Beiträge von Caius Flavius Aquilius

    "Macht man sich denn durch das Durschreiten der Ämterlaufbahn nicht um den Staat verdient? Ist ein verdienter Soldat denn so viel weniger wert wie der Sohn einer Patrizierfamilie, der sein Leben lang nichts anderes getan haben mag ausser sich durchfüttern zu lassen?" fragte ich und blickte den Advocatus etwas zweifelnd an. Ob ihm bewusst war, wieviel Geld es verschlang, sich vom Qaestor zum Konsol empor zu arbeiten, wieviel mehr Geld es verschlang, sich eine angemessene Klientel aufzubauen, Gastmähler zu geben und seinen Namen bekannt zu machen, umso mehr noch, wenn man aus einer bisher politisch unbedeutenden Familie stammte?
    "Unsere Gesellschaft kann nur dann stark sein und stark bleiben, wenn wir die Möglichkeit offen halten, dass kluge und starke Männer den Weg in den Senat finden können, auch wenn ihre Ahnen diesen Weg vielleicht nicht beschritten haben. Erinnere Dich an Männer wie Marius, Cicero - man erinnert sich noch heute an sie, und sie stammten beide aus Familien, die nicht der Nobilitas angehörten."


    Dass Victor ausgerechnet Flavia Messalina erwähnte, ließ mich kurz zusammenzucken - diesen Teil der Verwandtschaft hätte ich gern ignoriert, aber leider war dies unmöglich. "Ich muss Dir Recht geben, Septemvir, die Ahnen alleine machen noch nicht die würdige Erbfolge aus, es muss auch der Geist entsprechend gebildet sein, das Herz stark genug, sich seiner Bürde und Verantwortung bewusst zu sein." Flavia Messalina! Warum nur konnte dieses unsägliche Weib nicht der damnatio memoriae anheim gefallen sein, das hätte so vieles leichter gemacht.

    "Du hast mir nicht weh getan, keine Sorge, ich bin nur kurz erschrocken. Es passiert einem schließlich nicht alle Tage, dass man eine hübsche junge Frau umrennt, auch wenn es sicherlich nichts wäre, wogegen ich etwas hätte," entgegnete ich scherzend und betrachtete mein Gegenüber beifällig. Zarte Haut, helles Haar, sie stammte sicher aus dem Norden, denn eine solche Sylphide wie diese junge Frau schien so wenig zu den dunklen Römern zu passen wie ein Nubier in einen Germanenstamm.


    "Aber ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Ich bin Caius Flavius Aquilius, vor einigen Tagen erst hierher nach Rom zurückgekehrt, um mich hier ein wenig zu akklimatisieren. Mit wem habe ich denn das Vergnügen?" Wieder lächelte ich, in der Hoffnung, sie würde ein bisschen ihrer Angst verlieren, die ich mir überhaupt nicht erklären konnte, ausser ich wäre über Nacht in eine dreiköpfige, geifernde Hydra mutiert. Allerdings hatte mir der Spiegel an diesem Morgen einen solchen Umstand verschwiegen.

    Ich hatte gerade versucht, mich trotz der Geräusche der Villa in einen Art Schlaf sinken zu lassen, denn während der Zeit der größten Mittagshitze war Rom genauso unterträglich wie alle Städte südlicher Regionen, die Hitze schien sich geradezu durch jede Ritze und jede Öffnung ins Haus zu drängen. Was hätte ich um ein wirklich eiskaltes Bad gegeben oder einige gekühlte Speisen, aber weder das Bad noch die Speisen lagen in greifbarer Nähe. Als es klopfte, öffnete ich mühsam ein Auge und war schon versucht, eine Sandale in Richtung der Tür zu werfen, damit der Sklave, der mich da höchstwahrscheinlich störte, gleich eine Kehrtwendung machen würde, aber in Anbetracht der Tatsache, dass ich hier die Sklaven noch nicht so gut kannte, ließ ich es bleiben und richtete mich auf.


    "Herein!" erhob ich meine Stimme und ich hätte nicht erstaunter sein können als in diesem Moment, als ich meinen Vetter Gracchus erkannte, jenen Vetter, mit dem mich eine Diskutier- und Trinkfreundschaft in Athen verbunden hatte, die wir während seiner Aufenthalte dort reichlich dazu genutzt hatten, mit den Philosophen zu diskutieren und mit den Rethoren einen Wettstreit um das beste Argument anzutreten. "Gracchus, langsam beginnt mir Rom wieder als annehmbar zu erscheinen!" Mit ausgebreiteten Armen trat ich auf meinen Vetter zu und umarmte ihn, wie es sich gehörte, ihn breit anlächelnd dabei. Er schien sich kaum geändert zu haben, das Gesicht war ein wenig kantiger geworden, der Ausdruck allgemein etwas männlicher, sehr zu seinem Vorteil. "Man sagte mir zwar, dass Furianus nicht der einzige Verwandte ist, der hier wohnt, aber dass Du es sein würdest ..."

    Da war ich ja direkt in eine erlesene Gesellschaft geraten, schien es. am Festtag der Fors Fortuna war mir Fortuna anscheinend hold gewesen, ein Umstand, den ich durchaus begrüßte. Freundlich nickte ich jedem der Männer zu, die mir vorgestellt wurden, und erwiederte Milos Lächeln. "Rom ist wahrlich klein, wenn man auf einer Brücke, inmitten tausend anderer Menschen ausgerechnet auf einen Verwandten trifft," entgegnete ich ihm und schmunzelte über den Gedanken, wievielen Verwandten ich im Lauf des Tages wohl noch begegnen würde, wenn ich mich an jeder Brücke eine Weile hinstellte.


    "Nun, Dein Bruder war als Hausherr der Villa Flavia der erste Verwandte, dem ich in Rom begegnete, und so war es mir vergönnt, gleich seine Bekanntschaft zu machen. Amüsant, dass wir uns gerade hier begegnen und nicht in der Villa selbst, aber solche Zufälle machen das Leben schließlich auch deutlich spannender, nicht wahr?" Milo musste dann, wie auch Furianus, mein Cousin zweiten Grades sein, dachte ich, während ich den Stammbaum der Flavier überschlug, aus dem ich am liebsten einige Namen gelöscht hätte.


    "Letztendlich ist doch entscheidend, wie die sogenannten Unbekannten ihre Ämter ausfüllen und ob sie sich beweisen können, findest Du nicht?" wandte ich mich an den streitbaren Advocatus Imperialis und zog meine Brauen fragend in die Höhe. "Sich um ein Amt zu bewerben und es mangels Gegenkandidaten zu gewinnen, ist doch nicht dem Kandidaten negativ anzurechnen. Erst wenn es sich erweist, dass die gewählten Amtsträger nicht den Erwartungen gerecht werden, dann ist es wirklich ein Problem."

    Wirklich interessant, was hier alles besprochen wurde, aber nachdem der mir noch unbekannte Dritte sich auf so heftige Weise in die Unterhaltung der beiden gemischt hatte, räusperte ich mich merklich, um die Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen.
    "Der Aedilis Plebis ist sicherlich ein sehr guter Amtsträger gewesen, doch möchte ich daran erinnern, dass auch der Aedilis Curulis, Lucius Flavius Furianus, im Dienste von Volk und Vaterland seinen Teil zum Gelingen der Amtszeit beigetragen haben dürfte und keineswegs ein politischer Niemand ist, ebensowenig mit unwichtigen Vorfahren. Ich weiss nicht, worauf sich dein Pessimusmus begründet, doch die Nachfahren der alten Familien bestimmen auch heute noch die Wege der Politik in Rom mit, und dies wird sich sicher so schnell nicht ändern."


    Ich nickte Tiberius Durus freundlich zu, dann den beiden anderen Männern, nun ein zweites Mal, um dann zu ergänzen: "Wenn ich mich vorstellen darf: Caius Flavius Aquilius, ein Verwandter des scheidenden Aedilis Curulis, und damit durchaus interessiert an der aktuellen politischen Lage der urbs aeterna." Ein wenig richtete ich mich im Stehen auf, die Haltung einnehmend, die es mir erlauben würde, mit gestrafften Schultern dazustehen und meinen hohen Wuchs etwas zu betonen, ohne allzu arrogant dabei zu wirken. Gelobt seien die griechischen Rhetoren, denn auch dies lernte man in der Ausbildung, nicht nur den Umgang mit dem gesprochenen Wort.

    Leicht schlossen sich meine Finger um die ihren, vermittelten ihr ein wenig Halt, jedoch war ich doch recht erstaunt darüber, wie sehr sie erschrocken schien. Sich auf diese Weise zu begegnen war sicher ungewöhnlich, aber doch kein Beinbruch, und daran sterben würde sicher auch niemand. Würde dies auf dem Forum gesehen, wäre der Augenblick des Erschreckens sicher vorhanden, aber bei weitem nicht so übermächtig, und am Ende würden beide ihrer Wege gehen, um eine Beule schlimmstenfalls reicher.
    "Beruhige Dich erst einmal ...und setz Dich," damit führte ich sie vorsichtig beiseite, zu einer der im Garten aufgestellten Steinbänke, und sorgte dafür dass sie sich hinsetzte, nicht dass sie mir noch im Stehen umkippen würde. Wer sie wohl sein mochte? So viel weibliche Verwandtschaft gab es auch im römischen Zweig der Flavier nicht und meine eigene Verwandtschaft kannte ich leider viel zu gut, um zu wissen, dass sie nicht dazu gehörte.


    Dann folgte mein Blick ihrem Deuten, ich nickte kurz und hob die Schriftrolle wieder auf, rollte sie ordentlich zusammen und verstaute sie in den Falten meiner Toga. "Ja, das ist meine." Glücklicherweise war hier der Boden sauber und sie hatte nicht abbekommen, in sofern war kein Schaden entstanden und es fiel mir deutlich leichter, sie beruhigend anzulächeln. Wovor mochte sie wohl Angst haben? Ich konnte mir kaum vorstellen, so bedrohlich zu wirken, dass sie noch immer eine Furcht hegen musste. Ich setzte mich kurzerhand zu ihr, natürlich einen gewissen Abstand haltend, nicht damit sie noch mehr erschrecken würde. "Siehst Du, nichts passiert. Ich hoffe, Du bekommst keinen blauen Fleck oder etwas in der Art von unserer Begegnung," versuchte ich mich an einem auflockernden Scherz.

    Die Realität holte mich in Form eines Zusammenpralls nicht unangenehm wieder ein - meine Schriftrolle vollführte einen eleganten Bogen zu Boden, als sie mir aus der Hand glitt, dann jedoch fiel mein Blick auf mein Gegenüber und ich beschloß spontan, dass sie zu den eindeutig besseren Überraschungen der Villa Flavia gehörte. Große Augen, ein Blick wie ein gehetztes Reh, zitternde Lippen, kurz und gut fast die vollkommene Verkörperung einer Jungfrau vor ihrer ersten Nacht, aber wir befanden uns schließlich in Rom, und so verschob ich zumindest den Passus mit der Jungfrau in den Bereich des Unmöglichen. Ich lächelte sie freundlich, aber auch entschuldigend zugleich an, denn der Zusammenstoß war eindeutig mein Fehler gewesen, blickte sie dann auch mit einer gewissen Wärme an.


    "Verzeih mir, ich war zu sehr in Gedanken. Ich hoffe, du hast Dich nicht verletzt?" Damit reichte ich ihr meine Hand, denn sie wirkte, als bedürfe sie dringend eines gewissen Halts in ihrem Schreck. Mit der anderen richtete ich den Sitz meine Toga wieder, denn dieses unmögliche und unpraktische, aber leider traditionelle Kleidungsstück neigte allzu gern dazu, hässliche Knitterfalten zu entwickeln, wenn man es schief trug, und meine Lust darauf, mir eine neue drapieren zu lassen, war an diesem heutigen Tag denkbar gering, zudem vermisste ich noch immer Nefertiris geschickte Hände.

    Ein neuer Tag, ein neues Glück, zumindest sagte man das so, was Rom betraf, schien es mir nicht zuzutreffen. Athen fehlte mir, die Streitgespräche mit den Philosophen, den selbsternannten Rednern, hier in Rom schien es vor allem darauf anzukommen, laut genug zu sein und andere möglichst umfassend zu verunglimpfen. Ich schlenderte durch die Villa, um mir eine genaue Ortskenntnis anzueignen, nichts war peinlicher, als sich im eigenen Haus zu verlaufen, sollte man einmal Gäste empfangen müssen, und ich hielt auch nichts von der Sitte, sich von den Sklaven den Weg zeigen zu lassen. Der Garten schien mir am geeignetsten, um meine Gedanken ein wenig zu sammeln, vor allem geschah es dort selten genug, dass mir eine der grauen Küchenmäuse über den Weg lief.


    Eine meiner Schriftrollen hatte ich mit mir genommen, die Aufzeichnung einer, wie ich meinte, sehr gelungenen Rede eines griechischen Rethoren kurz vor Beendigung seiner Ausbildung, und vielleicht würde ich heute auch die Muße finden, mich der Klarheit seiner Argumentation wieder zu widmen. Gemächlich rollte ich die Schriftrolle aus und begann im Schlendern zu lesen - im Gegensatz zu so manch anderem zog ich die Bewegung während geistiger Tätigkeit vor, das lange Sitzen am Schreibtisch machte nur träge und zudem ließ es die meisten Männe vor ihrer Zeit fett werden. Während ich mich einer der anspruchsvolleren Passagen widmete, versank die Welt um mich herum in einem recht unwichtigen Nichts, und ich bemerkte nicht, dass vor mir auf dem Weg ein Hindernis aufgetaucht war - welches ich fast frontal rammte.

    Die Hitze Roms war eines der Dinge, die ich wirklich hasste. Athen war auch heiss gewesen, heisser sogar, weil es südlicher lag, aber es war nicht dauernd so furchtbar drückend schwül gewesen wie hier in Rom. Oder lag es vielleicht daran, dass man in dieser Millionenstadt weder der Hitze in den Gassen, noch anderen Menschen wirklich entkam? Die Toga hatte ich längst malerisch auf einem der Stühle drapiert und lag in der Tunika auf meinem Bett, die Sandalen gegen die Wand geworfen, wo sie irgendwo liegen geblieben waren. Nefertiri fehlte mir doch mehr, als ich es zugeben wollte, sie wusste meine Gedanken immer abzulenken, egal, in welche dunkle Richtung sie gingen. So starrte ich an die Decke und bemerkte einen haarfeinen Riss in der dunkelroten Farbe, mit der sie gestrichen war.


    Das Wandmosaik war mir zu floral, es hätte wohl besser zu einer Frau gepasst, aber damit musste man hier wohl vorlieb nehmen. Mir wären Darstellungen nackter Nypmhen besser zupass gekommen, aber mit etwas Glück würde ich bald wieder eine nackte Nymphe für mich haben, die mir keine Zeit lassen würde, mir irgendwelche Gedanken über Mosaike zu machen. Seufzend drehte ich mich auf die Seite und schloss die Augen, um mich einigen deutlich angenehmeren Erinnerungen zu überlassen, während der Mond seine Bahn am Himmel weiter verfolgte. Morgen, oder auch übermorgen, würde ich mich in Rom umtun, ob es irgend etwas gab, mit dem ich meine Kasse würde aufbessern können, und sei es nur für kurze Zeit. Langsam musste ich hier zurecht kommen, und es war undenkbar, dabei die Hilfe meiner Verwandtschaft allzu sehr zu strapazieren ... nein, es würde einen anderen Weg geben. Mit dem Gedanken an ein unfreundliches, forsches Gesicht an der porta glitt ich schließlich in einen unruhigen Schlaf.

    Natürlich war es eine Frau, der mein Blick galt, aber alles andere hätte mich auch selbst ziemlich erstaunt. Wahrscheinlich eine Römerin aus gutem Hause, stand die junge Dame an einem der Stände und betrachtete interessiert den dort ausgestellten Schmuck, als gäbe es nichts um sie herum, das in irgendeiner Form interessanter wäre. Welche Hingabe an glitzerndes Geschmeide! Ich würde die Frauen wohl nie verstehen, die ihre Herzen an goldenen Tand hängten, aber so waren sie eben, das ewige, unlösbare Rätsel. Aber hätten wir es denn anders gewollt? Zu duldsame Frauen hatten den großen Nachteil, irgendwann nicht mehr im Geringsten interessant zu sein, weil ihr eigener Wille im Willen des Mannes vollkommen verschwand. Nein, das war nichts für mich, und mit Nefertiri hatte ich mir auch eine recht bockige, eigenwillige Sklavin angeschafft, der ich ziemlich oft sagen musste, wo ihre Grenzen lagen. Doch ich wusste, dass ich es nicht anders gewollt hätte, dass dieses junge Wesen mit dem aufrührerischen Geist für meine Zerstreuung weit besser war als eine duldsame Jasagerin.


    Kurz verlor sich mein Blick in der Menge und als ich zu dem Schmuckstand zurück blickte, war die junge Frau verschwunden - ich seufzte kurz und wühlte in meinem sportula, um den Inhalt genauer in Augenschein zu nehmen. Ein Brot, ein dickes Stück Käse, in einen Fetzen Leintuch eingewickelt, eine Amphore einfachen Landwein, dazu Obst, was wollte man mehr? Furianus hatte sich bei seinen Klienten nicht lumpen lassen und so wurde mir ein recht angenehmes Mittagessen beschert. Ich suchte mir eine freie Steinbank, stellte das Körbchen neben mir ab und suchte mir einige Oliven aus ihrer Verpackung aus, um sie genüsslich zu verspeisen, sie hatten genau das richtige, halb bittere, halb süsse Aroma, das den Gaumen zu kitzeln verstand und meine Gedanken auf körperliche Genüsse richtete. Das bunte Markttreiben hatte etwas seltsam rastloses an sich, dem man mit dem Blick kaum für lange Zeit folgen konnte, ohne sich vollkommen in der Menge zu verlieren. Gemächlich ließ ich meinen Blick in Richtung der Weinstände schweifen, an denen ein recht großer Andrang herrschte, sowohl Sklaven als auch ihre Herren versuchten dort, ein gutes Geschäft zu machen.

    Der dicke, nun alkohollose Säufer hatte einen entschuldigenden Blick auf Victor geworfen und dann gemacht, dass er davon kam - ich blickte ihm schmunzelnd hinterher, behielt allerdings meine Meinung für mich. Man sollte eben nicht trinken, wenn man es nicht vertrug, schon gar nicht an einem Feiertag wie diesem. Fortuna war eindeutig nicht auf der Seite de Unbekannten gewesen, sonst hätte er seinen Wein sicher noch eine Weile im Magen behalten.


    Andererseits gratulierte ich mir zu meinem hervorragenden Standort, direkt neben einem offensichtlich in der Politik durchaus bewanderten jungen Mann, der dem anderen die aktuelle Lage in Rom schilderte, etwas Besseres hatte mir nicht passieren können, um meine eigenen Kenntnisse zu erweitern. Das dumpfe Gefühl, dass mein geschätzter Verwandter Furianus mir eine höchst einseitig gefärbte Sicht der Dinge präsentiert hätte, hielt nach wie vor in meinem Hinterkopf vor und würde sich wohl auch so schnell nicht vertreiben lassen. So trank ich immer wieder einen Schluck aus meinem Weinbecher und hörte den durcheinander pulsierenden Worten der Männer zu, immer der Hoffnung folgend, dass sie die politische Lage nicht allzu weit verlassen würden. Ich machte ein recht unbeteiligtes Gesicht und lauerte auf eine Gelegenheit, mich ebenso an der Unterhaltung beteiligen zu können, damit mein Zuhören nicht allzu sehr auffiel.

    Ich erwiederte das Nicken der beiden und nahm einen Schluck aus meinem Weinbecher, für einen kurzen Moment drifteten meine Gedanken in die Richtung der Nefertiri, meiner süssen kleinen exotischen Bettwärmerin. Wann sie wohl endlich in Rom eintraf und meine Nächte versüssen würde, stand noch in den Sternen, aber ihre zu erfüllende Aufgabe war wichtig genug, um eine Weile auf ihre schmeichelnde Umarmung zu verzichten. Und anderes. Irgendwo würde es schon eine Lupa geben, die mir die Zeit nicht zu lang werden lassen würde. Da sich das Gespräch der beiden Männer noch immer um Politik drehte, begann ich schließlich, ihre Worte zur Kenntnis zu nehmen.


    Nicht dass ich gelauscht hätte, nein. So etwas macht ein anständiger Römer schließlich nicht, aber die beiden sprachen doch laut genug, um selbst im herrschenden Trubel verstanden werden zu können, und ich brauchte schließlich dringend ein wenig mehr Wissen über die Vorgänge in der Stadt. Ein Ohr galt also der Unterhaltung der beiden Männer und den Themen, denen sie sich zuwandten, das andere versuchte, nicht allzu viel Gekreische und betrunkenes Geplapper der Menschen um uns herum aufzunehmen. Es hatte sich eindeutig ausgezahlt, heute einen Schlauch Wein aus der Vorratskammer der Villa Flavia ...sagen wir, auszuleihen. Es war guter Wein, mit einem süffigen Nachgeschmack, der mir selbst die lärmende Festivität in Rom erträglich gestaltete. Ich verfolgte mit dem Blick einen recht dicken Mann, dessen Toga gewaltig über seinem mächtigen Bauch spannte und dessen Gesichtsfarbe andeutete, dass er schon zu viel Wein und deutlich zu viel Essen zu sich genommen hatte.


    Der Trinker torkelte unbeholfen an Milo vorbei, aber er schaffte es nicht, auch Victor zu passieren, stieß mit seinem Körper gegen eine andere Passantin und machte schließlich würgende Geräusche, die nur eines bedeuten konnten. Mit einem hingebungsvollen "Ulllp!" erleichterte sich der dicke Säufer direkt neben Victor um sein reichhaltiges Frühstück und bleib erst einmal vornüber gebeugt stehen, während einige der umstehenden Männer und Frauen recht eilig einen gewissen Abstand zu den beiden einzunehmen begannen.

    Ich blickte diesem Strabo hinterher und konnte nur den Kopf schütteln. Dass es in Rom so manchen gab, der des Tags schon reichlich dem Alkohol zusprach, war mir bewußt gewesen, aber dass es anscheinend auch solche gab, die sich nur vom Wein zu ernähren schienen und sich auch entsprechend benahmen, war irgendwie erschreckend.


    "Vale, Pompeius Strabo," entgegnete ich ihm nur und wartete so lange, bis er das Atrium verlassen hatte, bevor ich den beiden Prätorianern zunickte und machte, dass ich davon kam. Ich würde später mit Furianus ein Gespräch über seinen eigenartigen Besucher führen müssen - auch, um zu erfahren, was es mit dieser Mordanschuldigung auf sich hatte. Zumindest wurde es hier anscheinend nicht langweilig.

    An Tagen wie diesen wurde mir mal wieder bewusst, warum ich Rom nicht leiden konnte und es wahrscheinlich nie mögen würde. Es war groß, laut und vor allem voll. Das einzige, was mich an diesem Tag mit der stinkenden, lärmenden Qualle der urbs aeterna zu versöhnen wusste, war die Tatsache, dass es hier eine unglaubliche Menge an feiernden Frauen gab, was mir in Athen immer ein wenig gefehlt hatte. Die meisten griechischen Familien hielten ihre Frauen, wenn sie entsprechend wohlhabend waren, im Haus und vor den Blicken fremder Männer verborgen, nicht so aber Rom. Man hätte meinen können, heute sei nicht nur das Fest der Fors Fortuna, sondern auch ein allgemeines Zurschaustellen heiratsfähiger Frauen ausgebrochen, sodass ich meine liebe Mühe hatte, mich durch die Menge zu wühlen und nicht dauernd über betrunkene und starrende Männer zu stolpern.


    Wenigstens sah es einigermaßen gut aus, die ganzen geschmückten Schiffe, die ausgelassene Stimmung - kurz und gut, ich ließ mich im vollen Wissen um die Verderbtheit der Stadt zumindest im Augenblick blenden und steuerte mühsam eine der Brücken über den Tiber an, um dort einen besseren Blick zu haben. Wahrscheinlich würde morgen mein ganzer Körper voller blauer Flecken sein, von den ganzen Ellenbogen und Knien, denen ich auszuweichen versuchte, aber dann gab es wenigstens auch einen guten Grund, eine der Sklavinnen der Villa Flavia zur Entspannungsteraphie zu mir zu ordern. Ich blieb neben zwei Männern stehen, die sich im Getümmel unterhielten und lehnte mich an das Geländer der Brücke, auf die vorbei gleitenden geschmückten Schiffe blickend. Sie sprachen über Politik, und da mir dieses Thema einen spontanen Durst nach Wein bescherte, wühlte ich meinen Becher hervor und goß mir etwas aus dem mitgebrachten Weinschlauch ein, um ihnen zuzuprosten.

    Ich hob die Brauen an und blickte dem entschwindenden Furianus sowie dem Princeps Praetorii hinterher - letztendlich war es nicht anders zu erwarten gewesen, und so blieb es bei mir, mich um diesen offensichtlich geistesgestörten anderen Besucher zu kümmern. Es blieb schließlich alles in der Familie. So trat ich auf Strabo zu und nahm ihn genauer in Augenschein, denn entweder hatte sein Humor enorm unter der Anwesenheit in Rom gelitten, oder aber er besaß gar keinen und konnte somit nicht erkennen, wie wenig lustig seine Aktion gewesen war.


    "Es ist mir nicht ganz klar, was an deinem Schauspiel von eben in irgendeiner Form mit der dignitas und gravitas unserer Ahnen in Verbindung gebracht werden kann - denn ganz offensichtlich scheinst Du nicht zu denjenigen Männern zu gehören, die das Andenken der Ahnen zu respektieren wissen. Gerade als Quaestor pro praetore sollte Dir klar sein, dass Du Dir mit einem solchen Auftritt in einem ehrwürdigen Haus keinerlei Sympathien gewinnen kannst. Nachdem die Angelegenheit mit den Prätorianern offensichtlich geklärt wird ..." ich nickte bedeutungsvoll in die Richtung der beiden im Garten verschwundenen Männer. "... dürfte es klar sein, dass Dein Besuch für Furianus derzeitig etwas ungelegen kommt. Du kannst ihn sicher auch später noch aufsuchen." Es war ein Rausschmiss, ein höflicher zwar, aber ein Rausschmiss. Ich wollte einen Mann, der sich so lächerlich aufführte, nicht im Haus haben.

    Soviel zum Thema, dass ich dem unangenehmeren Zweig der Familie entstammte. Anscheinend schafften es die römischen Flavier denselben Ruf auch von selbst zu erreichen - aber ein Mord? Das erstaunte mich nun doch ein wenig. So ein eklatanter Mangel an politischem Überlebenswillen hatte nicht einmal meine diversen Nichten und Neffen bewegt. So schüttelte ich nur den Kopf und verschränkte langsam die Arme vor der Brust, denn langsam wollte dieser ganze Auflauf immer weniger Sinn zu machen.


    "Ich wärde Dir sehr verbunden, mit diesem unwürdigen Schauspiel auf Kosten meiner Ahnen aufzuhören, Pompeius Strabo. Ist das Deine übliche Verhaltensweise in einem Haus, in welches Du als Gast kommst? Ehre das Andenken unserer Ahnen meinetwegen, aber schweigend und ohne Grimassen. Wir sind hier nicht im circus maximus oder bei einer griechischen Komödie," sagte ich noch in einem recht gemessenen Ton in Richtung unseres Besuchers - was für Leute kannte Furianus da? Es musste schlimm um die Flavier in Rom stehen, wenn das hier zur Normalität gehörte.


    Dann wandte ich mich wieder an den Princeps Praetorii. "Kannst Du mir näheres über diesen Mord erzählen? Wer war das Opfer? Und was geschah genau? Ich bin erst seit wenigen Tagen in Rom, aber ich muss sagen, dass mich eine solche Anklage sehr erstaunt."

    Zitat

    Original von Tiberius Prudentius Balbus
    Sicherlich eine gute Sache sein Blut zu spenden, doch leider ist es mir, wie vielen anderen Menschen, nicht vergönnt Blutspenden abgeben zu dürfen.
    Im Gegensatz zu vielen anderen Fällen liegt dies bei mir jedoch nicht daran, dass mein Blut durch etwaige Krankheiten unbrauchbar oder verseucht ist (im Gegenteil ist es laut Aussage meiner Ärztin sogar ziemlich gesund), sondern lediglich an meiner fehlerhaften sexuellen Orientierung, da diese mich scheinbar zu einer wandelnde biologischen Waffen macht.
    Wenn ich den von dir verlinkten Artikel lese muss ich an meinen Versuch Blut zu spenden zurückdenken, bei der mir die freundliche Ärztin des Blutspendedienstes des DRKs mitteilte, dass ich nun aufgrund meiner Ehrlichkeit beim Ausfüllen des Fragebogens im Prinzip für immer vom Blutspenden ausgeschlossen bin. Sie bedauerte dies zwar und pflichtete mir bei, dass dadurch vermutlich wieder ein Menschenleben, aufgrund fehlender Blutkonserven, frühzeitig enden wird, doch ehrlich gesagt kann weder ich noch die arme Sau die Blut benötigt dafür etwas kaufen...


    Sorry Leute, aber das musste ich jetzt einfach mal sagen.


    So etwas gibt es noch?! 8o Das sind ja Ansichten von Vorvorgestern.

    "Die Umstände sind zwar ungewöhnlich, aber ich freue mich, dich kennenzulernen, Prudentius Balbus," sagte ich gelassen und blickte den anderen Mann im Raum an, auf dass er sich denn auch noch vorstellen möge.
    "Das klingt besorgniserregend, welche Art des Ärgers hat sich denn ereignet, dass es gleich einen Princeps Praetorii in unsere Villa führt?"

    Rom. Die ewige, die wundervolle, die einzigartige - und auch die immernoch verflucht schmutzige Stadt, dachte ich, als meine Sandale unvermittelt in einem Fladen Tierexkrement landete, das wohl von einem der exotischen Tiere stammen musste, die auf dem größten Markt der Stadt feilgeboten wurden. Seufzend scharrte ich den Dreck an einer ohnehin schon angedreckten Hauswand von meiner Sandale und schlenderte weiter, inzwischen allerdings aufmerksamer geworden für die unregelmäßigen Flecken auf dem Boden unter mir. Ich bewegte mich durch die übliche, bunte Menge, bestehend aus müßigen Männern, deren Togen verriet, dass sie zur vermögenderen Schicht der Bürger zählen mussten, Sklaven, die für ihre Herren einkaufen waren, und natürlich Frauen, die das vielfältige Warenangebot auf den Markt gelockt hatten.


    Wenn es irgend etwas gab, das mich ansatzweise mit Rom zu versöhnen wusste, waren es die Frauen, mit ihren oftmals verhüllten Gesichtern, den nahezu durchsichtigen Schleiern, der die Gesichter so reizvoll verhüllte, den über das Haar gezogenen Pallas, die eine verheiratete Frau oft verrieten, diesen reizenden, nach Blüten und allerlei Essenzen duftenden Geschöpfen unserer Phantasie. Mal wurde mein Lächeln von einer jungen Frau hier erwiedert, mal wurde ich von einer reiferen Dame dort angelächelt - zumindest für einige Augenblicke hatte ich das Gefühl, es hier aushalten zu können, wären da nicht immer wieder die übereifrigen Händler gewesen, die versuchten, mir ihre minderwertigen Waren anzudrehen, sobald sie die Stoffqualität meiner Toga registrierten. Man hätte meinen können, ich hätte die Standesbezeichnung 'Patrizier' mit roter Farbe auf meine Stirn gemalt, so viel Mühe hatte ich, einige Händler billiger Öle und Duftwässerchen loszuwerden, selbst diesen schmierigen Kerl, der mir Tränke zur Steigerung der Manneskraft - ich wusste wohl, dass ich sie nicht brauchte! - andrehen wollte, konnte ich schließlich abängen.


    Wie hatte Sallust doch so treffend geschrieben, als er Iugurthas Meinung über Rom illustriert hatte? In Rom könnte man alles kaufen, und bei Merkur, es stimmte. Selbst wenn man nichts kaufen wollte, gab es überall mindestens tausend und ein Angebot. Ich bog um die Ecke eines Tunikenstandes und fand ein Plätzchen, an dem ich kurz verweilen konnte, bevor ich begann, den Geschenkkorb von Furianus' Salutatio zu durchsuchen. Langsam aber sicher bekam ich Hunger, das Frühstück war ausgefallen, also musste nun der Inhalt des Korbes dran glauben. Gerade, als ich mich auf eine nahe Treppe zurückziehen wollte, fiel mir eine in der Nähe stehende Person auf ..


    Sim-Off:

    wer möchte, der darf :)