Beiträge von Marcus Tiberius Gracchus

    Hätte Gracchus einen Sohn gehabt, hätte er ihn aufjedenfall dazugedrängt der Prima beizutreten, sich einen Namen zu machen und danach in die Politik zu gehen. Dem Wink des Flavius nach zu schließen, gab es jetzt bestimmt die Hauptspeise. Obwohl Gracchus auf Diät war, würde er wohl trotzdem kräftig zulangen. Was kümmerte ihn schon sein Arzt.


    "Dann gibt es wohl noch einen weiteren Grund für deine Ernennung zum Senator."


    Mit Claudia verlobt. Soso. Gracchus hatte sie nie gut gekannt, schließlich unterschieden sich ihre Laufbahnen sehr voneinander. Außerdem war er ein Stück älter als Claudia.


    "Wie lange bist du schon mit ihr verlobt?"

    Oha. Sohn des berühmten Senators. Flavius Felix. Gracchus hatte viel von ihm gehört. Persönlich kannte er den Senator nicht, aber er würde hoffentlich noch seine Bekanntschaft machen.


    "Ich nehme an, dein Vater hat dich zu einer solchen Laufbahn gedrängt, Flavius?"


    Tiberia Claudia. Wer war das doch gleich. Gracchus Gedächnis wurde alt. Ahja.


    "Claudia... Claudia... Eine Cousine von mir. Warum fragst du?"

    "Intressant, Intressant."


    Eine Dissertation also. Gracchus hatte eher zu sich selbst gesprochen, als zu dem Flavius. Nun widmete er sich einer kleinen Schale mit Oliven.


    "Dann hoffe ich für dich, dass du bald in den Ordo Senatorius erhoben wirst und die weitere politische Laufbahn bestreiten kannst. Sag, wer ist dein Vater, Flavius?"


    Er schluckte ausversehen den Kern einer Olive mit hinunter.


    "Soso, in der Prima. In meinen jüngsten Jahren war ich auch dort. Noch vor Picentia."

    Kein Wunder. Tarraco ist groß. Und so neu war er nun wieder auch nicht. Die Bedienung brachte noch einen Becher für Gabor und schenkte ihm auch einen Becher Wein ein. Gracchus genoss derweil seinen Wein.


    "Nein, ich bin nicht neu. Nur man kann nicht alle sehen oder kennen."

    Gracchus war ebenfalls anwesen, hinter den Vorhängen seiner Sänfte verborgen. Noch bevor der Regionarius ging, schob er den Stoff zur Seite und rief zu ihm.


    "Regionarius, wie konnte die Statue sichergestellt werden? Er wird sie schließlich nicht dauerhaft mit sich getragen haben! Und wie gelang es dir den Täter zu fassen? Welche Spuren und Beweise haben auf ihn verwiesen?"


    Schließlich konnte es auch sein, dass der Regionarius einfach einen beliebigen Mann hergenommen hatte, der ihm in einem kleinen Dorf in den Bergen begegnet war und diesen als den Täter bezeichnet hatte. Und vielleicht hatte er einfach eine neue Statue anfertigen und in den Tempel stellen lassen. Das hatte Gracchus zwar noch nicht erlebt, aber möglich war es.

    Gracchus ließ sich ein Stück in Honig eingelegte Birne auf der Zunge zergehen und hörte derweil seinem Gegenüber zu. Vielleicht sollte er den Koch dem Flavier abkaufen. Wobei, der tiberianische Koch war auch ziemlich gut.


    "Das hast du richtig erkannt. Ich habe den Posten des Aquarius im Auge, später vielleicht in die städtische Verwaltung. Ich setze mir da nicht so genaue Ziele."


    Er schob sich eine Traube in den Mund.


    "Was hast du noch vor, in deinem Leben, was sich noch längst nicht dem Ende zuneigt?"


    Er hatte erfahren, dass der Mann, bei dem er heute speiste, schon Aedil gewesen war.


    "In der Politik warst du schließlich bereits erfolgreich. Hast du dem Heer angehört?"

    Gracchus griff zur Genüge zu. Vorzügliche Trauben. Und die Datteln waren auch nicht schlecht. In Hispania lief gerade die Weinernte an, daher waren die Trauben noch frischer und schmackhafter als die sonst. Auch das süße in Honig eingelegte Obst sprach Gracchus an.


    "Ich bin der Politik nicht abgewandt, allerdings denke ich, dass viele Tiberier zu früh in die Politik einsteigen."


    Sein Bruder und seine eine Schwester waren schließlich auch schon in der Politik tätig. Und beide waren jünger als er.

    Gracchus nahm ebenfalls auf einer Kline Platz. Sie waren bequem gepolstert, sowie er es gewohnt war. Er verstand den Sinn der kurzen Pause der Musikanten nicht, aber das war auch egal. Hoffentlich hatten die hier guten Wein.


    "Das selbe könnte ich dich fragen, Flavius."


    Gracchus zwinkerte. Die Flavier hatten sich schließlich auch immer mehr nach Roma zurückgezogen.


    "Nun, ich liebe das Klima in Hispania. Und was will ich es in Roma schön haben, wenn ich es in Hispania schöner haben kann?"


    Gracchus brachte ein Lächeln zu Stande. Er mochte den Frost nicht und hier in Tarraco würde es auch nicht soviel davon geben.

    Endlich konnte Gracchus platznehmen. Seine mittlerweile schmerzenden Beine, die das lange Stehen nicht gewohnt waren, erholten sich. Er würde wohl ein wenig trainieren müssen. So konnte das schließlich nicht weitergehen. Sein Arzt hatte ihn auch schon auf eine Diät gesetzt, die Gracchus aber nicht im Geringsten befolgte. Er streckte die Beine aus und kreuzte sie. In Ruhe legte er sich seine Antwort zusammen.
    Als der Magister wieder eintrat, antwortete er sogleich.


    "Wasserleitungen werden werden aus Blei-, Holz oder Steinrohren gebaut. Für die Stabilität sorgt ein steinerner Umbau. So auch beim Aquädukt. Dieses besteht aus mehreren Stockwerken, in jedem Stockwerk befinden sich eine oder mehrere Leitungen. In Jeder Leitung fließt Wasser aus einer anderen Quelle. Solange es geht, liegt der Anfang der Leitung immer über dem Endpunkt, allerdings darf nie ein Teil der Leitung über dem Anfangspunkt liegen. So können auch kleinere Steigungen überwunden werden. Dieses Prinzip ist besonders gut um Quellwasser aus den Bergen in die weit darunter gelegenen Städte zu transportieren."


    Wahrscheinlich hatte er jetzt nicht auf alle Fragen geantwortet, aber gezeigt, dass er ein gewisses Wissen besaß.

    Von dem Sklaven wurde Gracchus ins Triclinium geführt. Schnell hatte er den Raum gemustert und war zu dem Schluss gekommen, dass er heute wahrscheinlich noch besser eingerichtet worden war. Er trat auf ein paar Schritte an den Gastgeber heran.


    "Salve, Flavius Furianus!"

    Gracchus folgte dem Sklaven. Nebenbei betrachtete er die Villa genau. Sie war so eingerichtet, wie man es von einer Familie des Ordo Patricus Maior erwartete. Fast wäre Gracchus gestolpert, da er nicht auf den Boden schaute, was sowieso recht schwierig war. Seine Füße sah er nur selten, da der Bauch im Weg war. Zum Glück hatte ihn ein Sklave vorsorglich gehalten, so stand Gracchus immer noch auf beiden Beinen. Schon im Atrium hörte man die Musikanten aus dem Triclinium.




    Marcus Tiberius Gracchus
    Tarraco
    Provincia Hispania



    NorEILBRIEF


    Quaestor Consulum Manius Tiberius Durus
    Villa Tiberia, Roma
    Provincia Italia


    M. Tiberius Gracchus M. Tiberio Duro s. d.


    Salve Bruder!
    Ich möchte dir als erstes zur Wahl zum Quaestor gratulieren. Ich bin mir sicher, dass du der Gens Tiberia Ehre machen wirst! So hoffe ich doch auch, dass du die weitere Laufbahn des Cursus Honorum bis zum Consul bestreiten wirst! Ich glaube an dich, und ich werde dich so gut wie es mir möglich ist unterstützen, das solltest du wissen. Desweiteren wollte ich dir schreiben, um mal zu erfahren wie es dir so geht in Roma. Was hast du beruflich vor dem Cursus Honorum gemacht und wie sieht es bei dir mit dem weiblichen Geschlecht aus? Ich habe mich mittlerweile in Hispania niedergelassen und werde hier wohl in die Laufbahn der Verwaltung einsteigen. Ich würde mich freuen, wenn du zurückschreibst.


    Dein Bruder, Gracchus


    In der tiberianischen Villa hatte sich Gracchus noch kurz umgekleidet. Er trug nun eine neue Tunika, die alte war wegen dem Opfer verschwitzt gewesen. Die Toga mit den Blutflecken des Hasen hatte er auch ausgezogen und sich eine neue anlegen lassen. Eine schöne gebleichte Toga. Er Sklave klopfte schon an die Porta, als Gracchus noch nichteinmal aus der Sänfte gestiegen war.

    Langsam schritt Gracchus zu seiner Sänfte. Schon längst wieder in Gedanken versunken, setzte er sich in seine Sänfte. Leider stieß er dabei gegen das hölzerne Dach. Sofort gab er einem herumstehenden Sklaven eine Ohrfeige, als ob es dessen Schuld gewesen wäre. Dann setzte sich die Sänfte in Bewegung.

    Gracchus fasste sich ans Kinn, als der Sklave erneut aufkreuzte. Eine Stunde. Er würde sich eine neue Toga anziehen müssen und sich kurz waschen. Doch das kam hin. Die Villa der Tiberier war nicht weit, und die der Flavier lag wahrscheinlich im selben Bezirk. Auf ein Nicken von Gracchus hin, ergriff sein Sklave wieder das Wort.


    "Mein Herr wird kommen."

    Auch Gracchus hatte sich gerade auf den Weg zu seiner Sänfte gemacht. In Gedanken schmiedete er Pläne, wie er die Träger grausam quälen konnte für ihre Verspätung. Aber der Sklave riss ihn aus seinen Gedanken.
    Soso, also wirklich ein Flavier. Flavius Furianus. Den Namen hatte Gracchus schonmal gehört. Der war schon im Cursus Honorum aktiv. Wie Furianus, überließ auch Gracchus einem Sklaven das Sprechen. Mit solch niederen Dingen musste er nicht reden.


    "Du kannst deinem Dominus ausrichtet, dass die Sänfte Marcus Tiberius Gracchus gehört."

    Als der die Straße mit Blicken nach seiner Sänfte absuchte, entdeckte er eine andere Sänfte. Dem Wappen auf den Vorhängen nach zu schließen eine flavische. Wahrscheinlich würde Gracchus also jetzt gleich auf einen Flavier treffen. Er wusste garnicht, dass noch andere Patrizier hier in Tarraco lebten. Da sah er seine Sänfte auf der Straße kommen. Er warf den Sklaven einen wütenden Blick zu, den diese aber wahrscheinlich garnicht erkennen konnten.

    Das Mahl wurde im freien aufgetragen. Eine kleine Holzterasse, die langsam morsch wurde, war vor Ewigkeiten am Strand gebaut worden. Das Wasser plätscherte gegen die Holzpfosten, auf denen die Terasse stand. Einige Holzmöbel wurden auf das Holz getragen und mit Kissen gepolstert. Gracchus ließ sich in einem weichen Sessel nieder, entgegen seiner Gewohnheiten. Zog er doch normalerweise eine Kline vor. Das Mahl wurde von einige Sklaven aufgetragen. Gebackene Birnen und gefülltes Gemüse vom Grill waren die Vorspeise. Es mundete Gracchus vorzüglich, und so ließ er den Hauptgang kommen. Am Spieß gebratenes Huhn und gegrillter Fisch, mit Garum garniert. Wachteleier, Saucen und Früchte als Beilage. Hiermit war der Hausherr schon länger beschäftigt. Das alles waren seine Lieblingspeisen, die Sklaven wussten also wie sie ihn verwöhnen konnten. Von den beiden bisherigen Gängen blieb immer die Hälfte mindestens übrig, schließlich waren die Gerichte auch für zwei Personen gekocht, damit es dem Herrn auch an nichts mangelte. Die Sklaven würden die guten Reste aufheben und die anderen selbst verspeisen. Der Nachtisch bestand aus aufgeschnittener Melone mit Erdbeeren, die extra importiert worden waren. Es war nur eine magere Portion, da es nicht besonders viele Erdbeeren momentan gab. Diese wenigen hatten Gracchus schon viel gekostet. Zum Glück hatte er sowieso nicht mehr soviel Hunger, so reichte die kleine Portion eben auch. Als alles abgeräumt war, saß Gracchus alleine mit einer Kanne, die mit weißen Falerner gefüllt war, in seinem Sessel und spülte die Reste des Essens hinunter.