Beiträge von Hannibal

    Hannibal seufzte. Der Griff, der Nadia hielt wurde lockerer, aber er hielt sie fest, damit sie nicht heruntersank. Doch seine Hände schlossen sich nicht mehr grob um ihre Schultern, sondern plötzlich wieder sanft. Einen Arm schlang er um ihre Taille und stützte sie sanft. Ebenso trat wieder ein freundlicher Glanz in seine braunen Augen. Mitgefühl paarte sich damit und er schüttelte leicht den Kopf. "Nadia, du musst keine Angst vor mir haben. Ich wollte nur sehen, ob Du noch Kampfwillen in Dir trägst. Aber sie haben Dir wirklich auch noch den letzten Rest Mut herausgepresst!" Er hob die Hand, die er auf ihrer Schulter liegen hatte und strich ihr sanft über ihr Kinn, in einer sehr freundlichen und nicht allzu aufdringlichen Geste. Hannibal sah sie lächelnd an, plötzlich wie ausgewechselt. Zögerlich biss er sich auf die Lippen. Nadia war wirklich sehr schön und Hannibal nun mal nicht aus Stein. Zugern hätte er sie geküsst, aber statt dessen löste er sich von ihr und hielt nur kurz ihre Hand fest ehe er einen Schritt zurück machte.


    "Verzeih mir, Nadia. Ich wollte Dir nicht weh tun oder Dich erschrecken, aber Du kannst Dir nicht alles gefallen lassen. Du musst kämpfen, genau um soetwas zu verhindern." Er lächelte sie freundlich an und verschränkte die Arme hinter dem Rücken. Er stand jedoch nur einen Schritt von ihr entfernt, immer noch nahe genug um nur die Hand zu heben und sie wieder berühren zu können oder sie aufzufangen, sollte sie gar in Ohnmacht fallen.

    Hannibals Gesicht versteinerte sich. Nach außen hin wirkte er dadurch sehr kühl, sogar etwas empört als er die Worte von Durus vernahm. Doch innerlich musste er lachen, lachen über die Empörung der Römer. Banditen und Räuber? Herrlich, schade, dass er die Rede dieses Germanicus Avarus verpasst hatte, aber das musste ein denkwürdiger Tag gewesen sein als er durchaus die Wahrheit ausgesprochen hatte. Aber die Wahrheit war durchaus unterschiedlich, je nach Auge des Betrachters. Spontan fiel ihm der Raub der Sabinerinnen ein, die doch so gerne von den Römern selber erzählt wurde. Gedanken verloren sah sich Hannibal auf dem Forum um und hoffte, dass jener Avarus noch auftauchen würde, vielleicht würde es sogar noch zu einer Schlägerei kommen.

    Hannibal stand an einer Säule neben einer Taberna gelehnt. Seine Augen wanderten den Markt ab auf der Suche nach dem Mann, der ihm die Tafeln bringen sollte. Die Beschreibung, die er von der Lupa hatte war nur sehr vage gewesen, aber einen Riesen würde er bei den Italern und Römern schon erkennen können. Hannibal summte leise vor sich hin und ließ die Sonne in sein Gesicht scheinen. Was für ein herrlicher Tag. Hah! Da war er! Zwischen den Menschen konnte Hannibal wirklich einen Riesen ausmachen, ein Mann, der aus dem Geschlecht der Heroen stammen konnte. Leise pfiff Hannibal durch seine Zähne und ließ seinen Blick an dem Mann hoch und runterschweifen. Nicht schlecht, dachte er sich, dann stieß er sich von der Säule ab und drängte sich an zwei alten Weibern vorbei.


    Schnurstracks ging er auf Ceadh zu. Die Urbaner sah er durchaus aus dem Augenwinkel, aber es war mehr eine Ahnung als dass er ihre Zahl ausmachen konnte. Urbaner roch er schon auf weiter Entfernung, ihr Waffenöl, der Geruch nach Gesetz und Ordnung, was ihn anwiederte. Das Gesetz des Stärkeren fand er sehr viel interessanter. Hannibal trat an die Seite von Ceadh. "Die Griechin schickt Dich?" Hannibal dachte dabei an die griechische Lupa, blond, schön, billig und vollbusig. Gut fürs Bett, aber auch gut für seine sonstigen Interessen. Hannibal sah an Ceadh hoch und wunderte sich erneut, wie ein Mann nur so gross werden konnte.

    Hannibal schmunzelte und betrachtete sie sich nachdenklich. Ob sie den Kampfwillen in sich trug? Hannibal wußte es nicht, aber er wollte es wissen, ehe er Mühe und Zeit darin investierte, ihr das Kämpfen beizubringen. Er glaubte nicht, dass eine Frau einem Mann in solchen Dingen nachstehen musste. Zwar würde eine Frau nicht die Kraft eines Mannes haben, hatte aber genug andere Möglichkeiten das wieder wett zu machen. "Mal sehen...Das Kämpfen zu lernen ist nicht so das Schwierigste an all dem, aber Du musst auch kämpfen wollen. Dafür musst Du aber auch das Leben mögen und nicht Dich gleich in diese Fluten hier stürzen wollen."


    Ohne Vorwarnung packte Hannibal plötzlich Nadia am Handgelenk und zog sie in einer schnellen Bewegung zum Baum. Brutal drückte er sie gegen den Baumstamm und hielt sie an den Schultern fest. Seine dunklen Augen sahen sie kalt an. "Lohnt es sich überhaupt? Kannst Du Dich wehren oder bist Du nur ein hübsches Püppchen?" Hannibal sah sie plötzlich kalt an. Ein Flackern war in seinen Augen zu sehen. Und ihm rauschte auch das Blut durch die Ohren. Wehrlos! Völlig wehrlos, schoss es ihm durch den Kopf. Ja, das erinnerte ihn an die Kleine in Alexandria. Doch schnell riß er sich von den Erinnerungen los, denn heute und hier ging es nicht darum, seine Gelüste zu stillen, sondern Nadia zu prüfen. Ob Nadia wirklich zum Kämpfen sich taugte, ob sie eine Löwin sein konnte oder nur ein schnurrendes Kätzchen war, das wollte er herausfinden.

    Wie ein Schatten folgte Hannibal dem Neffen seines Herren. Interessierten Blickes besah sich Hannibal den Auflauf auf dem Forum und ein amüsiertes Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit. Hach, er liebte doch die römische Politik, aber besonders wie römische Bürger in ihren weißen Togen sich ereiferten und dabei wie ein prallroter Apfel anliefen. Immer wieder herrlich, zumal nur die wenigsten Männer wirklich stichhaltigen Argumenten aufweisen konnten. Aber Hannibal war wirklich gespannt worum es hier ging, empörte Mienen sah er ja schon genug. Dabei hoffte er, dass es nicht um das übliche Sittenblabla ging, was er in den letzten Wochen genug verfolgen konnte und ihn schon anödete. Aber schon Sokrates beschwerte sich über die Sittenlosigkeit der Jugend, warum sollte sich das bis heute geändert haben? Hannibal tastete mal sicherhaltshalber unter seine Tunika, ob sein Sica und sein Caestus auch fest genug an seinen Körper gepresst waren. Schließlich wollte er nicht unbedingt mit seinen Waffen mitten auf dem Forum erwischt werden. Schweigend blieb er hinter Milo stehen, um ihn vor Anrempelungen oder Pöbeleien zu schützen, aber auch um dem Gespräch zu folgen.

    Hannibal sah auf die Wasserfläche. Dabei entging ihm ihr leichtes Schwanken jedoch nicht. Seine Hand blieb an ihrer Seite für den Fall, dass sie sich in die Fluten stürzen wollte. Und Hannibal verspürte nicht wirklich den Wunsch hinter ihr in den dreckigen Fluß springen zu müssen. Zumal seine Schwimmkünste eher erbärmlich waren und er nicht wirklich die Hoffnung hatte, jemanden dort zu retten. Es war eher wahrscheinlich, dass er selber Opfer der Fluten und des göttlichen Tiber wurde, der soviel Leichtsinn bestimmt bestrafen würde.


    Innerlich seuftze er. Er hatte inzwischen das Gefühl gegen eine Wand zu sprechen. Anscheinend konnte oder wollte Nadia es nicht verstehen. Schweigend blieb er stehen. Angst! Angst...das hörte er immer wieder von ihr. Kein Wunder, dass sie so ein leichtes Opfer für all die anderen Sklaven waren, die Angst sicherlich riechen konnten. Aber er zuckte mit der Schulter. Mehr als was er vorhin gesagt hatte, konnte er diesbezüglich nicht tun. Und er fand, dass er schon mehr Überzeugung und Aufklärung betrieben hatte, als nötig war.


    „Willst Du lernen, Dich zu wehren, Nadia?“ fragte Hannibal schließlich. Er drehte sich um und griff schnell nach einem Stück Käse, in das er auch hineinbiss. Wenn etwas von Aristides auf ihn abgefärbt hatte, dann die Lust am Essen. Aber im Gegensatz zu seinem Herren schlug das kaum bei ihm in der Leibesfülle an. Er sah Nadia von der Seite an. „Dann kannst Du auch lernen mit Deiner Angst umzugehen!

    Hannibal schloss schnell die Tür wieder. Vielleicht würde er doch noch zu dem Traktat kommen. Zufrieden wandte er sich um. Immer ein gutes Gefühl, einen Besucher abgewimmelt zu haben. Vor sich hinpfeifend mit seinem kleinen *Tarilu-Ta-Ta* verschwand er wieder in den Tiefen der Villa Flavia.

    Hannibal aß schweigend die Würste und trank immer wieder von dem Wein. Dabei hörte er Nadia aufmerksam zu. Seine dunklen Augen waren fest auf sie gerichtet. Ein seltsamer Glanz lag in seinen Augen, während sie sprach. Ab und zu zuckten seine Augenbrauen auf und ab oder er wiegte den Kopf hin und her. Auch seufzte er bei der Geschichte mit dem Claudier. „Eifersucht!“ murmelte er sehr leise, so dass es mit dem Rauschen des Wassers unterging. Aber für ihn schien die Wut des Furianus in dem Moment sehr klar zu sein. Ganz kurz huschte ein Lächeln über das Gesicht von Hannibal. Wie es ihm schien, ahnte Nadia nichts von diesen Hintergründen. Verstand sie Männer so schlecht? Als sie aufstand, sah er ihr hinter her und aß schnell den letzten Bissen auf.


    Dann stand auch er auf und trat an ihre Seite. Sein Blick wanderte über die Strudel des Wassers hinweg und er verschränkte seine Arme hinter dem Rücken. „Nadia, schau mal auf die andere Uferseite! Siehst Du dort die Menschen, die in den Gärten und bei den Kirschbäumen arbeiten?“ Bei den Worten deutete er auf die vielen Bäume, die nicht mehr blühten, sondern schon die ersten Früchte trugen, was man freilich von der Uferseite nicht sehen konnte. „Diese Menschen arbeiten von morgens bis abends. Sie schuften an den Obstbäumen, auf den Feldern, um der Erde die Frucht und den Segen abzuringen. Und sie sind allesamt unfrei. Oder sieh Dich in der Stadt um. Männer, die Insulae bauen, die oftmals bei ihrer Arbeit sterben. Männer und Frauen, die die Kanäle reinigen, die Strassen säubern und demütigenden Arbeiten nachgehen müssen. Auch sie sind allesamt unfrei. Sie werden niemals die Hoffnung haben, frei zu sein und sich in die Reihen der Liberti zu reihen, die mit ihren Kindern endlich die Würde finden könne, welchen den Römern von Geburt an gegeben wurde! Und werden jene Sklaven gut behandelt für all die Arbeit, die sie leisten?“ Hannibal hob die Augenbrauen bei der rethorischen Frage, die er gleich drauf beantwortete.


    „Nein, sie werden geschlagen, ausgepeitscht und zur Arbeit getrieben. Zur gleichen Zeit kämpfen in der Gladiatorenarena viele Männer um ihr nacktes Überleben, während andere Sklaven einfach zur Belustigung der Römer den Löwen vorgeworfen werden!“ Kurz schweifte Hannibals Gedanke zu den vorletzten Spielen. Auch eine Flaviersklavin war in der Arena gelandet und von den Löwen zerfleischt worden. So wurden Hannibals letzte Worte dadurch noch viel stärker, da es auch die Sklaven im Hause der Flavier treffen konnte. „Ich verstehe, dass es schlimm ist, was Du erlebt hast. Aber siehe Dir doch auch mal an, wie schlimm es wirklich sein könnte. Siehe, was für ein Schicksal Du doch haben könntest. Aber nein, Du bist in der Villa Flavia Sklavin. Sicherlich ein hartes Los und ein schweres Leben, aber nicht so schwer, wie es die meisten anderen Sklaven haben. Wir müssen nicht hart arbeiten. Das wohl Schwerwiegenste sind ‚nur’ die Anweisungen des obersten Sklaven im Hause zu befolgen, der, zugegebenerweise, grausam ist, aber nicht undurchschaubar.“ Hannibal schwieg kurz.


    „Des Weiteren haben wir beide Herren, die uns für unentbehrlich halten. Du bedeutest Deinen Herren doch wohl noch einiges. Denn er hat Dir weder ein Brandmahl verpasst, noch Dich gekreuzigt, obwohl Du geflohen bist. Auch sind die Arbeiten, die Du im Hause leisten musst, nicht wirklich schlimm, noch sind sie demütigend.“ Hannibal lächelte sie an. „Wie Du siehst, kann man Deine Situation auch ganz anders betrachten. Meinst Du nicht, dass Du nicht doch versuchen könntest, etwas Gutes in Deiner Situation zu sehen?“

    "Weit weg! Zu Fuß nicht zu erreichen und von idyllischer Ruhe geprägt, Quaestor. Aber Du kannst gerne eine Nachricht für ihn hier hinterlassen, Aurelius Antoninus. Sein Verwalter wird es mit Sicherheit weiter leiten." Wenn es von Bedeutung ist, fügte Hannibal in Gedanken hinzu. Die Tür ging noch ein Stück weiter zu. Vielleicht reichte die Antwort dem Besucher ja und Hannibal könnte sich weiter den punischen Kriegen widmen.

    "Na dann iß, junge Dame!" Hannbial nahm ein Stück von dem Brot und ein Würstchen und reichte es Nadia. Auch er nahm sich ein Würstchen und biss herzhaft hinein. Seufzend lehnte er sich etwas zurück und stützte sich hinten mit dem Ellbogen ab. Genüßlich biss er immer wieder von seinem Imbiss ab. Nach einer Weile, wo er schweigend gegessen hatte, sah er Nadia nachdenklich an. "Weißt Du, Deine Worte, die Du in der Villa gesagt hast gehen mir nicht so ganz aus dem Kopf." Hannibal schwieg einen Moment ehe er weitersprach. "Du meintest, dass Du weggelaufen bist, weil Du enttäuscht wurdest? Doch nicht etwas von Deinem Herren, oder?" Er sah fragend zu Nadia.


    Hannibal seufzte leise und nahm den Wein, von dem er einen Schluck zu sich nahm. "Du darfst mich nun nicht mißverstehen, Nadia. So wie ich das mitbekommen habe, war es in der letzten Zeit unerträglich für Dich und das tut mir auch sehr leid!" Er lächelte freundlich. "Eine so schöne und lebenfrohe junge Frau, wie Du es bist, sollte so etwas nicht durchmachen müssen....eigentlich keiner!" fügte er leiser an. "Aber es scheint mir, dass Du im Spiel des Lebens die Regeln nicht ganz verstanden, beziehungweise akzeptiert hast. Wir sind nun mal Sklaven. In den seltensten Fällen können wir darauf hoffen, die Freiheit zu erlangen. Wir haben deswegen zwei Möglichkeiten. Entweder wir beugen uns den Regeln, die uns aufgelegt sind oder wir gehen zugrunde. Du scheinst Dir über Deinen Platz jedoch nicht ganz sicher zu sein. Noch etwas Käse dazu?" fragend reichte Hannibal Nadia ein Stück Schafskäse und lächelte dabei freundlich, um seinen Worten den unangenehmen Klang zu nehmen.


    "Es ist jedoch auch möglich, in der Villa Flavia und der Gens Flavia zu bestehen. Manchmal muss man sicherlich Dinge tun, die einem zuwider sind oder gegen die eigene 'Würde' geht, wenn wir uns so einen Luxus leisten dürfen. Aber letztendlich gibt es Freiräume, die uns von niemanden genommen werden könne...solange wir am Leben sind." Er tippte sich gen Kopf. "Dort drinnen ist alles, was Du brauchst. Dort können sie Dich niemals erreichen und das ist Dein Potential um zu überleben bei den Flaviern. Nicht das hier..." Er deutete dabei auf seine linke Brustseite, dort wo das Herz war. "Und ich sage Dir, das geht nicht nur uns Sklaven so. Auch unsere Herren, so frei sie auch sein mögen, sind Zwängen und Regeln unterworfen. Wir mögen ihnen zwar mit Leib und Leben ausgeliefert sein, aber sie sind auch von uns abhängig. Verstehst Du, was ich damit meine?"

    Hannibal unterdrückte ein Grinsen. Das da ein durchaus betuchter, im wahrsten Sinne des Wortes, vor ihm stand, hatte er gleich erkannt. Aber schließlich wollte man nicht den Eindruck erwecken, dass man hier in der Villa Flavia gleich herzlich empfangen wird. Schnell ging er die letzten Wahllisten durch und schüttelte den Kopf. "Der ehrenwerte Senator Secundus Flavius Felix ist nicht im Hause und wird in allzunaher Zukunft auch nicht zu sprechen sein. Er befindet sich auf seinem Gut außerhalb von Rom, verehrter Aurelius Antoninus."


    Abwartend sah Hannibal den Quaestor an und machte sich schon bereit, die Tür wieder zu schließen.

    *Tarilu-ta-ta* Ein fröhliches Pfeifen ertönte von hinter der Tür, dann Schritte und schließlich wurde die Tür geöffnet. Hannibal trat in den Türrahmen, an seinem Kinn hatte er noch einen kleinen Tintenfleck, und sah Antoninus grinsend an. Dann fiel ihm die vorgeschriebene Haltung beim Öffnen der Villatür ein. Prompt nahm er eine eher abwehrende Haltung an. Sein Grinsen verschwand und er sah Antoninus mißtrauisch und nicht sonderlich erfreut an.


    "Salve! Wer bist Du und was willst Du?" Einer der Sklaven hatte ihm gesagt, dass das Sicas Standardtext war. Also schienen die Worte Hannibal auch am Besten zu sein. Um seinen Mundwinkel zuckte es kurz.

    Die Zweige der Trauerweide bildeten einen geschützten kleinen Bereich in dem Park. Einige der Zweige ragten weit über den Fluss hinaus und die unteren Teile davon hangen im Wasser, deren Strömung schnell das Wasser in den Süden zog. Saftiges grünes Gras wuchs dort, nur unterbrochen von den Wurzelsträngen, die aus der Erde herausragten und teilweise bis in den Fluss gewachsen waren. Hannibal lächelte schief. „Ein hübsches Plätzchen!“ gab er zu und legte das Bündel mit der Verpflegung auf eine grüne Fläche. Er trat an den Fluss heran und sah einige Sekunden auf die schnell dahin fließende Wasserfläche. Schließlich drehte er sich um und lächelte Nadia freundlich an.


    Schließlich lachte er leise und setzte sich an ein grünes Uferstück. Dabei wirkte er sehr gelöst und heiterer Gemütsstimmung. „Na, komm! Ich beiße nur selten und am liebsten in Hühnchen!“ Er zwinkerte Nadia verschmitzt zu. „Ah, wo wir beim Essen sind!“ Hannibal drehte sich um und griff nach dem kleinen Beutel. „Ich sterbe vor Hunger!“ Er knüpfte das Tuch, was ihm einer der Händler dazu verkauft hatte, auf und holte eine kleine Amphore und das Essen hervor. Lächelnd sah er auf und riss das Wachssigel von der Weinamphore weg.

    Hannibal lächelte und stimmte mit einem Nicken zu. "Sehr gut, dann wagen wir es an die schöne frische Luft. Soweit man diese hier in Rom findet!" Hannibal lachte leise. Lässigen Schrittes lief er durch die Flure der Villa. Dabei wirkte er recht unbekümert, sah sich nicht mißtrauisch um und ging schnurstracks auf den Ausgang zu. An der Tür angekommen, hob Hannibal sogar dreist dem Ianitor gegenüber seine Hand. Spontan nahm er Nadias Hand und zog sie schnell aus dem Ausgang.


    Vor der Tür stehen bleibend, atmete Hannibal tief ein und aus und ließ auch wieder Nadias Hand los. Er sah zu dem klaren und blauen Himmel hoch und beschirmte seine Augen vor den Sonnenstrahlen. "Ein schöner Tag! Lass uns doch gehen!" Schnellen Schrittes lief Hannibal den Weg von der Villa zur Strasse hinunter und in die Richtung, wo Nadia sie auch immer hinführen mochte.

    Roms Strassen waren voll an jenem schönen und sommerlichen Tag. Menschen strebten ihrer Arbeit nach oder verbrachten ihre Zeit in Müßiggang. Hannibal lächelte breit als er durch die Strassen mit Nadia schlenderte. Immer wieder sah er begeistert zu den prachtvollen Häusern der Stadt und den großen Tempelanlagen, an denen sie vorbei kamen. Oder auch die großen Monumente, die schon von weitem zu sehen waren, zollte er mit dem gleichen lebhaften Interesse. Untewegs kaufte Hannibal von einigen Garküchen Wein, Brot, Würstchen und einige andere Leckereien, die er für den kleinen Ausflug einpacken ließ. Vertrauensvoll ließ er sich von Nadia durch die Strassen und schließlich zu dem nördlichen Uferstück, nördlich des Transtiberdistriktes führen. Genauer gesagt zu den Lucullischen Gärten, die auf der gegenüberliegenden Seite zu sehen waren.


    Es wurden immer weniger Menschen um die Beiden herum. Auch wurde es immer grüner und schließlich kamen die Beiden auch zu jenem kleinen Hortulus, der an den Tiber angrenzte. Dieses Stück war noch jenseits der Cloaca Maxima und erst wenig Dreck der Stadt schwamm in den Strudeln des Wassers mit. Lächelnd besah sich Hannibal das Stückchen Grün. Er ging quer über eine blühende Sommerwiese entlang und durch die Zweige einer Trauerweide, die seine Schultern umstrichen, sich vor ihm teilte und ihn zu verschlucken schien. "Hier ist es schön!" hörte man von Innen. "Herrlich das Plätzchen!" Der Baum rauschte leicht in dem lauen Sommerwind und die Zweige der Trauerweide wogten hin und her.

    "Wir könnten ein wenig nach draußen gehen. Außerhalb der Villa nimmt die Gefahr, dass uns Sica über den Weg läuft, proportional zur Wegstrecke ab! Außerdem habe ich Marcus, meinem Herren..." Hannibal zwinkerte ihr schelmisch zu. "...ein paar Münzen entlocken können ehe er abgereist ist!" Hannibal klopfte auf eine lederne Tasche, die an seinem Gürtel befestigt war. Darin klimperte es leise. "Außerdem war ich schon lange nicht mehr in Rom." Hannibals Augen glänzten bei der Vorstellung endlich sich in das Gewühl der Stadt begeben zu können.


    "Du kennst Dich doch sicherlich aus und wir könnten vielleicht eine nette Taberna finden oder einen netten Park, an einem nicht stinkenden Teil des Tibers!" Hannibal sah sie von der Seite an. Ein fragender Ausdruck stand in sein Gesicht geschrieben. "Na, was meinst Du dazu? Entflüchten wir dem Käfig für einige Stunden und breiten wir unsere Schwingen aus, die wir in unserem Sklavendasein sonst verstecken müssen?"

    "Nun ja, zwischen Vertrauen und Mißtrauen liegen für mich Welten!" Hannibal schmunzelte, um den Worten einen weniger 'harschen' Ton zu verleihen. "In meinem Leben gab es auch schon viele Höhen und Tiefen, was die Familie Flavia angeht. Sie ist eine äußerst schwierige Familie, denke ich!" Hannibal zuckte mit der Schulter. Hannbial schwieg kurz und sah sie ernst an. "Das Leben ist ein Weg, der ständig mit Schwierigkeiten, Problemen und schlimmen Dingen gepflastert ist. Ab und an können wir Asyl in den Häusern des Glücks oder des Friedens finden. Doch das ist immer nur von kurzer Dauer. Auch treten auf dem Weg Dir vielleicht Männer entgegen, die Dich aufhalten wollen oder welche, die Dir helfen. Aber letztendlich bist und bleibst nur Du auf jenem Pfad. Wem also solltest Du mehr vertrauen als Dir?"


    Hannibals Augenbraue zuckte kurz und er grinste gleich drauf wieder. "Aber gut! Gehen wir woanders hin!" Er wandte sich auch gleich zum Gehen und ging den Gang einfach hinunter. Langsamen Schrittes lief er dort entlang und sah ab und an sich die Fresken des Hauses interessiert an. "Eine schöne Villa, aber für Dich wohl ein goldener Käfig. Sag, darfst Du die Villa verlassen?"

    Hannibals linke Augenbraue zuckte leicht, dann lachte er trocken und etwas dumpf, wenn auch sein Lachen sich nicht boshaft anhörte. So verließ er mit Nadia die Unterkunft. Hannibal schloss hinter sich die Tür und zuckte mit der Schulter. "Wie Du meinst! Es schien mir nur so, dass ich Dir vielleicht helfen könnte. Aber so zwischen Tür und Angel vergeben ich selten Ratschläge oder Hilfestellungen!" Hannibal wippte kurz auf seinen Fußballen auf und ab. Dabei betrachtete er Nadia und seutzte leise. Als einmal Schritte in der Nähe ertönten, wandte Hannibal den Blick dorthin. Doch beunruhigt schien er nicht zu sein und die Schritte verhallten auch wieder.


    "Du mißtraust mir, kann das sein?" Hannibal musterte sie und seine dunklen Augen waren sehr ernst bei den Worten. "Nun, ich kann es Dir nicht verdenken. Im Gegenteil! Und im Grunde genommen tust Du gut daran. Denn eines sollte man bei den Flaviern und allgemein unter Sklaven lernen. Trauen kannst Du nur Dir selber!" Um seinen rechten Mundwinkel zuckte es kurz und Hannibal senkte den Blick. In einer Gestik, die etwas traurig wirkte, strich er sich über seinen schmalen Bart. Langsam hob er wieder den Blick und lächelte schief. "Nun denn, kann ich Dich vielleicht noch wohin eskortieren?"

    Mit verschränkten Armen stand Hannibal in der Sklavenunterkunft. Er musterte die alte Sklavin, die auf einem hinteren Lage vor sich hin siechte. Seine Augen folgten Nadias Blick und er musterte die leere Stelle. "Weg? Du meinst Deine Sachen sind nicht mehr hier?" Hannibal seuftzte leise und rieb sich nachdenklich die Stirn. Er ließ seine Hand wieder sinken und sah Nadia lächelnd und aufmunternd an. "Vielleicht haben sie Deine Sachen in die Abstellkammer gebracht! Wir können ja mal suchen. War es viel?"


    Hannibal sah sich um und suchte oberflächlich den Raum ab. "Hmm...sie scheinen gründliche Arbeit geleistet zu haben." Mit einem Schritt war er an einem Lager am Fenster dran und legte die Schriftrollen neben seinem Bett auf einen kleinen Tisch, auf dem sich schon andere Papyri und Wachstafeln stapelten. Dann drehte er sich zu Nadia um und ging auf sie zu. "Komm! Ich glaube, Du findest hier nichts mehr. Gehen wir doch woanders hin." Er lächelte sie freundlich an. So schien es auf jeden Fall. Wieder erschienen kleine Grübchen an seiner Wange und seine Augen blitzten auf. "Mir scheint es, dass Du jemanden zum Reden gebrauchen kannst. Ich würde mich Dir anbieten, wenn Du magst!"

    Mit einem nicht minderen Grinsen sah Hannibal hinter Marcus her. Er kratzte sich kurz seinen leichten Dreitagebart und musterte Furianus noch einmal. Auf seine Worte zuckte er mit der Schulter und stieß sich vom Baum ab. "Danke, Herr!" meinte er etwas gelangweilt. Genauso jovial wie er erschienen war, verschwand er auch wieder zwischen den Bäumen. Doch schon hinter dem nächsten Baum ertönte das Summen und die kleine Melodie erneut. *Tarilu-ta-ta*