Beiträge von Nikolaos Kerykes

    Der Anwärter für den Posten war ein harter Geschäftsmann. Diese Eigenschaft schätzte Nikolaos meist, aber in dieser Situation war sie ihm lästig.


    "Wie lange die Probefahrt dauert, hängt davon ab, wie schnell ich alles sehe, was ich sehen muss."


    Auch Nikolaos verzog keine Miene.


    "Du verlangst viel. In Alexandrien warten tausend Kapitäne ohne Heuer, derer ich von dem Tageslohn, den du veranschlagst, ein halbes Dutzend anheuern könnte."


    Er ordnete einen Stapel Papiere und Wachstafeln auf seinem Arbeitstisch, als habe er in einem Augenblick den Besucher vergessen. Dann sah er diesen wieder an.


    "Du verlangst viel, und ich werde dir viel geben. Aber auch ich verlange von dir mehr, als ich von einem dahergelaufenen Schiffsführer verlange: Treue und absolute Zuverlässigkeit."


    Er räusperte sich.


    "Du bekommst sofort sechs Minen* auf die Hand. Mehr als ein Fünftel einer Mine kann ich dir für Wochen außer der Heuer nicht geben. Auf See bekommst du zu deinen zwanzig Drachmai dreißig hinzu, das ist eine halbe Mine. Damit bekommst du soviel in einer Woche wie ein gut bezahlter Rhetoriklehrer in Rom. Ist das in deinem Sinne?"




    Sim-Off:

    *=600 Drachmen

    Auch Nikolaos griff zum Glas. Seine dürren Finger umspielten die zarte Form des Trinkgefäßes. Er trank seinem Gast höflich zu. Thimótheos schien in einem angegriffenen Gemütszustand zu sein. Das sah Nikolaos ihm an. Etwas quälte den jungen Mann. Nikolaos versuchte, aufmunternd zu lächeln.


    Natürlich, Ánthimos - wie hatte er das vergessen können? Der Hausherr schalt sich selbst dafür. Daher rührte also das Unbehagen seines Gastes.


    "Nichts wünschte ich mir sehnlicher, als eine freundschaftliche Verbindung unserer beiden Häuser-", sagte Nikolaos höflich, als gäbe es das Problem mit dem jüngeren Bruder des Thimótheos nicht.


    "Dein Bruder ist ein erwachsener Mann, ein angesehener und verdienter Bürger der Stadt - er weiß, was er will und nichts läge mir ferner, dich ihm unseren gemeinsamen Willen aufzwingen zu machen."


    Freundlich, fast nachsichtig lächelte Nikolaos.


    "Ich verachte ihn im übrigen nicht, sondern bewundere ihn für seine Tüchtigkeit - diese Tugend scheint überhaupt eurer Sippe eigen zu sein."


    Wieder huschte ein feines Lächeln über sein Gesicht, das zart war - obgleich man ihm ansehen konnte, dass es nicht mehr jugendlich war, denn Schminke hatte der Hausherr nicht aufgetragen. Besonders in die Stirn und um die Augen hatten sich Falten eingegraben.


    "Verzeihe mir nun einen vielleicht kühnen und unschicklichen Vorstoß. Du sprachst von deinen Cousinen. Mir ist eingefallen, wie wir das freundschaftliche Band zwischen unseren Häusern stärken könnten - indem wir ein schwägerliches Band hinzufügten - sofern du gestattest - bisher ist es nur ein flüchtiger Einfall meinerseits. Eine deiner Cousinen, die ehrenwerte Emilia, ist nicht mehr die Jüngste und ledig - wie mein drittes Lebensjahrzehnt sich dem Ende neigt und auch ich noch ohne Hausherrin bin. Sicher überfalle ich dich mit diesem kühnen Vorschlag - überwinde den Schrecken und bedenke ihn gut."

    Nikolaos erhob sich nach Ende der Darbietungen.


    "Verehrte Gäste, verehrte Künstler! Nun, da alle ihr Bestes gegeben haben, den großen Hermes zu preisen, wird sich das Preisrichterkollegium zurückziehen, um zu einer Entscheidung zu kommen."






    Sim-Off:

    Sonst zieht es sich noch ewig hin ;). (Grinst verschämt ob seiner eigenen temporären Abwesenheit(en).

    Irgendwie fühlte sich Nikolaos von Thimótheos verspottet. Wusste er etwa, dass seine Schwägerin Nikolaos mehr in Entzücken versetzte als jeder hübsche Jüngling der Welt es täte (wobei Nikolaos hübschen Jünglingen keinesfalls abgeneigt war...)?


    "Er ist diesem Gymnasion eine wahre Blume. Allerdings werde ich mich hüten, solche Blumen zu pflücken; als Gymnasiarch ist es unanständig, Bürgern die Söhne zu rauben. Aber vielleicht möchtest du dich seiner annehmen, verehrter Thimótheos. Bei seinem Talent wäre es ein Jammer, wenn er keinen Gönner fände, der ihn unterstützt, seine Hand schützend über ihn hält und ihn von dem Unbill des Lebens bewahrt. Es wäre sehr bedauerlich, wenn ein Junge von solcher göttlicher Schönheit und solcher göttlicher Stimme sich dem Handwerk opfern müsste, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten."


    Leider wusste Nikolaos nicht, dass der gute Junge ein Sklave war. Er hätte vermutlich viel daran gesetzt, ihn zu kaufen.

    Nikolaos wollte sich ansehen, was Cleonymus aus dem Gasthaus gemacht hatte. Er war schon lange nicht mehr in dieser Gegend gewesen. Die Schänke erkannte er kaum wieder. Cleonymus hatte nicht nur die Wände frisch tünchen lassen, sondern auch Umbauten vorgenommen. Der großzügige Spender musste sich selbst gratulieren für die Idee, das Geschäft Cleonymus zu überlassen. Er selbst hätte keine Zeit gefunden, sich derart darum zu kümmern.


    Er ging schnurstracks in den Innenhof und bat den ersten Angestellten, der ihm über den Weg lief, den Besitzer des Gasthauses zu holen.

    Ein Diener brachte einen Brief und einen kleinen Beutel mit Geld.


    Marco Duccio Rufo, Domus Ducciana, Mogontiaco, Provincia Germania.



    Nikolaos Rufo S.P.D.



    Sehr danke ich dir für die Genesungswünsche. Meine Gesundheit als wiederhergestellt zu bezeichnen wäre übertrieben, aber sie ist auf dem Weg dorthin und schreitet schnell voran. Ein solcher Ritt, den d beschriebst, war sicher sehr anstrengend und unangenehm. Aber was wäre das Reisen ohne Unannehmlichkeiten?


    Du scheinst mir ein hoffnungsvoller junger Mann zu sein. Deine Stadt kann sich glücklich schätzen, dich als Ratsmitglied zu wissen. In deinem Alter (ich hoffe, das klingt nicht abschätzig. Das ist es keinesfalls - eher ein wenig neidisch, aber auf freundliche Art. Ich gönne dir das Glück deiner Jugend.) war ich selbst begierig nach neuen Aufgaben und voller Tatendrang. Ganz sicher werden deine Kollegen und die Bürger deiner Stadt deine Arbeit zu schätzen wissen. Wie bringt es doch eine Gemeinschaft voran, wenn neue, unverbrauchte Geister sie bereichern! Lasse dich von deinen Neidern nicht zerfleischen und schenke weder ihren düsteren Worten Glauben, noch den Schmeicheleien derer, die dich verunsichern und unvorsichtig machen wollen. Mir hast du weniger zu verdanken als dir selbst. Wichtiger als der Lehrer ist der Schüler und wichtiger als der Schüler ist der einstige Schüler, der das Gelernte auf sich selbst gestellt anwendet und dabei das Wissen mehrt - zu dem der Lehrer nur einen Grundstein für das Fundament beigetragen hat. Halte mich auf dem Laufenden, denn ich bin sehr gespannt auf das, was du noch erreichen wirst.


    Es ist ein Jammer, dass du kein Alexandriner bist. Sehr würde ich mich über junge Gesichter in den Reihen der Demagogen freuen, zumal ich selbst kein junger Kopf mehr bin. Daher möchte ich auch anderen die Möglichkeit geben, sich zu beweisen. Immerhin befinde ich mich mehr am Ende als am Anfang des dritten Jahrzehntes meines Lebens.


    Von wilden Bestien in den Wäldern eurer Gegend hörte ich schon oft. Kannst du Zeichnungen von ihnen anfertigen und Beschreibungen über ihre Lebensweise? Du hast also selbst wilde Tiere gefangen? Du musst sehr mutig sein. Oder ist dies etwas, was man bei euch lernt, wie bei uns das Lyraspiel, den Ringkampf und die Grammatik? Auch hier gibt es Männer, die Bestien fangen und zähmen. Täglich werden Löwen nach Rom verschifft. Jedoch sind diese Bestienhändler oft grobschlächtige Ägypter oder Nubier, keine Menschen von edlem Geist und klugem Verstand. Es scheint mir, als würden alte Tugenden im - wie ich es mir vorstelle -rauen Land deiner Väter mehr gepflegt als im verweichlichten Alexandria, wo seit Jahrhunderten ein König nach dem anderen alle Vorgänger darin übertrifft, die Alexandriner mit Wein zu beregnen und in Lustbarkeiten zu ertränken. Die Seide hat die Wolle abgelöst. Du müsstest mal nach Kanopos fahren. Ich schüttle den Kopf über solche Verdorbenheit - du würdest vermutlich kotzen.


    Danke mir nicht zu oft! Denn ebenso oft muss ich dir dann danken. Du warst ein guter Schüler, an dem ich als Lehrer meine Freude hatte, und es ist ein Jammer, dass du nicht mehr in Alexandria bist. Zum Redekunstlehrer selbst hättest du die Veranlagung. Aber verständlich ist es, dass du dich verpflichtet fühlst, sie in den Dienst deiner Sippe und deiner Stadt zu stellen. Vielleicht kannst du deine Neffen lehren - oder aber bald deine eigenen Kinder. Sicher wirst auch du eine gute, kluge und fruchtbare Frau finden, die dir viele Kinder schenken wird.


    Meinst du, ich hielte das Klima eurer Gefilde aus? Selbst römische Soldaten, also einfache Männer von kräftiger Konstitution hört man zu oft über die Kälte des Nordens fluchen. Nun gut, ebenso häufig über die Hitze unserer Breiten, die verfluchten sandigen, heißen Wüstenwinde und das Sumpffieber. Ich habe einen Schiffsführer gefunden, dessen Fähigkeiten ich bei Gelegenheit prüfen muss. Allerdings ist dieses Schiff vor allem dazu da, eine mir zum Schutz anvertraute Person bei Gefahr aus der Stadt zu bringen. Du wirst von den unheilvollen Ereignissen gehört haben (schrieb ich dir nicht davon?). Gerade ist es ruhig in der Stadt. Doch diese Stadt ist eine, in der hinter dem hellen Schein oft eine düstere Wirklichkeit ist. Auch das ist es, was mich dazu bringt, die Ruhe zu suchen und den Rückzug in freundliche Beschäftigungen. Reisen würde ich gerne. Doch das liegt noch in der Zukunft. Vor einiger Zeit war ich sehr vereinnahmt durch die Vorbereitungen des Neujahrsfestes (verzeihe mir daher die lange Zeit, in der du auf meine Antwort warten musstest), nun gilt es, meine Amtsgeschäfte zu ordnen und Vorkehrungen dafür zu treffen, dass mein Nachfolger sich gleich an die Arbeit machen kann und nicht erst das ordnen muss, was ich unordentlich hinterlassen habe. Auch das Mouseion bedarf meiner Pflege. Wir haben zu wenig gute Männer (und Frauen), gleichzeitig zu wenig Schüler, die bald selbst Gelehrte werden könnten. Es ist ein Jammer! Die größte Bibliothek der Welt liegt so gut wie brach. Vorbei sind die goldenen Zeiten schon längst, doch allmählich sehe ich es irden werden. Wenn du begabte junge Verwandte hast: Ermutige sie, nach Alexandreia zu kommen (und ermutige deren Väter, die Reise zu bezahlen.) Die Bruderschaft der Musen besteht sonst bald nur noch aus Mumien - und ich, als ihr Vorsteher, bin nur noch damit beschäftigt, den Staub abzuwedeln und Motten zu vertreiben.


    Alles Gute wünsche ich dir!


    Dein Nikolaos.




    Sim-Off:

    Wird sofort überwiesen.

    Marco Duccio Rufo, Domus Ducciana, Mogontiaco



    Nikolaos Rufo S.P.D.



    Sehr danke ich dir für die Genesungswünsche. Meine Gesundheit als wiederhergestellt zu bezeichnen wäre übertrieben, aber sie ist auf dem Weg dorthin und schreitet schnell voran. Ein solcher Ritt, den d beschriebst, war sicher sehr anstrengend und unangenehm. Aber was wäre das Reisen ohne Unannehmlichkeiten?


    Du scheinst mir ein hoffnungsvoller junger Mann zu sein. Deine Stadt kann sich glücklich schätzen, dich als Ratsmitglied zu wissen. In deinem Alter (ich hoffe, das klingt nicht abschätzig. Das ist es keinesfalls - eher ein wenig neidisch, aber auf freundliche Art. Ich gönne dir das Glück deiner Jugend.) war ich selbst begierig nach neuen Aufgaben und voller Tatendrang. Ganz sicher werden deine Kollegen und die Bürger deiner Stadt deine Arbeit zu schätzen wissen. Wie bringt es doch eine Gemeinschaft voran, wenn neue, unverbrauchte Geister sie bereichern! Lasse dich von deinen Neidern nicht zerfleischen und schenke weder ihren düsteren Worten Glauben, noch den Schmeicheleien derer, die dich verunsichern und unvorsichtig machen wollen. Mir hast du weniger zu verdanken als dir selbst. Wichtiger als der Lehrer ist der Schüler und wichtiger als der Schüler ist der einstige Schüler, der das Gelernte auf sich selbst gestellt anwendet und dabei das Wissen mehrt - zu dem der Lehrer nur einen Grundstein für das Fundament beigetragen hat. Halte mich auf dem Laufenden, denn ich bin sehr gespannt auf das, was du noch erreichen wirst.


    Es ist ein Jammer, dass du kein Alexandriner bist. Sehr würde ich mich über junge Gesichter in den Reihen der Demagogen freuen, zumal ich selbst kein junger Kopf mehr bin. Daher möchte ich auch anderen die Möglichkeit geben, sich zu beweisen. Immerhin befinde ich mich mehr am Ende als am Anfang des dritten Jahrzehntes meines Lebens.


    Von wilden Bestien in den Wäldern eurer Gegend hörte ich schon oft. Kannst du Zeichnungen von ihnen anfertigen und Beschreibungen über ihre Lebensweise? Du hast also selbst wilde Tiere gefangen? Du musst sehr mutig sein. Oder ist dies etwas, was man bei euch lernt, wie bei uns das Lyraspiel, den Ringkampf und die Grammatik? Auch hier gibt es Männer, die Bestien fangen und zähmen. Täglich werden Löwen nach Rom verschifft. Jedoch sind diese Bestienhändler oft grobschlächtige Ägypter oder Nubier, keine Menschen von edlem Geist und klugem Verstand. Es scheint mir, als würden alte Tugenden im - wie ich es mir vorstelle -rauen Land deiner Väter mehr gepflegt als im verweichlichten Alexandria, wo seit Jahrhunderten ein König nach dem anderen alle Vorgänger darin übertrifft, die Alexandriner mit Wein zu beregnen und in Lustbarkeiten zu ertränken. Die Seide hat die Wolle abgelöst. Du müsstest mal nach Kanopos fahren. Ich schüttle den Kopf über solche Verdorbenheit - du würdest vermutlich kotzen.


    Danke mir nicht zu oft! Denn ebenso oft muss ich dir dann danken. Du warst ein guter Schüler, an dem ich als Lehrer meine Freude hatte, und es ist ein Jammer, dass du nicht mehr in Alexandria bist. Zum Redekunstlehrer selbst hättest du die Veranlagung. Aber verständlich ist es, dass du dich verpflichtet fühlst, sie in den Dienst deiner Sippe und deiner Stadt zu stellen. Vielleicht kannst du deine Neffen lehren - oder aber bald deine eigenen Kinder. Sicher wirst auch du eine gute, kluge und fruchtbare Frau finden, die dir viele Kinder schenken wird.


    Meinst du, ich hielte das Klima eurer Gefilde aus? Selbst römische Soldaten, also einfache Männer von kräftiger Konstitution hört man zu oft über die Kälte des Nordens fluchen. Nun gut, ebenso häufig über die Hitze unserer Breiten, die verfluchten sandigen, heißen Wüstenwinde und das Sumpffieber. Ich habe einen Schiffsführer gefunden, dessen Fähigkeiten ich bei Gelegenheit prüfen muss. Allerdings ist dieses Schiff vor allem dazu da, eine mir zum Schutz anvertraute Person bei Gefahr aus der Stadt zu bringen. Du wirst von den unheilvollen Ereignissen gehört haben (schrieb ich dir nicht davon?). Gerade ist es ruhig in der Stadt. Doch diese Stadt ist eine, in der hinter dem hellen Schein oft eine düstere Wirklichkeit ist. Auch das ist es, was mich dazu bringt, die Ruhe zu suchen und den Rückzug in freundliche Beschäftigungen. Reisen würde ich gerne. Doch das liegt noch in der Zukunft. Vor einiger Zeit war ich sehr vereinnahmt durch die Vorbereitungen des Neujahrsfestes (verzeihe mir daher die lange Zeit, in der du auf meine Antwort warten musstest), nun gilt es, meine Amtsgeschäfte zu ordnen und Vorkehrungen dafür zu treffen, dass mein Nachfolger sich gleich an die Arbeit machen kann und nicht erst das ordnen muss, was ich unordentlich hinterlassen habe. Auch das Mouseion bedarf meiner Pflege. Wir haben zu wenig gute Männer (und Frauen), gleichzeitig zu wenig Schüler, die bald selbst Gelehrte werden könnten. Es ist ein Jammer! Die größte Bibliothek der Welt liegt so gut wie brach. Vorbei sind die goldenen Zeiten schon längst, doch allmählich sehe ich es irden werden. Wenn du begabte junge Verwandte hast: Ermutige sie, nach Alexandreia zu kommen (und ermutige deren Väter, die Reise zu bezahlen.) Die Bruderschaft der Musen besteht sonst bald nur noch aus Mumien - und ich, als ihr Vorsteher, bin nur noch damit beschäftigt, den Staub abzuwedeln und Motten zu vertreiben.


    Alles Gute wünsche ich dir!


    Dein Nikolaos.

    Nikolaos lächelte zart, fast wie ein Knabe, dem ein alter, reicher Verehrer ein hübsches Kompliment gemacht hatte.


    "Natürlich weiß ich um dein aufrechtes Ehrgefühl..."


    Er trank einen Schluck Wein. Beim Absetzen stieß er mit seinem Becher wie unbeabsichtigt gegen den des Gastes. Das feine Glas klirrte, blieb aber ganz.


    "Es ist sehr lobenswert, dass du deinem Bruder diese Ehre gleichermaßen gönnst. Doch mich freut, dass auch du nach Höherem strebst. Mit Dreistigkeit hat das nichts zu tun - sondern mit Pflichtbewusstsein. Als guter Mann muss man Ämter übernehmen, für die man der Fähigste ist, ohne falsche Bescheidenheit."


    Nikolaos nahm noch einen Schluck Wein. Seine gefärbten Lippen hinterließen einen leichten Rotschimmer in Form seines Mundes auf dem grünen Glas.


    "Für Cleonymus ist das Amt des Kosmetes das Beste.", sagte er. "Wenn du Exegetes werden möchtest, musst du dich mit der ehrenwerten Iunia Urgulania einigen. Ich denke, ich werde vor der letzten Ekklesia dieser Prytanie ein kleines Symposion geben, zu dem herzlich eingeladen bist, und bei dem auch Iunia Urgulania mein Gast sein wird."

    "Timótheos!"


    Der Hausherr hatte die Arme ausgebreitet und einen erfreuten Gesichtsausdruck aufgesetzt, als er den Gast im Innenhof empfing.


    "Welche Freude, dich zu sehen. Ich hoffe, du hast die Festtage gut überstanden?"


    Nikolaos selbst schien ausgeglichener zu sein und erholt. Sein Gesicht hatte Farbe angenommen. Bleiweißschminke hatte er an diesem Tag nicht aufgetragen, nur etwas Zinkpuder. Er führte den Gast ins Andron, wo es angenehm kühl war. Timótheos sah nicht gut aus. Der junge Mann hatte müde Augen und dunkle Ringe darunter. Das sah Nikolaos trotz aller Schminke sehr deutlich. Er ließ Wein kommen und Leckereien.


    "Verzeihe mir meine Ungeduld, zu erfahren, zu welcher Entscheidung du gekommen bist."





    Sim-Off:

    WiSim.

    "Wenn diese Festtage vorüber sind*, komme in mein Haus. Schön, dass du zu einer Entscheidung gekommen bist."


    Nikolaos nickte kurz.


    "Du weißt, es ist mir immer eine Freude, dich als Gast zu wissen."


    Ein Funken Kraft kehrte in ihn zurück. Die Müdigkeit verließ ihn für einen Augenblick. Sein Blick wurde aufmerksam und listig wie früher. Aber die Erholung währte nicht lange.




    Sim-Off:

    .Das heißt, sobald du möchtest, von wegen flexibler Zeiteinteilung

    Nikolaos zuckte leicht zusammen, als er plötzlich eine Hand auf der Schulter spürte. Innerlich stieß er einen bösen Fluch aus. Er hatte das unangenehme Gefühl, auf dem falschen Fuß erwischt worden zu sein. Und das von demjenigen, den er vor einigen Wochen noch fest in seiner Hand wähnte. Die eigene Blöße war Nikolaos in demselben Maße unbehaglich, wie es ihm gefiel, fremde Blöße für eigene Zwecke zu benutzen.


    "Entschuldige, ehrenwerter Thimothéos, ich habe dich zuvor gar nicht bemerkt. Sonst freilich hätte ich dich schon zuvor begrüßt. Ich danke dir für deinen Glückwunsch."


    Mühselig war es gewesen, eine entspannte Miene aufzusetzen und zu lächeln. Müde war das Lächeln. Es passte nicht zu den Seidengewändern und der kunstvoll drapierten Frisur.


    "Die Götter mögen dich ebenso lieb haben, hoffe ich. Bist du zu einer Entscheidung gekommen?"

    "Strafe, soviel du es für nötig hältst."


    Nikolaos nickte ebenfalls.


    "Ich bezahle auch meine grammatoi durchaus nicht allzu schlecht. Dennoch wirst du freilich mehr erhalten. Das ist gar keine Frage. Du erhältst ab dem Handschlag zwanzig Drachmai für jede Woche, die du nicht auf See bist; jede Woche auf See bringt dir das Doppelte ein. Du wirst vor jeder Reise zudem mit einem guten Reisegeld ausgestattet und bekommst für erfolgreich geleistete Aufträge eine Belohnung."


    Ein prüfender Blick.


    "Die Reise zur Probe deiner Fähigkeiten werde ich dir allerdings nur dann vergüten, wenn sie zu meiner Zufriedenheit verläuft und auch dann erst im Nachhinein."

    Das mit der Musik als der ersten Sprache gefiel ihm sehr. Immerhin war die Musik eine Sprache, die alle Menschen verstanden, ganz gleich, woher sie kamen.


    Das Zupfen gelang ihm einigermaßen gut. Schwer war es schließlich nicht. Und Nikolaos' Finger waren fein. Allerdings auch ein wenig steif, was daran lag, dass er sie nicht oft gebrauchte. Er schrieb selten selbst, sondern überließ diese Arbeit fleißigen und geübten Schreibern und Privatsekretären.


    Nikolaos hörte gut hin. Das Spiel der Penelope beeindruckte ihn sehr. Fast wagte er anschließend nicht, selbst die Kithara in die Hand zu nehmen. Aber er war als Schüler gekommen und würde als Schüler gehen. Auch wenn es ihn etwas nervös machte, dass es Künste gab, in denen er weniger bewandert war und nicht glänzen konnte.


    Gehorsam strich er die Kithara an. Vor Aufregung verfehlte er die letzte Saite fast, rutschte ab, sodass ein schiefer Ton entstand. Er lächelte und versuchte es noch einmal. Der Klang war düster und schwer. Beim zweiten Mal spielte er wie ihm geheißen zu den hohen Tönen.






    Sim-Off:

    Ein schönes Klangbeispiel. Hast du noch mehr Links, wo antike Musik nachgespielt wird?

    Freund- das Wort hallte in Nikolaos Geist noch lange nach. Er lächelte.


    "Oh, da gibt es weitaus weniger verrückte Leute als die Khristianer, die soetwas behaupten. Ich finde es gar nicht so verrückt, alle der vielen Dinge auf ein Einziges zurückzuführen. Platon vermutete hinter allem auch eine einzige Idee - . Verrückt ist eigentlich nur, dass sie sich weigern, eurem - ähm, dem göttlichen Basileus zu opfern. Die Juden tun das auch nicht, aber die machen sich anders für das große Reich des göttlichen Basileus nützlich. Ich weiß nicht, was die Khristianer sind. Sind es Aufständische? Ist es einfach nur ein Kultverein- ich weiß es nicht. Die Juden haben ähnliche Geschichten von der Entstehung der Welt wie ich sie als Kind gelernt habe. Im Mouseion liegt eine griechische Übersetzung des Buches, das ihnen heilig ist. Stell dir das vor, den Juden ist ein Buch heilig!"


    Er lachte beinahe knabenhaft. Es schien ihm, als würde er dem ungestümen Mädchen immer ähnlicher in seinen Worten.


    "Du stammst auch aus einem sehr berühmten Geschlecht. Euer Ahnherr hat Aenaeas begleitet."


    "Allmählich werden mir Menschen, die schlechte Manieren haben aber wenigstens auch die Kunst des Schmeichelns nicht beherrschen lieber als solche, die sich, Aalen gleich, durch alles hindurchwinden. Vielleicht liegt es daran, dass ich selbst einer der zweiten Sorte geworden bin. Ich nenne mich Lehrer der Redekunst - und bin doch Meister der Schmeichelei. Du müsstest mich eigentlich unausstehlich finden."


    Er lächelte, aber sein Blick wurde ernst.


    "Dabei will ich nur Gutes tun. Aber für einige Alexandriner werde ich immer ein Fremdling sein, der hier eingefallen ist, um seiner Machtgier zu fröhnen."


    Den letzten Satz hatte er nicht ohne einen gewissen Schalk in den Augen gesprochen. Die kurze Regung von Traurigkeit war vorüber. Oder überspielte er sie nur mit Ironie? Er war kein Dichter, aber er liebte die Ironie.

    "Nebenbei: Die Erfindung eines Briefbeförderungswesens hat Augustus übrigens aus Ägypten übernommen, von einer Institution namens angaréion, die die Ptolemäer entwickelt* hatten. Solche Einrichtungen sind in kleinen Bürgerschaften nicht notwendig, aber um ein großes Reich zu verwalten, müssen die Anweisungen des Herrschers auch Beamten in den entlegenen Gegenden erreichen und von entlegenen Gegenden Nachrichten in die Königsstadt gelangen."


    Ein feines Lächeln zeichnete sich auf seinen Lippen ab.


    "Der vierte Herrscher aus dem Geschlecht des Ptolemaios war es, der Antiokhos besiegte und die Schmach tilgte. Aber er war grausam - seine Mutter Berenike fiel seiner Mordlust zum Opfer. Der Sieg über Antiokhos währte nicht lange, der fünfte der Ptolemaiden, Ptolemaios Epiphanes, verlor Asien und den Teil Syriens, den der Vierte gewonnen hatte. Die Bürgerschaft von Rom führte zu dieser Zeit einen Krieg gegen Antiokhos. Antiokhos war ein Kind, als er den Thron bestieg - und entschied kaum selbst über seine Amtsgeschäfte, er war ein Knabe, als er vermählt wurde und zwar Ehemann, doch nicht Herr im eigenen Haus und starb jung an Gift.


    Epiphanes Sohn Philometor wurde ebenfalls jung Herrscher und stand lange unter der Vormundschaft von Regenten, bis er in die Mündigkeit entlassen wurde, aber mit seiner Schwester und Gemahlin Kleopatra der zweiten und seinem jüngeren Bruder Euergetes des Zweiten als Mitregenten. Der jüngere der beiden Brüder vertrieb den Älteren, aber mithilfe der Römer konnte Philometor zurückkehren und herrschte über Aigyptos, doch musste die Kyrenaika dem jüngeren Bruder überlassen. Aber die Römer wollten tätigen Dank für ihre Hilfe bei der Beilegung des Streites sehen. Die große Zeit des einst blühenden Landes neigte sich dem Ende zu. Das Mouseion verlor viele glänzende Männer und erlangte wenig neue hinzu. Die Sammlung der Bibliothek wurde vernachlässigt - wie das ganze Gemeinwesen verfiel, da die Kassen des Herrschers leer waren und leer blieben.


    Die Schulden, die er bei den Römern hatte - Schulden an Gefallen und Schulden an Geld- vermachte er seinen Nachfolgern, die sie nicht nur nicht abzutragen vermochten, sondern vermehrten. Nicht die Herrscher herrschten, sondern Berater, Höflinge und Schmeichler - und die Schulden lasteten schwer auf dem Land. Die Steuern stiegen ins Unermessliche und das Volk litt unter den Bruderkriegen, unter den Abgaben, unter den Launen der Herrscher - und ihrer falschen Freunde, die sie von Kindstagen an umgaben und sie schlecht berieten. Nicht die besten Männer wurden zu königlichen Beratern sondern die kundigsten Schmeichler.


    Das ist überhaupt die große Gefahr der vererbten Herrschaft: Dass einer zu jung erbt, und nicht selbst herrschen kann, dass zwei sich die eerbte Herrschaft gegenseitig nicht gönnen, dass Männer Herrscher werden, die dazu nicht in der Lage sind. Ägypten und damit sein Haupt Alexandreia hat früh zu blühen begonnen und welkt lange."





    Sim-Off:

    *Vermutlich hatten eigentlich schon die Perser dieses System entwickelt, das Alexander der Große von ihnen übernommen und die Ptolemäer in ihrem Reich einfach weitergeführt hatten.


    Als nächstes kommt, wie versprochen, Kleopatra.