Beiträge von Tilla Romania

    Dieses Mal bewegte seine Augenbraue nicht nach oben. Schade, sie hatte diese kleine Mimik beinahe erwartet. Dafür war etwas anderes auf seinem Gesicht zu lesen. Nämlich Zorn! Tilla zuckte zusammen und rutschte nur ein winziges Stückchen auf der Bank beiseite. Schweigend nickte sie zu seinen Worten. Da waren diese kleine 'Fluchten' in den Garten sowas wie eine kleine Auszeit. Sie wischte das Wachs glatt und schrieb auf, was sie zu dem Dienst im Haus bisher erlebt hatte. *Klar gibt es immer was zu tun. Nur Dina gefällt es nicht mich ständig um sich herum zu haben und schickt mich weg. Sie weiss, wo ich bin und dass ich meistens in den Garten gehe. Außerdem kenne ich noch nicht alle Aufgaben im Haus. Eine eigene Aufgabe habe ich bisher nicht bekommen.*


    Sollte sie hinzufügen, dass sie fünf Jahre auf der Straße gelebt hatte? Es war eine sehr lange Zeit und hatte sie das meiste vergessen lassen, was sie zuvor im Haus ihres alten Herrn getan hatte. Ursus Stimme lenkte sie von ihren Gedanken ab. Entsetzlich und vollkommen unsinnig! Tilla legte den Kopf schief, schluckte hart. Ja, damit hatte er recht. Sie schob die Tafel ihm zu, um die Hände die zu haben und erwiderte gebärdend. Mit den Händen reden, ja. Das ist einfach. Die Straßenkinder haben mich draufgebracht. Ups, jetzt hatte sie doch die Straße erwähnt. Naja.. vieleicht hatte er es nicht verstanden. Das ist 'Trinken' und das ist 'Essen', das ist 'Schreiben'. Tilla fügte jeweils die Geste des Trinkens, Essens und Schreibens vor, hielt imaginär einen Trinkbecher, ein Besteck oder einen Stift in der rechten Hand. Sie lächelte unbewusst ihn an, froh drüber ein paar Gesten machen zu dürfen.

    Uhm.. musste er jetzt fragen warum sie hier im Garten war? Tilla blickte zu dem Busch zurück, unter dem sie geschlafen hatte. Die Tafel bekam sie zurück. Mit einem Nicken legte sie diese auf ihrem Schoß ab, überlegte, was sie schreiben sollte: Lüge oder Wahrheit? *Ich bin im Garten, weil ich lange keinen so schönen Garten mehr gesehen habe. Manchmal beobachte ich die Kaninchen, geniesse die Wärme der Sonne und dann schlafe ich ein, weil ich müde werde. Zugeteilt bin ich noch nicht so richtig zu einem Bereich. Meist laufe ich Dina hinterher, gucke zu was sie macht und versuche ihr dabei zu helfen.* Es war die Wahrheit. Tilla wollte schon die Tafel mit einem Fuß ihm zu schieben. Doch er stellte noch eine Frage. Sie nahm die Tafel auf und schrieb weiter. *Nein, nicht immer stumm. Fünf Jahre ist es her, als mein alter Herr wegen einem Fehler mich bestrafte, den ich begangen habe, weil er mich unbedingt als Ersatz für einen kranken Sklaven bei einem Wein-Gelage einsetzen wollte. Ich machte das Einschenken zum allerersten Mal. Niemand zeigte oder sagte mir was ich machen soll. Und da passierte es...* Tilla stockte im Schreiben und beschloß den Satz offen zu lassen. Tief durchatmend schob sie ihm die Tafel zu, verschränkte die Füße ineinander.

    Schweigend beobachtete sie ihn, versuchte fast schon krampfhaft ihre Angst kleiner zu machen und nicht mehr so arg viel davon zu zeigen. Irgendwie hatte er recht, nämlich damit, dass er schon längst hätte etwas tun können. Jetzt erlaubte er ihr auch noch sich auf die Bank zu setzen und nahm die Tafel an sich. Tilla legte den Kopf schief und betrachtete die Bank. Er würde nicht näher kommen. Das klang gut.


    Vielleicht sollte sie wenigstens versuchen ihm zu glauben? Langsam stand sie auf, nahm Platz, schaukelte mit den Füßen, um irgendwie noch ein bisschen in Bewegung zu sein, reagieren zu können. Mit Überraschung sah sie, wie seine Augenbraue sich wieder nach oben wölbte. Hm.. was sollte das jetzt bedeuten? Abermals legte sie den Kopf schief, wünschte sich ihre Stimme zurück, um zu fragen was los war. Aber ohne Tafel und Stift war es schwierig, da half nur ihre Mimik und Gestik. Schnell setzte sie eine fragende Miene auf, verlangsamte das Schaukeln mit den Füßen. Jetzt wo sie ihn gehört hatte, kam er ihr nicht wie einer vor, der wirklich jemanden misshandeln konnte.

    Sie sollte keine Angst haben, wenn er einfach so näherkam? Wie bloß sollte sie das ihrer Angst erzählen? Tilla wischte mit dem Unterarm das Blut von der Unterlippe fort, sah ihn ängstlich an. Wie und woher sollte sie wissen, das er keinen misshandelte? Sie kannte ihn nicht. Vielleicht tat er jetzt nur so freundlich, um später erst sein wahres Gesicht zu zeigen. Sie verharrte eine ganze Weile auf ihrem Platz bevor sie endlich zur Tafel griff. Sie ritzte ihre Antwort ein und legte die Tafel wieder zurück auf die Bank. Darauf stand nun. *Mein Name ist Tilla und ja ich bin neu. Ich bin stumm, kann euch nicht genauso antworten wie ihr es tut. Tafel und Stift ersetzen meine Stimme und Zunge.* Die Stelle an der Schulter schmerzte nur noch ein bisschen, es tat weh so angespannt auf dem Rasen zu sitzen. Abermals wischte sie sich über die leicht zitternde Unterlippe, sah sich aus den Augenwinkeln um..

    Er sah ihre Skizze an und hob sogar eine Augenbraue. War das ein gutes oder schlechtes Zeichen? Ursus gab ihr die Tafel zurück. Erleichtert nahm sie die Tafel wieder an sich und wollte dem nachkommen, was er ihr gesagt hatte. Doch sein näherkommen machte alles zunichte.


    Tilla liess den stilus und die Steine fallen. Abrupt wich sie abermals vor ihm zurück, stiess mit dem Rücken gegen eine steinerne Bank. Autsch.. dass würde einen blauen Fleck ergeben. Schnell krabbelte sie unter der Bank durch, liess sogar die Tafel liegen. Alles.. nur bitte nicht näherkommen. Zitternd rutschte Tilla noch ein Stückchen nach hinten zurück, grub ihre Hände in den Rasen hinein. Eigentlich würde sie zu gerne ihm gehorchen, nur ihre Angst war größer als ihr Wille. Heftiger als zuvor kaute sie auf ihren Lippen, spähte mit zusammengekniffenen Augen zu Ursus rüber. Vielleicht erkannte er an ihrer furchtsamen Körpersprache was los war.. oder auch nicht. Tilla hoffte auf ersteres, merkte kaum, wie die Unterlippe aufplatzte und zu bluten anfing.

    Hoppla!! Sie fuhr zusammen und liess die Tafel beinahe fallen. Im letzten Moment fing sie sie wieder auf, sah Ursus erschrocken an. Tilla spürte, dass sie gar nicht bedacht hatte, dass es ihm unangenehm werden könnte, wenn sie ihn malte. Auf den Lippen kauend schüttelte sie den Kopf, um somit seine Fragen zu beantworten. Seine ausgestreckte Hand liess sie instinktiv ein Stückchen von ihm weg zurückweichen.


    Wollte er etwa die Tafel haben.? Tilla sah auf das halbfertige Profil und knabberte ihre Untelippe an. Mhm.. sollte sie es tun? Mit einer vorsichtigen Geste legte sie die Tafel genau dort auf dem Rasen ab, wo sie zuletzt gesessen hatte und spannte innerlich ihre Muskeln an. Durch die gute Verpflegung und die viele Arbeit war sie kräftiger geworden. Die Angst vor Männern jedoch, die plötzlich gewalttätig wurden, hatte nicht nachgelassen, bescherte ihr so manchen Alptraum. Fest umklammerte sie den stilus, musterte Uruus Mimik aufs genaueste.

    Geräusche und Schritte drangen an ihr Ohr. Sie schreckte aus ihrem Nickerchen auf. Irgendjemand war in ihrer Nähe. Gut versteckt unter einem Busch auf dem Bauch liegend krabbelte Tilla nach vorne und spähte unter den Ästen des Busches nach vorne. Verschlafen blintzelte sie den Mann an und kramte in ihrem Gedächtnis nach, ob sie ihn schon kannte. Mhm.. vom Sehen sowieso aber zu tun hatte sie mit ihm noch nie gehabt. Tilla wischte sich die langen Haare aus dem Gesicht und schnappte sich ein paar kleinere Steine. Nur zur Sicherheit nahm sie diese in ihre Hand. So leise sie konnte krabbelte sie wieder nach hinten und kam ein paar Büsche weiter aus der Seite heraus. Schnell klopfte sie die baumwollene dunkelrote Tunika ab und spähte zu Ursus rüber. Der lief immer noch auf und ab. Mit schief gelegtem Kopf und mit den Füßen wippend sah sie ihm zu, wagte nach einer Weile kleine Schritte in seine Richtung. Ihr fiel etwas besseres als Zuschauen ein. Mit der freien Hand tastete sie nach ihrer Schreibtafel, hockte sich auf den Hosenboden und begann Ursus zu skizzieren.

    Dina kam wieder ins balneum zurück. Tilla blieb stehen wo sie war, wo sie besser von Anfang an hätte warten sollen, zuckte leicht zusammen. So eine Berührung hatte sie überhaupt nicht erwartet. Bis auf den Skllavenhänder und dessen Helfershelfer hatte sie keine Berührungen mehr gespürt. Den zusammengeknüllten Lappen zog sie auseinander und legte ihn über den Eimerrand.


    Mit schief gelegtem Kopf sah sie Dina nach und benötigte wenige Schritte zum Bottich. Rasch tat sie es Dina nach, prüfte die Wassertemperatur mit den Fingerspitzen. Um die Frage zu beantworten, winkte sie ab und schüttelte den Kopf. *Nee nee.. lass mal. Das langt mir zu genüge.* Tilla zögerte einen Moment, zog sich die Tunika über den Kopf. Rasch kletterte sie hinein und versank, bis über der Brust, im abgekühlten Wasser. Man konnte erkennen, dass sie überaus mager war, keine weibliche Kurven ihren Körper zierten. Tilla war ihr Aussehen eher unwichtig, viel wichtiger war das Überleben auf der Straße. *Guck mal.* forderte sie Dina mit einem kurzen Anstupsen auf. Sie rutschte noch etwas tiefer ins Wasser und tauchte nach hinten ab. Prustend kam sie wieder hoch, strich die nassen Haare aus ihrem Gesicht. Das war doch schon viel besser!! Aus einem spontanen Impuls heraus spritzte sie Dina mit impulsiven Bewegungen nass. Etwas verschmitzt und Dina scheu anlächelnd wartete sie auf eine Reaktion der Älteren, erhaschte mit den Händen die an der Oberfläche schwimmende Seife.

    Noch ein wasser schwall landette im Bottich. Tilla sah Dina an, bemerkte ihr Lächeln.. war es Trost.. oder bedeutete es eher was anderes? Das klang gut.. sie brauchte jetzt so was wie eine Anweisung, damit sie wusste woran sie war. Sie hielt mitten im Schöpfen inne, wischte sich übers verweinte Gesicht und nickte Dina zu. Die Ältere ging hinaus. Tilla setzte das Schöpfen fort und bemühte sich sehr, es gut zu machen. Allmählich wurden ihre Bewegungen wieder sicherer, weil sie wusste was sie tun musste, um dem Wassermassen Herr zu werden. Das Wasser kühlte sich auch schon etwas ab.. so war keine große Gefahr mehr sich die Füße zu verbrühen. Ihre Beine begannen zu zittern, groß war ihre Anstrengung. Auch die innere Anspannung und Angst vor Strafe tat ihren Teil. Die letzten Stunden waren auch ziemlich ereignisreich gewesen. Bekam sie jetzt noch Wasser oder musste sie sich mit dem begnügen, was sie aufschöpfte?


    Stumm setzte Tilla den Eimer ab, als auf dem Boden kein Wasser mehr zu sehen war und spähte in den Bottich hinein. Nunja.. es war knapp ein Drittel drin. Die Seife fiel ihr wieder ein. Wo war sie nur? Sie atmete tief durch und schritt zur Tür, wo Dina zu sehen war. Rechts von der Tür entdeckte sie das gute Stück und schnappte es sich. Kurz nur klopfte sie ans Holz des Torrahmens um Dina auf sich aufmersam zu machen und zeigte das Seifenstück vor. *Da ist es wieder. Es rutschte mir aus der Hand.* gebärdete sie rasch. Mit festem Griff trug sie die Seife zum Bottich und liess sie dort hineinplumpsen. Neue Blasen 'blühten' auf. Tilla lächelte bei diesem 'blubbernden' Anblick und kehrte zum Türrahmen zurück. Dort wartete sie auf Dinas Rückkehr.

    Brix verschwand mit den leeren Eimer. Leise schlugen die Wellen des verschütteten Wassers an den hölzernen Bottich. Tilla zog den Kopf zwischen den Schultern ein und machte sich gefasst auf die Standpauke die gleich kommen müsste. Sie liess den Rand des Bottichs los und wich ans hintere Ende zurück, als Dina anfing zu sprechen. Doch statt lauten bösen Worten kamen sanfte Worte aus der älteren Frau heraus. Sie sprach vom Bad verschieben und aufwischen sowie von der domina Prisca. Tilla konnte nicht vermeiden, dass die bislang zurückgehaltenen Tränen über ihre blassen Wangen rollten. Hin und her scheuchen, etwas aussetzen, traktieren. Worte vor denen sie große Angst hatte...


    Nur zögernd wandte sie den Kopf, sah dorthin, wo das Aufwischzeugs sein musste. Da war noch ein Eimer. Nur wie kam sie dahin? Sie spähte über den Rand des Bottichs und saß bald rittlings auf dem Holzrand, tunkte den großen Zeh ein. Mhm.. es war einigermaßen auszuhalten. Tilla tauchte ihre Füße ein und bewegte sich zu dem Eimer rüber, packte diesen und schöpfte aus der Hocke das Wasser um sie herum ab. Leise schniefend trug sie den Eimer zurück zum Bottich und liess das Wasser dort hineinlaufen. Dort blieb sie stehen, schöpfte und schüttete so gut sie eben konnte das Wasser vom Boden in den Bottich. Ihre Bewegungen waren fahrig, da sie immer noch Angst vor Schelte hatte.

    Da war die Seife!! Gleich würde sie wieder im Kästchen liegen. Tilla lächelte und machte sich daran, diese wieder in die Finger zu bekommen. Plötzlich ging die Tür recht schwungvoll auf. Auf die Geräusche im nahen Flur und näherkommende Schritte hatte sie nicht geachtet. Sie wich gerade so schnell zurück, dass sie sich nicht an ihr wehtun oder gar den Kopf stoßen konnte. Über den Schrei, der daraufhin folgte, erschreckte sie sich am meisten. Daher war es nicht verwunderlich, dass ihr die Seife ein weiteres Mal aus der Hand flutschte...


    Das Seifenstück schlidderte über das heisse Wasser hinweg Richtung Dina und Brix, hinterliess eine schäumende Blasenspur. Tilla machte einen weiteren großen Satz nach hinten, sprang einmal mehr von der Tür weg. Gleich darauf zog sie mit einem Zischen die vor Schreck angehaltene Luft ein. Autsch.. der Boden war auf einmal so heiss. Instinktiv sprang sie in den leeren Bottich hinein und starrte die beiden Personen an. Mit einer Mischung aus verdutzt, verblüfft, überrascht, entsetzt sah sie die beiden kullernden Menschen auf dem Boden an. Die Fußsohlen kribbelten wie verrückt. Tillas Wangen röteten sich. Langsam begriff sie was geschehen war. Ganz feste umklammerte sie den Rand des hölzernden Bottichs, wusste nicht was sie tun sollte. Ein kleines bisschen konnte sie sich selbst im Wasser speigeln sehen. Tillas Augen füllten sich mit Tränen... sie wusste was gleich geschehen würde.

    Es war nicht weit von ihrer Unterkunft bis zur nächsten Tür. ganz gespannt ob Dina das versprochene Bad einhalten würde tapste sie Dina barfuss hinterher. Tilla lugte mit zusammengekniffenen Augen hinein. Au Mann, das war ja fast in riesiges Bad. Spontan trabte sie zum Bottich und fasste hinein... Es war kein Wasser drin! Mit sichtlicher Enttäuschung verzog sie das Gesicht und sah Dina enttäuscht an. Die bat sie auf sie zu warten. Jetzt war sie alleine. Mhm.. und nun? Sie umrundete den Holzbottich und entdeckte eine Ablage auf dem einige Kästchen standen. Neugierig ergriff Tilla ein Kästchen. Mhm, das war Seife ohne Duft. Auf den Zehenspitzen stehend öffnete sie alle Kästchen und nahm die Seifen nacheinander heraus, schnupperte an ihnen und legte sie wieder zurück. Zwei davon gefielen ihr besonders gut: Zitrone und... Hupsa, die erstere flutschte weg. Suchend sah das Mädchen sich um, hockte sich in die Knie suchte den Boden ab. Sie wurde vom Holzbottich fast vollständig verdeckt. Auf dem Boden krabbelnd suchte sie nach dem Seifenstück. Immer wieder strich sie sich die Haare aus dem Gesicht, strebte der Ecke hinter der Tür zu.

    Na endlich war der Knoten offen. Tilla saß mittlerweile auf dem Boden und verknotete den Riemen an der gebrochenen Stelle neu. Bei Dinas Worten hob sie den Kopf und sah sie überrascht an. Sie bot ihr tatsächlich ein Bad an. Irgendwie hatte sie das nicht glauben wollen. Hatte sie sich auch nicht verhört? Ein Bad? Abermals streifte sie mit den Zehen die Sandalen ab und schob sie mit den Füßen unter ihre künftige Liegestätte.


    So.. Tilla stand wieder auf und nickte gehorsam zu Dinas Worten. Um eine gute Diebin zu sein erforderte das Strassenleben genau die Kleidung die sie gerade trug. Verlegen zwirbelte sie eine Haarsträhne zwischen den Fingern herum. Ein Bad.. neue Sandalen und Kleidung in greifbarer Nähe ohne etwas dafür tun zu müssen. Dina lächelte sie an. Auf Tillas verschlossener Miene erschien ein schwaches Lächeln. Mit dunklen Augen folgte sie Dinas Blick zur Tür. Rechtsherum? nach Links? Geradeaus? Fragend legte sie den Kopf schief und wagte einige zaghafte Schritte. Noch einmal sah sie zu Dina zurück und verliess das Zimmer, um sogleich auf dem Flur stehen zu bleiben? Mit dem Zeigefinger deutete sie in die verschiedenen Richtungen, setzte eine fragende Miene auf.


    tbc Dina nach

    Kaum, dass Brix mit Lesen anfangen konnte, geschweige denn die Tafel richtig herum hielt, bog auch schon die Frau, die er angekündigt hatte, um die Ecke und zur Tür herein. Tilla musterte sie neugierig und wachsam von oben bis unten. Mit Stirnrunzeln nahm sie den kurzen Mienenaustausch der beiden wahr und sah mit an, wie Brix seinen Platz räumte. Die Frau sah nett aus, ihre Stimme sowieso. Mit Frauen hatte sie in letzter Zeit eher wenig zu tun gehabt. Durch die schreckliche Nacht und die vergangenen Stunden auf dem Podest des Sklavenhändlers war ihr Vertrauen zu Mitmenschen ziemlich lädiert. Schweigedn betrachtet sie die Tafel und nahm den Stilus in die Hand. Tilla nahm die Tafel wieder an sich und schrieb oben über den bereits geschriebenen Worten ihren Namen drüber:Ich bin Tilla. Brix sagte, du sollst mir die Villa zeigen und was anderes zu anziehen geben. Dann stand sie auf, reichte die Tafel Dina und lehnte sich mit verschränkten Armen an den Schrank. Mit imme rnoch dreckigen staubigen Zehen streifte sie sich die Sandalen ab und hob sie beide auf, um den Riemen der einen kaputten Sandale wieder zusammenzuknoten. Mit gespitzten Ohren wartete sie zugleich auf Dinas Reaktion.

    cf Mercatus Urbis


    Mhm.. sollte sie sich in ihm geirrt haben? Der Mann begriff recht schnell was sie ihm zu verstehen geben suchte. Sie nickte, als er ihren Namen erwähnte und trabte ihm hinterher. Es war erleichternd, die Soldaten nicht mehr in ihrer Nähe zu wissen. Sie zupfte das Heu aus der verschmutzten Kleidung und bemühte sich ihre kaputte Sandale nicht zu verlieren. Mit großen Augen bestaunte sie den Umfang des Haus und merkte sich Leones Aussehen. Tilla hob schon die Hände um ihm zu antworten, doch er wollte ihr noch was zu schreiben besorgen. Nun denn.. also weiter abwarten. Mit erhobenem Kopf ging sie hinter Brix her und musste sich mächtig zusammen reissen, die vielen Gegenstände nicht zu berühren, gar einzustecken. Tilla kniff sich selbst in den Arm. Autsch, das tat weh.


    Sie hatte nach dieser schrecklichen Nacht wieder ein Dach überm Kopf. Die Unterkunft für Sklaven war schnell gefunden. Rasch lugte sie in die Schranke und unter die Matratzen. Es gefiel ihr was sie sah. Nur den Blick in den Spiegel mied sie. Tilla nahm die Tafel entgegen, setzte sich auf einen Schemel und begann zu schreiben: Oft wurde als Botin für zu überbringende Nachrichten eingesetzt und zum Einkaufen geschickt. Dann habe ich einen Fehler gemacht, für den ich mit Stumm-sein bestraft wurde. Das Schreiben und Lesen lernte ich bei einem Diener meines alten Herrn. Sobald ich genesen war, bin ich abgehauen. Fünf Jahre auf der Straße. Kann klettern, rennen und reiten. Grundzüge der Selbstverteidigung mit einem Messer hab ich mir selbst beigebracht. Dass sie auch eine Diebin war verschwieg sie fürs Erste. Sorgsam gab sie die Tafel zurück und sah ihm beim Lesen zu. Brix, Leone, Dina, das waren die Namen die sie bisher von den Bewohnern dieses Hauses kannte.

    Ha.. sie hatte ihn gut eingeschätzt. Heftig nickend gab sie zu verstehen, dass sie Latein verstand. Und jetzt? Oh nein, bitte nicht in die Richtung der Soldaten. Tilla atmete tief durch und liess Brix einen gewissen Vorsprung bevor sie sich einen Ruck gab und hinterfolgte. Zwischen dem einen oder anderen Passanten bot sich ihr immer wieder mal ein geigneter Weg für eine Flucht, doch die Angst vor den Uniformträgern saß ihr dicht im Nacken. Ein weiteres stummes Nicken beantwortete seine nächste Frage. Er blieb stehen.. sie tat es ihm nach und versuchte seinem Blick zu folgen. Dieser Mann, der sich immer noch mit dem anderen unterhielt, war anscheinend ihr neuer Herr? Na denn. Ein Bad? Unwillkürlich kratzte sie über einen Mückenstich. Tilla spitzte ihre Ohren, verzog die ängstliche Miene zu einer etwas freundlicheren, entspannte sich. Neue Kleidung? Sie nickte. *Auja, schreiben, das kann ich gut.* Sie malte eine Tafel in die Luft, tippte sich selbst auf die Brust und begann die Buchstaben ihres Namens aufzuschreiben. 'T-I-L-L-A'. Die fiktive Tafel hielt sie ihm hin, deutete auf den Platz des nicht vorhandenen Namen und tippte sich selbst auf die Brust.


    tbc Brix nach

    Stumm zwischen dem Sklavenhändler und dem Bieter hin und her schauend verfolgte Tilla mit was sich vor ihren Augen abspielte. Es interessierte sie nicht wieviel sie kostete, sie wollte es lieber nicht wissen. Das Wort 'Magistrat' liess sie aufhorchen.. das hörte sich gut an. Dann endlich, endlich war es vorbei, sie wurde von den Fesseln erlöst.


    Ihr erster Impuls war dem Mann, der sie so lange festgehalten hatte auf den Fuß zu treten und dann so schnell wie möglich vom Podest zu flüchten. Doch das was Titus sagte, liess sie erstarren. Wie bitte? Brandmarkung? Sie verzog ihr Gesicht zu einer finsteren Miene und schüttelte Starcus Arm ab. Mit schnellen Füßen verliess sie das Podest und war geneigt ihrem ersten Impuls nachzugehen... Nur das Problem war die Soldaten waren imme rnoch da. Mit erhobenem Kopf näherte sie sich Brix, hörte ihm zu und ignorierte die Heuhalme in ihrer Kleidung. *Geschwindelt? Von wegen... du wirrst niemals meine Stimme hören.* gebärdete sie ihm zu und war sich bewusst, dass er nichts verstehen würde. Mit einem wissenden Lächeln rieb sie sich die Handgelenke, trat von einem Fuß auf den anderen.

    Ein neues Angebot wurde abgegeben. Tilla hob den Kopf und sah in die Richtung. Sie sah einen großen Mann, mit grauen Haaren und einem markanten Gesicht. Die Kleidung, die er trug, erkannte sie als eine Senatorentoga wieder. Mhm, dies war ein Anblick der ihr kaum Angst einflöste. Apropos Angst.. waren die Soldaten immer noch da? Ihr Blick schweifte ab und sah zu dem Mann rüber, der gefragt hatte, was sie konnte. Der Sklavenhändler beantwortete die Fragen. Wie und woher wusste er so viel über sie? Sie und grünen Daumen? Pffttt.. Musizieren? Aber hallo.. Sie hatte wahrlich andere Sorgen, als diese Talente zu pflegen. Ihr Mundwinkel zuckten verächtlich, sie rieb sich mit dem Fußrücken den rechten Knöchel. Mit gesenktem Kopf sah sie zu Boden, und versuchte mit den Fingern den Knoten doch noch aufzubekommen.. Es war nicht gut noch lange hier oben zu stehen. Der letzte Diebstahl war noch gar nicht so lange her. Er hatte aus einem gebratenen Hähnchen und drei mickrigen Äpfel bestanden. Nach dieser Festmahlzeit hatte sie einen Passanten beschatten aus dessen Stoffbeutel es verführerisch nach Münzen klimperte. Nur das Auftauchen von Soldaten hatte es verhindert den Unbekannten um seinen Beutel zu erleichtern. Noch ein Angebot wurde gerufen. Tillas Kehle war mit einem Schlag wie ausgetrocknet. Abermals hob sie den Kopf und bekam mit, wie der eine sich zum anderen gesellten. Offenbar kannten die sich.. und sie kannte keinen. Mit unbewegter Miene stand sie da, wartete ab, was nun passieren würde.

    Sie schüttelte den Kopf, um zwischen einzelnen Haarsträhnen hindurch auf die Menschen rüberzulinsen. Der da drüben starrte aber ganz schön zu ihr rüber. Für einige Momente erwiderte sie aus dunklen Augen seinen Blick, bevor sie die Männer um ihn herum wahrnahm. Es waren ganz schön viele bewaffnete Männer und vor genau solchen Typen hatte sie Angst. Ausgerechnet Soldaten!! Instinktiv trat sie ein, zwei Schritte zurück, nur um dann wieder gezwungenermaßen einen großen Schritt nach vorne machen. Ihr Aufpasser wollte nicht, dass sie sich vom Fleck weg rührte.


    Tilla starrte wieder zu Boden und ruckte an den Fesseln. Wie blöd, dass sie diese auf dem Rücken gebunden bekommen hatte, sonst könnte sie einiges mehr anstellen. Fünf Jahre Straßenleben hatten ihr einiges beigebracht. Immer noch ärgerte sie sich darüber entdeckt worden zu sein. Sie sah an sich runter. Heu ging in ihrer Kleidung, vor allem an Rücken und Schulter, denn sie schlief gerne auf der Seite. Ein brüchiger Riemen ihrer oftmals ausgebesserten linken Sandale war gerissen. Wenigstens hatte sie ihren Gürtel und die Lederbeutel noch bei sich. Der Verlust der Tafel samt Kreide war ertragbar.


    Zögernd hob das junge Mädchen den Kopf, als sich jemand mit lauter Stimme näherte und den Mann ansprach, der sie angepriesen hatte. Er fragte nach... ob sie was? Mit Pflanzen umgehen konnte?!? Ein amüsiertes Lächeln huschte über ihr Gesicht und machte einer unnahbaren Miene Platz. Das Lächeln verschwand so schnell wie es gekommen war. Innerlich schüttelte sie den Kopf. Langsam nur senkte sie den Kopf, wagte schnelle abschätzende Blicke über die Anwesenden. Tilla bemühte sich die Erschöpfung über die zurückliegenden Stunden zu verbergen und stand, so gut es eben ging, aufrecht.