Beiträge von Menas

    "Ach ja, der kleine Racker."


    fügte ich wissend und lächelnd hinzu. Er war in der Tat ein kleiner Wirbelwind, ein Träumer dazu, anhänglich, vor allem wenn es um Brutus, seinen Hund, oder Kiya sein Kindermädchen ging, dann wieder unheimlich stur und dickköpfig, was er von seinem Vater haben musste, ein wenig sinnlich in seinen Zügen, was von seiner Mutter kam. Kurz, es war eine Freude ihn in der Nähe zu haben, seine Schritte und seine Stimme zu hören, das glucksende Kinderlachen, das wilde Geheul, wenn er in seinen Emotionen ausbrach.


    "Willst Du eigentlich eines Tages selbst mal Kinder haben,
    oder beschäftigt Dich der Kleine so, dass Du gar nicht daran denkst?"


    Ich wusste, es war eigentlich sinnlos für Sklaven, eigene Pläne zu machen, da die Herren ihre eigenen Gedanken hatten, doch träumen konnte man ja hin und wieder. Die Träume konnten sie uns nicht nehmen.

    Der Bote händigte mir die Nachricht aus. Zuvor jedoch versuchte er es noch mit einer Dorhung, auch wenn klar sein musste, dass er damit kaum etwas gewinnen konnte, saß er doch am kürzeren Hebel und befand sich in der wesentlich schlechteren Position.


    "Keine Sorge. Ich werde mich darum kümmern."


    sprach ich und machte eine möglichst vertrauenswürdiges Gesicht.


    "Du kannst Dich auf mich verlassen."

    Ach ja, das Leben konnte schon beschissen übel sein. Im Grunde lag alles in den Händen der Götter. Unerklärliches Schicksal. Herren und Sklaven brachten den selben Göttern ihre Opfer und trotzdem geschah was geschah. Sollte es einer Verstehen? Was waren da schon Begriffe wie Gerechtigkeit? Ich dachte ein wenig nach, gab es dann jedoch auf und machte mich wieder an die Arbeit.


    "Du hast aber keine schlechte Stellung im Haus!"


    überbrückte ich das Schweigen nach einer Weile.


    "Du kümmerst Dich direkt um den jungen Herrn.
    So wie ich das sehe, sind die Herrschaften auch zufrieden mit Dir..."


    In der Tat hatte ich nie erlebt, dass auf Kiya gescholten worden wäre. Hin und wieder blickte ich während dem Feuchtwischen zu ihr hinüber. Attraktiv war sie schon. Und nett eigentlich auch. Mir fiel auf die schnelle kein Grund ein, warum sie bisher von uns immer ein wenig geschnitten wurde.

    Zitat

    Original von Arvid
    Die Reise war nicht angenehm, aber zum Glück auch ohne größere Verzögerungen verlaufen, was man von der Hinreise schließlich nicht behaupten konnte. Der Brief lagerte immernoch in seiner Tasche, er hatte die ganze Fahrt nachgesehen, ob er noch an seinem Platz war.


    Bei der casa der Decimer angekommen, klopfte er und teilte dem Türsteher mit, dass er Menas eine wichtige Nachricht überbringen sollte - vom Senator persönlich. Und nein, er würde sie nur Menas persönlich aushändigen.


    Der Türsteher winkte ihn natürlich durch.
    Ein Hausangehöriger musste sich ja auch nicht rechtfertigen. ;)

    Autsch, was für ein Dilemma. Der Bote kam von einem der wichtigsten Klienten meines Herrn und sollte das Schreiben persönlich abgeben. Nach Tarraco konnte ich ihn aber unmöglich reiten lassen, war diese Fährte doch eine falsche. Genausogut hätte ich den Kerl nach Britannien reisen lassen können. Was also tun? Guter Rat war teuer ...


    "Persönlich übergeben wird in jedem Fall schwierig. Selbst wenn Du in Tarraco ankommst, kann er sich überall befinden. Auf einem der Landgüter, in den Bergen, alleine die Götter wissen wo..."


    Ich zog eine nachdenkliche Miene.


    "Es reicht Dir auch nicht, wenn ich es über einen persönlichen Boten überbringen lasse? Immerhin steigen dann die Chancen, aber garantieren kann ich auch dann nichts."


    In Wirklichkeit konnte sich mein Herr ja schon in Parthien befinden.
    Also unmöglich in ausfindig zu machen.

    Jetzt kamen die Angebote in Fahrt. Anscheinend hatten die einen oder anderen gemerkt, dass in der Kleinen doch Potential steckte. Billiger wurde sie folglich nicht. In Gedanken überschlug ich meinen Spielraum und überlegte mir eine Strategie. Langsam höher steigern, in der Hoffnung, dass dem Patrizier die Lust abging? Oder gleich feste drauf?


    "5000 Sesterzen!"


    Das nannte ich mal kleine Schritte. :D

    Jetzt kam doch langsam Fahrt in die Versteigerung. Irgendjemand - ich konnte in der Menge nicht sehen wer - bot gar 1000 Sesterzen.


    Ich erhöhte.
    "1200 Sesterzen!"


    Noch war der Preis ja durchaus zu verschmerzen.

    Ich verstand nicht, wieso es Frauen schwerer haben sollten. Also hielt ich mit dem Putzen inne, stützte mich auf den Stab und sah sie fragend an.


    "Ich versteh Dich nicht ganz..."


    Wieso sollten es Frauen schwerer haben?


    "Wenn Du als Mann hübsch bist, bist Du Deko, die Herrin schläft mit Dir, egal wie alt und hässlich dieses Weib ist. Und tut es die Herrin nicht, packt Dich wenn es dumm läuft Dein Herr am Arsch, ob Du willst oder nicht. Bist Du hingegen hässlich und stark stattdessen, musst Du in die Bergwerke, die Minen, Steinbrüche, oder in den Circus, Du bist in jedem Fall innerhalb weniger Jahre tot. Und bist Du weder hübsch, noch stark, geht es Dir auch nicht besser. Als Sklave musst Du in jedem Fall Leistung bringen, so oder so. Bringst Du sie nicht, wirst Du zu Tode geschunden."


    Nachdenklich sah ich vor mich hin. Was sie wohl dazu sagen würde? Ich hatte es jedenfalls oft genug erlebt, dass auch männliche Sklaven missbraucht wurden. Und diese konnten sich nicht hinter ihrer vermeintlichen Schwachheit verstecken.

    Die hohen Herren kannte sie schon recht gut und mit ihrer Aussage hatte sie bei mir einiges an Boden gut gemacht. Gier und Arroganz - der eigene Vorteil. Ich zuckte mit der Schulter und fegte dann weiter. Ich hatte den Lappen an das Ende der Stange befestigt, so musste ich nicht auf den Knien herumrutschen. In Gedanken weilte ich jedoch im Osten. Wo sich der Dominus befand? Bereits tief in parthischem Gebiet? Hatte er den Decimus Livianus schon finden können? Befanden sie sich womöglich bereits auf der Flucht? Wieviele Parther setzten sich an ihre Versen? Hätte ich gewusst, dass ein Sturm die Fortuna nach Alexandria verschlagen hatte, ich hätte mir fürs erste einmal keine Sorgen gemacht.


    "Herren kommen und gehen."


    sprach ich knapp, fügte dann aber nach einer kleinen Pause hinzu.


    "Wobei ich schon sagen muss, dass es hier recht angenehm ist. Ich wurde schon ziemlich rumgereicht, mein letzter Herr war in Tarentum. Bei den Göttern, war das ein unangenehmer Mensch. Die Charaktereigenschaften mal bei Seite lassend, stank er permanent aus dem Mund. Die arme Lsyte musste ihn immer genau dorthin küssen. Und noch viel mehr..."


    Angewiedert von der Erinnerung verzog ich mein Gesicht. Wenn ich alleine daran dachte, schüttelte es mich.

    Er wollte den Senator persönlich sprechen wie es schien, machte aber nicht den Eindruck ein höher gestellter Römer zu sein. Sei es drum, der Senator war sowieso nicht da, also antwortete ich, so wie man es uns Sklaven aufgetragen hatte.


    "Tut mir leid. Mein Herr ist zur Zeit in der Tarraconensis.
    Du könntest aber die Herrin des Hauses sprechen, wenn es wichtig ist."


    Skeptisch blickte ich den Mann an. Wenn er von der Flotte kam, konnte er nur von Annaeus Florus oder aber Decimus Verus kommen. Und letzteren hatte ich vor kurzem erst selbst gesehen.


    "Um was geht es denn?"

    Sie befand sich inzwischen auf ihren Knien und schrubbte an einem Fleck herum. Die Stein-Fliesen waren ziemlich teuer gewesen und ich hoffte, dass sie den Fleck auch wegbekam. Ich stellte meinen Besen kurz ab und stützte mich auf ihn. Gründlich war sie, was für sie sprach.


    "Eine Menge. Im Nachbarhaushalt. Du kennst doch vielleicht dieses großen Hühnen. Der Name ist mir entfallen. Er soll letztens in der Nacht geflohen sein. Daher sahen wir ihn nicht mehr."


    Ich schüttelte den Kopf. Als Sklave zu fliehen war absolut idiotisch. Zum einen verfolgten einen die Kopfgeldjäger und wenn sie einen erwischten, war man so gut wie tot, zum anderen musste man ja von etwas leben. Und hier in der Straße ging es uns Sklaven besser als den meisten freien Menschen im Römischen Reich.


    "Aber muss er wissen. Vermutlich landet er im Circus.
    Wenn sie ihn nicht gleich kreuzigen."


    Man hörte ja hin und wieder Geschichten. Im Großen und Ganzen kam es jedoch selten vor, dass Sklaven reisaus nahmen.


    "Ähm ja, im Senat geht es auch hoch her. Ich habe gehört, es gab heftige Debatten darüber, dass unser Herr zum Amt des Praetors kandidiert, in absentia quasi. Einige waren nicht amüsiert. Silas hat es mir erzählt, er stand gleich am Haupteingang zur Halle und hat alles mitbekommen. Es war keine geschlossene Veranstaltung, sie war öffentlich."


    Ja, öffentlich. Und dieser - wussten die Götter wie er hieß - dieser neue Stadtpräfekt hatte nichts besser zu tun gewusst, als die Mission des Senators in den SÜDEN laut auszuposaunen. Seine Tarnung mit der Reise nach Westen in die Tarraconensis war damit hinfällig. Jeder Sklave wäre vermutlich auf seinem Platz intelligenter aufgehoben.


    "Der Stadtpräfekt lachte laut auf und verpatzte die Tarnung unseres Herrn. Offiziell ist er ja in der Tarraconensis, wie Du weißt. Landgüter inspizieren und für den Kaiser die Bergwerke besichtigen. Der Kerl jedenfalls lachte, und tönte, unser Dominus wäre im Süden. Fehlt nur noch, dass ein Senator den Namen PARTHIEN erwähnt, und das Desaster ist perfekt. Intelligenz ist also nicht am Stand festzumachen, meine Liebe. Ganz und gar nicht."

    Sie machte sich gleich an die Arbeit. Und so konzentrierte ich mich auf die meinige. Nicht dass sie anstregend gewesen wäre oder einen geistig erschöpft hätte, doch dieses gleichmässige Wischen von links nach rechts, von hinten nach vorne und umgekehrt hatte etwas spirituelles, es ließ einen zur Ruhe kommen, hatte etwas Wiederkehrendes, das einem den Platz in der Welt gab. Ich mochte solche eintönige Arbeiten. Sie waren immer gleich, brachten einen nicht aus dem Konzept, waren ungefährlich.


    Aus ihrer Ecke kam eine Frage.


    "Mmm?" erwiderte ich und ließ mir Zeit zu antworten.
    Ein Zug. Durchatmen. Beruhigend.


    "Nein, bisher kam noch nichts."


    Weiterfegen. Dass der Junge seinen Vater vermisste war logisch. Seinem Vater ging es sicher nicht anders, aber so war die Welt. Besser er gewöhnte sich frühzeitig daran.

    Meine Landsmännin, diese Kiya traf nun ebenfalls ein. Hübsch war sie ja, zupacken konnte sie auch, und im Bett war sie vermutlich auch ganz brauchbar, nur womit ich ein Problem hatte, war die Tatsache, dass sie sich etwas darauf einbildete, das Kindermädchen des jungen Optatus zu sein. Der Kleine schaffte sie ja soooooo, und eigentlich hatte sie ja genug zu tun, und wenn sie beim Großputz mithalf, dann nur aus Großzügigkeit. So oder so ähnlich kam es rüber, auch wenn sie es vielleicht so nicht meinte. Wir - das bedeutet die anderen Sklaven und ich - wischten in jedem Fall schon seit fast einer halben Stunde.


    "Guten Morgen, Kiya!" grüßte ich die Ankommende daher und versuchte nicht gleich gereizt zu klingen. Gut, sie war erst seit etwa vier Jahren im Haushalt, seit der Geburt des Kleinen eben, aber trotzdem war sie nur eine Sklavin wie wir anderen auch.


    "Du kannst in dem Eck dorthinten anfangen. Ich wische von dieser Seite aus. Gefegt haben wir schon..."

    Es war einer dieser Tage, an welchem die Herrin des Hauses das Bedürfnis hatte, im großen Stil reinmachen zu lassen. Das hieß: Wir durften durch das ganze Haus robben, die Böden fegen und - was ebenso wichtig war - auch feucht wischen, die Wände und Simse abstauben, Möbel polieren und zu guter letzt auch noch durchlüften. Mit seinen vielen Zimmern war die Casa Decima eine Ganztagesbeschäftigung, ich sah mich schon bis in die Nacht hinein herumklettern und Spinnen aus den Ecken holen.


    Wir hatten uns darauf geeinigt generalsstabsmäßig vorzugehen. Als erstes standen neben den einzelnen cubicula das triclinium und tablinum auf der liste. Erst gegen später würden wir uns an das Atrium wagen, durch welches wir ja immer wieder gehen mussten und ganz am Schluss kamen die Wirtschaftsräume dran.


    Nutze den Tag!

    Ich war auf den Märkten unterwegs, da meine Herrin eine neue Sklavin für den Haushalt wollte. Offensichtlich machte Optatus mehr Arbeit als ihr lieb war. Hinzu kamen Haushaltsbezogene Überlegungen, waren wir doch schon seit fast einem Jahr unterbesetzt, wenn man bedachte, dass es sich um den Haushalt eines Senators handelte. Unter dem Stand mit Sklaven versorgt zu sein konnte auf Dauer nicht gut gehen, würde man sagen, die Decima wären zu stolz und gäben sich mit Absicht spartanisch. Wie auch immer, so stand ich also in der Menge derjenigen, die sich heute umsahen und erblickte eine Sklavin, die recht passabel aussah. In der Menge der Angebote fand ich sie sympathisch, auch wenn sie aus dem Süden kam, damit nicht allzu viel wert war. Aber sie würde dann auch nicht allzu viel kosten.


    "500 Sesterzen!"


    bot ich als erster. Egal ob sie Latein konnte, oder nicht, sie war jung, lernfähig und würde es für den Haushalt schon tun.

    Nun musste auch ich lächeln. Decimus Verus schien zu wissen, wie man den kleinen Optatus am ehesten aus der Reserve lockte. Dennoch winkte ich ab.


    "Bis zur Türe seines Zimmers kann ich Dich gerne bringen. Doch ich fürchte weiter geht es nicht. Er geht mir als Sklaven des Hauses aus dem Weg, weil er weiß, dass ich ihn zu Urganilla bringen soll. Ich bin quasi der Feind..."
    Ach, die lieben kleinen Kinder. Man erlebte die unglaublichsten Dinge mit ihnen.


    "Ich bringe Dich jedoch bis zum Zimmer."
    sprach es und führte den Decimus hin.

    Das Zimmer für ein paar Tage. Gut.


    "Optatus befindet sich in seinem Zimmer. Als er hörte, dass Tante Urganilla heute eintreffen sollte, nahm er schreiend reisaus und seither versteckt er sich. Ich habe ihn zwar vorhin in seinem Zimmer entdeckt, es aber für richtig erachtet, den Kleinen nicht zu verraten."


    Immerhin rannte der kleine Racker den ganzen Tag hier im Haus herum, während sich besagte Tante nur alle Monate mal blicken ließ.


    "Wenn Du ihn aufsuchst, solltest Du jedoch beachten, dass er sich auf einem Feldzug befindet. Keine Ahnung in welches Land diesmal, aber er legt viel Wert darauf, dass man sich entsprechend verhält."

    "Wann der Dominus wieder zurück ist, kann ich nicht sagen. Vielleicht in einer Woche, vielleicht in einem Monat? Er wollte schreiben, doch vielleicht kommt er auch direkt."
    antwortete ich, so wie ich es wusste. In Details seiner Reise hatte uns der Senator nicht eingeweiht. Wir wussten nur, dass er Livianus suchte und dass wir Fremden gegenüber sagen sollten, er befände sich in der Tarraconensis um seine Landgüter zu inspizieren.


    "Die Damen also. Ich werde ihnen Bescheid geben."
    Decimus Verus schien weniger Befürchtungen zu haben als der kleine Decimus Optatus, welcher sich aus seinem Zimmer nicht heraustraute, so lange Urganilla im Hause war. Vermutlich lag dies aber auch daran, dass Tante Urganilla dem bereits erwachsenen Herrn nicht mehr auf dem Kopf herumtätschelte, wie sie bei Optatus zu tun gewohnt war.


    Ich hielt jedoch kurz inne, bevor ich mich auf den Weg machte.
    "Soll ich Dein Zimmer bereit stellen lassen? Du könntest dann hier übernachten. Je nachdem wie lange Du in Rom zu bleiben gedenkst."

    Ich wusste nicht, wie lange Decimus Verus schon im Atrium gestanden hatte, doch allzulange konnte es nicht gewesen sein. Er hatte noch nicht abgelegt und machte den Eindruck, gerade eben erst gekommen zu sein.


    "Salve Dominus!"
    begrüßte ich ihn und trat auf ihn zu.


    "Die Herrin des Hauses befindet sich gerade mit Besuch im Tablinum. Tante Urganilla aus Misenum. Sie hat schon nach dem jungen Herrn gefragt, doch dieser lässt sich nicht finden."
    Ich lachte und zwinkerte dabei.


    "Soll ich Dich den Damen melden?"