Beiträge von Caecilia Marcella

    Marcella schmunzelte und nickte nach einer Weile. Es verwunderte sie nicht sonderlich, dass man sich den Überblick über verwandschaftliche Verhältnisse erst erkämpfen musste, wenn man erst neu zu der Familie hinzuzog. Bei vielen Familien glich es mittlerweile ja einer Kunst, wenn man noch genau sagen konnte, wer mit wem in welcher Weise verwandt war. Die Caecilia war zwar eine einflussreiche Gens, dafür aber sehr überschaulich, wie Marcella fand.
    "Das denke ich auch. Ankünfte neuer Mitglieder der Familie sind doch in den meisten Fällen die reinsten Feste" antwortete Marcella zuversichtlich und gelassen, weil sie Calvinas Verlegenheit bemerkt hatte.
    "Bis vor kurzem habe ich nicht gewusst, dass mein Onkel zwei Großcousins hat. Plötzlich stand er in der Casa und erkundigte sich nach seinem Bruder. Mein Onkel erklärte mir neulich, dass er selber sehr überrascht war und sich beinahe nicht mehr an Metellus, so heißt dieser Großcousin, erinnert hätte. Er wurde als kleiner Junge nach Achaia geschickt, um dort eine Ausbildung zum Juristen zu absolvieren. Ich habe ihn bis vor ein paar Tagen nicht gekannt, geschweige denn von ihm gewusst."
    Marcella schmunzelte Calvina an und schlängelte sich mit ihr an einem Haufen Soldaten vorbei, die wohl gerade nichts weiter zu tun hatten als sich lauthals lachend zu unterhalten.
    "Wo hast du denn vorher gelebt?"

    "Das wäre mir eine Freude!" nahm Marcella ohne zu zögern ihr Angebot an und stand nun ebenfalls wieder auf. Ihre beste Freundin war vor etwas mehr als einem halben Jahr nach Germanien gezogen und was Marcella seither am meisten vermisste, waren die gemeinsamen Attacken auf die Stoffhändler auf dem Mercatus Urbis, die so gut wie immer von großem Erfolg gekrönt waren und obendrein auch noch jede Laune wieder aufbessern konnten.
    Marcella lächelte, hakte sich ungefragt bei Calvina unter (so mussten ihnen entgegenkommende Menschen ausweichen und störten nicht andauernd beim Gespräch) und setzte sich zielsicher in Bewegung. Der erste Weg sollte sie, wie konnte es anders sein, zu ihrem Lieblingsladen führen, deren Händler sich an Marcella ein goldenes Näschen verdiente.
    "Also gut" begann sie und musterte Calvina neugierig von der Seite, "Helvetia sagtest du? Dann bist du doch sicherlich mit dem Aedilis Pebis, wie war sein Name noch?, Helvetius Tacitus verwandt?"
    Aus einem reichen Hause stammend, gehörte solches Wissen über die gegenwärtige Politik und Bestezung verschiedener Ämter zur Allgemeinbildung. Ungleich mehr natürlich, wenn sie für den eigen Stand zuständig waren.

    Marcella lachte, weil Calvina sie so verdutzt ansah und fragte sich, was ihr wohl durch den Kopf ging, nachdem sie erfahren hatte, was sie nun wusste. Sie hatte wirklich kein Problem damit auf fremde Menschen zuzugehen und mit denen eine lustige Unterhaltung zu führen. Manchmal schreckte es die Leute von ihr ab, aber häufig erfreuten sie sich wie Marcella an den neuen Erkenntnissen, die sie über die Römer und Römerinnen sammeln konnte.
    "Das macht doch nichts. Im Gegenteil, es ist wahrscheinlich sogar gut, dass du ihm noch nicht begegnet bist, denn das könnte bedeuten, dass du aus Versehen in Schwierigkeiten geraten wärest..."
    Marcella schmunzelte. Die Leute waren häufig voreingenommen, wenn sie erfuhren, mit wem Marcella verwandt war. Nicht wenige bemühten sich alsdann ihr Honig um den Mund zu schmieren und benutzten sie so, um bei Crassus ein gutes Wort für sie einzulegen. Es war gut, dass Calvina sich selbst als unwissend bezeichnete, denn so hatte Marcelle eher die Chance sie selbst zu sein.
    "Ich wollte auch gerade bei den Händlern vorbeisehen, ob sie nicht vielleicht eine neue Stola für mich haben. Meinst du nicht, dass ein anderer Händler die gleiche Tunika haben könnte, die du dir bei diesem Händler hast reservieren lassen? Weißt du was? Ich kenne die Stoffhändler beinahe alle! Wenn du mir sagst, nach was für einer Stola du suchst, kann ich dir ja vielleicht helfen."
    Verschwörerisch und aufnahmebereit wartete Marcella, die Handflächen aneinandergedrückt und die Hände vor ihrer Brust erhoben, auf Calvinas Reaktion. Sie hoffte, Calvina würde ihr noch ein wenig Gesellschaft leisten, denn das bedeutete Abwechslung von ihren männlichen Familienmitgliedern und Interessenten.

    Dass das wahre Opfer der Rempelei sich unversehrt erklärte und sogar lachte, ließ auch Marcella wieder Lächeln und den Übeltäter schnell vergessen. Es nützte ja eh nichts, wenn man sich über Menschen wie ihn aufregte, da sie auch beim nächsten Gang über den Markt rücksichtlos mit den Ellenbogen um sich kanten würden.
    "Caecilia Marcella" antwortete Marcella ihr, verdrehte die Augen und tat nachdenklich, indem sie sich ihren Zeigefinger an die Unterlippe hielt.
    "Als nächstes wirst du fragen, ob ich mit dem Praefectus Praetorio verwandt bin und weil ich dir antworten werde, dass ich seine Nichte bin, wirst du mich erstaunt ansehen und mich fragen, wie das so ist. Daraufhin werde ich wahrscheinlich erwidern, dass es seine Vor- und Nachteile hat, ich es aber genieße, dass ich nur ein Wort zu sagen brauche, dann schickt er ein paar Praetorianer und sperrt Leute wie den engstirnigen Bullen gerade einfach weg."
    Marcella grinste spitzbübisch und zwinkerte. Sie wollte ja schließlich nicht, dass Calvina Angst vor dem Umgang mit ihr bekam und verstand, dass sie nur scherzte.
    "Wolltest du gerade einkaufen gehen?" fragte sie neugierig.


    edit: Wieder einen falschen Titel für meinen Onkel angegeben! -.^

    Marcella staunte, dass Crassus sich so zurückhielt, lächelte ihn jedoch gut gelaunt an und vernahm mit eben diesem Lächeln Melas förmliche Begrüßung. Sein Grinsen beantwortete sie amüsiert, dann legte sie ihre Hände übereinander auf ihren Bauch und schob die Unterlippe einen Moment lang vor.
    "Puh, dann bin ich erleichtert, dass ich nicht doch meine Rüstung angezogen habe, die bei mir im Schrank hängt und auf solche Momente wartet" scherzte Marcella, schüttelte lächelnd den Kopf und sah fragend zu Crassus auf.
    "Wenn du nichts dagegen hast, Onkel, dann wäre ich fertig."

    Der Übeltäter war nicht weitergegangen. Allerdings mussten denn folgende Dinge berücksichtigt werden:


    1. Es handelte sich um keinen Übeltäter, sondern eine Übeltäterin.
    2. Und das eigentlich auch nicht, denn die Übeltäterin war ihrerseits angerempelt worden. Dieser Übeltäter (und es war diesmal wirklich ein Übeltäter und keine Übeltäterin) war in der Tat einfach weitergelaufen und hatte sich nicht weiter der zierlichen Frau zugewendet, die seinetwegen ins Straucheln geraten war.


    Also war Marcella unbeabsichtigt gegen eine andere junge Frau gestolpert, die gerade im Begriff gewesen war sich von einer Bank zu erheben. Durch diesen Puffer hatte Marcella sich schnell wieder gefangen und sah verärgert dem echten Übeltäter nach.
    "Schon einmal dran gedacht, dass du nicht allein auf dem Markt bist? Ja, renn bloß schnell weg, sonst hol ich meinen Onkel!" meckerte sie und sprach innerlich ein wütendes "Blöder Mistkerl!" hinterher.
    Dann wandte sie sich zu dem Mädchen herum, das sie unabsichtlich gestoßen hatte. Der Aufprall auf der Steinbank war sicherlich nicht so angenehm gewesen.
    "Salve. Es tut mir leid, dass ich dich geschubst habe. Aber ich konnte dafür nichts. Daran war allein dieser Nichtsnutz Schuld, der schon eine ganze Weile lang hinter mir hergestolpert war. Ich hätte die Wachen rufen und ihn wegen Belästigung festnehmen lassen sollen."
    Sie bemerkte, dass sie immer noch meckerte und sorfte dafür, dass ihr Gesicht sich entspannte. Sie überlegte einen Moment und entschied sich zu setzen, damit sie nicht noch einmal angerempelt wurde.
    "Hast du dir wehgetan?"

    "Darf eine Nichte denn nicht einfach mal so mit ihrem Onkel quatschen wollen?" fragte sie zurück und grinste, weil er ihr nicht glaubte.
    Metellus machte sich jetzt also nützlich. Marcella lächelte und musste an Fabricianus denken, der sich wohl immernoch nichtsnützig herumtrieb und einer Frau nach der anderen den Kopf verdrehte. Ob er wohl jemals dem Vorbild seines Bruders folgen können würde?
    Marcella tat ertappt, als ihr Onkel über seinen Scherz lachte, und winkte genervt ab.
    "Ja, aber diesmal war ich schlau genug und habe ihnen die Aufgabe erteilt, nicht wieder zu mir zu kommen, ehe sie mir eine wertvolle Perle oder dergleichen von seinem Grund mitbringen können."
    Marcella zwinkerte und stubste ihrerseits ihren Onkel in die Seite, die ausnahmsweise mal nicht von seinem Panzer geschützt wurde. Dann ging es jetzt also um den heißen Brei.
    "Es war gar nichts so Besonderes. Ich war nur mal wieder auf dem Markt und habe meine Lieblingsläden mit einem Besuch geehrt. Du hättest sehen müssen, wie sie mit mir feilschten, um mir kostbare, weiche Stoffe anzudrehen. Für die allerschönsten Tunikas, sagten sie und machten mir einen lächerlichen Preis, weil sie den Prätorianerpräfekten nicht verärgern wollen. Als sie hörten, dass ich mein Handgeld für diesen Monat schon ausgegeben habe (ich habe dir doch erzählt, dass ich einen großen Teil einem guten Zweck gestiftet hatte), da sind sie sogar noch weiter runtergegangen, weil sie glaubten, ich würde nur handeln wollen. Sie schienen rein gar nicht verstehen zu wollen, dass ich als deine Nichte nicht mal diese paar Sesterzen übrig hätte, um ein wenig Stoff zu kaufen..."
    Wie listig! Im Laufe ihrer Erzählung hatte sie ihren guten Onkel mal hilflos, mal frech und dann wieder mit einem Schmollmund angesehen, der berühmt berüchtigt war. Jetzt sah sie ihn mit ihren großen Augen lieb an, lächelte ein wenig und verging beinahe vor Hoffnung, dass Crassus die Moral von der Geschicht erfasste und sich zum wiederholten Male (das wie vielte Mal wohl allein diesen Monat?) weichklopfen ließ.

    Mimithe und Marcella wären zusammen beinahe verrückt geworden, droben in ihrem Cobiculum. Obwohl sie in den vergangenen drei Tagen mehrere Beratungen abgehalten hatten, was Marcella tragen sollte, war an diesem Morgen alles durcheinander geraten, was Marcella sich nicht eingestanden hatte.
    Als der Sklave jedoch vermeldete, dass Mela gekommen war und auf sie wartete, ging alles ganz schnell. Mimithe hatte die letzten Handgriffe getan und ihr zum Abschied viel Spaß gewünscht, obwohl sie traurig war, dass sie nicht mitkommen durfte.


    Also betrat Marcella in eine dunkelblaue, recht locker fallende Tunika und einen dünnen gelben Mantel gehüllt das Atrium, das von den Stimmen ihres Onkels und der ihres Besuches abwechselnd erfüllt wurde. Sie bekam gerade noch Melas letzten Satz mit.
    "Guten Morgen, Onkel! Guten Morgen, Mela!" grüßte sie beide herzlich lächelnd, dabei aber neugierig musternd. Von Mela sah sie zu Crassus, zu dem sie ebenfalls wegen ihrer geringen Größe aufsehen musste. Sein Blick wirkte nachdenklich. Er hatte doch wohl nichts gegen ihren Tagesplan einzuwenden?

    Zitat

    Original von Gaius Caecilius Crassus
    Na das will ich für sie auch hoffen, sonst werd ich hächspersönlich deren Haus abbrennen müssen. antwortete Crassus grinsend.


    Er sah, bei ihrer Frage zu Seia und dann wieder zu sich. Nicht viel, bei der Hitze kann man ja nicht wirklich viel tun. Bisschen entspannen und hoffen, dass es bald kühler wird. Viel mehr hab ich nicht getan... aber warum fragst du? Was hast du angestellt? scherzte er und stubste sie in die Seite.




    "Nur so..." antwortete Marcella und lächelte unschuldig, auch wenn ihre Nasenspitze die Illusion aufgab, dass das Mädchen irgendetwas im Schilde führte.
    "Ich hab dich nur hier sitzen sehen und mir gedacht, ich leiste dir ein wenig Gesellschaft und erzähle dir vielleicht, was ich heute bislang erlebt habe."
    Zuerst aber musste sie ihn noch ein wenig um den Finger wickeln.
    "Aber das hat Zeit, es ist nicht so wichtig. Gibt es denn irgendetwas Neues? Von der Familie vielleicht?"

    Erschrocken entzog Marcella ihrer Sklavin ihr Handgelenk, aber im nächsten Augenblick musste sie schon wieder grinsen.
    "Vergiss nicht, du bist hier in Rom, also musst du dich auch den römischen Sitten beugen. Das bedeutet, dass es zum Frühstück kein Menschenfleisch gibt. Und überhaupt gibt es erst irgendetwas zu Essen, wenn du es noch schaffen kannst mich ordnungsgemäß zu schminken."
    Marcella lockerte sich an einigen Stellen das Haar und presste amüsiert die Lippen aufeinander. Hatte ihr Bruder ihr also Geschichten erzählt, um ihr Angst vor den Germanen zu machen. Sie hätte es wissen müssen, dass er sie auch damit nur gern aufgezogen hatte.

    Marcella nickte, um anzudeuten, dass Mimithe mit ihren Vermutungen genau richtig lag und seufzte hinterher. Natürlich stellte sie sich häufig die Frage, wer einmal ihr Ehemann sein würde. Aber dabei vermied sie den Gedanken an Fettringe und Wurstfinger oder Lieblosigkeit und Arroganz. Sie musste Crassus Urteil vertrauen, da blieb gar nichts anderes übrig.
    "Noch ist es ja nicht so weit" versuchte sie sich selbst Mut zuzusprechen und sah Mimithe an, dachte dabei kurz an Mela. Dann kniff sie die Augen ein wenig zusammen und wirkte wie ein schmollendes Kind.
    "Und außerdem sollst du mir kein Kopfzerbrechen bereiten, sondern mich aufmuntern...."
    Marcella lächelte gequält und versuchte sich so eine Hose vorzustellen. Wie unbequem, war ihr erster Gedanke, und ihr zweiter: wie unschicklich!
    "Ihr Germanen seid schon ein komisches Volk..."

    "Ich habe ja nicht gesagt, dass ich es für ausgeschlossen halte, dass..." begann Marcella, sah dann kurz Mimithe an und machte eine abwinkende Handbewegung.
    "Nein, ich bin nicht verliebt und ich werde mich so schnell auch nicht verlieben. Du weißt, weilche Pläne mein Onkel für mich hat."
    Selbstverständlich, dass ein Mädchen wie Marcella sich deshalb nicht verliebte. Sie traute sich selbst was das betraf nicht über den Weg und glättete sittsam ihre Palla, als müsse sie sich ablenken.
    "Hose? Was ist das?"
    Marcella war sich sicher, dass sie mit solch einem Begriff nichts anzufangen wusste. Selbst römische Männer trugen keine Hosen soweit sie wusste, also, was hatte es damit auf sich?

    Ganz hin und weg von ihm? War sie das wirklich? Marcella dachte einen Moment nach und schmunzelte dann. Er war wirklich nett gewesen. Aber wer würde sich nur wegen eines gemeinsam verbrachten Nachmittages gleich verlieben? Zumal, Mimithe sprach es gerade aus, Mela ja erst eine Liebe verloren hatte.
    "Nein, ich bin nicht verliebt. Red keinen Unsinn, Mimithe" gab Marcella zurück und meinte das auch so.
    "Ich kenne ihn doch gar nicht. Aber ich bin froh, seine Bekanntschaft gemacht zu haben. Mal sehen, wie er so ist und was daraus noch wird."
    Marcella lächelte und wurde einen Moment lang nachdenklich. Was Crassus dazu sagen würde, wenn sie ihm von ihrer Begegnung vom Nachmittag berichtete?
    Mimithes panischer Aufschrei riss sie jedoch sogleich wieder aus ihren Gedanken. Marcella kicherte und sah Mimithe amüsiert an.
    "Mimithe, ganz ruhig. Es sind noch drei Tage bis dahin" tat sie souverän, erhielt dieses Schauspiel auch noch ganze 15 Sekunden lang aufrecht, dann schlug sie beide Hände auf ihre Knie und machte große Augen.
    "Und was, wenn ich nichts finde?! Was trägt man denn, wenn man lernen möchte, wie man auf einem Pferd reitet? Mimithe, weißt du das?"

    Abwechselnd ernst und dann wieder dem Kichern nahe verfolgte Marcella Melas Reaktion auf ihre geschwollene, kleine Rede, bis er sogar einen Handkuss andeutete. Damit war das kleine Schauspiel wohl perfekt. Marcella lächelte, wie auch er ihr zulächelte und strich sich bei seinem Abschiedsgruß die Haare hinters Ohr zurück, ehe sie ihm noch einen Moment lang lächelnd nachsah.
    "Vale" verabschiedete sie ihn und seufzte still. Dann schob sich Mimithes Kopf schräg in ihr Blickfeld und ihr Grinsen und das Zuckeln mit den Augenbrauen brachte Marcella zum Lachen.
    "Pssssscht!" machte sie, indem sie sich den Finger auf den Mund drückte und zu Mela schielte, der ihr Lachen nicht mehr gehört hatte. Dann sah sie wieder zu Mimithe, hob beide Augenbrauen und grinste die Sklavin verwundert und frech zugleich an, nur um sich dann ohne ein weiteres Wort zu verlieren herumzudrehen und im Haus zu verschwinden.

    Marcella wusste das fragende "Und?" ihrer Sklavin zuerst gar nicht zu deuten, zumal sie zugegebener Maßen gerade an Mela dachte und über ihre Begegnung abermals ins Schmunzeln geriet. Als sie jedoch zweifelsohne auf genau diesen Mela anspielte, sah Marcella ihrer Sklavin mit schief gelegtem Kopf und gesund rötlichen Wangen zu, ehe sie leise kicherte und den Zipfeln ihrer Palla zusah, wie er hin und her flog.
    "Er ist nett, nicht wahr?" fragte Marcella relativ sachlich, verharrte einen Moment und grinste Mimithe plötzlich an.
    "Und ich glaube, er mag mich!"
    Natürlich mochte er sie, das hatte sie ihm ganz genau angemerkt. Andersrum sicherlich auch.
    "Meinst du, er wird tatsächlich in drei Tagen hierher kommen, um mich mit vor die Stadtmauern zu nehmen?"

    Marcella erklomm die erste Stufe der Treppe und blieb erst dann stehen. Mimithe wartete hinter Mela, wie immer ohne auch nur einen Wink ihrer jungen Herrin abzuwarten. Natürlich verstand sie seine Bedenken und so war sie nicht enttäuscht. Sie lächelte nur und nickte einmal, ehe sie die Augen ein wenig zusammenkniff und Mela gespielt abschätzend musterte.
    "Na gut. Du hast was an dir, das mich dir vertrauen lässt. Noch." witzelte sie und gebrauchte abermals absichtlich in etwa seine Wortwahl. Sie war sich sicher, er würde sie nicht hängen lassen, sonst hätte er ihr nicht sein Versprechen gegeben.
    "Vielen Dank für diesen abwechslungsreichen Nachmittag, mein vertrauenswürdiger Retter, der du mich vor dem sicheren Müßiggang bewahrtest" sprach Marcella geschwollen wie eine der Göttinnen einer griechischen Sage leise und zwinkerte Mela zu.
    "Also dann, Petronius Mela. Komm gut nach Hause und vergiss nicht, ich werde zur dritten Stunde in drei Tagen hier auf dich warten."

    Nun war Marcella berührt und lächelte den Petronier froh an. Ob er das wirklich ernst meinte und am Abend an sie denken würde? Dieser Gedanken ließ ihr beinahe eine zarte Röte ins Gesicht steigen, doch da räusperte sich Mela und setzte sich gleichsam mit Marcella wieder in Bewegung. Hin und wieder sah sie zu ihm, musterte sein Gesicht und fragte sich woran er wohl gerade dachte, bis schließlich die Casa ihres Onkels in Sicht gerient. Marcella blickte nach vorn, schmunzelte und nahm sich wieder einen Zipfel der Palla, um den Stoff hin- und herzuschlagen.
    "Ja, das ist das Haus meines Onkels. Ein schönes Haus, nicht? Magst du einen Moment mit reinkommen?"

    "Der Gedanke hat etwas für sich..." erwiderte sie und dachte an das legendäre Reitervolk von Frauen zurück, das zu Zeiten Trojas in den Steppen und Wäldern gelebt haben soll. Einer Frau zur heutigen Zeit erschien das ziemlich wild und irgendwie auch unmöglich, aber Marcella wäre sicherlich eine von ihnen gewesen. Vielleicht. Vielleicht auch nicht.
    Sie gingen schweigsam eine Weile, aber auf Marcellas Lippen ruhte fortwährend ein Schmunzeln. Natürlich verbrachte sie nicht täglich Stunden in den Straßen, um nach gebrochenen Figuren zu suchen und diese wieder aufzupeppeln. Die Idee allerdings hatte ihren Witz und sie überlebte, ob Mela es so aufgefasst hatte, als würde sie allen und jedem helfen. Sie hoffte nicht, zumal sich Menschen helfen lassen wollten, sonst konnte auch eine Marcella mit einem herzerweichenden Lächeln nichts ausrichten. Und so verbissen war sie nun wirklich nicht dahinter her. Ihre Gedanken bereitete ihr Spaß.
    Sie passierten die ersten Wohnhäuser. Es war nicht mehr allzu weit bis hin zur Casa Caecilia. Da sprach Mela und bestätigte Marcella die Hoffnung, dass er ihm der Nachmittag genauso gut gefallen hatte wie ihr. Sie lächelte ihn ehrlich an, überlegte einen Moment und legte dann den Kopf schief.
    "Dann lass es lieber. Du tust dir damit keinen Gefallen."
    Damit hatte sie ihn zitiert. Vielleicht erkannte er ja seine eigenen Worte. Einen Moment hielt sie ihn musternd inne.
    "Ich wäre traurig, wenn du mich und unsere Verabredung einfach so vergessen würdest. Und wenn du nachher doch nicht anders kannst, so schreib dir zumindest eine Notiz, dann kann ich dich in drei Tagen wieder aufmuntern."

    Marcella schmunzelte, während er mit Ehrlichkeit ihre "Geschichte" abspulte und fühlte sich geehrt von dem, was er über sie sagte. Seine lustige Bemerkung quittierte sie mit einem kecken Lachen, dann wandte sie sich ihm zu und tat ganz bescheiden, wenn auch ihre Augen gaunerisch blitzten.
    "Gut möglich. Dann bringst du mir eben bei, wie ich mit Waffen umzugehen habe."
    Sie lächelte, hielt ihre Nase in eine frische Brise und sog die Luft tief ein. Sie verließen den Markt gerade, da kam einem die Luft gleich weniger verbraucht vor.
    "Du brauchst dich nicht zu bedanken. Ich hätte zwar nicht jedem seinen Geldbeutel zurückgegeben, da warst du wegen deines freundlichen Gesichtes wegen wohl mal eine Ausnahme", witzelte sie und grinste deshalb kess, "aber es fällt mir schwer Leute zu sehen, denen offensichtlich etwas auf dem Herzen liegt. Und wenn einer jemandem Fremdes etwas anbietet, dann tut er es, ohne irgendeinen Dank zu erwarten."
    Sie zwinkerte. Ihre Mutter war ihr da sehr ähnlich gewesen. Seltsam, was für Eigenschaften weitergereicht wurden und was für welche nicht.