Beiträge von Camryn

    Es war ein ausgesprochen heißer Tag, an dem Camryn mit einigen Schriftrollen unter dem Arm im Postofficium auftauchte. Sie musste etwas warten, da hier gerade ein ziemlicher Andrang war, doch bald war sie schließlich schwitzend in den stickigen Raum eingelassen worden. "Salve", sagte sie fröhlich und lud den Wust Pergamente auf den Tresen. "Ich soll hier einige Briefe abgeben, da werden auch noch ne ganze Menge folgen. Deswegen brauche ich auch eine Wertkarte. 250 Sesterzen hab ich mit." Camryn legte einen Lederbeutel neben die Pergamente. "Äh, für die gens aurelia."


    Sim-Off:

    Eilbriefe:



    Ad
    Caius Flavius Aquilius
    villa flavia in Roma
    Italia



    Marcus Corvinus suo amico Caio Aquilio s.d.


    Lieber Freund, lange haben wir nichts voneinander gehört. Genaugenommen seitdem wir damals diese zum Scheitern verurteilte Landpartie unternahmen, welche in einem Desaster enden musste. Ich frage mich heute, ob es nicht der Götter weitsichtige Entscheidung war, die deinem stattlichen Hengst den Beinbuch mit all seinen verketteten Folgen bescherte, welche uns zu einer verfrühten Heimkehr zwangen.


    Lange Zeit hörte ich nichts von dir, es hieß gar, du seist verschollen. Selbst deine Familie wusste nicht, wo du warst. Und nun erreichte mich die Kunde davon, dass du wieder heimgekehrt seist. Vermutlich viel zu spät, doch wie du vielleicht bereits weißt, befinde ich mich in Germanien. Hier ticken die Uhren anders, hier fließen Informationen aus dem restlichen Reich so träge wie klebriger Honig und hier absolviere ich derzeit meine zweite Amtszeit als tribunus laticlavius der legio secunda germanica. Es hat sich viel getan seitdem, sicherlich nicht nur bei mir, sondern gleichsam auch bei dir. Ich bin inzwischen verlobt, die Dame meines Herzens befand sich während all meiner Lebensjahre in meiner unmittelbaren Nähe, und doch wurde mir erst nach ihrer zweiten Adoption bewusst, dass sie diejenige ist, der ich bedingungslos vertraue und die ich auch weiterhin an meiner Seite wissen will. Es ist Deandra, du kennst sie sicher, wenn nicht durch ein Treffen, so zumindest vom Hörensagen. Mein Vater adoptierte sie einst als meine Schwester, und nun ist sie die Tochter des Claudius Vesuvianus.


    Wie steht es bei dir, Caius, ich hatte stets das Gefühl, dass dein Herz bereits jemandem gehört. Wirst auch du bald Verlobung halten oder wähnst du dich fortwährend auf der Suche? Sobald ich aus Germanien zurück bin, müssen wir unbedingt einen geselligen Abend verbringen. Es gibt vieles zu erzählen, so unendlich mehr als man in die spärlichen Worte eines Briefes einfließen lassen könnte. Sollte es dich vor meiner Ankunft, welche wohl zeitnah zu den nächsten Wahlen erfolgen wird, da ich zum vigintivir kandidieren werde, ins derzeitig gar nicht so kühle Germanien verschlagen, wäre es mir eine Freude, dein Gastgeber zu sein. Bei dieser Gelegenhet könnte ich dir außerdem meine reizende Base und meine liebliche Nichte vorstellen, du wirst sie gewiss mögen.


    Verzeih, dass ich so bald schließe, doch ist meine Freizeit eher knapp bemessen und weitere Briefe geschäftlicher Natur harren meiner Aufmerksamkeit.


    Vale.


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    MOGONTIACUM, ANTE DIEM XVIII KAL IUL DCCCLVII A.U.C. (14.6.2007/104 n.Chr.)




    Ad
    Marcus Flavius Aristides
    villa flavia in Roma
    Italia



    Marcus Aurelius Corvinus Marco Flavio Aristides s.d.


    Flavius, ich hoffe, du erinnerst dich noch an mich. Wir trafen uns auf einem Bankett zu ehren der ältesten Tochter des Hausherren in der villa claudia zu Mantua, unterhielten uns seinerzeit recht erquickend und verabredeten uns zu einer Jagdpartie im Umland der Stadt. Zu meinem Bedauern war es mir nicht möglich, diese Absprache einzuhalten, da unser geliebter Kaiser mich nach Germanien entsandte, um mein gewähltes Tribunat abzuleisten.


    Wie mir zugetragen wurde, wird es auch dir nicht möglich, in Bälde einer Jagd beizuwohnen, da du die Ehre erhältst, unserem princeps nach Parthien zu folgen und für Roms Stärke und Ehre zu kämpfen. Ich hege keinen Zweifel, dass Rom siegreich sein wird, und wünsche dir wie deinen Untergebenen und Mitstreitern den Segen des Mars und das Wohlwollen der Götter.


    Auch wenn ich dir mit Sicherheit sehr nachstehen werde, was die Anzahl der besiegten Feinde Roms angeht, so werde ich nach deiner siegreichen Rückkehr dennoch auf einer Jagdpartie bestehen, um wenigstens beim Wild mithalten zu können.


    Vale.


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    MOGONTIACUM, ANTE DIEM XVIII KAL IUL DCCCLVII A.U.C. (14.6.2007/104 n.Chr.)



    Sim-Off:

    Normalbriefe:



    Ad
    rationails, officium XIV
    palatium augusti in Roma
    Italia



    Marcus Aurelius Corvinus s.d.


    Ich schreibe in einer geschäftlichen Angelegenheit, denn meine Verlobte und ich beabsichtigen, insgesamt drei fruchtbare Grundstücke zu erwerben, eines südlich und nahe von Rom und zwei im Süden Sardiniens. Der Bote wird dir diesbezüglich den entsprechenden Betrag aushändigen, ich bitte dich, die Besitzurkunden an die villa aurelia nach Mogontiacum zu entsenden.


    Sim-Off:

    Wir werden einfach auf ein persönliches Angebot achten und uns dann bedienen. 1 Parzelle geht an Claudia Aureliana Deandra, 2 an meine Wenigkeit. Danke sehr.


    Vale.


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    MOGONTIACUM, ANTE DIEM XVIII KAL IUL DCCCLVII A.U.C. (14.6.2007/104 n.Chr.)




    Ad
    Gaius Prudentius Commodus
    casa prudentia in Roma
    Italia



    M. Aurelius Corvinus consulem Prudentio Commodo s.d.


    consul, ich schreibe dir mit der Bitte, bei den nächsten Wahlen als vigintivir im cursus honorum kandidieren zu dürfen. Derzeit leiste ich auf Bewilligung des Kaisers meine zweite freiwillige Amtszeit als tribunus laticlavius in der legio secunda germanica ab. Mit deiner Fürsprache als derzeitiger princeps senatus werde ich rechtzeitig in Rom erscheinen, um vor dem Senat zu sprechen. Den korrekten ordo für eine Kandidatur erhielt ich bereits durch meinen Vater.


    Vale.


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    MOGONTIACUM, ANTE DIEM XVIII KAL IUL DCCCLVII A.U.C. (14.6.2007/104 n.Chr.)


    Sim-Off:

    Fällt mir auch gerade auf. :D Ups. Na, ist jetzt auch egal. 8)


    "Huaaa!" kreischte Camryn erschrocken auf, als ihr ein Nachtgespenst entgegen kam. Sie machte einen Satz zurück und griff sich instinktiv vollkommen erschrocken ans Herz. Adrenalin rauschte in erschreckend hohen Dosen durch ihren Körper, und erst nach einer Weile hatte ihr Verstand wieder Oberhand gewonnen, indem er ihr sagte, dass dieses zerzusselte Gespenst so sprach wie Aintzane. Noch einen weiteren Moment später hatte Camryn sich wieder etwas beruhigt und ihr Herzschlag verlangsamte sich. "Aintzane, hast DU mich vielleicht erschreckt!" entfuhr es ihr, obgleich sie doch froh war, dass es wirklich nur die baskische Sklavin war und kein germanisches Gespenst. "Ich würd ja gern wieder ins Bett gehen...aber Deandra hat draußen so einen Hund gefunden und will ihn jetzt füttern. Ein vollkommen irrsinniges Unterfangen, wenn du mich fragst. Er wird sie sicher beißen...aber auf mich hört sie ja nicht. Ich bin ja nur das Dummerchen, das keine Ahnung hat", sagte sie und äffte im letzten Teil Deandra nach. Die konnte das ja nicht hören, war sie doch draußen bei dem Hund, der nun wieder anfing zu bellen. "Jedenfalls soll ich Fleisch organisieren. Vielleicht hört sie ja auf dich, wenn du ihr sagst, sie soll die Finger von dem Viech lassen. Könnte böse Krankheiten haben." Camryn zuckte mit den Schultern und sah Aintzane an.

    Na das müsste Deandra mal hören. Gute Frau. Camryn nickte und nahm die Pergamentrolle an sich. "Ah, genau. Der Herr erwartet die Prüfung bereits", sagte sie und klemmte sich die Rolle unter den Arm, um mit ihrem Namen den Empfang des Dokuments zu quittieren. Bedächtig unterschrieb die keltische Sklavin mit ihrem Namen:


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    "Bis wann und wo sollen die Ergebnisse eingereicht werden?" hakte sie schließlich nach, als sie das n geschrieben hatte, und gab dem Boten seinen stilus zurück.

    Camryn stand mit vor der Brust verschränkten Armen da und vernahm Deandras einigermaßen nette Frage, was sie richtiggehend verblüffte. Eben noch war sie so unfreundlich gewesen, nun fragte sie nach schlechten Erfahrungen mit Hunden. Camryn erinnerte sich an den einen Abend in Achaia, an dem sie von diesem Untier angefallen worden war. Die Narbe an der Wade war heute noch zu sehen. "Schlechte Erfahrungen. Mich hat solch ein Tier einmal bös gebissen", erwiderte sie daher ebenfalls in neutralem Ton und kam dabei sogar einige Schritte näher. Der Hauptgrund für ihre Abneigung aber war, dass sie Hunde nicht mochte. Sie waren laut, stanken, hatten verfilztes Fell mit vielen kleinen Parasiten - und sie hörten nicht, wenn man ihnen etwas befahl, die meisten zumindest. Doch kaum war sie heran, schickte die Hausherrin Camryn auch schon wieder fort, sie sollte Fleisch holen und sich ihr Gemurmel sparen. Camryn verzog das Gesicht, sie hatte sich also doch nicht in Deandra geirrt und sie war doch eine falsche Schlange. "Ja...Deandra", sagte sie und benutzte dabei absichtlich nicht das Wort Herrin. Camryn wandte sich um und verschwand wieder im Haus. Irgendwo lagen noch widerliche Innereien herum, die konnte man gewiss für ein solches Viech entbehren.


    Das "Viech" indes hatte das Bellen eingestellt und sah Deandra nun aus großen, dunklen Augen an, den Kopf in Schräglage und mit ansatzweise aufgestellten Ohren. Die Hündin lauschte der Stimme Deandras und beobachtete, wie die Patrizierin sich herumdrehte und so tat, als würde sie gehen. Zögerlich ging der Hund mit, aber nicht weit, denn dann fing er wieder an zu bellen und setzte sich hin, schwanzwedelnd. Er würde warten, bis Deandra sich erneut ihm zugewandt haben würde, und dann auf der Stelle kehrt machen und davonsausen, doch fortwährend in Blickkontakt mit der Frau bleiben. Auf diese Weise gedachte er, den Menschen zu seinem Artgenossen zu führen.


    Menschen belohnten Hunde zwar stets für gute Taten, doch wussten die wenigsten, dass der Hund dabei nur an sich selbst dachte: Die Hündin wollte in das Loch, weil sie etwas zu Fressen da unten vermutete. Allein kam sie nicht hinunter, also organisierte sie sich jemanden, der ihr helfen würde, und das schien Deandra zu sein.

    Ohne, dass sie es sagen konnte, warum, streifte Camryn heute schon den ganzen Tag mit einem Lächeln auf den Lippen durch die villa. Ausnahmsweise ließ sie sich auch nicht über die schwache Blase des ianitor aus, wegen der sie ihn heute wieder ständig an der porta vertreten musste. Stattdessen öffnete sie, eine leise Melodie summend, die schwere Tür und begrüßte den Besucher beinahe überschwänglich. "Heeerzlich willkommen! Was kann ich für dich tun?" fragte sie gut gelaunt und blinzelte den Besuch ausgesprochen freundlich an.

    Mit dem peregrinus im Schlepptau ging Camyrn zielstrebig vom vestibulum ins atrium hinüber, steuerte eine nahe der Ecke liegende Tür an und klopfte kurz.
    "Herr? Ein gewisser Corax Syphax ist hier, es geht um etwas Geschäftliches", kündigte sie den Besucher durch die Tür hindurch mit nur leicht erhobener Stimme an.

    Geschäfte? Nun, das kam unverhofft. Soweit sie wusste, war dies kein Klient ihres Herren, da sie ihn noch niemals zuvor gesehen hatte. Das Kompliment zauberte ihr ein Lächeln aufs Antlitz, und sogleich zog sie die porta weiter auf, damit der Mann eintreten konnte. "Du hast Glück, mein Herr wird bald zum castellum aufbrechen. So tritt doch ein und folge mir bitte", sprach sie und führte ihn zum officium, wo sie Corvinus vermutete.

    Es gab nicht viele villae in der Stadt Mogontiacum, vermutlich war die villa aurelia deswegen beinahe jedem Bürger ein Begriff. Tagtäglich kamen und gingen Klienten, Bittsteller, Bettler und Leute, die einfach nur eine warme Mahlzeit ersuchten, welche ihnen gewährt wurde. Der ianitor beschäftigte sich gerade mit einem solchen Mann, der eine Schale Hirsebrei erbeten hatte, und konnte daher seinem Dienst nicht nachgehen, weswegen es erneut Camryn war, die in Ermangelung einer weiteren Tätigkeit sozusagen frei oder gar Langeweile hatte. Corvinus befand sich noch im Haus, hatte sie aber nach dem Ankleiden fort geschickt, um noch einiges an Papierkram zu erledigen, ehe er fort ins castellum musste.


    So öffnete denn die Sklavin die porta, welche gewiss nicht aus Metall bestand, sondern aus edlem und ebenso schwerem Holz wie beinahe alle portae in dieser Zeit. Misstrauisch bedachte sie die langhaarige und ungepflegt erscheinende Person vor der Tür mit einem skeptischen Blick, ehe sie mit einem langgezogenen "Jaaah?" versuchte, dem Klopfenden sein Anliegen zu entlocken. Ihrer Meinung nach war das nur wieder jemand, der um etwas Geld oder eine Schale pulsum bitten würde.

    Ausdruckslos starrte die Keltin die Römerzicke an. Dass sie keine freundlichen Worte erwarten konnte, war ihr durchaus bewusst, und doch fand sie das Verhalten der Patrizierin einmal mehr unmöglich. Sie schürzte die Lippen und murmelte: "Das fragte ich mich auch gerade..." Anschießend räusperte sie sich und antwortete Deandra auf ihren dummen Vorschlag, einen wildfremden, durchgeknallten und bellenden Hund zu beruhigen. "Na sicher." Begeistert klang das nicht, und das war Camryn schließlich auch keinesfalls. Germanische Nächte waren kühl, und sie war selbst diese Kühle nicht mehr gewohnt, obwohl sie doch sogar noch weiter aus dem Norden her stammte.


    Kurz darauf rauschte Deandra an der Sklavin vorbei aus dem Zimmer, und eben jene folgte ihr widerstrebend durch den Gang und die Stufen der geschwungenen Treppe hinab, durch die porta und um das Haus herum. Camryn ließ sich ein wenig mehr Zeit, um zu verdeutlichen, was sie von diesem Unterfangen hielt. Sie rührte nicht einen Finger den Hund betreffend, sondern stand erstarrt wie eine Salzsäule bei der Hausecke und musterte Deandra. Wenn Camryn Glück hatte, würde der Hund sie in den Hintern beißen. Ob dieses Gedanken schmunzelte die Keltin amüsiert.


    Der Hund indes hielt kurz im Bellen inne, musterte die sich nähernde Frau und schnupperte ausgiebig an ihr, doch er würde sich nicht berühren lassen. Die Hündin sauste vier Meter weit fort und sah dann zurück. Nun setzte auch das Gebell wieder ein, und sie drehte zwei Pirouetten, beugte anschließend die Vorderbeine und forderte Deandra Schwanzwedelnd zum Spielen auf. Tja, Pech für Camryn, der patrizische Hintern blieb verschont.

    Auch Camryn hatte den Ruf gehört. Mitten in der Nacht, wie es schien, denn sie hatte schon geschlafen, war der Ruf nach einem Sklaven eine Seltenheit. Deswegen war Camryn erwacht. Der Hausherr war auch in dieser Nacht nicht heimgekehrt, was die Sklavin einerseits bedauerlich, andererseits als praktisch empfand, denn so hatte sie eindeutig weniger zu tun, auch wenn sie gern einmal wieder mit Corvinus allein gewesen wäre. Doch auch diese Abende hatten sich auf null reduziert, da er inzwischen die Anwesenheit seiner claudischen Konkurbine vorzog. Die war es auch, die gerufen hatte. Camryn lauschte, doch Aintzane rührte sich nicht, ihr Atem war nach wie vor gleichmäßig. Die Keltin seufzte und rappelte sich auf, um an ihrer statt zur verhassten Feindin zu gehen. Sie tat dies nur aus einem Grund: Um die Freundschaft von Aintzane zu gewinnen, denn sie fühlte sich allein, nun, da Assindius in diesem seltsamen Schlafzustand verblieb und Corvinus sich nicht mehr in besonderer Manier um sie scherte, wie er es früher getan hatte.


    Baren Fußes angelte sie die nur schwach brennende Öllampe vom Haken neben der Tür und machte sich auf zu Deandra, deren Zimmertür sie wenig später aufschob, um hineinzuspähen. Die Harpyie stand am Fenster, und Camryn räusperte sich, damit sie hersah. "Was ist denn?" fragte sie leicht wiederwillig und ohne das gewohnte 'Herrin' am Ende, dennoch aber nicht so unfreundlich wie sonst, denn wenn sie die blauen Flecke eines gelehrt hatten, so war es zumindest etwas Gehorsamkeit. Gleichzeitig trat sie näher und bemerkte, dass die Lärmquelle von hier zu kommen schien, denn das Hundegebell, welches sie unterbewusst schon die ganze Zeit über bemerkt hatte, rührte von einer Stelle unter dem Fenster her. Camryn sah hinaus. Der Hund sprang wild umher, wedelte mit dem Schwanz, lief ein paar Meter fort und kam dann wieder zurück. Und er bellte die ganze Zeit wie ein Wahnsinniger. "Ach wenn doch nur Assindius ansprechbar wäre. Er würde das Tier sicher fortjagen und es wär wieder ruhig", bemerkte die Sklavin und ersetzte im letzten Moment 'Viech' mit 'Tier', da Deandra diesen idiotischen Beschützerinstinkt hatte, der alles einschloss, was da kreuchte und fleuchte.

    Mit dem Annaeer im Schlepptau erreichte Camryn bald das Zimmer des Corvinus. Sie klopfte an, doch niemand bat sie, einzutreten, so dass sie bald von selbst öffnete und den Kopf ins Zimmer steckte. "Herr?"

    Camryn legte den Kopf leicht schräg und zog dann die Tür noch etwas weiter auf.
    "Du hast Glück, Annaeus Modestus. Der Herr ist vor wenigen Augenblicken nach Hause gekommen. Folge mir bitte", erwiderte sie und deutete mit einer Handbewegung die Richtung an. Sie führte ihn durch das etwas kärglich aussehende atrium, vorbei an nur wenigen Büsten längst verstorbener Aurelier auf ihr Ziel zu.

    Camryn hatte zwar keine Ahnung, was der Kerl vor der Tür mit einem Kamm wollte, aber sie öffnete trotzdem die porta um einen Spalt.
    Anschließend musterte sie den Besucher ausgiebig von oben bis unten, ehe sie leicht arrogant fragte: "Jaa?"

    Als Helena sie nicht umgehend wieder fortschickte, hob Camryn den Blick und betrachtete die Aurelierin eine Weile. Eigentlich war sie ganz hübsch, auch wenn sie manchmal diesen gelangweilten und selbstgefälligen Ausdruck auf den Zügen hatte, immer dann, wenn sie dachte, dass niemand hinsah. Camryn aber konnte recht gut verstohlen schauen. Ihr Glück, dass es niemand wusste oder bemerkte....


    "Das werde ich, domina", entgegnete die einfach und nickte begleitend. Schon wollte sie sich wieder umwenden und den Raum verlassen, als Helena ihr eine Frage stellte. Camryn befand sich gerade in der Drehung, hielt inne und sah für einen winzigen Augenblick skeptisch drein. Für gewöhnlich fragte sie nur Corvinus, wie es ihr ging. Den anderen Sklaven war sie egal, abgesehen von Aintzane vielleicht, und Helenas Sklaven kannte sie bisher nur flüchtig, da Corvinus sie während seines Studienaufenthaltes in Griechenland erworben hatte. Während der Reise hierher waren die Möglichkeiten des Kennenlernens eher gering gewesen. Vorsichtig wandte sich die Sklavin wieder Helena zu, blickte sie prüfend an und fragte sich, welchen gemeinen Hintergedanken die Aurelierin wohl haben musste, oder ob es wirklich nur Freundlichkeit war, die sie zeigen wollte. Erst zögerte die Keltin, dann sprach sie. "Es wird allmählich besser, domina. Ich trage eine Salbe auf aus Kräutern, die ich im Garten vorgefunden habe. Germanische Kräuter wirken manchmal Wunder, und neue Sandalen auch", fügte sie hinzu und lächelte unsicher. Camryn konnte beim besten Willen keine Verstellung bei Helena entdecken. Sie schien aufrichtig besorgt. Die Keltin entspannte sich etwas, wusste aber nicht recht, ob sie nun entlassen war oder Helena noch einen Wunsch hatte.

    Camryns Füße waren kaum verheilt, schmerzten immer noch bei jedem Schritt, den sie machen musste, weil es die Herrschaften so wünschten. Sie hatte sich weitere zwei Male Deandra gegenüber unvorteilhaft geäußert und daher innerhalb der letzten zehn Tage vor der Ankunft in der Stadt gut und gern viermal so viele Meilen gelaufen wie sie alt war. Und das auf dem mal harten, mal matschigen germanischen Untergrund. Die Sandalen waren schlammverkrustet und durchgelaufen, als sie endlich eingesehen hatte, dass sie am weitaus kürzeren Hebel saß. Sie sprach daher folgend kein Wort, nur wenn der Herr etwas wollte. Mit Assindius hatte sie auch kein Wort mehr gewechselt, Aintzane hatte sie kaum mehr zu Gesicht bekommen und das einzige, was ihr im Gedächtnis geblieben war, waren diese Hassgedanken beinahe Mordlüsternheit, was Deandra anbelangte. Corvinus konnte sie gerade noch verzeihen, auch wenn er es war, der sie hatte hinterdrein laufen lassen. Er hatte nicht anders gekonnt, diese Furie hätte es nicht zugelassen, das war so klar wie es auch die germanische Luft war.


    Heute hatte Corvinus nun seinen ersten Tag bei der Legion. Er war früh gegangen und hatte Camryn aufgetragen, Helena seine Entschuldigung zu überbringen wegen der versäumten Verabredung und ein neuerliches Treffen vorzuschlagen. Kaum hatte Marina die Unterkunft verlassen, war Camryn ihr zum Zimmer der Helena gefolgt. Nun verließ Marina den Raum wieder und Camryn klopfte und trat ein, als sie die Aufforderung dazu vernahm.


    Drinnen schloss sie die Tür und begab sich bis auf wenige Schritte an Helena heran, senkte den Kopf und begann zu sprechen. "domina, mein Herr schickt mich. Er lässt sich entschuldigen für den gestrigen Abend, möchte das gemeinsame Spiel aber heute Abend nachholen, wenn es dir zusagt?"

    Die Minuten zogen an Camryn vorbei, als wäre sie in Trance. Sie half Aintzane, Cinna zu stützen, der kreideweiß in den nicht vorhandenen Seilen hing und abwechselnd Assindius beobachtete und Tullia angsterfüllt anstarrte. Meist dann, wenn sie gerade wieder nach Leibeskräften schrie. Dann war das Kind endlich da, ein Knabe, und Assindius legte das schleimige, vrschmierte Bündel der Mutter auf den Bauch. Tullia schloss zitternd und noch halb weinend die Arme um das Kind und Cinna ging in die Knie und begann, Stoßgebete zu irgendeinem germanischen Gott zu entsenden. Camryn warf Aintzane einen vielsagenden Blick zu und ließ Cinna also fahren, damit er sich in Ruhe seiner kleinen Familie widmen konnte. In diesem Moment erschien Deandra am Wagen und gab vermeintlich kluge Hinweise. Camryn rollte mit den Augen, konnte sie allerdings gerade noch rechtzeitig schließen, so dass die Patrizierin nichts mitbekam. Das konnte sie ohnehin nicht, denn da war auch schon Corvinus heran und zog Deandra fort. Endlich tat er mal, was getan werden musste. Camryn steckte den Kopf heraus und hörte, wie er ihr die Meinung sagte. Sie grinste gehässig, zog den Kopf dann aber schnell wieder zurück und wollte so tun, als hätte sie etwas zu tun, als Corvinus nach ihr rief. Diesmal beeilte sie sich, heraus zu kommen. Deandra schlitterte gerade davon in Richtung Wagen, und Corvinus trug ihr auf, mit dem Germanen zu reden. Camryn grinste säuerlich. Dafür war sie nun wieder gut. "Ja, Herr", sagte sie kiebig und ging zu dem Dicken.


    Der Germane sah sie kommen und pfiff durch die Lücke zwischen seinen Schneidezähnen, als die blonde Keltin heran war. "Holla, na das nenne ich mal ein scharfes Gerät", begrüßte er sie natürlich auf germanisch und grinste. "Camryn. Und ich bin nur hier, um dir mitzuteilen, dass es bald voran geht und du dich noch etwas in Geduld üben magst", erwiderte Camryn wenig begeistert. Dem Weinhändler fiel das Grinsen aus dem Gesicht. "Was heißt denn bald? Ich warte jetzt schon eine halbe Stunde. Ich muss meine Waren pünktlich ausliefern, sonst bekomme ich Abzüge!" "Für diesen Fall bietet dir mein Herr, Aurelius Corvinus, ein kleines Entgeld an." "Achja? Wie viel?" "Zehn Sesterzen." "Sagen wir zwanzig und ich warte gern noch ein Weilchen." "Bedaure, aber es steht mir nicht zu, zu verhandeln. Ich bin eine Sklavin." "Oh. Verstehe. Na jut, dann man her mit der Kohle und ich warte noch nen Momentchen." Camryn seufzte und zählte zehn Münzen aus dem kleinen Ledersäckchen ab, das Corvinus ihr zugesteckt hatte. Der Germane nahm eine Münze und biss darauf herum, nickte dann und ließ das Geld in einen kleinen, festmontierten Kasten fallen. Dann zwinkerte er der Keltin zu. "Danke sehr. Was ist da eigentlich los?" fragte er und grinste, nickte dann mit dem Kopf zum Sklavenwagen. "Jemand hat ein Kind bekommen, beziehungsweise ist noch dabei. Schwierige Geburt, erstes Kind und so weiter." "Achja. Na dann..." Camryn nickte, wartete sicherheitshalber noch einen kleinen Moment und ging dann zurück zu den anderen. Corvinus sah zu ihr und sie nickte ihm flüchtig zu: Ja, das Gespräch war gut verlaufen, der Mann würde warten. Helena und Corvinus gingen gerade zurück zu Deandra und Camryn wollte nach Aintzane und Tullia sehen, da gab es ein Missgeschick und erheitertes Lachen hallte im Wald wider.


    Sofort wandte sich die Keltin um und sah, was passiert war. Ihr Herr und seine Verwandte saßen im Schlamm! Kurz grinste Camryn, dann gab sie sich einen Ruck und rief nach den anderen, während sie schon auf dem Weg zu Corvinus und Helena war. "He..ich könnte Hilfe gebrauchen!" Wenige Schlitterschritte später war sie neben Corvinus und Helena angelangt und wusste nicht, was sie zuerst tun, wem sie zuerst helfen sollte. Sie fand es allerdings schade, dass Deandra nicht auch im Dreck gelandet war. Der Anblick hätte die Aussicht auf das Hinterherlaufen deutlich gemindeert.


    "Herr... Herrin, was ist...? Ich meine...wie kann ich helfen?" fragte sie und bot zuerst Helena eine helfende Hand an, das hatte Corvinus' kleine Geste verdeutlicht, auch wenn er immer noch lachte.

    Wie Camryn Assindius in diesem Moment hasste! Sie kannte ja bereits seine direkte, barbarische Art, aber inzwischen glaubte sie, dass er eigentlich gar nicht so war, sondern nur vorgab, so zu sein. Ein Barbar hätte sich wohl kaum auf die Kniete begeben, um ausgerechnet einer Frau, die ihr Kind bekam, bei der Geburt zu helfen. Camryn glaubte also nun fest daran, dass Assindius einfach ein armes lukanisches Würstchen war, das sich selbst nicht ertrug und daher den grimmigen, ungehobelten und unhöflichen Germanen spielte. Während Aintzane unglaublich schnell nicht nur Wasser, sondern heißes Wasser organisierte, stand Camryn einfach nur im Weg herum und hielt sich die nurmehr leicht blutende Nase mit einer Hand. Sie wollte es nicht zugeben, aber es tat immer noch weh. Und das von einer, die ihren Lebtag noch keine schwere Arbeit geleistet hatte, schoss es Camryn durch den Kopf, ihn schüttelnd.


    Sie ging langsam zu Cinna und hockte sich neben ihn. Er schien noch nicht wieder bei Sinnen zu sein. Just in diesem Moment kam Aintzane wieder herbei, erntete einen zerknirschten Blick der sich schrecklich unnütz fühlenden Camryn und zerrte den armen Cinna aus dem Matsch. Dabei kam er wieder zu sich, und Camryn nutzte die Gelegenheit des Augenblicks und half Aintzane, den Mann zu seiner Liebsten zu schaffen. Dabei wurden sowohl sie als auch Aintzane recht matschig, denn Cinna hatte zuvor ja noch im Schlamm gelegen und roch modrig. Camryn verzog die Nase, zuckte schmerzvoll zusammen und stieß einen keltischen Fluch aus. Wer Camryn kannte, hatte ihn durchaus schon öfter gehört und wusste, dass er mit dem Hinterteil eines Wildschweins zu tun hatte.


    Der zittrige Cinna kletterte also auf den Karren und setzte sich neben Tullia, um ihr monoton über die Stirn zu streichen. Er hatte keine Ahnung, was er tun sollte und war daher dankbar, dass Assindius ihm sagte, was er machen sollte. Als der Germane allerdings davon sprach "sich das da unten anzuschauen und auch hineinzufassen", läuteten seine Alarmglocken. Cinna war nie ein guter Redner gewesen, denn er stotterte und war zu hektisch, aber er war ein guter cubicularius. "A-a-aber...Mo...ment mal, D-d-das geht d-d-doch nicht! Iiiiiich meine, d-das ist m-meine Frau!" Jetzt war es Camryn, die zur Hilfe kam. "Cinna", sagte sie. "Du kannst Tullia nicht helfen, aber Assindius scheint zu wissen, was er tut", sagte sie und vermutete eigentlich das genaue Gegenteil von dem, was sie gesagt hatte.

    Camryn prallte zurück wie ein vom Pferd getroffener Schmied und hielt sich augenblicklich die Nase.Blut floss in einem dünnen Rinnsal zwischen ihren Fingern hervor und der Blick der kleinen Sklavin hätte Deandra ohne Zweifel an die nächste Tanne genagelt, wäre Aintzane nicht in das Blickfeld der Keltin getreten und hätte beruhigend auf sie eingeredet. Camryn nahm die Hände kurz fort und rümpfte die Nase mehrmals, gebrochen war sie nicht, aber das wäre auch ein Wunder gewesen bei dem wenigen Mumm, den diese... Adelige in den Armen hatte. Wäre es Corvinus' hand gewesen, wäre Camryn gewiss neben Cinna zu Boden gegangen. Zornig funkelte Camryn Aintzane an, die ihr nun Tücher in die Hand drückte. "Sie steht unqualifiziert im Weg und macht dummes Geschwätz!" ereiferte sie sich und hob anklagend den Zeigefinger, um auf Aintzane zu zeigen. Allerdings sprach sie dieses Mal so leise, dass Deandra die Worte nicht hören konnte. Wenigstens etwas. Hinter ihr stöhnten Assindius und Tullia gemeinsam vor sich hin und dieser seltsame scriba schob sich gespannt eine Dattel in den Mund, etwas von wegen interessant und Frauenschlammschlacht murmelnd. "Die ganze Welt ist ein Irrenhaus", seufzte Camryn selbstmitleidig.

    Als hätte es noch gefehlt, kam diese schreckliche Person auch noch aus dem Wagen geklettert und mit Aintzane zusammen zu ihr. Camryn unterdrückte ein unwilliges Geräusch und fragte sich, wie naiv man doch sein musste, um zu fragen, welches Kind gerade jemand bekam. Sie konnte es nicht lassen. "Welches Kind? Vermutlich das von Corvinus", bemerkte sie trocken und rollte mit den Augen. Just in diesem Moment kippte Cinna einfach um und fiel mit einem SQUATSCH in den Matsch. Camryn stieß ein keltisches Schimpfwort aus, dessen Übersetzung hier besser unerwähnt bleibt, und sah zu Aintzane, die auf den offenen Wagen geklettert und bei Tullia angekommen war. Die meisten Sklaven hatten betreten Platz gemacht und Trautwini war so frei und nutzte den vermeintlich kurzen Zwischenstop als Pinkelpause. Bei Aitzanes Erwähnung mit der Wasserschüssel grinste die Keltin breit. Deandras Gesichtsausdruck war einfach zu köstlich. Doch die weiteren Ratschläge dieser unqualifizierten Person, wegen der sie Corvinus nicht mehr des Nachts zu sich rief, ließen das Grinsen schnell wieder verschwinden. Camryn reagierte über. "Wieso gehst du nicht wieder in deinen Wagen und spielst tris mit dem da? Da bleiben deine Finger sauber und du musst sie nicht krümmen", sprach sie erbost und deutete auf den verwirrt schauenden Livius Pyrrus, der seinen Kopf immer noch aus dem Reisewagen streckte. Alles wäre besser als jemand, der die Geburt eines Menschen mit der eines Pferdes verglich. Ahnung hatte Deandra jedenfalls keine, so viel stand für Camryn fest, die diese Person almählich nicht nur nicht zu mögen, sondern zu hassen begann. Kaum gesagt, stand Corvinus auf der Matte und Camryn befand sich kurz vor einem Wutanfall. Sollte jemand anders ihm erklären, was Sache war. Sie kümmerte sich jedenfalls ersteinmal um Assindius, indem sie sagte: "Spuck hier nicht so große Töne, du Möchtegern-Barbar, sondern besorg das heiße Wasser, oder willst du das Neugeborene ablecken, wenn es da ist?" Sie zog ihm eine böse Grimasse. Tullia indes, die Römerin war und kaum mehr als ein Heilsa verstand, blickte Assindius nur aus großen, schmerzerfüllten Augen an und begann unvermittelt wieder zu schreien. Camryn suchte derweil nach den Tüchern, die der grobe Holzklotz nicht zu finden im Stande war.