, da sich seine kurz sehr angespannte Miene wieder glättete. Doch jetzt glühten seine Augen in der Tat heftig. "Gut! Du hast Recht, es war ja auch dumm von mir. Mir ist es bewußt. Ich hatte die letzten Wochen Zeit meine Handlungen immer und immer wieder zu überlegen. Aber ich weiß genau, dass ich genauso gehandelt hätte, wenn ich wieder in der Lage gewesen wäre. Dass mich jemand erkennen würde, hätte ich jedoch nie gedacht. Warum auch? Schließlich bin ich erst seit kurzem in Roma!"


    Hannibal beugte sich etwas nach vorne zu Nadia vor und sah sie verschwörerisch an. "Nadia, ich habe Dir doch von der Frau erzählt, die aus Griechenland. Die Frau, die ich hasse und die meine Rache noch nicht zu spüren bekommen hat. Diese Frau auf dem Forum war jene Griechin. Sie ist ein Nichts, ein böser Mensch. Und nun leitet sie die Geschicke der Römer? Das darf nicht sein!" Der Haß gegen jene Griechin loderte in Hannibal erneut auf. Und Wut auf sich selber, dass er an jenem Tag gescheitert war. Mühsam rang er mit Beiden, wollte er Nadia doch nicht wieder verängstigen. Nach einigen Herzschlägen hatte er sich wieder unter Kontrolle und er lächelte.


    "Verzeih mir! Es nimmt mich mit, wenn ich an all das denke. Aber was sagtest Du? Er ist bei den Urbanern. Nun, das klingt doch ganz solide. Wie ist denn sein Name?" Hannibal lächelte sie aufmunternd an. "Und will er Dich heiraten?"

    Seine Sachen waren aus der Unterkunft verschwunden? Verdammt! Noch etwas, was ihm Sica nicht erzählt hatte. Abgesehen davon, dass er in letzter Zeit keinen Kontakt mit dem Verwalter gehabt hatte. Aber Hannibal konnte sich denken, wo seine Schriftrollen hin verschwunden waren. Wie schade, dabei waren einige schöne Stücke darunter, die er mühsam in Athen und Alexandria hat kopieren müssen. Sehr zum Verdruß seines Herren, der nur das Vergnügen im Sinn hatte. Seufzend strich sich Hannibal durch die Haare und verfluchte innerlich seine Schwäche für das Materielle. Schließlich kannte er die Schriftrollen doch sehr gut.


    "Nadia, es ist nicht wichtig, ob Du mir glaubst oder nicht. Ich kann mir schon denken, daß Du zu den richtigen Schlüssen kommst. Aber es ist besser für Dich, wenn Du die Gedanken schnell wieder vergißt. Es ist für Dich viel zu gefährlich. Und ich möchte Dich nicht in Gefahr bringen." Kopfschüttelnd betrachtete er einen Fleck auf der Wand. Dabei spürte er den rauhen Kalk unter seiner Handfläche. Langsam wandte er seine braunen Augen wieder Nadia zu. Hannibal sah Nadia aufmerksam und schon fast durchdringend an. Doch er lächelte dabei auch und in seinen Augen war nichts von einem irren Flackern zu sehen, was einen Psychopathen vielleicht sonst zeigen würde. "Wer ist der Mann, der Dich erobert hat? Aus welcher Gens kommt er? Oder ist er ein Libertus? Ein Sklave? Erzähl mir von ihm!"

    Bestürzung breitete sich in Hannibal aus. Wie konnte das passiert sein? Wer hätte ihn auf dem Forum erkennen können? War er doch erst kürzlich in die Stadt gekommen. Der Riese vielleicht? Vielleicht hatte dem Riesen die Lupa, die mit Hannibal das Geschäft abschließen wollte, etwas verraten? Nein, das war zu weit hergeholt. Ein zufälliger Zeuge auf dem Forum? Oh, oh! Das würde ihm sein Herr wirklich übel nehmen. Die Praetorianer ins Haus zu bringen, war wirklich sehr übel dieses Mal. Warum hatte Sica ihm nichts davon erzählt? Mühsam versuchte Hannibal eine gelassene Miene aufrecht zu erhalten.


    Er lächelte sogar ganz kurz. "Soso! Wegen einem Anschlag sind sie in die Villa gekommen. Sehr seltsam!" murmelte er. "Warum ich nicht in der Villa bin? Nun, die Mutter meines Herren hat mir einen Auftrag gegeben. Ich soll bei einigen Leuten etwas Druck machen, damit ihr Sohn schneller in der Legion aufsteigen kann. Das hat mich etwas auf Trab gehalten." Hannibal hoffte, dass sie es auf sich beruhen lassen würde. Es war besser, wenn sie nichts von all dem wußte, damit die Praetorianer auch nichts aus ihr heraus pressen konnten. "Aber erzähl mir lieber von Deinem Glück, Nadia. Was hast Du vor, wenn Du frei bist?"

    Hannibal stützte sich mit einer Hand an der Mauer ab, an die sich Nadia noch lehnen sollte und hörte ihr mit aufmerksamen Blick zu. Er lächelte als sie ihm berichtete, daß sie sich mit ihrem Herren wieder versöhnt hatte. Und sein Lächeln wurde freudiger als er erfuhr, daß sie bald freigelassen werden sollte. Das war wirklich eine gute Neuigkeit. Wenn sie frei war, würde ihr das bestimmt gut tun, da sie sich vor keinem anderen Sklaven mehr fürchten musste. Fast nicht, schließlich hieß Freiheit nicht, geschützt zu sein. Sein Lächeln verschwand als sie ihm von ihrem Selbstmordversuch erzählte.


    Er nickte langsam. Schließlich wußte er zu gut, was Nadia getan hatte. Sie hatte an jenem lauen Abend doch wirklich Glück gehabt. Glück, das Merkur wohl anders beschäftigt war und Glück, daß Furianus sie so schnell gefunden hatte. Doch ihre nächsten Worte trafen Hannibal wie einen Dolchstich. Praetorianer? In der Villa Flavia? Oh ihr Götter, wie konnte das passiert sein? Woher haben sie davon erfahren? Ein Welle von Panik stieg in Hannibal hoch. Die kämpfte er jedoch schnell wieder herunter und holte tief Luft. "Die Praetorianer waren in der Villa? Warum?" Hannibal runzelte die Stirn und umging schweigend ihre anderen Fragen.

    Hannibal lächelte breit als er ihre Überraschung sah. Auch sah er sie unverwandt an, so daß ihr Umblicken ihm durchaus auffiel. Wußte sie etwas? Aber was in den letzten Wochen in Rom passiert ist oder gar in der Villa Flavia, davon hatte Hannibal keine Ahnung. Er war bestimmt so sicher abgeschirmt gewesen wie der Kaiser von seinen Praetorianern. Kurz bedachte er ihre Hand auf seinem Unterarm mit einem Blick, antwortete ihr jedoch sogleich. "Es gab einige Dinge, die ich schnell...erledigen musste, Nadia. Es tut mir leid, dass ich Dir nicht Bescheid sagen konnte, aber die Ereignisse überstürtzen sich und ich musste schnell handeln. Aber das ist heute nicht mehr wichtig. Wie der Schnee, der auch in der Sonne schmilzt. Und bei dem Strahlen in Deinem Gesicht ganz besonders!" Hannibal lächelte breit und nahm ihre Hand.


    Auch er war ein wenig besorgt, dass ein paar Urbaner vorbeikamen und ihn eventuell wieder erkannten. So zog er sie langsam aber bestimmt in Richtung einer ruhigeren Gasse. "Ich sehe, es geht Dir besser, Nadia. Das freut mich sehr. Hast Du Dich mit Deinem Herren versöhnt? Und wie ist es Dir in den letzten Wochen ergangen?"

    Seit Wochen fristete Hannibal ein schier unerträgliches Los. Immer eingesperrt und versteckt bleiben. Wäre es nach ihm gegangen, hätte er Rom schon längst versucht zu verlassen. Aber er war sich ziemlich sicher, dass Sica etwas mit ihm plante. Und das behagte Hannibal gar nicht. Aber heute hatte er sich mal von seinen Bewachern fortgeschlichen. Er hatte sich unauffällig gekleidet und den Bart abrasiert und die Haare etwas gekürzt ehe er die Strassen von Roms wieder betreten hat. So ging er durch die Straße und genoß die warmen Sonnenstrahlen auf seinem Gesicht. Nur beiläufig bemerkte er die Blumenstände, doch dann fiel ihm eine viel schönere Blume auf. Verdutzt blieb Hannibal stehen und besah sich Nadia. Schön sah sie aus an jenem Tag und sehr glücklich. Hannibal lächelte erleichtert. Das letzte Mal als er sie gesehen hatte, lag sie fast halbverblutet im Garten.


    Langsam ging er auf sie zu und trat an sie heran. Er blieb dicht vor ihr stehen, so dass sie ihn bemerken musste. "Nadia!" murmelte er leise. Sie schien wirklich glücklich zu sein. Was wohl ihren Gemütswandel herbeigeführt hat?

    Hannibal lehnte sich gegen die Wand des Kanals. Sie war zwar dreckig und stank, außerdem huschte unter ihm eine nasse und fette Ratte vorbei, aber ihm wurde wieder schwindelig und übel. Der Schlag des Riesens schmerzte höllisch und der Schmerz breitete sich immer weiter aus. Zwischendrin tanzten einige schwarze Punkte vor Hannibals Augen, doch er riß sich zusammen, damit Sica nichts von seiner Schwäche bemerkte. Er wollte nicht als so hilflos vor ihm erscheinen, wie Hannibal es in Wirklichkeit war. Während er um sein Bewußtsein kämpfte, grübelte er über Sicas Frage nach. Wann war er zuletzt gesehen worden? "Gestern mittag hat mich der Ianitor das Haus verlassen gesehen. Und wahrscheinlich haben mich gestern abend noch einige Sklaven in der Unterkunft gesehn. Aber ansonsten habe ich das Haus schon heute früh beim Morgengrauen verlassen!" Eigentlich hatte er ganz andere Pläne gehabt. Zwar spielte dort auch eine Frau eine wichtige Rolle, doch ganz anders als es auf dem Forum gekommen war.


    Nadia!, schoß es Hannibal durch den Kopf. Sie wußte von seiner Vergangenheit. Doch würde sie bestimmt keine Verbindung zu dem Attentat ziehen können. Ahnte doch Hannibal zu dem Zeitpunkt nicht, daß jemand auf dem Forum ihn wieder erkannt hatte. Um sein linkes Auge zuckte es kurz, dann schüttelte er den Kopf. "Nein, niemand weiß von meinen..." Er zögerte kurz und ein hämisches und gleichzeitig amüsiertes Lächeln huschte über sein Gesicht. "..Unstimmigkeiten mit der Griechin!"

    Hannibal hob die Hand, die Nadias hielt etwas und umschloß mit seiner anderen ihre Hand. Warm, fest und gleichzeitig sanft hielt er ihre Hand geborgen. Dabei kreisten seine Gedanken wieder. Die Menschen waren schlecht. Viele waren böse und das was diese beiden Männer, der Flavier und der Unbekannte, Nadia angetan haben, das bewies seine These von der Schlechtigkeit der Menschen. Auch waren die Menschen blind. Wie konnte man nicht sehen, dass Nadia doch einer der wenigen Wesen war, die es überhaupt verdienten zu leben. Kurz presste Hannibal seine Lippen fest aufeinander, etwas grimmig und entschlossen. Diese Männer würden das noch bereuen und dafür würde Hannibal sorgen. Den Flavier konnte er leider nicht einfach umbringen. Hatte er seinem Herren doch fest versprochen, die Familie unangetastet zu lassen. Außerdem fühlte Hannibal, dass die Flavier seine einzige Familie war, die er hatte. Aber für Furianus würde er sich sicherlich noch etwas einfallen lassen.


    Doch der andere Mann würde es noch bitter bereuen. "Wer ist jener Mann, der Dich so schmählich fallen gelassen hat?" fragte Hannibal beiläufig und nichts an seinem Gesichtsausdruck verriet seine Mordlust gegenüber diesem Unbekannten. "Nadia, ein Mann, der Dir seine Liebe verspricht und sich nicht daran hält, tut das nicht weil Du eine Sklavin bist, sondern weil er ein Nichtswürdiger ist. Und was Deinen Herren angeht. Würdest Du ihm nichts bedeuten, hätte er Dich gekreuzigt nach Deiner Flucht. Es ist aber auch kein Wunder, Du bist schließlich eine besondere Frau!" Hannibal lächelte sie freundlich und mit warmen Augen an, hob kurz seine Hand und strich ihr in einer fast vertraulichen Gestik über die Wange. Doch wirkte diese kurze Zärtlichkeit nicht wie ein Versuch sich an sie ranzumachen, eher natürlicher und spontan. Doch dann ließ er seine Hand wieder sinken und umgriff erneut ihre Hand.

    Hannibals Gedanken klärten sich immer mehr und der stumme Wiederhall seiner Niederlage verklang. So keimten auch andere Worte in seinem Geist auf und die Worte Sicas sickerten auf fruchtbaren Grund. Ja, das war wirklich eine sehr undurchdachte Tat. Was hatte ihn noch mal dazu getrieben? Sein Haß, der ihn mal wieder übermannt hatte. Wie ärgerlich! Dabei glaubte Hannibal doch, dass er das in letzter Zeit besser unter Kontrolle hatte. Aber er hatte auch nicht damit gerechnet, einem Schatten seiner Vergangenheit zu begegnen. Hannibal hörte Sica zu und schwieg. Sein Gesicht war ausdruckslos und zeigte keine Emotion. Nachdem Sica fertig gesprochen hatte, schwieg Hannibal. Er schien über Sicas 'Vorschlag' nachzudenken, doch in Wirklichkeit brauchte Hannibal nicht mehr lange zu überlegen. Er hatte sich in dem Moment entschieden als er den Dolch in weiches Fleisch auf dem Forum gestoßen hatte und fast einen Mord begangen hatte. Aber vielleicht würde die Frau ja doch noch sterben. Er hoffte es sehr, denn es würde ihm den Ärger ersparen, es später noch mal tun zu müssen. Etwas besser geplant, dennoch unangenehm. Denn es war ja nicht so, dass er gerne tötete.


    "Natürlich werde ich ...kooperieren!" Hannibal lächelte sehr kurz. "Und was die offizielle Erklärung für mein Fehlen angeht. Mein Herr erwartet mich sowieso in Germania. Das sollte in der Tat Erklärung genug sein! Außerdem würde er mitspielen, sollte er dementsprechend gefragt werden." Hannibal verschränkte seine Arme vor der Brust und schwieg erneut.

    Hannibal schwieg und lief mit Nadia am Fluss und dem grünen Grasstück entlang. Jemanden kennen gelernt? Hannibal dachte einen Moment darüber nach. Aber er tat es schnell ab. Ein Mann, der wohl in Nadias Augen gefiel und sich nicht bemühte, der war selber Schuld. Hannibal blieb an einem Strauch stehen und pflückte ein Blatt herunter, was er zwischen seinen Fingern zerrieb. "Venus ist eine launische Göttin. Und wenn Fortuna noch ins Spiel kommt, dann ist alles verloren." Hannibal sah zu Nadia und lächelte schief ehe er weiter ging. Der grüne Uferstreifen wurde schmaler und in der Nähe verlief schon wieder eine Straße. Hannibal blieb stehen und ließ noch mal seinen Blick über den Tiber streifen. "Wir sollten mal langsam zurück gehen. Daß ich fehle, wird nicht auffallen. Bei Dir wird es wohl anders sein."

    Hannibal lächelte als Nadia seine Hand drückte. "Meinst Du, ob ich schon im Süden Italias war? Aber sicher doch. Ich bin, wie mein Herr, in Baiae geboren worden. Und Baiae liegt ebenfalls nahe des Vesuvs! Der Süden Italias ist wirklich eine traumhafte Landschaft. Zu schade, dass wir die Gegend verlassen mussten!" Langsam schlenderte Hannibal mit Nadia am Fluß entlang und auf die malerischen Hügel zu. Bäume standen dort dicht, aber ein Trampelpfad führte zwischen ihnen entlang. Hannibal schmunzelte etwas als er ein junges Paar in der Nähe entlang laufen sah. Anscheinend wurde der Platz hier auch für verschwörerische Liebestreffen genutzt. Hannibal lächelte und dachte über Ovids Liebeswerk nach, was ihn zu einer anderen Frage brachte. Er sah zu Nadia. "Und hat Dich Amors Pfeil schon getroffen im Leben?"

    Nur das Fackelllicht erhellte die eine Seite von Hannibals Gesicht. Der Schatten der Unterwelt umfing die übrige Seite seiner Gestalt. Sein rechter Mundwinkel wanderte etwas nach oben in einem Anflug eines amüsierten Lächelns. Während er Sica lauschte, war sein Blick auf den Boden gerichtet. Gescheitert! Gescheitert! Immer wieder herrschte dieses Wort in seinem Kopf. Harter Mann? Dafür hielt sich Hannibal wirklich nicht. Und dass das Attentat unklug war, das wußte er auch. Aber es gab immer wieder Momente in seinem Leben, in denen er nicht nachdenken konnte. Dann war er eben nur ein Werkzeug und er mußte handeln. Auf dem Forum war es genauso. Es war das erste Mal, dass Hannibal Sica erlebte. Der Mann, der solche Angst in Nadia verursachte. Langsam sah Hannibal auf und seine Augen glühten noch im vagen Abglanz seiner Mordlust.


    "Du hast recht!" Hannibals Stimme klang rauh und hart dabei. "Das war dumm. Doch manchmal hat man es nicht in der Hand, wenn das Schicksal einen lenkt." Er wußte, dass das niemand ausser ihm verstehen würde. Doch er sprach trotzdem seinen Gedanken aus. Er lächelte leicht und wußte, dass er Sica ganz ausgeliefert war. Was er wohl mit ihm machen würde? Das würde bestimmt interessant werden. "Ich hätte mich als Peregrinus ausgegeben. Außerdem, warum sollten sich die Praetorianer einschalten? Nach der natürlichen Ordnung wären wohl die Urbaner dafür zuständig.!" Hannibal reckte sich ein wenig und sah Sica fest in die Augen. "Tu, was Du tun mußt!" Ohne Angst in den Augen wartete Hannibal ab, ob Sica ihn nun beseitigen würde. Wartete auf den Schlag oder den Befehl dazu!

    "Das ist gut!" Hannibal lächelte freundlich. "Ich bin mir sicher, daß Dir der Süden Italias bald sehr gut gefallen wird. Es ist wirklich sehr schön dort unten. Und die Menschen sind anders als hier in Roma. Weniger gehetzt und oftmals sehr gastfreundlich." Hannibal lächelte sie zuversichtlich an. Mit einer geschmeidigen Bewegung stand er auf und reichte Nadia die Hand. "Komm! Lass uns noch etwas spazieren gehen! Dorthinten an den Hügeln sieht es noch sehr schön aus. Außerdem sollten wir wohl langsam wieder zurück, sonst glauben sie noch, dass wir miteinander durchgebrannt sind!" Hannibal schmunzelte und ließ die Reste ihres Picknicks einfach dort für die Nachwelt und die Ameisen liegen.

    Hannibal ließ sich wiederstandlos und stumm vom Forum aus durch die Strassen geleiten bis zu jener Tür, die dann in den Untergrund führte. Aufmerksam folgte er Sica durch die verschlungenen Gänge. Schnell verstummte der Lärm um ihn herum und er sah sich, immer noch benommen von Ceadhs Schlag, in den dunklen Gängen um. Als sie die Tür passierten staunte Hannibal nicht schlecht. Sica schien sich wirklich gut in Rom auszukennen und scheinbar hatte er Qualitäten, die übe die eines einfachen Verwalters weit hinaus gingen. Interessant! Ohne mit der Wimper zu zucken betrat Hannibal die Gänge des Abwassersystems. Ausdruckslos sah er einigen Ratten hinterher, die von den zweibeinigen Besuchern aufgeschreckt wurden und in den dunklen Gang verschwanden.


    Hannibal fühlte sich ausgebrannt. Vor wenigen Minuten hatte er sich noch wie ein Werkzeug der Furien gefühlt. Dazu bestimmt, die schlechten Menschen von der Welt zu bannen, wie es die Frau auf dem Forum war. Doch nun wurde ihm schlagartig klar, dass er versagt hatte. Aber nicht nur das, er wollte seinem Herren wirklich keinen Ärger bereiten, so oft wie Aristides sich schon für ihn eingesetzt hatte. Schweigend sah Hannibal auf die dreckige Brühe herunter, die aus den vielen Zuströmungen der Stadt kamen. Der Dreck tausender und abertausender Bürger, Sklaven und Ausländer floß hier zusammen. Gedanken verloren, als er hinter Sica her lief, stellte er fest, dass man nun keinen Unterschied zwischen den Ausscheidungen eines Patrziers oder eines heruntergekommenen Plebejers mehr machen konnte. Innen sahen alle Menschen nun mal gleich aus, so die Erfahrung von Hannibal, der nicht wenige Innereien seiner Spezies inspizieren konnte.


    Als sie schließlich an eine etwas weniger stinkende Stelle gekommen war, schoß wieder Schmerz durch Hannibals Nacken und Blut sickerte aus seiner Nase hervor. Schwer atmend blieb Hannibal stehen und sah auf Sica. Warum hatte dieser ihm geholfen? Wahrscheinlich, damit kein schlechtes Licht auf die Flavier fiel. Aber wenn sie Hannibal geschnappt hätten, dann hätte Hannibal sich sowieso als Peregrinus ausgegeben. Dann hätten sie keinen Zusammenhang zur Villa Flavia ziehen können. Schweigend sah Hannibal Sica an und überließ ihm das Recht der ersten Worte.

    Hannibal schwieg und sah über den Fluß hinweg auf das andere Uferstück. Wie die Sklaven doch dort hart arbeiteten und sie waren hier und konnten über solche Dinge sinnieren. Hannibal war schon froh darüber nicht dort Sklave zu sein, sondern bei seinem Herren. Schließlich hatte er dadurch viele Freiheiten, die die meisten Sklaven niemals in ihrem Leben erfahren würden. "Nach Misenum?" murmelte Hannibal und sah zu Nadia. "Ein sehr schöner Ort, ich war früher oft dort. Als ich noch in der Villa in Baiae gelebt habe. Es wird Dir dort mit Sicherheit gefallen!"


    Hannibal lächelte. "Dein Herr will Dich in Sicherheit wissen? Dann scheint es mir doch ein Licht für Dich am Horizont zu sein. Die Nacht der Albträume hat ihr Ende und Du kannst in einen neuen Morgen schreiten." Hannibal betrachtete sie dabei nachdenklich und neigte den Kopf etwas zur Seite. "Aber mir scheint, Du hast etwas anderes im Sinn! Du willst doch nicht etwa noch mal fliehen, oder?"

    Hannibal folgte mit seinem Blick Nadia. Ob sie Angst vor ihm hatte? Oder warum wandte sie so plötzlich den Blick ab. Vielleicht hätte er ihr doch nicht die Wahrheit sagen sollen. Aber sein Töten machte ihn doch nicht zu einem schlechten oder bösen Menschen. Schließlich tötete er nur diejenigen, die es auch verdient hatten. Die Furien standen auf seiner Seite, dessen war sich Hannibal sicher. Er lächelte etwas traurig und wandte seinen Blick auf das Wasser. Vielleicht würden es eines Tages die Menschen um ihn herum verstehen. Wenn sie erkannten, was er Gutes damit tat. Und auch Nadia und Marcus würden es erkennen.


    "Was meinst Du damit, solange Du da bist? Dein Herr wird Dich wegschicken, wegen Sica und den Anderen?" Hannibal wandte seinen Blick zu Nadia und die Fragen, die nach Antworten suchten, standen in sein Gesicht geschrieben.

    Als Hannibal an der Wand gelehnt stand, brodelte immer noch dieser grenzenlose Haß in ihm. Zwar schien Fortuna heute doch noch auf seiner Seite zu stehen, aber die Götter waren wohl gegen ihn gesonnen gewesen. Oder warum ließen sie ihn nicht als Werkzeug der Furien zu? Die Welt war besiedelt von solchen schlechten Menschen, böse Menschen. Und es gab doch nur wenige, wie Hannibal, die das erkannten. Hannibal schloß die Augen und dachte darüber nach, auch wenn sein Nacken immer noch arg schmerzte. Was tun? Nun, sie konnten ihn nicht erkannt haben. Dafür war er einfach noch nicht lange genug in Rom. Auch hatte Hannibal den Mann auf dem Forum nicht gehört gehabt, der was von Flaviern gefasselt hatte. Dafür hatte dieser zu leise gesprochen und Hannibal war zu sehr in seiner Wut gefangen.


    Nur eine kleine Pause und dann weiter. Die Griechin würde ihm sicherlich helfen. Er war sich sicher, daß die kleine Lupa sich in ihn verliebt hatte und sie hatte durchaus einige Kontakte. Dabei fiel ihm wieder der Riese ein. Warum stand er auf der Seite dieser Frau? In dem Moment spürte die Hand auf seiner Schulter. Seine eigene Hand glitt unter seine Tunika, wo sein metallbeschlagener Lederhandschuh versteckt war, seine noch verbliebene Waffe. Dabei öffnete er die Augen und merkte, daß Fortuna wohl doch nicht ganz auf seiner Seite stand. Sica! Wie kam der nur hierher? Hannibal presste die Lippen aufeinander und ließ seine Augen über die Männer wandern. Hannibal nahm das Tuch schweigend und presste es sich auf den Nacken ehe er es um seinen Hals band. Hannibal nickte immer nochschweigend bei Sicas Aufforderung und schien nicht so zu wirken, als ob er der Anweisung nicht folgen wollte.

    ~DER IANITOR~


    In dem Ianitor schrillten Alarmglocken auf. Soldaten in der Villa? Ein Schaudern jagde über seinen Rücken. Oh weh, oh weh! Warum war er nicht Gärtner? Sich nur um die Rosen zu kümmern wäre nicht übel. Auch wenn er es nur mit seinen Händen machen müsste, weil es dem Herren Felix so besser gefiel. Aber wenn er jetzt hier was falsch machte, dann drohte ihm üble Peitschenhiebe oder Schlimmeres. Nervös, wegen dieser Aussicht, leckte er sich über die Lippen. Und was, wenn tatsächlich ein Sklave dort verwickelt war? Das könnte übel für sie alle enden. Es gab nur einen, der sich gut darum kümmern konnte. Aber wollte der nicht heute schon abgereist sein? Der Ianitor griff nach dem Arm von dem kleinen Jungen, den er als Laufburschen hier hatte. "Los, schau nach, ob Sica noch hier ist! Beeil Dich! Und schau dabei, ob Flavius Furianus in der Villa ist." flüsterte er leise. Der Junge nickte und rannte los, um nach Sica zu suchen, falls dieser doch noch in der Villa weilte.


    Höflich lächelnd wandte er sich an Nepos und setzte eine reservierte Maske auf.


    "Es wird sich gleich zeigen, ob der werte Herr Aedil Flavius Furianus im Hause weilt oder mit seinem Amt zum Wohle Roms beschäftigt ist!"

    ~DER IANITOR~


    Das waren Zeiten, sehr schlimme Zeiten befand der Ianitor. Früher wären sie auf dem Boden gekrochen diese elenden Plebejer in Uniform. Zur Zeiten der Flavierkaiser...aber das war eindeutig vorbei! PAH! Aber was sollte er alter Mann denn da machen? Sica war weg, der gute Herr Felix auch...ja, die Peitschen waren in letzter Zeit kaum geschwungen worden. Traurige Zeiten und somit seufzte der Ianitor traurig. Wie war die Gesetzeslage da noch mal? Er wußte es nicht so genau. Aber einen der Stadtwachen wollte er ungern einfach so rein lassen. Was machte er nur? Da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Einfach jemand anders damit belästigen. Der junge Herr sollte entscheiden! Aber welcher? Wieder grübelte er darüber nach. Der Aedilherr, der werte Flavius Furianus, war bestimmt nicht im Haus. Aber diesen neuen Sohn sah er auch nur selten. War da nicht noch einer aufgetaucht...? Aber das Kommen und Gehen hier im Haus wurde ihm sowieso zuviel. Na, sollte sich doch der Soldat es aussuchen.


    "Der Verwalter wird erst in einigen Tagen zurück sein. Ebenso scheint es mir, dass ich Dich höchstens dem Herren Flavius Furianus, dem hochgeschätzten Aedil, oder dem Herren Flavius Milo melden kann. Aber beide sind sehr beschäftigt. Vielleicht wartet ihr Soldaten einfach hier, ob der Mann vorbeikommt, den ihr sucht."



    Sim-Off:

    Tja, wer weiß...vielleicht das Alter?

    ~DER IANITOR~


    Der Ianitor sah ihn schweigend an. Hach, die Jugend, immer musste alles hopphopp und schnelll gehen. Dabei war er doch ein alter Mann. Sica sah das genauso, dass er schneller arbeiten musste. Sica, den wollte der Soldat wohl sprechen. Aber er hatte Sica heute morgen aus dem Haus gehen sehen. Wahrscheinlich wollte er seinem Herren Flavius Felix Meldung erstatten und das würde noch einige Tage dauern. Wie sollte er das dem Soldaten nur sagen? Vielleicht einfach direkt?


    "Der Verwalter ist außer Haus, mein Herr! Es tut mir leid. Und mein Herr Flavius Felix ist auf seinem Landgut. Aber ich glaube kaum, dass es ein Sklave aus diesem Haus sein kann, da ich heute niemanden rausgelassen habe außer der alten Lucia und die war nur einkaufen!"


    Der Ianitor war mit der Situation wirklich ein wenig überfordert. Was waren das nur für Sitten? Jemand wurde angegriffen und gleich kamen sie zur Villa Flavia gerannt. Wie vor einiger Zeit... 'war es nicht schon einige Jahre her?'... als diese Frau den Kaiser umbringen wollte. Tsts! Was für Zeiten, hatte der Ianitor doch noch bessere Zeiten miterlebt, so glaubte er zumindestens.