Duftende Rosen, Heublumen und Nelken die sanft in den Wogen einer leichten warmen Priese ihre Pracht entfalten. Das Grün der Wiese ist beinahe stechend hell. Im Hintergrund hört er einen Bach über einen Wasserfall stürzen. Die aufsteigenden Wassertropfen zaubern einen Regenbogen in den Himmel, wie er ihn nie zuvor gesehen hatte. An dem Abgrund vor dem Wasserfall ein knorriger alter Apfelbaum, daneben ein Baumstamm, der einst ein großer Lindenbaum gewesen sein musste. Dahinter tut sich eine Landschaft mit sanften Hügeln, Bergen und Tälern, Flüsse und Wäldern auf, die sich in einer unendlichen Weite aufzulösen scheinen. Keine Zwänge die ihm durch seine menschliche Gestalt aufgebürdet werden, keine Sorgen wie er den nächsten Tag wohl überstehen sollte, keine Trauer über sein jämmerliches Dasein und keine Last die ihm durch seine Verantwortung aufgeschultert wird trübt die Idylle, die sich vor ihm ausbreitet. Manius liegt nur da, sanft in ein Kissen aus grünem Gras gebettet und die Landschaft betrachtend. Ach könnte doch dieser Augenblick ewig anhalten. Er schloss die Augen, um die sanfte Priese die durch das Gras fährt noch intensiver auf seiner Haut zu spüren. Er ist zufrieden, das erste Mal in seinem leben ist er wirklich zufrieden. So mussten sich die Götter fühlen.
Als er die Augen wieder öffnete saß er auf den Lindenstamm, den er zuvor noch am Baum mit den reifen saftig prallen Äpfeln fast verloren in der zauberhaften Landschaft liegen sah. Vor ihm ein Mädchen, tanzend im Feld herumwirbelnd. Ihr wunderschönes langes goldbraunes Haar wehte im Wind. Gehüllt in einem seidigen Etwas, das man kaum als Kleidung bezeichnen konnte. An ihrem Knöchel ein goldenes Kettchen, an ihrem Arm ein goldener Armreif. Manius genoss die Szene und hatte beschlossen jeden noch so kleinen Augenblick in vollen Zügen auszukosten. Das Mädchen kam an ihn heran. Ihr Haar streichte sanft über seine Schulter. Als sie sich neben ihm setzte berührten sich ihre Arme, was in ihm unweigerlich eine erregende Reaktion hervorrief. Sie beugte sich vor, ihre Köpfe näherten sich. Er sah nur noch ihr Antlitz, ihre hellblauen verträumten Augen, ihre stupsige Nase, ihre roten glänzenden Lippen. Sie drückt Ihn zurück, ihre Lippen näherten sich. Er wollte sie spüren, sie in seine Arme nehmen. Er umarmte Sie, zog sie an sich heran und lies sich über den Rücken in das Gras fallen.
Doch der Fall, er wurde ein Fall ins Bodenlose. Plötzlich war alles grau um ihn herum. Die Landschaft, die duftende Wiese, das Mädchen. Alles verschwand vor seinen Augen und machte langsam einem dumpfem dröhnenden Gefühl in seinem Kopf platz. Langsam schlägt er seine Augen auf. Verschwommen sah er eine Kreatur, die wohl ein Mann sein musste, über ihn gebeugt und ihm am Kinn mit einem Lappen abtupfend. Vor Schmerz zuckte er zusammen als ihn der Mann berührte. Menschen umringten ihn, gaffend und neugierig. Langsam konnte er sich wieder an die Einzelheiten erinnern. An das Hafenbecken, an den Jungen, die Frau mit ihrer Tochter.
Er schüttelt sich den Kopf, um das Dröhnen, das sich in seinem Kopf festgesetzt hatte und ihm das Gehör raubte zu vertreiben. Langsam nahm er auch wieder Stimmen war und die verschwommenen Bilder verdichteten sich wieder zu zusammenhängenden Bildern.
Der Mann, der noch immer über ihn gebeugt kniete sprach ihn an. Zunächst noch unverständlich, doch dann klar und deutlich.
<Hallo, wie ist dein Name? Kannst du mich auch hören?> Prüfend fährt der Mann mit einem Finger vor seinen Augen hin und her.
Manius dachte kurz nach, die Erinnerungen an den Traum kamen wieder zurück, bevor er müde dem Mann antwortete. Manius …Atius … Severus. Ich sehe wohl ganz schön … fertig aus was? Er zwang sich ein krampfhaftes Lächeln ab, das in ein starkes Husten überging. Er stütze sich nun langsam auf, sah sich um. Der kühle Wind fuhr ihm in den Nacken und lies ihn vor Kälte erschaudern. Er setzte sich auf.
<Na, na, na. Nicht so schnell. Wir wollen ja nicht, das du uns gleich wieder in das Hafenbecken fällst.>
Manius sah den Mann an. Eigentlich wollte er ja nicht mehr warten. Hier war es windig und kühl in seinen durchnässten Sachen, und eine Verkühlung war das Letzte was er jetzt gebrauchen konnte. Der Mann stand auf und schickte sich nun an Manius hoch zu helfen. Manius war froh über die Hilfe, war er sich doch nicht sicher es selbst zu schaffen. Er stützte seinen Oberkörper nach vorne lehnend mit den Armen an den Knien ab, hüstelte noch einige Male, und blickte schließlich zusammengekniffen auf. Er war wieder da!