Beiträge von Sibylle

    Während er den Weihrauch nahm und hineinroch, wiederholte der Priester.
    "Ob die Götter etwas gegen eure Ehe haben."
    Meist sind die Fragen ja doch etwas anders formuliert. Er schaute zu den beiden.
    "Noch etwas?"

    Der alte Priester, der meist hier seinen Dienst tat, kam auf die beiden zu.
    "Seid gegrüßt, ihr beiden. Und tretet näher."
    Er stellte sich zwischen die beiden, legte jeweils eine Hand auf die Schulter der beiden und ging langsam mit ihn weiter.
    "Ihr kommt zur Sibylle um eine Weissagung?
    Lasst mich raten. Ihr seid ein hübsches Pärchen. Ihr wollt etwas über eure gemeinsame Zukunft erfahren, nicht wahr?"

    Währenddessen schaute er schon neugierig auf die Hand des Mannes und suchte nach einem Beutel Weihrauch.

    Das leise Summen ist mittlerweile zu einem melodischen Singsang angeschwollen, der durch den langen Gang zu den Wartenden herüberschallt. Es dauert seine Zeit, bis er wieder leiser wird und zu dem harmonischen Summen zurückkehrt, als das er begonnen hat. Es tritt sogar ein kurzer Moment der Stille ein, in welchem das Orakel in tiefer, jahrhundertealter Ruhe zu versinken scheint.


    Langsam und leise erhebt sich die Musik wieder und am Ende des Ganges ist nun auch wieder die schmale weiße Gestalt der jungen Priesterin zu erkennen. Mit zumindest gerinfügig gehobenen Selbstvertrauen versucht sie so würdevoll und gemessen daherzuschreiten, wie es ihr in ihren jungen Jahren möglich ist. Beim Fragenden wieder angekommen verneigt sie sich wieder mit einem freundlichen Lächeln.


    "Das Orakel war sehr gesprächig. Ich habe dir den Spruch auf diese Rolle geschrieben. Die kannst du anschließend mitnehmen."


    Sie nickt aufmunternd und nimmt dann das Papyrus hervor, um den Spruch der Sibylle mit wohlklingender Stimme vorzulesen.


    Wer richtig fragt, findet den richtigen Ort.
    "Do ut des" ist das richtige Wort.
    Wer wahrlich bereit ist zu geben,
    Wird das Geschenk seiner Tage erleben.


    Gebiete nicht Einhalt einer großmütigen Tat,
    Denn ein "Halt!" ist zu leicht in kaltem Rat.
    Ein rasches Lebewohl zeigt keine Treue.
    Im Dunkel der Straßen zu Roms: Bereue!


    Nur im Auge des Betrachters liegt,
    Was wahre Schönheit wirklich wiegt.
    In irdischen Reihen suche den Feind,
    Und fürchte nicht die Göttlichkeit.


    Zu sehen ist gefährlich echt.
    Was morgen ganz falsch, ist heute nicht recht.
    Ergreife die Zügel, um die Quadriga zu lenken!
    Zu Hinterlassen ist, damit die andern gedenken.


    Angst und Zweifel gibt es viel.
    Viel zu klein wirkt das entfernte Ziel.
    Wähle weise und sieh in die Flasche hinein,
    So hindert sich der Menschen Entzweien.


    Gebe, auf dass gegeben wird.
    Und nehme nicht, um zu geben.
    Die Welt ist im Wandel.
    Nutze den Löffel und du wirst leben.


    Stolz strahlt sie, als sie das Papyrus wieder einrollt und die Schriftrolle dem freundlichen Mann übergibt.


    "Bitte sehr. Ich hoffe, es hat dir weitergeholfen."

    Geflissentlich notiert das Mädchen die Frage des Besuchers und nickt bei jedem Wort bekräftigend. Schließlich blickt sie ein wenig aufgeregt auf.


    "Bitte warte hier und gedulde dich, ich werde deine Frage dem Orakel überbringen. Es kann ein wenig dauern, bis es die Antwort der Götter vernimmt."


    Sie lächelt noch einmal freundlich und macht sich dann auf, den langen Gang zum Orakel hin zu durchschreiten. Am liebsten würde sie mit großen, ausladenden Schritten eilen, doch Silvia hat sie immer wieder ermahnt, auch selbst Geduld an den Tag zu legen und einigermaßen Würde zu bewahren. So tritt sie durch das Spiel von Licht und Schatten hindurch und verschwindet schließlich am Ende des Ganges. Dort, von wo das leise Summen der Priesterinnen zu hören ist.


    Das Mädchen nimmt den Weihrauch vorsichtig entgegen und untersucht ihn, wie sie es gelernt hat. Erleichtert stellt sie fest, dass es sich tatsächlich um den richtigen Weihrauch handelt und sie nicht wie so häufig die Fragesteller wieder wegschicken muss. So nickt sie und lächelt den Mann freundlich an.


    "Ja, der ist perfekt. Jetzt musst du mir nur noch die Frage sagen, die ich dem Orakel stellen soll..."


    Flugs steckt sie den Weihrauch weg und holt ein Wachstäfelchen mit Stilus hervor, um sich die zu stellende Frage gleich zu notieren.

    Ein junges Mädchen in langem, weißen Gewand tritt dem Besucher entgegen. Sie lächelt nervös, denn dies ist das erste Mal, dass ihre Lehrerin Silvia sie alleine einen Ratssuchenden betreuen lässt. Vor wenigen Wochen erst ist sie im Orakel angekommen und alles ist noch immer so neu und ungewohnt.


    Sie verneigt sich leicht vor dem Bürger und blickt ihn freundlich lächelnd an. Irgendwie kommt er ihr bekannt vor und da er mit vielen Begleitern gekommen ist, vermutet sie einen Senator oder hohen Magistrat in ihm.


    "Salve! Gerne, doch hast du auch den benötigten Weihrauch mitgebracht?"

    Eine ganze Weile später kommt die Priesterin den langen Gang zurück. Der kleine Sulli ist noch immer da und sie freut sich, dass er so brav gewartet hat. Vor allem, da die Sibylle wirklich lange gebraucht hat. Sie war unglaublich tief in die Trance eingetaucht, was darauf schließen lässt, dass sie lange und intensiv nach der Antwort hatte suchen müssen. Aber zumindest hat der Junge nun einen eindeutigen Orakelspruch.
    "Ich habe hier die Anwort des Orakels, Sulli."
    Die Priesterin lächelt den Jungen an, rollt das Pergament auseinander und liest ab:
    "Oh, wie wohl wär mir am Morgen,
    Oh, wie wohl ist mir am Morgen,
    Denn es ist mir wurschtegal,
    Falls ich nicht fett werd wie ein Aal,
    Und ich nehme nicht zu,
    Was ich tu."

    Sie rollt das Pergament wieder zusammen und reicht es Sulli mit einem Zwinkern. "Also für mich hört sich das wie ein 'Ja' an."

    Lächelnd begrüßt die Priesterin den Jungen wieder.
    "Salve, Sulli. Wie schön, dass du den Weg hierher so schnell wieder gefunden hast..."
    Vorsichtig nimmt sie den Weihrauch entgegen und sieht ihn sich kurz an. Staunend stellt sie fest, dass er tatsächlich den richtigen besorgt hat. Andere Fragende hatten da schon weitaus mehr Probleme mit. Silvia nickt lächelnd.
    "Wunderbar! Der Weihrauch ist genau richtig."
    Sie lässt den Beutel in einer Falte ihres Gewandes verschwinden und fördert sogleich Wachstäfelchen und Stilus zutage. Geübt notiert sie sich seine Frage und nickt zufrieden.
    "Eine interessante Frage, Sulli. Gut, dann werde ich sie kurz fragen. Warte so lange hier..."
    Verschwörerisch zwinkert die Priesterin dem Kleinen zu und macht sich dann auf den langen Weg zum Orakel. Mit elegantem Gang durchquert sie Licht und Schatten um sich allmählich dem verborgenen Raum zu nähern, in dem das große Orakel wirkt.


    Die Gesänge vom Ende des Ganges schwollen an und irgendwann wieder ab. Für die Ohren eines am Eingang des Orakels Wartenden hörten sie sich unmelodisch und verzerrt an, ganz so, als wäre dort hinten eine ganz andere Welt.
    Es dauerte lange, bis die Priesterin den Gang entlang zurückkam. Für diffuse Fragen brauchte die Sibylle meistens etwas länger. Sie hob die Wachstafel und las Decius vor.
    "Erst nachdem wir alles verloren haben,
    Haben wir die Freiheit, alles zu tun.
    Erst wenn das Ei gelegt ist,
    Entscheidet sich, ob Hahn oder Huhn.
    Großes Unheil vertreibt die Sorgen
    Nimm den Löffel und grabe im Sand,
    Was die Zukunft bringt zeigt das Morgen,
    Was der Mensch denkt steht an der Wand.
    Eine Puppe im Ozean der Gefühle,
    Ein Würfel in göttlicher Hand,
    Nur wer seinen Weg nicht weiter geht,
    Bleibt am Ende unerkannt.
    Alles, was Du besitzt,
    Besitzt irgendwann auch Dich,
    Also greife nicht nach den Sternen,
    Denn alles verändert sich."

    Zufrieden lächelnd blickte sie den Mann an. Solch eindeutige Orakel gab die Sibylle selten von sich.

    Die Priesterin lachte leise und nickte dann doch.
    "Nagut... Aber nur, weil du es bist." lächelte sie. Eigentlich war ihr Name Silvia, doch sie konnte es ihm einfach nicht abschlagen.
    "Es freut mich sehr dich kennengelernt zu haben, Sulli. Ich hoffe, du lässt mich nicht allzu lange auf deinen nächsten Besuch warten, hm?"

    Die Priesterin kam nicht umhin zu schmunzeln und nickte.
    "Ja, natürlich. Ich unterhalte mich gerne mit so zuvorkommenden, netten jungen Männern wie dir."
    Der Kleine erinnerte sie an den Sohn ihrer Schwester. Ein liebes Kind... So erhob sie sich wieder und stand auf.
    "Dann sehen wir uns ja bald wieder,... Wie heißt du eigentlich?"

    Die Priesterin seufzte. Sie nahm ein Wachstäfelchen hervor und notierte sich die Frage. Dann nahm sie den Weihrauch entgegen, untersuchte ihn kurz und nickte schließlich.
    "Gut... Ich werde sehen, was sich machen lässt."
    Nach einem kurz aufblitzenden Lächeln wendet sie sich um und folgt dem langen Gang zum Orakel, so dass ihre schlanke Gestalt abwechselnd in Licht und Schatten eintaucht.


    Sichtlich verwirrt blickt die Priesterin auf den kleinen Jungen herab.
    "Oh... Salve, junger Mann."
    Lächelnd geht sie in die Hocke, um mit ihm auf einer Höhe zu sein.
    "Du möchtest also wissen, was deine Zukunft für dich bringt? Ja, wo hast du denn deine Mama gelassen?"
    Sie wirft einen suchenden Blick über den Platz, kann aber niemanden entdecken. Dann schaut sie wieder zu Sulla.
    "Weißt du, das mit dem Orakel funktioniert nämlich so... Dieser spezielle Weihrauch wird den Göttern geopfert und im Austausch für dieses Opfer geben sie uns vielleicht einen kleinen Blick hinter die Dinge dieser Welt. Hast du denn niemanden, der dir den Weihrauch kaufen könnte?"

    "Ach..." musterte die Priesterin den jungen Mann skeptisch.
    "Hast du denn auch den richtigen Weihrauch dabei? Außerdem musst du deine Frage schon etwas konkreter gestalten."
    Nun umspielte doch noch ein leichtes Lächeln ihre Mundwinkel. Die jungen Leute von heute waren immer so stürmisch...

    Aus den Tiefen der Gänge kommen allmählich eilige Schritte näher. Eine Priesterin mittleren Alters von gepflegter Erscheinung und mit eleganter Tracht durchquert die unzähligen Bereiche von Licht und Schatten. Als die im Vorraum des Orakels ankommt, entdeckt sie verwundert den Besucher, will erst an ihm vorbei, überlegt es sich dann jedoch anders.
    "Salve. Was führt dich denn hierher?"

    Ein hagerer, hochgewachsener Priester fortgeschrittenen Alters steht ein wenig abseits auf einer kleinen Treppe und fegt diese mit großer Hingabe. Kein Dreck und kein Staubkörnchen vermag ihm zu entkommen und gewissenhaft kümmert er sich um Stufe für Stufe...

    Sim-Off:


    Zitat

    Original von Marcus Caecilius Decius
    Wissen wollen oder nicht, was war hier die Frage...


    Come in and find out. Das Orakel beantwortet dir auch gerne diese Frage, wenn du keine andere hast. ;)


    Zitat

    Wo bekomme ich denn den Weihrauch her? In der Wisim wurde nichts angeboten...


    Der Orakelweihrauch des Königs von Tylus ist nun wieder erhältlich.

    Es dauerte sehr lange, dann verklangen die Gesänge endlich langsam, gingen über ein leises Jammern. Es regte sich etwas am Ende des Durchganges und schließlich trat der Priester in den Eingang. Er durchschritt den Gang, eine Wachstafel in der Hand und kam endlich bei dem wartenden Paar an.
    "So sprach die Sibylle auf eure Frage," setzte er an, hob die Tafel und las mit recht wenig Interpunktion ab:
    "Wer fremde Saat will ernten fällt tief in den Rachen hinab.
    Steht auf benutzt eure Füße
    denn mit dem Löffel schaufelt ihr nur euer Grab.
    Der Liebe entspringen des Glückes Kinder viele an ihrer Zahl
    von Jahr zu Jahr werden es weniger doch viele bleiben es allemal
    wenn der Löwe sich nicht mit einer Küchenschabe verbündet.
    Nur wer das Licht sieht bleibt nicht im Dunkeln
    der Göttin Pfad ist düster und leer
    wie die Sonne am Mittag des Sol wie das leuchtende Götteheer.
    Nie! Nie! Nie! Nie....
    Das Glück ist wie das Fließen des Flusses der nie wieder sein wird wie er war.
    Die Göttin der Liebe heißt Rhenus sie lenkt den Fluss immerdar.
    Zuerst müsst ihr wissen nicht fürchten dann springt tief in die Fluten hinein
    gemeinsam könnt ihr schwimmen und gemeinsam viele sein."

    Er ließ die Tafel sinken.