Beiträge von Asny

    Es war nicht gerade eine brillante, strategische Taktik gewesen, die Asny mit ihrem begonnenen Spiel verfolgte, doch es wäre ebenfalls nicht korrekt zu behaupten, dass sie nicht den ein oder anderen Hintergedanken dabei gehabt hatte, Dido zu ihrer temporären Herrin zu ernennen und damit womöglich mehr sowohl über das Mädchen als auch ihre neue Heimat herauszufinden, Dingen, denen sie ansonsten gar nicht oder nur sehr langsam begegnet wäre. Dass sie sich die Villa Flavia von einem Kind zeigen lassen musste, empfand sie ebenfalls ganz und gar nicht als Nachteil. Die Sichtweise der kleinen Sklavin mochte vielleicht einen etwas anderen Winkel besitzen, von ihrem Naturell ausgehend würde sie jedoch auch kein Blatt vor den Mund nehmen und unter Umständen Dinge laut aussprechen, die andere, ältere Sklaven vielleicht nicht einmal mehr zu denken wagten. Dass sie Dido damit zusätzlich noch eine Freude machte war ein willkommener Nebeneffekt. Und dass es ihr Freude machte, wurde so überdeutlich, dass Asny für den irrwitzigen Bruchteil eines Herzschlages glaubte, eine kleine heranwachsende Tyrannin vor sich zu haben. Was natürlich absurd war. Dido wollte schließlich Amazone werden.
    Doch wenn man in so jungen Jahren bereits im Sklavenstand aufwachte, dachte man sicherlich schon früh daran, was man denn tun würde, wären die Rollen einmal vertauscht und man selbst im Besitz der Macht. Zudem war vermutlich einfach nur die Akustik des Atriums schuld an dem Bild, das die Kleine wirklich nur ganz kurz offenbart hatte.
    Die nordische Sklavin jedenfalls fühlte sich bereit, all jenem, was nun folgen würde, gegenüberzutreten und versuchte, trotz der zuckenden Mundwinkel einen ergebenen Eindruck zu machen. Womöglich wäre es ohnehin nicht verkehrt, dies rechtzeitig zu üben, schon manches Mal hatte sie sich den Vorwurf anhören müssen, überheblich und arrogant zu wirken, wenn sie immer nur dieses leichte, abwesende Lächeln mit sich herumtrug. Nicht, dass sie es deswegen eingestellt hätte.


    Kurzerhand legte Asny ihre Habseligkeiten nieder als sie merkte, dass Dido ganz offensichtlich an einer längeren Liste zu arbeiten begann, gefüllt mit Leuten, die ihrer bescheidenen Meinung nach ein bisschen Schmerz verdient hätten. Nun also bewaffnet mit einer unsichtbaren Schreibtafel und einem ebenso wenig sichtbaren Griffel begann die weißblonde Ausnahmesklavin einer Sklavin, sich imaginäre Notizen zu machen. Schon bei Hannibal merkte sie allerdings, dass Dido auf kurze Sicht recht nachtragend sein konnte und wohl tatsächlich noch einiges kommen würde, wenn sogar ein vergleichsweise friedlicher Hannibal es gleich auf Platz 1 der Peitschenliste schaffte. Zudem für einen Vorfall, den man mit ein wenig gutem Willen auch deutlich positiver auslegen konnte, vielleicht hatte er sich nur deswegen von dem Mädchen fort und zu jenem wankelmütigen Gesellen hin bewegt, um diesem das Mitbieten auszureden. Möglicherweise sollte sie Dido beizeiten einmal diese Ansicht schmackhaft machen, damit sie sich nicht verraten und verkauft vorkam.
    Doch die Liste wurde zügig fortgesetzt und Asny glaubte zu ahnen, dass der junge, provozierende Frechdachs auf dem Markt auf den hübschen Namen Lars hörte, wer sonst würde einen solchen Spitzenplatz auf Didos persönlicher Feindesliste erringen? Die Animositäten schienen sich immer weiter auszubreiten und ihre weiten Kreise von Dido als Mittelpunkt fortzuziehen. Beim Koch war also auch Vorsicht geboten. Und offensichtlich gab die Kleine eine Menge auf ihren Herrn, wenn seiner Ehre doch schon auf Platz vier Gerechtigkeit wiederfuhr. Dann, nach den speziellen Treffern, folgte offenbar die flächendeckende Bestrafung. Sklavinnen die kichern und nicht arbeiten wollen... soso. Entweder war das Mädchen sehr besorgt um die Führung des ordentlicher Flavierhaushaltes, oder sie fühlte sich unter ihresgleichen nicht sehr gut aufgehoben. Da sie mit ausgerechnet dieser letzten Gruppe gewiss eine Unterkunft teilte, würde sie es dort unter diesen Voraussetzungen aber nicht gerade einfach haben.
    "Herrin, ich fürchte, wir werden nach der Bestrafung all dieser Aufsässigen über die Anschaffung einer neuen Peitsche nachdenken müssen...", warf die gebürtige Römerin ein, mit einem gespielt kritischen Blick auf die imaginäre Liste, einen Hauch des typischen sanftmütigen Lächelns dabei aber nach wie vor beibehaltend. Mit leicht schräg gelegtem Kopf glitt ihr Blick von ihrer leeren, geöffneten Handfläche fort und zu der Kleinen zurück, die sie im üblichen kindlichen Übermut aufforderte, ihr zu folgen. Brav nickte sie, verstaute ihre unsichtbaren Schreibutensilien zügig in ihrem Bündel und folgte ihrer Herrin auf Zeit deren Geschwindigkeit angepasst durch illustren Gänge und Hallen des großzügig angelegten Gebäudes.


    Nun, genauer gesagt folgte sie Dido und einer nicht minder aufgekratzten Asa, die mal hierhin, mal dorthin eilte, Statuen berührte, Masken die Zunge rausstreckte und alles in sich aufnahm, geradezu atmete, das sie auch nur mit ihrem Blick zu berühren vermochte. Ihre Erkundungsreise war durchwirkt von aufgeregten Asny, schau mal hier!, grübelnden Was bei Plutos schwarzen Zähnen soll DAS denn sein?! und kichernden Was man hier alles machen könnte! Und es steht völlig leer! Auf dem Boden kann man klasse schlittern, pass auf!. Asny selbst hatte aufgrund der von Dido gewählten Geschwindigkeit nicht die Zeit, alles mit der Ruhe und Muße zu betrachten, die sie bei neuen Dingen unter anderen Umständen an den Tag zu legen pflegte, doch wenn Asa etwas sah, das auch nur annähernd interessant oder wichtig erschien, machte sie auch so lautstark darauf aufmerksam. Die für die anderen Menschen unsichtbare Schwester zeichnete mit ausgestreckten Fingern gerade eine filigrane Wandtaube nach, die sicherlich wie lebendig wirkte, wenn man ein Auge zukniff, leicht den Kopf schüttelte und genügend Wein getrunken hatte, als Dido innehielt und auf Asny wartete, deren Blick sich förmlich an ihrer Umgebung festsaugte und sie anflehte, doch länger zu verweilen und sich dies alles gründlich anzuschauen. Sowohl sie als auch Asa beugten sich dann jedoch nebeneinander zu der Kleinen, beziehungsweise zu deren versteckter Zeichnung hinab. Asa gab ein ziemlich dreckiges Kichern von sich, das auch nicht durch den Umstand, von einer Toten ausgestoßen zu werden, an Charme gewann. Ihre Schwester musterte das Kunstwerk fast andächtig, schon diesen Unbekannten mit dem Namen 'Serenus' im Geiste auf die Seite der 'Guten' verschiebend, und nickte schließlich anerkennend.
    "Ich finde, diese Art der Zeichnung ist eine Kunst für sich. Ich bleibe immer gerne an den Häuserwänden der Stadt stehen um sie zu studieren..." begann sie mit leiser Stimme, bemerkte dann aber, dass ihre Begleitung einem flatterhaften Winde gleich schon wieder davoneilte, um sie zum aaaaaalllerwichtigsten Raum in der Villa zu führen. Nun ja, den sollte man sich wohl nicht entgehen lassen.


    Asnyyyy, du bist immer zu langsam! trieb ihre Schwester sie in einer Mischung aus Ungeduld und Neugier an, auch sie war offensichtlich angesteckt worden von der Aussicht, jenen aaaaaalllerwichtigsten Raum in der Villa besuchen zu können und überholte sogar schon Dido, nur um zu merken, dass sie die falsche Richtung eingeschlagen hatte und letztendlich wieder ein ordentliches Stück Gang zurücklaufen musste, was sie jedoch nicht zu stören schien. Und ja, Asny war beim Anblick der prächtigen Statuen und Figuren tatsächlich ein wenig langsamer geworden, fand sich eingefangen in deren faszinierender Gestaltung wieder und setzte schon an zu fragen, ob man nicht eine kurze Pause einlegen könnte - doch Asa schob sie energisch voran und so beschränkte sie sich seufzend auf die Aussicht einer späteren, intensiveren Inspektion dieser Kunstwerke.
    Die Türen hingegen hätte Asa verdammt gerne aufgestoßen, und sei es nur, um kurz die Stupsnase in den Raum dahinter zu stecken, und sie anschließend mit Karacho wieder zuzuwerfen, sodass der folgende Knall noch in den Gärten die Vögel von den Teichen verscheuchte.
    Schließlich erreichten sie den 'interessanteren' Teil der Villa, welcher zwar zu Asnys stillem Unmut durch weniger Kunst hervorstach, dafür aber entschieden besser bevölkert war. Im Slalom um diverse lebende und tote Hindernisse herumlaufend eilte die Sklavin ihrer kleinen Freundin hinterher, bis sich jener aaaaaalllerwichtigste Raum in der Villa endlich vor ihnen öffnete. Die Culina also. Nun, alles andere wäre wohl eher wunderlich gewesen. Die blassblauen Augen weiteten sich angemessen und eine Hand fuhr langsam durch weißblonde Haarsträhnen, um sie ordentlich hinter die schmalen Schultern zurückzustreichen.
    Boah, ich hab' noch niemals 'ne so riesige Küche gesehen... staunte Asa und blieb sogar einige Herzschläge lang ehrfürchtig in der Tür stehen, ehe sie auch schon vorstürmte, um alles zu untersuchen und sich weder am Mobiliar, noch an den Menschen zu stören.
    Und wie das riiiiiecht....
    Asny nickte sacht, entweder zu Didos Präsentation oder zu Asas Kommentar, und trat sehr viel bedächtigeren Schrittes vor. Hier zu arbeiten, zu kochen und zu backen, wild und ohne sparsam sein zu müssen alle Zutaten ausprobieren zu dürfen... ein Traum würde wahr. Ihre Augen leuchteten geradezu, angefacht auch durch das sich darin spiegelnde Ofenfeuer. Sie vernahm die geflüsterte Mitteilung, dass man sich hier ab und an etwas Essen holen könnte, und fand die Vorstellung der Zubereitung nach wie vor weitaus verführerischer.


    Dann folgte sie Dido in ähnlicher unauffälliger Weise tiefer hinein in den aufgeheizten, bevölkerten Raum und das darin wohnende Gemisch aller möglicher Düfte und Gerüche. Asa pustete die Gänsefeder, welche zuvor im Ofen verbrannt war, spielerisch vor sich hin und drehte dem Koch eine lange Nase, was dieser jedoch vermutlich erst nach seinem Tod herausfinden würde. Beide musterten anschließend die freundlich wirkende, ältere Frau, deren erklärter Liebling mit Sicherheit Dido hieß und dem sie immer heimlich etwas zuschob. Dido konnte schließlich so furchtbar süß sein, dass die Stimme wie unter Zwang höher gelegene Töne wählte, wenn man mit oder über sie sprach, allerdings wohl nur, wenn sie gerade keine Zwille mit sich herumschleppte. Asny als die Sichtbare lächelte der Bäckerin freundlich zu und deutete wiederum eine leichte Verneigung an, ehe ihre hellen Augen sich auf dem Brotteig auszuruhen schienen, den die ältere Frau bis eben noch durchgeknetet hatte. Wie irgendwie nicht anders zu erwarten fragte Dido nach etwas Essbarem woraufhin Asa ihr anerkennend auf den Rücken klopfte, oder diese Geste wenigstens andeutete. Ilisia wanderte ebenfalls auf die Seite der Guten und mit einem sanften
    "Vielen Dank!" nahm Asny das Wurststück entgegen. Wann hatte sie eigentlich zuletzt etwas gegessen? An diesem Tag zumindest noch nicht, soweit sie und ihr leerer Magen sich erinnern konnten. Dennoch war ihr erster Biss in das unerwartete Essen ein kleiner, eher zurückhaltender, während ihr Blick unaufdringlich auf Ilisia ruhte und sie deren Worten sowie dem Akzent/Sprachfehler/besonderen Klang ihrer Stimme lauschte. Um Asas Flehen ein Ende zu bereiten, teilte sie ihr Stück Wurst jedoch alsbald, um die bislang unangebissene Hälfte in den nächstliegenden Ofen zu werfen, und ihn somit einer begeisterten toten Zwillingsschwester zuzuführen, die sich heißhungrig darüber hermachte. Was sie selbstverständlich nicht daran hinderte, mit vollem Mund kauend und schmatzend zu sprechen.


    Disch'n Schkiurusch... langscham wert' isch neugierisch auf ten...
    Sie schluckte und warf vor dem nächsten Bissen deutlich verständlicher ein:
    200 Sesterzen, das ist ein Minotaurus. Oder eine Chimära. Zwei unabhängige Warnungen innerhalb so kurzer Zeit... das MUSS ein Monster sein. *haps*
    Gedankenverloren kaute Asny auf ihrer übrigen Wurst herum, dabei wohl eher über Asas Worte nachdenkend, als darüber, dass ein Geist tatsächlich 'hapsen' konnte. So schlimm sollte dieser Mann umgekehrt wohl auch nicht sein, schließlich war er nicht auf Didos Peitschenliste aufgetaucht, also entweder respektierte sie ihn irgendwie, oder sie fürchtete ihn so sehr, dass sie nicht einmal wagte, sich vorzustellen, Rache an ihm zu verüben. Und wer war 'S'ca'? Asas stets aufmerksame Ohren wussten Rat.
    Frau Pferdezahn verschluckt gerne 'i's. Anzunehmen, dass so ein 'i' auch hier fehlt. Dann hieße es richtig: 'Sica'. Und wer ist 'Sica'?
    Damit war dann wiederum auch Asny überfragt und so zuckte sie nur leicht mit den Schultern, über die innere Zwiesprache mit ihrer Schwester anscheinend wieder einmal vergessend, dass auch noch Lebende anwesend waren.
    Nein, wie schlau, sie warnen dich vor Namen. Und sollst du jetzt jeden Hansel, der dir entgegenkommt fragen, ob er zufällig Sciurus oder Sica heißt, weil du dich dann unter Umständen vor ihm in acht nehmen sollst? Hm, käme dir ein Minotaurus entgegen, wäre die Sache natürlich um einiges leichter...
    Asa verschlang kichernd den letzten Rest Wurst und ihre Schwester fand nun auch endlich in die realen Welt zurück.
    "Danke für den Rat, ich werde mein Bestes geben um so brav zu sein, wie Dido. Obwohl es natürlich nicht einfach sein wird, diese hohe Zielmarke zu erreichen..."
    Ein kurzer Seitenblick in Richtung der kleinen Sklavin folgte, in welchem sich ein wissendes Funkeln spiegelte, auf das sie jedoch ansonsten nicht weiter einging. Stattdessen wanderte ihr Blick beinahe gefesselt durch die geräumige Küche. In die Stimme der neuen Sklavin legte sich ein fast sehnsüchtig ehrfurchtsvoller Klang.
    "Diese Culina ist großartig... ich weiß noch nicht, welche Aufgaben ich in der Villa bekommen werde, aber ich hätte nichts dagegen, wenn man mich hier arbeiten ließe... Ilisia, du hast wirklich Glück..."

    Aus den Augenwinkeln heraus und so unauffällig wie möglich hatte Asny beobachtet, wie Dido zwar endlich aus dem unerbittlichen Griff ihres Züchtigers entlassen wurde, dieser jedoch noch ihre Habseligkeiten vom Boden einsammelte, die sie bei dem Geschüttele anscheinend verloren hatte. Ihre kleine, aber sehr effektive Waffe sowie die Munition würden nun womöglich den Weg alles Irdischen gehen, außer natürlich, dieser junge Mann neigte zwar zur Impulsivität, ließ seinen Zorn aber auch rasch verrauchen und gäbe der Kleinen ihre Besitztümer nach einer gewissen Strafe oder Zeitspanne zurück, in der Hoffnung, dass diese aus der Sache etwas gelernt hätte. Doch wenn Dido nur in Ansätzen Charakterzüge von Asa besaß, wüsste deren Zwillingsschwester bereits, dass derartige Maßregelungen eine durch und durch vergebliche Liebesmüh darstellten. Wenigstens hatte er sie aber nicht öffentlich geschlagen und Asa würde nicht seine Hand frühstücken müssen.


    Pflichtbewusst und auch neugierig, sowie beruhigt über den scheinbar glimpflichen Ausgang mit Dido wandte sich Asnys verträumter Blick nun wieder Hannibal zu, der sich gerade mit ihrem Namen beschäftigte. Knapp schüttelte sie den Kopf bei seiner Frage. Nein, ihr Name war nicht Germanisch, weswegen auch?
    "Nein, ich entstamme nicht dem Germanenvolk", warf sie deswegen mit ihrem üblichen, leichten Lächeln ein, während Asa scharf ergänzte:
    Hält Alter Mann Hannibal alle blonden und blauäugigen Menschen für Germanen?
    Obwohl sie ihrer Schwester für gewöhnlich immer alle notwendige Aufmerksamkeit schenkte, so interessierte sie sich doch auch sehr für die Information, die ihr Käufer nun bekannt gab, nämlich die ihres neuen Herrn. Ihre Augen zeugten von schwacher Verwunderung als Hannibal betonte, ein Sklave wie sie selbst zu sein. Auch unter Sklaven gab es Unterschiede und vom bisherigen Verhalten des jungen Mannes ausgehend genoss dieser mit Sicherheit mehr Vertrauen und Freiheiten als sie, die gerade erst gekauft worden war. Asny bezweifelte jedenfalls, dass man sie so bald mit fünftausend Sesterzen auf den Markt schicken würde. Aber die ließ keinen Einwand verlauten, sondern konzentrierte sich stattdessen nun endlich auf den Namen ihres Herrn. Ah, ein Flavier.
    Sind das nicht die, die ihren Sklaven bei jedem Fehler einen Zeh abhacken, und ihn ihren großen, menschenfressenden Hunden zum Fressen hinwerfen? Und die diese riesige, stinkende, mit dem Blut ihrer Sklaven überzogene Folterkammer in ihren Gewölben beherbergen? Mann, haben wir ein Glück!
    Asny dankte ihrer Schwester innerlich für diese bunten Informationen und musste zugeben, dass sie ähnliche Gerüchte gehört hatte. Kurz sank ihr Blick daraufhin auch zu Hannibals Füßen, an denen jedoch alle Zehen in vollständiger Anzahl vorhanden zu sein schienen, was bei dem Eindruck, welcher der junge Mann bislang gemacht hatte, auch nicht verwunderte.


    Die nun wieder hinzukommende Dido wurde ebenfalls einer derartigen, unauffälligen Inspektion unterzogen, doch, nun wirklich überraschend, auch hier waren die kleinen wackelnden Gesellen komplett. Also entweder, dieses Gerücht war wirklich nichts weiter als ein Gerücht, oder es wurden doch nicht alle Sklaven mit dem Hackebeil erzogen.
    Asnys Lächeln verstärkte sich freudig über den Anblick Didos und ihrer zehn Zehen, ehe sie schweigsam die Unterhaltung zwischen den beiden Sklaven mitverfolgte. Asa und sie waren sich auch recht schnell einig, dass die Kleine gerade ganz herzerfrischend log, was die schon verblichene Schwester gar mit einem Anflug von Stolz registrierte und auch von der lebenden außer mit einem kurzen Aufblitzen im blassen Blau ihrer Augen unkommentiert belassen wurde. Das Verhalten von kleinen Mädchen hatte sie in den letzten Jahren in ausreichendem Maße studieren können, um ein Gespür für Flunkereien zu bekommen, abgesehen davon, dass Lucanus, wie sie nun erfuhr, dass der Mann hieß, doch recht aufgebracht gewesen war für ein plötzliches Nettsein. Hannibals Zweifel waren zwar ebenfalls nicht zu übersehen, doch schien er diese Angelegenheit erst einmal ruhen lassen zu wollen.
    Aber Didos Themenwechsel hätte wohl sogar eine durchgehende Elefantenherde zu einem hastigen Richtungswechsel verleitet. Ihre Begeisterung wirkte mitreißend und Asny selbst freute sich sicherlich nicht weniger, obwohl sie dies deutlich zurückhaltender und sanfter zeigte. Ob die Gerüchte und Spekulationen um die Flavier der Wahrheit entsprachen, würde sie nun wohl aus nächster Nähe herausfinden können.
    Sie ergriff behutsam Didos kleine Hand, um sie im Gedränge des Marktes nicht zu verlieren, während sie Hannibal zur Villa Flavia folgten.

    Wie sich die Richtung, in die sie den Sklavenmarkt verließ, von der unterschied, aus der sie ihn betreten hatte. Selbst das Wetter schien in diesem Teil Roms ein anderes zu sein, reflektierten die weißen, edlen Häuser und Villen doch auch noch den schwächsten Sonnenstrahl und belohnten ihn mit einem besonderen Glanz, welchen er in den ärmeren Vierteln wohl niemals gefunden hätte. Insofern war es nicht verwunderlich, dass sich die Schönheit hier noch stärker ballte, wo sie ohnehin schon lebte und fürsorglich gepflegt wurde. Alles schien perfekt, wie aus einem lebenstrunkenen Vers gestohlen und in die Wirklichkeit gepflanzt. Asny fühlte sich wie in eine andere Stadt versetzt, obwohl sie ab und an Botengänge auch in dieses noble Viertel hatte unternehmen dürfen. Doch solch wohlhabende Kunden ihres Vaters waren selten gewesen und selbst seine ehemaligen Herrschaften hatten im Vergleich zu dieser Herrlichkeit in eher bescheidenen Verhältnissen gelebt.
    Ebenso still, wie die Luft nach dem Tumult des Marktes nun erfüllt war, hatte die neue Sklavin der Villa Flavia sich auf dem Weg zu ihrer neuen Arbeitsstätte betragen, die Eindrücke mit wachen Sinnen aufsammelnd und dabei wie so oft nichts ihrer innerlichen Dialoge nach außen hin tragend. Doch ihre Augen waren aufmerksamer, als es den Anschein hatte und ihr entging wenig der Dinge, die sich um sie herum abspielten und zu denen sie sich die Gedanken machte, die Asa nicht bevölkerte.


    Dazu ging sie gerade und aufrecht, obwohl ihr Bündel sich mit der Zeit deutlich schwerer anfühlen musste. Es war eine eigentlich unmögliche Aura aus Würde, Eleganz, aber auch Passivität, die sie umgab, und mit welcher sie sich offenbar dem neuen Verlauf ihres Lebens zu stellen gedachte. Obgleich es fraglich war, ob sie sich tatsächlich Gedanken zu ihrer Wirkung auf andere machte. Würde sie tatsächlich zur Konformität tendieren und sich allem widerstandslos anpassen, was von ihr verlangt wurde, befände sie sich nun vermutlich nicht als Sklavin auf dem Weg in eine teure, bewachte Villa. Sie hätte Asa aus ihrem Leben verbannt, und sei es nur aus Furcht vor den Konsequenzen des Andersseins. Dies war aber nicht eingetreten, Asny hatte das Gegebene akzeptiert, sich der Folgen vielleicht bewusst, vielleicht auch nicht. Vielleicht vermisste sie ihre Geschwister, während ihre Augen über die munteren Gestalten der sich um den kleinen Welpen zankenden Kinder wanderten, vielleicht waren ihre Schritte auf dem gepflasterten Weg deswegen beinahe lautlos, weil sie es sich über die Jahre angewöhnt hatte, so wenig wie möglich auf sich aufmerksam zu machen. Und vielleicht hatten ihre Eltern sie genau aus diesem Grunde nicht mehr ausgehalten, weil sie das gänzliche Unwissen ob der Gedankengänge ihrer ältesten Tochter nicht mehr ertragen konnten. Gewiss, sie log nicht, sie beantwortete Fragen direkt und ehrlich, womöglich zu direkt, als dass es noch erträglich gewesen wäre, doch die Erklärungen, die sie anbot, warfen nur noch mehr Fragen auf, bis ihre Eltern sich vor weiteren Nachforschungen zu fürchten begannen. Damit hatte das Schweigen eingesetzt, bis auch jenes sich zu einer unerträglichen Dichte und Schwere zusammengezogen und über der Familie geschwebt hatte wie ein dunkles Tuch gewebt aus Angst, Grauen und Misstrauen. Nicht, dass sich bei Asny dadurch etwas geändert hätte in ihrem Verhalten, ihren Worten. Sie würde nichts tun, um ihnen zu helfen, war ein oft wiederholter Vorwurf gewesen. Sie würde sie hassen, sie zerstören, wäre entweder abgrundtief böse, besessen und verflucht, oder einfach wahnsinnig. Nicht einmal ihren Blick hatten sie mehr ertragen, weil er eben nicht mit Tränen gefüllt war und flehte, etwas offenbarte, das sie verstehen konnten. Seit Asas Tod wäre die Asny, die sie einmal kannten, nicht weniger tot, nur ersetzt durch ein Wechselbalg, ein verfluchtes Geschenk von Dämonen und bösen Geistern.
    All dies zu hören war nicht schön, aber auch nicht dramatisch gewesen. Und Asny fragte sich, wie lange es wohl dauern mochte, bis dieser Schatten sie selbst in jenem lichtdurchfluteten, strahlenden Villenviertel der Stadt einholen würde.


    Der gewohnte nebelzarte Schleier vor dem blassen Blau ihrer Augen verdichtete sich bei dieser Überlegung ein wenig, ehe sie ihn blinzelnd wieder zurückdrängte und genug der Wirklichkeit bemerkte um zu verstehen, dass sie ihr Ziel erreicht hatten. Dido musste Erleichterung über diesen Umstand verspüren; dass sie nur aufgrund Hannibals gestrengen Blicken und der Erinnerung an den Zusammenstoß mit der Autorität so lange hatte still sein können, war ein derart sonderbarer Umstand, dass Asny beinahe hoffte, er würde recht bald vorbeigehen. Ihre Schwestern hatte man immer gehört, sie hatten selbst in den tiefsten Träumen versunken noch beständig vor sich hin gemurmelt und ganze Bibliotheken diktiert.
    Die Sklavin mit den nordischen Wurzeln hatte sich den Weg zu ihrem neuen Zuhause weitesgehend eingeprägt und nickte dem Ianitor dementsprechend zufrieden mit sich selbst zur Begrüßung zu, was von jenem allerdings in keinster Weise erwidert wurde, abgesehen von einem Blick, mit dem man Milch hätte säuern können und der in Asny die Frage aufkeimen ließ, was wohl ausgerechnet einen derart mürrischen Gesellen in den Posten eines Ianitor geholt hatte. Fürs erste überfragt zuckte sie zu sich selbst und wohl auch Asa mit den Schultern und folgte den beiden anderen Sklaven tiefer in das Atrium hinein, welches sie ebenfalls auf ihre eigenartig gleichmütige Art musterte, zwar interessiert, aber nicht unbedingt eine Meinung dazu nach außen tragend. Ob sie nun beeindruckt oder eingeschüchtert von den winterlichen Wasserblüten oder der allgemeinen Sauberkeit und Schönheit dieser edlen Hallen war, ließ sich nicht einmal erahnen, glich ihr Blick doch vielmehr dem eines fähigen Kenners von Baukunst und teuren Materialien, als dem eines kleinen Mädchens aus armen Verhältnissen, das man nun in ein anmutig schlagendes Herz aus Reichtum und Prunk geführt hatte.


    Trotzdem löste sich Asnys Aufmerksamkeit etwas schwerfällig und langsam von der Inneneinrichtung, um die Gestalt von Hannibal wiederzufinden und halbwegs zu fokussieren. Zu seinen erklärenden Ausführungen nickte sie verträumt-liebenswürdig lächelnd und neigte den Kopf im Ansatz einer dankbaren Geste leicht zur Seite. Wiederum schien es ihr schwer zu fallen, ihren Blick jetzt umgekehrt wieder von ihm zu lösen, als er ihrem Sichtfeld entschwand, ehe sie sich nun Dido zuwandte und ebenfalls erfreut merkte, dass nun ohne Hannibal die gewohnte Fröhlichkeit eines kleinen Mädchens die Gestalt ihrer neuen Freundin erneut erfüllte. Dabei musste sie doch eigentlich dem Verlust ihrer vielen Kostbarkeiten hinterher trauern, doch Asny war sich sicher, einen Weg finden zu können, der die Kleine über ihren verlorenen Schatz hinwegtrösten könnte.
    Dass Asa Feuer und Flamme für wilde, ausgelassene Spiele ohne mahnende Zeigefinger und strenge Blicke war, überraschte sicherlich niemanden. Wenn man als Elfjährige gestorben war, blieb die Seele in gewissem Sinne immer irgendwie ein Kind, auch wenn sie sich einbildete, nun viel reifer und erwachsener zu sein und es mit jedem Unhold, der es wagte, ihr dort draußen zu widersprechen, aufnehmen zu können, weil man ja viel schlauer und stärker wäre. Doch diese Einstellung hatte Asa bereits mit sieben Jahren besessen, als sie noch essen und schlafen konnte.
    Asnys Lächeln verstärkte sich und der Hauch eines geheimnisvollen Schimmers legte sich über die Blässe ihrer Augen, ehe sie mit leicht übertriebener Höflichkeit und einer angedeuteten Verneigung erwiderte:
    "Nun, Herrin Dido, es wäre mir lieb, wenn du mich in deiner prachtvollen Villa herumführen würdest, damit ich dir auch angemessen dienen kann. Stell' dir nur vor, dich verlangt es nach einer Portion mit Honig gesüßter Früchte, und ich finde die Vorratsräume nicht. Oder ich soll die Peitsche holen, weil du einen ungehorsamen, jungen Sklaven bestrafen möchtest, der dir auf dem Markt die Zunge herausgestreckt hat, und ich weiß nicht, wo diese aufbewahrt wird. Das wäre doch sehr unangenehm, meinst du nicht, Herrin Dido?"

    Asny bemerkte, wie ihr Käufer sich ihr näherte, um sie scheinbar abzuholen, und nutzte die Gelegenheit ihres erhöhten Standortes, um den ruhigen Blick noch ein letztes Mal über den Sklavenmarkt schweifen zu lassen. Insgeheim vermutlich auch, um ihr Verhalten abschließend noch einmal mit dem anderer gleichen Schicksals vergleichen zu können. Es machte ganz den Eindruck, als hätte sie mit ihrem Sklavenhändler wirkliches Glück gehabt, an manch anderem Verkaufsstand gingen die Händler deutlich härter mit ihrer Ware um, welche sich teilweise jedoch auch nach Kräften zu wehren versuchte. Mit mildem Interesse aus schwach schimmernden Augen beobachtete Asny eine Frau ihr schräg gegenüber, die sich – aus welchen Gründen auch immer – wand, drehte und mit dem Kopf nach allen Seiten stieß, obgleich eigentlich schon das bloße Gewicht der klirrenden Ketten sie beinahe an den Boden ziehen mußten. Schließlich verpaßte ihr einer der beiden Männer, die sie auf die Bühne gezerrt und geschoben hatten, einen harten Faustschlag gegen den Wangenknochen, was sowohl die Frau wie auch den um sein Gut besorgten Händler aufschreien ließ. Während die Sklavin jedoch nur einen Herzschlag später wimmernd in sich zusammenfiel, drang die wütende Stimme des Händlers noch ein wenig länger über die Köpfe der sich unruhig bewegenden Menschenmenge.


    Nachdenklich, ihre Gedanken jedoch durch kein äußerliches Anzeichen offenbarend, neigte Asny den Kopf zur Seite, womöglich auch mehr aufgrund der wie stets sehr impulsiven Kommentare ihrer Schwester, als tatsächlich wegen der beobachteten Handgreiflichkeit. Schließlich nahm sie wahr, dass Hannibal sie inzwischen erreicht hatte, und wandte sich nur noch einmal von ihm ab, um Titus verabschiedend – und nicht allzu auffällig, wer wusste schon, ob dem Händler diese Geste überhaupt gefiel? – mit der freien Hand zuzuwinken. Vermutlich hatte dieser geschäftige Mann ihren Abschiedsgruß ohnehin nicht mitbekommen, und so trat Asny nun vollkommen zum Rand der Bühne, um sich widerstandslos von Hannibal hinunter heben zu lassen, eine Handlung, die sie als sehr freundlich einstufte (wenigstens zur Hälfte) und mit einem sanften „Vielen Dank, Herr“ sowie einem noch etwas sanftmütigeren Lächeln quittierte. Ohnehin wirkte sie nach wie vor in ihrer gesamten Art sehr ruhig und gelassen, angesichts der Situation beinahe schon ungewöhnlich liebenswürdig und höflich. In ihrem weich geformten Gesicht fand sich keine Spur von Furcht oder auch nur Unsicherheit, beinahe so, als wäre genau das eingetroffen, was sie erwartet hätte. Vielleicht mit einer kleinen Spur Neugier vermischt glitt ihr verträumt anmutender Blick über Hannibals Züge, interessiert, aber unaufdringlich, und selbst als ihre Augen die seinen direkt erwiderten schien es mehr, als würde Asny halb durch ihn hindurch sehen und sich auf etwas konzentrieren, das hinter den dunklen Pupillen lag.


    Asa freilich war an etwas vollkommen anderem hängen geblieben als das zugegeben ansehnliche Aussehen ihres Käufers... oder ebenetwas, das dahinter lag.
    Kind?! Hallo?! Geht’s noch?! Du hast hier eine... nein, ZWEI so gut wie ausgewachsene, fast reife, beinahe voll entwickelte Frauen vor dir! Oder bist du schon so uralt, dass deine Glupscher nachlassen?! Alter Mann Hannibal?!
    Asnys Lächeln steigerte sich bei diesen Worten ein wenig, was sie sich wohl in erster Linie deswegen erlaubte, weil sie bereits an Hannibals Hand geführt wurde und der junge Mann ihr Gesicht dabei nicht im Blick haben konnte. Ihre Augen begannen jedoch bald wieder nach Dido und ihrem Cerberus zu suchen, was aufgrund ihrer nun deutlich niedrigeren Position nicht ganz einfach war. Dies besserte sich jedoch, weil Hannibal offensichtlich recht direkt die kleine Sklavin als Ziel anpeilte. Ein leichtes Erstaunen funkelte jedoch in Asnys hellen Winterhimmelsaugen auf, als sie jene Absicht bemerkte und ihr Käufer begann, ihr Fragen zu stellen, anstatt dass er sich um Dido und ihre sicherlich unangenehme Lage kümmerte. Dennoch freute sie sich ob der Aufmerksamkeit, die ihr zuteil wurde, und sollte ihre kleine Freundin schreien, würde sie es sie von ihrem jetzigen Standort sicherlich hören.
    „Asny ist mein Name, Herr“, begann sie zutraulich lächelnd und für ihre ruhigen Verhältnisse womöglich sogar mit einem Hauch Enthusiasmus, „ und ich bin fünf...“
    Sechzehn!
    „... zehn oder sechzehn Jahre alt. Vermutlich eher sechzehn. Ich wirke etwas jünger. Und danke für das Gebot. Ich hoffe, ich werde so viel Geld auch wert sein.“
    Und übrigens, wir sind kein Kind.
    Freundlich und geradezu lieb hatte Asnys Stimme geklungen, wenngleich sie auch ein wenig Mühe hatte, den Kopf nicht zur Seite zu drehen, um nach Dido Ausschau zu halten. Lagen ihr umgekehrt Fragen auf der Zunge, so ließ sie nichts davon durchscheinen.

    Asnys für ihre Verhältnisse verdächtig unruhiger Blick konnte sich nicht recht entscheiden, ob er nun die Szenerie um Dido im Auge behalten, oder sich doch lieber Hannibal und dessen Reaktion auf die gebotenen 10.000 Sesterzen widmen sollte, was eigentlich wichtiger sein sollte, würde vom Ausgang dieser Sache schließlich erst abhängen, ob dies womöglich ihre erste und einzige Begegnung mit der kleinen Meisterschützin wäre. Diese ganze Entwicklung, das Verhalten dieses jungen Mannes bei Hannibal, wollte sich ihr ohnehin nicht ganz erschließen. Andererseits gab es beim Umgang mit Händlern Strategien, und vielleicht war der Fremde einem Plan gefolgt...
    Pfft, ja, ein Plan, nur leider hat er das Ende seines schönen Plans wie's scheint vollkommen versemmelt.
    Asa feixte, mit dem Ausgang des gesamten Procedere offensichtlich höchst einverstanden. Nicht nur dass man eine immense Summe auf den Kopf gehauen hatte, nein, der (oder vielmehr Asas ganz persönlicher) Gerechtigkeit war auch noch so wundervoll Genüge getan worden. Von Dido ganz zu schweigen.
    Ihre Schwester, welche im Gegensatz zu Asa auch noch von anderen Leuten wahrgenommen werden konnte, war mit deutlich weniger Schadenfreude gesegnet, doch auch sie spürte die warme, angenehme Welle der Erleichterung, als sie Hannibals Reaktion mitverfolgte, soweit dies von ihrem Standort eben möglich war. Didos Bekannter schien vielmehr amüsiert als ernsthaft an einem solchen Geschäft interessiert, obgleich es Asny auch nicht verwundert hätte, wenn Hannibal eingeschlagen und angenommen hätte. Niemand könnte es ihm wohl verdenken. Und was wusste er schon über sie? Auf was baute er sein Selbstvertrauen an diesen Handel? Ihr Flötenspiel? Ihren Umgang mit Dido? Oder war Titus einfach für seine herausragende Ware bekannt?
    Achja, der Händler. Als man ihr die Fesseln abnahm, glaubte Asny zuerst, das seltsame Geräusch, das zu ihr drang, wäre von ihm gekommen, oder vielmehr von seinen Zähnen, welche dann allerdings sicherlich sehr ungesund übereinander knirschten. Doch es musste wohl tatsächlich das schabende Geräusch der Fesseln gewesen sein. Titus war mit Sicherheit derart geübt in seinem Geschäft, dass ihn das verspätete Gebot nicht im Geringsten störte. Was waren schon viertausendfünfhundert Sesterzen für einen Mann wie ihn?
    Gedankenverloren rieb sich Asny über die nun wieder befreiten Handgelenke und griff sich ihre geschnürten Habseligkeiten, zugebenen noch ein wenig unsicher ob der Fortführung dieses Handels.

    Asnys Blick war schon längst wieder zurück zu Dido gewandert um sehen zu können, wie sich die Situation zwischen ihr und dem fremden Mann entwickeln würde. Er würde sie doch hoffentlich nicht schlagen...
    Wenn er sie schlägt, beisse ich ihm die Hand ab...ohne zu kauen.
    Die weißblonde Sklavin schluckte trocken, Sorge zeichnete sich in ihren blassblauen Augen ab und verdrängte sogar den ansonsten so verschleierten, verträumten Ausdruck ein wenig. Sie wollte ihr helfen... nein, sie beide wollten ihr helfen, obwohl das natürlich eigentlich nicht richtig war, denn Dido war schließlich sehr wohl die Erste gewesen, die handgreiflich geworden war. Aber sie war doch noch ein kleines Mädchen und als Asny mitansah, wie man den zierlichen Körper auch noch hart schüttelte, war es selbst mit der Selbstbeherrschung der jungen Sklavin fast zu Ende, was sich bei ihr selbstverständlich weit weniger auffällig äußerte, als bei den meisten anderen Menschen. Eine ihrer Hände verkrampfte sich langsam in den blauen Stoff der Tunika und ihr Kopf senkte sich ein wenig tiefer. Wie lange würde der Sklavenhändler diese Auktion wohl noch ziehen? Sie war eigentlich selten bis zum Ende eines solchen Ereignisses vor einer Bühne stehen geblieben.


    Sie presste die Lippen etwas fester aufeinander. 500 Sesterzen? Wer hatte die eigentlich geboten? Hannibal? Mehr aufgrund von Hoffnung als von Sicherheit machte Asny einen kleinen Schritt auf Dido und den Mann zu, obwohl sie sich nach wie vor auf der Bühne befand und sie noch das ein oder andere Stückchen römischen Bodens trennte. 700. Nein, das war auf jeden Fall nicht Hannibal gewesen, es war aus einer ganz anderen Ecke gekommen. Der Blick des hellblonden Mädchens ruhte weiterhin auf der Kleinen, aber sie blieb stehen, notgedrungen. Dann wieder ein Gebot, 1.000 Sesterzen. Asny bemerkte gar nicht so sehr die Höhe des Gebots, sondern achtete vielmehr auf die Stimme, und ob diese ihr erlaubte, ihre Absicht fortzusetzen. Aber es war die Stimme eines weiteren jungen Mannes gewesen, also würde sie noch verharren müssen.
    Was stehst du hier rum?! Na los, sag' wenigstens was! Das ist meine Heldin des Tages, die da geschüttelt wird wie ein Beutel Oliven!
    Sie sog die warme Luft ein wenig tiefer in ihre Lungen und presste die Finger beider Hände nun ineinander, anstatt weiter in den Stoff ihres einfachen Gewandes. Sie hörte, wie Titus das Gebot wiederholte und senkte ihren Kopf ein wenig tiefer, was den Teil Roms, auf dem ihre Konzentration ruhte, jedoch eher noch intensivierte anstatt störte.


    1.200. Das war er gewesen. Es war fast schwieriger wieder einen Schritt - und eben nur diesen einen Schritt - vorzugehen und wieder innezuhalten, als ganz starr und steif zu verharren. Doch die Auktion war nun einmal nicht beendet, also durfte sie sich auch noch nicht von der Bühne begeben. Kurz widmete sie sich flüchtig dem gebotenen Preis an sich. Eintausendzweihundert war eine gute Summe, besonders angesichts dessen, was der Händler ihren Eltern gezahlt hatte. Warum schlug er nicht ein?
    1.500. Wieder die Stimme des Sklaven, der offensichtlich für seine Herrin bot. Augenscheinlich wusste Titus ganz genau, weswegen er die Auktion noch nicht beendete.
    3.000. Ansy zuckte leicht, merkte aber rechtzeitig, dass dies wider Erwarten nicht Hannibal gewesen war. 3000 Sesterzen... im Grunde eine ungeheure Summe für sie, auch wenn ihr Hauptinteresse gerade woanders lag. Anscheinend hatten sich einige sehr mächtige Herrschaften um die Bühne gescharrt.
    Spätestens bei 3.500 fand sie die Gewissheit dieser Annahme. Dabei konnte sie doch gar keine Buchführung... bei diesem Preis würde dies wirklich bedauerlich werden... würde Ansy augenblicklich auch nur einen winzigen Augenblick darüber nachdenken.
    Die 4.000 schließlich erlaubte ihr einen weiteren, fast pirschenden Schritt vorwärts. Hannibal schien glücklicherweise ebenfalls über ausgezeichnete finanzielle Möglichkeiten zu verfügen, doch auch darüber konnte man - eventuell - zu einem späteren Zeitpunkt noch nachdenken.


    4.500... 5.000... Kurz streifte der Gedanke die junge Frau, ob sie sich diese Werte nur einbildete, oder ob tatsächlich immer noch weiter geboten wurde. Doch Titus wiederholte geschäftstüchtig sämtliche Gebote und machte dadurch deutlich, dass sie entweder gemeinsam fantasierten, oder aber tatsächlich schwindelerregend viel für sie bot.
    5.500. Wieder ein Schritt nach vorne. Inzwischen hatte sie den Rand der Bühne beinahe erreicht und damit das Ziel, bei dem sich ihre Augen schon die gesamte Zeit über befanden. Und Titus nahm an. Asny gestattete es sich, tief durchzuatmen und hoffte, dass der 'Gewinner' sie nun recht bald einsammeln und mit zu Dido nehmen würde...
    10.000?? Nun wanderten die blauen Augen doch wieder von dem Mädchen fort und zu dem Mann hinüber, den sie so spontan als jenen mit den 300 auf den Lippen eingeordnet hatte... und der sich, noch viel erstaunlicher, auch als jener entpuppte. Und nun? Titus lehnte ab, doch dies bedeutete noch lange nicht, dass Hannibal dies ebenfalls täte. Es stellte schließlich ein einmaliges Geschäft dar.... Asnys Blick wanderte wieder zu Dido zurück. So eine Versteigerung war wirklich um einiges aufregender, wenn man sich selbst auf der Bühne befand.

    Aufmerksam lauschte Asny den Worten Didos, dabei allerdings nicht nur auf deren Inhalt achtend. Das Mädchen wußte sich wirklich gut auszudrücken, wirkte hellwach und blitzgescheit. Es wäre wirklich schön, wenn sie die Kleine etwas besser kennenlernen könnte. Erst nach diesem Gedanken beschäftigte sie sich eingehender mit dem, was Dido ihr eigentlich mitteilen wollte. Einen anderen Namen – zugegeben, daran hatte sie noch gar nicht gedacht. Nun ja, der ihre war eigentlich nicht sonderlich kompliziert auszusprechen, insofern fiele dieser Grund für eine Namensänderung schon einmal weg. Ansonsten bliebe wohl nur die persönliche Einstellung ihres zukünftigen Herrn...
    Ist doch egal, wie irgendein fremder Kerl dich nennt weil seine Zunge zu schwerfällig und sein Kopf zu windschlüpfrig ist, innerlich bleibst du immer Asny.
    Da stimmte wohl und damit war dieses Thema für die hellblonde Sklavin erst einmal abgeschlossen. Zumal ihre Zukunft bislang immer noch in den Sternen stand.


    Didos Aufmerksamkeit schien kurz von etwas anderem gefangen genommen zu werden und als Asny ihrem Blick folgte, bekam sie gerade noch die Ursache mit, was sogar ihr Lächeln ein wenig dämpfte. Asa hätte sich kurzerhand auf diesen Jungen gestürzt, wobei ihr Nebensächlichkeiten wie Größen- und Alterunterschiede mehr als einerlei gewesen wären. Ihr hitziges Temperament hätte an dieser Stelle wohl nicht eher Ruhe gegeben, bis sich irgendeine Trophäe zwischen ihren scharfen Schneidezähnen befunden hätte, vornehmlich ein Stück abgebissenes und blutiges Ohr. So weit würde Dido wohl hoffentlich nicht gehen... gut, erst einmal kehrte ihr Blick wieder zu Asny zurück, was dieser sogar ein klein wenig Erleichterung bescherte. Derartige Szenen hatte sie schon etwas zu oft miterlebt um nicht zu wissen, wozu kleine, impulsive Mädchen imstande waren, wenn man sie herausforderte.
    Aber noch reagierte die Kleine auf ihre Worte, wobei Asny allerdings den Kopf leicht zur Seite neigte, was ihrem Lächeln aber keinen Abbruch tat. Die Seeschlange Fenris? Eine interessante Kombination, zugegeben.


    Was anschließend folgte, erstaunte dann jedoch sogar die hellblonde Sklavin in spe. ‚Amazone‘ war ein eher ungewöhnlicher Berufswunsch für ein Mädchen, bezog sich aber wahrscheinlich auf spannende Geschichten und ungezügelte Kinderfantasien, die vermutlich nichts davon wußten, dass Amazonen sich für gewöhnlich eine Brust abschnitten. Allerdings verriet dieser angestrebte Werdegang eine ganze Menge über Didos Einstellungen und bestätigten so manche schon gehegte Ahnung. Wer immer sich bislang für das Mädchen verantwortete, führte sicherlich kein leichtes Leben.
    Keineswegs hämisch sondern durchaus freundlich lachte Asny leise und merkte, dass sie schon fast vergaß, wo sie sich eigentlich befand – und weswegen. Doch Dido sorgte selbst dafür, dass die Erinnerung rasch zurückkehrte, indem sie verschwörerisch ein Messer anbot, das Asny jedoch mit einem raschen Kopfschütteln und einer kurzen, beschwichtigenden Geste ablehnte. Nicht auszudenken, wenn jemand die Kleine mit einem Messer sah...
    Hey, die Kurze zeigt wirklich gute Ansätze. Wenn sie jetzt noch den dürren Kerl dahinten durchwalkt, hat sie mich.


    Asny war da etwas anderer Ansicht, zögerte jedoch zulange, um mit Didos rachsüchtigen Reflexen mithalten zu können. Davon abgesehen, dass sie sich immer noch auf ihrer eigenen Versteigerung befand. Während der schwesterliche Teil in ihr in wildes Gejohle ausbrach, erhob sie sich nun doch langsam um zu sehen, dass die Kleine nicht nur über gute Reflexe besaß, sondern auch ausgezeichnet zielen konnte. Gut, sie kannte die Hintergründe des Mädchens nicht, vielleicht durfte sie sich ein solchen Verhalten erlauben... nein, wohl eher nicht.
    Asny zuckte selbst zusammen als der Mann, welcher offenkundig zu dem bedauernswerten Jungen gehörte, sich Dido griff und ‚disziplinarische Maßnahmen‘ anwandte. Die weißblonde Sklavin würde wohl kaum eingreifen können, selbst, wenn sie nicht hier auf dieser Bühne stünde. Und dass das Mädchen nicht gerade ein durchgehend freundliches und sanftes Wesen besaß, war ohnehin schon deutlich geworden. Schließlich hatte sie tatsächlich auf den Jungen geschossen. Und sie gehörten beide demselben Haushalt an. Dies erklärte zumindest einiges und widerlegte den Eindruck, dass Dido einen Wildfremden getroffen hätte.
    Noch bevor sie die sicherlich nicht gerade friedliche Reaktion der Kleinen mitbekam, erreichte sie das Gebrüll eines Kaufinteressenten, dessen Angebot dem Sklavenhändler allerdings wenig Freude machen würde. Und dessen Wortwahl zudem Asa trotz des vorherigen Triumphgefühls bei Didos Rachefeldzug ziemlich wütend machte.
    300?! Was glaubt dieser angefressene Sack Schweinegekröse wer er ist?! Zehn von seiner Sorte sind nicht mal soviel wert wie wir! Hätte er selbst was zu bieten bräuchte der Hund auch keinen Leibwächter!


    Asny räusperte sich leise und überließ die Reaktion lieber dem Händler, der ihr irgendwie leid tat, trotz der ganzen Wut von seiten ihrer Schwester, die ihrem neuerklärten Erzfeind anscheinend am Liebsten von der Bühne runter an die Gurgel gegangen wäre. Allerdings konnte sie selbst wohl kaum ihre Unzerbrechlichkeit beweisen und zum Leibwächter taugte sie nun wirklich nur als Ablenkungsmanöver.
    In üblicher ruhiger Weise erwiderte sie das Grinsen des Fremden mit einem sanften Lächeln und zuckte nur bedauernd mit den Schultern, weil der Händler sich von den angebotenen 300 offensichtlich nicht beeindrucken ließ. Aber den Versuch konnte man dem Interessenten wohl nicht übelnehmen.

    Ihrerseits zufrieden bemerkte Asny, dass ihr Spiel anscheinend Anklang bei dem jungen Mädchen gefunden hatte – ob sie die Ziegenböckchen nun bemerkt hatte oder nicht. Sie senkte ihr Musikinstrument wieder und machte sich daran, es zurück in seine schützende Stoffhülle gleiten zu lassen, während sie unter den Wimpern hindurch den faszinierten Gesichtsausdruck der Kleinen beobachtete und still dazu lächelte.
    Dann wandte sich ihr junges Gegenüber wieder ihrem augenscheinlichen Begleiter zu und die Sklavin nutzte die Zeit, um ihre Flöte wiederum ordnungsgemäß in ihrem Gepäck zu verstauen. Schon wollte sie sich ebenfalls wieder erheben, da der Händler sie vermutlich lieber für alle gut sichtbar auf der Bühne haben wollte, als sie jedoch bemerkte, dass ihr ‚Publikum‘ näher an die Bühne herangetreten war und schon kurz danach drang ein irgendwie verschwörerisches Flüstern an ihr Ohr. Die Worte, welche das Mädchen kurz zuvor mit ihrem älteren Begleiter ausgetauscht hatte, waren in dem allgemeinen Stimmen- und Lärmgewirr des Marktes leider untergegangen.


    Die weißblonde Sklavin behielt ihr ruhiges, leichtes Lächeln bei, als man sie nach ihrem Namen fragte und sich selbst sowie Hannibal vorstellte, so dass Asny unwillkürlich von dem Gefühl beschlichen wurde, in ein geheimes Bündnis eingeweiht zu werden. Bei dem Kopfnicken in Richtung des Älteren glitt die Aufmerksamkeit der jungen Frau kurz zu besagtem Hannibal, um ihn ebenfalls in den immer noch leicht verträumt wirkenden Blick ihrer hellen Augen zu fassen, ehe sie wiederum Dido anschaute.
    „Grüße, Dido. Schön, dich kennenzulernen“, erwiderte sie mit ebenfalls gedämpfter und sehr sanfter Stimme, die sich ausgezeichnet ihrer sonstigen Erscheinung anglich.
    Sie vernahm die durchaus intelligenten Fragen von Hannibal an den Händler, welche jener aber gewiss problemlos selbst beantworten würde, so dass sie ihre Aufmerksamkeit weiterhin auf das kleine Mädchen gerichtet hielt.
    „Ich heisse Asny“, stellte sie sich stattdessen nun selbst vor und deutete ein sachtes Kopfnicken an, das einige kürzere, helle Haarsträhnen über ihre Schultern nach vorne fallen ließ.
    Der Gesichtsausdruck des Mädchens ließ ein erfreutes Funkeln in ihren Augen aufglühen. ‚Aus dem Norden vom Eismeer‘... ihre Mutter wäre sicherlich entzückt gewesen. Wirklich schade, dass sie selbst dieses Eismeer nie auf ihrer Haut gefühlt hatte.


    „Meine Eltern kennen das Eismeer“, antwortete sie weiterhin leise und mit einem Anflug von Bedauern, der sich aber nur sacht in ihren Augen spiegelte und das Lächeln nicht trübte. „Ich wurde in Rom geboren und habe es leider nie gesehen. Ich kenne es nur aus Geschichten und Erzählungen.“
    Hannibal wollte sie also kaufen? Nunja, allzu teuer würde sie anscheinend ja nicht werden und sie vertraute Dido was die Kaufkraft ihres Begleiters anbelangte. Noch einmal flackerten ihre Augen zu dem jungen Mann, ehe sie wieder die schmale Gestalt des Mädchens betrachtete, so weit sie eben über die Bühne ragte.
    „Dein Daumen, pass auf“, flüsterte sie plötzlich und deutete kurz auf Didos kleine Hand und den zugegeben noch recht unscheinbaren roten Punkt an ihrem Daumen.

    Asnys Blick fiel von den Weiten des Sklavenmarktes langsam wieder hinab in ihre nähere Umgebung, genaugenommen zu dem kleinen Mädchen, auf dessen Frage der Sklavenhändler gerade reagierte. Den Kopf interessiert zur Seite geneigt musterte die frischgebackene Sklavin das Kind und ihr Lächeln verstärkte sich erneut ein wenig. Die Kleine sah wirklich süß aus und erinnerte Asny spontan an eine ihrer kleinen Schwestern – was bei dieser Auswahl auch nicht überraschte. Ihre Aufmerksamkeit wurde kurz von der gläsernen Kugel angezogen, da sie diese so spontan jedoch keiner näheren Aufgabe zuordnen konnte, fanden ihre blassblauen Augen rasch wieder zu dem niedlichen Gesicht zurück. Das Mädchen sah recht zufrieden aus, was Asny auch nicht recht zu deuten wusste, was sie jedoch spontan an Asa erinnerte, wenn diese irgendeinen Plan in ihrem blonden Köpfchen züchtete.


    Na los, spiel‘ der Kurzen was vor!
    Asny blickte erst zu ihrem Bündel hinab und dann zum Sklavenhändler hinüber.
    Hallo?! Fünfhundert für uns ist ein Haufen ausgelutschter Krabbenschwänze! Wofür hast du den ganzen Kram denn gelernt? Die ‚gute Partie‘ wirst du doch wohl knicken können!
    Ja, die hatten wohl schon ihre Eltern geknickt. Der Sklavenhändler machte zwar keine auffordernde Geste in ihre Richtung, um eine der angepriesenen Fähigkeiten zu demonstrieren, aber er würde sie vermutlich auch nicht auspeitschen lassen, nur, weil sie dem kleinen Mädchen etwas vorspielte. Wenigstens besser als Buchhaltung. Und was das Singen betraf... nun, in der letzten Zeit hatte sie es sich abgewöhnen müssen, diesem Vergnügen vor anderen Leuten nachzugehen, also wählte sie erst einmal die Flöte.
    Nach einem letzten, prüfenden Blick zum Sklavenhändler kniete sie sich neben ihre zusammengepackten Besitztümer, knüpfte das Bündel auf und holte mit einem gezielten Griff, der auf eine Ordnung beim vormaligen Packen hindeutete, die groben, aber sauberen Stoff gewickelte Flöte heraus. Befreit von ihrer weichen Hülle kam ein einfaches, aber gepflegtes Musikinstrument aus Holz zum Vorschein, das zweite seiner Art in Asnys Besitz. Holz hält nun einmal nicht ewig, trotz aller liebevollen Behandlung.


    Kurz befeuchtete Asny ihre Lippen mit der Zungenspitze, prüfte die Position der Fingerkuppen und begann schließlich, immer noch kniend um der Kleinen näher zu sein, eine fröhliche, lustige Melodie zu spielen, wie sie Kindern wohl am ehesten gefallen würde. Munter und hell flossen die Töne dahin, da und dort das Tempo wechselnd, damit sich das Mädchen nicht beim Zuhören langweilte. Eigentlich stellte die von ihr gewählte Melodie die Untermalung einer Tierfabel dar, doch zum Erzählen würde sie hier wahrscheinlich nicht kommen. Also versuchte sie auf diese Weise, das fröhliche, übermütige Herumtollen einer Gruppe kleiner Ziegenböckchen darzustellen, obwohl man vermutlich daran zweifeln musste, dass ihre Zuhörerin ebenfalls nun dieses Bild vor sich sähe. Dennoch ruhte der Blick der Sklavin während ihres Spiels fast die ganze Zeit über auf den hellen Augen des Mädchens, bis sie die Töne leiser werden und schließlich verklingen ließ.

    Der Abschied von ihrem Zuhause war in Asnys Augen hauptsächlich dadurch geprägt gewesen, dass sich der Rest ihrer Familie unwohl gefühlt hatten und man es mit einer Mischung aus schlechtem Gewissen und Erleichterung hinter sich zu bringen versucht hatte. Dabei hatte Asny es ihnen eigentlich sehr leicht gemacht, sie hatte die Entwicklung ergeben hingenommen, ihre beste dunkelblaue Tunika und saubere Sandalen angezogen, sich das Haar gekämmt, bis es mit der Wintersonne um die Wette glänzte, und von ihren teilweise schluchzenden Geschwister wie ein großes Mädchen verabschiedet. Nun gut, wirklich geschluchzt hatten nur die beiden kleinsten, die anderen waren entweder nicht aufgetaucht oder ihrem Blick ebenso ausgewichen, wie ihre Eltern.
    Während sie ihre wenigen Habseligkeiten in einem Bündel zusammengeschnürt hatte, waren die Stimmen ihres Vaters und des Sklavenhändlers, der einen sehr fähigen Eindruck machte, zu ihr gedrungen und ihr war aufgefallen, dass ihr Vater entgegen seiner sonstigen Einstellung kaum gehandelt hatte. Er wollte diese ganze Angelegenheit wirklich so rasch wie möglich hinter sich bringen, wie es schien, also hatte sich auch Asny beeilt, das Haus und ihre Familie hinter sich zu lassen, und dem Händler zu folgen. Nur kurz hatte sie sich noch einmal umgedreht, um zu winken, doch da war die Tür schon zu. Dieser Anblick hätte sie sicherlich bedrückt, doch sie wusste ja, dass sie nicht allein sein würde, also war es nicht ganz so schlimm.


    Tatsächlich fand sich das für sie typisch sanfte, etwas abwesend wirkende Lächeln auf ihren Lippen, als man sie schließlich auf die Bühne brachte und mitten hinein in die Aufmerksamkeit der Kaufinteressenten. Asny wirkte vollkommen ruhig, sie hatte ja auch schon genügend Sklavenauktionen mitangesehen um zu wissen, wie so etwas ablief. Zugegeben, sie hatte sich bislang noch nie selbst im Zentrum derselbigen befunden, aber sie bemerkte auf jeden Fall, dass der Händler neben ihr sein Handwerk verstand. Er besaß eine gute Wortwahl und wusste sich geschickt auszudrücken. Bei ihrem Vater hatte die Beschreibung ihrer selbst auf jeden Fall sehr viel weniger beeindruckend und begeistert geklungen. Asny hätte sich vermutlich sogar selbst gekauft, derart faszinierend waren die Beschreibungen, die dieser Mann wählte. Angesichts des Preises, den man ihrem Vater gezahlt hatte, würde der Händler sicherlich einen satten Gewinn einfahren.


    ‚Wunderwerk von Mutter Natur‘... an dieser Stelle drohte sogar Asny ein wenig rot zu werden, aber wenn die Kundschaft darauf reagierte... was die Buchführung anbetraf, so räusperte sie sich nur leise hinter langsam gehobener Hand. Rechnen ja, aber gleich eine gesamte Buchführung... Andererseits sollte ein potentieller Sklavenkäufer wohl wissen, dass solche Händler immer mehr in ihre Ware hineinpriesen, als sich dort tatsächlich finden ließ. Das war eben allgemein üblich.
    Asny blinzelte leicht in die diffuse Sonne hinauf und stellte ihr Bündel, welches sie bislang vor sich mit beiden Händen festgehalten hatte, erst einmal auf dem Boden ab. Anschließend verschränkte sie die Hände wieder brav ineinander und wartete. Wer wusste schon, wie lange sich diese Angelegenheit hinziehen würde? Vielleicht würde sie auch irgend etwas vorführen müssen. Ihr unergründliches Lächeln vertiefte sich kurz bei dem Gedanken an eine spontane Demonstration ihrer vielgerühmten Buchführungsfähigkeiten, während sie sich eine lange weißblonde Haarsträhne zurückstrich und den Blick über den Sklavenmarkt schweifen ließ.

    Vielen Dank, Marcus Tiberius Magnus. *verneig*


    Ich werde brav den Links folgen und mich informieren.


    Nun, da meine Spielerin inzwischen ihren Silvester-Rausch ausgeschlafen hat, kann ich mich auch endlich richtig vorstellen.
    Man nennt mich Asny, bin, wie man vermutlich schon erkannt hat, weiblich und um die fünfzehn Jahre alt. Ich persönlich halte mich für sechzehn, aber ich wurde gebeten, so nahe wie möglich mit meinen Angaben bei der Wahrheit zu bleiben. Die Wahrheit ist, dass ich es nicht genau weiß. Ich bin schließlich kein Baum, bei dem man die Rindenringe zählen kann.
    Geboren wurde ich in Rom und habe dort auch den größten Teil meines Lebens verbracht, wie lange auch immer es nun bereits währt. Allerdings ist unschwer zu erkennen, dass meine Vorfahren eindeutig keine Römer
    waren. Ich besitze hüftlanges, weißblondes, glattes Haar, auf das ich sehr stolz bin und wegen dem ich hoffe, dass augenblicklich rote Haarteile die Mode prägen. Bislang hatte ich Zeit und Gelegenheit, es angemessen zu pflegen, ich fürchte nur, das könnte sich in Zukunft ändern. Nun, wie dem auch sei, noch gehört es mir und sieht in meinen Augen sehr schön aus, geradezu exotisch hier in Rom. Apropos Augen, auch was diese betrifft sieht man in Rom wenig Vergleichbares. Sie sind recht groß, wirken oftmals etwas abwesend und sind von feinem, blassen Blau.
    Im Grunde sehe ich ziemlich lieb und brav aus, zumindest wurde mir das schon einige Male gesagt. Keine Ahnung, ob es erstrebenswert ist, lieb und brav auszusehen. In letzter Zeit nannte man eher andere Beschreibungen für mich, aber die wird der Sklavenhändler sicher nicht benutzen, wenn er mich anpreist. 'Unheimlich', 'seltsam', 'besessen' oder 'verflucht' klingt ein wenig doppeldeutig. Aber ich schweife ab, soweit war ich doch eigentlich noch gar nicht.


    Wie mein Aussehen auf jeden Fall sehr deutlich werden lässt, stamme ich aus nördlichen Landen, dort, wo das Nordmeer schneidend kalt und unerbittlich gegen die felsigen Klippen schlägt und der Wind so kalt ist, dass er dir wie Peitschenhiebe in die Haut schneidet. Nicht, dass ich dies leibhaftig einmal miterlebt hätte, aber meine Mama hat es mir und meinen Geschwistern so erzählt, obwohl sie es auch nur aus ihrer Kindheit wusste. Meine Mama und mein Papa sind beide als Sklaven nach Rom gekommen und verliebten sich hier ineinander. Süß, nicht? Zum Glück besaßen sie einen freundlichen Herrn, mein Papa konnte sich nach einigen Jahren freikaufen und meiner Mama schenkte man daraufhin auch die Freiheit. Von da an wurde mein Papa für seine Arbeit bezahlt und meine Mama bekam Kinder. Mich, unter anderem.


    Es ging uns eigentlich recht gut. Zuerst bekam meine Mama einen Sohn und dann mich und meine Schwester Asa. Ja, wir waren Zwillinge und sahen uns auch recht ähnlich, aber wir besaßen ganz unterschiedliche Charaktere. Ich war immer die Ruhige, Zurückhaltende, etwas Ängstliche, und Asa war die Draufgängerin, die Abenteurerin, die vor gar nichts Angst hatte. Ihr Haar war kürzer als meins und sie besaß viele kleine Narben und Schrammen von Prügeleien und Streifzügen durch die Stadt. Selbst ich wusste nicht immer, wo sie sich gerade aufhielt. Sie besaß immer soviel Energie und ich im Vergleich dazu so wenig, dass es schien, als habe sie meine Portion einfach auch für sich gepachtet. Ich spielte zu Hause still vor mich hin oder lernte von Mama Dinge wie Handarbeiten, Kochen, Backen und all diese Frauensachen, sogar ein bisschen Lesen und Schreiben, und passte auf meine kleineren Geschwister auf, und Asa war draußen und lernte reiten, stehlen, schwimmen, tauchen und allerlei Dinge, die man eher den Straßenjungs zutraute. Meine Eltern hatten wirklich ihre liebe Not mit ihr, aber ich fand sie toll. Asa war eben meine Zwillingsschwester und natürlich liebe ich sie.


    Ich habe erwähnt, dass Asa stahl, oder? Das hätte sie besser nicht getan. Sie lief zwar immer sehr schnell, aber einmal erwischte man sie doch. Ich weiß nicht einmal, was genau sie gestohlen hatte, sicherlich etwas zu Essen, sie hatte eigentlich immer Hunger. Wir waren beide zehn oder elf damals. Man erwischte sie also und verpasste ihr einen Schlag, woraufhin sie sehr unglücklich gefallen sein muss, denn sie schlug sich den Kopf auf der Pflasterstraße auf und wurde nicht mehr wach. Und nach einer Weile dauerte es meinen Eltern zu lange, weil sie eben nicht mehr wach wurde, und sie haben sie für tot erklärt und verbrannt. Ich habe es nicht richtig verstanden, aber sie waren sehr sehr traurig. Und danach begannen sie, über mich zu sprechen. Erst waren sie noch lieb, dann aber wurden sie böse und schließlich, na, ich denke, sie hatten irgendwie Angst, weil ich Asa noch sehen konnte und mit ihr sprach. Das wollten sie nicht, was natürlich dämlich ist, ich kann ja schließlich nicht meine eigene Zwillingsschwester ignorieren, nur weil meine Eltern das sagen. Die beiden benahmen sich zusehends merkwürdiger, wollten mich nicht mehr mit meinen Geschwistern alleine lassen und verboten mir auch das Singen und Tanzen, obwohl ich beides sehr gut kann. Sie behaupteten, meine Stimme würde anders klingen und sie könnten es nicht mehr ertragen. Tag für Tag wurde es schlimmer, irgendwann trauten sie sich kaum noch, mich anzusehen. Im Grunde war das nicht schlimm, ich hatte ja noch Asa, sie war nun viel öfter bei mir als damals, als sie sich in den Straßen herumtrieb. Aber meine Schwester prophezeite mir schon vorher, dass meine Eltern früher oder später durchdrehen würden und was soll ich sagen, sie hat wieder einmal recht behalten. Vermutlich weil sie schon immer die Schlauere von uns beiden war. Zwar behaupteten sie, es gäbe nicht genug Geld und Essen mehr für alle und deswegen müssten sie mich eben verkaufen, aber sie haben mir dabei nicht in die Augen gesehen. Und Mama zitterte und Papa ging ganz ruhelos auf und ab. Asa und ich waren uns einig, dass dies sehr deutliche Anzeichen für eine Lüge wären.


    So bin ich also bei einem der Sklavenhändler gelandet und vielleicht ist es wirklich besser so. Alles hat eben seine Zeit und die mit meinen Eltern ist vorüber. Inzwischen bin ich ja auch schon sechzehn... oder um die fünfzehn. Und seit Asa bei mir ist bin ich sehr viel weniger ängstlich als damals noch, als ich ein Kind war. Ruhig bin ich aber nach wie vor, ein Wildfang wird wohl nie aus mir werden. Doch ich traue mir mehr zu und ich lerne schnell, zumindest haben meine Eltern mich so dem Sklavenhändler beschrieben. Sie sagten auch, ich wäre folgsam, ehrlich, sanftmütig und reinlich, meine Zähne wären in gutem Zustand und bis auf ein bisschen Fieber wäre ich noch nie krank gewesen. Ich tue was man mir sagt und erledige meine Arbeiten zufriedenstellend. Zudem bin ich genügsam und fleißig und wäre mit meinen hellblonden Haaren, dem schlanken, weich gerundeten Körper und meinen geschmeidigen Bewegungen sehr hübsch anzuschauen. Und natürlich überzeuge ich mit meinen Fähigkeiten, die da wären Tanzen, Singen, Flöte spielen, Frauenarbeiten, Lesen, Schreiben und Rechnen, außerdem beherrsche ich drei Sprachen... mehr oder weniger. Griechisch von den früheren Herrschaften meiner Eltern, zu denen wir immer noch ein gutes Verhältnis hatten und für die mein Vater auch weiterhin Aufgaben erledigte, Römisch natürlich, und die nordische Sprache meiner Eltern, die ich aber bislang nur selten bei anderen gehört habe. Von meinen Augen haben sie gar nichts gesagt, was mich verwundert hat, aber ich verstehe ja auch nicht allzu viel von solchen Dingen.
    Sei es, wie es sei, nun muss ich wohl zum zweiten Mal verkauft werden, denn der Händler wird mich sicher nicht behalten wollen.

    *leise anschleich*
    *leicht verneig*
    *umschau*
    *hüstel*
    *wart*


    Name: Asny
    Stand: Sklavin
    Ort: Roma
    Besitzer: Sklavenhändler


    *mit Fuß scharr*


    Öhm... meiner Spielerin ist es jetzt ein wenig spät, weitere Beschreibungen reinzustellen... anmelden möchte sie sich (und mich) aber trotzdem schon. Wirft weite Schatten... wie auch immer, man muss noch nicht zwingend hierauf reagieren, man kann meiner Spielerin auch noch ein, zwei Tage Zeit lassen, bis sie ihren Kopf nach zuviel Fondue und Sekt wieder auf das Wesentliche konzentrieren kann... also mich.


    Danke schon einmal für die Aufmerksamkeit. *verneig*
    Und danke auch an meine Spielerin, die mich womöglich tagelang doof und einsam hier stehen lässt, auf diesem unbekannten Board, in dieser unbekannten Stadt, als Sklavin... *lächel* Ja, reizend. Ich werde nachts neben ihrem Bett stehen vor Freude.


    Ansonsten ein Frohes Neues Jahr und... bitte seid nett. Ich beiße und kratze nur selten. Und wenn nur auf Wunsch.


    Einen schönen Tag noch.
    Asny