Beiträge von Galeo Claudius Myrtilus

    Myrtilus hielt sich dezent zurück, tat aber dennoch nicht so, als sei er nicht zugegen. Interessiert und mit insgeheimer Bewunderung der Energizität des flavischen Senators musterte er abwechselnd die Sprechenden. Es war offensichtlich, dass der Kaiser nicht augenblick handeln und damit den Senat beschneiden wollte. Myrtilus erkannte jedoch den Wahrheitsgehalt in den Worten des Flavius. Er dachte an die Rede des flavischen Plebejers auf der rostra. Undank war oftmals der Welten Lohn, wenn man Patrizier war und selbst eigentlich nichts anderes tun wollte, als dem Kaiser, dem Reich und dem Volk treu zu dienen. Myrtilus hatte nie entgegen der Treue gehandelt, ob es nun jene zu seiner Familie, zu seinen Kindern, seinen Kameraden bei der classis oder seinem Kaiser war. Er hatte nie einen Unterschied gemacht.


    Gerade sprach Flavius Furianus von dem peregrinus. Myrtilus neigte den Kopf, nickte leicht, sagte jedoch nichts dazu. Wenn es die Entscheidung des Kaisers war, dass er sich vor dem Senat behaupten und sich den Fragen der Senatoren stellen sollte, so würde Myrtilus nicht davor zurückschrecken. Er hatte immer schon Willensstärke bewiesen, und auch wenn sie vom Alter etwas getrübt war, so war er dennoch ein Claudier, und ein Claudier würde nicht feige den Schwanz einziehen und davonrennen, nur weil er sich einer schwierigen Situation gegenüber sah. Doch nichtsdestotrotz hoffte er, dass er dem Gremium nicht ausgesetzt werden würde.

    Kaum trat der Kaiser ein, neigte Myrtilus das Haupt deutlich nach vorn, um seine Wertschätzung auszudrücken. Begrüßen tat er den Kaiser erst nach dem Flavier. "Mein princeps" sprach er, begleitet von einem Nicken in die Richtung des Kaisers. Er überließ es zudem Furianus, das Anliegen vorzutragen, denn so war es besser. Der Alte stand neben dem praetor und beobachtete mit wachem Geist und wachen Augen die Reaktion des pontifex maximus auf die Worte des Senators.

    Zitat

    Original von Iullus Flavius Fimbria
    ".... Weg mit den Standesbeschränkungen! Das fordere ich! Jeder Römer sollte nur nach dem gemessen werden, was er selbst leistet! Jedem Römer sollte jeder Weg in diesem Imperium offen stehen! Denn wir sind alle gebürtige Römer !.... Neid kann nur da entstehen wo es etwas zu beneiden gibt. ...."


    "Ohje, ohje. Vollkommen geistesabwesend, der Mann", brummte Myrtilus und zuckte mit den Schultern. Auf seine Worte war der Flavier nicht einmal eingegangen. "Bedauerlich, bedauerlich, in der Tat." Zahir stand neben dem Claudier und hatte die Arme auf dem Rücken verschränkt. Ihn interessierte das alles nicht.


    Myrtilus indes räusperte sich und erhob erneut die Stimme.
    "Gesetzt den Fall, Flavius, dass du meine Worte dieses Mal nicht schlichtweg ignorierst, möchte ich dir eine Frage stellen: Was hast du, der du weder einen Rang, noch einen Namen, geschweige denn jemals ein Amte in der urbs aeterna bekleidet hast, was hast du persönlich von der Aufhebung der Standesbeschränlungen? Du wirst dich ohnehin nur auf die faule Haut liegen, auf welcher du bisher jedenfalls lagst. Ehe ich an deiner Stelle etwas fordern würde, Junge, Stand hin oder her. Nach diesem, nun ja, beinahe volksverhetzendem Auftritt würde ich dich nicht einmal die kaiserlichen Latrinen säubern lassen. Du sprichst aus Neid, aus nichts anderem. Ich bin nicht der einzige, der so denkt."


    Er nickte dem seltsamen Mann auf der rostra nochmals zu und deutete dann dem verwundert grinsenden Zahir, dass er jegliches Interesse an den Ausführungen des Flaviers verloren hatte. Bedauerlich, dass jener derart schlecht über die patrizischen Flavier sprach. Das warf kein gutes Licht, und davon abgesehen war Myrtilus absolut anderer Meinung, denn die Flavier waren eine der edelsten und altehrwürdigsten gentes, die er kannte.

    Zitat

    Original von Iullus Flavius Fimbria
    "Ich ruhe mich auf niemandes Lorbeeren aus!", erhob Fimbria unwirsch seine Stimme gegen Galeo Claudius Myrtilus.


    "Fleisch und Blut! Daß ich nicht lache! Vom tarpeischen Felsen würde ich mich stürzen, wenn ich mit dieser patrizischen Brut verwand wäre! Meine Vorfahren wählten den Namen Flavius weil es ein guter Name ist, weil die flavischen Kaiser Männer mit Ehrgeiz und Elan waren. Willst du die Namen meiner Vorväter hören? Du würdest sie doch nicht kennen. Meinen Namen kannst du hören. Iullus Flavius Fimbria lautet er. Und meinen Namen solltest du dir merken, alter Mann! Denn ich brauche keine Ahnen und ich brauche keine patrizische Verwandtschaft um meinen Weg zu gehen!"


    Er spuckte auf die Rostra um zu zeigen, was er von den patrizischen Flaviern hielt


    "Oh, Zahir, hör dir nur diese undurchdachten Worte an. Der arme Mann, er weiß nicht, wie viele Feinde er sich mit diesen Worten macht, denn unser ehrenwerter princeps ist selbst schließlich auch ein Patrizier", sagte Myrtilus zu Zahir und schüttelte den Kopf. Der Nubier hatte von alledem keine Ahnung, er sah den Claudier nur an und erwiderte nichts. Laut sagte er: "So gehe denn deinen Weg, Flavius! Ist es nicht besser, als nichts zu tun? Als zu sitzen und der Kurzweil zu frönen? Sieh mich an, ich mag alt sein, das hast du durchaus fix festgestellt, doch selbst ein alter Geist, wie es meiner ist, bildet sich und strebt nach höherem. Du predigst von Ungerechtigkeit, doch wie soll man einem Manne gerecht werden, der kein Amt inne hat und dessen Namen nicht publik ist, weil er nicht für das Gegenteil sorgt?"



    Zitat

    "Dazu spreche ich nicht nur von Patriziern, sondern vom Adel! ... Seht ihr nicht, welche Möglchkeiten uns, welche Möglichkeiten Rom damit entgehen!?"


    "Aber, aber, du wirst doch nicht auf die Möglichkeit vergessen, dass der Kaiser Befugnis und Autorität besitzt, um selbst Männer aus niedrigen Schichten für ihre gute Arbeit zu entlohnen, Flavius?" fragte Myrtilus und hob eine Braue. Zahir sah seinen alten Herren derweil fragend an. So hatte er ihn nicht erlebt, seitdem er in Baiae an Myrtilus verkauft worden war, und das war inzwischen zwölf Jahre her.


    Myrtilus indes erblickte einen Mann, mit welchem er einige Male bereits in Briefkontakt gestanden hatte, einen Aurelier. Ein Lächeln breitete sich auf seinen Runzeln auf. "Aurelius Cicero! Welch Freude, dich zu sehen!" sprach er und bewegte sich an einigen Gaffern vorbei in dessen Richtung, um ihm die Hand zu schütteln. Zahir folgte gehorsam. "Wie geht es dir, was treibt die Kunst?"

    Myrtilus war mit Furianus dem Aelier gefolgt, der sie durch zwei große, von Prätorianern bewachte Flügeltüren geleitet hatte. In der aula regia war es dem alten Claudier, als konnte er die Präsenz der Götter spüren. Sein Blick grlitt hinauf zu den hoch liegenden Fenstern, durch welche die wärmende Morgensonne hineinströmte und alles in ein gewichtiges Licht tauchte. Myrtilus schauderte, setzte aber weiterhin einen Fuß vor den anderen, stützte sich auf seinen Gehstock und folgte dem magister, vorbei an den aufgestellten Kerzenhaltern und den Kohlebecken, welche wohl im Winter angenehme Wärme zu spenden vermochten. Bald waren sie vor dem reichlich verzierten Stuhl des Kaisers angelangt, und Aelius blieb stehen, übergab einem Diener eine tabula und verabschiedete sich. "Hab Dank, Aelius Callidus", entgegnete Myrtilus noch, ehe der magister verschwand und der Alte sich fortan wieder mit Kenner- und Schätzerblick die wunderbaren Fresken und Mosaike ansah.

    Der Zuall wollte es, dass Myrtilus an jenem Tage einen außerplanmäßigen gang zum tabularium machte. Nun, nicht weit davon entfernt befand sich die rostra, wo sich eine kleine Menschenansammlung gebildet hatte. Der alte Claudier wies an Zahir vorbei, genau dorthin. "Komm, mein Gutster, das schauen wir uns einmal an. Ach, herrlich ist Rom, Politik liegt bei jedem Wittern in der Luft. Nicht wie in Baiae."


    Bald darauf standen der Alte und sein nubischer Sklave unter den Menschen, die sich die Rede eines Mannes anhörten, den Myrtilus nicht kannte. Dennoch wölbten sich beim Hören die Augenbrauen deutlich, und eine Frage musste ihm wohl auf dem Gesicht geschrieben stehen. Unwirsch winkte er Zahir, den Namen zu erkunden, und bald hatte er ihn vorliegen. "Sein Flavius, Herr, aber nicht pazitrisch. Patirschiz. Patzir... Nicht Plebs. Und civis" Myrtilus nickte abwesend und kratzte sich hinte dem linken Ohr. Er verstand die Intention des Mannes nicht. Eine Weile herrschte Schweigen. Dann...


    "Sei so gut, Flavius, und erkläre uns, warum du als Vertreter der plebejischen Söhne Roms es dir selbst nimmst, den Senat anzustreben. Dort sitzen ehrbare Männer, bei weitem nicht nur Patrizier, wie uns die Namen Vinicius, Germanicus, Decimus und jene anderer bekannter gentes zeigen. Warum ruhst du, Flavius, dich auf den Lorbeeren deiner adeligen Verwandten aus, warum fällst du deinem Fleisch und Blut in den Rücken? Beim iuppiter du hast bedauerlicherweise keine Ahnung von dem, was du redest", schloss Myrtilus und schüttelte bedauernd den Kopf. Wäre das ein Sprößling der Claudia, so hätte der Alte ihn übers Knie gelegt, so viel stand fest.

    Das Treppensteigen hatte einige Zeit in Anspruch genommen, in welcher Myrtilus insgeheim über den Architekten geflucht hatte, der sich gewiss nur der Optik wegen diese vielen unzähligen Stufen ausgedacht hatte. Oben angekommen, musste sich der Claudier eine kleine Auszeit erbitten, in welcher er zu Atem kommen und sich auf das Zusammentreffen mit dem magister officiorum vorbereiten konnte. Doch dessen officium befand sich noch einen kleinen Weg entfernt, und als er an der Seite des Flaviers dort angekommen war, brauchte er erneut einen Moment, um wieder zu Atem zu kommen. Dankbar überließ er dem praetor das Reden und trat gefolgt von Zahir in den Arbeitsraum des Aeliers ein. Vorerst hielt er sich zurück und nickte nur grüßend, dann, als er vorgestellt wurde, lächelte sein zerknittertes Gesicht und er tart noch etwas weiter vor.


    "Auch dir ein salve, Aelius Callidus, es freut mich, deine Bekanntschaft zu machen. Nun ja, es handelt sich in der Tat um ein Ansuchen meinerseits, bei dessen Umsetzung mir praetor Flavius Furianus freundlicherweise beistehen möchte. Ich möchte dem princeps darum bitten, mich in die Reihen der augures aufzunehmen."

    Zitat

    Original von Lucius Flavius Furianus
    Die beiden Sänften verziert mit claudischem und flavischem Wappen waren nach kurzer Zeit auch schon an der imposanten Marmortreppe angekommen. Furianus stieg schwungvoll und doch so elegant wie nur möglich aus der Sänfte und ließ Myrtilus noch ein wenig Zeit, um selbigen zu entsteigen.


    Der Weg war nicht weit, und so war es wenig verwunderlich, dass Furianus und Myrtilus schon nach kurzer Zeit an den Stufen des Palastes ankamen. Zahir war schnell zur Stelle, um Myrtilus aus der Sänfte zu helfen, und wenige Augenblicke später stand er neben dem Flavier und man reichte ihm seinen Stock, damit er die Treppen auch schaffen würde. Missmutig sah er die vielen Stufen an. Wenn der Kaiser in sein Alter kommen würde, würde vermutlich eine Rampe gebaut werden. Unwirsch winkte er Zahir und deutete auf die Wache. Der riesige Nubier trat vor und verkündete.


    "Dies sein praetor Flavius Furianus und meine Herr, der ehrenwertbare Claudius Myrtilus. Gewünscht wird eine Audienz bei großes Kaiser."


    Myrtilus seufzte ergeben. Er musste Zahir noch einmal die Grundkenntnisse auffrischen, was den einfachen Umgang mit Fremden betraf. An und für sich machte der Junge es ja nicht schlecht, aber bei einigen Worten drehte sich Myrtilus dennoch der Magen um, wenn er sie hörte. Er lächelte nun allerdings leicht gekünstelt.

    Als ein umherstehender Sklave eine flavische Sänfte anrücken meldete, wandte Myrtilus den Kopf und blinzelte mit altersschwachen Augen der Sänfte entgegen. Kaum hatten die Träger angehalten, erschien Flavius Furianus' Kopf und er begrüßte den Claudier. "Ah, Flavius, schön dass du pünktlich bist. Bereit? Ja, das bin ich. Nach einem ausgesprochenen ientaculum fühle ich mich glatt zwanzig Jahre jünger. Nun denn, lass uns gleich aufbrechen!" bekräftigte der Claudier, nickte und ließ sich in die Sänfte helfen, die der flavischen auf flinken Sklavenfüßen unverzüglich zum Kaiserpalast folgte.

    Wie es in dem Brief gehießen hatte, fand sich Myrtilus zur vereinbarten Zeit mit drei Sklaven, darunter Zahir, vor der villa claudia ein. Eine Sänfte war bereits bereitgestellt worden. Myrtilus überwand die Treppen hinunter mit seinem Gehstock, ein Sklave trug das Hörrohr, welches er brauchen würde. Vier Tage zuvor hatte er noch seinen Schneider kommen und ihm eine toga anpassen lassen, denn er hatte doch ein wenig zugenommen, seit dem er in Rom residierte und die Mahle üppiger ausfielen als in Baiae. So trug der alte Claudier nun eine passgenaue, dunkelblaue toga mit Goldrändern und neue calcei. Fein herausgeputzt wartete er auf den Flavier, der sicherlich bald ankommen würde.

    Myrtilus lächelte den Flavier dankbar an, nickte noch einmal zum Abschied und ließ sich sodann von einem bereitstehenden Sklaven zurück zur porta geleiten, der er sich auf seinen Stock stützend und langsam näherte. Am impluvium blieb er noch einmal stehen, bedachte die zarten Blüten mit einem träumerischen Blick und ging alsbald weiter. Wenig später verließ er die villa flavia und stieg mit Zahirs Hilfe in die bereitstehende Sänfte.

    :app:
    Eine sehr gelungene Ausgabe, mein Kompliment an die fleißigen Schreiberlinge.
    Wenn die aquarii klopfen, werde ich wohl mit einem Keks für Mars unterwegs zum Tempel sein. 8)

    Der Alte bereute schon, die Frage überhaupt gestellt zu haben. Natürlich sollte man schon wissen, wenn jemand mit Rang und Namen baldigst eine Ehe einzugehen gedachte. In Baiae hatte ihn aber auch nur unwichtiges Zeug erreicht, kaum relevante Neuigkeiten. Nun galt es, sich einigermaßen ansehnlich aus der Affäre zu ziehen. Myrtilus strich sich mit Daumen und Zeigefinger über seinen nicht vorhandenen Schnäuzer und räusperte sich.


    "Eh, nun ja, dann wünsche ich euch beiden natürlich allen Segen der Götter, Flavius. Ah, und nun sollte ich mich besser auf den Weg machen, du hast sicher noch wichtigere Dinge zu tun als dich mit einem senilen Opa zu unterhalten", sprach Myrtilus und grinste schief. Er zog sich nur zu gern selbst auf eine liebenswürdige Art durch den Kakao, wusste er doch, dass er wirklich alt und senil war, schlecht hörte und auch nicht mehr viel besser sehen konnte. Ächzend erhob sich Myrtilus und tastete nach seinem Stock, den er bei seinem Eintreffen an den Tisch gelehnt hatte. Als er stand, lächelte er den Flavier sehr zufrieden an.


    "Flavius Furianus, es war mir eine Ehre, dich kennenzulernen, und ich danke dir sehr aufrichtig dafür, dass du meiner Bitte nachkommen möchtest", sagte Myrtilus und nickte, seine Worte betonend.

    Myrtilus hob vielsagend eine Braue an und grinste. Eine Verabredung mit einem Gott hatte der Junge, na dann würde er sich etwas beeilen beim Schreiben. Er fühlte sich auch sonst gut gerüstet, da würde Myrtilus nicht sonderlich lange nachdenken müssen bei den Fragen. Zumindest hoffe er, dass es keine außergewöhnlich schweren Prüfungsfragen waren. Nachdem Valerius Victor ihm die tabulae übergeben hatte, warf Myrtilus einen kurzen Blick darauf. Hm, in der Tat wirkten die Fragen durchschnittlich schwer, zumindest auf den ersten Blick.


    "Gut so, gut so. Ah, Valerius Victor! Natürlich. Ich hatte ohnehin vermutet, dass mein Gehör mir wieder einmal einen Streich spielt, verzeih mir. Wenn du so alt bist wie ich, wirst du wissen, was ich meine", prophezeite Myrtilus und fuchtelte grinsend mit dem stilus in der Hand vor Victor in der Luft herum. "Nun denn, Zahir, lass uns einen Platz suchen, wir haben ja heute die große Auswahl, eh?"
    Der Nubier grinste und warf dem kleinen Tischchen mit der Wasserkaraffe einen Blick zu, half dann aber erst seinem Herren beim Setzen. Den Stock, auf den Myrtilus sich beim Gehen stützte, lehnte er an die Wand. "Zahir wünschen viel Glück", sagte er und machte sich auf den Weg zum Wassertisch.



    Gute zweieinhalb Stunden später (Zahir war gerade wieder auf seinem Stuhl in der Sonne eingenickt) schlug Myrtilus die Tafeln zu und verkündete: "So!" Zahir erwachte und sah sich kurz gehetzt um, dann dämmerte ihm, wo er sich befand, und er sprang hastig auf, um Myrtilus beim Aufstehen zu helfen. "Zahir, mein Guter, ich fühle mich beflügelt, lass mich mal und gib dem Jungen dort vorn schon die tabulae", scheuchte Myrtilus seinen Nubier aber davon. Dieser nahm die Tafeln und gab sie artig vorn bei Victor ab, während Myrtilus auf seinen Stab gestützt hinterher kam und gütig lächelte.

    In jungen Jahren wäre Myrtilus vermutlich selbst in der villa flavia erschienen, um die Tatkraft, mit der er hinter seinem Anliegen stand, deutlich zu machen. So aber würde er Zahir oder einen anderen Sklaven entsenden und die Sache wäre damit erledigt. Zufrieden nickte er daher.


    "Ja, natürlich. Sehr schön, dann wäre dies besprochen. Ehm... Sag einmal, Flavius Furianus, wenn du mir diese Frage gestattest - du bist nicht etwas verheiratet, oder doch?" fragte der Alte dann plötzlich unvermittelt, und abermals legte sich die pergamentene Haut seines Gesichtes in viele kleine Fältchen. Die Augen indes waren wach und suchten nach Anzeichen des Interesses im Antlitz des Flaviers. Epicharis fiel aus, wie er inzwischen wusste, aber es gab schließlich noch andere unverheiratete Claudierinnen... Myrtilus gefiel sich in seiner Rolle als Heiratsvermittler, und auch wenn Furianus nun milde Lächeln und höflich ablehnen würde, so konnte ihm später keiner nachsagen, er hätte es nicht versucht. Sofern das überhaupt jemand tun würde.


    Eine Wolke schob sich von der Sonne fort und gab ihr damit den Weg frei, durchs impluvium zu scheinen und recht ansehnliche Lichtreflexe auf dem Wasser zu erzeugen, sofern es nicht von den Seerosen verdeckt war. Myrtilus begann, sich sehr wohlzufühlen, und drückte dies in einem wohligen, kurzen Seufzer aus. Sonne war etwas Feines.

    Myrtilus hatte großen Wert darauf gelegt, dass der Nubier zumindest bist fünfzig zählen gelernt hatte auf Latein, sodass der Sklave leise die zehn Sesterzen abzählte. Sicher hätte er es auch in seiner Muttersprache vermocht, aber Myrtilus zuliebe zeigte er sein "Können". Kurz darauf war auch der zehnte Sesterz gelegt und der große Nubier richtete sich wieder zur vollen Größe auf.


    "Mein Dank ist dir gewiss, junger Valerius. Mögen die Götter mit dir sein", entgegnete der alte Herr noch, während Zahir bereits die Tür öffnete und wartete. Myrtilus lächelte selig, nickte noch einmal und verließ dann mit dem Nubier im Schlepptau das officium, um sich auf den Märkten noch einige fruchtige Feigen kaufen zu lassen.