Beiträge von Aintzane

    "Da stimme ich mit dir überein. Absolut.", meinte Aintzane und stich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
    "Christen? Man sagt, sie wären schädluich für das römsiche Reich. Deshalb können sie gar nicht so schlecht sein.", lächelte Aintzane.
    "Agressive Stimmung? Das heißt, du bist entweder ein Christ, der von den Römern bedroht wurde, oder ein Christenhasser, der von den Christen bedroht wurde. Welches von beidem stimmt nun?"

    "Nun, wenn du das sagst, kann ich auch genau so gut sagen, die Pyrenäen, meine Heimat, wären der schönste Platz der Welt. Doch stimmt das? Das weiß keiner. Aber ich glaube zu wissen, dass dies für mich der schönste Ort der Welt ist. Es gibt hohe Berge, klare Gebirgswässer, Schnee und Wüste, Weiden, Moore und Almen. Vielleicht ist es nicht schöner wie Korinth... nur anders." Den letzten Satz sagte sie auf Griechisch, das lateinische Äquivalent wollte ihr partout nicht einfallen.


    Sie schmunzelte, als sie seine stolzen Worte hörte. "Ist deine Meinung von den Römern im Allgemeinen so? Auch ich habe schon viele ignorante, unwissende Leute getroffen. Und nicht alle von denen waren Römer." Dann machte sie eine Pause und lächelte in sich hinein. "Aber schon die meisten."


    Die ruhigen Worte des Griechen brachte sie dazu, die Frage zu beantworten, ohne ins Jammern oder Schimpfen zu kommen.
    "Meine Herren sind ganz in Ordnung, glaube ich... aber es ist die Unfreiheit. Die Gebundenheit. Die Unfähigkeit, irgendetwas tun zu können, wonach man Lust hat. Die absolute Aussichtslosigkeit, zu fliehen. Das Gefühl der Heimatlosigkeit. Du weißt wenigstens, dass Korinth noch steht... ich habe seit 14 Jahren nichts mehr von meinem Heimatdorf gehört.
    Ich bin hier, weil ich einen freien Nachmittag habe. Ausnahmsweise.


    Sag, was trieb dich von deiner Heimat fort?"

    "Korinth... die Mutter meines Lehrers Oligos, der selber Mysier ist, kam aus Korinth.", sagte Aintzane auf Griechisch, stolz darauf, endlich von ihrer Sprachbegabung Gebrauch machen zu können. "Es soll sehr schön dort sein."
    Bei seiner Frage bemerkte Aintzane mit einem traurigen Blick in ihren Augen: "Ich bin Sklavin." Sie merkte, dass die Konversation auf Latein dann doch viel einfacher ging, ihr Griechisch war schon etwas rostig. "Ich merke doch, dein Latein ist viel besser als mein Griechisch. Trotzdem freue ich mich, dass ich endlich wieder einmal einen Griechen treffe."

    "Mich hat es auch sehr gefreut... wenn es die Götter wollen, werden wir uns wieder sehen! Agur...", verabschiedete sie sich und wandte sich vom Stand ab, wieder ins Menschengewühl hinein.

    Aintzane blickte auf und sah das Gesicht eines Mannes vor ihr, den sie nicht kannte, aber trotzdem schwang in seiner Stimme ein vertrauter Akzent mit... der eines Griechen. Vorsichtshalber aber antwortete sie ihm auf Latein.
    "Ach, nichts, danke für die Frage." Dann machte sie eine kurze Pause. "Oder doch. Diese Umgebung ist so ungewohnt für mich. Ich kenne hier niemanden. Hier ist nichts, was mich an meine Heimat erinnert. Ich kenne niemanden, und mein Stand erlaubt es mir nicht, mich gründlich mit meiner neuen Wohnstätte auseinanderzusetzen.", sagte sie und seufzte.

    Aintzane, die nun aus Erfahrung gelernt hatte, dass man besser genauer nachhacken sollte, fragte: "Und welcher Natur sind die Gespräche? Geschäftlich, politisch, religiös?"
    Da kam ihr noch etwas in den Sinn. "Sag, Detritus, deinen Namen kenne ich doch... dir gehört nicht zufälligerweise ein Sklave namens... ähm... Smeagol?"

    "Unschöne Zusammenstöße"? Aintzane dachte sich ihren Teil dabei, aber sie fragte einfach nicht weiter.
    ""Leicht anderer Ansicht" klingt nicht sehr positiv... ich hoffe nur, dass sich eure Familien bald wieder besser verstehen.", meinte Aintzane.
    "Sturheit ist doch keine schlechte Eigenschaft! Sie verleiht Willenskraft, und der Wille versetzt Berge! Oder war das der Glaube...? Egal, wo ein Wille ist, ist auch immer ein Weg!"

    Es klopfte. Welch Überraschung. Aintzane stieß einen wenig damenhaften grummelnden Laut aus, holte tief Luft, setzte ein nettes Lächeln auf und öffnete die Tür. Draußen stand ein... vollschlanker, gesetzter Mann mittleren Alters. Sie glaubte nicht, dass es ein Patizier war, aber auf jeden Fall ein gut situierter Plebejer.
    "Salve! Willkommen in der Casa Claudia. Wie heißt du und was ist dein Anliegen?", leierte sie das Sprüchchen, das sie sich zusammengebastelt hatte, vor dem Römer herunter.

    "Die Valerier? Von denen habe ich noch nichts gehört. Sind das Patrizier, dass sie dich so überhaupt nicht leiden können?"
    Bei seiner letzten Ansage musste sie kichern. "Dass du soviel Sturheit in dir hast, das glaube ich dir gern! Lass dich nicht unterkriegen."

    Aintzane (die wohl jedem einzelnen Lebewesen in ganz Rom nachlaufen musste X( ) sah in ihren Augenwinkeln, dass sich der Hund auf und davon machte. Sie setzte ihm mit einem grazilen, gazellenartigen Sprung nach und fasste ihn. Er leistete, den Göttern sei Dank, keinen Widerstand.
    In dem Augenblick sah sie, dass die kaledonische Sklavin sich mit dem... nun... Wesen schon etwas entfernt hatte. Wiederum lief sie ihnen nach und rief, wie immer, wenn sie aufgeregt war, mit einem rauhen baskischen Akzent: "Wartet! Ihr habt den kleinen Hund vergessen!" Hoffentlich macht mir die Töle nicht in meine schöne Tunika, dachte sie sich dabei...

    Auch Aintzane kam des Weges, als sie plötzlich sah, wie sich eine Sklavin über einen Menschen beugte und... ein Mensch? Aintzane hatte noch nie eine so elende Gestalt gesehen, und er erinnerte sie eher an einen bösen baskischen Erdgott, einen Basajaun, als an einen Menschen.
    Da erkannte sie die Sklavin; es war die Sklavin, die Antipater begleitet hatte. Also ging sie hin und fragte: "Was ist denn hier los?"
    In dem Moment sah sie, wie neben dem Menschen... der Kreatur... ein Brief am Boden lag. Sie hob ihn auf und reichte ihn dem Wicht. "Ist das deiner?"

    "Nun, sicher sind die Griechen nicht Krone der Schöpfung." Aber bilde dir bloß nicht ein, dass du das bist, Römer, dachte sie sich.
    "Wieso sollte ich sie weggeben? Die gehört mir, und ich behalte sie. In Italia sagt man ja so schön: Basta!", verkündete Aintzane mit der Selbstverständlichkeit einer baskischen Häuptlingstochter.
    Dann blickte sie auf seine neue Kette. "Eine schöne Kette hast du da. Aber diesen Stil habe ich noch nie gesehen."

    "Ein gutes Gesprächsthema. Da geht einem nie der Stoff aus.", meinte Aintzane, während sie zu Nordwin hinsah und die Augen verdrehte.
    "Ich darf dreimal raten? Schön... Ich, du, Assindius?"

    Aintzane musste trotz ihrer misslichen Lage leise lachen.
    "Du bist jetzt vielleicht schon der 1000. Mensch, dem ich je begegnet bin und der meine Sprache sonderbar findet. Es ist baskisch, diese Sprache wird am Golf von Biscaya und in den Pyrenäen gesprochen, dort, wo ich herkomme."

    Am Boden sah Aintzane plötzlich etwas glitzern. Eine halbe Sesterze. Blitzschnell hob sie sie auf und war froh, nun das Geld für eine Fibel zu haben. Sie legte das Geld auf die Theke und bedeutete dem Verkäufer, ihr die Fibel zu geben, was er auch tat. Sie steckte sie sich gleich an den Umhang.
    "Nun, im Osten spricht man ja Griechisch... aber du hast recht, mit Latein ist man überall gut aufgehoben.
    Sag, wie steht mir die Fibel eigentlich?"

    Irgendwie ärgerte sich Aintzane, dass sie in ihrem Leben nie die Gelegenheit gehabt hatte, sich ein paar Wörter Germanisch anzueignen, aber sie nahm einfach einmal an, dass die beiden nichts sagten, was von Belang war.
    "Keinen Kopf machen..." Unwillkürlich schoss ihr ein Bild durch den Kopf, nämlich das eines Töpfers, der einen Menschenkopf modellierte... aber Aintzane bekam mit, was er meinte.
    "Danke für die Aufmunterung... aber ich weiß nicht, ob die Römer so rational denken. Die brauchen immer jemanden, auf dem sie herumtrampeln können.", ein gewisser Unterton der Hoffnungslosigkeit schwang bei ihren Worten mit.