Beiträge von Manius Atius Severus

    Salve, mein Name ist Manius Atius Severus. Ich bin ein Klient des Proconsuls und sein Scriba in der Verwaltung Hispanias. er setzte kurz ab und zupfte auf seinem Mantel herum.
    Ich möchte mit meinem Patron sprechen, ihn um einen Rat bitten.


    Er wusste dass er für einen Klienten recht spät unterwegs war. Für gewöhnlich fanden sich die Klienten noch vor Morgengrauen bei ihrem Patron ein, doch es graute ihm vor der Vorstellung sich mit den anderen Klienten in die Reihe stellen zu müssen. So hoffte er doch recht bald vorgelassen zu werden.

    Als Manius noch etwas gehetzt die Treppen zum Palast herauf geschritten kam sah er einen in einer feinen Toga gekleideten Mann ungeduldig bei einem der Wachen stehen mit einem Stück Papyrus in der Hand. An seinen Purpurnen Streifen, den angustus clavus erkannte er sofort, das er ein Mann des ordo equester sein musste. Manius ging auf die beiden zu.


    Salve, kann man helfen?


    Die Wache, die gerade das Stück Papyri studiert hatte sah auf. Dieser Herr wird offenbar vom Proconsul erwartet. Er gab Manius den Brief.


    Gut, das liegt am Weg. Ich werde ihm zum Officium geleiten. Mit einer Handbewegung zeigte er in Richtung der Eingangspforte. Wenn der Herr bitte mitkommen möge.

    Endlich hatte sich Manius einigermaßen gefasst. Seine Glieder, seine Haut, in allem kehrte wieder Leben. Der wärmende Tee, den er bekommen hatte trieb ihm wieder Farbe ins Gesicht. Er sehnte sich nach einem Wärmenden Bad, trockenen Kleidern und einer angenehmeren Umgebung. Die Gedanken, die durch seinen Kopf strömten kreisten sich immer noch um das Erlebte im Hafenbecken. Mit Erleichterung nahm er auf, wie er erkennen konnte das sich ein Vigiles bereits um die Frau und die beiden Kinder kümmerten. Tief in Decken gehüllt trotteten sie hinter dem Mann her, die Kinder mit gesenktem Haupt, die Mutter noch immer leicht benommen.


    Manius überlegte, was er hier noch machen konnte. Die Vigiles hatten alles vorzüglich in den Griff bekommen. Nach einer anfänglichen Schrecksekunde, die alle hier am Hafen ergriffen hatte, hat sich in ihrem Handeln aber rasch wieder die übliche Routine eingestellt. Lediglich der Umstand, das so viele Tote aus dem Wasser gefischt werden mussten bedrückte die Männer doch sehr. Manius konnte dies deutlich von ihren Gesichtern ablesen.


    Erst jetzt fand er die Zeit seinen Blick über den Hafen gleiten zu lassen. Eine schreckliche Kulisse tat sich da vor seinen Augen auf. Der Steg, an dem sonst immer geschäftiges Treiben der zahlreichen Matrosen und Hafenarbeitern, den Kapitänen der Schiffe und den Geschäftemachern und Spekulanten zu vernehmen war hatte sich in ein Meer aus Balken, Pfeilern und Brettern verwandelt, welche ziellos im Hafen herumtrieben. Ein großes Unglück für die Menschen und eine Katastrophe für die Stadt. Der Hafen war immer ein zentraler Punkt, eine Sammelstelle an dem Geschäfte angebahnt, Abschlusse getätigt und so manche Spekulation erfolgreich endete oder sich in Nichts auflöste. Das alles wird nun erheblich schwerer werden. Die Arbeiten im Hafen werden schwieriger, weniger Schiffe werden anlegen und ihre Fracht hier im Hafen an Land bringen können.


    Als Manius sich endlich dazu durchringen konnte sich vom Fass zu erheben blickte er Valens an, der noch immer neben ihm stand und auf das Hafenbecken hinaus schaute.
    Vale Matinius Valens. Ich hätte gehofft uns hier in einer angenehmeren Situation sehen zu können. Manius stellte den Becher auf einem die Kaimauer säumenden Steinquadern ab, an deren Grund sich die Ankersteine befanden an denen die Schiffer vertäut wurden. Wie Valens sah er nun auf den Hafen hinaus. Eine große Tragödie. Gerade jetzt, wo die Stadt wieder zu ihrer gewohnten Gelassenheit zurückgefunden hatte.

    Seine Beine trugen ihn schnell hier heraus vor die Stadt. Noch leicht außer Atem bog er um die letzte Kurve des Weges der ihm zur Villa des Proconsuls führte. Die Morgensonne war bereits am Horizont zu sehen. Die goldgelbe Farbe in die die Landschaft durch die noch tief stehende Sonne getaucht wurde, die klare Luft einer leichten wärmenden Prise die vom Meer über die Landschaft zog lud zum Verweilen ein. Doch Manius hatte es eilig. Er wollte nicht der Letzte in einer Schar von Bittstellern und Speichelleckern sein die sich wohl sonst allmorgendlich hier zur Salutatio einfanden.


    Als er die Villa erreicht hatte schnaufte er kurz durch. Erst jetzt bemerkte er dass er beinahe hier her gelaufen war. Weshalb eigentlich? Der Anlass der ihn hier her trieb würde wohl kaum eine solche sportliche Einlage rechtfertigen.
    Mit gemächlichen Schritten stieg er über die Marmorstufen hinauf zur Einganspforte.
    An einer schweren mit Eisen beschlagenen holzfarbenen Tür, an der ein Türklopfer in Form eines wohl genährten Delphins angebracht war blieb er stehen.
    Er klopfte und wartete ob ihm wohl geöffnet würde.

    Die vergangenen Tage waren schreckliche Tage gewesen. Nicht nur das Unglück am Hafen machte ihn fertig, nicht nur die vielen bedauernswerten Geschöpfe die durch Charon über den Styx befördert wurden machten ihn fertig sondern das er beinahe selbst einer dieser Geschöpfe gewesen währe. Die Zeit nach dem Unglück, wie er so am Hafen gesessen war hat ihm Zeit gegeben über sein Leben nachzudenken. Was hatte er in seinem Leben bisher erreicht? Wie werden ihm seine Verwandten, sollte er den einst sterben in Erinnerung behalten? Alles Fragen die sich Menschen in seinem Alter nicht stellen. Vielmehr stellen sich solche Fragen Männer wenn sie alt sind und auf ein langes wechselvolles Leben zurückblicken können. Aber Manius ist bewusst geworden, dass sein Leben in den Händen der Götter lag, und dass es an ihm liegt, was er daraus zu machen im Stande war. Zur jeder Zeit können einem die Götter den Lebensnerv durchtrennen. Alles was dann bleibt ist die Erinnerung die in den Köpfen der Menschen zurückbleibt. Eine Erkenntnis die sich in sein Gedächtnis eingeprägt hatte und ihn sehr nachdenklich gemacht hatten.


    Heute, da es Früh am Morgen war, die Sonne die es noch nicht gewagt hat über dem Horizont draußen vor dem Hafen ihren Zug über das Firmament anzutreten und nur ein karmesinroter Schein in den vorbeiziehenden Wolken von ihrer Ankunft zeugen, versuchte Manius seine Gedanken in ein klareres Licht zu tauchen. Die Morgenstunden wie er zu sagen pflegte eignen sich besonders gut dafür. Sie sind noch unbelastet von den eindrücken des Tages, lassen noch Raum für Ideen. Und eine dieser Ideen war ihm bei einem Gespräch mit Valens gekommen. Heute so dachte er nun würde der Tag gekommen sein, die Ideen die er mit sich herumschleppte endlich auch in die Tat umzusetzen. Einige Gedanken hatte er am Vortag dazu bereits konkretisiert, einige Berechnungen angestellt und auch überlegt, wie er die Sache am besten angehen würde.


    Er holt sich nochmals die Papyri heraus, auf die er seine Berechnungen und Überlegungen festgehalten hat. Er holte seinen Abakus um seine Berechnungen nochmals zu kontrollieren. Eine abschließende Bewertung verweigerte sich ihm. Er rieb sich am Kinn, das noch immer leicht schmerzte. Er stand auf, goss sich etwas verdünnten Wein ein. Er hob den Becher, sah sich den Becher genau an, rieb mit dem Daumen daran und trank mit einem großen Schluck den gesamten Becher leer. Tief ausatmend starrte er in die Wand, welche sich vor ihm auftat. Mit einer heftigen Bewegung stellte er den Becher wieder zurück auf den Tisch. Er war zu einem Entschluss gekommen.


    Er ging auf sein Cubiculum, streifte im Eiltempo seine schönste Tunica über, richtete seinen sagum zurecht, warf ihn über, befestigte ihn mit einer goldenen Fibel, die er einst von seinem Vater als altes Familienerbstück bekommen hatte und stürmte zurück ins Atrium. Dort am Tisch starrte er nochmals die Schriftstücke an, sah den Abakus vor sich liegen. Aber er beachtete sie nicht mehr. Sein Entschluss stand fest.
    Mit großen, schnellen Schritten verließ er die Casa. Die Sonne hatte die gesamte Stadt in ein angenehmes Rot getaucht. Er werde seinen Patron aufsuchen. Er werde ihn um einen Rat bitten, und wenn er sich großzügig zeigte werde er ihn auch um mehr bitten.

    Manius griff nach dem Becher der ihm ein Sklave aus dem Putztrupp des Procurators eingeschenkt hatte. Das Wasser war klar und von erlesener Frische :D wie er sie bei einem verantwortlichen Procurator für die Wasserversorgung der ganzen Regio nicht anders erwartet hätte. Den beinahe abwertenden Blick des Didiers als dieser den Namen seines Patrons aussprach übersah er geflissentlich.


    Seit mir die Götter zwei Augen zum Sehen und einen Mund zum sprechen gegeben haben. Aber das stimmt schon, von mir und meinem Vater wird nicht viel gehört worden sein, war er doch nur ein Bürger diese Stadt ohne zu den Honoratioren gehört zu haben. Als er das Glas nahm und zu einen Schluck ansetzte dämmerte es ihm aber allmählich worauf Crassus angespielt hatte.
    Wein trinke ich recht sparsam. Außerdem wartet noch Arbeit auf mich. Und da ich nun bei dir, dem Procurator Aquarum bin habe ich mir gedacht, zur Abwechslung einen Becher mit frischem Wasser zu trinken. er führte das Glas nochmals an den Mund und trank.


    Wie ich sehe bist du gerade dabei dein Officium einzurichten. Er sah zu den Sklaven hinüber, die sich gerade über einen Tisch mit allerlei Schreibkram hermachten und versuchten die Dokumente die sie dort vorgefunden hatten zu sortieren und in Regalen verschwinden zu lassen. Wenn ich deine Zeit zu sehr in Anspruch nehme möchte ich dich nicht mit meinen Reden quälen. Manius nahm noch einen kräftigen schluck und leerte das Glas. Er stellte es auf den Tisch, sah Didius Crassus an und erwartete eine Reaktion von ihm.

    Manius richtete sich wieder auf, umgriff seine Arme und presste sie an seine Brust. Die leichte Priese die weiterhin in seinen Nacken fuhr lies ihn immer wieder erschaudern.
    Ein Mann, der sich als Centurio der Vigiles entpuppte klopfte ihn auf die Schultern und sprach ihn an, worauf Manius antwortete.
    Ach was, Helden kommen in den Mythen vor, Kaiser werden zu Helden gemacht, Generäle wollen welche sein. Mir reicht es schon warme Sachen zu bekommen. Hercules und Odysseus, Achill oder Aeneas sind Helden, ich dagegen bin nur ein Mann, der sich im Hafenbecken fast umbringen lies. es erschauerte ihm immer noch. Ich danke dir, ich hätte es wohl nicht selbst geschafft. Er blickte hoch um ein kleines Dankesgebet an die Götter in den Himmel zu schicken.


    Einer der Vigiles kam angerannt, mit einigen Decken und einem Krug in der Hand, aus dem ein wärmender wohlriechender Duft Manius in die Nase stieg. Rasch hatte er sich in die Decken gehüllt, zog sie vor sich zusammen, umgreift sie und zieht sie mit der linken Hand fest an seine Brust. Er musste wieder Husten, was sich zu einen kleinen Hustenanfall ausdehnte. Das Wasser, das er im Hafenbecken geschluckt hatte machte sich wieder bemerkbar. Nach dem er den letzten Tropfen wie er dachte aus seinen Körper ausgeworfen hatte sah er sich um. Ein Fass gleich neben ihm, das gerade ein paar Vigiles geräumt hatten viel in sein Blickfeld. Er setzte sich darauf, schlug mit einigen gekonnten Schlägen die Decke, die er um seinen Körper gewickelt hatte so herum, das er die rechte Hand frei hatte um damit nach dem Becher mit Tee zu greifen der ihm angeboten wurde. Danke, ein wärmendes Kräutergetränk ist genau das was ich jetzt brauche. Er schlürft am Becher und nahm einen großen Schluck daraus.


    Inzwischen hatte sich ein weiterer Mann, den er bereits kennen gelernt hatte zu ihnen durchgekämpft. Valens schien den Mann, der Manius zuvor offenbar aus dem Hafenbecken gefischt hatte gut zu kennen. Doch noch war Manius zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als das er davon wirklich Notiz genommen hätte. Der Kräutertee, der offenbar gut mit Honig gesüßt war wärmte, und das war für ihn zurzeit wichtiger.
    Allmählich hatten sich die Leute, auch unter der Anweisung der Vigiles wieder an die Arbeit gemacht. Manius sah auf, sah die Frau mit ihren Kindern wie sie auf das Wasser starrten. Erst jetzt wurde es ihm klar, dass die Kinder ihren Vater und die Frau ihren geliebten Ehemann verloren hatten. Manius senkte den Kopf, blickte wieder auf den Tee in seinen Händen um nicht der Frau in die Augen schauen zu müssen. Es wird hart für diese junge Familie sein. Hoffentlich hatten sie genug Angehörige hier in Tarraco die ihnen helfen können.

    Nein, das nicht. Manius musste ebenfalls lachen. Ah, mein Barbier. Velox Tensus, so nennt er sich, unten direkt bei den Thermen. Aber lass dich von seinem Namen nicht täuschen. Schnell ist da nur sein Mundwerk. Bei dem musst du Zeit mitbringen. Aber du bekommst einen vorzüglichen Haarschnitt.


    Manius hörte sich die schwärmende Rede des Valens aufmerksam an. Er hatte zwar schon welche gesehen, einige sogar, erst jüngst im Officium des Proconsuls. Und wenn er sich recht entsinnen konnte hatte er auch in der Casa welche, die jedoch verstaubt irgendwo in den Regalen der Apotheca herumstanden. Oh, ich kenne Gläser. Aber die Gläser die wir zuhause haben sind eher als altmodisch zu verstehen. Sie sind größtenteils Importware aus Aegypten, die mein Onkel aus eben dort mitgebracht hatte. Schwere, meist große Krüge oder Schalen aus tiefblauen oder an Lapislazoli erinnernden Farben. In Rom, oder auch hier sind ja vor allem die feinen, dünnen Gläser in den Läden zu finden. Unwillkürlich griff er zu seinem Becher und rieb mit dem Daumen daran.
    Hmm…Hast du dir schon mal überlegt in die Glasherstellung zu investieren? Wenn die großen Quarzvorkommen vor allem in und um Carthago Nova zu finden sind musst du dich doch bestens damit auskennen. Manius drehte den Becher mehrmals in seinen Fingern und stellte ihn schließlich auf den Tisch. Tarraco liegt hier günstig. Die Rohstoffe wie Quarz kommen aus dem Süden, aus Cartago Nova. Das Holz um die Öfen zu befeuern aus dem waldreichen Norden, aus Numantia oder Pompaelo. Und hier in Tarraco werden daraus Gläser für die Händler in Rom gefertigt. Das könnte ein einträgliches Geschäft werden. Noch immer schaute er zum Becher herab. Hängt natürlich davon ab wie gut die Handelswege genutzt werden können. Der Schiffsverkehr wird da eine wichtige Rolle spielen. Und da ist uns der Osten voraus.


    Betroffen über die Auskunft die ihm Valens machen konnte seufzte er. Schade, ein großer Poet unserer Zeit, und sicherlich der größte den Hispania je hervorgebracht hatte. Von Martial hatte er viel gesehen. In Tarraco wurden immer wieder Stücke aufgeführt. Man fühlte sich einem Landsmann verbunden und verpflichtet. Seine Heimat, muss ihm Tribut zollen. Wir könnten ja einige Xenien von ihm vortragen lassen, in den Pausen zum Beispiel.

    Eigentlich hatte er nicht vor länger als nötig im Officium des Procurators zu bleiben. Zum einen hatte wie Manius unschwer erkennen konnte der Procurator sicher noch einiges hier zu tun. Die Staubschicht auf den Dokumenten die allenthalben verstreut herumlagen werde sich nicht durch Müßiggang entfernen lassen. Die leicht stickige Luft hier im Raum war auch nicht gerade einladend. Andererseits hatte auch er noch einiges zu erledigen. Einen Zugang zum Archiv zu erhalten war nicht leicht, und er wollte die Chance heute nicht verstreichen lassen. Zudem brauchte er die Daten aus dem Archiv für den Bericht an den Proconsul. Doch ganz zurückweisen mochte Manius das Angebot auch nicht.


    Ich Danke dir Procurator. Ich will jedoch nicht zuviel deiner kostbaren Zeit stehlen. Aber gegen einen kleinen Schluck Wasser habe ich nichts einzuwenden. Manius sah sich kurz um, entschloss sich jedoch sich nicht nieder zu lassen.
    Wie gesagt, unser Proconsul hat mich zu dir geschickt. Er wünscht einen montalichen Bericht von dir und deiner Arbeit als Procurator Aquarum. Nach seinen Worten wünscht er ein ausführliches detailliertes Dokument zur Wasserversorgung und der Wasserqualität hier in der Regio.

    Duftende Rosen, Heublumen und Nelken die sanft in den Wogen einer leichten warmen Priese ihre Pracht entfalten. Das Grün der Wiese ist beinahe stechend hell. Im Hintergrund hört er einen Bach über einen Wasserfall stürzen. Die aufsteigenden Wassertropfen zaubern einen Regenbogen in den Himmel, wie er ihn nie zuvor gesehen hatte. An dem Abgrund vor dem Wasserfall ein knorriger alter Apfelbaum, daneben ein Baumstamm, der einst ein großer Lindenbaum gewesen sein musste. Dahinter tut sich eine Landschaft mit sanften Hügeln, Bergen und Tälern, Flüsse und Wäldern auf, die sich in einer unendlichen Weite aufzulösen scheinen. Keine Zwänge die ihm durch seine menschliche Gestalt aufgebürdet werden, keine Sorgen wie er den nächsten Tag wohl überstehen sollte, keine Trauer über sein jämmerliches Dasein und keine Last die ihm durch seine Verantwortung aufgeschultert wird trübt die Idylle, die sich vor ihm ausbreitet. Manius liegt nur da, sanft in ein Kissen aus grünem Gras gebettet und die Landschaft betrachtend. Ach könnte doch dieser Augenblick ewig anhalten. Er schloss die Augen, um die sanfte Priese die durch das Gras fährt noch intensiver auf seiner Haut zu spüren. Er ist zufrieden, das erste Mal in seinem leben ist er wirklich zufrieden. So mussten sich die Götter fühlen.


    Als er die Augen wieder öffnete saß er auf den Lindenstamm, den er zuvor noch am Baum mit den reifen saftig prallen Äpfeln fast verloren in der zauberhaften Landschaft liegen sah. Vor ihm ein Mädchen, tanzend im Feld herumwirbelnd. Ihr wunderschönes langes goldbraunes Haar wehte im Wind. Gehüllt in einem seidigen Etwas, das man kaum als Kleidung bezeichnen konnte. An ihrem Knöchel ein goldenes Kettchen, an ihrem Arm ein goldener Armreif. Manius genoss die Szene und hatte beschlossen jeden noch so kleinen Augenblick in vollen Zügen auszukosten. Das Mädchen kam an ihn heran. Ihr Haar streichte sanft über seine Schulter. Als sie sich neben ihm setzte berührten sich ihre Arme, was in ihm unweigerlich eine erregende Reaktion hervorrief. Sie beugte sich vor, ihre Köpfe näherten sich. Er sah nur noch ihr Antlitz, ihre hellblauen verträumten Augen, ihre stupsige Nase, ihre roten glänzenden Lippen. Sie drückt Ihn zurück, ihre Lippen näherten sich. Er wollte sie spüren, sie in seine Arme nehmen. Er umarmte Sie, zog sie an sich heran und lies sich über den Rücken in das Gras fallen.


    Doch der Fall, er wurde ein Fall ins Bodenlose. Plötzlich war alles grau um ihn herum. Die Landschaft, die duftende Wiese, das Mädchen. Alles verschwand vor seinen Augen und machte langsam einem dumpfem dröhnenden Gefühl in seinem Kopf platz. Langsam schlägt er seine Augen auf. Verschwommen sah er eine Kreatur, die wohl ein Mann sein musste, über ihn gebeugt und ihm am Kinn mit einem Lappen abtupfend. Vor Schmerz zuckte er zusammen als ihn der Mann berührte. Menschen umringten ihn, gaffend und neugierig. Langsam konnte er sich wieder an die Einzelheiten erinnern. An das Hafenbecken, an den Jungen, die Frau mit ihrer Tochter.
    Er schüttelt sich den Kopf, um das Dröhnen, das sich in seinem Kopf festgesetzt hatte und ihm das Gehör raubte zu vertreiben. Langsam nahm er auch wieder Stimmen war und die verschwommenen Bilder verdichteten sich wieder zu zusammenhängenden Bildern.


    Der Mann, der noch immer über ihn gebeugt kniete sprach ihn an. Zunächst noch unverständlich, doch dann klar und deutlich.
    <Hallo, wie ist dein Name? Kannst du mich auch hören?> Prüfend fährt der Mann mit einem Finger vor seinen Augen hin und her.
    Manius dachte kurz nach, die Erinnerungen an den Traum kamen wieder zurück, bevor er müde dem Mann antwortete. Manius …Atius … Severus. Ich sehe wohl ganz schön … fertig aus was? Er zwang sich ein krampfhaftes Lächeln ab, das in ein starkes Husten überging. Er stütze sich nun langsam auf, sah sich um. Der kühle Wind fuhr ihm in den Nacken und lies ihn vor Kälte erschaudern. Er setzte sich auf.
    <Na, na, na. Nicht so schnell. Wir wollen ja nicht, das du uns gleich wieder in das Hafenbecken fällst.>
    Manius sah den Mann an. Eigentlich wollte er ja nicht mehr warten. Hier war es windig und kühl in seinen durchnässten Sachen, und eine Verkühlung war das Letzte was er jetzt gebrauchen konnte. Der Mann stand auf und schickte sich nun an Manius hoch zu helfen. Manius war froh über die Hilfe, war er sich doch nicht sicher es selbst zu schaffen. Er stützte seinen Oberkörper nach vorne lehnend mit den Armen an den Knien ab, hüstelte noch einige Male, und blickte schließlich zusammengekniffen auf. Er war wieder da!

    Zitat

    Original von Lucius Didius Crassus
    Etwas hatte mir ja davor gegraut, dieses neue Officium zu beziehen und dann noch ein Officium, das lange von einem Mann belegt worden war, der sieine Zeit hauptsächlixh in den Lupanaren der Stadt verbracht hatte.


    Und so hatte ich ein Officium vorgefunden, das von einer Staubschicht belegt war. Welch ein Graus,.... bis ich den Stapel von offenen Wasserrechnungen fand.


    Als es klopfte, sah ich auf und rief : "Herein "


    Manius kam der Aufforderung umgehend nach und öffnete die Tür, die ein unangenehmes Ächzen von sich gab. Ungeachtet dessen ging er hinein, schloss die Tür und ging auf den Procurator zu. Dieser hatte sich offenbar gerade über einige Dokumente oder Rechnungen hergemacht.


    Salve, Procurator Lucius Didius Crassus. Ich bin der neue Scriba Provincialis, Manius Atius Severus. Der Proconsul schickt mich.
    Manius wollte nicht sofort mit der Sache herausrücken weshalb er gekommen war. Er wollte vielmehr die Reaktion des Procurator abwarten.

    Der Regen hatte bereits aufgehört und die Sonne versprühte wieder ihre gewohnte Wärme. Einzelne Pfützen verrieten noch den Regen der vor einigen Stunden über Tarraco niedergegangen war. Um diese Jahreszeit kann ein Regen zwar nicht mehr so heftig ausfallen, doch hält er deutlich länger an. Manius war froh nicht über die nassen, glitschigen Wege gehen zu müssen um das Officium des Procurator Aquarum zu erreichen. Das Aedificium in dem die Beamten der Regio Tarraconensis untergebracht waren war in weiser Voraussicht des Architekten mit einem überdachten Verbindungsgang direkt zur Arx der Provinzverwaltung verbunden.
    Manius ging die langen Flure entlang und blieb vor einer Tür stehen, an der ein Schild mit dem Titel des dahinter residierenden Beamten angebracht war.


    *Poch, Poch*


    Es war bereits post meridiem und für Manius die Zeit sich um seine Aufgaben zu kümmern. Zunächst werde er gleich den Praefekten aufsuchen, um sich dann um den Didier zu kümmern. Für die Weiteren Aufgaben wird er mehr Zeit brauchen. Da sind Akten zu wälzen und Dokumente zu prüfen.


    Nein, ich habe ansonsten keine weiteren Fragen. Den Bericht wirst du in den nächsten Tagen auf den Tisch bekommen. er wandte sich zum Gehen Vale Patron. Er ging zur Tür und verlies das Officium um sich gleich zum Praefectus Vehiculorum zu begeben.

    Doch die Frau lag immer noch regungslos auf den Balken. Nur das langsame Keuchen verrät, das sie noch leben musste.
    Manius der sich nun im Stande fühlt selbst auf die schwimmende Barke zu klettern zog sich langsam, fast liegend auf einen der Planken hoch, griff nach einem Seil das dort noch von einer Stange herunterhing. Das ganze flossartige Gebilde begann immer wieder zu schwanken doch Manius behielt die Ruhe, die nötig war um die Barke aus Brettern und Planken gekrönt von der Galionsfigur nicht zum Kentern zu bringen. Auf den Balken musste er zunächst einmal durchatmen. Seit er in das Hefenbecken gehechtet war hatte er keinen trockenen Boden unter seinen Füßen. Gut, es schwankt und ist alles andere als das was sich ein Mann in seiner Situation erträumt hätte, doch er war froh darüber überhaupt aus dem brackigen Hafenwasser gekommen zu sein. Er wälzt sich herum, stützt sich auf und blickte an seinem Arm entlang zur Frau hinunter. Deine Tochter ist in Sicherheit. Vigiles haben sie ans sichere Ufer gebracht. Er ergriff ihre Hand Nur noch diese Kraftanstrengung. Dann haben wir’s geschafft. Dein Junge ist übrigens auch schon gerettet. Schaffst du es auch?


    Die Frau dreht sich zur Kaimauer um Sehen zu können ob die Angaben die ihr Manius machte auch den Tatsachen entsprächen, und nicht nur Floskeln sind die sie beruheigen sollten. Am Kai erblickt sie ihre Tochter, die gehalten von einem starken Mann ihrerseits ins Hafenbecken starrt. Suchend schaute sie die Kaimauer entlang und erblickte auch den Jungen, der sich noch zu klein um sich sorgen um die Mutter machen zu können, aber doch ihre Wärme spüren möchte weinend in den Armen einer alten Frau gerettet hatte. Sie dreht sich zu Manius um und blickte zu ihm auf. "Ich glaube schon. Du musst mir aber helfen. Ich weiß nicht ob ich es alleine schaffen kann." Sie wandte sich wieder ab, zog die Arme an und versuchte sich langsam hochzustemmen. Halte dich an der Stange fest. Manius versuchte nun ebenfalls sich vorsichtig aufzurichten nachdem die Frau die Stange umklammert hatte. Schnell, das Seil! rief Manius an die Kaimauer wo ein Vigil bereits mit einem Seil in der Hand auf sein Zeichen wartete. Weit ausholend, soweit es dem Vigil eben gelang, da der Kai immer noch von Menschen überfüllt war warf er Manius das Seil zu, der es zielgenau mit einer Hand zu fassen bekam und an seine Brust heranzog. Er legte das Seil um ihre Hüften und gab dem Vigil ein Zeichen, dass er das Seil nun stramm halten sollte und ihr, wenn sie an der Leiter war helfen sollte sie ans sichere Ufer zu ziehen. Gemächlich und vorsichtig tastete sich die Frau an die Leiter heran, stieg in eine der Pfosten und begann ihren mühsamen Aufstieg hinauf zum rettenden Ufer.


    Manius war froh. Das erste Mal seit er heute auf den Markt hier im Hafen gekommen war huschte ein erleichtertes Lächeln über sein Gesicht. Seine Freude lies ihn vergessen, das er beinahe am Abgrund seines Lebens gestanden hatte. Die Freude einem Menschen geholfen zu haben, sein Leben gerettet zu haben rief ein Gefühl der tiefen innerlichen Zufriedenheit hervor.


    Als er das Geschehen so halb abwesend, halb in Gedanken versunken betrachtete wird er jäh aus seiner Träumerei wachgerüttelt. Ein Balken schlug fest an seiner rettenden Barke auf und brachten ihn aus dem Gleichgewicht. Mit den Armen rudernd versucht er noch die Stange, die schwanken in die Höhe ragte zu fassen. Er gleitet an ihr ab. Nur ein Reflex konnte ihn noch retten. Er umklammerte die Stange, verlor seinen sicheren Stand und geleitete wie ein nasser Sack auf die Galionsfigur herab. Sein Kinn bremste seinen Sturz jäh ab. Es entfleuchte ihm nur noch ein Schmerzhaftes Ahhh… Und Manius lag K.O. gegangen immer noch die Stange umschlungen auf der Barke.

    Gut gelaunt wie selten an einem regnerischen Tag kam Manius an der Tür des Praefectus Vehiculorums an. Er hatte heute noch einiges zu erledigen weshalb er sofort klopfte und ins Officium eintrat, ja fast hineinstolperte. Eine Stufe, die den Boden des Officiums vom marmornen Fussbodens des Flurs trennt wurde ihm zum Verhängnis. Er faste jedoch rasch wieder tritt. Noch etwas konsterniert trat er an den Praefekten heran.


    Salve, Herius Hadrianus Subdolus. Ich bin der neue Scriba Provincialis, Manius Atius Severus. Der Proconsul schickt mich. Manius musste eine kurze Pause einlegen und die Tabula hervorkramen, auf der er sich die Notizen gemacht hatte. Es geht um eine ... Wertkarte für die Provinzverwaltung. Ich nehme mal an eine Wertkarte in Höhe von ... 700 ... Sesterzen sollte in Ordnung gehen. Manius schaute nochmals genau auf die Tabula. Durch den beinahe Sturz war die Schrift zwar etwas verwischt, doch er konnte gerade noch lesen, das es entweder 500 oder 700 Sesterzen sein mussten.

    Manius hörte sich die Ansprache sorgfältig an. Nicht das es ihm nicht klar gewesen währe was von ihm erwartet werden würde, sondern um seine Entscheidung die er getroffen hatte auf sich wirken zu lassen.
    Manius stand ebenfalls auf und reichte ihm die Hand für einen festen, kräftigen Händedruck.
    Die Freude ist auf meiner Seite Patron.
    Das Angebot das ihm Furianus gemacht hatte ihn zu Helfen, einen guten Ratschlag zu geben wenn er einen braucht, und auch wenn er in finanziellen Fragen Hilfe benötigt ein offenes Ohr zu haben werde er in Anspruch nehmen. Aber er fand es nicht angemessen bereits jetzt ein Anliegen vorzubringen.

    Mit diesem Angebot hatte Manius zwar nicht gerechnet, doch war es ihm Ehre und Vertrauensbeweis zugleich dieses Angebot erhalten zu haben. Es ehrte ihn von einem Senator, einem Patrizier überhaupt in Erwägung gezogen zu werden, und es war ein Vertrauensbeweis in seine Fähigkeiten. Diese jedoch würden ihn auch verpflichten einem Senator keine Schande zu bereiten und einen Lebenswandel zu führen der untadelig sein wird. Das wird ihm nicht schwer fallen. Die Aufgaben die er sich vorgenommen hat sind sicher groß und werden viel Zeit brauchen umgesetzt zu werden, und die Unterstützung eines Patrons zu genießen, das wird hilfreich sein.


    Beinahe verlegen versuchte er auf Lucius Flavius zu antworten.
    Es währe mir eine Ehre Klient von Lucius Flavius Furianus zu werden. Du sagst es, es ist ein wichtiger und einschneidender Schritt den ich zu entscheiden habe. Aber ich kenne meine Möglichkeiten, meine Chancen ohne Unterstützung weiter zu kommen. Und auch für dich sollte daraus kein Nachteil erwachsen. Meine Loyalität sei dir gewiss. Er dachte nochmals kurz darüber nach. War er wirklich schon bereit für diesen Schritt, sollte er nochmals darüber nachdenken? Viele Entscheidungen die er rasch getroffen hatte waren falsche Entscheidungen. Doch Heute fühlte er sich sicher eine gute Entscheidung zu treffen und seinem Patron die Ehre zu erweisen. Während er so nachdachte über die Vor und Nachteile bemerkt er gar nicht das er bereits das Wort Patron verwendete.
    Ich werde das Patronat annehmen. Ich stehe zu deiner Verfügung Patron.