Ich war mal wieder erstklassig ins nächste Fettnäpfchen getappt, was irgendwie erreichbar gewesen war. Cimon war, weiß der Geier warum, auf die Knie gegangen, nicht weil Ursus das von ihm verlangt hatte. Und ich stand da und hatte das Gefühl, mir entgleitet gerade alles, was ich mir zu recht gelegt hatte für das Wiedersehen mit Ursus. Mir tat es echt leid, ihn so angefahren zu haben. Eigentlich wollte ich ihn nett begrüßen und mit Sicherheit wäre ich ihm auch um den Hals gefallen, vor Freude. Aber das konnte ich mir jetzt stecken! Außerdem fehlten mir die Worte , um jetzt noch was nettes in dieser Art zu sagen. Stattdessen entschuldigte sich Cimon. Er hatte mir sogar einen Sessel herbeigezogen, damit ich mich setzen konnte. Aber das ging nicht. Nicht so!
"Er hat mich nur getröstet!" fiel ich Cimon ins Wort, denn ich hatte natürlich mitbekommen, wie beide mich angestarrt hatten. Cimon würde wohl niemals in seinem Leben auch nur einen unerlaubten Handgriff tun und was mit Ursus war, konnte ich nicht so einschätzen. Keine Ahnung, was oder wie er noch für mich empfand. Nach der netten Begrüßung war seine Sympathie für mich wohl im Keller gelandet.
"Ich war heute in Louans Zimmer und konnte danach nicht mehr. Es ist meine Schuld und es tut mir auch leid, für alles was ich gesagt hab. Eigentlich wollte ich... ach nichts!" Besser, wenn ich jetzt meine Klappe hielt und mich auf meine vier Buchstaben setzte, dann konnte ich auch keinen weiteren Schaden anrichten.
Beiträge von Caelyn
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Ich war von der Umarmung so angetan, dass ich nur noch die Hälfte raffte. So reagierte ich erst nicht, als Cimon mir ins Ohr flüsterte, Ursus sei da. Ich stand da, wie benommen, als er sich von mir löste und als ich endlich zu mir kam, sah ich Cimon, wie er auf dem Boden kniete. Scheiße noch eins! Was ging den hier gerade ab? War das die neuste Mode? Knie dich hin Sklave, oder was? Verständnislos blickte ich auf Cimon hinunter und dann zu Ursus, der da tatsächlich stand!
Sollte, oder musste ich das jetzt auch machen? Das konnte sich Ursus gleich mal abschminken, wenn er das von mir verlangte! Meine schlimmsten Befürchtungen schienen wahr geworden zu sein. Klasse echt!
"Was geht denn hier ab? Wenn du glaubst, dass ich mich jetzt auch so vor dir hinknie, wie er hier, dann hast du dich aber ganz schön geschnitten!"
Egal, ob er jetzt zu toben anfing! Naja, velleicht wäre ein nettes 'Hallo, wie geht’s' besser angebracht gewesen. Aber das wollte mir nicht über die Zunge gehen. -
Als ich an der Küche vorbei gekommen war, hatte ich Cimons Stimme gehört und dann die Stimme eines Kindes. Das hatte mich natürlich neugierig gemacht und so ging ich nicht an der Küche vorbei, sondern rein. War auch wieder mal ´ne prima Gelegenheit, um sich was Essbares abzugreifen. Seitdem ich zurück war, hatte ich wieder Hunger, wie verrückt. Das musste an Nikkis Kochkünsten liegen, die ein ganzes Stück besser waren, wie die ihres Kollegen auf Sardinien.
In der Küche fand ich neben Cimon auch noch einen Jungen. Nein, Moment! Das war kein Junger, der hatte doch ein Kleid an! Oder war´s vielleicht doch einer und er hatte sich nur verkleidet?
Ich tat erst mal, als würde ich was suchen, kam dann aber näher, zwinkerte Cimon heimlich zu griff nach einem der schönen roten Äpfel, die dort standen und auf mich gewartet hatten und wandte mich dann an das Kind, ohne Rücksicht auf Verluste und ohne mich daran zu stören, dass sich die beiden gerade unterhielten.
"Na Kurzer! Was bist denn du für einer? Ziehst Klamotten von Mädchen an! Wenn das deine Kumpels sehen, die lachen sich schräg!"
Dann biss ich in den leckeren und gar nicht saueren Apfel, holte mir noch einen Becher mit Wasser und setzte mich zu den beiden. Man musste doch jede Gelegenheit mitnehmen, die sich bot, um sich auszuruhen! -
Genau das war der Punkt gewesen! Ich war heute wieder allein gewesen. Alles war wieder zur Normalität übergegangen. Die letzten Tage, an denen ich fast Tag und Nacht mit Cimon zusammen gewesen war, hatten so manchen düsteren Gedanken erst gar nicht aufkommen lassen. Damit war es ab jetzt wieder vorbei.
Aber jetzt und hier war der Nubier wieder bei mir. Das tat mir so gut. Ich konnte es gar nicht beschreiben, wie gut es mir tat.
"Ich will nicht mehr allein sein! Ich hab sonst niemanden mehr," schluchzte ich. Sanft schmiegte ich meinen Kopf an seinen Körper. Wenn ich jetzt gefallen wäre, er hätte mich aufgefangen und hätte nicht zugelassen, dass ich am Boden landete.
"Das wär schön, wenn du dorthin mit mir gehst."
Ich wollte Cimon nicht mehr loslassen, egal was da kommen mochte. Und selbst wenn´s Ursus gewesen wäre. -
Cimon war einfach zu bescheiden, fand ich. Wir waren so lange unterwegs gewesen. Am Morgen, als wir in Ostia an Land gegangen waren, hatten wir unsere letzte Mahlzeit eingenommen. Das war ein wenig Brot und getrockneter Fisch gewesen. Nicht wirklich eine fürstliche Mahlzeit! Aber der griechischen Köchin konnte man nichts vormachen. Natürlich hatte sie gesehen, wie ich die frischen Brötchen anvisiert hatte. Sie ließ sich nicht lumpen und gab jedem gleich drei der noch warmen Gebäckstücke. Mannomann wie das duftete! Mir lief schon das Wasser im Mund zusammen. Am liebsten hätte ich sofort rein gebissen.
Aber dann ging auf einmal die Tür zur Küche auf. Alles blickte in diese Richtung und wir alle wurden Zeugen dessen, was dann geschah.
So ein ganz komisch aussehender Typ, ziemlich braungebrannt, allerdings wesentlich heller als Cimon, hatte die Küche betreten. Uns hatte er anscheinend gar nicht richtig wahrgenommen. Er stürzte sich wie wild auf das was da auf der Anrichte herumlag. Im Zweifelsfall handelte es sich um Knoblauch. Angewidert verzog ich mein Gesicht. Ich konnte Knoblauch auf den Tod nicht ausstehen, jedenfalls nicht in größeren Mengen. Der Typ begann sich ganz heftig zu schütteln und stürzte sich auf einen Krug Wasser, der in der Nähe stand.
Mir hatten sicher ein dutzend Fragezeichen im Gesicht gestanden, als ich erst zu Cimon und dann zu Nikki sah.
Aber dann löste sich das ganze auf. Ich hörte diese Stimme und ich rechnete eins und eins zusammen. Den Kerl kannte ich doch! Na klar! Das war der lustige Knilch von Corvinus Hochzeit! Stimmte ja, der wohnte ja jetzt auch hier! Und Cimon kannte er bereits auch! Woher kannte er den bloß?
Meinen Namen hatte er auch noch gewusst! Echt toll, allerdings hatte ich seinen vergessen.
"Öhm ja, salve! Bist du nicht der lustige Parther von der Flavia? Wir haben uns, glaube ich auf der Hochzeit kennen gelernt."
Nikki hatte auch keine Worte gehabt, für den Auftritt des Parthers. Nur jetzt, als dieses beschauliche Hallo-sagen hier langsam zum Massenauflauf mutierte, sah sie doch sehr beunruhigt nach ihren Brötchen, für die es nun noch einen weiteren Abnehmer gab. -
Ehe ich mich versah, fand ich mich in Cimons Armen wieder. Genauso wie auf Sardinien am Tag, an dem wir uns kennengelernt hatten. Normalerweise hätte ich um mich geschlagen und laut geschrien, hätte mich irgendjemand einfach so, ohne Vorwarnung umarmt. Aber dieses Mal ließ ich es geschehen so wie vor Tagen schon einmal. Und wieder fühlte ich mich geborgen dabei. Sogar meine Anspannung löste sich.
Langsam legte ich auch meine Arme um Cimon, ohne dabei nachzudenken, dass wir gerade in Ursus cubiculum waren und er jeden Augenblick hier hereinplatzen konnte. Also der denkbar ungeeignetste Ort, um sich näher zu kommen, auch wenn das nur rein freundschaftlich war. Allerdings konnte diese innige Umarmung auch fehlinterpretiert werden. Aber zum Glück war Ursus ja noch nicht! -
Ich konnte gar nicht mehr aufhören zu weinen. Aber ich fühlte mich erleichtert, nachdem ich Cimon alles gesagt hatte. Seit dem ich hier war, war das das erste Mal, dass ich darüber gesprochen hatte, was passiert war.
Was Cimon mir sagte, war wie Balsam für mich. Er war da für mich und hielt mich fest. Dafür war ich ihm auch sehr dankbar. Eine ganze Weile blieb ich bei Cimon stehen und heulte mich aus, bis meine Tränen versiegt waren. Hatte erst dieser Nubier kommen müssen, um mir das zu sagen?
Ich wusste nicht, was ich jetzt noch sagen sollte. Vielleicht Danke. Das wäre bestimmt nicht schlecht gewesen! Oder sollte ich jetzt besser gehen? Ich war so unentschlossen und schaute schniefend zu ihm auf. -
Ich sah mich nervös um, ob Ursus sich nicht doch in irgendeiner Ecke versteckte, was ja ziemlich unwahrscheinlich war. Eigentlich war ich ganz froh, dass Ursus noch nicht da war. Aber irgendwann war das erste Zusammentreffen unausweichlich. Das war mir auch klar. Zum Glück war Cimon da. Das war irgendwie beruhigend. Trotzdem war ich nicht richtig bei der Sache. Er sagte irgendwas aber ich hatte gar nicht richtig hingehört.
"Was?" Er trat näher an mich heran. Ich hatte keinen Gedanken daran verschwendet, jemand könnte an meinen Augen sehen, dass ich geheult hatte. Und gerade er, der mich gestern noch so ausgelassen erlebt hatte. "Ich… ich war heute in Louans Zimmer gewesen," sagte ich als Erklärung. Nervös verkrampften sich meine Hände. -
Die erste Wiedersehensfreude war bereits am abflauen. Am Tag nach meiner Rückkehr kehrte der Alltag wieder ein. Cimon war nicht mehr die ganze Zeit um mich. Ich war wieder für mich und die Erinnerungen kamen wieder zurück. Spätestens dann, als ich an Louans alten Zimmer vorbeigekommen war. Eine Zeit lang stand ich vor der Tür und überlegte, ob ich rein gehen sollte. Dann ging ich hinein. Das Zimmer war nach Louans Tod nicht wieder benutzt worden. Sein Bett stand noch da, wo es auch vor einem Jahr gestanden hatte, als er dort tot aufgebahrt gelegen hatte und ich ihn gewaschen hatte.
Keine Ahnung, wie lange ich da drin gewesen war. Irgendwann hielt ich es nicht mehr länger aus und rannte hinaus. Den Rest des Tages hatte ich mich heulend im Garten verkrochen. Nichts und niemand konnte mich wieder zurück ins Haus bringen! Das dachte ich erst. Aber als die Sonne untergegangen war und es empfindlich kalt wurde, ging ich dann doch nach drinnen.
Ein Sklave, den ich überhaupt gar nicht kannte, aber er wohl mich, erzählte mir ganz aufgeregt, Usus würde schon auf mich warten und ich sollte schleunigst in sein cubiculum kommen. Da war es wieder, das komische Gefühl im Magen. Und es wurde noch stärker, mit jedem Schritt, den ich mich Ursus´ cubiculum näherte. Ich kaute hektisch auf meiner Unterlippe herum, als ich anklopfe und eintrat. Aber statt Ursus dort anzutreffen, war da nur Cimon.
"Oh, du bist da! Ich dachte… Ist Ursus noch nicht da?" -
Endlich sah er´s ein, dass er hier nicht gleich loswirbeln konnte, um seine Putzwut auszuleben. Bei der Vorstellung, wie Cimon Staubtuch schwingend durch die Villa wirbelte, konnte ich nur grinsen. Das konnte ich auch nicht unterdrücken, als er mich, total von der Rolle anstarrte, als ich ihm was von waschen erzählt hatte.
"Na klar! Meinst du, die wollen uns um sich haben, wenn wir dreckig sind und stinken? Es gibt einen Waschraum für die Frauen und einen für die Männer. Auch die Schlafräume sind getrennt. Hier ist´s nicht, wie bei armen Leuten!" Ich zog Cimon weiter mit mir. Bevor ich ihm den Waschraum und die Unterkünfte zeigte, wollte ich erst mal einen Bissen essen. "Komm, wir gehen erst mal in die Küche! Ich hab Hunger!" Zielsicher steuerte ich die Küche an. Nikki hatte sicher etwas Leckeres für uns übrig. Ach ja, Nikki! Ich freute mich richtig darauf, endlich wieder alle zu treffen. Bestimmt gab es jede Menge Neuigkeiten. Und wo bot sich die beste Gelegenheit, diese Neuigkeiten zu erfahren? Klar, in der Küche!
Ein verführerischer Duft nach frischgebackenem Brot empfing uns schon, als ich die Tür zur Küche aufstieß. Da lief mir schon das Wasser im Mund zusammen.
Natürlich war Nikki da. Sie und ihre Küchenhilfen waren gerade beim Backen.
"Hallo Nikki!" Die Köchin sah auf und erstrahlte, als sie mich sah. "Caelyn, du bist wieder da!" Dann sah sie zu Cimon, den sie ja noch nicht kannte. "Und du hast jemanden mitgebracht!" Ich sah zu Cimon, den ich immer noch an der Hand führte. "Öhm, ja, kann man so sagen. Oder eigentlich hat er mich mitgebracht. Übrigens, das ist Cimon."Die Köchin nickte dem Nubier freundlich zu. "Salve Cimon! Habt ihr beiden Hunger? Ihr müsst bestimmt ganz hungrig sein, wenn ihr erst angekommen seid! Und du, du bist ganz dünn geworden, Caelyn!"Grinsend schaute ich erst zu den duftenden Brötchen, die kurz vor unserem Eintreffen aus dem Backofen geholt worden waren und dann zu Cimon, um herauszufinden, was in ihm gerade vorging. -
Zitat
Orginal von CimonErst als sie eingetreten waren sah er sich aufmerksam um und brauchte einige Augenblicke um Caelyn zu antworten. Die Schönheit der Villa raubte ihm kurz alle Worte. So blieb er sogar kurz beeindruckt stehen.
"Danke, Caelyn... Aber ...meinst du wir haben die Zeit? ... muss nicht ... irgendetwas getan werden?"
Damit ging er weiter und wartete ab wohin es gehen mochte. Er war es nicht gewohnt ohne Anordnungen und Befhele die Zeit zu füllen. Schon in Mantua hatte er damit Probleme. Doch da hatte er Aufgaben, mit denen er die Zeit hat füllen können.
Irgendwie war es schon komisch, wieder hier zu sein Nach so langer Zeit. Aber zum Glück stand alles noch an seinem alten Fleck. Niemand hatte in der Zeit, in der ich weg war, größere Veränderungen vornehmen lassen. Das war auch gut so! Nämlich so wusste ich noch genauso gut wie vor einem Jahr, wo alles war.
Cimon war ganz schön beeindruckt von der Villa. Dabei hatte er nur den Eingangsbereich gesehen. Er sollte sich erst mal die Räume der Herrschaften ansehen! Da hatte er was zum staunen!
Aber dann kamen gleich seine Einwende, weil er dachte, er müsste sich sofort in die Arbeit stürzen. Dabei kannte er sich hier noch gar nicht aus.
"He Cimon! Immer schön locker bleiben! Du musst doch erst wissen, wo alles seinen Platz hat, bevor du dich ans Werk machst. Ich zeig dir hier jetzt alles, wo´s was zu essen gibt, wo du schlafen kannst, na ja und wo man sich wäscht! Klar? Ach ja waschen! Wär jetzt auch nicht so verkehrt! Wir sehen ganz schön mitgenommen aus!", sagte ich grinsend zu ihm. Und damit er merkte, wie ernst ich das alles gemeint hatte, griff ich nach seiner Hand und zog ihn mit. -
Erwartungsgemäß war es Leone, der die Tür öffnete. Aber was dann folgte, ließ mich stutzen. Ich dachte, ich hätte M´Bale vor mir, als er mich drückte und beinahe zerquetschte. Den Nubier kannte ich eigentlich nur eine Spur dezenter und zurückhaltender. Aber naja.
"Salve Leone! Öhm, ja! Schön dich auch wieder zu sehen!" Mir war eigentlich nicht wirklich bewusste gewesen, mich so sehr verändert zu haben. Als ich weg ging, hatte ich auch lange Haare gehabt. Mir schwante, Leone hatte doch nicht etwa..? Und das während seinem Dienst!
Komisch nur, dass seine Freude scheinbar verflog, als er Cimon zu Gesicht bekam. Schließlich waren sie doch Landsleute. Ach ja, und wer war eigentlich Dedwen?
Wer auch immer das war, betrat ich nach über einem Jahr wieder die Villa. Es hatte sich nicht viel verändert. Dann drehte ich mich zu Cimon um. "Komm, ich zeig dir alles!" -
Nach über einem Jahr war es irgendwie seltsam, wieder hier zu stehen und diese Villa zu betreten. Allerdings hatte ich ja keine große Wahl. Wenigstens stand ich hier nicht allein. Cimon war bei mir.
In meinem Bauch hatte ich aber trotzdem ein so komisches Gefühl! Seit ich in Ostia an Land gegangen war, war es da gewesen und hatte sich verstärkt, je mehr wir uns Rom genähert hatten. Was würde Ursus sagen und was die anderen, die ich so lange nicht gesehen hatte.
Da musste ich jetzt durch. Also Augen zu und... klopfen! -
Während Cimon unsere Sachen vom Wagen holte und sich dann noch bei dem Händler fürs Mitnehmen bedankte, sah ich mich um. Es war mächtig was los im Hafen, aber trotzdem fiel mir der schwarze Seemann gleich auf, der auf mich zukam und mich ansprach. Wuie ich es mir schon fast gedacht hatte, war das M´Bale, der mich begrüßte. Er hatte einen seltsamen Akzent und sein Tonfall klang irgendwie freundlich. Aber es kam noch besser, als er mich plötzlich umarmte und mich dabei hochhob. Normalerweise war ich da bei fremden Kerlen etwas empfindlich, aber da Cimion ihn kannte, ließ ich das einfach mal so durchgehen.
Als Cimon zu uns kam, wurde der auch begrüßt, als wäre er sein ältester Kumpel. Diese Herzlichkeit unter diesen Leuten war für mich ganz schön ungewohnt, aber man daran konnte ich mich schnell gewöhnen.
"Salve Mbal, freut mich, dich kennen zu lernen!" Mit der Aussprache des Namens hatte ich noch so meine Probleme. Aber wenn’s nur daran haperte, war das garantiert nicht schlimm. Außerdem klang mein Name aus M´Bales Mund auch ziemlich eigenartig.
Wir hatten echt Glück, denn der Nubier nahm uns mit, als seine Gäste, wie er betonte. Mal gespannt, ob die Rückreise nach Ostia auch so lustig wurde, wie Cimon die Reise nach Sardinia beschrieben hatte. Ich jedenfalls hatte nichts gegen ein Schlückchen Wein einzuwenden.
Mit einem mulmigen Gefühl betrat ich schließlich das Schiff. Ob Taranis auch zuständig war, das Meer zu besänftigen? Ich war mir da gar nicht so sicher! Der erste Schluck Wein würde dem Gott gehören, das war sicher! Hoffentlich war dadurch das Meer die nächsten Tage über friedlich. -
Als Cimon wieder zu sprechen begann, sah ich auf. Ich hörte so was wie eine Unsicherheit aus seinen Worten heraus. Er begann zu stottern, was ich auf unser Umschlungensein zurückführte. Er war das bestimmt nicht gewohnt. Und ich war es auch nicht mehr. Das vergangene Jahr über hatte ich ziemlich isoliert gelebt. Mit einer Handvoll Sklaven hatte ich mich angefreundet. Allerdings war diese Freundschaft nicht so weit gegangen, dass wir uns umarmten. Ein Jahr lang ohne Umarmung und ohne Zuneigung, das war wie ein Sommer ohne Kirschen.
"Doch ich bin schuld!" erwiderte ich vehement. Ich glaubte, nun war es an der Zeit, ihm die ganze Geschichte zu erzählen, damit er begriff, was ich getan hatte und weshalb ich mich schuldig fühlte.
"Ich wollte unbedingt frei sein, schon vom ersten Tag an, hab ich an nix anderes gedacht. Ursus hat mir dann erlaubt, eine Arbeit zu suchen, mit der ich mir Geldverdienen konnte, damit ich mich freikaufen konnte. Eines Morgens bin ich dann in die Stadt gegangen, um mich umzuhören. Ich könnte mir heute noch in den Hintern beißen, dass ich auf diesen Drecksack von Griechen hereingefallen bin! Der hat mir erzählt, sein Herr würde jemand suchen wie mich. Ohne zu denken bin ich mit ihm gegangen und dann..." Ich atmete tief ein, denn immer noch tat ich mir schwer daran zu denken, was dann geschehen war.
"Dann hat er mich überwältigt und verschleppt. In so einer Räuberhöhle bin ich dann wieder zu mir gekommen und ein paar Tage später haben diese Mistkerle an ein Lupanar verscherbelt. Wenn ich an diesen schmierigen Dreckskerl denke, wird mir jetzt noch schlecht!" Wenigstens hatte Celsus, dieses Schwein bekommen, was er verdient hatte.
"Mein Bruder und Ursus haben sich auf die Suche nach mir gemacht. Irgendwie haben sie es geschafft, mich in dem Lupanar aufzuspüren. Ursus hatte sich als Kunde ausgegeben und nach einer wie mir verlangt. Ich hatte das erst gar nicht mitbekommen, denn die hatten mich mit irgend so einem Zeug ruhig gestellt. Alles hätte gut gehen können, aber dann eskalierte das ganze. Nachdem Louan den Besitzer des Lupanars getötet hatte wurde er von dessen Sklaven überrascht." Es fiel mir schwer, es auszusprechen, aber es musste sein! "Er hat ihn umgebracht!", schluchzte ich dann. "Louan starb in meinen Armen." Wieder vergrub ich mein Gesicht und musste heulen. -
Das war ganz schön erschütternd, den Nubier so zu erleben. Ich hätte das nicht von ihm gedacht, als ich ihm zum ersten Mal begegnet war. Mittlerweile quälte mich das schlechte Gewissen, weil ich so gemein über ihn gedacht hatte. Dabei war er einfach nur bemitleidenswert. Normalerweise lagen ja die Typen nicht in meinen Armen und heulten, wie ein Schlosshund. Sonst war es immer anders rum. Aber ihn zu trösten und ihm in dem Augenblick Beistand zu leisten, gab mir so was wie Stärke zurück. Es war fast wieder so, wie früher, als mein Bruder noch lebte. Da hatte ich eine Aufgabe gehabt. Meinen kleinen Bruder zu schützen. Was für eine Ironie, dass ich der Grund war, weswegen er sterben musste.
Cimon fing sich langsam wieder, aber er löste nicht die Umarmung. Seine geröteten Augen waren auf mich gerichtet. Ich lächelte zaghaft. "Ist schon gut!" Für mich war das ungewohnt, aber nicht unangenehm. Es war lange her, sich in den Armen eines anderen wieder zu finden.
"Es tut gut, wieder für jemanden da zu sein!" Geborgenheit, das war´s, was ich fühlte und das, obwohl ich doch Cimon kaum kannte. "Seit Louan tot ist, habe ich nicht mehr so gefühlt. Die letzten Monate waren voll mit Selbstvorwürfen. Ich hasse mich dafür, dass er tot ist und ich lebe." Meine Augen wurden wieder feucht und ich vergrub mein Gesicht in seiner Tunika. -
Mich erschütterte es sehr, was er über seine vorherigen Besitzer erzählte. Das waren richtige Bestien gewesen, die Gefallen daran hatten, zu quälen. Mich nahm das ganz schön mit, was dazu führte, dass ich ganz unruhig auf meiner Unterlippe herum biss. Dagegen war mein Schicksal ja ein Klacks gewesen.
Aber dann begann er sich selbst Schmerz zuzufügen. Cimon schlug gegen seinen Kopf und krallte seine Finger in sein Knie. Das war zu viel! Das konnte ich doch nicht zulassen. Beherzt sprang ich auf und legte meinen Arm um ihn. "Bitte tu das nicht! Tu dir nicht selbst weh! Bitte, hör auf!"
Wie früher meinen kleinen Bruder umarmte ich ihn und versuchte ihn zu trösten. "Komm, ist schon gut! Du musst dich für nichts schämen! Nicht für deine Tränen, deine Narben und auch nicht für dein Zeichen. Ist schon gut, Cimon." Das war so ergreifend, dass es mir die Tränen in die Augen trieb. Jetzt verstand ich, dass Cimon gar keine andere Wahl gehabt hatte, um so zu sein. Ich schämte mich jetzt dafür, ihn anfangs so angegangen zu haben.
"Ist schon gut, Cimon. Das muss dir nicht leid tun. Lass es einfach raus, was dich bedrückt. Manchmal können Tränen den Schmerz wenigstens ein bisschen wegspülen."
Früher als ich noch klein war, strich mir meine Mutter immer über die Wange und sagte etwas Nettes zu mir, wenn ich traurig war. Genauso machte ich es nun auch. Ich strich sanft über Cimons Wange. "Das alles ist jetzt vorbei. Ich hab´s doch gesagt, wir haben Glück gehabt!" -
Er lächelte! Wenigstens lachte er sich nicht schräg wegen mir, weil ich diesen komischen Namen falsch ausgesprochen hatte. Naja, wenn ich dem erst mal mit Gallisch kam, da hätte er auch erst mal zu schlucken. Jetzt versuchte ich erst mal zu verstehen, was oder wer dieser M´Bale war. Offenbar hatte es ihn richtig Freude bereitet, seinen Landsleuten begegnet zu sein. Aber er glaubte falsch gehandelt zu haben, nur weil er Spaß gehabt hatte. "Also hör mal, nur weil du auf der Überfahrt ein wenig Spaß hattest und dich gut amüsiert hast, bist du deswegen noch lange nicht schlecht! Stell dir mal vor, du hättest die ganze Zeit gereihert, so wie ich das garantiert tue. Dann wärst du auch nicht besser oder schlechter! Was, ihr habt Wein getrunken und es war dein erstes Mal?" Da musste ich kichern. Allerdings fiel mir da schlagartig meine ersten Saturnalien in Rom ein. Da hatte ich auch Wein getrunken, zwar nicht zum ersten Mal, aber dafür reichlich. Danach ging´s mir richtig bescheiden!
Das Kichern verging mir endgültig, als wir den Hafen erreichten. Der Nubier war bereits von Wagen herunter gesprungen. Ich sah nur die Schiffe und ahnte schon schlimmes. Do hörte ich Cimons rufen. Dieser M´Bale war also hier und sein Schiff lag noch vor Anker. Cimon wirkte wie aufgekratzt. So hatte ich ihn noch nicht erlebt. Er ging richtig aus sich heraus. Dann breitete er seine Arme aus, um mich aufzufangen, wenn ich gleich vom Wagen sprang. Seine Freude sprang auch auf mich, obwohl ich immer noch Angst hatte, auf eines der Schiffe zu gehen.
Am besten ich ließ mich mitreißen, genauso, wie ich mich von Cimon auffangen ließ. -
Mir schwante, nicht das richtige gemacht zu haben. Es wäre doch vielleicht besser gewesen, ihn erst einmal allein zu lassen. Die Reise und dasalleswaren doch ganz schön anstrengend gewesen.
Cimon konnte irgendwie nicht gut mit Körperkontakt umgehen. Aber mal ganz ehrlich, hätte ich das damals gewollt, als ich neu war? So wie mich mein damaliges Leben geformt hatte, so hatte auch Cimons Leben in geformt und ihn zu dem gemacht, was er jetzt war.
"Also die Aurelier, die ich kenne, schon." Aber ich hatte ja keine Ahnung, was in der Zwischenzeit alles passiert war. Es wäre jetzt nicht besonders geschickt gewesen, ihm das zu sagen. Was ich mich aber die ganze Zeit fragte, war, welche schlimmen Erlebnisse er gehabt hatte, um so zu werden. Sklaven wie ihn hatte ich nur ganz selten getroffen, die so demütig und ergeben waren, wie er. Die alles was sie taten und sagten, nur auf ihren Herrn projizierten und niemals an sich selbst dachten. Das konnte ich alles nicht richtig erfassen und verstehen.
Plötzlich schob er einen seiner Ärmel nach oben bis zum Ellenbogen. Die schwarze Haut seines Unterarms kam zum Vorschein. Bei genauem Hinsehen erkannte ich Narben. Nicht nur eine Narbe, es waren ganz viele. Wenn sein ganzer Körper so aussah, dann musste er die schrecklichsten Grausamkeiten erlebt haben, die ein Mensch einem anderen antun konnte. Ich schluckte erst ein paar Mal, bevor ich etwas sagen konnte. "Was.. von was ist das? Die Narben? Wer… wer hat das gemacht?" So was hatte ich noch nie gesehen. Jedenfalls nicht so viele Narben auf einmal. Ich begann Cimon mit anderen Augen zu sehen und verstand langsam, wieso manches war, wie es war. "Willst du mir´s erzählen? Ich hör dir gern zu!" Ich hatte die ganze Zeit meine Hand auf seiner gelassen, weil ich glaubte, ein bisschen Wärme könnte helfen. -
Der Nubier gefiel mir nicht. Etwas, was wahrscheinlich gar nichts mit mir zu tun hatte, bedrückte ihn dermaßen, dass er so verzweifelt aussah. Cimon konnte ich jetzt auf gar keinen Fall alleine lassen. Ich setzte mich neben ihn aufs Bett und legte meine Hand auf seine. Meine Vermutung, die ich ganz am Anfang hatte, traf irgendwie voll zu. Cimon war tatsächlich das absolute Gegenteil von mir. Ich hatte es mir nie vorstellen können, wie es war von Anfang an als Sklave leben zu müssen.
"Nein, ich halte dich überhaupt nicht für dumm! Na klar vertraut dir Ursus, warum sollte er auch nicht." Er hatte mir ja auch vertraut, obwohl er wusste wie mein früheres Leben ausgesehen hatte und es dafür eigentlich gar keinen Grund gegeben hatte.
"Hör mal, ich weiß nicht, was du alles vorher erlebt oder gemacht hast, aber er hat dich ausgesucht, um mich abzuholen, weil du ihm bewiesen hast, dass er dir vertrauen kann und darauf kannst du stolz sein. Naja, und außerdem haben wir Glück gehabt, denn die Aurelier behandeln ihre Sklaven recht gut." Und trotzdem hatte ich gemischte Gefühle, wenn ich an die Rückkehr dachte.