Beiträge von Straton

    Hätte Straton ob des Gossenlatein der jungen Frau erschrecken können, hätte er es sicherlich in diesem Augenblick getan - aber einen gestandenen Haussklaven erschreckte nicht mehr vieles, auch nicht nackte junge Männer im Bett seines Herrn oder derselbe mit Frauenkleidern oder ähnliche Dinge. In sofern war es auch nicht zu erstaunlich, dass andere Patrizier in puncto Sklaven einen ähnlich seltsamen Geschmack zu haben schienen wie sein eigener Herr, dessen Haushalt sich weniger durch Exclusivität denn durch Individualität auszeichnete.
    "Das weisst Du, das weiss ich, aber im Grunde könnte man garum auch aus Fischexkrementen herstellen, und es würde niemandem auffallen. Wobei ich vergammelten Fisch schon als sehr nahe an Fischexkrementen liegend empfinden würde - Eier schmecken ohne garum eindeutig besser." Der Wortschwall seiner unbekannten Gesprächspartnerin schien nicht abreißen zu wollen, und die Ausdrücke wurden immer abstruser - glücklicherweise sah Straton die Herren des Hauses im Augenblick beschäftigt, sodass keiner die eigenwillige Titulierung ihres Heims mitbekommen hatte.


    "Diese 'geile Hütte' ist ein sehr geschichtsträchtiger Ort und beherbergt die ehrenwerten Nachfahren der flavischen Kaiser - in sofern sollte man einen gewissen Anspruch an Möblierung und Ausstattung durchaus stellen dürfen. Aus welchem Haushalt stammst Du denn?" Schätzungsweise wohl dem der Aurelier, denn die Claudier nahmen es mit ihren Sklaven fast übergenau, soweit er informiert war, da blieben dann nur die Aurelier. Als sie jedoch ein Getränk nahm und anscheinend den Abend mit einem zünftigen Rausch fortführen wollte, schüttelte Straton abwehrend den Kopf. "Bedaure, ich habe dieses Fest organisiert, und ich werde bis zum Ende der Feierlichkeiten irgendwann morgen früh nicht trinken, um eine Übersicht zu wahren." Außerdem - es gab Menschen, mit denen er gerne trank, und solche, bei denen dies nicht der Fall war, und gerade bei dieser irgendwie lauten, irgendwie polternden Person war er sich nicht wirklich im Klaren darüber, ob sie überhaupt in eine der beiden Kategorien passte.

    Während sie sprach, ihm auf seine Worte antwortete, konnte Straton die junge Frau erst genauer betrachten, und es schien, als würde sie langsam wieder ihre Ruhe finden - ihr Blick huschte nicht mehr so eilends hin und her, ihre Haltung hatte sich etwas entspannt, und ihre Schultern hatten sich wieder etwas nach hinten geschoben, alles sichere Anzeichen für die Richtigkeit seiner Vermutung. "Du bist wohl eher kleine Orte gewöhnt? Oder eher den Wald und weite Landschaften?" fragte er, zu seinen Vermutungen eine weitere hinzufügend - die meisten Germanensklaven, und das war sie, das bewies ihre gutturale lateinische Aussprache, waren wohl frisch aus irgendwelchen Wäldern gefangen. Vielleicht war sie eines der Opfer der stetigen Grenzstreitigkeiten mit den noch immer aufsässigen Germanenstämmen, die nicht befriedet worden waren, bedachte man ihre helle Haut und das ebenso helle Haar, fand der Grieche diesen Gedanken gar nicht so abwegig. Viele der im einstigen Grenzbereich lebenden Völker hatten sich bereits mit römischem Blut vermischt, und ihr Haar war darob dunkler geworden, aber Siv besaß noch alle Merkmale unberührten Seins abseits römischer Machtpolitik.


    "Zur Not binde ich Dich einfach an mir fest," meinte Straton schließlich trocken und erwiederte ihr Lächeln auf seine persönliche, recht schmallppige Weise, bei der man oft nicht sicher sein konnte, wie ernst dieses Lächeln gemeint war - aber da dieser Ausdruck auch die dunklen Augen erreichte, die etwas wärmer zu blicken schienen, war sein Lächeln wohl echt. "Du musst mir nicht danken. Ich kann mir gut vorstellen, wie es sein muss, an einem fremden Ort niemanden zu kennen und den Weg verloren zu haben. So einen Punkt erreicht jeder Mensch irgendwann einmal im Leben. Wer weiss, vielleicht hilfst Du mir einmal, das kann man nie vorhersehen." Gemächlich schob er sich in der Menge voran, als fürchte er sie nicht, und hätte man ihn danach gefragt, hätte er wohl auch eher über den Gedanken gelacht. Wer einmal in Tarraco auf dem Fischmarkt mit den dortigen Händlern gefeilscht hatte, fürchtete auch die Händler Roms nicht mehr. Er steuerte einen der Stände an, an denen er schon vor einigen Tagen schon eingekauft hatte, weil sie gute Oliven führten und bedeutete seinen Mitsklaven, hier ebenso zu halten.


    "Kennst Du Oliven?" Die Frage nach seiner Herkunft schob er erst einmal auf, und ließ sich von dem dienstbeflissenen Händler, der in ihm einen Mann erkannte, der Geld auszugeben hatte, eine Handvoll Oliven zur Probe geben, die Straton auch Siv hinhielt. "Probiere sie mal, sie schmecken sehr gut, wenn sie in Öl eingelegt waren," und schon hatte er sich selbst eine der dunkelgrünen, etwas schrumplig aussehenden kleinen Früchte in den Mund gesteckt und kaute sinnierend darauf herum. "Ich bin in Hispania aufgewachsen, das liegt im Süden und Westen von hier - aber ich bin eigentlich Achaier, das liegt im Südosten Roms und war einst genauso bedeutend wie es Rom nun ist." Noch eine Olive fand den Weg zwischen seine Lippen, dann blickte er zum Händler zurück und schüttelte den Kopf. "Die anderen möchte ich auch probieren, diese hier sind zu lange abgelagert, Deinen Ramsch kannst Du den Proleten andrehen, aber nicht mir." Es klang sehr bestimmt, und der Händler entblößte mit einem zahnlückigen Grinsen seine gelben Zähne, bevor er schmeichlerisch antwortete: "Ich wusste, dass ich dir nichts vormachen kann, koste diese hier ..." Die nächste Olivenprobe kam heran, diesmal in einer einfachen Holzschale, und es waren nun schwarze, ebenso schrumpelige kleine Ovale, die der Grieche auch Siv anbot.

    Dass diese junge Frau, eigentlich noch fast ein Mädchen, auf ihn zukam und offensichtlich etwas ähnliches zu essen gefunden hatte, wie der Grieche selbst, wunderte ihn noch nicht unbedingt. Fischspieße waren schließlich ziemlich aromatisch und er aß sie selbst sehr gerne, wenngleich der Aal sein eindeutiger Favorit war. Geräucherter Aal hatte ein unvergleichlich strenges Aroma, das, mit einigen Oliven gemischt und etwas Fladenbrot aufgelockert, eine wunderbare Mahlzeit darstellte. Dass sie ihn allerdings ansprach, ließ eine der Augenbrauen auf Stratons Stirn empor wandern, und ob es nun wegen ihrem Tonfall geschah oder der bloßen Tatsache, dass sie tatsächlich ein Gespräch zu beginnen schien, war dabei nicht allzu klar.


    "Nun, die wenigsten Menschen würden freiwillig vergorene Fischexkremente und -innereien verspeisen, aber augenscheinlich ist dies in Saucenform sehr beliebt," gab er trocken zurück - wobei er genau wusste, dass garum ein Produkt vergorener Sardellen und Fischstücke war, und nicht deren Exkrementen - und nahm noch einen Bissen von seinem Aal-Spieß. Woher sie wohl stammte? Der Sprache und dem singenden Tonfall nach war sie wohl aus irgendeiner Gosse aufgelesen, und sein klares, von Bildung sprechedes Hochlatein entpuppte sich als ein recht krasser Gegensatz. "Aber es ist recht häufig der Fall, dass Menschen Dinge schätzen, ohne sich zu fragen, woher sie stammen. Vielleicht ein sehr großes Glück für die einheimischen Händler."

    Straton blickte sich einige Momente lang um, ob er vielleicht jemanden entdecken konnte, der wirkte, als würde er jemanden suchen - aber angesichts der vielen Menschen, unter denen es schwerfiel, eine bestimmte Person längere Zeit im Blick zu behalten, gab er dieses Vorhaben schnell wieder auf. Es war müßig zu hoffen, die beiden anderen Sklaven zu finden, mit denen sie hergekommen war, und so wäre es wohl das Beste, wenn er sie auf dem Rückweg von seinen Einkäufen einfach bei der villa Aurelia ablieferte, bevor sie noch wegen zu langen Ausbleibens Ärger bekam. Auch wenn ihm im Grunde egal sein konnte, wie es einer Sklavin aus einem anderen Haushalt erging, so wusste er doch um die guten Beziehungen zwischen seinem Herrn und Aurelius Corvinus, und schätzungsweise würde es seinem Herrn gefallen, wenn er in seinem Sinne handelte.
    Zudem - auch wenn sie des Lateinischen kaum mächtig war, hatte Siv eine freundliche Art, die dem Griechen durchaus sympathisch war, und das traf für gewöhnlich auf die wenigsten Menschen zu. Die meisten Personen, die er während seines Lebens kennengelernt hatte, versteckten sich sehr hinter einer Maske der Höflichkeit, und was hinter jener Maske zu entdecken war, gefiel ihm selten genug. Siv hingegen wirkte auf ihre Art authentisch und damit überzeugender, dass dabei auch ein guter Teil männlicher Urinstinkt auf ihre Unsicherheit reagierte, hätte sich Straton niemals freiwillig eingestanden, wäre er sich dessen überhaupt bewusst gewesen.


    "Rom ist verwirrend, wenn man diese Stadt nicht kennt - ich habe mich das erste Mal hier auch verlaufen," sagte er, als könnte es sie wieder ein wenig beruhigen, und eigentlich wusste er auch nicht genau, warum er in diesem Moment freundlich zu sein versuchte. Darüber würde er irgendwann später nachdenken, oder auch gar nicht. "Ich muss noch einige Einkäufe tätigen, deswegen bin ich auch hier, und danach werden wir bei Deinem Zuhause vorbeigehen und Du kommst sicher dorthin, bist Du damit einverstanden? Den Weg zu erklären wäre jetzt sehr kompliziert, vor allem, wenn Du Dich hier nicht richtig auskennst." So gern er auch ein rettender Held sein mochte, seine Pflicht konnte er nicht beiseite schieben und die beiden Sklaven, die er mitgebracht hatte, waren zwar gute Träger, aber den entscheidenden Unterschied zwischen frischen und alten Austern hätten sie nicht nennen können, ebensowenig hätten sie genau jene Früchte gekauft, die sein Herr bevorzugte. Manche Dinge musste er eben selbst erledigen, und im Grunde fand er auch ein gewisses Vergnügen daran, besondere Dinge zu entdecken.
    "Es wird nicht lange dauern, so viel fehlt nicht mehr - und ich werde aufpassen, dass Du mir nicht verloren gehst." Sie lächelte, und das machte ihr Gesicht ungleich hübscher. Wüssten Frauen, welche Macht sie durch ein Lächeln gewannen, überlegte Straton, dann würden sie es wohl andauernd tun. Ihr Lächeln gefiel ihm.

    Als sich Sciurus verabschiedete, nickte er ihm freundlich zu, ebenso Dido, und betrachtete die Anwesenden abermals. Menschenmengen hatten ihre eigene Dynamik, und nach einer gewissen Zeit des Aufeinander-Klebens sonderten sich für gewöhnlich auch immer kleine Grüppchen ab, die eine Weile miteinander verbrachten, um sich meist dann wieder zu trennen und neue Grüppchen zu bilden. Wenn man verschiedene Menschen mit roter Farbe markiert hätte und dafür gesorgt, dass sie weiterhin Farbe auf den Boden verloren, hätten sich sicherlich interessante Muster gebildet, und Straton war sich fast sicher, dass auch das gesellschaftliche Beisammensein, ob nun von Sklaven, Freien oder Patriziern, auf logischen Grundsätzen entwickelte und dass man diese nur erkennen müsse, um alles zu verstehen. Als sich allerdings einige der Gäste in Richtung des Gartens absonderten, atmete er tief ein - zweifellos, die Luft hatte sich ob der vielen Anwesenden enorm verschlechtert, und er winkte mehrere Freie heran, die er anwies, mit großen Federwedeln dafür zu sorgen, dass frische Luft in den Raum strömte.


    "Werte Gäste - schenkt mir doch einen Augenblick eurer Aufmerksamkeit!" kündigte der Grieche sich schließlich mit erhobener Stimme den Anwesenden an. "Wohl habt ihr nun neue Bekanntschaften geschlossen und alte erneuert, doch nun ist die Zeit gekommen, den Abend auch mit Genuss abzurunden. Lasst euch die Genüsse munden, die von nah und fern hierher gebracht wurden, nur um eure Gaumen zu erfreuen. Und nun sei allen gewünscht, diesen Abend und die folgenden Tage im Geiste der Saturnalien zu verbringen, die uns alle einander gleich machen. Io Saturnalia!"
    Er klatschte in beide Hände und die für den Abend angeheuerten freien Männer, die zudem noch einigermaßen passabel aussahen und neue Kleidung erhalten hatten, balancierten große Tabletts in das atrium herein, auf denen die verschiedensten Speisen angerichtet waren: Der eine trug frisch geschälte, gekochte Eier auf Tellern, zu denen kleine Schalen mit dunkelwürzigem garum gestellt worden waren, ein anderer brachte fingerfertig geschnittenes Obst, vor allem Äpfel und Melonen, aber auch andere süße Früchte, dazu Schalen mit Trauben, wieder ein anderer trug Teller mit verschiedensten Fleischsorten herein, von gut gewürzten Hammelfleischstreifen über Hühnerschenkel und Hühnerbrust bis hin zu Schweinefleischstücken, zu denen zwei verschiedene, fruchtig aussehende Saucen gereicht wurden.


    Im Grund gab es für jeden Geschmack etwas, bei den Beilagen konnte man zwischen verschiedenen Käsesorten und Oliven frei wählen, dunkle Oliven, hellgrüne Oliven, mit rötlicher Paste gefüllte Oliven - wer Oliven mochte, kam auf seine Kosten, wer Oliven hasste, würde sie an diesem Abend nicht lieben lernen, ebenso reichte einer der Freien mit einem großen Korb frisch gebackenes und gewürztes Fladenbrot herum, ein anderer offerierte den Gästen gebackene und mit süßer Fruchtpaste gefüllte Ölkuchen, man hätte fast meinen können, die Flavier würden an diesem Abend versuchen, eine ganze Legion zu verköstigen, und während Straton durchaus zufrieden beobachtete, wie sich die Freien daran machten, die Gäste zu beköstigen, nahm er sich einen Fischspieß mit geräuchertem Aal von einem Teller eines vorbeihastenden Mannes und kaute genüsslich. Es schien bisher alles gutzugehen, und auch wenn der ein oder andere Gast dem Wein vielleicht etwas zu viel schon zugesprochen hatte, so war es doch bisher recht friedlich verlaufen, ein zerbrochener Becher war noch lange kein Grund, sich zu viele Gedanken zu machen. Zufrieden verharrte der vilicus des Flavius Aquilius an der Seite und gab sich seinen müßigen Gedanken hin, ohne vorerst das Gespräch von selbst zu suchen.

    Langsam nahm der Grieche den Halsring entgegen und wog ihn in seiner Hand. Ein schweres Stück war er, gut gearbeitet, und die Steine, die ihn schmückten, hätten sicherlich so mancher Frau gefallen - ob sie ahnte, dass Severus ihr damit mehr als nur Schmuck geschenkt hatte? Letztendlich hätte er sich damit auch einen Teil seiner Freiheit kaufen können, ein so kräftiger Mann wie der Germane, in dessen Augen sehr wohl die Ahnung stand, dass er ohne zu Zögern töten würde, wenn er sich nicht bezähmte, war sicherlich ein teurer Kauf gewesen.
    "Ich sage Dir nachher Bescheid, wo es ist," antwortete er ihr und für einen Moment lang fühlte er sich durchaus unbehaglich. Der Fall, dass sein Herr zufällig über den Halsreif stolpern würde, war zwar nicht besonders wahrscheinlich, aber doch nicht unmöglich, und dafür würde er sich noch einiges überlegen müssen, um die Geschichte glaubhaft verkaufen zu können. "Und jetzt kehrst Du am besten auch zu Deinen Pflichten zurück, Bridhe, heute gibt es sicher noch einiges zu erledigen." In dem Punkt musste er als vilicus ein kleines Machtwort sprechen, auch wenn er verstehen konnte, dass ihre Lust darauf wohl nicht groß sein würde - aber wer arbeitete schon aus tiefstem Herzen gerne.

    Es war wirklich voll auf dem Markt zu dieser Zeit, und irgendein Rüpel rempelte promt auch seinen Ellenbogen in den Rücken des Griechen, sodass dieser unwillkürlich einen Schritt nach vorn tun musste - er wandte sich zur Seite und sandte dem Mann einen zornigen Blick und einen unflätigen griechischen Fluch nach, bevor er wieder zu der jungen Frau vor ihm blickte, deren Haarfarbe sie ebenso als eine Nichtrömerin auswies wie dies sein Profil und die scharfen Züge zu tun pflegten. Ansonsten war sie hübsch, und wie die meisten Haussklavinnen wirkte sie gepflegt, etwas, was der auf Sauberkeit und Reinlichkeit sehr bedachte Straton sehr zu schätzen wusste.
    Ihre Haut wirkte weich und rein, und das erschien ihm anziehender als ihre Haarfarbe, auch wenn diese exotische Helligkeit durchaus etwas für sich hatte. Gepaart mit ihrem doch hilflos wirkenden Blick stellte er sich die ernsthafte Frage, wieso sie ihm bei den Saturnalien nicht mehr aufgefallen war. Aber schätzungsweise hatten ihn die vielen Dinge auch einfach abgelenkt, mit denen er an jenem Tag beschäftigt gewesen war. Nicht zuletzt hatte er sich schon lange nicht mehr nach Frauen umgeblickt, und irgendwann kam man außer Übung, wenngleich das auf seinen Herrn wohl nie zutreffen würde.


    "Ah - aus dem aurelischen Haushalt bist Du. Nun, wenn Du möchtest, zeige ich Dir den Weg zur villa Aurelia - wenn Du hier jemanden auf dem Markt verlierst, findest du sie nur schwer wieder. Aber vielleicht hilft es auch, dorthin zurück zu gehen, wo Du glaubst, sie verloren zu haben, und ab dort zu suchen?"
    Allerdings, sehr wahrscheinlich brachte diese Methode nicht den gewünschten Erfolg, dafür war es zu voll. Nach den Saturnalien waren die Vorratskammern der vornehmen und weniger vornehmen Häuser leer, und die Sklaven vieler Haushalte waren ausgeschwärmt, um ihren Pflichten nachzukommen und diese wieder zu füllen. Mit etwas Muße konnte man an diesem Gewühl höchst unterschiedlich aussehender, gekleideter und riechender Menschen durchaus ein Vergnügen finden, und normalerweise hätte Straton auch beim Einkauf die Zeit genutzt, um ausgiebig zu beobachten. Aber im Augenblick waren und blieben seine Gedanken abgelenkt und Siv zugewandt, deren eigentümlicher Name fast perfekt zu ihrer fremdartigen, ungezähmten Erscheinung zu passen schien.
    "Vielleicht willst Du erst einmal einen Schritt beiseite gehen? Hier stehen wir anderen mitten im Weg." Er schob sich strategisch günstig in den Weg der anbrandenden Masse, um ihr die Gelegenheit zu geben, an den 'Rand' des Stroms zu treten, zwischen zwei Fruchtstände.

    Während seiner Tour durch die Stadt brachte der vilicus des Haushalts von Flavius Aquilius zwei Briefe im Postbüro vorbei und ließ diese auch gleich von der Familienwertkarte abbuchen.


    An
    Decima Valeria
    Museion
    Alexandria
    Privincia Aegyptus


    Ein kühler, winterlicher Hauch ist's, der die sommerliche Wärme Alexandrias durchteilen mag, getränkt vom süßen Duft der Honiggebäckstücke, gereicht zu den Saturnalia, verfeinert mit dem verlockenden Aroma des Würzweins, welcher uns in Italia die Abende zu versüßen weiss.


    Wenig gibt es, das mich mehr in Erstaunen versetzt hätte als Dein Schreiben, werte Valeria, und doch siehst Du mich als einen glücklichen Empfänger Deiner Worte, die mir eine Ferne verheißen, gegen die mir vieles in Roma schal und leer erscheint. Sandelholz und Orangenduft liegt mir tatsächlich in der Nase, fast scheint es mir, als sei Dein papyrus ein wenig noch davon getränkt, um mir die Worte aus der Ferne ungleich köstlicher zu machen, welche mein sehnsuchtsvolles Auge ob Deiner Zeilen lesen durfte. Ich hoffe, Du hast die ersten Tage und Wochen genossen, die Du in Alexandria verbracht hast, fern der Deinen, und auch fern jener Pflichten, die, wie wir beide wissen, bisweilen beschwerlich und voller Sorgen sein können. Gerade der Lebensweg eines Priesters entbehrt viel des Dankes und des Ruhmes, den man an anderer Stelle mit Leichtigkeit ernten könnte, doch sollte es niemals daran hindern, das zu tun, wonach es einem verlangt, solange man dabei nicht vollends unglücklich wird.
    Einerseits ist es sehr schade, Dich als geschätzte Kollegin verloren zu haben, schienst Du mir doch im Geiste Iunos vieles bewirken zu können, andererseits kann ich sehr wohl nachempfinden, wie schmerzlich es sein muss, auf Dauer keinerlei Anerkennung für geleistete Dienste zu erhalten, nur Missgunst und Worte, die Dich lieber an den heimischen Herd verbannen wollen.


    Wenn Dich Deine Entscheidung zufriedener gemacht hat, so war es gewiss die richtige, auch wenn sie Dir sicherlich nicht leicht gefallen ist, wie alle Entscheidungen, denen es vergönnt ist, die Weichen des Lebens neu zu stellen. Aber ausgerechnet Alexandria! Hätte es nicht Athen sein können, welches man auf einer Reise bedeutend leichter erreichen kann? So wird wohl unser Gespräch in geschriebenen Worten fortgesetzt sein müssen, und ich muss den Anblick Deines Lächelns eine Weile missen, bis uns die Wege des Schicksals erneut zusammenführen. Scheue Dich nicht, mir ein wenig mehr von Deinem täglichen Leben zu berichten, es wird etwas Licht in mein derzeit sehr durchwachsenes Dasein bringen.
    Du irrst nicht, ich habe tatsächlich kandidiert, nachdem der Kaiser mir die Gunst gewährt hat, mich in den ordo senatorius zu erheben, und die Senatoren schlossen sich ganz offensichtlich der Meinung des imperators an und bestätigten meine Wahl durch eine große Mehrheit der Stimmen, auf die ich, wie ich schamvoll zugeben muss, durchaus stolz bin. Nun habe ich mein eigenes officium in der Basilica Ulpia, und durchstreife die Straßen Roms per pedes als tresvir capitalis, stets begleitet von meinem Neffen Flavius Lucanus, der als mein scriba personalis die nötige Erfahrung für eine eigene Kandidatur in angemessener Zeit sammeln soll.


    Du willst sicher wissen, ob ich schon einen haarsträubenden Kriminalfall bearbeitet habe, doch leider sieht der Alltag eines tresvir capitalis deutlich nüchterner und weniger glanzvoll aus - meine größte Tat war es bisher, einen jungen Mann vor seiner künftigen Schwiegermutter zu retten, die den Urtypus einer erschreckenden matrona darstellte, jene Art von Frau, die es einem Manne innerhalb kürzester Zeit verleiden kann, überhaupt an eine Ehe zu denken. Ansonsten könnte ich nur das heldenhafte Erklimmen eines gar fürchterlichen Aktenberges berichten, ich schätze, es wird noch einiges an Zeit ins Land gehen, bevor ich Dir spannenderes schreiben kann als die Bewältigung alltäglicher Aufgaben. Erzähle mir, was Du als Iatros erlebst, Valeria, und ich will Dir im Austausch meine spannendsten Erlebnisse auf der Flucht vor matronae, die mich an Breite und Körpergewicht ungefähr um das Doppelte übertreffen, nicht vorenthalten. Ansonsten geht in Rom alles seinen gewohnten Gang, wenngleich ich fürchte, dass die Götter uns derzeit zürnen, die vielen Anschläge und jener blutige Selbstmord auf den Stufen des Senatsgebäudes müssen ihre Spuren hinterlassen haben. Doch dazu mehr, wenn der Ausgang des Sühneopfers feststeht - man sollte das Unglück nicht dadurch beschwören, dass man es mit zuvielen Worten an die Welt der Lebenden bindet.


    Es gibt Abende, an denen ich ebenfalls den flackernden Lichtschein betrachte, den mir eine Öllampe spendet, und die Gedanken wandern lasse, und sei Dir gewiss, die Erinnerung an einen sonnigen Tag, die Du ebenso teilst, gehört ebenso zu den Dingen, über die ich sinniere, wie auch jene Worte, die wir wechselten. Ich kann Dir nicht sagen, was geschehen wäre, wärst Du weniger tugendsam gewesen und hättest Du meinem Angebot nachgegeben, aber eines weiss ich gewiss: Ich hätte es sicherlich ebensowenig vergessen können unser harmloses Gespäch an einem Brunnen. Wenige Menschen bleiben einem im Strom des Alltags überhaupt im Gedächtnis, und noch weniger bleiben einem angenehm in Erinnerung. Allerdings wage ich zu behaupten, dass Du weit weniger Gelegenheit gehabt hättest, über flackernde Kerzen zu sinnieren, da Du sicherlich keineswegs dazu gekommen wärst, überhaupt viel nachzudenken, das liegt in der Natur der Sache, wenn man ein wenig Vergnügen miteinander teilt (oder sollte es zumindest!). Mögen Deine Nächte, wenn Dich dieser Brief erreicht, weniger einsam sein, und die Männer in Alexandria weder blind noch dumm (denn nur ein Blinder und Dummer könnte übersehen, was er mit Dir vor sich hat) - ich werde sicherlich auch weiterhin meine Gedanken in die Ferne senden und mir überlegen, wie es Dir wohl gerade ergehen mag.


    Doch nun muss ich leider, ob der lästigen Pflicht wegen, für den heutigen Tag schließen und hoffe, dass Dich dieser Brief bei guter Gesundheit und noch besserer Laune erreicht. Nutze die Tage der Sonne, und bewahre sie in Deinem Lächeln - es schließt mit den besten Segenswünschen


    Aquilius


    An
    Legatus Legionis
    Quintus Tiberius Vitamalacus
    Legio Prima Traiana Pia Fidelis
    Parthia


    Salve, Tiberius Vitamalacus!


    Es ist lange her, dass wir miteinander von Angesicht zu Angesicht Worte wechselten, und länger noch scheint mir jener Tag in der Ferne zu liegen, an welchem Du einen verzweifelten Narren davon abgehalten hast, die größte Dummheit seines Lebens zu begehen. Doch lasse Dir zuerst von mir zu Deiner Erhebung in die Reihen der Legaten gratulieren, ich könnte mir kaum einen Mann denken, der es mehr verdient hätte. Auch wenn wir wenig von dem erfahren, was im fernen Osten vor sich geht, so kann ich mir doch vorstellen, dass Deine Tage voller Pflichten sind, und die Nächte kaum ausreichen mögen, um den Geist und Körper auf einen neuen Tag der Strapazen vorzubereiten, so mögen Dir diese Zeilen ein wenig der Erfrischung verschaffen, die man so nötig braucht, wenn einem die Sorge um viele bewegt.


    Das Wissen um die Pflicht hat mich nun auch ereilt, konnte ich dies zwar als Priester des Mars oft genug kosten, ist es doch kaum mit einem wirklichen Amt zu vergleichen, in welches einen der Wille der Senatoren Roms erhob. Du wirst es sicher gehört haben, dass mir der Kaiser die Ehre erwies, mich in den ordo senatorius zu erheben, was mir die Kandidatur zum Vigintivirat ermöglichte, und erfreulicherweise schienen die patres conscripti geneigt, dem Wunsch des Kaisers nachzueifern und wählten mich mit großer Mehrheit in das Amt, das ich mir gewünscht hatte - nun verbringe ich meine Tage per pedes[/I als [I]tresvir capitalis, und glaube, dass ich bald ebenso viele stadien gelaufen bin wie es Deine Legionäre auf dem Marsch in das Gebiet der Parther haben ableisten müssen, allein ich bin auf Rom beschränkt. Bisher sind die aufsehenerregenden Kriminalfälle leider ausgeblieben, so beschäftige ich mich mit den alltäglichen Sorgen der Bürger und empfinde dieses Amt letztendlich fast wie das eines Priesters, wenngleich die Opferpraxis fehlt - oftmals genügt es den Menschen auf der Straße, überhaupt jemanden zu haben, der ihren Sorgen Beachtung schenkt, sie gieren nicht nach einer direkten Lösung, vielmehr nach der Aufmerksamkeit eines vermeintlich wichtigen Mannes.


    Dennoch empfinde ich meine Arbeit als durchaus erfüllend und zufriedenstellend, sie offenbart Einblicke in das tägliche Leben unseres Volkes, die mir sonst wohl kaum gegeben gewesen wären, als Priester verlässt man den Tempel selten genug. Ich werde im Anschluss meiner Zeit als Vigintivir den Kaiser um ein Militärtribunat bitten, die erforderliche Prüfung der academia militaris habe ich bereits abgelegt, und hoffe, Du kannst mir einen guten Rat erteilen, wie ich mich ansonsten auf diese Zeit angemessen vorbereiten kann, um nicht als unwissender Neuling allzu peinliche Fehler zu begehen. Letztendlich fehlt mir die Ausbildung eines Soldaten, auch wenn ich mich glücklich schätzen kann, meinen Körper bei Kräften gehalten zu haben, ist dies wohl kaum mit dem Können und der Kraft eines Mannes vergleichbar, der täglich Waffen und Gepäck zu schleppen hat. Wie hast Du Dich seinerzeit auf Dein erstes Militärtribunat vorbereitet? Ich muss gestehen, ich weiss wenig mehr als die Literaten bieten, und es wäre mir unangenehm, als unbeleckter Neuling dem üblichen Vorurteil zu entsprechen, das bei patrizischen Tribunen sehr oft gebraucht wird.


    Ansonsten geht in Rom im Grunde alles seinen gewohnten Gang - Du wirst sicherlich vernommen haben, dass sich ein Octavier auf den Stufen des Senats das Leben nahm, als er bei den Wahlen versagt hatte, seitdem scheinen mir die Götter Rom zu zürnen, doch sicher ist dies noch nicht, muss ob dessen doch ein Sühneopfer des Senats abgewartet werden. Mit Freuden indes habe ich vernommen, dass wir in Zukunft wohl familiäre Bande miteinander knüpfen werden - Dein Mündel Tiberia Albina und mein Verwandter Flavius Furianus im Stand der Verlobung zu sehen war eine überraschende, aber sicher nicht unangenehme Entwicklung. Sollte Dein Mündel irgendwelcher Dinge bedürfen, zögere nicht, sie mir zu nennen, denn mein Verwandter ist ob seines Amtes wieder gen Hispania gereist und wird sich wenig nur um seine Braut kümmern können, die Pflicht nimmt für ihn einen hohen Stellenwert ein. Es wäre mir jedenfalls ein Vergnügen, jenen Dienst zu erwiedern, den Du mir erwiesen hast, ohne mich zu kennen, und für den es kaum einen Gegenwert wird jemals geben können.
    Ich schließe mit der Hoffnung, dass Dich diese Zeilen bei guter Gesundheit und nach einem siegreichen Kampf erreichen,


    Flavius Aquilius

    Während der Händler noch versuchte, den Griechen für seine Äpfel zu interessieren - seiner Kleidung nach war er zwar Sklave, aber einer aus einem guten Haushalt, in dem man sich gut gearbeitete Tuniken offensichtlich leisten konnte - und Straton ihm schließlich durch ein entschiedenes Kopfschütteln klar machte, dass er seine Früchte zumindest nicht an diesen Mann bringen würde, hatte er die blonde Frau weiter beobachtet und war sich inzwischen sicher, dass sie jemanden oder etwas suchte. Wahrscheinlich kannte sie sich auf dem Markt einfach nicht aus, zwischen den vielen unterschiedlichen Ständen konnte man leicht die Übersicht verlieren, und er selbst hatte sich den Weg nur eingeprägt, weil es seine Art war, auf herausragende Merkmale zu achten, anhand derer man dann den Rückweg finden konnte.
    Diese junge Frau aber war anscheinend in Rom noch fremd, und so setzte sich der Grieche in Bewegung, wich geschickt einer Plebejerin in einer grellroten stola aus und schließlich gelang es ihm, vor der Unbekannten stehen zu bleiben - er wartete, bis sie zu ihm blickte, um sie nicht zu erschrecken, und räusperte sich dann, bewusst langsam und deutlich sprechend, bei diesen Nordleuten wusste man schließlich nie, ob sie Latein konnten oder nicht.


    "Salve - ich bin Straton und wir kennen uns von der Saturnalienfeier im Haus meines Herrn, bei den Flaviern. Ich habe Dich dort gesehen - kann ich dir vielleicht helfen? Du wirkst, als würdest Du den Weg nicht kennen." Der Grieche verwendete bewusst einfache lateinische Worte, versuchte auch darauf zu achten, sie während des Sprechens anzusehen, ohne sie anzustarren, damit sie ihn nicht für einen Lüstling hielt, der sie vom Markt in eine Gasse zerren wollte, um sich an ihr gütlich zu tun - vielmehr blieb er im gleichen Abstand stehen, den man wählte, wenn man einen Fremden ansprach, ließ ihr also genug Platz, schließlich wusste er nicht, ob und wie sie panisch reagieren würde, und wartete einfach ab.
    An diesem Tag hatte er eine einfache dunkelblaue tunica gewählt, die unverziert war, aber deren Stoff besser verarbeitet war als jener, den viele plebejische Familien selbst fertigten und nutzten. Ruhig und aus dunklen Augen blickte der Grieche die Germanin an und wartete ihre Reaktion ab, während an einem anderen Stand die beiden Sklaven, die ihn begleiteten, einen Teil des Einkaufs bei einem bereits bekannten Händler vornahmen.

    "Dann machen wir es so," sagte Straton abschließend, bevor er sich im Stuhl etwas zurücklehnte und tief einatmete. Jetzt würde er einen passenden Platz für das Schmuckstück finden, und er hatte auch schon die ein oder andere Idee, es hatte Vorteile, einen Herrn zu haben, der eine Menge Krempel besaß und sich diesen nach Rom hatte nachschicken lassen, die meisten der Reisetruhen waren noch nicht einmal ausgepackt, weil noch kein Bedarf danach bestanden hatte. "Ich sage Dir Bescheid, wenn ich den passenden Ort gefunden habe, und zeige ihn Dir dann, einverstanden? Und ... wenn er Dir noch einmal so etwas schenkt, dann überlege gut, ob Du es annimmst. Solche Sachen machen nur Probleme, wenn der Herr davon nichts wissen soll." Natürlich würde sie auch ein zweites Mal Schmuck annehmen, welche Frau würde so etwas schon widerstehen können, und im Grunde wusste der Grieche, dass er sich seine Worte hätte schenken können - aber sicher war sicher.

    Nach den Saturnalien war wieder Ruhe im Haushalt der Flavier eingekehrt, und das war Straton, der in seiner Eigenschaft als vilicus seines Herrn unterwegs war, um einige neue Händler und deren Angebot zu inspizieren, durchaus recht. Eine große Feier und die dafür notwendigen Speisen zu organisieren war im Grunde harte Arbeit, und dass dieser Jahresendpunkt nun endlich erreicht und überschritten war, nahm doch eine nicht geringe Last von seinen Schultern. Die Feier war erstaunlich harmonisch verlaufen, wenn man von einigen Randnotzigen absah, und nun konnte er in aller Ruhe und mit der Zufriedenheit seines Herrn im Rücken sich alle Zeit der Welt zu nehmen, um Angebote zu vergleichen und den Händler zu finden, von dem er in Zukunft frische Meeresfrüchte und exotischere Waren beziehen würde. Die Gewürze aus dem Osten waren immernoch heiß begehrt, und sein Herr mochte besonders gewürzten puls zum Frühstück, dem man die Herkunft der Gewürze noch anschmeckte. So flanierte Straton, der von zwei weiteren Sklaven der villa Flavia begleitet wurde, die normalerweise in der Küche arbeiteten, zwischen den einzelnen Ständen umher und ließ den Tag einen guten Tag sein.


    Für das Einkaufen von Kleidung würde sich der Grieche niemals wirklich begeistern können, wie die meisten Männer, aber der Vergleich und das Feilschen bei Lebensmitteln machte ihm durchaus Spaß, galt es doch, die richtigen Argumente zu finden, um dem Händler genau das abzuschwatzen, was man wollte - und gespartes Geld konnte dann für anderes ausgegeben werden, nicht zuletzt auch für teure Ingredienzien für Parfums oder Öle. Da war sein Herr nie besonders aufmerksam gegenüber gewesen, und solange all die Dinge besorgt wurden, die er wünschte, war ihm der Rest im Grunde egal - so genoss Straton eine für einen Sklaven doch recht große Freiheit und konnte am Einkaufen auch eine gewisse Freude finden.
    Als er gerade das Angebot eines Fruchthändlers betrachtete und die Stirn runzelte, da einige der Äpfel aussahen, als seien sie nachträglich ein bisschen verschönert worden, um dem Kunden mehr ins Auge zu stechen, zog etwas Helles an ihm vorbei und fing seine Aufmerksamkeit ein. Kannte er diese Frau nicht irgendwoher? Diese hellen Haare - natürlich, sie war auch bei dieser Saturnalienfeier gewesen und hatte sich mit Severus unterhalten, aber gesprochen hatten sie sich eigentlich nicht. Dafür sah sie aber recht verloren aus. Er behielt sie nebenbei im Auge und verfolgte ihre Schritte für eine ganze Weile mit seinem Blick ..


    Sim-Off:

    Reserviert :]

    Der Traum war so schön gewesen. Er hatte alles beinhaltet, was man sich als Mann wünschen konnte - nackte Schönheiten, die ausgesprochen willig gewesen waren, gutes, warmes Wetter, eine Menge angenehmster Speisen - und dann hatte sich die Stimme in seinen Traum gedrängt, die ein Ding nach dem anderen zerplatzen ließ und den Griechen unangenehm wach machte. Natürlich, sein dominus war es, der ihn mitten in der Nacht weckte, und etwas von Bridhe erzählte, das eine Weile brauchte, das erwachende Gehirn Stratons zu berühren.
    "Schwitzt sie?" fragte er, während er sich aus seinem Bett schwang und die dunkelblaue tunica anzog, die er im Haus oft trug und an der er auch zumeist erkannt wurde. Dann folgte er seinem Herrn in den Nebenraum und trat an das Bett des Flaviers, innerlich den Kopf darüber schüttelnd, dass dieser die Sklavin überhaupt noch in seinem Lager behalten hatte. Es gab früher oder später nur Ärger, wenn man Sklavinnen zu nahe an sich heranließ, und Aquilius hatte nie gelernt, diese Grenze zu ziehen. Dann allerdings fesselte das elende Aussehen der jungen Frau seine Aufmerksamkeit und schließlich nickte er.


    "Sie muss warm gehalten werden, braucht ein anderes Gewand, dieses hat sie schon durchgeschwitzt, und einen heißen Stein sollte sie auch haben - und Wasser." Während er noch sprach, schenkte der Grieche in einen Becher kühles Wasser ein und hielt ihn ihr an die Lippen, flößte ihr dies sanft und vorsichtig ein, Schluck für Schluck, dass sie sich nicht daran verschlucken würde, bevor er sich schließlich an seinen Herrn wandte. "Kannst Du bitte bei ihr bleiben, während ich die restlichen Sachen hole? Ich werde noch einen anderen Sklaven mitbringen - und sie gehört in ihr eigenes Bett." Es gab wenige Menschen, die mit seinem Herrn so sprechen konnten, wie es Straton in diesem Moment tat, aber sie kannten sich lange genug, um in Augenblicken der Not nicht zuviel auf die üblichen Standesgrenzen zu geben. So wandte er sich denn auch auf das Nicken Aquilius' ab und verließ das cubiculum seines Herrn, um sich auf die Suche zu machen.

    Die Feier lief gemächlich vor den Augen des Griechen ab und schien sich prächtig zu entwickeln. Die angeheuerten Freien waren durchaus nützlich, wenngleich sie natürlich beim Bedienen der sklavischen und nicht-sklavischen Gäste keineswegs dieselbe Eleganz offenbarten wie jene Sklaven, die durch jahrelangen Dienst dahin geschult waren, möglichst unauffällig zu sein und schweigend ihre Arbeit zu verrichten. Aber was wollte man an den Saturnalien auch anderes erwarten, letztendlich konnten sie froh sein, überhaupt Hilfskräfte bekommen zu haben, die das Geschirr immernoch heil gelassen hatten und sich nicht mit einer Amphore Wein in der Abstellkammer betranken. Während die ihm zum größten Teil fremden Menschen miteinander sprachen, hatte de Grieche einige Gelegenheit, seiner Lieblingsbeschäftigung bei Festen zu fröhnen - dem beobachten. Es war nicht leichter dadurch, dass er bei den meisten der Anwesenden nicht wusste, woher sie kamen und wer sie waren, aber als guter Beobachter war es ihm durchaus möglich, die Patrizier von den Sklaven zu trennen, rothaarige Frauen waren beispielsweise leicht als Sklavinnen entlarvt, denn gefärbtes und echtes rotes Haar war durchaus voneinander zu unterscheiden.


    Auch war die Haut der Patrizierinnen meist durch die vielen verwendeten Schönheitsmittel reiner und wirkte klarer ... es gab viele Indizien, nicht zuletzt die Sprechweise und Haltung, anhand derer man die Menschen einordnen konnte. Unglücklich war Straton über den Beobachterposten nicht. Nicht zuletzt, weil er große Feste mit allzu viel Trubel irgendwann nicht mehr ertrug und auch nicht zu den Menschen gehörte, die gerne viel sprachen, und bei derlei Festen kam man darum irgendwann nicht mehr herum. Wenn es etwas gab, das Straton weniger mochte als Unterhaltungen, dann waren es geistlose Unterhaltungen. Während sein Blick über die Anwesenden schweifte, atmete er gemächlich durch und schritt durch die Gästeschar, grüßte hierhin, lächelte dorthin und hatte schließlich Sciurus samt Dido-Anhängsel erreicht. "Io Saturnalia, Sciurus," sagte der Grieche in seiner gemessenen, ruhigen Art, und nickte auch Dido freundlich zu. "Bona Saturnalia auch Dir. Übrigens, solltest Du heute noch ausgehen wollen, dann denke ich, komme ich ab jetzt ganz gut zurecht. Bisher scheint sich niemand prügeln zu wollen, und der Rest ist nicht anspruchsvoller als eine cena."

    Straton sann einige Momente lang nach, bevor er antwortete. "Nun, im Grunde kann ich es so lagern, dass Du jederzeit daran kommst, aber das erhöht auch das Risiko einer zufälligen Entdeckung durch den Herrn. Ansonsten würde ich sagen, Du übergibst es mir und ich händige es Dir jedes Mal aus, wenn Du es tragen willst - dann kann ich es den Umständen angepasst aufbewahren und nicht immer am selben Ort." Dennoch, das Hauptproblem würde dadurch nicht gelöst werden - dass es früher oder später herauskommen würde, was Bridhe da besaß (oder nicht besaß), und die Fragen danach sicherlich nicht angenehm werden würden. Zumindest, was die Herkunft des Schmuckstücks und den Preis dafür betraf, denn dass es nicht einfach so in ihrer Hand gelandet war, war durchaus klar. Das würde auch Aquilius klar sein, wenn er jemals herausfinden sollte, dass dies Schmuckstück Bridhe gehörte. Und von Bridhe auf Severus zu schließen war ebensowenig kompliziert wie undenkbar. Es war eine sehr verfahrene Situation, und für den Moment fiel auch dem Griechen nicht ein, wie man es lösen sollte. Außer, Severus erklärte das dem Herrn, und das würde nie passieren, die Reaktion wäre absehbar.

    Mit diesem Flavier hatte der Grieche wohl einen Meister der Vieldeutigkeit kennengelernt - aber vielleicht war es auch das, was ihn am Austausch von Worten überhaupt reizte. Sie waren so vielseitig. Manchmal ergaben sie sich der Notwendigkeit, manchmal waren sie schlichtweg nützlich und manches Mal offenbarten sie tausend und eine Möglichkeit, Tatsachen zu betrachten und sich sehr viel mehr noch unter bloßen Tatsachen vorzustellen. Erbstück des Caius. Zumindest in einem war sich Straton jetzt sicher - dass zwischen seinem Herrn und diesem Mann eine Verbindung bestehen musste, das praenomen des Aquilius wurde selten genug benutzt. Welcher Art die Verbindung war, musste noch herausgefunden werden, aber dafür würde sicher Zeit sein und bleiben. Letztendlich verrieten sich alle Menschen irgendwann, man musste nur genug Geduld aufbringen, darauf zu warten, dass es geschah.
    "Wie es die Gelehrten sagen, bedarf es für den Beginn einer Bewegung doch meistens eines Willens," antwortete der Grieche gelassen und blickte dem Flavier nach, der sich gemessenen Schritts in Richtung des Garteninneren entfernte. Eine durchaus amüsante Begegnung, stellte Straton für sich fest und wandte sich nun der villa zu, um weiteren Aufgaben nachzugehen, die sicherlich niemals geringer würden, auch wenn sie es ihm bisweilen möglich machten, sich an der Schönheit der Umgebung zu delektieren.


    - finis -

    "Du könntest es mir anvertrauen, Bridhe," sagte der Grieche und hob eine der Brauen leicht an, während er den Blick zu ihr hielt. "Der Herr hat so viele Sachen, dass er, wie ich ihn kenne, gar keine wirkliche Übersicht darüber hat, was wohin gehört, und da wird ein Schmuckstück in einem Holzkasten nicht weiter auffallen, er schaut sich diese Dinge ohnehin fast nie an. Wenn Du es also lagern willst, dann wäre das eine Möglichkeit, die ebenso auf der Hand liegt wie die Aufbewahrung am eigenen Körper." Es war die recht schmeichelhafte Umschreibung der Tatsachen - Aquilius war, was seinen persönlichen Besitz anging, ein ziemlicher Schlamper, und die meisten Sachen davon waren ihm so unwichtig, dass er sich nicht darum kümmerte und dergleichen Straton überließ, was zumeist bedeutete, dass Aquilius nach einem halben Jahr nicht mehr genau wusste, was er wann und wo und vor allem warum gekauft hatte. Ein Umstand, der sich eventuell als praktisch erweisen würde, wenngleich auch immer die Unsicherheit in sich barg, dass er doch einmal in seinen Sachen stöbern würde, die derzeit in diversen Räumlichkeiten der villa zwischengelagert waren.

    Viel gab es nicht mehr vorzubereiten, und nachdem sein Herr mitsamt der jungen Aurelierin das Zelt erreicht hatte, lenkte auch Straton sein Pferd in die Nähe der patrizischen Teilzeitunterkunft, um dort abzusitzen und das Tier etwas abseits neben einigen anderen Pferden anzubinden, mit denen die anderen Sklaven gekommen waren. Der Grieche betrat das Zelt und vergewisserte sich, dass alles so vorbereitet war, wie er es angeordnet hatte - mit einer gewissen Genugtuung registrierte er, dass dies tatsächlich geschehen war, man schien ihn also durchaus auch als vilicus seines Herrn ernst zu nehmen, was er angesichts der doch allzu leicht erscheinenden Weichheit des Aquilius im Umgang mit Sklaven nicht unbedingt erwartet hatte. In diesem Punkt war sein Herr unverbesserlich, und schlug eher seiner Mutter als seinem Vater nach, ein Umstand, den der Grieche inzwischen zu bedauern gelernt hatte. Es machte die Verwaltung des Haushalts nicht unbedingt leichter, wenn man genau wusste, dass jederzeit der Sklave, den man eben bestraft hatte, die große Wein- und Jammernummer beim Herrn beginnen konnte und damit eventuell sogar durchkam.


    Er schüttelte die Kissen der beiden Klinen noch einmal auf, um ihnen ein etwas frischeres Aussehen zu verleihen, dann war Straton mit dem Aussehen des kleinen Raumes, dessen bunte Wände im Seewind flatterten, durchaus zufrieden. So viel Aufwand für eine Frau, dachte der Grieche und schüttelte den Kopf. Schätzungsweise war es seinem Herrn ernst mit der dunkelhaarigen Aurelierin, sonst hätte er sich wohl kaum dazu hinreißen lassen, sie in seinen Armen hierher zu bringen, auf einem Pferd! Was in Hispania mit ziemlicher Sicherheit einen Skandal verursacht hätte, war in Rom wohl nicht einmal müdes Gerede wert, und im Grunde war es ihm auch egal. Straton hoffte vielmehr, dass die Erwählte als Ehefrau seines Herrn nicht zu unerträglich sein würde, Patrizierinnen waren zumeist ja doch reichlich überkandidelt, verwöhnt und zickig. Die besten Erfahrungen hatte er jedenfalls mit patrizischen Frauen noch nicht gemacht, und die einzige Ausnahme ... nun ... das war Vergangenheit. Er seufzte leise und schritt aus dem Zelt wieder hinaus, sich vergewissernd, dass auch die Wächter an ihrem Ort waren.


    Severus hatte sich darum gekümmert, und die Aufteilung machte strategisch gesehen den meisten Sinn. Der Germane schien wirklich ein Talent dafür zu besitzen ... nachdem es im Augenblick nicht danach aussah, als würde er dringend gebraucht, schritt er gemessen über den weichen Sand in Richtung des Germanen und räusperte sich schräg hinter ihm. "Hast Du einen Augenblick Zeit für ein Gespräch, Severus? Es gibt da etwas, das ich gerne mit Dir besprechen würde."

    Da an diesem besonderen Tag, dem ersten der Saturnalienfeier, auch der stets grimmige ianitor, Acanthus, seine Freiheit genießen durfte, befand sich an der porta der villa Flavia nur ein Freier, dem man eine Liste der geladenen Gäste gegeben hatte - zudem eine ungefähre Beschreibung zu den patrizischen Gästen, damit sich nicht falsche Gäste einschleichen konnten. Bei den geladenen Haussklaven der aurelischen und claudischen Familie würde es allerdings schwer werden und der Freie beschränkte sich zumeist darauf, zu fragen, zu welchem Haushalt sie gehörten, bei der Feier selbst würden Störenfriede schon schnell auffallen, soviel war sicher.


    Sim-Off:

    Um das Eintreten bei der Feier zu erleichtern, ein Hinweis für Gäste: Das 'Begrüßungsritual' wird auf Wunsch gespielt, ist aber nicht dringend notwendig, wer also gleich beim entsprechenden Thread im atrium posten möchte, ohne sich an der porta aufzuhalten, kann dies gerne tun.


    "Io Saturnalia!" Diesen Satz konnte man an einem bestimmten Tag im römischen Kalenderjahr sehr oft hören - am ersten Tag des Saturnalienfestes sagte man ihn noch sehr oft und mit Begeisterung, danach nutzte sich jener Gruß ein wenig ab, bis er gen Ende der Feierlichkeiten in ein Genuschel mündete, das zwischen Betrunkenheit und der Notwendigkeit, wieder nüchtern zu werden (und damit einher gehender Übelkeit und anderen Unpässlichkeiten) schwankte. Doch der erste Tag der Saturnalienfeier war zumeist jener, den alle mit dem größten Vergnügen begingen, war man doch nahe dem neuen Jahr, hatte alle wichtigen Geschäfte abgeschlossen, und konnte sich auf eine Zeit der heiteren Unbeschwertheit freuen, in der alle Standesgrenzen überwunden wurden. Aus Herren wurden Menschen zum Anfassen, aus Sklaven jene, die getrost einige Tage lang auf der faulen Haut liegen konnten, ohne sich anstrengen zu müssen und ohne Strafe zu erwarten - eine Gesellschaft, die so sehr von ständischen Unterschieden und dem Beharren auf jenen geprägt war wie die römische, brauchte wohl bisweilen einige Tage, an denen man auch einmal abseits dieser ganzen Unterschiede agieren konnte und durfte. Zumindest waren dies die Gedanken Stratons, dem vilicus aus dem Haushalt des Flavius Aquilius, der gemeinsam mit seinem Amtskollegen Sciurus aus dem Haushalt des Flavius Gracchus das diesjährige Saturnalienfest vorbereitet hatte.


    Genauer gesagt, hatten sich die beiden vilici die Arbeít dergestalt geteilt, dass Straton die strategische Planung übernommen hatte und Sciurus hilfreich zur Seite stand - immerhin war der Grieche noch nicht allzu lange in Rom und kannte die besten Händleradressen für die vorbereiteten Leckereien noch nicht, wusste auch nicht, wo man die passenden Arbeitskräfte anheuern konnte, aber durch Sciurus' Hilfe war dieser Plan recht schnell in die Tat umgesetzt worden.
    So war die gesamte villa ansprechend geschmückt worden - die Zweige immergrüner Bäume hatte man in Vasen angeordnet und mit Leckereien behangen, wobei dem atrium und allen anderen der Repräsentation und der Familie dienenden Gemeinschaftsräumen ein besonderes Gewicht beigemessen worden war: Dunkelrote Bänder mit immergrünen Zweigen darin schmückten hier die Wände, verziert waren diese noch mit zusätzlichen Schleifen und daran herabhängendem Naschwerk in kleinen Beutelchen, sodass man nicht sofort wissen konnte, was sich darin befand, wenn man sich eines davon pflückte. Dies alles war für die Familie, die Sklaven und die erwarteten Gäste gleichermaßen bestimmt, und während sich im atrium zwei zusätzliche Tische befanden, auf denen Getränke in Krügen auf durstige Trinker warteten, waren das triclinium und das peristylium für eine größere Menge an Gästen vorbereitet.


    Die Freien, die Sciurus und Straton als Bediente für die Vorbereitung und Servierung des Essens angeheuert hatten, trugen einfache weiße Tuniken, um sie überhaupt von den Gästen unterscheiden zu können - und ihr Preis war entsprechend auch exorbitant gewesen. Der Grieche selbst vermutete, dass durch die Arbeit während der Saturnalia so manche ärmere Familie Roms sich über den Winter brachte, und so hatten sie wohlweislich diejenigen ausgewählt, die noch einigermaßen kräftig wirkten und nicht zu gierig, schließlich legte man Wert darauf, zum einen die Abläufe gut erledigt zu wissen, zum anderen wollte man am Ende der Saturnalien nicht ohne Möbel dastehen. Selbst das Ferkel für das Hausopfer war angeschafft worden und hatte einer kritischen Musterung zweier Männer standhalten müssen, die es gewöhnt waren, Details zu beachten - und schließlich hatte sich Sciurus in seinen wohlverdienten Festtagsfeierabend verabschieden können, die Verantwortung lag nun bei Straton, dass alles funktionierte. Gern hatte er nicht auf seine freien Stunden während des Saturnalienfestes verzichtet, aber er wusste, dass das Geschenk seines Herrn dafür umso größer ausfallen würde, und einen Tag der Anstrengung konnte man dafür durchaus opfern, an den anderen Tagen würde es deutlich weniger zu tun geben, um für die Familie den Alltag aufrecht zu erhalten.


    Zudem - ein Teil von Straton gefiel sich in der Vorbereitung und Planung, wenn er sich sicher sein konnte, dass auch alles so geschah, wie es geplant worden war. Letztendlich mochte er es, wenn ein Plan funktionierte, und er den restlichen Abend in vergnüglicher Betrachtung sehr vieler sehr unterschiedlicher Menschen verbringen konnte. Auch auf die Gäste war er gespannt, und schritt noch ein paar Mal durch die Räume, um zu kontrollieren, ob auch wirklich alles so angerichtet war, wie er es bestimmt hatte. Die Gäste und die Familie konnten kommen!

    Schätzungsweise waren die Worte des Flaviers ein Kompliment, auch wenn er eine sehr komplizierte Art hatte, sich auszudrücken. Nicht nur ein Kompliment an Straton selbst, dessen Wuchs und Gestalt seinem Gegenüber zu gefallen schienen, sondern auch an seinen Herrn. Wie nahe mochten sich Flavius Gracchus und sein Herr stehen? Es war kaum zu übersehen, was diesen Mann bewegte, denn sein Verhalten bisher war fast eindeutig gewesen. Entweder er wusste ein attraktives Äußeres mit dem Auge eines Genießers wohlgeratener Formen zu schätzen, oder er schätzte es und liebte es zudem, sich daran auch physisch zu ergötzen. Eher zweiteres, zu diesem Schluß kam Straton im Klang der Stimme dieses Mannes, der fast amüsiert, fast enttäuscht zugleich wirkte.
    Wünschte er sich, er hätte ihn berührt? Für einen flüchtigen Moment ertappte sich Straton bei einem Gedanken, den er schon lange nicht mehr gewälzt hatte. Das Liebesspiel unter Männern hatte eine ganz eigene, andere Qualität als jenes mit einer Frau - und auch Straton kannte die Tradition nur zu genau, die in seiner eigentlichen Heimat, Achaia, noch immer praktiziert wurde, auch wenn sie inzwischen natürlich unter dem römischen Einfluss weniger bedeutend war.


    Es war etwas anderes, die weichen, sanften Rundungen einer seufzenden Frau zu liebkosen als die straffen, muskulösen Formen eines Mannes - und es war Stratons wohlgehütetes Geheimnis, dass er beide Richtungen schätzte, auch wenn er selten diesem Hang nachging. Seine Bedürfnisse hatte er normalerweise gut im Griff, und behielt sie für sich - und es gab auch sonst zumeist genug zu tun, um diese vergessen zu können.
    "Mein Name ist Straton, dominus." Würde sich dieses so ausdrucksarme Gesicht in der Leidenschaft verzerren? Intensiv musterte der Grieche sein römisches Gegenüber, und das Lächeln blieb, so vage und wenig offensichtlich es auch sein mochte. Es musste im Haus einen Sklaven geben, der die Leidenschaft dieses Mannes mit lebte, anders konnte er es sich nicht vorstellen, und es würde sicherlich interessant werden, diesen herauszufinden. Am einfachsten würde es sein, in Flavius Gracchus' persönlichem Umfeld zu beginnen. Seine ohnehin stets latent vorhandene Neugierde war geweckt...