„Der... was?“ kam es über Seianas Lippen, als Faustus weiter sprach. Überrascht – was ihr selten passierte, und noch seltener anzusehen war – starrte sie ihn an. Eques. Eques? Sie? Das war doch seit Jahren nicht mehr vorgekommen, dass eine Frau zum Eques erhoben worden war, auch wenn es grundsätzlich möglich war. „Das... nein, das wusste ich noch nicht...“ Eques. Sie. Das war... Seiana hatte Mühe, ihre Gedanken zu ordnen. Das war eine Auszeichnung sondergleichen, gerade für sie als Frau, und das war wohl mit ein Grund dafür, dass es ihr im Augenblick so schwer fiel, die Worte, die Bedeutung wirklich zu begreifen. Und dann sprach Faustus weiter, Kaiser hin oder her, und da, noch bevor sie sich wirklich darüber freuen konnte, wurde ihr bewusst, dass das durchaus auch Nachteile haben konnte... ihre Familie schien enger an Vescularius gebunden zu sein als je zuvor, und Seiana konnte sich nicht helfen: sie hielt das nicht für gut. Grundsätzlich konnte es nicht schaden, sich seine Unabhängigkeit zu bewahren – Seiana hatte das bei sich selbst immer gewollt, und sie kam mehr und mehr zu der Auffassung, dass es auch für ihre Familie das Beste war, sich nicht zu sehr an irgendjemanden von Einfluss zu binden, auch nicht wenn es der Kaiser war. Und jetzt, in der momentanen Lage, mit dem drohenden Bürgerkrieg noch viel mehr.
Faustus fügte gleich darauf allerdings noch etwas an, und Seiana runzelte leicht die Stirn. Mittlerweile hatte sie in Erfahrung gebracht, dass der Procurator gar nicht in Rom gewesen war, als die Iunia sie zu sich bestellt hatte, er selbst konnte also gar nichts von dem Gespräch – wenn man es denn überhaupt als Gespräch bezeichnen konnte – mitbekommen haben. Trotzdem konnte es freilich sein, dass seine Sklaven ihm berichtet hatten. Es war zwar niemand anwesend gewesen, aber das hieß nicht, dass es keine Lauscher gegeben hatte – und selbst wenn nicht: es dürfte Zeichen genug sein für jeden halbwegs klar denkenden Sklaven, dass etwas los war, wenn das Atrium des Hauses für einen Besuch leergefegt sein sollte von jeglichen Anwesenden. Und das der Pompeius auch von ihrer gemeinsamen Vergangenheit wusste, hatte er vermutlich einfach nur eins und eins zusammengezählt und war deswegen zu dem Schluss gekommen, dass es Ärger gab. „Ich bin mit ihr vor kurzem aneinander geraten“, gestand Seiana zögernd ein. Sie wollte ihren Bruder nicht anlügen, nicht wegen so etwas, aber sie musste aufpassen, dass sie nicht zu viel verriet. „Vielleicht hat er davon etwas mitbekommen und hat es deshalb angesprochen.“