Beiträge von Tilla Romania

    Tilla schüttelte den Kopf, zeichnete mehrere Hausdächer in die Luft, Tempelsäulen und ein rundes Oval, das Kolosseum. Gebäude, zu denen die meisten Menschen in der Stadt einen Bezug hatten, sei es Wohnhäuser, Tempel oder die Vergnügungsstätten. Laevina war also seit gestern da und bekam gleich am nächsten Tag ein lebendes Geschenk.. nämlich sie selbst. Tilla lächelte gezwungen und folgte der anderen hinterher durch die Gänge ins Zimmer. Aha.. dieses Zimmer also. Hier würde sie sich zukünftig öfters aufhalten müssen als sonstwo.


    Die Frau fragte nach dem Oberhaupt der Sklaven... sie sah zu Boden und schluckte hart. Wie immer ganz vorsichtig nahm sie die Tafel an sich, wischte die beschriebenen Flächen sauber und begann erneut zu schreiben. Wir hatten einen majordormus. Der ist vor gar nicht so langer Zeit gestorben und über den Styx gegangen. Brix ist noch gar nicht so lange sein Nachfolger. Ich weiss nicht, ob er wie Hektor auch ein Leibwächter ist. Jedenfalls macht er Scherze, auf die ich fast immer reinfalle. Hm.. ob Ursus oder Avianus da waren? Es ist schon beinahe Mittag. Da muss ich in deren Zimmer nachsehen gehen... vielleicht sind die schon außer Haus oder wir haben Glück. Tilla reichte Laevina die Tafel zurück, suchte nach den Dingen die für ein Zurechtmachen benötigt wurde. Die letzte Frisurübung war schon ziemlich lange her...

    Das jüngste Mitglied der Sklavengemeinschaft war schon seit dem ersten Morgenlicht auf den Beinen und führte Luna, die grauweiss gefleckten Stute sowie den Hengst Ikarus am Zaumzeug aus dem Stall hinaus. Da sie die beiden Pferde festhalten musste, konnte sie den anderen, die bereits anwesend waren, nur fröhlich zulächeln. Das Mädchen trug genau diesselbe Kleidung wie beim Ausflug am Meer, eine meerblaue Tunika und ein dunkelgraues Cape. Außerdem trug sie ihren Tränenstein am Lederriemen unterm Kragen ihres Umhangs. Beide Pferde band sie an einer Quertstange an und hatte nun die Hände frei. Tilla blieb bei Luna stehen, sah stillschweigend zu den anderen rüber. Ursus, Caelyn und Nuala, mehr Hausbewohner waren nicht da? Hm.. seltsam... sollte sie schon aufsitzen oder wie sollte das ganze ablaufen?


    Natürlich würde sie auf Luna reiten, sie mochte die Stute, hatte ein spannendes Abenteuer mit ihr erlebt. Sie streichelte Ikarus Hals und schluckte den Klos hinunter. Hengst Ikarus erinnerte sie an Hektor, immer noch war keine Nachricht eingetroffen, wann er wieder zurückkommen würde. Somit musste sie immer noch warten, auf Maron wartete sie ebenfalls! Schon komisch, sie hatte Zeit ihres Lebens schlechter Erfahrungen gemacht und war hier auf nette Männer getroffen, die ihr gezeigt hatten, dass nicht alle Männer so waren wir ihr ehemaliger Herr. Tilla seufzte leise, richtete die Zügel und klopfte mit dem Fuß einen Takt der ihr gerade in den Sinn kam. Nuala und ihre Musikinstrumente. Tilla hörte ihr gerne zu.. wenn die andere denn mal spielte. Spontan hob sie ein Steinchen vom Boden auf, warf ihn vor Nualas Füße und winkte ihr zu. Weisst du schon, wen du reitest? Das ist Luna und das ist Ikarus! Caelyn stellte sie mit Hilfe eines weiteren Steinwurfes dieselbe Frage und überlegte, ob sie auch Ursus auf sich aufmerksam machen sollte. Der stand aber ungünstig.. mit einem Steinwurf kaum zu erreichen. Ganz spontan packte sie die Mähne der Stute, nahm etwas Schwung und zog sich rauf auf den breiten Rücken. Die Stute schnaubte. Immer noch hielt Tilla sich an der Mähne fest, liess die Beine locker runterhängen.

    Fische die außerhalb des Wassers herumkrabbeln? Caelyn verwirrte die kleine Tilla. Irgendwo im Hinterkopf wusste das stumme Mädchen mit Sicherheit welche Art Fische Caelyn meinte, kam aber nicht darauf.


    Aufmerksam beobachtete sie Caelyns Miene, lachte erleichtert stumm auf, als sie so ein schönes Lob bekam. Des habe ich abgeschrieben und dann umgeschrieben, weil ich nicht wollte, dass die kleine Wolke der großen zum Opfer fällt. Also von ihr verschluckt wird und für immer und alle Zeit in der dunklen Wolke bleiben muss. 'erklärte' mit ihren Händen, zeigte zusätzlich auf die Worte in dem Text.


    Weisses Zeug, dass vom Himmel kommt. Hmja, wenn das runter kommt, dann weiss ich, dass es sehr kalt wird. Sandalen nicht mehr warm halten und gefährlich sind, weil man andauernd ausrutscht und ganz schnell hinten landet gab Tilla zum besten, was sie über den Schnee wusste. Genau.. und wenn so ein dummes Wetter ist, dann muss ich versuchen ganz viel zu essen auf einmal zu besorgen, damit ich im Versteck und unter der Decke bleiben kann. So wie ein Eichhörnchen eben. Nur das sich kaum Nüsse kriege sondern altes Brot und Käse oder Reste von den Garküchen. Tilla sprach so, als ob sie immer noch auf der Straße leben würde. Aber eben so war es 'draußen' gewesen. Warum es mit anderen Worten verfälschen?


    Sie legte den Kopf schief, zuckte mit den Schultern. Kann sein, dass er so heisst wie du sagst. Jedenfalls redet er genauso komisch wie Sertorio. Lediglich das 'bom' fehlt. Corvinus sah irgendwie ganz fröhlich und begeistert aus, nachdem er mit deinem Bruder in einem Zimmer war. Tilla blickte nachdenklich auf das Wasser hinab. Ist er wirklich dein Bruder? Wie ist es einen Bruder zu haben?

    Nicht viele Momente später, in denen Tilla versuchte den Besitzerwechsel zu verdauen, kam ein höherstehender aurelischer Sklave zu ihnen. Tilla ging für Caecus zur Seite und liess ihn seine Nachricht verkünden. Corvinus blieb daher nicht mehr allzulange bei Ihnen und verabschiedete sich. Jetzt war sie mit ihrer neuen Herrin Laevina ganz alleine und diese überfiel sie ihrerseits nun mit Fragen. Vorsichtig nahm Tilla die Tafel an sich, wischte diese sauber und schrieb einige Antworten nieder.


    Die Herrin war schon losgegangen. Eilig rannte Tilla gleich nach dem Schreiben ihr hinterher. Gleichzeitiges schreiben und gehen vertrugen sich nun mal nicht. Somit reichte Tilla ihr etwas verspätet ihre Antworten und hielt die Tür auf, die vom Garten wieder ins Haus hineinführte. Es war doch schon immer so gewesen, dass es ein Mann als Leibwächter sein musste, oder? In der Stadt herumführen gerne. Nur die Schönheiten wollt ihr sehen, nicht wahr? Tut mir leid, ich weiss nicht wo Euer Zimmer sein soll. Hektor wäre ein toller Begleiter, aber er ist schon lange nicht mehr hier. Sertorio ist ebenfalls futsch. Louan.. keine Ahnung, ob er als Begleiter so gut ist, wie er ist. Trautwini kenne ich kaum und die anderen Sklaven.. naja... vielleicht mag dominus Avianus oder dominus Orestes mitkommen.

    Tilla hob ihr Messer auf, steckte es zurück an den Platz im Gürtel. Es wurde durch Corvinus nicht nur die Tatsache allein bestimmt, dass sie zukünftig Laevinas Leibsklavin sein sollte... es wurde auch bestimmt, dass die junge Frau über ihre Freilassung entscheiden konnte. Tilla hielt abrupt still, blickte vom einem zum anderen und wusste nicht was sie davon halten sollte. Freigelassen werden? Wozu denn? Hier hatte sie ein stabiles Dach überm Kopf, regelmässige Mahlzeiten und immer wieder etwas zu tun. Letzteres war immer wieder erfreulich sowie interesssnt ausgefallen und gab Tilla das nötige Quentchen Selbstvertrauen in sich und ihre Fähigkeiten trotz ihrer ungewollten Sprachlosigkeit. Laevina bedankte sich bei Corvinus und fragte sie etwas Neues. Tilla wollte erst den Kopf schütteln, aber sie musste gehorchen! Noch wusste sie nicht wie Laevina wirklich war. Ja. Langsam nickte sie mit dem Kopf, gab zu verstehen, dass sie sich auskannte, inklusive Abkürzungen der Wege über die Dächer der Stadt. Die neue Herrin konnte ganz sicher nicht wie eine Spinne Wände hinauf klettern. Tilla nahm die Tafel und schrieb eine Frage auf. Kommt drauf an wohin ihr gehen wollt??? Jetzt sofort?? Wie lange könnt ihr gehen? Bestimmt nahm Laevina eine Sänfte.. wie alle anderen Aurelier.

    Auf den Armen spürte sie noch die Wärme von Fhionns Armen. Sie war dankbar für diese Umarmung, die sie von der Älteren bekommen hatte. Außer der alten Frau hatte sie keiner so toll umarmt. Nach der Genesung von den Misshandlungen und Flucht auf die Straße musste eine wollene Decke als Kuschelplatz herhalten. Dann war sie eingefangen und als Sklavin verkauft worden. Später waren es die anderen Mitsklavinnen, die ihr Umarmungen schenkten, nach denen sie sich immer wieder sehnte. Tilla brauchte diese kurzen kuschligen menschlichen Momente genauso wie die Luft zum Atmen und die Gewissheit nie wieder geschlagen zu werden. Sie tastete nach Fhionns Hand, deutete mit der anderen Hand zur Leiter. Komm... Tilla kletterte voraus, wartete auf Fhionn und führte sie zu einer anderen Ecke, wo ebenfalls lose Bretter sich befanden. Durch diese schlüpften sie heimlich hinaus auf die Straße. Das stumme Mädchen sah eine Gruppe Männer die irgendetwas diskutierten. "Abriß.." war das häufigste Wort, das herauszuhören war. Starr vor Schreck blieb Tilla stehen., drückte Fhionns Hand ganz ganz feste.

    Eine junge Botin..


    Tilla nahm den Weg durch den Garten, um durch das Küchenfenster in die Villa hineinzuklettern und sich dort noch etwas vom Rest des Abendessens zu nehmen. Sie huschte mit schnellen Schritten durch die Gänge, kaute Brotrinde und den Käse auf.


    Dann erst schlich sie ins Zimmer der weiblichen Sklaven hinein, streifte die Sandalen von den Füßen und legte sich angezogen in ihr Bett unter die Decke. Ihre Kleidung war gerade schön warm... warum ausziehen? Sie sah sich nach den anderen Mitsklavinnen um. Hatte jemand ihre späte Rückkehr bemerkt oder war jemand wachgeworden? Tilla spähte zu Siv, Caelyn und Nuala rüber... waren die drei Frauen da oder schliefen die in den Kammern direkt bei den Herren?

    Wunderbar! äffte Tilla ihn nach und steckte ihre Tafel ein. Danke... ich bin nun futsch. sprachs und verschwand auf dem Weg zurück zur Villa Aurelia, die nicht weit von hier war.

    ....fische? Tilla hatte keine Gebärde für das Wort davor und deutete nur die Fische an. Das stimmt allerdings.. es interessiert draussen auf der Straße keinen was man kann. Hauptsache man belästigt niemanden und man kann sich selbst durchschlagen oder für sich selbst sorgen... stimmte das Mädchen der Älteren zu, lächelte zaghaft. Aber ich habe nicht vergessen was man mir beigebracht hat, weil ich das Schreiben und Lesen brauche als Ersatz für Stimme und Sprechen. Es ist hin und wieder ganz nützlich, sich hinzusetzen und zu versuchen von den Lippen der vorbeigehenden Menschen abzulesen...


    Tilla fasste sich bei Caelyns Bemerkúng an die eigene Nase, grinste schelmisch zurück. Vom Schreiben mit Tinte.. der Aurelier Orestes hat es mir neulich in der Bibliothek sitzend beigebracht. Der Buchstabe 'O' stand für Orestes.
    Mit einem Griff reichte sie Caelyn die niedergeschriebene Geschichte, rutschte etwas näher und blickte selbst auf die Wörter. Gut oder nicht gut? fragten Tillas Hände. Ich kenne nicht mal das Wort 'Schnee', ich weiss nicht was das ist. Aber wir wissen beide, was ein Eichhörnchen ist, stimmts?? Magst du Nüsse? Genau wie der Mann der für Corvinus ein Bild malen musste und bei Duccia Clara Texte vorsagen muss? Es war schon eine schöne Sache mit jemandem zusammenzusitzen, zu quatschen und sich auszutauschen... ganz besonders über die Internas in der Villa.

    Na endlich... er las den Tafeltext und atmete erleichert auf. Tilla überlegte, ob es Orestes so gewollt hätte. Eigentlich sollte sie diesen Brief höchstpersönlich abgeben, aber sie hatte mit eigenen Augen gesehen, dass Orestes selber in dieses Haus gegangen war. Und zuguterletzt wurde es schon ziemlich spät und sie hatte noch ihre Pflichten zu erledigen. Darum nickte Tilla rasch, kramte schon alles aus dem größten Beutel an ihrem Gürtel heraus, legte den Blumenstrauß dazu. Im Gegenzug forderte sie mit ausgestreckter Hand ihre Tafel zurück, sah den Türsteher freundlich an.


    Mn Aurelius Orestes Tiberiae Arviniae s.p.d.


    Verehrteste Arvinia, in dem Moment, in dem ich Dir diesen Brief schreibe fällt mir etwas merkwürdiges auf. Zum einen ist mir unsere Begegnung noch so präsent, dass ich Dein Lachen noch in meinen Ohren und Dein Lächeln noch in meinen Augen wahrzunehmen meine. Zum anderen scheint es mir, als ob wir uns schon Monate nicht gesehen haben – so jedenfalls macht mich meine Sehnsucht glauben. Beides – und darin scheinen beide Wahrnehmungen in eins zu fallen – bringt mich aber dazu, auf ein baldiges, ja sehr baldiges Wiedersehen zu hoffen. Ich hoffe, dass dieser Brief und diese Blumen, die ich mitschicke, in Dir denselben Wunsch erwecken oder nähren mögen, den auch ich habe: Dich in Bälde wiederzusehen. Leider sind die nächsten Tage bei mir so gedrängt, dass es kaum möglich sein wird, doch müssen wir dabei nicht verzagen (auch wenn mein Herz bei dem Gedanken Dich nicht sofort wiederzusehen verzagen möchte!), denn noch vor den Kalenden des October möchte ich mein Versprechen wahrmachen. Im kleinen Theater des Balbus geben sie drei Tage vor den Kalenden eine Pantomime der Orestie – und wenn es von Deiner Seite aus möglich wäre, wäre es mir eine große Freude Dich dorthin führen zu können.


    In verehrender Verbundenheit
    Vale
    Dein Manius Aurelius Orestes.

    Tilla sah auf, als sie die freundliche, ihr gut bekannte Frauenstimme hörte und sah Caelyn in ihrer Nähe stehen. Nein, ich möchte nicht schwimmen gehen. Nur gucken, ob Fische drinnen sind. Brix hat mir erzählt, dass da manchmal Fische schwimmen, aber das stimmt anscheinend nicht. Oder ich bin wieder auf den Arm genommen worden ohne es zu merken. 'erzählte' sie mit ihren Händen und deutete zuletzt auf das gute gefüllte Becken. Ein anderer hat mir erzählt, worfür es da ist. Jetzt kann ich Brix Worten gar nicht glauben... von wegen Fische im Becken. Ich finde, Fische und Krebse, Haie und Delphine sind im Meer viel besser aufgehoben. Das stumme Mädchen krauste nachdenklich die Nase, bugisierte die Beine in den gemütlichen Schneidersitz und rieb mit einem Finger auf einem Tintenfleck an der Wange rum. Du gehst doch manchmal mit den anderen rüber zu dem anderen reichen Haus zum Lesen und Schreiben üben, nicht wahr?! Wie gut kannst du jetzt lesen und schreiben? fragte sie spontan. Ich habe eine ganz ganz kurze Geschichte geschrieben. Du darfst sie lesen. Aber nur wenn du möchtest. Ich möchte dich nicht nerven... oder gar aufhalten.. oder sonst was machen... meinte Tilla.

    Die kleine weiße Wolke schwebt ganz entspannt am Himmel, als eines Tages eine dicke, furchterregende schwarze Wolke auftaucht. Sie beobachtet besorgt wie die dunkle Wolke zunächst Regen bringt, die Sonne versteckt und es dann schneien lässt. Je näher Kleine Wolke kommt, desto zorniger wird die große Wolke. Die wird schließlich so wütend, dass sie Blitze schickt und einen Wirbelsturm entfesselt. Aber da die kleine weiße Wolke so große Sehnsucht nach der Sonne hat, entwickelt sie einen Plan, die brummige schwarze Wolke freundlich zu stimmen. Die Kleine beginnt die Große Wolke zärtlich zu streicheln und völlig überrascht lässt die schwarze Wolke weniger Regen fallen. Dann bringt die kleine Weiße mit Grimassen und Herumwirbeln die große Schwarze zum Lachen, woraufhin die große Schwarze erst etwas Sonne sehen lässt und dann so herzlich lacht, dass der Himmel sich aufklärt. Schließlich spannt sich ein wunderschöner Regenbogen über die weiße Wolke, als Zeichen der Versöhnung.


    Tilla liess den calamus sinken und betrachtete ihre Schreibübung auf dem Schreibpapyrus, welches sie sich aus der Bibliothek 'geborgt' hatte. Sie besaß außer den letztjährigen Saturnaliengeschenken, ein Messer, ein Spielball und drei kleine goldene Glöckchen sowie einem altem Kamm und ein paar Tuniken sonst nichts. Gut, sie besaß außerdem noch die gestohlenen Münzen im alten Stall, aber diese würde sie wohl niemals hierherholen können. Weil sie dann bestimmt die Angst plagen würde, dass jemand den Blecheimer finden und man ihrer Vergangenheit aufmerksam werden würde. Schon mehrmals hatte sie gehört, dass Dieben die Finger oder gar die Hand abgehackt wurde... aber naja. War das wahr? Das stumme Mädchen betrachtete ihre tintenverschmierten Finger, entdeckte nach versuchsweisem Schielen schwarze Tintenkleckse auf der Nase. Behutsam legte sie das gesamte Schreibmaterial beiseite und beugte sich über den Rand des Beckens im Atrium, wo sie sich in diesen stillen Momenten befand.


    Neulich hatte jemand aus der Sklavenschaft erzählt wozu dieses ständig mit Wasser gefüllte Becken überhaupt diente. In Gedanken wiederholte Tilla das Gehörte. Das Impluvium ist ein rechteckiges, flaches Auffangbecken in der Mitte des Atriums unter dem Compluvium, der Dachöffnung des Atriums. Das Impluvium ist in der Regel etwa 30 cm tief und dient dazu, das von den umliegenden Dachflächen gesammelte und durch das Compluvium nach unten geleitete Regenwasser aufzufangen und in eine Zisterne weiterzuleiten. Meistens ist das Impluvium mit Marmor verkleidet. Soweit stimmte alles mit diesem Wasserbecken überein. Das Wasser war ganz still und sie konnte ihr Gesicht entdecken. Richtig.. da waren Tintenkleckse auf der Stupsnase. Stumm kichernd betrachtete sie sich, lauschte den Geräuschen der Umgebung. Um diese Zeit machten beinahe alle eine Art Mittagsruhe, doch irgendwer schlich immernoch in der Villa auf leisen Füßen herum.

    Sie trat hastig einen Schritt zurück und blickte den Türsteher an. Voll schade, da hatte sie wohl zu sehr geträumt. Tilla reckte ihm ihre Tafel entgegen.. mannomann, er musste diese doch lesen! Ob er vielleicht stumm war? Wohl kaum, hatte er sie doch soeben angesprochen. Und jetzt? Tilla zeigte mit der anderen Hand auf die Schriftzeichen, hoffte fest, dass er jetzt verstand? Wenn sie diese Aufgabe nicht erledigen konnte, musste sie einen anderen Weg ins Haus finden... nur Einbrechen war eine Sache die ihr nicht behagte.. da blieb sie lieber beim Beutel abschneiden. Jetzt lies doch... deutete Tilla an, machte vor wie man las und reichte ihm erneut die beschriebene Tafel entgegen. Bis zum Morgengrauen war es noch lange hin..

    Ja sicher.. Vergangenheit ist Vergangenheit. Zugleich aber auch wertvolle Erinnerung die nicht vergessen werden darf und soll. Egal ob es damals vorteilig oder nachteilig war. erwiderte Tilla auf Sivs Worte, die schon mal gehört hatte aber von wem konnte sie jetzt nicht sagen. Für Leben ist Erinnerung auch wertvoll, aus ihr weiss man woran du oder ich sind. beendete Tilla ihr Kommentar.


    Sie nickte und lächelte über Sivs Berührung auf ihren dunklen Haaren, umarmte die Ältere ganz ganz feste, damit die auch endlich einmal lachen tat. Danke.. nun weiss ich was ich tun werde. Ob sie während dieser Mord-Geschichte auch zum Messer greifen würde wie Fiona es getan hatte? Keine Ahnung. Zum Abschied umarmte Tilla die Stute und erfasste die Boxentür... sie schlüpfte nach draussen auf den Gang und kehrte mit einer extragroßen Portion Heu zurück, zum dank an Luna, das diese sie gewärmt und getröstet hatte. Eilig stopfte sie alles in die Heuraufe und folgte Siv nach dem Verschliessen der Box hinterher aus dem Stall. Die Papiere hielt sie in den Händen. Stute Luna ist dir bestimmt nicht böse, wenn du ihr ihre Decke morgen zurückgibst. Sie mag dich auch.. gebärdete Tilla, erleichtert wirkend über das was sie morgen machen konnte. Noch einmal drückte sie Siv und sah zu ihr auf. Ich wünsche dir eine gute Nacht, bis morgen. sprachs, nahm Sivs Hand und verschwand mit ihr in den Sklavenräumen der Frauen.

    Sim-Off:

    Ich glaube, mich hat man übersehen.. bin ich so klein und schmächtig?


    Zitat

    Eine junge Botin..


    Endlich war sie aus den vielen irreführenden Gängen raus, konnte Sonnenschein und frische Luft geniessen. Tilla fand nicht weit vom belebten Forum einen Stand, der wunderschöne Blumen im Angebot hatte. Leider hatte Orestes ihr nicht gesagt, welche Blumen er genau haben wollte und was genau im Brief stand wusste sie nun auch nicht. Dem Aurelier schien es jedoch wichtig zu sein, dass alles der noch unbekannten Empfängerin gefiel. Mit einem Strauß Blumen stand sie mit klopfendem Herzen vor der Tür und klopfte an. Diesmal war ihr Klopfen gut zu hören. Ihre Schreibtafel hatte sie zudem vorbereitet, damit der ianitor sogleich ablesen konnte wer sie war und was sie von den Bewohnern des tiberianischen Hauses wollte. Vorausgesetzt, er oder sie konnten lesen.

    Salve, ich bin Sklavin Tilla vom Hause Aurelia und soll Tiberia Arvinia persönlich einen versiegelten Brief und diese schönen Blumen überbringen.


    Ja und so geschah es..


    doch kaum hatte sie die Tafel herausgekramt, schien hinter ihr etwas zu geschehen. Tilla trat beiseite und verzog sich bei dem Anblick der prächtig gekleideten Sklaven und Herren zur Seite. Mit offenen Mund starrte sie die Ankömmlinge an und klappte den Mund erschrocken zu, als sie Corvinus sowie Orestes gewahr wurde. Ei der Daus! Bloß weg hier! Tilla versteckte sich hinter einer Statue und wartete ab, bis sich die Lage beruhigt hatte. So? Konnte sie es jetzt wagen? Tief durchatmend stellte sie sich erneut vor der Tür auf, klopfte hörbar an und legte die Tafel zum Lesen bereit. Vorsichtig zupfte sie die Blüten im wunderbar duftenden Blumenstrauß zurecht und lauschte den jetzt hoffentlich ertönenden Schritten des Türstehers. Oder kam sie persönlich zur porta Tiberia und öffnete ihr. Mal abwarten...


    Salve, ich bin Sklavin Tilla vom Hause Aurelia und soll Tiberia Arvinia persönlich einen versiegelten Brief und diese schönen Blumen überbringen.

    Aha.. eine gekaufte Sklavin. Tilla legte den Kopf schie, musterte Nuala eingehender. Die gleiche oder beinahe ähnliche Haarfarbe dieser 'Neuen' war ihr schon aufgefallen. Hmja... Nuala sah jedenfalls besser aus als sie selbst und älter schien sie sowieso zu sein. Also konnte sie die Stellung des jüngsten Nesthäkchens immernoch für sich beanspruchen.


    Tilla senkte den Blick und widmete sich dem Brei in der Schüssel, auch wenn sie beschäftigt tat, spitzte sie dennoch die Ohren um die Unterhaltung mitzuverfolgen. Siv erleichterte ihr dieses 'Mithören' jedoch nicht, da sie eine andere Sprache als üblich verwendete. Entnervt warf Tilla den Löffel in die Schüssel und trug das benutzte Geschirr zur Spüle, um sie dort hinein zu stellen. Der Tag ist für mich rum. Ich gehe schlafen.. gute Nacht. verabschiedete Tilla sich von den beiden Erwachsenen und überliess sie sich selbst. Wieder klingelten die Glöckchen an Tillas Kleid, als sie zu rennen begann. Ein kleines Wettrennen gegen sich selbst bis zu den Schlafräumen.

    Sie starrte die junge Laevina verdutzt an und lächelte breit, als sie den ersten Überraschungsmoment überwunden hatte. Hurra... jetzt konnte sie ganz persönlich jemandem dienen und diejenige schien mit ihr zurechtkommen zu wollen. Tilla klatschte freudig in die Hände. Dingdongklingelingkling machten die Glöckchen, freuten sich mit ihr. Sie dachte die nächsten Momente an Clara und Orestes, hoffte, dass diese beiden Erwachsenen ihr nicht allzu böse waren, wenn sie plötzlich weniger Zeit für sie hatte.


    Immer noch breit lächelnd hörte sie Laevinas Worten zu. Es sollte noch heute in die Stadt gehen? Tilla verzog das Gesicht, sah zum Himmel auf und hielt nach dem Stand der Sonne Ausschau. Hmja.. um diese Zeit war es rappelvoll auf den Straßen. Die SpätAufstehFrühstücker und FrühzuMittagimbißesser waren dann unterwegs. Tilla behielt die Gedanken für sich, widmete sich ihrer Tafel und wischte diese sauber. Und ob sie kein Ersatz für Leibwächter war... sie war eben Tilla, die ehemalige fingerflinke Diebin.


    Plötzlich fiel etwas längliches aus ihrem Gürtel heraus. Darin würde man ein kleines Messer vorfinden. Es war nicht übermäßig kostbar, damit es bei den anderen keinen Neid erzeugte. Doch es hatte eine gute Klinge und der Griff war mit Einlegearbeiten aus Perlmutt verziert. Das Perlmutt schimmerte blau, in einem ähnlichen Farbton wie ihr Amulett, der Tränenstein. Das Messer steckte in einer feinledernen Scheide, die am Gürtel befestigt werden konnte. Es war nicht groß genug, um eine bedrohliche Waffe zu sein, konnte aber als Hilfsmittel beim Essen oder für feinere Schneidearbeiten gute Dienste leisten. Rasch bückte Tilla sich nach dem Geschenk, welche sie zu den letzten Saturnalien von Ursus dem Aurelier erhalten hatte.

    Ein Lächeln war alles was sie von ihrem eigentlichen Herrn bekam. Tilla erwiderte es zaghaft. Mit Corvinus allerdings verband sie keine guten Errinnerungen da er sie damals gezwungen hatte sich tätowieren zu lassen. Unbewusst rieb sie sich die Stelle wo das Mal unterm Ärmel sich verbarg und liess die Hand sinken. Doch durch den Umgang der Menschen in diesem Haus hatte sie eines gelernt: sie konnte sich hier sicher fühlen und war bisher noch nicht für irgendetwas bestraft worden. Nicht einmal fürs Namensverwechslungsspiel, es war einfach zu lustig gewesen.. damals. Das alles war jetzt schon ziemlich lange her und seitdem hatte sie ihren Schwarm Lucanus nicht mehr wieder gesehen. Schade! Insgeheim schwärmte sie immer noch für en jungen Mann. Und an das Abenteuer mit Fiona und Minna erinnerte sie sich auch noch allzugut. Zum Glück war nicht herausgekommen, dass sie bereits vor den anderen Sklaven wieder in der Villa und im Bett gewesen war.


    Tilla richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf die junge Frau und entwand vorsichtig die Tafel aus ihren Händen. Stimmt, Orestes hat mich gefunden und ins Bett geschickt mit dem Auftrag am nächsten Tag die Texte weiter abzuschreiben. Was ich dann auch gemacht habe und ich habe ihm die Texte in ein ziemlich großes Gebäude gebracht. In diesem Labyrinth hat er sein Büro und er hat mich gefunden, weil die Türe für mich zu schwer zum öffnen war. Meine Texte waren gelungen und ich durfte mir von seiner Belohnung etwas leckeres kaufen! Jetzt fragte Laevina nach dem Grund ihrer Stummheit. Tilla nahm sich einen Moment Zeit, um sich zu sammeln und schrieb weiter. Ich war als kleines Mädchen immer mit zwei alten Leuten zusammen, die für Einkaufen und Botengänge zuständig waren. Plötzlich wurde ich für ein Gastmahl eingeteilt, bei dem ich schweren Wein servieren musste und ich konnte dies nicht sehr gut erledigen, weil ich es nie gelernt hatte. Ich habe zwar den anderen oft beim Servieren zugeschaut dies aber nie selbst machen dürfen weil ich in deren Augen schwach und unnütz war. So kam eines zum anderen. Es war ganz schlimm, weil ich dies so gut wie es eben ging erledigen wollte. Die alten Leute haben mir das Schreiben und Lesen beigebracht. Wieder reichte sie die Tafel an Laevina, hoffte die andere nicht allzusehr überfordert haben mit den vielen nieder geschriebenen Worten und trat unruhig auf der Stelle herum.

    Ob sie sich um die junge Frau kümmern mochte? Rasch ging Tilla ihr letzten Tätigkeiten durch und fragte sich ob sie irgendetwas angestellt oder gar falsch gemacht hatte.. denn das lag natürlich auf der untersten Stufe. Streiche hatte sie gar keine mehr gespielt seit dem Namensverwechslungsspiel und sie hatte sich um die alleinstehende Duccia Clara gekümmert so gut es eben ging. Ich möchte ja. gebärdete sie zustimmend auf die Frage nickend. Corvinus erklärte schon, warum sie nicht den Mund öffnete und wie die anderen Menschen drauflos sprach. Tilla zeigte ihre Tafel vor, legte die Kreide griffbereit dazu. Die junge Frau sprach weiter.. als ob sie gar nicht da wäre. Das Gespräch der beiden wogte hin und her bis man sich ihr wieder zuwandte.


    Das stumme Mädchen hatte unlängst angefangen mit ihrer Schrift die Tafel zu füllen.Ich bin Tilla. Ich gehe kleine Kleinigkeiten einkaufen und manchmal auf Botengänge für die Aurelier im Haus. Oftmals helfe ich einfach nur aus oder serviere Getränke oder Imbiss, wenn Besuch da ist. Neulich habe ich für Orestes mehrere lange Texte abgeschrieben und das Schreiben mit dem calamusgelernt. Das Abschreiben war interessant, ich bin sogar drüber eingeschlafen. Es ging wieder einmal über ihre Vergangenheit. Tilla erzählte nicht gerne darüber und sowas wie eine Ausbildung hatte sie nie erhalten, nur das Lesen und Schreiben. Sie hatte sich selbst den Umgang mit dem Messer beigebracht und das Stehlen gelernt, allein um auf der Straße zu überleben, bis sie eingefangen worden war. Nein, die letzten beiden Dinge verriet sie besser nicht. Nein, ich weiss nicht woher ich komme oder entstamme. Ich diente früher einem brutalen Herrn und habe keine Ausbildung außer mich schreiberisch zu verständigen. Er hat mich bestraft, weil ich ungewollt etwas falsch gemacht habe. Hier habe ich fleissig geübt meinen Fehler auszumerzen. Ich war nie in einer schola, trotzdem lerne ich gerne Neues. Sie trat näher, überreichte mit einem vorsichtigem seitwärts Blick zu Corvinus die Tafel der jungen Frau. Jetzt musste sie warten.. irgendwie war hier etwas komisch.. wollte die Frau sie haben .. oder nicht? Oder wen meinte sie jetzt mit wir?

    Als der liebe Gott den Dialekt über Deutschland verteilte, hat er den Hessen übel mitgespielt. Doch die Hessen nehmen es mit Selbstironie. Das zeigen Sprüche wie: "Alle Hesse sin Verbrecher, denn se klaue Aschebescher. Und klaue se kaa Aschebescher sin se Seggsualverbrescher." Das Lied "Erbarmen, die Hessen kommen", hat selbstverständlich eine urhessische Band getextet. Als Besucher könnte man fast glauben, die Hessen betrieben mit ihrer Mundart einen Hochleistungssport – und zwar in der Disziplin Mundfäule. Was dem Chinesen das "r" ist, ist dem Hessen nämlich das "f". Apfel heißt Eppel, "oberflächlich arbeiten" heißt "huddele" und der Einfallspinsel ist der "Simbel“. Der Hesse lässt sich nur dann zum "f" hinreißen, wenn er seinen Gemütszustand preisgibt – etwa in größter Erregung wie beim "Uffmucke", der "Aufsässigkeit". Den Sinn hinter der bescheidenen Verwendung von Buchstaben versteht nur derjenige, der schon einmal in Frankfurt-Sachsenhausen in einer Apfelweinkneipe abgestürzt ist. Dort muss der betrunkene Gast keinen "Krug mit Apfelwein und Sprudelwasser" bestellen, um Nachschub des "Stöffsche" zu erhalten. Nein, den erfahrenen Kellern reicht ein halb hingenuscheltes "Schoppe" – und schon werden aus Verbreschern die nettesten Menschen – mit oder ohne Aschebescher ist einem dann auch völlig egal.



    Erinnerung an den 8. Tag der Schöpfung, als Gott die Dialekte erschuf...


    Alle Völkchen waren glücklich.


    Der Berliner sagte: "Ick hab nen wahnsinns Dialekt, WA?"
    Der Hanseate sagte: "Moin Dialekt ist dufte, NE!"
    Der Kölner sagte: "Hey, du Jeck, mit Kölsch feiert man Karneval!"
    Der Bayer sagte: "Jo mei, ist des a schöner Dialekt!"
    Der Sachse sagte: "Ja nu freilisch is äs Sächsisch klosse!"
    Nur für den Hessen war kein Dialekt übrig. Da wurde der Hesse traurig...
    Irgendwann sagte dann Gott: "Resch disch net uff, dann schwätz de halt wie isch!!!"