Beiträge von Asny

    Guten Mittag!


    Hm, nun, ich bin zu wenig über das Geschehen im Hintergrund und im Privatforum informiert um tatsächlich sagen zu können 'Der ist der Böse, der ist der Gute, der hat recht, der hat unrecht und ist mir schon öfters unangenehm oder angenehm aufgefallen oder hat ne tolle Spielweise oder ist viel zu inaktiv' oder was weiß ich. Dafür fehlen mir in großem Umfang Informationen sowie Erfahrungen und nach bloßer Sympathie sollte man denke ich hier nicht gehen.
    Was ich aber sagen kann, ist, dass man niemanden zwingen kann, das zu spielen, gegen das er sich sträubt. Das hier ist keine RL-Arbeit, sondern ein Spiel, ein Hobby, und da möchte man eigentlich nur Spaß haben und wenn man den nicht hat, besitzt man alle Freiheit, es zu lassen. Harmonie kann man ebensowenig erzwingen und es ist recht wahrscheinlich, dass Herr und Sklavin in ihrem Spiel keinen Spaß mehr haben werden, wenn sie sich nicht trennen. Warum jemanden in unmittelbarer Nähe zu sich herumposten sehen, wenn dadurch nur schlechte Erinnerungen und Gedanken hochkommen? Insofern sollte es doch theoretisch im Interesse beider sein, diese Konstellation aufzulösen. Man verkauft Fiona weiter, dann bekommt man noch Geld für sie, der Realität wurde Tribut gezollt und beide können das Spiel wieder genießen. Man kann halt nicht mit jedem super zurechtkommen. Ein gezwungenes Miteinander schadet doch nur beiden.
    Und aus dem Ätschibätsch-Alter sind wir denke ich auch wirklich alle raus. ;)

    Die kleine rote Spinne, welche während der letzten Zeit ruhig lauernd an Asnys Fingerknöchel geschmiegt verharrt hatte und offenbar testete, ob diese Umgebung still und unbewegt genug war, um sich längerfristig hier niederzulassen, begann mit langsamen, eleganten Schrittchen ihrer acht Beine die leicht gebogenen Finger abzulaufen, ehe sich ein schwach klebriger, hauchdünner Faden aus ihrem Hinterleib zu schlängeln und die ersten sich treffenden Stützen für ein ordentliches Netz zu schaffen begann, das jedoch vermutlich nicht allzu lange für den Fang eines üppigen Mittagessens gespannt bliebe. Doch in diesen Monaten fiel die Beute gewohnheitsgemäß ein wenig geringer aus und Spinnen pflegten einen zähen, willensstarken Lebenswandel zu führen, der sie auch längere Zeit mit ausbleibender Nahrung überleben ließ. Irgendwann würde sie die winzigen Mandibeln schon wieder in ein unaufmerksameres Insekt schlagen und sich dessen Lebensessenz genüsslich einverleiben können. Oder sie entschloss sich zu einer Paarung und vertilgte einfach anschließend den Bräutigam, um auch dessen Existenz einen angemessenen Sinn zu verleihen. Abseits der instinktgelenkten Natur eines Tieres hätte der kleine Jäger seine Handlungsweise durchaus auch direkt aus dem Sklaventrakt der Villa Flavia schöpfen können, deren Bewohner größtenteils vermutlich ein ähnliches Schicksal bevorstand, wie dem des männlichen Krabbeltieres, das nach Erfüllung seiner einzigen Aufgabe in dieser Welt nur noch dazu gereichte, zu ernähren und eine sehr willige Beute darzustellen. Zumindest dann, wenn man sich nicht ein wenig klüger anstellte und der natürlichen Ordnung nachgab, ohne sein Schicksal ändern und beeinflussen zu wollen. Womöglich war es gar nicht so weise, seinen Herrschaften, die über das eigene Leben entscheiden konnten, gar zu sehr von den eigenen Vorteilen zu überzeugen, lenkte diese Handlungsweise doch nur noch stärkere Aufmerksamkeit und größeres Interesse auf sich, hatte eine solche Art nur ein noch festeres Band um den eigenen Hals zur Folge. Vielleicht lag das Geheimnis eines relativ zufriedenen Sklavendaseins vielmehr darin, nie alles von sich zu geben und ein kleines Stück in sich selbst zu bewahren, von dem die Herrschaft genau wusste, dass sie es niemals würde erobern können. Man blieb interessant und es wert, sein eigenes Dasein weiterzuführen.
    Abseits dieser theoretischen Vergleiche zwischen Tierwelt und jener aus Herren und Sklaven war Asny nach wie vor weit davon entfernt, sich überhaupt wie die natürliche Beute in dieser Beziehung zu fühlen, besonders da sie bislang für sich nichts als Vorteile sah. Diese Aussicht konnte sich selbstredend sehr rasch ändern, wenn ihr Herr denn überhaupt einmal anwesend wäre und jeder Realist würde sich vermutlich spätestens an dieser Stelle dezent räuspern und daran erinnern, dass die neue Sklavin bei jenem Süppchen, das sie da vor sich hin köchelte, einige wichtige Komponenten außer acht ließ. Dies hätten die Realisten übrigens auch mit jenen Menschen gemeinsam, die die Kleine ein wenig besser kannten. Dass die Dinge sich genau in die Bahnen hineinentwickeln würden, die Asny für sie auserkoren hatte, wäre absonderlich und gewiss viel zu simpel gedacht. Obgleich die Überlegungen der jungen Sklavin eigentlich alles andere als einfach aussahen.


    Asa gab sich indes - zumindest für den Moment - mit deutlich simpleren Entwicklungen zufrieden.
    Ha! HA!! Hast du DAS gesehen?! Ein durchsichtiger, nichtsdestotrotz stolz ausgestreckter Zeigefinger zischte durch die Luft und verharrte mit leichtem Nachzittern etwa einen Zentimeter von Hannibals verräterischer Nase entfernt, während die Augen der inzwischen aufgesprungenen Geisterschwester triumphierend aufblitzten. Wahrlich, Hannibal hatte eine eindeutige Reaktion auf ihre negativen Energieströmungen gezeigt, denn nur aufgrund von ein wenig Staub nieste niemand so stark. Wenn dieser kleine Perversling (in jener Sparte landete man bei Asa relativ rasch) jedoch glaubte, dass sein unbekannter Albtraum durch einen harmlosen Nieser besänftigt wäre, hatte er sich heftigst getäuscht. Bald würde er sich mit einer ausgewachsenen Lungenentzündung auf seinem Lager wiederfinden und die Götter anflehen, triefend, heulend und sich vor Schmerzen windend, dass sie diesen Fluch von ihm nähmen, den ihm eine finstere, unglaublich mächtige, starke und gutaussehende Macht da aufgezwungen hatte! Bei Iunos wechseljahrbedingten Hitzewallungen, was würde dieser Kerl leiden! So sehr, wie noch kein Mensch bislang unter Rachegeist Asa gelitten hätte!
    Gut, andererseits hatte er ihre Wiedergeburt gezeugt und die geisterhafte Schwester musste wenn auch zähneknirschend eingestehen, dass er das recht gut hinbekommen hatte. Allerdings schien er auch nicht viel anderes im Kopf zu haben. So hartnäckig, wie er trotz der Anwesenheit seiner kleinen Tochter bei diesen komischen Themen blieb. Außerdem machte er sich auch noch über Asny lustig, wie Asas Adlerauge keineswegs entging, schließlich durfte sie keine noch so winzige Reaktion auf den ebenmäßigen Zügen dieses Kerls versäumen. Was bildete sich dieses geistige Treibgut da überhaupt ein?! Er, der nicht einmal ahnte, dass er sich mit jedem blöden Kichern einen größeren Feind fürs Leben schaffte, weil er die übernatürliche Sensibilität einer dicken Marmorsäule besaß! Asny musste ganz dringend ein paar scharfe, sorgsam platzierte verbale Gegenschläge lernen, denn ihre eher verborgenen und irgendwie nie ganz beabsichtigten Beleidigungen waren viel zu harmlos, um einer solchen Demütigung gerecht zu werden.


    Asny war es umgekehrt natürlich inzwischen gewöhnt, hin und wieder Gelächter zu ernten, doch wer lachte, warf nicht mit Steinen, weswegen sie eine solche Reaktion auch im Grunde gar nicht behelligte. Was die Leute von ihr hielten war ihr gänzlich einerlei, weswegen sie den lachenden Hannibal auch nun lediglich völlig ruhig betrachtete und sich wieder jenes milde Interesse in ihren Augen zeigte, vielleicht weil man einen solchen Heiterkeitsausbruch bei ihr ganz bestimmt nicht würde beobachten können. Also musterte sie ihr Gegenüber während dessen Fröhlichkeit in etwa wie das seltene Exemplar einer merkwürdig dreinschauenden Spezies, was auch sein folgendes - laut Asa überhaupt nicht ernst gemeintes - Kompliment nicht zu ändern vermochte. Bei der Erwähnung von Aristides' Besitz zuckte sie lediglich flüchtig und nichtssagend mit den Schultern und hob die Hand, um einige lange blonde Haarsträhnen hinter ein Ohr zurückzustreichen.
    Bei Erwähnung der Kriegstänze wuchs hingegen deutlich wiederum die Wissbegierde in Asnys Innerstem und sie kam nicht umhin, ein versonnenes
    "Das würde ich wirklich zu gerne einmal sehen...", vor sich hinzumurmeln, während sie sich die Szenerie vor ihrem geistigen Auge ausmalte und besonders der Anblick dieses extraordinären Schildes ihre grenzenlose Neugier entzündete. Es musste ein faszinierendes Ereignis sein, und sie hoffte sehr, dieser religiösen Zeremonie einmal beiwohnen zu können, ganz gleich ob mit oder ohne Erlaubnis. Schon allein aufgrund der Rüstungen, der Atmosphäre, und natürlich wegen des außergewöhnlichen Tanzes. Ohne Frage würde die neue Sklavin ihren Herrn danach fragen. Um tatsächlich an jenem Ritual zu Ehren des Mars teilnehmen zu können, müsste sie zweifellos phänomenal tanzen können und sich dadurch als würdig erweisen. Ein weiterer kleiner Ansporn, der in seiner antreibenden Glut ihre Beinmuskeln kurz und leicht zucken ließ. Eigentlich saß sie schon viel zu lange bewegungslos hier herum, sie würde trainieren müssen, viel härter und ausdauernder als bisher. Allerdings gab es zugegeben auch noch die ein oder andere Frage, die sie Hannibal zu stellen gedachte. Oder Themen, die sie gerne diskutieren würde.


    Beispielsweise natürlich auch die Herkunft des Opfertieres. Nachdenklich neigte die junge Sklavin den Kopf leicht zur Seite, richtete den stetig verträumt wirkenden Blick zunächst kurz gen Decke und schloss endlich für einen kleinen Moment die Augen, innerlich anscheinend ihre Möglichkeiten überschlagend. Endlich richteten sich nebligblaue Augen wieder auf die lebendigbraunen Hannibals und das Lächeln verstärkte sich einen zufriedenen Hauch.
    "Ich kenne einen Händler, der mir sicherlich eines seiner Tiere für diesen guten Zweck überlassen würde. Er schuldet mir noch einen Gefallen." Jene etwas undurchsichtige Information ergänzte sie mit einem nicht weniger kryptischen
    "Er ist Ägypter", dazu in einer Weise, als böten diese drei Worte bereits restlos jede Antwort, die man für das Verständnis und die Umsetzung ihrer Absicht weitesgehend benötigte.
    Ich kenne einen Händler, dessen letzte an dich adressierte Worte hysterisch etwas von Ladenverbot schrieen. Meinen wir zufällig denselben? erwiderte Asa mit der Trockenheit brennendheißen Wüstensandes, während sie nun wieder im Schneidersitz schwebend ein wenig trotzig wirkend die Arme vor der Brust verschränkte. Das optimistische Gemüt ihrer Schwester wurde erwartungsgemäß von einem so unwichtigen Einwand nicht weiter beeinträchtigt, sondern wanderte zum nächsten angesprochenen Punkt, schließlich hatte sich Hannibal
    Dieser Perversling!
    sogar vorgebeugt, also musste ihm daran eine ganze Menge liegen, dass sie ihn auch wirklich richtig verstand. Verständnisschwierigkeiten in einem Gespräch tauchten für gewöhnlich eher bei demjenigen auf, welcher das Pech hatte, Asny gegenüberzusitzen, so dass sie auch nach dieser rhetorischen Frage kurz nickte, ehe sie sich ebenfalls etwas vorbeugte, und ihre so versonnen wie verschlossenen Augen den seinen ein wenig näherte, um ruhig und freundlich (wenn man es denn so interpretieren wollte) zu antworten.
    "Ja, ich verstehe was du meinst. Aber tut sich dort nicht ein Widerspruch auf, wenn mein Körper angeblich meinem Herrn gehört, ich aber dennoch theoretisch in der Gegend herumkopulieren darf, was meinem Körper und meinen Fähigkeiten mit Sicherheit spätestens in dem Moment massiv schadet, wenn ich mich in anderen Umständen befinde? Mit einem Kugelbauch sind die meisten meiner Tänze nicht ganz reibungslos umsetzbar. Von den vielen Krankheiten, die man sich bei derartigen Kontakten holen kann einmal ganz zu schweigen. Wäre ich der Herr einer schwangeren - und Schrägstrich oder - einer mit juckenden, unansehnlichen Ausschlägen an prekären Stellen befallenen Sklavin würde mich dies nicht gerade hocherfreut stimmen. Es wäre eine massive Beschädigung meines Eigentums, von den anfallenden Kosten und Umständen ganz zu schweigen. Wie also kann man von einer Sklavin keine Züchtigkeit fordern und trotzdem voraussetzen, seinen Besitz nicht in völlig deformiertem, derangiertem Zustand vom Lager irgendeines anderen Sklaven zurückzuerhalten? Wie kann man von höherem Nutzen denn Aufwand bei einer Sklavin sprechen, wenn man zusätzlich zu Kauf und Unterhaltskosten auch noch einen Schwangerschaftsabbruch und einen Medicus bezahlen muss, weil das Eigentum vergessen hat, wem es eigentlich gehört? Außerdem könnte ich mir vorstellen, dass Sklaven mit derartigen leidenschaftlichen Gefühlen oftmals von ihrer Arbeit abgelenkt werden, wodurch erneut ein Nachteil für den Herrn entstünde. Alles in allem erscheint es mir ökonomisch betrachtet als ein großes Manko, Sklaven eine solche Seite anzuerkennen. Doch ich bin nur neugierig, im Grunde besitze ich von derartigen Dingen überhaupt keine reelle Vorstellung."
    Wieder in ihr undurchsichtiges Lächeln hinabsinkend richtete sie sich nun erneut gerade auf und blickte Hannibal mit einer erwartungsvollen Spur an, während ihre Finger sich bewegten und das halbfertige Spinnennetz zerrissen.

    *nick* Okay, es ist mit der SL abgesprochen worden, aber trotzdem besteht die allgemeine Regel Als ID In Elysio ist kein Wiedereinstieg ins Spiel möglich. so dann ja eigentlich wirklich nicht mehr. Es müsste geändert werden in Als ID In Elysio ist kein Wiedereinstieg ins Spiel möglich, es sei denn, es fand eine vormalige Absprache mit der SL statt.
    Also hat Aristides schon recht mit dem, was er sagt; unter der bestehenden Regel hätte es keine Möglichkeit gegeben, eine In Elysio-ID wieder ins Spiel aufzunehmen. Dass man einem Versprechen folgte, ist gut und schön, trotzdem widerspricht es den gängigen Regeln und ist entweder eine Ausnahme mit guter Begründung, oder beruft sich auf eine Lücke im System. Sonderlich gerecht ist eigentlich beides nicht gegenüber denen, die sich an diese Regeln gehalten haben und weiterhin halten und dadurch Benachteiligungen erfuhren.


    Ich nage selbst oft genug an Regeln herum, deswegen mein bescheidener Senfeinwurf.^^

    Nachdem sie tatsächlich die Kunst fertiggebracht hatte, selbst als Tote fast noch einmal an einem ausgewachsenen Erstickungsanfall zu sterben, kehrte auch Asa auf die kurzfristig verlassene Bühne der Sklavenunterkunft zurück, nachdem sie für einige Augenblicke etwas unkontrolliert in das Mauerwerk darunter abgedriftet war. Hätte sie gewusst, dass es etwas nutzen würde, wäre sie wohl so frei gewesen, ihre gemütlich plaudernde Schwester auf anwesende Kinder aufmerksam zu machen. Aber es stellte nichts anderes als Naivität dar, anzunehmen, dass Asny bei ihren Ausführungen auf irgendwelche Anwesende Rücksicht nähme, schließlich wusste sie sich gewählt auszudrücken. Und dass Dinge existieren, für die Dido womöglich noch zu jung wäre - nun, mit dieser Meinung stand Asa wohl recht alleine da. So hoch, wie der lebende Zwilling das reine Wissen an sich schätzte, stellte gewollte Unwissenheit einen Frevel höchsten Ausmaßes dar. Doch mit ein wenig Glück interessierte sich Dido herzlich wenig für derartigen Kram. Und mit noch wesentlich mehr Glück beließ Asny es bei dieser einmaligen Bemerkung.
    Dass die weißblonde Sklavin auch weiterhin so versessen darauf war, für einen vollkommen Unbekannten zu beten, mochte noch seltsamer anmuten wenn man wusste, dass ihr älterer Bruder ebenfalls der römischen Armee als einfacher Fußsoldat beigetreten war - wenn man denn freundlich war, und es auf diese Weise ausdrücken wollte. Bereits vor einigen Wochen, inzwischen Monaten, hatte seine Legion Rom verlassen und kämpfte... irgendwo. Asnys Wissensdurst hatte leider nicht ausgereicht, um sich dafür zu interessieren, wo denn ihr älterer Bruder möglicherweise gerade sein Leben aushauchte. Asa, die trotz aller Geisterqualitäten recht eng mit dem Kopf ihrer Schwester verbunden war, wusste es natürlich ebenso wenig, obgleich es sie erheblich mehr interessiert hätte. Doch der lebende Zwilling hatte sich bereits vor einigen Jahren eine bestimmte Meinung von jenem Familienmitglied gebildet, aufgrund von verschiedenen Taten und Worten seinerseits. Diese Meinung hatte sie, diesmal den wohlmeinenden Worten ihres ehemaligen Mentors voll und ganz folgend, sogar recht kurz und knapp auf einen einzigen Begriff zusammengestaucht.
    'Säufer'?
    'Schläger'?
    'Krimineller'?
    'Mörder'?
    'Vergewaltiger'?
    'Erpresser'?
    'Betrüger'?
    'Untergrundherrscher'?
    Nicht doch.
    'Dummkopf'.
    Damit war das Thema 'älterer Bruder' für Asny vom Tisch, obgleich Kjartan nicht wirklich zu blöd war, um einen Löffel richtig herum zu halten. Er besaß eine sachte Neigung zur Einfachheit, zur Einfalt, machte diesen Hang jedoch meistens mit optimistischer, selbstbewusster Ader wieder wett und wurschtelte sich so dennoch irgendwie durch sein Leben, dabei nicht wirklich ein Ziel vor Augen. Asny wechselte das letzte Wort mit ihm vor ungefähr zwei Jahren. Von diesem Zeitpunkt an gestalteten sich die Unterhaltungen ältester Bruder/älteste Schwester durchweg wie Selbstgespräche. Denn Kjartan hing an seiner Schwester und füllte die ansonsten zwischen ihnen herrschende, nicht wirklich bösartige, aber auch nicht gerade angenehme Stille weiterhin mit fröhlichem Geplaudere in der Hoffnung, dass seine Lieblingsschwester irgendwann doch noch einmal reagieren würde. Ebenso gut hätte er sich mit einer Steinwand unterhalten können. Wäre er zu jenem Zeitpunkt zu Hause gewesen, hätte er zweifellos niemals zugelassen, dass ihre Eltern Asny in die Sklaverei verkauften, deren verdächtiges Verhalten er stets überaus ehrenhaft verteidigt hatte. Nicht, dass er seiner Schwester damit in irgendeiner Weise eine Freude gemacht hätte. Kjartan hatte sich irgendwann nach einem etwas ungeschickten Spruch *poff* in Luft aufgelöst und wahrscheinlich wäre Asny eher über ihn gestolpert, als nur noch ein Wort mit ihm zu wechseln. Und was sein Schicksal in der Armee anbelangte - herrje, die menschliche Lebensspanne war zu kurz, um über Nichtigkeiten nachzudenken.


    Jenes Geschwisterkind, das Asny sehr wohl wahrnahm, auch wenn der Rest der Welt nicht dazu in der Lage war, sah nach einem kurzen Ausflug in schwesterliche Grausamkeiten wenigstens ihre vormalige Wette als gewonnen an, denn Dido etwas Süßes hinzuschieben bot eine größere Vernichtungsgarantie als die gesamte römische Armee. Und natürlich wurde nicht geteilt, alles andere hätte vermutlich auch eherne sklavische Grundsätze erschüttert. Immerhin schien der Honig auch die letzten Tränen zum Versiegen gebracht zu haben, wie Asa zufrieden feststellte. Dido als ihre mögliche Wiedergeburt sollte auch wahrhaftig nicht allzuviel heulen, erst recht nicht vor Hannibal, der nach wie vor streng beäugt wurde. Nicht, dass ein Geist im Notfall allzu viel hätte ausrichten können, doch vielleicht sollte sie wenigstens versuchen, in der kommenden Nacht ein wenig Albdruck zu spielen und Hannibals Brust ein klitzekleinwenig zu beschweren. Die Nächte, in denen Asny schlief, waren langweilig und in einen fremden Kopf zu schlüpfen war eine verlockende Vorstellung für einen Plagegeist in Ausbildung.
    Die lebende Schwester indes war derzeit sowohl von Dido wie natürlich noch viel weiter von ihrem unnützen Bruder entfernt. Ihre konzentrierte Aufmerksamkeit galt einzig Hannibal, oder vielmehr dessen Worten, denen sogar das Kunststück gelang, Asnys Herz ein wenig schneller schlagen zu lassen. Eine Lyra... ein Wettstreit mit Apollon... ein Lehrer... Asnys Ehrgeiz stand so lichterloh in Flammen, dass selbst durch die Nebelschleier ihrer Augen fahles Sonnenlicht zu blinzeln schien. Keinen angepeitschten Pulsschlag lang gab sie sich auch nur mit dem Gedanken ab, dass die Kunst des Lyraspiels womöglich nicht für sie geeignet wäre. Jeder, der sie schon einmal bei innerlich völlig auf ihr Tun fokussierten, die Umgebung, die Zeit, die Welt vergessenden Übungen von was auch immer gesehen hatte, wusste zumindest zu sagen, dass ihr Erfolg gewiss nicht an Dingen wie Willen, Faulheit oder Ablenkungen scheitern würde. Ihr alter Mentor hatte einmal direkt neben ihr einen aufgrund leichter Herzstörungen auftretenden Schwächeanfall bekommen, ohne dass Asny es völlig vertieft in ihr Studium griechischer Vokabeln überhaupt bemerkt hatte. Ebenso gut hätte er schreiend und gurgelnd abgeschlachtet werden können, solange keine Blutspritzer ihren Weg aus herausgerissenen Gedärmen durch die Luft und auf vokabelhaltiges Pergament fänden, wäre von seiner übereifrigen Schülerin keinerlei Hilfe zu erwarten gewesen.
    "Ich werde härter trainieren denn je um bei Marcus Aristides' Rückkehr bereits Ergebnisse vorweisen zu können", erwiderte sie an jener Stelle überaus schlicht und ruhig, mit keinem Laut ihren inneren Tumult andeutend, der seine Kraft zwar aus freudigem Chaos schöpfte, jedoch sehr schnell in sinnvolle, strebsame Bahnen gelenkt wurde, um Verschwendungen von Energie vorzubeugen.


    Was das Christentum betraf, so besaß Asny zwar einen groben Überblick über das Wie und Warum, da es ihrer Meinung nach irgendwie zur Allgemeinbildung gehörte, sich auch Andersgläubigen zu widmen, doch für sie selbst kam eine einzelne Gottheit einfach nicht in Frage, schon allein aufgrund ihres teilweise nach Gottheit geordneten Repertoires an Tänzen, Liedern und Gedichten. Wäre es indes anders gewesen, hätte sie dies nach Hannibals Frage mit großer Gewissheit rundheraus zugegeben, da sie sich in Fragen ihre Meinung und Einstellung betreffen betont offen und ehrlich gab. Es existierten viele Themen, bei denen sie aufgrund vorangegangener Auseinandersetzungen und Meinungsbildungen mitdiskutieren und -argumentieren konnte, weit jenseits des üblichen seichten Konservationsgeplauders junger Frauen, deren verzweifelte Eltern einen brauchbaren Ehemann suchten. Das Problem bestand vielmehr darin, einen brauchbaren Diskussionspartner zu finden, der bestechend logisch vorgebrachten Elementen nicht mit einem simplen 'Find' ich aber doof irgendwie' gegenübertrat. Äußerst frustrierend.
    Hannibals gutmütiges Lachen forderte bei Asny in keinster Weise eine Reaktion heraus, während der Geist neben ihr von einer Schwester zu einem grollenden Kampfhund transformierte und mit schwärzesten Zornesblitzen die Atmosphäre auflud - wenigstens für jene, die ein Gespür für das Übersinnliche besaßen. Das warnende Knurren nahm konstant an Lautstärke zu, ebenso wie die Anzahl von albträumerischer Misshandlungen, die Asa anstrebte, sobald Didos Erzeuger sich in der Hoffnung auf ein wenig Ruhe, Frieden und Vergessen in Morpheus' Arme warf. Um zwanzig Jahre gealtert würde er am nächsten Morgen aus dem Bett kriechen, mit weißem Haar, zitternden Händen, und für alle Zeiten der Lust auf fleischliche Vergnügungen beraubt. Verdammt, wenigstens einen simplen Schluckauf könnte er bekommen bei derartigen Mengen schadhafter Impulse!
    Asnys Gedanken freilich drehten sich vielmehr um das Erlernen der Buchführung durch eben jenen Mann, den sie aufgrund der negativen Energiewolken, die ihn inzwischen umgaben, nach längerer Blinzelpause kaum noch erkennen konnte. Sicherlich würde es nicht schaden, wenn zwei Sklaven des Marcus Aristides die Buchführung beherrschten, sollte Hannibal wider Erwarten einmal unpässlich sein, um dieser wichtigen Aufgabe nachzukommen. Beispielsweise weil ihn unsichtbare Hände von hinten zu erwürgen versuchten. Die neue Sklavin nahm sich vor, jene überaus eigennützige Überlegung bei Gelegenheit vorzutragen, empfand es jedoch als höflicher, ihr vorgebeugtes Gegenüber erst einmal seine Ausführungen zu Ende bringen zu lassen.


    Zugegeben, nach den Klängen rechts von ihr, die inzwischen an eine ganze Horde tollwütiger Wölfe erinnerten, drangen Hannibals Worte bezüglich körperlicher Dienste ein wenig verzerrt zu ihr, dennoch wich der Ausdruck ruhigen Interesses nicht einen Herzschlag lang aus ihren Augen. Ebenso gut hätte man ihr etwas über die Heizsysteme der örtlichen Thermen erzählen können. Ihr Verständnis mit einem Nicken bekundend verriet sie zunächst keinen ihrer Gedanken, die jedoch wie so oft in guter Anzahl vorhanden waren. Doch sie ließ auch das Thema der Götterwahl zunächst noch folgen, wobei Asa Didos Vorschlag nur triumphierend nickend zustimmen konnte. Asny indes blieb ein wenig länger bei der Erwähnung der Salier hängen, von denen sie sehr wohl bereits etwas gehört hatte, bedauerlicherweise nur im unzufriedenen Klatsch der schlechtbehandelten Bevölkerung. ' 'ne neue Ausrede dieses reichen Gesocks, um sich in die Waagerechte zu saufen und 'rumzuhuren und teures Essen in sich 'reinzustopfen, diesmal mit dem Grund, den Göttern zu huldigen! Ich sach's ja immer, gib' Dreck 'nen hübschen Namen und alle fressen ihn!' Ja, so in etwa mochte der meistgehörte Wortlaut gewesen sein, doch zweifellos würde sie hier eine andere Definition derselben Sache hören und lernen. An sich klang dies mit dem Tanz und den Kriegsgöttern doch auch recht überzeugend, weswegen Asny wiederum sacht nickte. Allerdings kannte sie sich auf diesem Gebiet bedauerlicherweise nicht ausreichend aus. Womöglich gab es festgelegte Tanzschritte, Figuren, Darstellungen, die sie zunächst lernen sollte. Sie würde zweifelsohne nachfragen müssen. Und wollen.
    Ihr Instruktor und sein Spross hatten geendet und Asas blutrünstiges Geknurre war auf vertretbare Lautstärke abgesunken.


    "Die Tänze zu Ehren der Kriegsgötter klingen vielversprechend, sofern ich diese verwenden darf. Falls es vorgeschriebene Schritte gibt, müsste ich die natürlich zuvor erlernen, ansonsten wäre es mir eine Ehre. Wie Dido schon vorschlug", ein kurzes, dankbares Lächeln in Richtung der kleinen Sklavin folgte, "wäre Mars vermutlich doch eine sinnvolle Wahl. Womöglich wäre ein Tieropfer auch eine Überlegung wert, um überhaupt die rechte Aufmerksamkeit des Kriegsgottes zu bekommen...." Nicht, dass es ihr für einen guten Zweck etwas ausgemacht hätte, einem Tierleben ein rasches, blutiges Ende zu bereiten, vielmehr beunruhigte sie ihr Mangel an Erfahrung auf diesem Gebiet ein wenig, doch auch dies betreffend würde sie sicherlich jemanden finden, nach dessen Anordnungen sie handeln könnte.
    Diesbezüglich noch uneinig mit sich selbst wechselte sie erst einmal zum nächsten angesprochenen Thema und begann sogleich mit ebenfalls typischem, leichtem Schulterzucken, um einem weiteren mystisch umwölkten Gebiet mit vernichtender Sachlichkeit und Logik zuleibe zu rücken. Selbstredend mit höflichstem, zartem Lächeln.
    "Derart romantisch verklärt, um meine Jungfernschaft zu bangen, bin ich nicht. Man sollte nur einfach wissen, wo die eigenen Grenzen liegen. Was nutzt es so zu tun, als besäße man Erfahrungen auf einem Gebiet, die nicht vorhanden sind? Eigentlich vertrete ich ohnehin die Meinung, dass die Jungfräulichkeit und deren Ende allgemein ein wenig zu hochgeschätzt wird."
    Sagt die Jungfrau, die eben noch unbedingt zu Vesta beten wollte.
    "Von den Vestalinnen vielleicht abgesehen. Wie ich gelernt habe, liegt das ganze hochgelobte Geheimnis in einem dünnen, schmalen, mäßig durchbluteten Stückchen Haut, das den gesamten Vorgang vielleicht etwas unangenehm macht, welches im Grunde jedoch kaum eine Erwähnung wert ist und einzig durch zuviel Symbolisierung jenen Status erhielt, von dem es nun nicht mehr weichen will. Die gesamten darum schwirrenden Begrifflichkeiten wie 'opfern', 'schenken' oder 'rauben' sind eigentlich nichts als imaginäre, inhaltslose Übertreibungen und könnten ebenso für das Durchstechen eines Ohrläppchens oder das Schneiden der Haare gelten, wo sie dem normalen Menschen überraschenderweise jedoch vollkommen banal erscheinen, außer natürlich sie unterliegen einem kultischen Ritus. Eine Jungfräulichkeit ist kein Päckchen, das man bei sich hat und verlieren kann, sondern ein einfacher körperlicher Zustand, in dem man sich entweder befindet, oder eben nicht mehr. Entweder, das Ohr wurde durchbohrt, oder es ist noch ganz. Es ist, wie es ist, kaum ein Grund, das Firmament auf den Kopf gestellt zu sehen. Oh, aber ich bilde mir keineswegs ein, alles über dieses Thema zu wissen und ich möchte auch keinesfalls deine besondere Einstellung dazu Lügen strafen. Es ist nur meine persönliche Meinung."
    Während Asa noch leise wimmernd anmerkte, dass sich weiterhin ein Kind in der Mitte jener unglücklichen Debatte befand, ergänzte ihre Schwester mit gleichbleibend ruhiger und gelassener, fast entspannt wirkender Stimme:
    "Kann ich dann durch den Satzteil 'die Sklaven musst Du nicht an Dich heran lassen' aber davon ausgehen, für die Sklavenzucht der Flavier nicht in Frage zu kommen?"

    Asas silberschattige Augen hatten sich zu verengten Halbmonden gewandelt und musterten den ihr gegenüber sitzenden Hannibal, dass jenem, und hätten die Götter der Toten auch nur einen winzigen Hauch von Macht verlieren, gewiss ein Kopfschmerz wie mit einer Gladiatorenfaust gebastelt sicher gewesen wäre. Betrachtete er selbst Asny schon aufmerksam, so loderte die Intensität, mit welcher umgekehrt er beobachtet wurde, heller und gefährlicher als die Schmiedefeuer des Vulcanus. Man musste wirklich nicht mehr am Leben sein um zu merken, was für einen Eindruck der lebende Zwilling hier machte. Natürlich, bei jener arbeitswilligen Eifrigkeit, der Ausdrucksweise, den Umgangsformen, die hier präsentiert wurden, wirkte selbst die frischluftbedürftige Sklavenunterkunft in edlere Gefilde gehoben. Der Geist stieß ein substanzloses Schnauben aus und kreuzte die Beine wiederum zu einem Schneidersitz. Würde Asa ihre Schwester nicht kennen wäre ihre Laune schon längst in die Tiefen der Unterwelt gesunken, wenn der Rest sich schon weigerte, dort unten seine Aufwartung zu machen. Trotz des besseren Wissens um die inneren Vorgänge Asnys, die jedoch auch für sie nicht immer nachvollziehbar waren, fiel es der geborenen wie gestorbenen Unruhestifterin und Rebellin schwer, ihre Meinung nicht lautstark kundzutun. Aber als guter Zwilling sollte sie wohl lieber froh und dankbar sein, dass es bislang so gut im neuen Heim funktionierte, gerade weil sie wusste, dass es auch ganz anders laufen konnte. Weit weniger... harmonisch. Noch war ja auch alles in Ordnung. Und Hannibal war positiv angetan, die Wellen seiner angenehmen Überraschung waren durch mehrere Existenzebenen spürbar. Dafür musste man nicht der Hexerei oder Magie mächtig sein. Keine Spur von Misstrauen. Entweder er verbarg es äußerst geschickt, oder andere Empfindungen hielten ihn noch davon ab zu denken, dass Dinge auch zu glatt laufen konnten. Doch selbst wenn Asa Lippen und Zunge besessen hätte, um ihn aufzuklären, hätte sie von beidem keinen Gebrauch gemacht. Vielleicht war ja hier wirklich in dieser Villa voller verrückter Flavier der Ort, an dem auch jemand wie Asny recht ungehindert ihrer Lebensphilosophie folgen konnte. Gut, die meisten Sklaven sahen eher Einschränkungen als Freiheiten, doch dass der Neuzugang ein wenig anders war als üblich war schließlich auch bereits Hannibal aufgefallen. Und vermutlich würde der 'Frischling' selbst eher früher als später seine Sonderausstattung präsentieren. Damit halbwegs besänftigt versuchte die geisterhafte Schwester eine verirrte, kleine rote Spinne in Richtung des Mittdreißiger-Sklaven vom Laken zu schnippen. Unnötig zu erwähnen, dass Asny auch nach diesem Versuch das Krabbeltierchen aufnehmen und in ihren Händen bergen konnte, während sie mit charmant getarntem Höchstinteresse den Antworten des Mannes lauschte.


    Während all die Lobeshymnen auf ihren Fleiß und ihre Liebenswürdigkeit kaum eine Veränderung auf den stetig sanft lächelnden Zügen offenbarten, gab ihre Schwester diverse Laute von sich, die irgendwo zwischen dem Heulen eines Schakals in einer einsamen mondlosen Nacht und dem knurrigen Lachen eines beuteerspähenden ausgehungerten Wolfes lag. Besonders die erwähnte 'Liebenswürdigkeit' erntete fast etwas wie stürmischen untoten Beifall. Aber nun gut, vielleicht war Asny im Vergleich zu anderen Hausbewohnern tatsächlich liebenswürdig und... fröhlich. An ein wenig Ehrgeiz sollte der gute erste Eindruck schließlich nicht scheitern, oder? Oder an ein paar Hintergedanken. Asny mochte nicht dem Beuteschema ihres Herrn entsprechen, allerdings passte Marcus Flavius Aristides, mochte er auch noch so fernab inmitten von Kriegsgetümmel, Leichen und Strömen von Blut vor sich hinkämpfen, geradezu schmerzhaft gut in Asnys Beuteschema. Denn schließlich hatte man mit ihr keinen wirklich selbstlosen, weichherzigen, zartblütenblättrigen Menschen vor sich, der im Hinblick auf das Wohl anderer mal eben die eigenen Prinzipien über Bord kippte, mit den Schultern zuckte und sich unterwarf. Wenngleich es auch manchmal danach aussah, so wie gegenwärtig. Sie war was den gesellschaftlichen Stand betraf eindeutig gesunken. Von einem freien Menschen hinab zu einer Sklavin. Nur sah Asny eben nicht mit den Augen der Gesellschaft. Wäre sie frei geblieben und hätte sich ihren Eltern untergeordnet hätte sie zweifellos irgendwann einen netten Mann geheiratet, ein paar süße Kinder bekommen und glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende in Rom gelebt. Wären in diesem Bild nicht zu viele Adjektive vorgekommen, gegen die sie eine nicht unerhebliche Abneigung verspürte. 'Nett'. 'Süß'. 'Zufrieden'. Selbst 'glücklich' war ihr zuwider. Glücklich, zufrieden zu sein bedeutete den Willen zu verlieren, sich weiterzuentwickeln, mehr zu lernen, mehr zu wollen, mehr zu sein. Hier, durch ihren Herrn, würde sie ganz bestimmt niemals glücklich werden. Sie würde nicht heiraten und sich mit irgendeinem lausigen Idioten von Mann herumärgern müssen, anstatt ihre eigenen Talente zu fördern und zu verfeinern. Sie würde sich auch nicht mit Kindern herumärgern müssen, denn selbst wenn - WENN! - sie auf irgendein absonderliches männliches Wesen anziehend wirken sollte und es dadurch zu einer Schwangerschaft käme, würde sie sich niemals um ihre Brut kümmern müssen. Dies sah man doch bestens an Dido. Wann hatte sie wohl zuletzt ihre Mutter gesehen? Es musste ein nettes Weilchen her sein. Danke Flavier, danke Sklaventum. Und dank ihres lieben Herrn konnte sie jeden Tag das machen, was sie am Liebsten tat. Sich mit sich selbst beschäftigen, lernen, üben, trainieren, dichten, nachdenken, immer mit dem Hintertürchen, dies alles doch nur und ausschließlich für Marcus Aristides zu tun, also quasi gar keine andere Wahl zu haben. Keine dämlichen, besserwisserischen, verklemmten Eltern. Keine nervtötenden, lauten Geschwister. Kein alter, spuckender, mehr und mehr dem Suff und dem Selbstmitleid verfallender Mentor. Nein, hier gab es nur sie und sie und nochmals sie und eine riesige Villa mit unzähligen Menschen darin, die sie samt und sonders studieren und von denen sie lernen konnte. Läge diese Empfindung nicht weit außerhalb ihrer Prinzipien so wäre Asny wohl von nicht enden wollenden Glücksgefühlen beseelt gewesen und hätte all die reizenden Menschen aus den Reihen und der Züchtung der Flavier kräftigst umarmt, weil sie sie so schön und hemmungslos und gezwungenermaßen für ihre eigenen Zwecke benutzen und ausbeuten durfte. Ohne den Anflug eines schlechten Gewissens so wie zu Hause manches Mal, denn man konnte sich recht sicher sein, dass jeder Bewohner der Villa sein Fuhrwerk in genau dieselben egoistischen Bahnen lenkte. Sogar Dido suchte in erster Linie nach einer ihren Ansprüchen genügenden und hoffentlich nützlichen Freundin und Verbündeten. Die Götter hatten wirklich einen sonnigen Nerv gehabt, als sie die Familie der Flavier schufen.
    Zudem gab es noch einen Grund, Marcus Aristides' Ruf zu wahren und ihn nicht unter ein bestimmtes Niveau fallen zu lassen. Sklavenprestige. Der Herr einer Sklavin wie Asny, mit dem wohlversteckten Stolz in den Ausmaßen eines am Nachthimmel gut sichtbaren Sternbildes war, natürlich, vortrefflich. Bedacht mit einer Unzahl bester Eigenschaften, anhand derer man sich sicher sein konnte, den guten Namen nicht zu verunglimpfen oder gar zu beschmutzen. Schließlich war er, wie Hannibal selbst sagte, ihr Herr. Von Asnys Standpunkt aus betrachtet war sie nicht in Marcus Aristides' Welt hineingekauft worden, nein, der werte Herr hatte sich in die ihre geschoben, ein Privileg, mit dem Ansprüche und Erwartungen einhergingen. Keiner in der Villa war besser als Marcus Aristides. Dieser Umstand war der neuen Sklavin bereits auf dem Markt aufgegangen, und wies mit Sicherheit sehr viel Ähnlichkeit zu Didos Verehrung von Serenus auf. Mit dem kleinen Unterschied, dass Dido ihren Herrn kannte. Asny kannte sich selbst. Das war bereits vollkommen ausreichend.


    Hätte Asa um diese Umstände nicht gewusst, wäre sie vermutlich angeheizt durch früheres Rebellentum wirklich vom allzu anschmiegsamen Verhalten ihrer Schwester genervt gewesen, so allerdings hielt sich ihr Widerstand in Grenzen. Und ihre Stimmung besserte sich bei jedem Lob, das Hannibals Lippen entschlüpfte.
    Asny war nicht der abgebrochene Satz entgangen betreffs der erwarteten Rückkehr von Herrn und Beute, was möglicherweise darauf schließen ließ, dass es bei dem Wiedersehen des Kriegshelden Komplikationen geben könnte. Nunja, nach einer solch langen Abwesenheit gab es gewiss nicht nur Gutes zu berichten und vielleicht machte man sich auch Sorgen um die Stimmung, in die ein gerade aus dem Krieg Zurückgekehrter hinabgefallen war, neue Eigenschaften, die er plötzlich an den Tag legte, Ticks, Anfälle, Verletzungen, Lähmungen, die Liste war lang und unangenehm. Doch dies waren Angelegenheiten der Zukunft, um die Asny sich gegenwärtig noch nicht zu kümmern brauchte. Abgesehen von einigen wohl nachvollziehbaren Fragen bezüglich des Charakters ihres neuen Herrn.
    Asa grinste breit ob Didos Elefantengetröte und auch das Lächeln ihrer Schwester verstärkte sich ein wenig, nicht weniger aufgrund Hannibals überraschter Reaktion. Doch auf diesem Wege fand er wenigstens zum eigentlichen Gesprächsthema zurück. Die Aussicht, mit anderen Sklaven zusammen musizieren zu können, faszinierte den lebenden Zwilling, denn schon oft hatte sie sich die Möglichkeiten und Kompositionen ausgemalt, die Wirklichkeit werden konnten, wenn man viele unterschiedliche Instrumente zu einem harmonischen Ganzen zusammenfügte. Gut, bis zu diesem Endergebnis würde Zeit und Geduld erforderlich sein, aber Asny war diesbezüglich guter Dinge. Ganz besonders was das Erlernen der Lyra betraf, bei deren Erwähnung sogar eine Art nebliges Leuchten in ihre hellen Augen trat und sie nachdrücklich nicken ließ. Ihre Eltern waren der Meinung gewesen, dass ein Instrument völlig ausreichend wäre, doch die Ansprüche ihrer Tochter lagen deutlich oberhalb einer einfachen Flöte. Was sonstige Fertigkeiten anbetraf, so würde sie womöglich von den darin talentierten Sklaven wenigstens die Grundzüge erlernen können, um einen Einblick in fremde Gebiete erlangen zu können. In ihren Augen war Wissen und Können mit nichts zu vergleichen und vermutlich hätte sie sich sogar mit Freuden an einem Schwert versucht, bekäme sie die einmalige Gelegenheit einer Lehrstunde.


    Die kleine rote Spinne in ihren Händen war quirlig über blasse, feingliedrige Finger gelaufen und hatte sich schließlich zwischen Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand im Schutze der Knöchel vorläufig zur Ruhe begeben. Aufgrund dessen hatte Asny lediglich ihre linke Hand benutzen können, um den weichen Knoten ihres Bündels langsam zu öffnen um erneut nach den Datteln zu tasten, von denen sie zwei vorsichtig herauszog. Dann erhob sie sich kurz, beugte sich vor und legte beide Früchte auf Didos schmalem Oberschenkel ab, während sie der Kleinen freundlich zuzwinkerte. Ob das Mädchen nun mit ihrem 'Erzeuger' teilen wollte oder nicht, blieb ihr überlassen, allerdings verwettete Asa bei dieser Gelegenheit wieder einmal mehrere hundert Sesterzen darauf, dass die meeräugige Sklavin die gesüßten Leckerbissen schneller hinunterschlang, als Asny brauchte, um sich wieder auf ihrem Lager niederzulassen.
    "Ich würde sehr gerne das Spiel der Lyra lernen, um mich so selbst begleiten zu können. Ich mag die Flöte und ihren Klang, aber manches Mal schränkt sie mich auch ein wenig ein."
    Die Mimik der jungen Sklavin war weiterhin ein sanftes, freundliches Mysterium, ein geheimnisvoller Nebel, in den man sich jedoch durchaus gerne hineinbegeben wollte, strahlte er doch Ruhe und inneren Frieden aus. Wiederum nickte Asny verstehend bei der Erwähnung des Hausaltars, den es im Grunde geben musste, und sei es nur, um über die wilden, blutigen Rituale und Orgien in den Kellergewölben hinweg zu täuschen. Und dass die Gebete eines Sklaven dort unangemessen waren störte den blonden Neuzugang in keinster Weise. Ihre Art zu beten bannte sie selten an einen festen Punkt, zudem dauerten ihre Bitten und Wünsche an die Götter immer ein wenig länger und sie wollte nicht Gefahr laufen, mittendrin von einer Herrschaft unterbrochen zu werden. Asa sah dem immer noch eher misstrauisch entgegen, doch bei ihrem postmortalen Zustand war eine solche Einstellung wohl nicht überraschend.
    "Nein, ich bin keine Christin, ich verehre hauptsächlich die römischen Gottheiten." Von einigen nordischen Ausnahmen abgesehen, doch sie würde nicht zu einer nordischen Gottheit für die sichere Rückkehr eines Römers beten.
    "Um ehrlich zu sein bin ich noch unschlüssig, bei wem mein Gebet wohl am Besten angebracht wäre. Einerseits erscheint mir Vesta passend, andererseits betrifft meine Bitte die Domäne des Kriegsgottes. Oder besitzt Marcus Flavius Aristides eine Schutzgottheit?"
    Mars passt viel besser. Das wird er dir auch gleich sagen. Außer natürlich er traut es einem zierlichen Geschöpf wie dir nicht zu, angemessen beim hohen Meister der Kriegskunst vorsprechen zu können.
    "Da das Gespräch eben auf meine Fähigkeiten kam, so ist es wohl auch meine Pflicht zu gestehen, dass der Sklavenhändler an zwei Punkten leider etwas übertrieben hat. Ich besitze zwar Kenntnisse im Umgang mit Zahlen, doch das Wesen der Buchführung hat sich mir leider bislang noch nicht erschlossen. Und was die einsamen Nachtstunden betrifft - sagen wir, dass mein Herr in den letzten Wochen sicherlich mehr als genug Blut und Dilettantismus gesehen hat, als dass er mich für so etwas wirklich haben wollte.„
    Immerhin war Asny aufrichtig und direkt (ruhig und lächelnd), wenngleich ihre Schwester zeitweise von einem seltsamen Hustenreiz geschüttelt vom Lager zu kippen drohte.

    Tatsächlich bewahrheiteten sich Asnys Vermutungen, dass diese weibliche Gestalt nicht auf lange Sicht alleine dort am Feuer bliebe. Eine Seltsamkeit, dieses Lagerfeuer in einem Villengarten, doch wenn man sich hier auf längere Sicht niederlassen wollte, konnte die winterliche Nachtluft unangenehm kühl werden, gerade auf hitzeverwöhnter Haut. Oder es sollte eine Art Signal für eingeweihte Nachzügler sein, wie eben jener, der nur wenige Schritte vom Versteck der Schwestern in den Schatten vorbeitrat und offensichtlich freudig erwartet worden war. Allem vordergründigen Anschein nach also doch ein geheimes Liebestreffen.
    Das da ist sicher Bridhe! verkündete Asa mit einer Sicherheit, die angesichts der Zahl unbekannter weiblicher Villenmitglieder wirklich erstaunlich war. Auf den fragenden Blick ihres Zwillings hin erklärte sie nicht ohne triumphalen Unterton:
    Es muss Bridhe sein, die ist doch laut der Kurzen mit jedem zusammen. Dieser vergeistigten Logik hatte Asny nichts hinzuzufügen, allerdings hatte sie auch nicht vor, hier noch weiß wie lange im Gebüsch zu kauern und ein Pärchen beim Austausch ihrer Zuneigungen zuzuschauen. Ihre Schwester und deren Abenteuerlust waren jedoch bedauerlicherweise noch nicht von ihrem Standpunkt fortzubewegen, besonders, da laut deren Meinung etwas nicht zusammenpasste.
    Romantik hin oder her, nur wegen ein bisschen Geturtel gleich ein Feuer im Garten anzuzünden halte ich für übertrieben.
    Irgendwie war in dieser Argumentation ein glaubhafter Kern verborgen und die lebende Schwester musste der toten ebenfalls in dem Punkte zustimmen, dass sie gerne die Namen der Anwesenden erfahren würde. Wenngleich es für den Geist schon felsenfest stand, hier zweifellos Bridhe vor sich zu haben.


    Also beobachteten die beiden weiter, wie Kerzen in den Boden gesteckt wurden und man sich augenscheinlich zu einem Picknick niederließ. Picknicks waren selten Teil eines geheimen, blutigen Rituals, wenn man nicht gerade Augäpfel servierte. Anscheinend schien dieses Treffen jedoch wirklich nicht auf traute Zweisamkeit ausgelegt zu sein, so wie zunächst erwartet. ‚Micipsa‘... ein seltsamer Name, doch wenigstens endlich ein Name. Und anscheinend eine echte Helfernatur.
    Asny stieß erneut einen stummen Seufzer aus und wollte gerade versuchen, trotz der etwas unvorteilhaften Position etwas wie Gebetsverse in ihrem Kopf zu formen, als ein plötzliches Knacken sie innehalten und den silberglitzernden Blick ihrer Schwester mit den Instinkten eines Vollblutdiebes herumfahren ließ. Gut, dass hier noch mehr auftauchen würden, war bereits bestätigt worden, doch ‚Bridhe‘ und ihr Gast schienen dennoch ähnlich misstrauisch wie die beiden Schwestern zu sein was diverse Nachzügler betraf. Abgesehen davon, dass wohl außer jenem ‚Micipsa‘ niemand mehr erwartet wurde. Dann würde allerdings die Option eines romantischen Beisammenseins gänzlich fortfallen. Außer natürlich, ‚Bridhes‘ Vorliebe fürs Zusammensein beschränkte sich nicht nur auf einen einzigen Mann.
    Nun näherten sich auch schon Schritte, die, wie sich herausstellte, wirklich jenem Micipsa gehörten und ihr Ziel fanden, ohne von Asny Notiz zu nehmen. Oder dem Knacken, das aus einer anderen Quelle stammen musste, die etwas abseits vom Weg des Nachzüglers lag und somit scheinbar ebenso wenig an diesen Ort gehörte wie die ungleichen Zwillinge. ‚Bridhe‘ schien, abgeleitet von ihren inspizierenden Blicken in die Umgebung hinein, ebenso zu denken. Wirklich beobachtete sie im Folgenden hauptsächlich die Richtung, aus der das auffällige Geräusch zu ihnen gedrungen war.


    Irgendein nichtsnutziger Anfänger bekräftigte Asa, wieder einmal sehr angetan von ihren eigenen Fähigkeiten der Unauffälligkeit, die allerdings auch unübertroffen sein mussten. Wahrscheinlich ist er auch zu ungeduldig und wartet nicht lange genug ab, ehe er weiterhuscht. Nur kurz danach wurden sie Zeugen eines zugegeben von ihrem Versteck nicht ganz leicht zu erkennenden Schattens, der hier und da zwischen Rosensträuchern hindurch erkennbar war. Ein recht klein wirkender Schatten. Der den unbeobachteten Rückzug jedoch vorerst unmöglich machte. Andererseits war Asa ohnehin zu sehr Feuer und Flamme von diesem Spiel des gegenseitigen Belauerns und Heimlichtuns. Und von der Betonung ihrer eigenen Überlegenheit.
    Asny zog ihren Umhang ein wenig enger um sich und begann zu hoffen, dass sich diese Zeitverschwendung wirklich lohnen würde. Sie hätte schon hundert Mal vortreten und nachfragen können, was hier vor sich ging und anschließend zu ihren eigenen Angelegenheiten zurückkehren dürfen. Wenigstens kannte sie neben Micipsa nun auch noch Youenn/Pallas, leider konnte sie mit beiden Namen herzlich wenig anfangen. Doch Asa hatte ihren Spaß und die tote Schwester hatte umgekehrt auch schon genug Situationen ertragen müssen, die sie nicht mochte, also konnte man ihr die kleine Freude wohl einmal machen.
    Und ‚Bridhe‘ schien ihrerseits willens zu sein, den vorschnellen Schatten aus seinem Versteck zu locken. Mit einer zugegeben sehr... eigenwilligen Idee, die Asas Unterkiefer hinunterklappen ließ, ehe sie ungläubig den Kopf schüttelte, dass ihr fahles Haar nur so flatterte.
    Wie dämlich ist das denn?! Man müsste nichts als klackernde, hohle Dattelkerne im Kopf haben um auf einen derart offensichtlichen Trick hereinzufallen!
    Mit einem nicht hörbaren *patsch* schlug sie sich die flache Hand gegen die Geisterstirn und schien soeben endgültig entschieden zu haben, auf wessen Seite sie sich schlug. Vorerst. Wahrscheinlich würde sie spontan vom Glauben an das Kriminelle abfallen, wenn diese freundlich als ‚List‘ zu bezeichnende Tat wirklich fruchtete.
    Wenn er DARAUF reinfällt, gehört er wirklich geschlagen wie ein alter sturer Ziegenbock! So wenig Disziplin gehört bestraft!
    Während Asa knurrig auf den hoffentlich positiven Ausgang wartete, ergänzte Asny für sich den Umstand, dass man sich wohl auf einer geheimen Imbolc-Feier befand, zu der wie sie wusste, der keltischen Göttin Brigid Opferungen gebracht wurden. Wenigstens ein Geheimnis weniger.

    Salve!
    Nachdem mir mehrere Menschen in meinem Umfeld nachhaltig versicherten, dass ich derzeit verblüffende Ähnlichkeiten aufweise mit diesem reizenden Persönchen aus 'The Ring', das so gerne Leute umbringt, muss ich mir wohl eingestehen, dass ich krank werde. Inwiefern das bereits durch meine Adern kriechende Fieber meinen Postings nützt oder schadet sei dahingestellt, sollte ich jedoch weniger posten können als gewöhnlich so hat mein dröhnender Schädel offensichtlich den Kampf gegen meinen Postingwillen durch technisches K.O. gewonnen.


    Allen die sich ähnlich bescheiden fühlen wie ich wünsche ich gute Besserung.


    BG
    Asny

    Asny hatte noch niemals zu den Menschen gehört, die sonderlich viel Schlaf benötigten. Ein Umstand, der bei einer niemals ruhenden toten Zwillingsschwester sehr von Vorteil sein konnte. Und Asa hatte die geheimnisvolle Dunkelheit der Nacht schon immer um einiges besser gefallen als die hitzeflimmernden Tagesstunden. Bedauerlicherweise befand sie sich inzwischen nicht mehr in der Lage, auch ihren üblichen nächtlichen Beschäftigungen nachzugehen, aber nun als Geist schien sie eine Art Vorteilsrecht auf die schwärzesten Stunden für sich einzupochen und da niemand außer ihrer Schwester sie bei ihrem Treiben sehen konnte, musste ihr Zwilling eben mit dabei sein, wenn man die Nacht genoss.
    Ganz besonders in einem so völlig fremden, weiten Territorium, das es noch zu entdecken gab und welches bestimmt unglaublich viele geheime Gänge und Winkel besaß, in deren Schatten man sich verbergen konnte – wäre man nicht ohnehin unsichtbar. Außerdem herrschte des nächtens noch einmal eine vollkommen andere Atmosphäre vor, als im grellen Sonnenlicht. Eine andere Welt, in der sich Wesen tummelten, die sich ebenfalls ganz und gar von den normalen Gestalten bei Tage abhoben. Gewiss, es war gefährlicher, in einer mondlosen Nacht durch die Stadt zu streifen, doch Asa war kein Feigling und im Gegensatz zu ihrer Schwester wirklich mutig. Geradlinig, eindeutig mutig. Asny war... komplizierter. Auch wenn sie beide sich augenblicklich nicht die gesamte Stadt, sondern nur den auch nicht gerade als winzig zu bezeichnenden Garten der Villa ausgesucht hatten und die Gefahren für Leib und Leben sich hauptsächlich auf ein Ertrinken im Fischteich und ein Kehleaufreissen durch Dornenranken konzentrierten, so wäre sensiblen Gemütern angesichts des Unbekannten, Lichtlosen womöglich ein leichter Schauer über den Rücken gehuscht. Die neue Sklavin der Villa zog lediglich den Umhang etwas enger um ihre in eine ebenso unauffällig dunkel gefärbte Tunika, als sie wie so oft ausgerüstet mit einem kleinen, nicht näher zu definierenden Bündel ins Freie trat um ihrer Schwester zu folgen. Ungeachtet der dunklen Farben leuchtete das blasse Licht des Monds geradezu in ihren sehr ähnlich gefärbten Haaren und ließ sie somit fast ebenso geisterhaft wirken wie ihren Zwilling.


    Leise, pssssssst... zischte Asa recht unnötigerweise nach hinten, während ihre inkorporale Gestalt über die in verschiedenen Tiefen von Dunkelheit liegende Umgebung schwebte. Asny folgte ihr langsam, sich an den helleren Bahnen der Kieswege orientierend und auf Punkte achtend, welche sie bereits bei ihrer Rundreise mit Dido wahrgenommen hatte. Tatsächlich war es jedoch aufgrund der andersartigen Lichtverhältnisse nicht ganz leicht, Bekanntes zu erkennen, zumindest wäre es das gewesen, hätte Asa ihr nicht in einem morbiden Hauch die einzelnen Stationen ins Ohr geflüstert.
    Es war eine schöne Nacht, wie beide Schwestern gleichermaßen fanden. Die herrschende Kälte brachte eine gedankliche Klarheit mit sich, schärfte die Sinne und machte aufmerksam auf Dinge, die man in der Hitze eines Sommers schon einmal übersehen konnte. Asny plante, sich irgendwo im fahlen Schein des Mondes niederzulassen und ihrer Schwester den Rest des Gartens fürs Austoben zu überlassen. Wenn man es darauf anlegte, konnte man gewiss bis zum frostigen Kuss des Morgengrauens durch die Außenanlagen schlendern, die schüchternen Düfte der geschlossenen Rosenknospen genießen, dem leisen Plätschern der Teichfische lauschen und darauf warten, dass die Kälte sich gemächlich im ganzen Körper ausbreitete. Doch ein wenig Schlaf benötigte selbst Asny dann und wann und so verführerisch diese Nacht auch war, und so groß sich ihre Pläne dafür auch gestalteten, man sollte hin und wieder wissen, wo sich Grenzen befanden. Zudem fragte sie sich, ob es überhaupt erlaubt wäre, hier um diese Zeit noch herumzustromern. Und ob die Erklärung, nach Gebets- und Liedertexten für die glückliche Heimkehr des Herrn zu suchen, ausreichend sein würde, um einer Bestrafung zu entgehen, blieb ebenfalls ungeklärt


    Gerade glaubte die weißblonde Sklavin, ein geeignetes Plätzchen gefunden zu haben, an dem sie sich weit genug von den Räumlichkeiten der Villa entfernt befände, als sie inmitten des silberhellen Lichtes in einiger Entfernung einen goldenen Schimmer wahrzunehmen glaubte, der sie innehalten ließ. Möglicherweise hätte sie mit einem Schulterzucken auf etwas außerhalb der eingrenzenden Villenmauern getippt und sich wiederum ihren eigenen wichtigen Angelegenheiten zugewandt, wäre da nicht Asa gewesen, die wie ein nerviger, nicht enden wollender Zahnschmerz sein konnte, wenn sie unbedingt ihren Sturkopf durchsetzen wollte. Und dies war gerade eindeutig der Fall. Was das dort hinten alles sein konnte! Eindringlinge womöglich, die man heldenhaft in die Flucht schlagen musste, ein geheimes Treffen von Verschwörern, nachtleuchtende Fische, ein Zeichen der Götter (was nicht so positiv wäre wie der Rest), ein verborgener Schatz, die Entsorgung einer Leiche, die Verbrennung von Rosen, der Fluch der Flavier, eine Geisterversammlung, eine besondere, giftige Pflanze...
    Irgendwann inmitten dieser endlosen Litanei gab Asny sich geschlagen, wickelte sich wiederum enger in ihren Umhang und machte sich Leise, leise! auf Entdeckungsreise.
    Sehr bald erreichten sie einen Teil des Gartens, der nicht nur ihr, sondern auch ihrer abenteuerlustigen Schwester gänzlich unbekannt war. Nur noch vereinzelte, sehr ferne Lichter kündeten von dem Standort der Villa und man war sich sehr sicher, dass sich Was-auch-immer am äußersten Ende des Grundstücks abspielen musste. Anscheinend wollte dort tatsächlich jemand absolut nicht gestört und gesehen werden. Asas Vorfreude stieg von einem nervenzerreissenden Augenblick zum nächsten, während Asny mit stoischer Ruhe und dem üblichen milden Interesse ausgestattet über das müde winterliche Gras spazierte.


    Schließlich gebot der tote Zwilling dem lebenden, sich ein wenig niedriger zu ducken und hinter einer höheren Hecke in Deckung zu gehen, um nicht zu früh auf sich aufmerksam zu machen. In kleinen Wölkchen stieg gemächlich Atemluft auf und kündete von einem gleichmäßig ruhig schlagenden Herzmuskel. Da man nun jedoch schon so weit gekommen war, wollte auch Asny wissen, wem sie diese unerwartete Unterbrechung ihrer Absichten zu verdanken hatte. Vorsichtig kniete sie sich auf den Boden und bog in Augenhöhe einige widerspenstige Heckenzweige zur Seite um zu sehen, was jenseits dessen vor sich ging. Asas Kopf schwebte direkt neben ihrem, obwohl sie ebensogut einfach hätte vortreten können, aber augenscheinlich machte das Spiel auf diese geheime Weise wesentlich mehr Spaß.
    Ein Lagerfeuer? hauchte der mädchenhafte Geist kaum vernehmlich und ihre farblosen Augen weiteten sich erstaunt. Die Schwester nickte sacht und ließ ihren Blick über die Szenerie schweifen, welche sich ihnen dort bot, gemeinsam mit dem dunklen Umriss einer scheinbar weiblichen Gestalt und diversen Behältnissen, die jedoch nicht ausreichend zu erkennen waren.
    Eine Zauberin vielleicht. Die die Flavier verfluchen will – also noch mehr als sonst schon.
    Asnys Augen verengten sich leicht, während sie nach zusammenhängenden Fäden suchte. Womöglich war es doch ein geheimes Treffen? Vermutlich jedoch vielmehr ein amouröses als ein verschwörerisches. Andererseits konnte sie derzeit nicht mehr als wilde Spekulationen liefern, doch es hieß auf den Weg hinter ihr zu achten, denn sehr wahrscheinlich würde noch mindestens eine weitere Person dazustoßen. Asa ließe es ohnehin nicht zu, sich von diesem Punkt wieder zu entfernen ohne genau zu ergründen, was hier vor sich ging. Also zog Asny sich tiefer in die Schatten zurück und nahm sich vor, noch eine kleine Weile zu warten. Ein lautloser Seufzer stieg blass und sich kräuselnd gen Winterhimmel. Würde es nach ihr gehen, wäre sie einfach vorgetreten und hätte gefragt, aber man befand sich ja mitten in einem großartigen Abenteuer und eine solch unverschämt direkte Vorgehensweise hätte Asa ihr wahrscheinlich nie verziehen.




    Sim-Off:

    Man kann mich ruhig noch ignorieren, um nicht wegen mir festzuhängen. :)

    Asnys Blick war kurzfristig von Didos kindlicher Mimik fort und zu einem der schmalen Lichtkegel hinüber geglitten, in welchem Wolken aus Staub tanzten wie ein träger hochsommerlicher Mückenschwarm. Ihre neue Behausung stellte keine gravierenden Unterschiede zu dem Zustand dar, welchen man ihr zuletzt daheim geboten hatte. In ihrem kleinen Haus genau an der Ecke einer vielgenutzten Straßenkreuzung hatte es für die große Menge an Bewohnern auch nicht viel mehr Platz gegeben, mit dem Unterschied, dass der Anteil heranwachsender Kinder dort sicherlich wesentlich höher gewesen war. Raum für sich selbst zu finden war außerhalb der eigenen Gedanken eine Unmöglichkeit gewesen. Das Geld war knapp gewesen und mit ihm Geduld, Ruhe und Frieden. Doch Asny war bewusst, dass sie es in vielerlei Hinsicht immer noch besser gehabt hatte, als einige ihrer zahlreichen Geschwister. Sie als das älteste Mädchen hatte niemals mangelhafte Kleidung oder schlechtes Schuhwerk auftragen müssen, und weil man auf sie als die erste heiratsfähige Tochter zählte, hatte man auf ihre Bildung noch außergewöhnlich viel Wert gelegt. Sie hatte Jüngere unterrichten sollen, der Familie mit einer erfolgreichen Heirat zu mehr Ansehen und Wohlstand verhelfen können, hätte die erste, großartig in Freiheit gedeihende weibliche Züchtung aus den Händen ihrer freigelassenen Eltern sein dürfen, die das Bild ihrer Zukunft mit so vielen Schichten greller Farben gemalt hatten, dass sie schon vom Papyrus tropften. 'Ironie' wurde dieser Zusammenhang wohl genannt, wenn man sich anschaute, wo sich all die vortrefflichen Aussichten ihrer Familie nun befanden. Der einzige, dem die ganze erzieherische Mühsal etwas gebracht hatte, war der Sklavenhändler. Dieser Gedanke war es wohl, welcher Asnys Lächeln so konstant hielt, dachte sie an die Umstände und Verwicklungen, die sie in diese Villa gebracht hatten. Sie hatte den Händler gemocht, wenngleich es vermutlich eher seine Schlüsselrolle in diesem Spiel gewesen war, die sie ermunterte, ihre Gedanken ein wenig länger um jene Figur herumschweben zu lassen. Natürlich grübelte und überlegte sie wieder einmal zu lange, dies hatte schon ihr alternder Lehrmeister in einer nicht enden wollenden Litanei immer und immer wieder betont. 'Kurzche, präziche, prägnante Antworten, Mädchen, soncht chläft dein Konchervatchionchpartner ja ein bevor du dich verchiehcht!' Asa wurde ihrerseits nie müde zu ergänzen, dass seinen 'Konservierungspartnern' dies wohl nicht passieren könnte, da sie stets wach und aufmerksam den herumfliegenden Speicheltropfen ihres Gegenübers ausweichen müssten. Allen Spötteleien zum Trotz hatte der gute Mann natürlich recht, doch weil sich in Asnys Kopf ein Gedankenfaden an den nächsten wie eine nicht enden wollende Kette anschloss, war es eben nicht ganz einfach, damit plötzlich und abrupt innezuhalten.


    Ein solcher Zeitpunkt war nun jedoch gerade wieder erreicht. Dass es hier Ratten gab war angesichts der schon vor mehreren Wochen verschiedenen Maus nicht verwunderlich. Eine lebende Maus hätte sie mehr überrascht, denn dort, wo sich Rattengetier tummelte, suchte man meist vergeblich nach den kleineren, tellerohrigen Gesellen, die Asa einmal durch mehrere Generationen konsequenter Inzucht aufgezogen hatte, bis ihre Mutter sie endlich doch erwischt und der Hauskatze zum reichhaltigen Abendmahl serviert hatte. Ein Drama sondergleichen, Sophokles wäre vor Freude aus dem Bett gefallen.
    Toten Dichtern und langschwänzigen Nagern zum Trotz verletzte Asny gerade ohne es wirklich wahrzunehmen eine wichtige Regel im Umgang mit Kindern. 'Entziehe ihnen nie zu lange deine Aufmerksamkeit', alternativ 'Wende ihnen nie den Rücken zu.' Oder aus Asas Mund und speziell für ihre Schwester ausersehen: 'Sprich niemals ohne deine Worte in für normal Sterbliche nachvollziehbare Begriffe zu übersetzen'. Insofern hatte die tote Schwester schon lange die blassen Augen gen Decke verdreht und sich an die substanzlose Stirn gefasst, während die lebende noch vom Rausch der Staubpartikel gefangen gehalten worden war. So folgte dann für Asny ein wenig überraschend das, was für Asa einfach kommen musste. Drama, Tragödie, weltsäulenerbebendes Unheil, auch bekannt als 'Der große Knatsch' (sprich Knaatsch). Basierend selbstverständlich wie so oft auf einer unterschiedlichen Auffassung eines kleinen Wortes. In diesem Fall das Begrifflein 'stolz'. Asny konnte sich nur zu gut an eine der Predigten ihres Vaters zum Thema 'Stolz und wo er nicht angebracht ist' erinnern. Es war eine Art Schimpfwort, gleichbedeutend mit 'selbstgerecht' und 'arrogant', 'eingebildet' und 'herablassend'. Jemand aus ihrer Familie hatte nicht stolz zu sein. Zufrieden ja, dankbar ebenfalls, aber doch niemals 'stolz'! Alles, was Asny war, hatte sie ihren Eltern zu verdanken und alles, was ihre Eltern waren, hatten sie ihren großzügigen Herrschaften zu verdanken, Stolz bedeutete, sich mit fremden Federn zu schmücken und so zu tun, als wäre die Entstehung und Erhaltung des Selbst ganz und gar dem eigenen Verdienst zu verdanken. Unmöglich, absurd, lächerlich, anmaßend. 'Jetzt tut sie wieder so stolz als wäre sie etwas Besseres! Klüger, geschickter und weiser als wir alle zusammen! Weil sie Hirngespinste sieht! Weil sie ihre Zeit mit unnutzem Zeug verschwendet! Besonders will sie sein, dabei ist sie einfach nur verrückt!'
    Dies alles war außerordentlich unschön gewesen. Hätte sich Asny zu diesem Zeitpunkt noch dafür interessiert, was ihre Familie von ihr hielt, hätte sie solches möglicherweise stören können.


    Nachhaltig beeinflusst hatte sie jene Beurteilung anscheinend aber doch, denn Didos überdeutliche Stellungsnahme ließ vermuten, dass sie eine etwas andere Auffassung von diesem kleinen Wörtchen hatte. Als Sklavin war es offensichtlich gut, wenn man Stolz besaß und zeigte. Dies wirkte ein wenig befremdlich auf das neue Mitglied der dienenden Gesellschaft, schließlich waren ihre Eltern auch einmal Sklaven gewesen. Als Sklave stolz, als Befreiter demütig? Passte das zusammen? Unglücklicherweise blieb dem weißblonden Mädchen wenig Zeit, um über jenes Rätsel angemessen lange zu sinnieren, denn Didos verbale Zurechtrückung des Weltbildes nahm keine Rücksicht auf nähere Analysen. Asny wurde das dumpfe Gefühl nicht los, dass die Kleine krampfhaft versuchte, sie zu beleidigen. Was, wie genügend andere bestätigen konnten, die es ebenfalls probiert hatten und gescheitert waren, ein Ding der Unmöglichkeit darstellte, weil das Zielsubjekt ganz einfach viel zu weit über derart irdischen Vorgängen wie einer zünftigen Beleidigung schwebte, als dass man es ernsthaft damit behelligen könnte.
    Augenblicklich sah die Sklavin nordischen Blutes in erster Linie, dass Dido versuchte, aus unumstößlichen Wahrheiten eine Kränkung hervorzupressen, was von Asnys tödlich logischem Standpunkt her einfach nicht möglich sein konnte. Selbstverständlich war die Kleine eine Expertin in der achten Generation und sie selbst noch keinen halben Tag in ihrem neuen Wirkungsfeld, also war sie in diesem Vergleich natürlich der Frischling. Und dass sie nicht werden könnte wie Sciurus, dessen war sich die weißblonde Sklavin selbst sehr sicher, trotz des wenigen, das sie bislang über jenen 'allerwichtigsten Sklaven' wusste. Im Grunde hatte sie mit ihrer Frage nach Didos Vorbild nur noch die letzte Bestätigung gesucht, hatten doch bereits alle Anzeichen in Elefantengröße auf diesen Unbekannten hingedeutet. Über den Begriff 'schwächlich' hätte man diskutieren müssen und 'blöde'... gut, dies war Didos Meinung und was das Wissen über die Villa und das Sklavendasein betraf hatte sie wahrscheinlich sogar recht.
    Wem Asny allerdings nicht ganz folgen konnte war die plötzliche Aufgebrachtheit des Mädchens sowie die folgende, recht kopflos anmutende Flucht, die sie mit erstaunt geweiteten Augen verfolgte. Und hatte Dido nicht gesagt, sie wolle Amazone werden anstatt eine mächtige Sklavin?


    Aaaaasnyyyy... Eine Geisterfaust färbte die Umgebung vorübergehend schlierig hell, da Asas Absicht, ihrer Schwester erweckend eine wohlmeinende Kopfnuss zu verpassen, aufgrund massgebender Naturgesetze jämmerlich fehlgeschlagen war. Der gefassten Absicht tat dieser peinliche Zwischenfall jedoch keinen Abbruch.
    Das ist ein Kind, ein kleines Mädchen, da ist deine entwaffnende Logik gänzlich fehl am Platze!
    Der lebende Zwilling runzelte fragend die Stirn. Bei ihr zu Hause hatte ein Kindergewimmel sondergleichen geherrscht, wollte Asa nun etwa behaupten, sie wüsste nicht mit Heranwachsenden umzugehen?
    Jaaaa, tue ich, mit aller Macht meines körperlosen... Körpers. Obwohl... eigentlich hast du dieses Problem nicht nur mit Kindern, sondern mit beinahe allem, das sich 'Mensch' nennt und vor dir auftaucht.
    Asnys Kopf kippte leicht zu Seite, der Anflug von Misstrauen war stummer Überraschung gewichen. Dido weinte, dies war eine nicht zu leugnende Tatsache und womöglich hatte sie sich wirklich ein wenig zu lange in sich selbst verkrochen, um nun Schwierigkeiten im Umgang mit der Welt dort draußen zu bekommen. Wenn sie von dieser Welt indes etwas lernen wollte, so würde sie derartiges so schnell wie möglich korrigieren müssen um sich wieder mehr auf dieses 'draußen' einzulassen, bevor sie es nur noch wie durch einen verzerrten Schleier sah - mit einem Ruck rutschte sie auf ihrem Bett ein Stückchen zur Seite, so dass die Geisterhand nicht länger in ihrem Kopf und vor ihrem Blick schwebte.
    Jetzt fang bloß nicht wieder an zu grübeln! Lauf ihr nach! Hopp hopp!
    Noch ehe sich jedoch herausstellen konnte, wie sich Asny nun entschied, vernahmen beide Schwestern eine inzwischen bekannte männliche Stimme und irgendwie wussten beide sofort, dass Didos Flucht an diesem Punkte vermutlich enden würde. Während Asa misstrauisch die Augen verengte und langsam die Arme vor der Brust verschränkte, setzte Asny wieder ihr sanftes Lächeln auf und verlieh ihrem Blick dadurch einen passiveren Eindruck, als es tatsächlich der Fall war. Sie nahm vielleicht an sie gerichtete Worte und Taten etwas anders wahr, als diese ursprünglich gemeint waren, doch ihre Umgebung wurde von ihr zumeist sehr viel aufmerksamer sondiert, als es auf Beobachter den Eindruck machte. Zumindest falls ihr Gehirn nicht gerade ein wichtiges analytisches Problem auseinander nahm.


    So langsam verstehe ich die Einstellung der Kurzen bezüglich ihres 'Erzeugers'... fauchte Asa gepresst hervor und klang wie das drohende Zischen einer kurz vor ihrem tödlichen Angriff stehenden Kobra. Demonstrativ setzte sie sich - oder vielmehr schwebte sie in sitzender Haltung - neben ihrer Schwester auf dem Strohlager und schickte bohrende Blicke aus dem Totenreich zu Hannibal hinüber wie eine nach Arbeit gierende Furie. Umso mehr störte sie die gewohnte milde Freundlichkeit, mit der ihre lebende Schwester die Fragen dieses unseligen Kerls beantwortete.
    "Ja, Dido ist wirklich eine großartige Fremdenführerin. Ich kenne auch bereits die wichtigsten Personen der Villa, was sowohl die Herren- als auch die Sklavenseite betrifft. Alles übersichtlich eingeprägt."
    Zur Verdeutlichung tippte sie sich sacht mit der Zeigefingerspitze gegen den Kopf, während sich ihr Lächeln eine mysteriöse Spur verstärkte.
    "Natürlich bin ich noch ein Frischling hier, aber ich versuche, mich so schnell wie möglich an alles zu gewöhnen. Das hier ist mein Lager."
    Mit der Handfläche klopfte sie einmal leicht auf das Laken neben ihr um zu verdeutlichen, dass sie sich keinesfalls auf das Bett einer Fremden gesetzt hatte. Dann erwiderte sie Hannibals Blick mit einer abstrusen Mischung aus Intensität und Verträumtheit um die Gelegenheit nutzend ihrerseits einige höfliche Fragen zu stellen.
    "Wie ich hörte, weilt mein Herr derzeit in Pa..."
    Rrrrrrrrrr...
    "..rthia. Darf ich fragen, wann mit seiner Rückkehr zu rechnen ist? Und wo bis zu diesem Zeitpunkt meine Aufgaben liegen? Ich würde gern bis zu seinem Erscheinen so viele Tätigkeiten wie möglich gut beherrschen, um ihn nicht zu enttäuschen. Allerdings muss ich auch Gesang, Tanz und Flötenspiel täglich trainieren, damit ich mich darin nicht verschlechtere. Womöglich irre ich mich, doch ich hatte das Gefühl, dass du mich auch deswegen gekauft hast. Dieselbe Pflicht gilt ebenfalls für meine übrigen Fähigkeiten. Falls es sonst noch etwas gibt, womit ich das Herz meines Herrn erfreuen kann, so sollte ich dies ebenfalls frühzeitig zu üben beginnen. Vielleicht die Kunst der Massage oder das Erlernen der Lyra, so dass ich mich beim Singen selbst begleiten könnte. Oh, und ich überlege, für die sichere Heimreise des Marcus Aristides angemessen zu beten, gibt es dafür einen bestimmten, geweihten Ort in der Villa oder ist dies aufgrund meiner Position nicht von Bedeutung?"
    Sich weiterhin jener seltsam anmutenden Kombination aufmerksamster Entrücktheit hingebend versenkte Asny ihre aufgrund des herrschenden Zwielichts schattenumspielten Augen ebenso in Hannibals Seelenspiegel wie ihre Schwester, deren blutleere Lippen ein zynisches Halblächeln zierte.

    Auf der Suche nach den gesüßten Datteln, die ihr vermutlich eines ihrer Geschwister heimlich vor ihrer Abreise zu ihrem wenigen Gepäck dazugelegt hatte, war Asnys Aufmerksamkeit in Gestalt ihrer wandernden Finger flüchtig von etwas anderem eingefangen worden, welches nicht die geringste Ähnlichkeit mit honigüberzogenen Früchten besass. Dadurch war sie gezwungen, ihren Tastsinn zunächst auf etwas anderes zu konzentrieren. Raues Leinen, lose Wollfäden, schmale Nähte wie eine Spur aus sich selbst jagenden Fußabdrücken, weiches, polsterndes Tuch, und winzige, an ihre Aufgabe festgebannte Splitterchen, deren Identität sich den Fingerspitzen nur offenbarte, wenn das Gedächtnis eingriff und diese Objekte zu geschwärzten Knochenstückchen erklärte, sorgfältig aufbereitet und einer neuen Aufgabe zugeführt. Die Hand hatte sich flüchtig um die selbstgeformte Kopie eines Menschen geschlossen, eher unbewusst und einem ebenso kurzlebigen inneren Gefühl unterworfen. Diese kleine Puppe, kaum so groß wie Asnys Mittelfinger, hatte einmal einige Brüder und Schwestern wie ihresgleichen besessen, allesamt entstanden in sorgfältiger Handarbeit und geboren unter einer immer gleich gesummten Melodie, den immergleichen leisen Worten, aus Resten, Lumpen, zerrissenen Kleidern, abgerissenen Fäden, die sich zu einem weichen Rumpf, gedrehten und abgebundenen Extremitäten, einem oval gebeutelten Kopf und penibel in Finger und Zehen endenden Händen und Füßen zusammenfanden. Die Haare waren wollene Mähnen aus einem Schopf gelb, schwarz, weiß oder braun gefärbter Wolle; Nase und Münder aufgestickte Linien, welche zumeist ein dünnes Lächeln zeigten, die vernähten Lippen mal geschlossen, mal leicht geöffnet wie unter einem stummen Kichern. Die Augen indes waren stets recht gleich gewesen; schwarz gerußte Knochensplitter verschiedenster Herkunft, leicht schräg aufgenäht, so dass ein stetig festgebannter, auf den unschuldigen Betrachter irgendwie hinterlistig wirkender Blick sich in dem Puppengesicht festsetzte.
    Einmal war es eine richtig große Gruppe dieser kleinen Figuren gewesen, die sich auf einem schmalen Regal, das mehr ein einfaches Holzbrett gewesen war, über Asnys Lager versammelt hatte und ab und an Zuwachs erhielt. Dann war deren Schöpferin eines Tages von ihrem Unterricht zurückgekehrt und hatte das Brett war leer vorgefunden. Warum nur war ausgerechnet sie mit einer solch überängstlichen, misstrauischen Familie geschlagen worden? Diese dumme Angewohnheit ihrer Eltern, einfach alles hinauszuwerfen, was ihnen nicht behagte und unheimlich erschien, hatte im Grunde damals schon auf das zukünftige Schicksal ihrer Tochter hingedeutet. Irgendwann überwanden sie sich und ihr Grauen und fassten das an, wovor sie eine so immense Angst hatten, selbstredend nur, um es loszuwerden. Manche Dinge besaßen im Haus ihrer Eltern einfach keine Existenzberechtigung. Hinterlistig lächelnde Puppen und phantasierende Töchter gehörten zweifellos zu dieser Gruppe.


    Asnys Lächeln verstärkte sich zufrieden, als Dido sowohl mit ihrem Plan einverstanden war, als auch mit der angebotenen Dattel kurzen Prozess machte. Asa hatte Datteln schon immer gehasst, insofern war sie großzügig damit einverstanden gewesen, der Kleinen die Leckerei zu überlassen, ohne selbst einen Anteil zu fordern. Stattdessen formte sie eine gnädige Handbewegung, die zu einer herrschaftlichen Königin gepasst hätte, denn diese Art von unstillbarem Appetit kannte sie nur zu gut aus ihren eigenen Lebenszeiten.
    Jaja, die Jugend, immer Hunger, immer Futtern, als wäre ihr Bauch ein Loch ohne Boden. Höhöhö. In der Parodie eines alten Greises kratzte sich die tote, weiterhin über dem See schwebende Schwester am Bauch, um kurz danach etwas wie einen unsichtbaren Gehstock zu schwingen.
    Aber pass auf, bei zu vielen Dattelkernen wächst dir ein Baum aus dem Bauch!
    Sorgsam packte Asny die übrigen Früchte für einen späteren Zeitpunkt ein - Wenn die Kurze sie dir bis dahin nicht geklaut hat. - und tat so, als hätte sie Didos neugierige Blicke nicht wahrgenommen. Über den Gehalt des 'Tollseins' in ihrem Beutel ließ sich ganz sicher streiten, doch die weißblonde Sklavin wollte es erst einmal widerspruchslos dabei belassen und enthielt sich jedweden Kommentars, der die Kleine vermutlich nur noch neugieriger gemacht hätte. Asas Neugier indes schlug an wie ein blutgieriger Wachhund als das Mädchen ihre Verbindungen erwähnte, welche abgelesen an jenem verschwörerischen Lächeln glattweg die gesamte Untergrundbewegung der Stadt beinhalten konnte. Oder eben nur drei Kindersklaven aus anderen Häusern. Derart organisierendes Bandentum war der Toten allerdings auch aus eigener Erfahrung bekannt, und, oh Wunder, für sie ein ganzes Stück wichtiger als ihre Familie geworden. Sie war sich ziemlich sicher, in spätestens drei Jahren zum Kopf ihrer eigenen kleinen Truppe aufgestiegen zu sein, wäre ihr da nicht dieses unglückliche Missgeschick in den Weg gekommen. Ärgerlich, aber der Tod hatte es so an sich, überaus nervig sein zu können.


    Nachdem Asny ihrer Schwester versprochen hatte, wenn möglich mehr über Didos Verbindungen herauszubekommen, folgte sie ihrer aktuellen Herrin zurück in die Villa und zum Sklaventrakt, welcher, wie nicht anders zu erwartet, ein wenig vom Rest des Anwesens abwich. Dennoch änderte sich rein gar nichts am Verhalten der neuen Sklavin; das Lächeln milden Interesses ließ sich von kahlen Räumen und düsteren Schatten nicht abschrecken und auch die Aussicht auf einfache Strohlager störte sie rein äußerlich nicht im Geringsten. Das veränderte Verhalten ihrer jungen Freundin entging ihr jedoch ebenso wenig wie die zynisch-belustigte Miene ihrer Schwester, die noch nicht zu sagen wusste, ob diese Unterkunft nun ausgesprochen gut, oder absolut gar nicht zu dem geschwisterlichen Pärchen passte.
    Hier kann man sicher einiges draus machen murmelte sie schließlich spöttisch, während sie ein wenig weiter in die zwielichtigen, engen Tiefen des Raumes vordrang und wirklich hervorragend mit ihrem Umfeld zu verschmelzen schien. Ein wenig Farbe, ein paar Blumen und man möchte nirgendwo anders mehr hin.
    Ihre Schwester wählte derweil das Lager an der Wand, zum einen, weil dieser Strohhaufen Didos am nächsten lag, zum anderen, weil das Lager neben der Tür ein potentiell gefährlicher Ort war - wenigstens in der Theorie. In irgendeiner Lehrstunde hatte sie gehört, dass immer dem Niedersten einer Gruppe der Platz zufiel, welcher dem Eingang am Nächsten lag, denn Angreifer würden ihn zweifellos als Ersten töten. Dränge also eine marodierende Horde in den Sklaventrakt ein, stünde Asny wenigstens noch ein zufriedenes und bestätigtes Gefühl zu, bevor sich ihr Blut über die kahlen Wände verteilte.
    Während Dido noch erklärte und ihre Pläne eröffnete, untersuchte Asny bereits ihr zukünftiges Lager auf Untermieter und Überraschungen. Beides fand sich in Form von insgesamt sechs Spinnen verschiedener Größe und Lebendigkeit, sowie einer toten, hervorragend mumifizierten Maus. Erstere wurden behutsam auf ein anderes, unbewohntes Lager umgesiedelt, Letztere wurde ein Stückchen entfernt auf den Boden gelegt. Erst dann wandte sich die neue Sklavin der Kiste zu, stemmte den Deckel hoch und bediente sich am Deckenvorrat. Dass sich Didos Interesse bezüglich weiterer Führungen in Grenzen hielt, war aufgrund des nicht nennenswerten Grad der Subtilität nicht schwer zu bemerken. Obwohl sie gerne noch mehr gesehen hätte, entschied die Ältere, dies auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben.


    Nachdem ihr Lager den unter diesen Voraussetzungen bestmöglichsten Eindruck erweckte, nahm sie probehalber darauf Platz, der Kleinen zugewandt und ihr Hab und Gut auf ihren Beinen abgelegt. Im Nachhinein wurde ihr bewusst, dass Dido sehr rasch von ihrem Plan bezüglich Lucanus und Hannibal begeistert gewesen war, weitaus mehr, als ihre eigene Schwester es gewesen wäre. Asa war misstrauischer, besonders der letzte Teil, das Gespräch mit Hannibal, hätte ihr vermutlich nicht ganz gefallen.
    "Du fragst mich kaum Persönliches", stellte Asny schließlich fest, sich aber auch dadurch keinen Zoll von ihrer üblichen milden Sanftheit fortbewegend. Sie legte den Kopf leicht schräg und betrachtete ihr Gegenüber mit hellen Wolkenaugen.
    "Hast du Angst, ich würde dich enttäuschen, wenn du mehr über mich erfährst?"
    Sie wirkte keineswegs böse, es war wie so oft ein freundliches Interesse, das ihr Wesen prägte, und das an dieser Stelle gerne eine Antwort erhielte. Würde keine erfolgen, wäre dies jedoch ebenfalls völlig in Ordnung.
    "Es wäre auch nicht schlimm, wenn du nicht fragst. Ich bin nicht so gut im Antworten, fürchte ich. Ich neige dazu, die falschen Antworten zu geben. Die Wahrheit, ja - aber ich glaube es wäre besser, wenn ich so gut flunkern könnte wie du. Ohne rot zu werden. Wenn ich lüge, dann... habe ich immer das Gefühl, mich selbst irgendwie mit zu verleugnen. Und das..."
    ... ist keiner dieser Lebenden wert.
    "... schadet mir denke ich mehr, als es mir nützt. Es hat etwas mit... Stolz zu tun, nehme ich an."
    Asny zuckte schwach mit den Schultern, während ihre Fingerspitzen über das raue Tuch in ihren Händen glitten.
    "Besitzt du ein Vorbild hier im Haus? Hannibal ist es wohl nicht. Eines, an dem ich mich vielleicht auch orientieren sollte?"

    Tze! Anfängerin! kommentierte Asa herzerfrischend mitleidlos Didos gescheiterte Angelversuche und verzog die Lippen zu einem Lächeln, welches man äußerst hübsch als Vorlage einer Dämonenmaske gebrauchen könnte. Im inoffiziellen Wettstreit der beiden eher draufgängerisch veranlagten Mädchen sah Asnys Zwilling sich immer noch als deutlich überlegene Siegerin, wenn man freilich die kleine Nebensache unerwähnt ließ, dass nur noch eine von ihnen wenigstens theoretisch in der Lage war, tatsächlich nach einem Fisch greifen zu können. Doch da Dido sich ohnehin nicht als verlierende Teilnehmerin einer Mini-Olympiade der Unruhestiftersportarten wähnte, folgte kein Einwand zu Asas völlig objektiver Spielstandsanalyse.
    Und Asny empfand es als deutlich angenehmer, mit einem gutgelaunten Schwesterngeist durch Rom zu laufen, als der einzige Ansprechpartner einer frustrierten, wütenden, spirituellen Toten zu werden. Obwohl sie doch, bei den Göttern, bereits genug damit zu tun hatte, ihre innerkopfliche Flavierübersicht auf einem aktuellen Stand zu halten und keine Beschreibung und keine Präsentation der kleinen Sklavin zu vergessen oder falsch zuzuordnen. Anscheinend war jedoch in dieser Aufreihung illustrer Persönlichkeiten immer noch kein Ende in Sicht. Asny hielt mit leicht in die Höhe gezogenen Augenbraue inne, als Dido sich erhob und mit ihren Lektionen fortfuhr, anstatt wie angekündigt über die Herausforderung ihrer Waffenwiederbeschaffung nachzudenken. Eine Hand schon in suchender Absicht in ihrem Hab und Gut versunken schaute die weißblonde Sklavin zu ihrer derzeitigen Herrin empor und folgte in gewohntem mildem Interesse der Lehrstunde die da lautete: 'Was tun, wenn man einem der vielen Domini der Villa Flavia begegnet?'.
    Auf den Boden werfen und tot stellen.


    Verträumt folgten Asnys blassblaue Augen der vorgeführten Verneigung. Sie war recht zuversichtlich, dieses 'Schweigen & Verneigen'-Modell ohne größere Schwierigkeiten anwenden zu können, darin besaß sie eine gewisse Übung. Zudem hoffte sie, dass sie als dezente eigene Note auch auf ihr übliches leichtes Lächeln weiterhin zurückgreifen konnte. Asa warf ihr einen spöttischen Blick zu und verschränkte genüsslich die Arme vor der Brust, als hätte sie ganz plötzlich einen Sack adlige Arroganz geschenkt bekommen. Ein in dieser Geste fast sardonisch anmutender Mundwinkel zog sich empor, erzitterte kurz ob der ungewohnten Haltung und verfiel schließlich zurück in das geübtere freche Grinsen.
    Wenn dir nichts einfällt, sollst du dich verbeugen. Da dir aber immer was einfällt und du dich für dein Leben gern um Kopf und Kragen quatschst, sollte es dein kleinstes Problem sein, ob dir jemand dein Lächeln verübeln könnte.
    Asnys Blick glitt flüchtig von Dido fort und zu ihrer Schwester hinüber, die inzwischen die Beine zu einem Schneidersitz verknotet über dem See schwebte und etwas äußerst Meditatives hätte verkörpern können, würde sie sich nicht gerade mit einem kleinen Finger im Ohr bohren. Trotzdem hatte sie einen Punkt aufgegriffen, über den sich vielleicht sogar eine Asny ein, zwei Gedanken zu machen sollte. Schön, laut Didos persönlicher, repräsentativer Aussage waren in dieser Villa alle einen Hauch abseits des Alltäglichen, Normalen... allgemein Üblichen. Die blassblauen Augen stiegen empor zum gleich gefärbten, pastellgemalten Winterhimmel. Womöglich würde man sie wegen ihrer toten Schwester im Gepäck nicht einmal schief ansehen. 'Ah, du hast deinen toten, unsichtbaren Zwilling bei dir? Darf ich dir im Gegenzug meine Heerscharen lichtscheuer, hochgiftiger, ledergeflügelter Schwarz-Mini-Dämonen vorstellen, die hier alle unsichtbar um mich herumflattern? Ich hatte auch mal ein paar rote, aber die wurden alle vom violetten, landlebenden Leviathan - unsichtbar, nebenbei bemerkt - meines Bruders gefressen.'
    Langsam kippte Asnys Kopf zur Seite, bis Asa sich lautstark räusperte und darauf hinwies, dass Didos gegenwärtige Lektion noch lange nicht beendet wäre.


    Das ohnehin stets ein wenig mysteriös wirkende Lächeln auf den Lippen der älteren Sklavin hatte einen noch seltsameren Zug angenommen, dem der Begriff 'interessiert' deutlich zu klein geworden war, welcher jedoch recht bald wieder verschwand. Das Verhalten den Herrschaften gegenüber sollte sie schließlich tatsächlich ein bisschen verinnerlichen, immerhin wollte sie ihnen nicht den Schock einer unerwarteten Sklavenreaktion zumuten. Noch nicht. Nicht, wenn es sich vermeiden ließe.
    Und dann ging es auch schon weiter und Asny sah sich gezwungen, imaginäre Schreibtafel und gedankengesteuertes Schreibgerät wieder zu zücken, um nichts zu versäumen. Ihre Schwester stöhnte wie die arme, gepeinigte Seele, die sie im Grunde nicht war. Noch mehr?? Mann... irgendein Vater muss irgendeine Mutter da aber besonders gemocht haben...
    Der sichtbare Zwilling nickte knapp, machte aber keinerlei Anstalten, sich halsbrecherisch zwischen Dido und ihren Redefluss zu werfen. Zudem hatte sich Flavius Lucanus' Plätzchen in dieser Darstellung bislang tatsächlich noch nicht offenbart und nun vermochte sie ihn wenigstens grob einzuordnen - dazu noch als einer der wenigen, der als Abbildung nicht mit einer Dido-Interpretation vorlieb nehmen musste. Sonstige Familienverhältnisse und Pfeile schienen allerdings noch etwas warten zu müssen, da ihre kleine Mentorin bereits fröhlich zum nächsten sprang. Flavius Lucullus. Von dem hatte sie ja noch gar nichts gehört bislang. Porträt und Verbindung zu Gracchus wurden angelegt.
    Der scheint aber schon scheintot zu sein. Lohnt sich glaube ich nicht, sich noch groß um den Gedanken zu machen. murmelte Asa direkt wie immer und ihre eigene Existenz wie des Öfteren völlig außer acht lassend. Auf Lucullus folgte Furianus, der jedoch leider ohne schauspielerische Höchstleistungsdarstellung auskommen musste und so mit einigen kleinen Notizen gesichtslos an Serenus gehängt wurde. Nunja, wenn der werte Herr augenblicklich ohnehin woanders weilte, würde sie hoffentlich spätestens bei seiner Rückkehr anhand der Banner und Lobhuldigungen merken, wer da zurückgekehrt war. Reiche, adlige Leuten veranstalteten doch zu jedem Anlass ihre wilden Feiern, ganz einfach weil sie es sich leisten konnten - zumindest hatte man dies in ihrem Wohnviertel oftmals gegrummelt, gerne begleitet von bunt-kreativen Flüchen und fantasievollen Tagträumen mit dem Thema 'Was ich täte, wenn ich einmal dem und dem allein in einer Gasse begegnen würde und zufällig einen Gegenstand bei mir trüge, mit dem man seinem Gegenüber eine recht unangenehme Zeit bescheren kann'. Arme, leidgeplagte Menschen konnten eine Vorstellungskraft besitzen...


    Auf Didos fragenden Blick hin wusste Asny nicht mehr als ein Schulterzucken zu erwidern. Vielleicht hatte sich irgendwo noch ein vergessener Flavier versteckt, zuzutrauen wäre es dieser üppigen Familie auf alle Fälle. Bei dem Gedränge konnte schon einmal einer über den Rand fallen und übersehen werden.
    Aquilius, also. Nicht sehr überrascht, jedoch weiterhin recht interessiert nickte die fleißige Schülerin artig. Beruhigend, dass sie dieses Exemplar also rasch würde erkennen können, bei einer solchen Zahl ging doch nichts über einen guten Wiedererkennungswert. Und sei es nur der Eindruck, dass das Gegenüber eine kleine Fliege ins Auge bekommen hatte. Dennoch machte sich Asny an diesem Punkt der Lehrstunde die geistige Notiz, Dido bei Gelegenheit doch einmal die unterschiedlichen Bedeutungen von 'zusammensein' zu erklären. Irgendwann. Jetzt noch nicht, noch war es amüsant.
    Und dann die Frauen... richtig, die gab es ja vermutlich auch noch. Zumindest schienen es deutlich weniger zu sein, was beide Zwillingshälften als äußerst angenehm empfanden, dies sah man der lebenden allerdings auch nicht an. Aber dicke Hintern als charakterliches Merkmal... ach, warum nicht? Und dass sie alle blöd sein sollten überraschte bei Didos allgemeiner Sichtweise auch nicht mehr. Dass die einzige tolle Frau auch noch gestorben war, stellte einen bedauerlichen Umstand dar, wobei Asny nicht ganz sicher war, ob möglicherweise gerade ihr Tod Dido zu Begeisterungsstürmen verlockte.
    Jaja... es sind immer die Besten, die jung sterben. Ich... Leontia.... ich.... Achilles.. ich...
    Asas trübe Stimmung hellte sich jedoch sehr schnell wieder auf als sie sah, dass Dido nicht einmal einen Stein übers Wasser tanzen lassen konnte. Ihre Schwester schien noch ein wenig zu gedankenverloren, um auch nur Notiz vom Steineinschlag genommen zu haben und selbst, als die Kleine so impulsiv auf sie einzureden begann und dabei auch gestand, Hannibal gegenüber nicht ganz bei der Wahrheit geblieben zu sein, konzentrierten sich die verschleierten, hellen Augen nur langsam auf das runde Kindergesicht. Nachdenklich wirkte Asny einige Herzschlage lang, nicht zuletzt, weil sie gegenüber treuer Kinder-Augenaufschläge so abgestumpft war wie ein Schwert, mit dem man den Versuch unternommen hatte, sich durch den Ätna zu schlagen.
    Sie war nicht Hannibal. Lucanus müsste blind sein, um das nicht zu erkennen und die murmelschießende Dido hatte er überaus deutlich wahrgenommen. Endlich, nach einer Zeitspanne, die der Kleinen wie eine zähe Ewigkeit erschienen sein musste, nickte sie knapp um sanft und beinahe heiter, als sprächen sie über ein hübsches Blumenmosaik, zu erwidern:
    "In Ordnung, ich komme mit. Und wenn Lucanus fragt, weswegen Hannibal nicht dabei ist, sagst du ihm, dass du allein die volle Verantwortung übernehmen möchtest und die Schuld nicht auf einen Erwachsenen, der auf dich acht geben sollte, abschieben willst. Du stehst selbst zu deinen Fehlern. Wenn Lucanus diesen Vorfall betreffend etwas klären möchte, soll er dies bitte mit dir persönlich tun. Ich komme als Zeugin mit. Und anschließend werde ich mit Hannibal darüber sprechen."
    Als wäre es niemals fortgewesen, so fließend kehrte das gewohnte träumerische Lächeln zurück, während Asny die Hand endlich aus ihrem Bündel zog, das darin enthaltene kleine Tuchpäckchen auseinander faltete und der Kleinen elegant die in dem hellen, groben Stoff ruhenden getrockneten und honiggesüßten Datteln darreichte.
    "Eine Dattel, Herrin?"

    Asas graublasses Geistergesicht schwebte in etwa einer Zeigefingerlänge Abstand vor dem Schnabel des Rotkehlchens, welches von ihr mit starrem Blick fixiert wurde. So intensiv, dass sie schon beinahe auf den gefiederten Punkt vor sich zu schielen begann, fokussierte sie sich auf die flinken, und doch anmutig wirkenden Bewegungen des kleinen Vogels, ehe sie sich mit einem unzufriedenen Seufzer zurückzog und frustriert die Augenbrauen zusammenzog. Welchen Sinn hatte es, ein Geist zu sein, wenn man nicht einmal so einen Piepmatz mit einer unheimlichen Aura dazu bringen konnte, seinen quiekenden Schnabel zu halten? Wenn die Götter derart 'verlorenen Seelen' wie ihr irgendwelche übersinnlichen Kräfte zusprachen, sollten sich diese so langsam doch einmal bemerkbar machen. Zugegeben, zu Hause bei dieser Gruppe von Leuten, die man einmal als ihre Familie gekannt hatte, war sie absichtlich äußerst zurückhaltend gewesen, um der sichtbaren Schwester nicht noch mehr Schwierigkeiten zu bereiten, aber hier, HIER, in dieser Herberge voller nicht-netter Menschen, in der sogar die Sklaven an die mörderischen Fähigkeiten der gequälten Verstorbenen glaubten, HIER würde sie sich lang und breit austoben können - war sie erst einmal dahintergestiegen, wie so etwas tatsächlich ablief.
    Langsam wieder gen Boden schwebend wechselte sie einen kurzen Blick mit Asny und verschränkte die nackten Arme vor der Brust. Allerdings war Dido Asnys Aufmerksamkeit recht bald wieder sicher, spätestens bei dem leidenschaftlichen Schwur, dass die achte Sklavengeneration der Flavier samt und sonders einschreiten würde, um die neue Sklavin mit allen verfügbaren Waffen zu verteidigen - sobald man die Obrigkeit so dumm war, sie ihr zurückzugeben. Trotzdem lächelte Asny sichtlich dankbar und erfreut, schließlich sollte man eine zukünftige Amazone wenn möglich nicht beleidigen. Und Dido schien recht sparsam mit ihrer Zuneigung umzugehen. Darüber hinaus sollte man sich mit der Spinnennetzmitte gut stellen, wenn man wollte, dass zuzüglich soviel als möglich der klebrigen Fadenumgebung sichtbar wurde. Auch deswegen ließ die weißblonde Sklavin das Thema 'Hannibal' nun ruhen. Sie hatte ihre im Grunde recht bedeutungslose Meinung dazu verlauten lassen, eine Antwort erhalten und für sich beschlossen, dass eine Fortführung gänzlich unfruchtbar wäre.


    Darum bemüht, kein lästiges Gewicht zu sein, das Didos kindlich-vergnügte Aktivitäten nur behinderte, lief sie mit ihrer kleinen Anführerin weiter in den Garten hinein und zu den Fischen hinüber, Asa wie gewohnt als eine nur von ihr sichtbare Begleitung quer durch die schüchtern blühende Landschaft preschend.
    Tarilutatata? grinste Asa zu ihrem Zwilling hinüber, während sie kurz innehielt und versuchte, mittels schwarzer Geistergedanken dem winterlich blühenden Lavendel eine schwarz verwelkte Ranke zu bescheren.
    Erzähl ihr mal von der Tari-Lari-Lan-Wüste, vielleicht kann sie unseren Rekord brechen. Sie erntete einen sehr zweifelnden Blick aus blassblauen Augen der verdeutlichte, dass Asny sich weitaus schönere Dinge vorstellen konnte, als einen neuen Rekord ausgerechnet auf diesem Gebiet. Die Tari-Lari-Lan-Wüste war eine Station in einer größer angelegten Abenteuergeschichte gewesen und hatte unter anderem dazu geführt, dass ihre sämtlichen Geschwister - lebend wie tot - tagelang bei allen möglichen und unmöglichen Gelegenheiten 'Tari-Lari-Lan!' gekräht hatten, gefolgt von einem rapide anschwellenden Gekicher, bis ihre Eltern es schließlich unter der Androhung von Essensentzug und lebenslanger Stadtverbannung verboten hatten. Dies war auch vorerst das Ende jener großangelegten Erzählung gewesen. Nun gut, der Held war auch eher zweifelhafter Natur gewesen, und die Götter - im Grunde erschien es im Nachhinein noch wie ein Wunder, dass sie noch niemals aus heiterem Himmel ein Blitz getroffen hatte.


    Schließlich erreichte man den nicht minder malerisch und zu träge-verträumter Stimmung einladenden Fischteich, in welchem Neptuns Kinder ihre Kreise zogen, ein wenig müder geworden durch die abgekühlte Wassertemperatur. Asny folgte Dido zum Rand des kleinen Gewässers und betrachtete die künstliche Wasserlandschaft eingehend. Die ruhige, wohlige Stimmung litt freilich ein wenig wenn man mitverfolgte, wie Asa unter johlendem Geschrei auf den Teich zuhielt, um sich anschließend mit einem gewaltigen Satz in die vollkommen unbeeindruckten Fluten zu stürzen, in denen sie wie ein Stein versank, ohne auch nur einen Fisch zu einem plötzlichen Zucken zu provozieren. Vermutlich recht unzufrieden auf die nicht vorhandene Reaktion ihrer Umwelt verharrte sie ein Weilchen auf dem dunklen, von allerlei glitschigem Pflanzenzeugs bewachsenen Grund und beobachtete die stromlinienförmigen, schwach glitzernden Fischleiber über ihr, die sich wie schwebende Schatten gegen die milchige Wintersonne abhoben.
    Ihre Schwester kniete sich neben Dido nieder, beobachtete die zitternden Kreise, die sich ausgehend von den kleinen Fingerspitzen auf der Wasseroberfläche bildeten, sowie die sich langsam nähernden Fische, welche unter sich zu klären schienen, ob das Ergebnis den Aufwand wohl rechtfertigte, einmal das runde, fleischlippige Maul über diese sich bewegenden Eindringlinge zu stülpen. Da die kleine Sklavin ihre Einführungszeremonie jedoch fortsetzte, lauschte Asny alsbald wieder aufmerksam auf deren Worte und versuchte, weiterhin ein wenig zwischen den Zeilen zu lesen. Es barg keine sonderlich große Überraschung, dass die werten Herren der Villa allesamt auf die ein oder andere Weise durch Didos weitmaschiges Netz sackten. Auch wenn sie zugab, diese gar nicht wirklich zu kennen. Selbstredend versuchte Asny sich dennoch wenigstens die Namen einzuprägen. Flavius Felix liebte also seine Rosen. Nun gut, die Rosenzüchtung und -pflege war mit Sicherheit kein einfaches Unterfangen und der blauäugigen Sklavin fiel ein, dass sich das Thema dieser grazilen Blume tatsächlich sowohl durch die Villa wie selbstredend ebenso durch den weitangelegten Garten gezogen hatte - abgesehen einmal von der Küche und den Kellergewölben. Doch da Flavius Felix gegenwärtig ohnehin nicht in der Villa weilte sondern auf... wo? Sadintium?
    Sardinia! drang es ungeduldig aus den wässrigen Tiefen des Teiches, die offenbar Asas wechselhaftes Interesse ein wenig länger zu fesseln verstanden.
    Da er also auf Sardinia weilte schob Asny jenen rechtmäßigen Besitzer der Villa erst einmal ein Stückchen zurück, nicht zuletzt, weil ihr neben Didos fröhlichem, informativem Geplauder nicht recht die Zeit für innere Dialoge blieb.


    Dass Flavius Gracchus eher seltsam-komisch denn lustig-komisch war, hätte inzwischen nicht mehr besonders erwähnt werden müssen, doch auch dazu wurde verständnisvoll genickt, während eine sanfte, von einem zarten Hauch Lavendel berührte Winterwindbrise Asnys Lächeln flüchtig verstärkte - vielleicht war es aber auch der Anblick ihrer Schwester, welche nun langsam wieder aus dem Fischteich empor schwebte, mit der Mimik und Gestik eines vor Jahrzehnten brutal ertränkten Rachegeistes. Didos Geplapper nahm jedoch einige verschachtelte Züge an, sodass Asnys inneres Auge einen perspektivischen Plan ausarbeiten musste, um die etwas verwirrenden Angaben formal darstellen zu können. Was nicht gerade durch den Umstand vereinfacht wurde, noch von keiner der beteiligten Personen ein passendes Bild einsetzen zu können. Flavius Gracchus besaß also eine gehobene Sprache und bevorzugte das Griechische - Einwurf: ausgezeichnet um die eigenen Kenntnisse zu vertiefen und zu ergänzen -, er war unheimlich, aber - Pfeil zu Serenus - Serenus' Lieblingsonkel, und weil von Dido bereits ein dicker Sympathiepfeil zu Serenus verlief, musste zwangsläufig auch Flavius Gracchus von der Seite des Unheimlich-Dunklen auf die Seite des Freundlich-Hellen überwechseln - trotz einiger Ecken und Kanten. Dass Sciurus der Leibsklave von Flavius Gracchus war, stellte eine wiederholt erwähnte Information dar, insofern kreiste Asny jenen Aspekt auf ihrer imaginären Tafel noch einmal besonders auffällig ein, zum Zeichen, dass der Grad der Wichtigkeit gestiegen war. Weshalb auch immer. Ein wenig was biss sich allerdings in dieser Übersicht. Weswegen war Flavius Gracchus' Leibsklave der Obersklave der Villa und nicht Flavius Felix'? Und wer war überhaupt Flavius Felix' Leibsklave?
    Das sind alles reiche Säcke, da brauchst du mit normaler Logik nicht zu kommen zischte Asa, die sich bei einer Welle von Informationen bevorzugt die herauspickte, die ihre Schwester trotz aller Sorgfalt eher übersah.
    Felix ist auch der mit dem geheimen Raum voller Brenneisen und Streckbänke. Aber ehrlich gesagt dröhnt mir so langsam mein durchsichtiger Schädel. Unter einem theatralischen Seufzer stützte sich das Geistermädchen mit den Ellbogen auf dem Uferrand ab und bewegte die Beine langsam hinter sich im Wasser - oder schuf zumindest diese Illusion.
    Wie dem auch war, Flavius Gracchus war einer deeeeeer wichtigsten Männer in ganz Rom, wenn nicht sogar der Welt und bekam dementsprechend in Asnys Übersicht symbolisch einen Lorbeerkranz über seinem Bildnis, das bislang noch Didos Interpretation dieses Unbekannten darstellte, wie bei fast allen übrigen Bildnissen ebenso.


    Offenbar war Dido in ihrem Geschnattere etwas mehr herausgerutscht, als sie zu sagen beabsichtigt hatte. Nach raschem Abwägen beschloss Asny jedoch trotz allem Interesse so zu tun, als hätten ihre Gedanken noch in tausend anderen Sphären geweilt, anstatt buchstabengenau den Ausführungen der Kleinen zu sorgen. Einen abwesenden Eindruck machte Asny ohnehin in der Regel und wenn ihre Begleitung sich wegen dieser Sache vornähme, in Zukunft besser auf das zu achten, was sie von sich gab, wäre dies eine überaus bedauernswerte künstliche Zurückhaltung.
    Also überging die neue Sklavin sowohl die Bemerkung über den künftigen Kaiser als auch Didos Schrecken, indem sie wie gewohnt sacht nickte und ihr verträumtes Augenmerk auf die ruhigen Wasser richtete.
    "Pontifex Maximus - hoffentlich begegne ich ihm nicht allzu bald, ich wüsste ja gar nicht, was ich sagen sollte", begann sie und blickte nur kurz zu Dido, um ihr leicht zuzuzwinkern.
    "Dann hoffe ich, dass die Geister der Villa Flavia gnädig zu ihm sind. So wie du ihn beschreibst, scheint er ihre Wut doch eigentlich nicht verdient zu haben. Wahrscheinlich fürchten sie sich eher vor ihm."
    Ich schlottere.
    "Ich möchte mich auch bei dir bedanken, dass du mich so tapfer verteidigen willst. Kann ich denn irgendetwas tun, damit du deine Waffen auch sicher morgen zurückbekommst? Nicht, dass der werte Lucanus es sich doch noch anders überlegt und du erst irgendeine Herausforderung überwinden musst, bevor er dir deine Waffen wiedergibt."
    Die freundlichste Unschuld in Person begann Asny eine ihrer langen, hellen Haarsträhnen um den Zeigefinger zu drehen, ehe sie ihr Bündel von den Knien neben sich ins Gras setzte und es geduldig zu öffnen begann.

    Guten Abend! :)


    Zugegeben, ich bin noch neu hier und habe die erste 'erlebte' Acta nicht mit früheren Ausgaben verglichen, aber ich fand sie sehr interessant und informativ und hatte viel Spaß, sie zu lesen. Ich habe sogar das Risiko auf mich genommen, dass mein Chef mir plötzlich auf die Schulter tippt und ich mir auf die Schnelle einen logischen Zusammenhang zwischen Rom-RPG und Internetrecherche hätte überlegen müssen - was sich aufgrund der eher zum Ende neigenden Woche als echte Herausforderung selbst für meine Kreativitär hätte erweisen können. Aber das gehört denke ich nicht hierher.
    Also ich für mich mit meinen Erwartungen kann jedenfalls behaupten, dass sie mir gefiel und dass ich es als nicht zu unterschätzende Großartigkeit empfinde, überhaupt die Realisierung eines solchen Projekts erlebt zu haben. Das sollte man denke ich bei aller (konstruktiven) Kritik nicht vergessen. Man könnte die persönliche Kritik ja auch ein wenig empfängerfreundlicher verpacken, also nicht nur betonen, was einem nicht so gefiel, sondern auch sagen, was man denn mochte... und die Kritik begründen, Verbesserungsvorschläge bringen, usw. Ist aber nur meine Meinung. Weil ich egoistischerweise noch mehr Actas lesen möchte. :D


    Also, bitte bitte weitermachen, großes Lob an den feuergetauften Chef und natürlich an alle Mitwirkenden.


    [Blockierte Grafik: http://i177.photobucket.com/albums/w220/Michikotennis/yociexp108.gif]


    Asny

    Langsam begann die feuchte Kühle auch nachhaltig über Asnys Haut zu kriechen, aber da sie wusste, dass die milde Wintersonne sie vermutlich recht bald wiederhaben würde, sah sie dieses Gefühl nicht als störend an. Das Klima gehörte zu den äußeren Einflüssen und äußere Einflüsse hatten es in der Regel schwer, die neue Sklavin nachhaltig zu beeindrucken. Dass Dido sie so rasch und endgültig auf ihre Seite hatte ziehen können bedeutete eine größere Überraschung, als der Kleinen vermutlich bewusst war. Sicherlich, Asny war eigentlich zu allen Menschen nett und freundlich, was jedoch nicht gleich hieß, dass diese und deren Schicksal sie groß interessierten. Oder dass es ihnen gelang, in ihrem recht abgeschirmten Inneren eine wichtige Rolle zu spielen, über die das weißblonde Mädchen noch Tage später nachgrübelte. Selbstredend konnten bei ihrem introvertierten Charakter solche Verhaltensweisen vorkommen, allerdings meist aus einem triftigen Grund. Momentan wollte sie ihre neue Freundin und deren Stellung und Bekanntschaften in der Villa besser kennenlernen und einordnen, wovon sie selbst aber auch schlussendlich profitieren würde. Asny war nett, aber keineswegs selbstlos und aufopfernd. Für so ein Verhalten hatte sie sich inzwischen selbst zu sehr von den Geschehnissen dort draußen abgegrenzt, und was einen Menschen nicht interessierte, dafür setzte er sich eben meist nicht ein.
    Dido interessierte sie, denn Dido erinnerte sie an ihre Schwestern. Und erst einmal war Dido auch ihre Verbindung zur Villa Flavia. Gut, Hannibal hatte sie ebenfalls kennengelernt und sie war ihm überaus dankbar für sein Können bei der Versteigerung, damit endete ihr Interesse an ihm allerdings schon wieder, wenn es nicht gerade um seine Verbindung zu Dido ging. Die Kleine war die Mitte des Spinnennetzes, wegen der man zwangsläufig auch die anderen klebrigen Fäden beachten musste, um diesen wichtigsten Punkt erreichen zu können. Natürlich war Asny bewusst, dass keineswegs Dido die Mitte dieses kleinen Imperiums namens Villa Flavia darstellte, um die sich alles drehte und nach der man sich zu orientieren hatte, doch bislang hielt sich wie vernommen ihr eigentlicher Herr seinem Zuhause fern und solange nahm Dido in Asnys Augen dessen Platz ein.


    Hast du wirklich vor, für diesen Aristides zu beten?
    Asas Augen verengten sich zweifelnd wie ungläubig, während Dido anscheinend ob der Erwähnung von Hannibal recht schmollig ihren Weg voraus fortsetzte. Schon zu Lebzeiten war die Schwester nicht gerade ehrfurchtsvoll mit den Namen und Besitztümern der Götter umgegangen und nun, nach ihrem Tode, hatte sich ihr Verhältnis zu Jupiter und seinen Kindern nicht im Geringsten gebessert. Ganz im Gegenteil. Nachher bemerkte noch einer der Herrschaften, dass so ein kleines Menschenkind sich geweigert hatte, in die Unterwelt zu fahren, eine Ungeheuerlichkeit, die dringend nachgeholt werden musste. Asa verspürte absolut keinen Ehrgeiz, sich Pluto in Bälde zu stellen, also hielt sie sich von allem fern, das auch nur irgendwie nach Göttlichkeit roch. Was wiederum bedeutete, dass sie Asnys Gebeten außerordentlich fern zu bleiben gedachte.
    Die wiederum zuckte nur knapp mit den Schultern, folgte langsam dem schwindenden Licht und bewegte mehr die Lippen, als dass tatsächlich ein Laut zu hören war:
    "Warum nicht? Die Frage ist nur, zu wem ich beten sollte..."
    Na, wenns unbedingt sein muss, dann wohl zu Mars! hatte ihr Zwilling recht zügig entschieden und verschränkte die Arme hinter dem Kopf, während sie neben ihrer Schwester durch den Gang spazierte.
    Er kämpft doch in Parrrrthia, wie Hannibal sagte - nicht 'Pattia', nebenbei bemerkt. Und damit er gut kämpft und anständig austeilt, betet man zu Mars! Aber ohne eine anständige Opferung sehe ich da ziemlich schwarz.
    Was den Ort des Kampfgeschehens betraf, so musste Asny ihrer Schwester still zustimmen, bei der Gottheit allerdings war sie sich weit weniger sicher.
    "Aber wäre Vesta nicht eher geeignet? Er soll schließlich gesund und sicher nach Hause zurückkehren. Und ich glaube nicht, dass es dem Kriegsgott in erster Linie um eine sichere Rückkehr der Krieger geht..."
    Die Götter juckt es so oder so nicht, was du wie inbrünstig von dir gibst! warf Asa ungeduldig ein und verdrehte die Augen demonstrativ gen Steindecke, ehe sie sich mit einem raschen Satz vor ihre Schwester begab und ihr rückwärts gleitend voranging.
    Ehrlich, glaubst du allen Ernstes, dass du als frischgemeißelte Sklavin mit deinem Gebet irgendwas erreichst bei einem Kerl, den du noch nicht mal gesehen hast, und der unglaublich weit weg ist?
    Asnys in den Schatten liegende Augen weiteten sich eine Winzigkeit, ehe sie gleichbleibend sanft antwortete:
    "Aber natürlich."
    Ihr Zwilling gab das Thema an dieser Stelle erst einmal auf, auch, weil Dido auf der Treppe, die nach oben führte, stehen geblieben war und offensichtlich aus welchen Gründen auch immer für sich entschlossen hatte, trotz Asnys scheinbar sehr taktlosen Bemerkung der Neuen gnädig eine zweite Chance einzuräumen. Die sichtbare Schwester lächelte dankbar und nickte ebenso, während sie ihrer Anführerin weiterhin vertrauensvoll folgte.


    Als das Licht des Tages sie wiederhatte, stieß Asa einen tiefen, trauernden Seufzer aus und drehte sich noch einmal mit bedauernder Miene Richtung der Kellergewölbe um, in denen sie es verpasst hatte, die Folterkammer besichtigen zu können. Asny blinzelte leicht der Helligkeit entgegen und blickte Dido hinterher, die ihr in diesen Licht- und Temperaturverhältnissen um einiges besser gefiel. Ganz abgesehen davon, dass sie tatsächlich auch die Gärten sehen wollte, etwas, das sie bislang nur in sehr kleinem Rahmen bei den früheren Herrschaften ihrer Eltern hatte betrachten können. Jetzt im Winter würde die Pflanzenvielfalt dort vermutlich etwas geringer ausfallen, doch sobald der Frühling wieder anbrach, würde sie von Beginn an Entwicklung und Erwachen der Blumen, Gewächse und anderer grün-bunter Gäste des Villengartens mitverfolgen dürfen, vorausgesetzt natürlich, man entließe sie ab und an in die gepflegten Weiten dieser Anlage. Doch warum sollte man ihr dies verweigern? Vielleicht setzte man sie sogar teilweise hier ein, als Hilfe der Gärtner. Ein weiterer Arbeitsplatz, den sie sich mehr als gut für sich vorstellen konnte. Noch mochten die meisten Pflanzen ruhen und Kräfte sammeln, doch sobald die an Macht gewinnende Sonne die schlafenden Triebe zu wecken begänne, gäbe es hier sicherlich mehr als genug zu tun.
    Asny hatte die offenstehende Tür zu den Grünanlagen freilich ordentlich hinter sich geschlossen und begrüßte die Rückkehr aus den Tiefen an die Oberfläche mit ihrem gewohnten Lächeln, ehe sie Dido folgte, die zugegeben ab und an wieder etwas schneller unterwegs war, als es den Bedürfnissen des Neuzugangs entsprach. Dennoch versuchte sie, so gut und schnell wie möglich zu folgen, ohne den weißen Kies aufzuwirbeln oder das Vogelgezwitscher durch laute Geräusche zu übertönen. Die Luft war selbst jetzt geschwängert von milden, zarten Düften, welche in einer wärmeren Jahreszeit sicherlich zu einem fast erdrückend schweren Bouquet anschwellen würden, das sich selbst zu übertreffen suchte. Die blassblauen Augen streiften ruhig über Knospen und zaghaft geöffnete Blüten, bis die kleine Sklavin vor ihr wieder ihre Aufmerksamkeit einforderte.


    Anscheinend jedoch weniger eine tatsächliche Antwort, wie Asny ebenfalls bemerkte, was ihr jedoch nichts ausmachte. Schweigen und Zuhören lag ihr im Grunde auch um einiges mehr als die Führung eines Gespräches. Asa kicherte vergnügt, sowohl bei der Erwähnung schmuckbehängter Fische, als auch aufgrund der 'blöden Herrschaften'. Die aufwendig verzierte Gestalt des Eros wiederum ließ sie abschätzend das Gesicht verziehen und ein Stück weiter vorauslaufen.
    Ihre Schwester indes blieb bei Dido stehen und deutete eine leichte Verneigung vor der kleinen, aber bekanntlich machtvollen Gottheit an, ehe ihr Blick zu dem kleinen blonden Mädchen zurückfand und es aufmerksam betrachtete. Deren Vermutung ob der grollenden Geister erwiderte sie mit einem leicht zur Seite Neigen den Kopfes, ehe sie sich wiederum einige im Sonnenlicht noch farbloser wirkende Haarsträhnen zurückstrich.
    "Es ist nicht ganz unmöglich. Aber ich glaube, dass die Menschen sehr oft auch selbst dafür verantwortlich sind, ob sich ein Fluch ihrer bemächtigt hat. Das sind dann keine Geister, sondern nur die Folgen ihrer Taten. Wenn die Flavier in ihrer Vergangenheit vieles verrichteten, was ungerecht oder grausam war, müssen sie damit rechnen, dass sich dies irgendwann einmal rächt."
    Asnys Stimme hatte wie so oft ruhig und sogar ein wenig abwesend geklungen, mächtige Überzeugungsarbeit war sicher etwas anderes, und auch ihr anschließendes, leichtes Lächeln folgte anscheinend einem ganz anderen, unbekannten Plan als dafür zu sorgen, dass man ihren Worten mehr Gewicht beimaß.
    Didos folgende Erklärung zu Hannibal und sich selbst nahm die weißblonde Sklavin ebenfalls in ihrer üblichen Art mit mildem Interesse und einem ebensolchen Lächeln entgegen, sodass man weder ihre Gedanken dazu zu deuten wusste, noch merkte ob sie erkannte, dass die Kleine dieses Geheimnis normalerweise nicht einfach so herumerzählte. Vorerst zog sie sich in Schweigen zurück, nickte jedoch zum Fischteich und hielt Dido ihre freie Hand hin, falls sie diese auf dem Weg zu dem kleinen Gewässer ergreifen wollte.
    "Gut, wenn du Hannibal nicht magst, respektiere ich das. Aber Zuchtlinie hin oder her und trotz der Meinung deiner Mutter, ohne ihn gäbe es dich nicht, und wie die Umstände auch aussehen mögen, ich bin sehr froh, dass es dich gibt." Irgendwo zwischen Ernsthaftigkeit und Leichtigkeit angesiedelt und auch deswegen nicht direkt und sicher einzuordnen teilte Asny leise ihre Ansichten mit und ergänzte noch gedämpfter, den Blick der Kleinen sanft erwidernd:
    "Oh, und ich werde dein Geheimnis sicher für dich bewahren, versprochen."

    Gemessen an Asnys sonstigem Wesen machte sie sich wohl kaum Gedanken oder gar Sorgen bezüglich der Wirkung einer Folterkammer auf sie selbst. Oftmals schien sie sich einfach zu weit fort von der Welt zu befinden, um auf die Geschehnisse, die sie umgaben, überhaupt auch nur eine kleine Reaktion zu zeigen. Sie fand nur einfach, womöglich nachvollziehbar, dass ein so kleines Mädchen wie Dido einen solchen Raum nicht öfters sehen sollte, als notwendig. Unschön genug, dass sie diesen offenbar jederzeit besichtigen konnte. Asa war zwar keineswegs entzückt, denn sie hätte dieses morbide Gemach schrecklich gerne zu Gesicht bekommen, aber ihre Schwester war nun einmal die Lebende und was sie sagte, wurde in der Regel auch gemacht. Die Verstorbene wollte sich schließlich nicht zu einem wahren Plagegeist entwickeln.
    Asnys teilweise etwas nachdenklich getrübtem Blick entging Didos blutrünstige Mimik in Bezug auf das quiekende Nagetier, und abgesehen davon wurden Ratten zumeist auch nicht sehr freundlich begrüßt, ganz gleich von wem. Und ein kalter, dunkler Gang, ein Kerker ohne Ratten? Irgendetwas würde ganz sicher fehlen.
    Die weißblonde Sklavin hielt inne, als das Mädchen sie korrigierte und nickte zunächst verständlich, im Folgenden wiederum ein wenig stärker lächelnd. Sollte sie Dido aufklären? Wenigstens was das ohne nähere Kenntnisse schwer zu deutende 'zusammensein' betraf? Was diesen, doch recht persönlichen Tratsch anging, sollte sie sich indes wahrscheinlich mit jener Bridhe selbst auseinandersetzen, die es möglicherweise auch gar nicht so toll fand, dass ihre Beziehungen Inhaltsteile einer kindlichen Einführung in den flavischen Haushalt darstellten. Doch wenn man der Kleinen nun erklärte, dass mit 'zusammensein' etwas anderes gemeint war als das beieinander stehen, würde sie mit ihrem neuen Wissen dann nicht gleich noch aufgeregter und 'informativer' durch die Villa laufen? Möglicherweise war es jedoch auch wahrscheinlicher, dass sie angeekelt das Gesicht verzog und nichts mehr von solcherlei dummem Zeug wissen wollte.


    Oha. Mit ihrem Einwand bezüglich der Folterkammer hatte sie ihre kleine Führerin ganz offenbar beleidigt. Oder, wie sich später herausstellte, doch eher herausgefordert? Asny folgte der Kleinen zum leerstehenden Carcer und hörte stumm, doch wie immer sacht interessiert die dazugehörige Geschichte an. Hier war also Severus gefangen gehalten worden? Jener Severus, der doch angeblich nicht bestraft würde, obwohl er alles mögliche machte? Über Didos blonden Schopf hinweg blickte die Sklavin ebenfalls durch die Gitterstäbe hindurch in den schmalen, dunklen Raum dahinter und musste zugeben, dass die Aussicht, hier eingeschlossen zu werden, keine schönen Gefühle weckte. Doch ihr Interesse war nach wie vor eher sachlicher als emotional aufgeladener Art, und so erschauderte sie weder, noch weiteten sich ihre Augen in Furcht vor dem, was ihr hier zustoßen könnte. In gewisser Weise musste sie zwangsläufig eine Enttäuschung für jeden leidenschaftlichen Fremdenführer sein, obwohl ihr dies gar nicht so bewusst wurde. Sie war ja interessiert, sich machte sich sogar recht viele Gedanken, nur hielt sie all jene fest und sicher in ihrem Kopf verwahrt, wo außer Asa niemand Zugriff hatte. Manch eine Frage lag ihr ebenfalls auf der Zunge, die sie auf einer mentalen Liste notierte, trotz der sie jedoch noch nicht den richtigen Zeitpunkt gekommen sah, sie tatsächlich zu stellen. Zu gerne lauschte sie auch Didos Geplaudere, wenngleich deren Thematiken sich anscheinend immer stärker der Umgebung anzupassen schienen. Und dass das Mädchen ihr mit ihrer gruseligen Art und der kindlichen Phantasie offenbar Angst einjagen wollte, merkte auch Asny, ohne dass ihre Schwester noch zusätzlich nachhakte. Was sie selbstverständlich trotzdem tat. Schließlich ging es auch um Geister.


    Sie macht das klasse! folgte dann auch sogleich, während sie das unheimliche Licht- und Schattenspiel beobachtete, das Didos kindliche Züge zu einer geheimnisvollen Fratze verzerrte. Vermutlich war die tote Schwester auch nur deswegen so begeistert, weil es gerade um Geister ging. Folgsam blickte sie sich anschließend auch um und lauschte, zuckte dann jedoch mit den Schultern.
    Hier bin nur ich. Wenigstens soweit ich sehen kann. Aber... aber Asny, nun versuch doch wenigstens, ein ängstliches Gesicht zu machen! Ziemlich ungehalten grummelte Asa ihren Zwilling an, die auch jene wirklich bühnenreife Demonstration in ihrer üblichen Haltung aufnahm und nur kurz den Blick von Dido fort und zur Seite zucken ließ, um das miesepetrige Geistergesicht zu sehen. Doch was sollte sie machen? Wüsste die Kleine um die Worte ihrer Eltern, würde sie von sich aus gar nicht erst versuchen, ihr mit der Unnormalheit der Villenbewohner Furcht einjagen zu wollen. Und Geister - sie lief seit fünf Jahren mit einem Geist durch die Gegend, wegen dem man sie schlussendlich in die Sklaverei verkauft hatte. Was peinigten sie da fremde Gruselgestalten aus einer Flaviervilla? Natürlich lauschte auch sie auf die fernen Kellergeräusche, was sie aber viel mehr interessierte, war die Beobachtung eines kleinen, fröstelnden Körpers vor ihr, was bei diesen Temperaturen und der feuchten Luft auch nicht überraschte. Dido sollte nicht so lange hier unten bleiben, auch wenn sie es ganz offensichtlich im gewissem Sinne genoss. Wie Asa nicht zuletzt ebenfalls, die überhaupt kein Verständnis für fröstelnde Kinder hatte und immer noch quengelte, die Folterkammer sehen zu wollen.
    Ihre Schwester hingegen räusperte sich nur leise, hielt jedoch in ihrem Ansatz inne, als die Kleine wiederum das Thema um 180 Grad wendete und es plötzlich wieder um etwas sehr viel Wichtigeres ging als Geister - Verwandte ausgenommen -, nämlich ihren neuen Herrn. Auf den sie als frischgebackene Sklavin natürlich irgendwie neugierig sein musste. Sogar ihre Augen weiteten sich eine Winzigkeit, für ihre Verhältnisse ein todsicheres Zeichen ihrer grenzenlosen Aufmerksamkeit. Didos Ansichten ihrem Herrn gegenüber riefen gemischte Gefühle in ihr hervor. Einmal war sie froh, dass sie noch eine gewisse 'Gnadenfrist' besaß, um ihre Eingewöhnungsphase angemessen fortsetzen zu können, andererseits war sie natürlich - für ihre Verhältnisse - begierig darauf, diesen Flavier kennen zulernen, der sie ohne sein Wissen ersteigert hatte. Didos doch recht negative Meinung klang nicht gerade ermutigend. Allerdings war es nicht leicht zu ergründen, wieso ihr Herr 'blöd' sein sollte. Wenn sie ihn jedoch nicht mochte, war das kein sonderlich gutes Zeichen. Dennoch...


    "Ich möchte nicht, dass er in Pattia stirbt", murmelte Asny nach einer kleinen Pause leise und eigentlich mit der üblichen Gleichmütigkeit und Freundlichkeit, wenn man davon absah, dass ihr Blick gerade nicht auf ihrer Begleiterin ruhte, diese anschließend aber zielsicher wiederfand.
    "Denk dir nur, vielleicht verkaufen sie mich dann wieder. Das fände ich sehr schade." Möglicherweise wollte sie Dido nur behutsam auf die Seite derjenigen ziehen, die sich wünschten, dass Marcus Flavius Aristides in einem Stück und auf eigenen Beinen in die Villa zurückkehrte, verfluchte, irre Flavier hin oder her. Dennoch zuckte sie schwach mit den Schultern und ihre blassblauen, im Schein der Laterne seltsam grünlich flackernden Augen hoben sich zur steinernen Decke, als könnte sie problemlos durch sie hindurch schauen.
    "Vielleicht sollte ich um seine sichere Rückkehr beten. Fünftausendfünfhundert Sesterzen sollten es doch eigentlich wert sein, dass man für ihn betet, oder?" Langsam glitt ihr Blick zurück zu Dido und ihr Lächeln verstärkte sich, als hätte sie innerlich noch etwas Amüsantes ergänzt. Asa bemerkte, dass es immer noch Momente gab, in denen selbst sie ihre Schwester nicht folgen konnte. Ihr verständnisloses Kopfschütteln hörte erst auf, als Asny auf ein für sie sehr delikates Thema zurückkam.
    "Und Dido, wegen der Geister. Ich glaube, Geister spuken nicht an Orten, sie verfolgen vielmehr bestimmte Menschen. Bleiben bei ihnen, schützen sie oder verfluchen sie. Und je nachdem, wie sensibel die verfolgte Person ist, umso deutlicher kann sie deren Anwesenheit wahrnehmen. Außerdem sind längst nicht alle Geister böse. Hass und Schmerz und Furcht sind natürlich sehr starke Gefühle, die eine Seele daran hindern können, in die Unterwelt zu gehen, aber Liebe und Sorge sind doch keine schwächeren Empfindungen. Ohje, ich hoffe, ich habe dir jetzt nicht den Spaß genommen..." Mit sacht zur Seite geneigtem Kopf tippte Asny sich gegen die Wange, als wolle sie sich selbst ein wenig tadeln für ihre sachlichen Erklärungen einem wundersamen Thema gegenüber.


    "Aber ich denke auch, dass Geister nicht seltener missverstanden werden, als Menschen. Hannibal, zum Beispiel, der auf deiner Liste ganz oben steht. Vielleicht ist er auf dem Markt nicht gegangen, weil er dich bösartig alleine lassen wollte, vielleicht ist er gegangen, um den anderen Mann am Mitbieten zu hindern und so zu sichern, dass ich zu dir komme. Vielleicht verdient er eher ein Dankeschön als Schläge. Oder, Herrin? Doch das überlasse ich natürlich deiner Weisheit."
    Anmutig deutete Asny eine Verneigung an, ehe sie, obwohl sie schon für ihre Verhältnisse unnatürlich viel gesprochen hatte, gleich noch die letzte Frage ihrer 'Herrin' aufgriff, während ihr Blick dem Gang folgte.
    "Nun, wenn ich die Folterkammer nicht sehe, malt meine Phantasie mir vielleicht viel schrecklichere Dinge aus, als es dort in Wirklichkeit gibt. Stattdessen würden mich wirklich die Gärten interessieren, wenn du so nett wärst, sie mir zu zeigen. Falls du aber Hunger hast, können wir auch gerne zuerst etwas essen. Ich möchte meine Herrin nicht von ihren üblichen Gewohnheiten abhalten."

    Im Nachhinein sollte sich Asny wohl glücklich schätzen, dass weder Dido noch Ilisia mitbekommen hatte, auf welche Weise sie ihr Essen mit der toten Zwillingsschwester geteilt hatte. In ihrem Zuhause jedenfalls hatte jedes Mal wieder eine wahre Grabesstimmung geherrscht, wenn die älteste Tochter gutes Essen verbrannte, und mochten es noch so kleine Portionen sein. Und eigentlich verlangte es eine Tote für gewöhnlich auch nicht andauernd nach einer Mahlzeit, doch Asa hatte beim Übertritt in die Schattenwelt diese Information entweder nicht mitbekommen oder stellte wieder einmal ihre eigenen, persönlichen Regeln auf, wie sie es bereits als Lebende getan hatte. Und nun bestand sie eben weiterhin auf angemessene Verköstigung, wann auch immer Asny selbst etwas aß. Im Grunde machte der das nichts aus, wäre da nur eben nicht die Umgebung mit ihren verengten Augen und den gerunzelten Stirnen.
    Die sichtbare Schwester jedenfalls brachte zwar etwas langsamer, doch aufgrund der geschrumpften Menge auch recht bald ihre kleine Zwischenmahlzeit hinter sich, säuberte ihre Finger aber an einem an der Wand hängenden Tuch, während man Asas Schmatzen beinahe lauter vernehmen konnte, als das ebenfalls recht kräftige Arbeitsgetöse der Culina. Doch Asny gefielen der arbeitsame Lärm, die Geräusche, die Gerüche, auch jene, die sich etwas strenger und schärfer unter die sonstigen Wohldüfte mischten. Natürlich würde sie an diesem Ort niemals schalten und walten können, wie sie wollte und immer unter strenger Aufsicht stehen, und dennoch... Ihre Brust hob und senkte sich unter einem tiefen, wenn auch stummen Seufzer. Sie achtete weit mehr auf die Geschäftigkeit der Küche als auf Ilisias Antworten, wenigstens, bis das laute Klatschen des Brotteiges sie wieder auf die achtbare ältere Frau aufmerksam machte. Dido jedoch strebte verständlicherweise wieder von ihr fort, ebenso wie Asa, der die Küche auf Dauer trotz der darin herrschenden Aufregung langweilig wurde.


    Achja, der Koch hatte sich ja ebenfalls recht weit oben auf der Peitschliste befunden. Davon ausgehend war der Blick der kleinen Sklavin auf ihren 'Feind' wohl nur zu verständlich. Asny hingegen betrachtete ihn mit dem gleichen milden Interesse, mit dem sie alle neuen Bekanntschaften erst einmal zu mustern pflegte und bei dem man nur raten konnte, was gerade in ihrem Kopf vor sich ging. Aber, unnetter Koch hin oder her - und nettes Verhalten ihr gegenüber war sie auch von deutlich näherstehenden Personen nicht mehr gewohnt -, auch nach Didos kritischer Nachfrage sah sie nach wie vor keinen Grund, die Arbeit in der Küche zu meiden. Schon lange hatte sie einmal die ein oder andere Rezeptur ausprobieren wollen und genau hier fanden sich alle sonst so weit entfernten Voraussetzungen dafür erfüllt. Man würde unter Umständen sogar von ihr verlangen, sie auszuprobieren... irgendwann, nach der Eingewöhnungsphase. Aber doch, ja, neben dem Wunsch, die großartigen, kunstvollen Statuen säubern zu können, stand die Küche doch auch schon recht weit oben auf Asnys Liste der Lieblingsarbeitsplätze. Und dabei hatte sie bislang kaum mehr als Gänge und Culina gesehen!
    Dann hatte der Koch sie auch schon entdeckt und wenigstens Dido hatte schnell entschieden, wie sie darauf reagieren sollten. Weglaufen war normalerweise zwar nicht Asnys Taktik, ganz im Gegenteil, aber sie musste notgedrungen in der Nähe ihrer Fremdenführerin bleiben, und so blieb ihr kaum Zeit für ein knappes "Entschuldige!" als sie sich auch schon umdrehen musste, um der jüngeren Sklavin hinterher zueilen und sie nicht aus den Augen zu verlieren. Einen guten ersten Eindruck hinterließ das freilich nicht, doch zu gegebener Zeit würde sie sich angemessen vorstellig machen. Mit diesem inneren Versprechen wieder im Einklang mit sich selbst wich Asny dem Küchenjungen aus, der sich nach dem Zusammenprall mit Dido aber ohnehin erst einmal wieder sammeln musste, und folgte dem Mädchen in die gutgefüllte Speisekammer, die Asa mit einem entzückten Schrei begrüßte und sich mehrmals schnell im Kreis drehte, um sich alles anzuschauen. Viel Zeit ließ Dido sich allerdings auch hier nicht und der neuen Sklavin stockte kurz das Herz als die Kleine um ein Haar den Rest der Treppe auf sehr schmerzvolle Art bewältigt hätte.
    Klasse Reflexe, die Kurze! johlte dagegen Asa, der diese halsbrecherische Flucht sichtlich Spaß machte. Hey, vielleicht ist sie meine Wiedergeburt... aber müsste ich das nicht wissen?


    Asny ließ ihre grübelnde Schwester ein Stückchen hinter sich und folgte der Kleinen in den nächsten Raum, sich allmählich wünschend, ihr Bündel in irgendeiner Ecke verborgen zu haben, bis diese aufregende Villabesichtigung ein Ende gefunden hatte. Kühl war es hier und der Blick der weißblonden Sklavin glitt über das in vielen verschiedenen Variationen hier gelagerte Fleisch, während sie Dido endlich wieder einholte. Hart spürte sie ihren beschleunigten Herzschlag an ihren Rippen und holte einmal tief Luft, was aber eher von dem Beinahe-Unfall der Kleinen herrührte, als von einem Ende ihrer Kondition. Doch die Flucht war augenscheinlich noch nicht beendet und Dido erklärte ihr auch stolz wie eifrig, wo diese weitergehen würde - was Asa erneut in Lobeshymnen ausbrechen ließ - als die sich zuspitzenden Umstände es auch schon erforderten, eben jene letzte Station eilig hinter sich zu bringen.
    Ich hoffe, du bist dir der Ehre bewusst, in so ein tolles Geheimnis eingeweiht zu werden! zischte Asa ihr zu, als sie beide fast gleichzeitig durch diese letzte Tür hasteten und ebenso einträchtig seufzten, als Dido den Schlüssel hinter ihnen umgedreht hatte und dieses süße Geräusch ihre Ohren erfüllte. Die tote Schwester bedauerte heftig und in blumigen Beschreibungen den Umstand, dass 'der Feind' nun von diesem tollen Geheimnis wusste, Asny indes sah mit jedem wütenden Wort des Kochs ihre Karriere in der Culina ein wenig weiter fortrücken. Doch derlei Sorgen machte sie sich in der Regel nur kurz und schon wenig später war sie sich wieder sehr sicher, auch eine Lösung für dieses Problem zu finden.


    Dann bekamen beide Schwestern Zeit und Gelegenheit, sich in ihrer neuen, deutlich andersartigen Umgebung umzuschauen, die Dido freundlicherweise auch gleich mit dem passenden Stimmenklang zu untermalen verstand. Asas Mund öffnete ich in abenteuerlustigem Staunen, während Asny den Kopf leicht nachdenklich und wie üblich mit mildem Interesse zur Seite neigte und ihre Augen durch die lauernden Schatten hindurch die Tiefen des Ganges erkunden ließ. Beide lauschten aufmerksam Didos wirklich fachmännisch klingenden Beschreibungen, während ihre Gedanken allerdings mit Sicherheit völlig unterschiedliche Wege einschlugen.
    Asny fand, dass sich Didos Erklärungen ziemlich gut mit dem schnitten, was man sich allgemein über die Flavier und die Gewölbe unter deren Villa erzählte. So schwer es allerdings war, die neue Sklavin zu einem herzhaften Lachen oder zu einem wütenden Gebrüll zu reizen, so schwierig war es ebenfalls, sie zu einer angsterfüllten Reaktion zu verführen. Zwar war es mehr eine tiefgehende Gleichmütigkeit gepaart mit der Sicherheit durch die Anwesenheit ihrer Schwester, als wirkliche Kaltblütigkeit und Furchtlosigkeit, aber das Ergebnis blieb zunächst dasselbe. Nämlich gar keines. Die Aussicht auf Streckbänke und Brenneisen empfing Asny ebenso wie die Wurstspende zuvor. Leidlich interessiert, sacht lächelnd und in erster Linie ruhig und gelassen. Obgleich die Beschreibung der 'dummen Sklaven' ihr Lächeln ein wenig verstärkte. Wenn man das Mädchen so reden hörte, mochte man annehmen, dass sie selbst eher zu den Herrschaften denn den Dienenden gehörte. Nun, Asny hatte eigentlich nicht vor, zu fliehen und auch gewiss nicht zu rebellieren, ganz einfach weil es ihr persönlich recht wenig bringen würde. Wo sollte sie auch hin? Am Ehesten würde sie erneut den Sklavenhändler als Ziel wählen, der hatte sich wenigstens gefreut, sie zu sehen. Ansonsten waren ihre Möglichkeiten ziemlich eingegrenzt. Wenn diese Einstellung für einen nützlichen Sklaven sprach - nun gut.


    Dann begann die Kleine über einige wirklich wichtigen Personen des Haushaltes zu sprechen und ihre Zuhörerin hätte sich an dieser Stelle tatsächlich gerne Notizen gemacht, aber ihr Gedächtnis würde vorerst ausreichen müssen.
    Kein Minotaurus?? Asa war ehrlich enttäuscht, nicht nur, weil sie zweihundert imaginäre Sesterzen verlor, sondern weil sie das - bislang nur aus einem Gang bestehende - Labyrinth hier unten im Geheimen bereits zum Wohnort dieses Sciurus erklärt hatte. Dass es sich da nur um einen blonden, blauäugigen Sklaven handeln sollte, deprimierte sie zutiefst, Obersklave hin oder her. Asny hingegen betrachtete interessiert die folgenden Beschreibungen und Präsentationen jener wichtigsten Sklaven des Hauses und versuchte, sich alles weitesgehend einzuprägen. Zwar wusste sie immer noch nicht recht, worin sie nun eigentlich nicht faul sein sollte, davon abgesehen, dass sie 'faul' gerne ein wenig näher definiert hätte, dennoch glaubte sie gegen Ende, sich ein ganz brauchbares Bild von diesen Sklaven gebildet zu haben. Dido war allerdings wie gewohnt ein wenig schneller als ihre lebende Begleitung und hatte bereits die Frage nach der nächsten Station gestellt, während Asny noch bei dem vorherigen Thema weilte und innerlich wiederholte, wie sie es von ihren Unterrichtsstunden gewohnt war, die in den letzten Jahren rapide zugenommen hatten, weil sie dafür praktischerweise das Haus verlassen und sich zu den früheren Herrschaften ihrer Eltern begeben musste, sprich wohltuend aus den elterlichen Augen verschwand. Und da mündliche Wiederholungen dort fester Bestandteil der Lehreinheiten gewesen waren, hatte sie sich dies so angewöhnt.
    "Verzeih, Herrin, ich will nur rasch all diese wichtigen Informationen noch einmal wiederholen, damit ich sie auch nicht vergesse."
    Sie lächelte entschuldigend, räusperte sich dann leise und fuhr fort:
    "Sciurus ist..."
    ...die größte Enttäuschung dieses Tages.
    "... der Leibsklave von Flavius Gracchus und der Obersklave des Hauses. Wenn ich nicht auf ihn höre oder faul bin werde ich aller Wahrscheinlichkeit nach unglücklich werden."
    Er wäre wohl der Erste, dem das gelänge. Begegne ihm einfach nicht, ja?
    "Ich darf ihn nicht mit dem Germanen Severus verwechseln, der ihm zwar ähnlich sieht, aber einen ganz anderen Charakter besitzt." Sie zögerte kurz nachdenklich, während ihr Blick sich etwas über Didos Kopf hinaus hob und leicht trübte.
    "Sciurus geht... hm..."
    Aaaasny, die Folterkammer... du denkst zuviel, das hab ich schon immer gesagt!
    Die blassblauen Augen senkten sich langsam zurück auf die ozeanfarbenen des Mädchens, schienen sie jedoch nur langsam wieder richtig zu fokussieren und überhaupt wahrzunehmen. Deutlich abwesender fuhr die neue Sklavin leise fort:
    "Bridhe und Straton dienen beide Flavius Aquilius, Straton ist sein Leibsklave und hat Probleme im Haus, obwohl er gute Arbeit leistet, und er war einmal mit Bridhe zusammen, die meistens fröhlich ist."
    Asny schien langsam aus ihrer Träumerei wenn man es so nennen wollte zu erwachen, nicht zuletzt aufgrund der Unruhe ihrer Schwester. Ihr Lächeln fand rasch wieder den gewohnten Platz auf ihren Lippen.
    "Ich würde gerne soviel wie möglich sehen... aber verliert die Folterkammer nicht einen Teil ihrer abschreckenden Wirkung wenn ich sie schon kenne?"