Mit ausdrucksloser Miene folgte der Germane dem Flavier, der ihn auf seinen Platz verwiesen hatte. Unvermittelt sprach ihn jedoch ein anderer Römer an. Er blieb stehen und musterte düster Aurelius Cotta.
Not und Angst! - In Not und Angst lebte also sein Volk, meinte dieser Römer zu wissen!
Da war der Germane natürlich ganz anderer Meinung, und verächtlich kräuselten sich seine Mundwinkel bei dieser Behauptung. Dass es einen Haufen Romanisierte und Verräter gab, damit hatte der Mann allerdings leider recht. Schon hatte der Römer auf dem Absatz kehrt gemacht, und stumm - seine Zunge für diesmal im Zaume haltend - folgte der Germane wieder seinem Herren.
Bevor er den Raum verließ sah er sich noch einmal um, begegnete Minnas Blick und nickte seiner Stammesgenossin zum Abschied achtungsvoll zu. Minna von der Sippe der Uiligotis. Eine stolze Frau, die sich von der Gefangenschaft nicht hatte brechen lassen schien sie ihm zu sein, und es war gut gewesen, von der Heimat zu hören, auch wenn es keine frohe Kunde war. Minna, kaum dass er sie getroffen hatte, schon wieder aus den Augen zu verlieren, bekümmerte ihn. Unbedingt musste er sie wieder aufspüren.
Dass Bridhe Anstalten machte, mit Aquilius und ihm hinauszugehen, überraschte ihn - wollte sie ihm beistehen, ihn gar beschützen? Aber er wollte ihr doch wirklich nicht den Abend verderben. Gerade wo sie ebenfalls Frauen aus ihrer Heimat getroffen hatte. Nein, seine Süße sollte doch lieber das Fest genießen.
Er schenkte ihr ein Lächeln der Marke tapferer Märtyrer, betrachtete sie liebevoll und schüttelte leicht den Kopf. Dann verschwand der Germane aus dem Atrium. Und ward auf diesem Fest nicht mehr gesehen.
Beiträge von Rutger Severus
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Erst spät kehrte der Germane aus der Stadt zurück. Mit dem eisernen Klopfer pochte er an das Hintertor. Ajax, der Wächter, tauchte aus seinen Träumereien auf, spähte erst mal durch eine kleine Luke und zog dann den schweren Riegel zurück.
"Ganz schön spät.", grollte Ajax missgünstig.
Durch das aufschwingende Tor trat der Germane in den Hof, und die beiden Männer tauschten einen kalten Blick aus. Einmal würde Ajax versuchen, ihm alles heimzuzahlen, dessen war sich der Germane sicher. Aber heute blieb es bei tödlichen Blicken.Müde vom Training war er, doch auf eine wohlige Weise. Die Massage zum Abschluss war auch wie immer sehr angenehm gewesen. Entspannt und guter Dinge überquerte er den Hof, begierig darauf, seine Bridtha wiederzusehen. Hoffentlich war sie überhaupt noch wach.
Ein Eimer klapperte. Er blickte dorthin und spürte, wie sein Herz einen Sprung machte, als er tatsächlich sein Schwanenmädchen dort stehen sah, das Gesicht den Sternen zugewandt.
"Bridtha!"
Von einem Ohr bis zu anderen strahlend ging er schnell auf sie zu. In dem schwachen Licht entging es ihm ganz wie abgearbeitet sie war. Überschwenglich schloss er sie in die Arme.
"Bridtha min Skaz! - Ach, ich hatte vielleicht Sehnsucht nach Dir! Sag, wie gehts Dir meine Süße?" -
Seit zwei Wochen trainierte der Germane jetzt mit den Gladiatoren. Es tat ihm gut! Zwar war er abends todmüde, zerschlagen und erschöpft, zwar fand er, dass die Römer es mit dem Drill eindeutig übertrieben, doch trotzdem war er heilfroh über die Entscheidung seines Herren ihn in diese Schule zu schicken. Endlich kam er mal raus aus der Villa, endlich konnte er das tun, wozu er bestimmt war und worin er gut war - kämpfen!
Und endlich kam er mal unter normale Leute. Die Sklaven in der Villa Flavia hatten doch allesamt einen Knacks. Oder jedenfalls die meisten. Hier dagegen gab es zwar genauso Streitigkeiten und Rangordnungskämpfe, aber die wurden meist - ganz vernünftig eben - mit den Fäusten ausgetragen. Und als "Externer" stand er sowieso ein wenig außerhalb der Rivalitäten. Unglaublich angenehm war das, mal wieder unter Männern zu sein, die ähnlich dachten wie er, nicht verdreht und um drei Ecken herum. Unter Kriegern eben.
Dass diese Leute hier kämpferisch was draufhatten, und nichts mit den verweichlichten Stadtrömern gemein hatten, das hatte er zu Anfang schnell und schmerzhaft gelernt. Was sie ihm beibringen konnten, das würde er lernen, hatte er daraufhin beschlossen. Er trainierte eifrig und biss die Zähne zusammen wenn die Ausbilder mal wieder, oft bei nichtigen Anlässen, vom Stock Gebrauch machten.Die lange Haft hatte ihn natürlich geschwächt, und wenn er sich sehr anstrengte schmerzte oft noch das Atmen, da unter der Gladiusnarbe in der Flanke, wo der Neiding Flavius Aristides ihn beinahe abgestochen hatte. Aber es war zu verkraften, seine Stärke kehrte Stück für Stück zurück, und seine Glieder gewannen wieder die geschmeidige Wendigkeit, die einem chattischen Krieger anstand. Dazu verfügte er über die Zähigkeit und den Instinkt, die in dem erwachsen, der von klein auf zu kämpfen und sich in rauher Umgebung seiner Haut zu erwehren lernt. Kämpfe und Scharmützel gegen Hermunduren und Römer hatte er in seiner Heimat schon so einige bestanden, und so fiel es ihm nicht schwer, unter den Gladiatoren akzeptiert zu werden. Jeder hier trug einen martialischen Namen. Ihn nannten sie, halb spöttisch, halb anerkennend, die "Blonde Bestie".
Der Name gefiel ihm. Tatsächlich war seine Weise zu kämpfen urtümlich und bestialisch, erinnerte im Vergleich zu dem hier praktizierten, auf Publikumswirkung bedachten, eleganten Fechten, eher an ein wildes Raubtier. Hauptsache töten hatte der Germane eben gelernt. Aber sein Ausbilder hier war da anderer Meinung. Stundenlang ließ er ihn klare, saubere Schlagfolgen üben. So auch an dem Tag, als Flavius Aquilius sich entschloss, dem Ludus einen Besuch abzustatten.Das Oval der Arena war erfüllt vom Aufeinandertreffen der hölzernen Übungswaffen, vom Stampfen nackter Füße auf dem feinen Sand, vom schweren Atmen der Gladiatoren, die in verschiedenen Gruppen trainierten. An einem Ende wurde der Faustkampf geübt, an einer anderen Stelle umschlichen sich ein Retiarius und ein Secutor. Unter der Victoria-Säule waren eine Reihe dicker Pfähle in den Boden gerammt. Vor so einem Übungspfahl stand der Germane, mit Schwert und Schild und drosch, ebenso wie einige andere Männer, schon seit einer halben Ewigkeit auf das massive, vielfach gekerbte Holz ein - zu den Kommandos und unter den wachsamen Augen seines Ausbilders, Fortis, der sich in der Arena als Thraker einen Namen gemacht hatte, seit zwei Jahren aber nur noch für die Schule arbeitete.
[Blockierte Grafik: http://img514.imageshack.us/img514/5088/fortisku9.jpg%20] | Fortis
In tiefem Bass rief der Ausbilder die Schläge und Schlagfolgen, und laut hallten der Aufprall der Hölzer über den Innenhof, als sie Männer sie ausführten.
Natürlich hätte der Germane lieber richtig gekämpft, als gegen diesen Pfahl. Außerdem war es schon Mittag, er hatte Hunger und seine Arme waren müde vom Sandsäcke stemmen, von den Liegestützen und den Übungskämpfen des Vormittages. Doch er stellte sich einfach vor, der Pfahl sei Sciurus, und schon schlug er mit neuem Elan auf ihn ein, immer leichtfüßig in Bewegung, immer nach den Kommandos des Ausbilders, in klaren, genau bemessenen Bewegungen wie das hier verlangt wurden, und mit einer aggressiven Wucht, dass der Pfahl noch viel tiefere Kerben bekam und die Holzsplitter nur so flogen.
Zum Glück war es nicht mehr so heiß in diesen Tagen; der Himmel war bedeckt, trotzdem schwitzte der Germane inzwischen ganz schön. Ein glänzender Schweißfilm überzog seinen bloßen, gestählten Oberkörper, die breiten Schultern, die Narben die von be- oder überstandenen Kämpfen kündeten.
Ohne Hemd zu kämpfen war er von zu Hause gewöhnt. Aber hier wurde noch dazu barfuß trainiert - angeblich war das gut für einen festen Stand auf dem Sand - und nur im Lendenschurz. Ein breiter Ledergürtel hielt den Fetzen um seine Hüften zusammen. Schon sich an die kurzen Tuniken hier in Rom zu gewöhnen war ihm schwergefallen, und in diesem Aufzug hier kam er sich nun wirklich arg entblößt vor. Aber wenigsten liefen die anderen hier auch so rum. -
"Stockdunkel."
Leidenschaftlich erwiderte er den Kuss, räkelte sich genüsslich in den weichen Kissen, die natürlich ausgesprochen dekadent und verweichlicht, nichtsdestotrotz sehr gemütlich waren.
"Man sieht ja kaum die Hand vor Augen!"
Grinsend legte er die Hände über Bridhes Augen, strich dann mit den Fingern über ihre Brauen, ihre Stirn, und langsam durch ihr langes Haar. Er kraulte ihren Nacken, während er sich in ihren Liebkosungen sonnte.
"Wolln wir nochmal...?", fragte er dann lauernd. Lüstern. Also, er wollte. Schon hatte er Bridhe mit den Armen umschlossen, sich mit ihr herumgerollt, sie atemlos küssend, um sich mit ihr lustvoll - wenn auch etwas in Eile - der morgendlichen Leidenschaft hinzugeben.
Kostbare Momente musste man auskosten bis zum Letzten. Oder wie hatte Sigmar immer gesagt - "Nimm was Du kriegen kannst, Rutger, nimm alles was du kriegen kannst!!"Und das taten die beiden auch, sie nutzten die Zeit, die sie sich zusammen gestohlen hatten restlos aus, bis sich der Aufbruch ganz und gar nicht mehr hinausschieben ließ. Nur äußerst widerstrebend entließ der Germane schließlich seine feurige Bridtha aus seinen Armen, und verträumt blickte er ihr hinterher, als sie sich aus dem Schuppen schlich und verschwand.
Er selbst hatte es nicht so eilig, blieb noch ein bisschen liegen, bevor er dann aufstand. Erst mal absolvierte er natürlich seine morgendlichen Liegestützen, dann verließ er - vorsichtig um keine Aufmerksamkeit zu erregen - den Schauplatz dieser leidenschaftlichen Nacht. So glücklich und entspannt wie schon lange nicht mehr schlenderte er Richtung Küche, um sich etwas zu essen aufzutreiben. Denn er hatte richtig Hunger. Auf Fleisch hätte er jetzt Lust. Oder Speck. Jedenfalls nicht auf den üblichen faden Morgenbrei. Aber da war er sehr zuversichtlich. Denn die Küchenmädchen, diese kleine grauen Mäuse, würden seinem rauhen nordischen Charme ganz zweifelsohne nicht widerstehen können! -
Ach Herrje!^^
Was ich aber eigentlich sagen wollte:
Bridhe, min Skaz, mach mal etwas Platz in Deinem Postkasten! -
Besonnen gab Decimus Mattiacus Antwort auf Rutgers wütende Botschaft. Doch seine Worte tönten hohl in den Ohren des versklavten Germanen. Er blickte von ihm zu Purgitius Macer, und insistierte:
"Und eure Herrschaft wird bei uns ebensowenig gedeihen wie eure Reben!"
Abgehackt schüttelte er den Kopf, streifte mit dem Blick seine Handgelenke, wo breite Lederbänder die Narben der Ketten verdeckten, und fixierte Mattiacus wieder mit wildem Blick.
"Freiheit? Du sprichst von Frieden und Freiheit?!"
Bis zum Bersten war Rutgers Stimme erfüllt von kaltem Zorn.
"Unterwerfen und knechten wollt ihr uns. Was eure erzgepanzerten Legionen nicht an sich zu bringen vermochten, das sucht ihr nun mit listigen Ränken und Bestechungen zu gewinnen."
Mit flammender Gewißheit fuhr er fort:
"Doch wir haben unser eigenes Recht bei uns - es ist alt und heilig, die Asen gaben es uns einst - und unser Recht sagt: Rache dem der dir übles tat!
Bei Fenris' Fängen, Frieden wird es keinen geben, solange ein Besatzer noch einen Fuß in unserem Land hat. Ich sage euch, Römer die ihr glaubt meine Heimat erobern zu können: stetig wächst die Wut der Stämme, und es kommt der Tag der Rache, der Blut-Tag, an dem sie sich erheben und wie eine Lawine euch überrollen und zerschmettern werden. Schwarz wird da der Himmel sein von den Raben die sich auf das Aas stürzen, und rot der Rhein von -"Severus!, ertönte es da eisig aus Aquilius Mund. Der Germane hielt inne. Als wäre ein Bann von ihm gefallen, schien er einen kurzen Augenblick wie erstarrt, als ihm mit einem Mal bewusst wurde was er hier war, und in was er sich da schon wieder reingeritten hatte.
"Das Freie Germanien lässt sich nicht kaufen.", schloss er hochmütig, dann wandte er sich langsam zu Aquilius. Trotz huschte über seine Züge, Widerwillen, dann ein Ausdruck von Resignation.
Dass Bridhe ihm gefolgt war, merkte er erst jetzt. Zerknirscht berührte er ihren Arm, drückte ihn kurz entschuldigend, und ging dann mit verschlossener Miene auf Aquilius zu, um ihm zu folgen, wie der es befohlen hatte. -
Mit einem verschlafenen Murmeln begann der Germane sich zu regen. Er blinzelte, gähnte, und tauchte verstrubbelt aus den Kissen aus. Im ersten Moment auch etwas orientierungslos blickte er um sich, sah einen Lichtstreifen auf einem roten Vorhang, fühlte die unverschämt weichen Polster unter sich, so ganz anders als sein Strohlager in der Sklavenunterkunft. Und vor allem spürte er einen warmen Körper in seinen Armen. Sein Gesicht leuchtete auf. Seine Bridtha... Wie hatte sie ihn genannt? Es klang schön...
Ein glückliches, vollkommen gelöstes Lächeln auf den Lippen, beugte er sich ein klein wenig vor und küsste Bridhe zärtlich auf den Mund.
"Mmmh, meine Liebste... Schon Morgen? Findest du?"
Mit gespielter Skepsis blickte er auf den Lichtstahl, zog Bridhe enger an sich und stellte im Brustton der Überzeugung fest:
"Ich finde, es ist noch ziemlich dunkel....." -
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Wie die schönste Musik klangen Minnas Worte in seinen Ohren. Seine Sprache! Labsal waren die vertrauten Klänge, wie Regen, der auf ausgedörrtes Land fällt.
"Die Götter müssen uns zusammengeführt haben! Sag, von wo kommst Du, von welcher Sippe?", bestürmte er sie überschwänglich mit Fragen, vollkommen begeistert wirklich und wahrhaftig eine Frau aus seinem Volk vor sich zu haben, und überglücklich endlich wieder seine Sprache hören und sprechen zu können.
"Ich stamme von der Wiharra, aus dem Gau Thidriks des Hallvardungen. Doch lange schon bin ich hier in diesem Südland - sag, kannst Du mir Kunde bringen aus der Heimat?! Hat es wieder einen Rachezug gegeben, gegen diese Hunde von Hermunduren? Und haben die Römlinge neue Vorstöße versucht?"
Gebannt lagen seine Augen auf Minna, er war begierig ihre Antwort zu hören, hungerte nach Nachricht von seinem Volk und nach dem lieblichen Klang ihrer Worte.Etwas später drangen mit einem Mal Fetzen eines Gespräches zu ihm, in dem es ebenfalls um seine Heimat zu gehen schien. Er spitzte die Ohren. Ein Name fiel, der ihn aufhorchen ließ: Modorok. Der verhasste Hundsfott, der sich todsicher von den Römern hatte kaufen lassen - wie das so Hermundurenart war - und die, die ihm folgten ins Verderben geführt hatte.
"Die reden über unser Land.", meinte er zu Minna, und lauschte mit schräggelegtem Kopf dem Gespräch zwischen Decimus Mattiacus und Purgitius Macer.
"waren alle sehr begeistert von Rom und auch dem Wein, den ich mitbrachte, sehr zuträglich....
wollen sich mit Rom arrangieren.....
Stimmung unter den Stämmen zu unseren Gunsten........."
hörte er den einen der beiden Römer sagen.
Da stieg Wut in ihm auf! Genau das war doch die römische Art, Leute zu schicken, die mit Geschenken und falschen Versprechungen schlangenzüngig die Stämme entzweiten.
Abrupt wandte er sich um und schritt zielstrebig auf Marcus Decimus Mattiacus und Spurius Purgitius Macer zu, dachte kein bisschen mehr daran, dass er hier als Sklave galt und auch nicht an das dünne Eis auf dem er stand.
"Ich habe euch etwas zu sagen.", sprach der große Germanenkrieger mit fester Stimme und in rauhem Latein zu den beiden Männern, von denen einer, nach der Tracht zu schließen, wohl ein Senator war. Hochaufgerichtet blieb er vor ihnen stehen, ein kämpferisches Blitzen in den Augen, vollkommen beseelt von seiner Sache.
"Mögt ihr auch eure Boten ausschicken, mögen sie mit Wein und schmeichlerischen Worten das Vertrauen unserer Fürsten zu erheischen versuchen - das Freie Germanien wird niemals euer sein! Nimmer werden die Stämme sich unter euer Joch beugen, sie werden kämpfen, wieder und wieder, bis zu letzten, blutig und erbittert, bis ihr endlich versteht: Das Land der Wälder und Wölfe ist nicht für euch bestimmt." -
Bridhes drollige Antwort entwaffnete ihn vollkommen. Sie wollte ihm Glück schenken, damit er welches hatte. Das war süß. Er musste lachen und drückte sie an sich. Schon verflüchtigte sich seine Schwermut. Nein, diesmal würde es gut gehen, bestimmt; einmal mussten doch auch bei ihm die Schicksalsweberinnen ein Einsehen haben.
Er wünschte nur, er hätte jetzt ein Geschenk für sie. Eine Morgengabe. Zwar war sie nicht seine Frau, doch sie hatte sich ihm hingegeben, sich geschenkt mit Haut und Haar in dieser Nacht, und es war nicht recht, dass er ihr nicht auch etwas geben konnte. Aber er hatte ja nichts mehr, kein Gut, kein Geld. Doch sie sollte ihre Morgengabe noch bekommen, beschloss er für sich, als er sie da so in den Armen hielt, irgendwie und koste es was es wolle würde er da noch etwas auftreiben...Rutger. Ein Schatten glitt über sein Gesicht und unwillkürlich spannten seine Muskeln sich an.
"Das", sagte er mit ausdrucksloser Stimme, "war mein Name. Früher. Ich trage ihn nicht mehr. Er ist... tot."
Langsam löste er sich aus der Umarmung.
"Ich muss los, min Skaz. Bin eh schon zu spät. Bis heute Abend dann. Ich werde Dich vermissen."
Er strich mit dem Handrücken über ihre Wange, lächelte verhalten und küsste sie zum Abschied. Dann wandte er sich zum Gehen, und schritt in Richtung des großen, eisenbeschlagenen Hoftores.Die Essensschale hatte er mittlerweise, über so viel wichtigeren Dingen, vergessen. Unbeachtet stand sie am Rand des Hofes auf dem Boden, und gerade wackelte ein Huhn herbei, und pickte gackernd darin nach ein paar übriggebliebenen Körnern.
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Sim-Off:
Wohlig lehnte er den Kopf gegen Bridhes Hände. Hmm, so gekrault zu werden gefiel ihm. Mit einem versonnenen Lächeln richtete er sich schließlich auf die Ellenbogen auf, sah liebevoll auf Bridhe herab und gab ihr einen leichten Kuss auf den Mund.
Dann rollte er sich zur Seite, streckte sich träge auf den weichen Kissen, und musste kurz grinsen bei dem Gedanken daran, was die Flavier wohl davon halten würden, dass ihre dekadente Prunksänfte hier so zweckentfremdet wurde. Ja, dieser Sänftenschuppen hier war doch ein wahres Göttergeschenk, kam es ihm ganz unvermittelt in den Sinn.
Ob Bridhe jetzt gehen würde? Vielleicht, wenn sie sich beeilte, käme sie noch rechtzeitig in Aquilius Bett. Verdammt, er wollte sie gerade ganz und gar nicht hergeben. Langsam hob er die Hand, legte sie sacht auf ihre Schulter, fuhr zärtlich ihren Leib entlang. Seine feurige Bridtha, seine betörende Beute. Oder war er womöglich ihre Beute? Hmm - nein.Er beschloss jedenfalls, sie einfach nicht mehr loszulassen. Damit sie nicht fror, griff er noch nach ein paar Kissen - hier war ja alles voll davon - um sie damit ein bisschen zuzudecken. Dann schloss er sie wieder fest in die Arme, um sie zu wärmen und damit sie gar nicht erst auf dumme Gedanken kam.
Ihre Schulter streichelnd murmelte er ihr leise rauhe Koseworte ins Ohr, schloss dann die Augen und hielt Bridhe so, ganz engumschlungen, in vollkommener Nähe.
Sein Atem ging ruhig. Er spürte sie ganz und gar. Ein beseligtes Lächeln auf den Lippen, sank er langsam immer tiefer in die nebelvergangenen Gefilde des Schlafes. -
Das kleine Küsschen auf die Wange ließ ihn schmunzeln. Bridhes unbefangene Fröhlichkeit wärmte sein Herz. Und wie es schien hatte sie in der edlen Wein-Spenderin und der anderen, herzlich wirkenden, Rothaarigen Stammesgenossinnen gefunden! Das musste für sie, die hier noch so fremd war, eine große Freude sein.
Ein Ausläufer der Weihrauchschwaden, die von den Opfernden her, durch den Raum wogten, streifte ihn, ließ den schweren Geruch in seine Nase steigen, und rief sofort grell die Erinnerung an eine mondlose Winternacht und finsteren Godenzauber in ihm wach. Ein Schauer lief ihm über den Rücken, und seine Mine verdüsterte sich. Außerdem fing aber seine Nase an zu kribbeln, er kämpfte dagegen und er musste dann doch heftig niesen. Brr, schauerlich dieser Geruch.
Sich sanft kräuselnd entschwebte der Weihrauchschwaden, wand sich hinauf zur Decke und zog durch das Compluvium davon.Schnell nahm der Germane noch einen Schluck Wein, um den Geruch und die Erinnerungen loszuwerden, als mit einem Mal ein Gruß in seiner Muttersprache zu ihm drang. Verblüfft wandte er den Kopf, und sah zu der neu hinzugekommenen. Minna, wie die mit den rötlichen Locken sie nannte. Welch lichtblondes Haar, welch heimatlich anmutenden Erscheinung!
Ungläubig ruht sein Auge auf ihr, eindringlich und forschend, als wolle er sich versichern dass sie kein Hirngespinst war, keine "Nortruna", die sein strapazierter Geist ihm vorgaukelte und sogleich wieder verschwinden ließ. Das konnte doch nicht sein. Oder doch? Es war nur ein Wort gewesen, doch sie hatte es nicht betont wie eine Cheruskerin oder eine Ampsivarierin oder gar eine Hermundurin sondern genau so, wie man es in seiner Heimat sagte.
"Heilsa!"
Er trat auf sie zu und seine Augen hefteten sich mit einem Ausdruck der halb ungläubig war, halb gespannte Erwartung auf ihr Gesicht. In seine rauhe Muttersprache verfallend, fragte er lebhaft:
"Kann es sein, dass Du - Minna, ja? - aus dem Lande der Chatten stammst?! Ich werde Severus genannt. Heimatlichen Klang birgt mir Dein Gruß." -
Ob die Flavier wichtig waren? Reich waren sie, und reich an Dünkel, aber wichtig? Er zuckte die Schultern und antwortete Cadhla ohne rechte Überzeugung.
"Hm, ja, ich denke schon."
Wohlgefällig lag sein Blick auf ihren kräftigen Schultern, als sie ihm die Becher reichte. Dies hier war eine richtige Frau, nicht so ein Püppchen wie die römischen Damen, die ihm allesamt furchtbar schmächtig vorkamen. Er hatte mal gehört, dass sie ihren jungen Mädchen den Oberkörper einschnürten, damit sie nur ja kein zu breites Kreuz bekamen, und es wunderte ihn gar nicht, so vollkommen degeneriert wie dieses Volk war... Die meisten zumindest.
Er trank noch einen tiefen Schluck, und da war sein Becher auch schon leer. Er stellte ihn zurück, nahm dankend die beiden vollen entgegen und wandte sich ab, um einen davon Aquilius zu bringen.Der war gerade vertieft in ein angeregtes Gespräch mit zwei zarten jungen Römerinnen, machte ihnen schöne Augen und schien sich gut zu amüsieren. Ruhig trat der große Germane durch die Menge der Gäste auf ihn zu, und dachte bei sich, dass die beiden Mädchen, wenn sie ihre natürliche Schönheit nicht mit diesen seltsamen, bizarren Frisuren und mit der Farbe im Gesicht verunstalten würden, ihm wohl auch gefallen würden.
Da gerade da das Opfer angekündigt wurde, sah er doch davon ab, Aquilius den Wein zu reichen. Die Aussicht, ihn selbst zu trinken machte ihn aber nicht allzu traurig. Statt dessen stand er, kaum dass der Flavier sich zum Opfern entschlossen hatte, neben ihm, und drückte ihm stumm die Amphore mit den Opferwein in die Hand.
Dann trat er wieder an den Rands des Raumes, sah eine Weile lang neugierig zu wie die Römer ihren Göttern huldigten.Mit den beiden Bechern in der Hand vollendete er schließlich seine Runde durch den Raum, und kehrte zu der Stelle zurück, wo er Bridhe zuletzt gesehen hatte. Doch da war sie nicht mehr. Suchend sah er sich nach ihr um. Wo war denn seine Süße? Schon stieg die ungute Vermutung in ihm auf, dass sie womöglich gerade mit fremden Männern flirtete, als er sie dann doch wiederfand. Bei dem "Ausschank" wo er doch gerade herkam. Lächelnd ging er zu ihr.
"Ach hier bist Du, min tresiwir. Ich hab Dich gerade gar nicht mehr wiedergefunden. Hier für Dich."
Er reichte ihr einen der Becher mit den guten Wein und lächelte sie innig an. Sein wunderschönes Schwanenmädchen... Er hob seinen Becher, blickte ihr tief in die Augen, verlor sich wieder einmal in diesem strahlenden, betörenden Blau dass er so liebte... - und sagte, mit gedämpfter Stimme, um nicht die römische Opferzeremonie zu stören: "Auf Dich, meine Tausendschöne.", bevor er ihr zuprostete und trank. -
Zitat
Original von Cadhla
"Hoffentlich er Dir schmeckt"
Sehr zufrieden mit dem Ergebnis seiner minimalen Hochstapelei nahm er den gefüllten Becher entgegen, und neigte dankend den Kopf.
"Ich danke Dir, Herrin der Quelle," sprach er lächelnd, und musterte neugierig die hübsche, exotische Keltin. Ob man sie wohl ihrer Haarfarbe wegen hier postiert hatte, damit wirklich alles Ton in Ton war? Den Römern war alles zuzutrauen.
Leicht kippte er den Becher aus dem Handgelenk und ließ einen kleinen Schluck in einen der Töpfe schwappen, aus denen sich Weinlaub emporrankte.
"Dem Ersten der Asen" sprach er dazu in seiner Muttersprache, dann trank er Cadhla zu und wünschte ihr fröhlich: "Bona Meditrinalia."
Das war guter Wein. Überhaupt, Wein. Er nahm einen tiefen Schluck und gleich noch einen. Solchen Genüssen lange entwöhnt, nahm sein Gaumen wohlig den Vielklang der herben, säuerlichen und fruchtigen Geschmacksfarben auf, die sich in diesem Schluck mischten.
In seiner Nähe stellte da gerade eine Frauenstimme fest, Germanien sei doch ein schreckliches Land. Er wandte den Kopf und betrachtete die Sprecherin missbilligend. Als er sich wieder seinem Wein zuwenden wollte, stand auf einmal Aquilius' aurelischer Freund vor ihm.ZitatOriginal von Marcus Aurelius Corvinus
"Du. Stell den Wein fort und bediene die Gäste"
Verdammt, der schien sich an ihn zu erinnern. Aber wie redete dieses Bürschchen überhaupt mit ihm? Eine steile Falte trat zwischen seine Brauen, er setzte zu einer angemessen derben Erwiderung an - und besann sich. Schließlich war ja heute der Tag des guten Willens. Mit hochgezogenen Augenbrauen sah er auf den Römer herab.
"Wie in aller Welt, werter Aurelius, kommst Du dazu, mich zu Deinem Gesinde zu zählen?", erkundigte er sich reserviert, wandte sich dann ab, da er den Ärger nicht länger von seinen Gesichtszügen fernhalten konnte. Er spülte ihn mit einem weiteren tiefen Schluck herunter, zuckte dann die Schultern und blieb neben Cadhla stehen.
"Ist das Haus hier denn so knapp an Sklaven?", wandte er sich fragend an sie, deutlich sprechend, da sie ihm des Lateinischen nicht ganz sicher erschien.
"Mein Name ist Severus, ich arbeite für die Flavier..."
Er sah zu Aquilius rüber, der anscheinend tatsächlich noch nichts zu trinken in der Hand hielt. Tja, da konnte er doch gleich nochmal guten Willen zeigen.
"Und kann ich noch zwei Becher haben, bitte? Für meinen... Herrn und seine Begleitung." -
Die Römer hatten seltsame Bräuche. Zu diesem Schluss kam er immer wieder. Leones vielsagenden Blick auffangend, beherrschte er sich, und behielt eine wahrhaft steinerne Miene bei, während der Schwarze den Flavier begrüsste. Er wollte ja auch den Mann nicht beleidigen, der sich in seinem Aufzug selbst nicht recht wohl zu führen schien, sein Schicksal jedoch mit beachtlicher Würde trug. Nur als der Ianitor mit dem verrutschten Weinblatt vor seinen Augen kämpfen musste, zuckten seine Schultern ein, zwei Mal verräterisch.
Auf dem Fuß folgte er Aquilius. Die kostümierten Knaben erinnerten ihn irgendwie an ein Dickicht von kleinen Bäumen... Die Worte Leones "jeweils nur eine Amphore" im Ohr, blickte er den Jungen, der Aquilius die Amphore gab, erwartungsvoll an, so selbstsicher als wäre er ebenfalls ein geladener Gast, und jeden Zoll die Gewissheit ausstrahlend, dass ihm ganz natürlich auch ein Gastgeschenk gebührte. Innerlich grinsend wartete er ab, ob der Bub ihm auch eine überreichen würde. Man konnte es ja mal versuchen.
Dann folgte er, gemeinsam mit Bridhe, Aquilius weiter, geradeaus, rechts um die Ecke, und erst als diese Ecke, und eine gewisse Distanz zwischen ihm und Leone lag, brach das bisher so mannhaft verbissene Lachen nicht länger bezähmbar aus ihm hervor. Ein rauhes, heiteres Lachen, das er, die Hand vor den Mund gelegt, zu dämpfen suchte. Bei Widar und Wali, was für ein vollkommen närrisches Kostüm! Dann aber gab er sich einen Ruck, und als sie den ersten Raum erreichten, wo sich schon die Gäste tummelten, war sein Lachen verklungen und seine Miene wieder äußerst seriös. -
Es war, als wäre man in ein Meer von Rot getaucht. Staunend sah der Germane um sich. Ob das Wein war, da im Impluvium? Wie das wohl wäre, ein Bad in Wein zu nehmen... Aquilius' Amphore in der Hand, schlenderte er neben dem Flavier, ihn flankierend, bis der eine Geste machte, die wohl zu besagen schien, dass Bridhe und er sich im Hintergrund halten sollten. Nun gut. Bridhe zulächelnd begab er sich mit ihr an den Rand des Raumes. Er pflückte ein Büschel Trauben, bot Bridhe davon an, und betrachtete dann, den Rücken an die Wand gelehnt, den Aufmarsch der römischen Schickeria.
Was für ein Luxus hier heute wieder zur Schau gestellt wurde. Was für üppig drapierte, leuchtende Farben die Römer am Leibe trugen, wie bunt und verschwenderisch sie sich schmückten mit Gold und Edelsteinen. Dass sie sich dabei nicht albern vorkamen, fand er ganz unverständlich.
Ruhig sah er sich den Jahrmarkt der Eitelkeiten an, ohne dass in seinen Zügen zu lesen gewesen wäre, wie er darüber dachte. Beobachten und lernen. Eine vorüberschwebende Grazie zog kurz seinen Blick auf sich, dann sah er zu Aquilius herüber, der sich mit einem blonden Mann unterhielt, der ihm vage bekannt vorkam. Ach, war das nicht der Jüngling, der nicht reiten konnte?"Meine Süße, ich seh mal, ob ich was zu trinken für uns finde.", meinte er zu Bridhe, und lenkte dann seine Schritte am Rande des Atriums entlang. Aufrechter Haltung und selbstgewissen Blickes, in seiner schlichten, doch ausgesuchten dunkelgrünen Tunika mit der Reben-Borte, die vernarbten Handgelenke unter mit Mustern geprägten breiten Lederbändern verborgen, war er nicht unbedingt als Sklave zu erkennen.
Ah, da sah er schon was er suchte. Zielstrebig trat er auf Cadhla zu.
"Heil Dir, schöne Hüterin des köstliches Rebensaftes.", grüßte er sie fröhlich, und fragte mit schalkhaftem Grinsen: "Ob Du mir wohl einen Trunk aus Deiner Quelle gewährst?" -
In einem verwinkelten Nebenraum der Bibliothek, zwischen Stapeln von Papyrus, Kisten mit Schreib-Utensilien, Ersatz-Schriftrollen und zu reparierenden Regalen stand ein kleiner Schreibtisch. Daran sass ein großer Germane. Ganz vorsichtig hielt er den schmalen Stylus in der breiten Faust. Mit vor Konzentration starrem Gesicht, die Stirn in angestrengte Falten gelegt, fuhr er mit dem filigranen kleinen Metallgriffel über die Wachstafel vor ihm auf dem Tisch.
Draußen war es schon dunkel und nur eine Öllampe spendete ihm Licht. Noch immer hatte er ein wenig Angst, sich die Augen zu verderben, doch tagsüber war einfach keine Zeit für diese Lektionen. Erst abends, nach dem Training, konnte er hier vorbeikommen, um sich von Mago in die Geheimnisse der römischen Schrift einweihen zu lassen. Er war schon müde, aber er gab sich große Mühe. Denn es ging ihm bei dieser Sache auch darum, guten Willen zu zeigen. Wenn Aquilius sehen würde, dass er von sich aus, ganz aus eigenem Antrieb, zu lernen bemüht war - vielleicht würde das irgendwie... ein klein bisschen helfen? Ihm zeigen dass er nicht ein dummer Barbar war? Ihn davon abhalten, ihn in bei nächster Gelegenheit in einen Steinbruch zu verkaufen, oder beim nächsten Wortwechsel der wie gewöhnlich ausartete gleich ad bestias zu verurteilen? Er hoffte es.
Erst mal hatte ihm jedenfalls Mago die Buchstaben seines Namens aufgezeichnet, und die grub er nun gewissenhaft, doch mit noch sehr ungelenken Bewegungen in das Wachs hinein. S wie ein Schlange, E ein bisschen wie ein Kamm, V wie ein Vogel am Himmel. R konnte er schon, und das U auch... Puh...
Die ganzen gebogenen Linien in dem Wachs hinzubekommen war echt schwer. Und umständlich! Viel schwerer als das Runen Ritzen. Da gab es nur gerade Kerben.Nachdem die Wachstafel mit mehr oder weniger gelungenen Buchstaben bedeckt war, trug er sie zu Mago hinüber, der in der Bibliothek gerade an einem Schreibpult stand, und ein Werk kopierte. Leise schabte das Schreibrohr über das Pergament, hinterließ in klarer, eleganter Schrift, wohlgeformte Lettern, Wörte, Sätze...
Einen Moment lang blieb der Germane neben dem alten Herrn stehen, und sah beeindruckt zu, wie mühelos diesem die Worte aus der Feder flossen. Dann räusperte er sich und zeigte seine Tafel vor.
"Stimmt das so?"
"Das S schaut in die falsche Richtung, Severus.", mahnte Mago streng. "So rum gehört das! Und immer auf der Linie schreiben! Sonst passabel. So, und jetzt noch ein paar weitere Buchstaben."
Er strich das Geschriebene aus und schrieb ihm die Vokale auf.
"I wie Iuppiter. A wie Aquilius. E wie Ego. U wie Urbs. Und O wie..."
"Oktober!"
"Hmhm. Üb das mal."
Ernst nickte der Germane, und verzog sich wieder in den Nebenraum, wo er sich eifrig an die mühsame Arbeit des Nachmalens machte. Mit gerunzelter Stirn sagte er sich dabei leise die Buchstaben vor - ein Reisender, der gerade die ersten, tapsigen Schritte unternahm, soeben erst aufgebrochen war zu einer Entdeckungsreise in ein unbekanntes Land, das sehr weit, sehr fremd und sehr unwegsam, voll Stolpersteine und Fallgruben, vor ihm lag... -
Auch der Germane sprang wiederum von der Kline auf, funkelte den Römer zornentbrannt an. Zum wiederholten Male zu hören wie der ihm sagte es sei doch alles gar nicht so schlecht, brachte ihn völlig zur Weißglut. Natürlich schwieg er nicht.
"Du, Römer, hast keine Ahnung was Unfreiheit ist! Du weißt nicht was es heißt rechtlos, namenlos, wertlos wie irgendein 'Ding', eurem Gutdünken, Deinen Launen ausgeliefert zu sein! Ich war der Sohn eines Drichten, für euch bin ich niemand, nur Dreck unter dem Stiefel! - Hör mir doch zu! Ich rede mit Dir! "Er ballte die Faust, öffnete sie wieder, und schüttelte wild den Kopf. Seine Hand zitterte, als er sich wieder fahrig durch die Haare fuhr, dann völlig außer sich mit heiserer Stimme vorbrachte:
"Ich habe bezahlt, dafür dass ich frei sein wollte! Ich habe gebüsst, dafür dass ich Arrecina raubte! Deine Leute haben mich halb abgestochen, endlos in einem finsteren, dreckigen Rattenloch verrotten lassen, mir das übelste Gezücht der Unterwelt auf den Hals gehetzt! Zuletzt hast Du mir genommen was mir noch blieb! Verdammt ja, Du ließest mir dieses elende Halbleben, und verdammt ja, ich war schwach genug es zu wollen! - Und Du sollst es nicht bereuen. - Aber Du, Flavier, maße Dir nicht an zu urteilen wie mein Leben beschaffen sei! Denn davon hast Du wahrlich keine Ahnung!"Auf dem Absatz machte er kehrt, stürmte zornig und vollkommen aufgewühlt in die andere Richtung davon, ebensowenig wie Aquilius darauf aus, dieses immer unerquicklichere Gespräch noch fortzusetzen. Seine malträtierte Kehle schmerzte auch schon.
"Außerdem", warf er im Hinauseilen noch vorwurfsvoll über die Schulter zurück, "weißt Du doch ganz genau dass ich nicht lesen kann." -
Ein Fest der Weinlese und der Heilung war das also, zu dem sie unterwegs waren. Gutgelaunt ging der große Germane neben der Sänfte her, in der Hoffnung dass das Besäufnis sich auch auf die Sklavenschaft, oder jedenfalls auf ihn, erstrecken würde. Zugleich hatte er sich aber auch fest vorgenommen, sich heute tadellos zu benehmen! Soweit möglich.
Was sehr zu seiner Fröhlichkeit beitrug, war, dass seine süße Bridtha heute ebenfalls dabei war. Immer wieder musste er im Gehen zu ihr hinübersehen, dann lächelte er versonnen oder warf ihr feurige Blicke zu. Ein Angreifer, der es sich in den Kopf gesetzt hätte, heute ein Attentat auf Flavius Aquilius auszuführen, wäre ihm höchstwahrscheinlich komplett entgangen.
Vor der Villa Aurelia angekommen, folgte er Aquilius' Wink, nickte und schritt unverzüglich auf die Porta zu. Die Dekoration mit dem Wein erinnerte ihn an das Vinalia-Fest vor längerer Zeit. Ob er sich vielleicht wieder als Gast maskieren könnte? Ach nein, er wollte sich ja benehmen.Grinsend zupfte er sich eine Weinbeere ab, steckte sie in den Mund, und klopfte kräftig an der Türe. Schluckte sie dann herunter und begann, sobald geöffnet wurde und er sich dem Ianitor gegenübersah, zu sprechen. Mit rauhem germanischen Akzent, doch äußerst würdevoll.
"Salve. Bona Meditrinalia."
Höflich nickte er seinem Gegenüber zu.
"Mein Name ist Severus, und dies" - er wies gemessen auf die Sänfte - "ist der ehrenwerte Sacerdos Martialis Caius Aquilius aus der ruhmreichen Sippe der Flavia. Er ersucht um Einlass in dies gastliche Haus."
Das Kostüm Leones reizte ihn zum Lachen. Der sah ja aus wie ein Saturnaliengeschenk, mit dieser goldenen Kordel um den Bauch. Er verbiss es sich mühsam, und war sehr froh, dass er nicht so was tragen musste. Nein, seine Tunika war zum Glück bloß dunkelgrün, und mit einer breiten Weinlaub-Borte geschmückt. Mit recht starr gewordenem Gesichtsausdruck, und furchtbar bemüht, nicht noch mal auf diese unsägliche Kordel zu schauen, erwartete er die Antwort des schwarzen Mannes. -
"Ach... ich bin Ärger gewöhnt.", murmelte er, und winkte verlegen ab. Natürlich machte er sich Sorgen um sie, schließlich war sie ein zartes Mädchen an einem gefährlichen Ort. Aber was sie dann sagte, haute ihn ziemlich um. Sie liebte ihn? Dabei war er doch nur noch ein Schatten seiner selbst. Im ersten Moment erstaunt, im zweiten sehr glücklich und geschmeichelt blickte er sie groß an, und hätte beinahe "Ehrlich wahr?" gefragt.
"Bridtha, min Skaz..." Überwältigt nahm er sie in die Arme.
"Meine süße Bridtha, meine Holde, mein Schwanenmädchen..."
Seine Lippen streiften ihre Stirn, er streichelte ihr Haar und drückte ihr zärtlich einen Kuss auf die schöngeschwungenen Brauen.
"Wie eine Huldren-Königin bist Du zu mir gekommen", flüsterte er, "und hast mir mit Deinem Zauber wieder das Leben eingehaucht. Ich... -"Er stockte. Über ihren Scheitel hinweg fiel sein Blick auf den alten Ölbaum, dieses Mahnmal inmitten des Hofes. Mittwinter war es gewesen, da hatte er Arrecina in den Armen gehalten. Seine kleine Römerin, seine sternenäugige Geliebte. Sein Schicksal müsse sie sein, hatte er damals geglaubt. Wilde Fluchtpläne hatten sie geschmiedet, davon geträumt wie sie gemeinsam der Welt die Stirn bieten würden. Liebe hatten sie sich geschworen. Und dann hatte alles geendet, an einem heißen Tag auf dem Richtplatz. Oder schon vorher, in der Einsamkeit und wahnwitzigen Verzweiflung des Carcers, als er, dem Tode geweiht, sie grob von sich stieß. Schließlich war sie wirklich gegangen. Jetzt war sie fern, unerreichbar fern. Aber diese Worte, diese drei kleinen Worte, gehörten immer noch ihr und nur ihr allein.
"...ich würde alles für Dich tun."
Er wandte den Blick von dem Baum ab, registrierte nebenbei dass die Magd vor der Waschküche neugierig zu ihnen herüber lugte.
Düster stellte er dann fest:
"Aber ich bringe kein Glück."