Beiträge von Fhionn

    Fhionn beobachtete die unwirkliche Szenerie. Offenbar war Tolmides mit dem Römer ins Geschäft gekommen. Zahlen wurden genannt, mit denen sie nicht allzu viel anfangen konnte. Zwölf aurei! Wieviel war das? Zwölf Goldstücke! Soviel war also ihr Leben wert. Nicht mehr und nicht weniger! Man hatte sie von einem Menschen zu einer Ware degradiert. Ein Stück Fleisch, das soeben den Besitzer gewechselt hatte.
    Verwirrt sah sie zu den anderen Mädchen, die mit ihr heute in dieses Haus gekommen waren. Ja,sie war es, die soeben verkauft wurde.
    Einerseits war da so etwas wie eine Erleichterung, daß sie nicht mehr mit Tolmides gehen mußte, andererseits sah sie auch einer ungewissen Zukunft entgegen, die ihr hier bevorstand. Doch was ihr die Zukunft auch brachte, sie würde niemals ruhen, ihre Freiheit wieder zu erlangen, koste es, was es wolle.
    Was würde jetzt passieren? Was hatte der Römer jetzt mit ihr vor? Die Angst, die ohne Frage da war, wollte sie sich nicht anmerken lassen. Vor dem Römer wollte sie sich nicht gehen lassen.

    Fhionn war nicht Priscas mißbilligender Blick entgangen, doch sie machte auch keine Anstalten, sich bei ihr zu entschuldigen.Wofür denn auch? Wer gab dieser Römerin das Recht, über sie zu bestimmen, fragte sich Fhionn. Man hatte ihr zwar die Freiheit genommen, doch in ihrem Herzen war sie noch immer frei und würde es auch immer bleiben.
    "Ich können nicht schlafen, weil zu viele Gedanken, nicht weil nicht müde!" antwortete sie ungefragt. Oh ja, müde war sie, sogar sehr! Der Tag war sehr anstrengend gewesen. Spöttisch sah sie die Römerin bei ihren Worten an und dachte sich ihren Teil. Natürlich bist du nicht müde! Deine Arbeit machen Andere für dich, während du dich den ganzen Tag ausruhst! Was nennst du Zivilisation? Dein Leben hier? Eine Zivilisation, die auf der Unterdrückung unzähliger Völker aufgebaut ist?


    Prisca hatte sich entschieden und sie trug Sertorio ihre Bestellung auf. Ihre arrogante Art, die sie plötzlich zu Tage förderte, bestätigte nur Fhionns Abneigung gegen alles was römisch war. Sie war auch nicht viel besser, als all die anderen Römer, denen sie bislang begegnet war. Erst als sie ihren Namen und die damit verbundene Aufforderung vernahm, wandte sie sich wieder der Römerin zu und sah sie etwas verwirrt an. "Ich nichts essen wollen! Nur etwas Brot", antwortete sie, ebenfalls wieder unaufgefordert. Wenn du etwas zu essen haben möchtest, warum holst du es dir nicht selbst? Doch auch diesen Gedanken ließ sie besser unausgesprochen.

    Fhionn war zu allem bereit. Doch als der Fremdling zu sprechen begann, verstand sie mal wieder überhaupt nichts, was allerdings nur an seiner eigenartigen Aussprache lag. Sie kniff die Augen zusammen und versuchte, sich aus dem Gesagten einen Reim zu machen, doch hoffnungslos! Gegen diesen diesen Dialekt hatte sie keine Chance! :D Erst als von Prisca die Entwarnung kam, man könne sich wieder entspannen, ließ sie wieder innerlich los. Im gleichen Moment begann sie aber auch darüber zu grübeln, was sie denn soeben dazu bewogen hatte, so zu reagieren! Sie, die nichts in der Welt mehr haßte, als Römer hatte sich für eine Römerin eingesetzt! Nicht zu fassen! Sie mußte verrückt geworden sein! Oder war es das süße Gift in Priscas Worten, die sie dermaßen von ihren Überzeugungen abschweifen ließen?
    Endlich begann der Fremde in einer für sie verständlichen Sprache zu sprechen. Er war also auch ein Sklave! Aus der Küche. Sertorio hieß er. Nein, den hatte sie noch nicht kennengelernt. Eigentlich hatte sie bislang noch mit niemandem hier gesprochen, außer mir diesem Mann, der sie gekauft hatte, wobei man das auch nicht wirklich als Gespräch bezeichnen konnte. Letztendlich war es der geglückte Versuch, von diesem widerlichen Sklavenhändler wegzukommen. Mehr nicht!


    Trotz allem hegte sie gegen diesen Sertorio immer noch ein Mißtrauen, so wie sie gegen alles und jeden hier in dieser neuen Umgebung ein Mißtrauen hegte. Sie fühlte sich hier als Fremdkörper, als etwas, was hier nicht hingehörte. Ihrer Meinung nach, gehörte sie zu ihrer Familie, zu ihrem Dorf, zu ihrem Mann und nicht hierher!
    Als Prisca dann auch noch die Idee hatte, einen Mitternachtsschmaus einzulegen, war Fhionn völlig verwirrt. "Was? Jetzt essen? Nicht gut! Mitten in Nacht! Dann gar nicht können schlafen!" warf sie ungefragt ein und belehrte die Römerin, so wie sie es früher mit ihren Kindern getan hatte, wenn die noch vor dem Zubettgehen etwas essen wollten. Allerdings, wenn sie länger darüber nachdachte, war sie auch noch etwas hungrig, denn so ergiebig war die abendliche Essensration nicht gewesen. Fhionn hatte einige Probleme mit dem fremden Essen. Auf dem heimatlichen Speiseplan hatten ganz andere Lebensmittel gestanden. Hier wurde sie mit ganz anderen, teilweise fremden Speisen konfrontiert. Natürlich aß sie davon, weil sie essen mußte, um bei Kräften zu bleiben, doch von schmecken oder gar gienießen konnte keine Rede sein. Außerdem hatte in den ersten Tagen auch ihr Magen rebelliert, was dazu geführt hatte, daß sie nur sehr zurückhaltend zugriff, wenn es etwas zu essen gab. Bei der Erwähnung der Austern und dem eingelegten Gemüse drehte sich förmlich ihr Magen um.
    "Du haben einfach nur Brot?" fragte sie schließlich Sertorio.

    Nicht minder erschrocken mußte auch Prisca gewesen sein. Sie war mit einem Aufschrei zusammengezuckt. Ängstlich sah sie zu Fhionn, die allerdings auch nicht den Mann kannte.
    Sie tat es Prisca gleich, die von der Bank aufgesprungen war und sich dem Fremden gegenüber gestellt hatte. Zwar sprach sie in einem scharfen Ton mit dem Fremden, doch konnte Fhionn auch ihre Aufregung erahnen. Schützend stellte sie sich vor Prisca und stand dem Fremden nun Auge in Auge gegenüber. Sie konnte seinen Atem auf ihrer Haut spüren. Sie hatte keine Angst und wollte es notfalls auch mit einem Mann aufnehmen! Es war schließlich nicht das erste mal, daß sie sich einem Mann in den Weg gestellt hatte.
    "Du hast Bris-ka gehört! Wer bist du und was willst du hier? Sprich!" herrschte sie den Eindringling an. Sie mußte in diesem Augenblick sehr bedrohlich ausgesehen haben und genau das hatte sie auch beabsichtigt! Im Eifer des Gefechtes hatte sie nicht bemerkt, daß sie mittlerweile in ihre Muttersprache gewechselt hatte, in der sie sich viel besser und sicherer verständlich machen konnte. Erwartungsvoll blickte sie in seine Augen und wartete auf eine Antwort.

    Teilnahmslos beobachtete Fhionn die Geschehnisse im Atrium. Von Mathos Ansprache hatte sie nur die Hälfte verstanden, empfand sich allerdings auch nicht im Geringsten davon angesprochen. Das verschimmelte Stückchen Brot, das Matho mit Daumen und Zeigefinger hochhielt erregte ihre Aufmerksamkeit. Was wollte er damit? Sie schüttelte nur ratlos den Kopf, schwieg aber weiterhin.
    Von ihrer Position konnte man sehen, aber nicht so leicht gesehen werden. Das könnte von Vorteil sein. Sie beobachte weiter und wurde auf Dhina aufmerksam. Mit wem sprach sie nur? Das war wirklich ein sonderbarer Ort, an dem sie nun festsaß! Als Dhina, die wie ein aufgescheuchtes Huhn herumlief, letztlich in das kleine Wasserbecken stürzte, konnte sich Fhionn nicht mehr zurückhalten. Aus heiterem Himmel fing sie lauthals an zu lachen!

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    Dem Griechen wurde heiß und kalt, als er das Angebot des Aurelier vernahm. Sollte er zuschlagen? Er hatte ihm gedroht, ihn hinauswerfen zu lassen, samt aller seiner Sklavinnen. Dann hätte er gar nichts verdient und der ganze Morgen wäre verlorene Zeit gewesen! Doch zwölf aurei? Nur zwölf? Natürlich wären ihm fünfzehn lieber gewesen! Zwölf waren nicht einmal die Hälfte dessen, was er als Preis genannt hatte. Er war hin und her gerissen. Doch der strenge Blick des Römers überzeugte ihn schließlich doch.
    "Gut, zwölf aurei und sie gehört dir!"sprach er und steckte ihm die Hand entgegen, um das Geschäft zu besiegeln!

    Für Fhionn war es unschwer zu erkennen, in Prisca auf eine Person ähnlicher Wesensart gestoßen zu sein. Deswegen war sie auch nicht im Mindesten über ihre Reaktion erstaunt. Sie hatte ja förmlich Priscas Aufbrausen herausgefordert. Es amüsierte sie fast, als ihr aufgefallen war, wie die Römerin sich bemühte, langsam, klar und deutlich zu sprechen, so als wolle sie sicher gehen, auch wirklich von der Sklavin verstanden zu werden. Fhionn hatte zwar nicht die Bedeutung jeden Wort es verstanden, doch hatte sie den Sinn erfaßt der dahinter steckte. Sie wollte schon zum verbalen Gegenschlag ausholen, als die Römerin ihr plötzlich den Wind aus den Segeln nahm. Sie winkte ab, so als wolle sie sagen, Schwamm drüber! Dann bot sie ihr sogar den Platz neben sich an. Hatte Fhionn sich soeben verhört oder was war geschehen?
    Sie brauchte einen Moment, um sich auch ganz sicher zu sein, nicht einem Trugbild erlegen zu sein. Nein, sie träumte nicht! Alles war real! Immer noch ungläubig dreinschauend nahm sie vorsichtig neben Prisca, so als könne alles wie eine Seifenblase zerplatzen. Sie traute dem lieben Frieden noch nicht ganz!
    Die Römerin stellte ihr einige Fragen. Es schien, als interessiere sie sich tatsächlich für sie, nicht weil sie die neueste Errungenschaft des Hausherren war, nein weil sie sie war! Wieder einmal wurde bestätigt, was ihr schon oft aufgefallen war! Dieses Volk war einfach eigenartig und unberechenbar!
    Niemals hätte sie geglaubt, einmal mit einer waschechten Römerin auf einer Bank zu sitzen und über die Schönheit der Sterne nachzudenken.


    "Ja, sehr weit Weg, lange und schwer! Viele tot auf Weg!" begann sie. Die Wahl der Worte fiel ihr nicht immer leicht. Es war schwierig, sich in einer fremden Sprache auszudrücken, derer man nicht vollkommen mächtig war.
    "Nein, nicht schlafen, weil denken an Familie!" rief sie aus, so als müsse sie sich verteidigen. "Ist zu eng und fremd. Brauchen Luft für atmen. Doch, auch denken an Familie!" Natürlich war es auch der Verlust der Familie, der ihr jede Nacht, seitdem man sie verschleppt hatte, zu schaffen machte.
    "Warum du nicht können …?" Das plötzliche Erscheinen eines fremden Mannes, dessen Sprache sie nicht verstand, hinderte sie daran, ihre Frage zu Ende zu führen. Erschrocken sah sie erst zu dem Fremden auf, dann wandte sie ihren fragenden Blick zu Prisca.

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    Tolmides wollte seinen Ohren nicht trauen! War es denn die Möglichkeit? Ja! Das Glück war wieder zu ihm zurück gekehrt! Die Sklavin hatte sich doch noch dazu entschlossen zu sprechen und der Aurelier wollte sie kaufen. Konnte es etwas schöneres geben?
    Der Grieche überlegte nicht lange und nannte seinen gewünschten Preis. " Eine so kräftige Sklavin mit so vielen Fähigkeiten... ich würde sagen 3000 Sesterzen! Das ist ein wirklich gter Preis, Herr!"
    Natürlich war dieser Betrag der reinste Wucher, doch da der Grieche damit rechnen mußte, im Preis noch nach unten gedrückt zu werden, setzte er lieber etwas höher an. Forschend blickte er den Aurelier an und wartete auf dessen Reaktion.

    Fhionn wüsste nicht, was dieser Römer so witzig fand. Dieses schmunzeln und seine Überheblichkeit! So etwas war ihr einfach zuwider.
    Diese eigenartigen Worte wie Kithara oder Laut hatte sie nie zuvor gehört und klangen auch ungewohnt für sie. Sie konnte sich nicht vorstellen, was sich dahinter verbarg! Wären ihr alle Vokabeln geläufig gewesen und wäre sie auch willig gewesen Auskunft zu geben, hätte er vielleicht herausfinden können, daß sie eigentlich sehr musikalisch war. Sie könnte Flöte spielen und ihr Gesang war in ihrem Dorf besonders bei den jungen Männern beliebt. Doch nachdem sie einem Krieger zur Frau gegeben worden war, verstummte auch ihr Gesang. Gelegentlich sang sie zu Hause, doch niemals mehr in der Öffentlichkeit.
    Sie verstand nicht, was dieser Römer für seltsame Fragen stellte! Natürlich konnte sie kochen. Sie hatte ja schließlich einen Mann zu versorgen! Was für eine dumme Frage!



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    Natürlich waren Tolmides die Blicke des Aureliers nicht entgangen. Er war ihm sehr verbunden, daß dieser ihm noch eine letzte Chance einräumte. Da er zusehen mußte, wie störrisch sich diese Sklavin benahm, wollte er nun retten, was noch zu retten war. Wenn die Sklavin nicht reden wollte, dann würde er es eben tun!
    "Nun Herr, von meinem geschätzten Geschäftspartner aus Britannia habe ich erfahren, daß dieses Weib hier bei der Niederschlagung eines Aufstandes gefangen genommen wurde. Desweiteren berichtete er mir, sie sei die Frau eines Kriegers. Diese Barbaren drücken sogar ihren Weibern das Schwert in die Hand, wenn´s ernst wird!" Tolmides schien über seine eigene Bemerkung äußerst belustigt zu sein. doch dann fuhr er fort. "Schau her Herr, sie ist ein kräftiges Weib! Sie kann gut zupacken und außerdem ist sie auch etwas fürs Auge!" Tolmides griff mach ihrem Oberarm und drehte sie hin und her. Zu guter letzt hob er sogar ihren Rock an, wodurch kurzzeitig ihre Schenkel zu sehen waren.


    Fhionn indes ließ sich dies nur kurz gefallen. Als der Sklavenhändler nach ihrem Rock gegriffen hatte, riß sie sich aus seinem Griff los und blickte ihn abermals haßerfüllt an. "Laß mich!"
    Endlich hatte sie begriffen, daß es auf Dauer besser war, von Tolmides weg zu kommen.
    Sie wandte sich wieder abschätzig dem Römer zu und begann zu sprechen.
    "Ich Frau von Krieger! Ich können kochen! Deine Frau nicht können kochen? Ich auch können Flo - te! Ich können noch andere Sachen, viele Sachen!"

    Fhionn zweifelte keine Sekunde daran, daß ihr Gegenüber ihr nicht sonderlich wohl gesonnen war. Ihrem Tonfall konnte man ein deutliches Mißfallen entnehmen. Sie hatte zwar nicht jedes Wort verstanden, doch hatte sie den Sinn erfaßt, worum es der Frau, die sie da so unfreundlich begutachtete, ging. Doch statt unterwürfig den Platz zu räumen, kam ihr ureigenster Charakter zu Tage. Im Geiste war sie noch lange keine Sklavin und würde es, wenn es nach ihr ginge, auch niemals sein.
    Fhionns Augen verengten sich und statt die Fragen, die ihr gestellt wurden, zu beantworten, konterte sie mit einer Gegenfrage, die ihrer Meinung nach absolut ihre Berechtigung hatte.
    "Was du machen hier, Bris- ka?!" Noch immer ruhten ihre Augen auf der Römerin. Sie beobachtete genau jede ihrer Regungen, um gegebenenfalls auch einschteiten zu können. Das letzte was Fhionn hier wollte, wäre eine hysterisch herumschreiende Römerin, die ihre ganze Verwandschaft aus dem Schlaf herausschreien würde. Fhionn wollte einfach jeglichen Ärger vermeiden. Nur nicht auffallen, was allerdings nicht heißen sollte, sich alles gefallen lassen mußte!
    Als sie sah, dass die Römerin sich vorerst ruhig verhalten würde, entspannte sich Fhionn langsam.
    "Ich von Albion! Brigantes! Du sagen Britannia! Große römische Stadt, Eburacum."
    Nicht nur ihre Sprachkenntisse, auch ihre Aussprache ließen sehr zu Wünschen übrig. Nur mühsam gingen diese fremden Wörter über ihre Lippen.
    Bald darauf fühlte sie sich so sicher, dass sie sogar etwas lächeln konnte.
    "Du auch nicht schlafen können, Bris-ka?"

    Da Fhionn sich auf der Bank in Sicherheit wähnte, entspannte sie ein wenig und versank in ihren Gedanken. Sie mußte einen Weg finden, sich hier in der Fremde zurechtfinden und somit ihr Überleben zu sichern. Aber alles schien so schwierig und aussichtslos.
    Während sie noch weiter darüber nachdachte, wie ihre Zukunft aussehen konnte, bemerkte sie gar nicht, daß sie mittlerweile nicht mehr alleine im Garten war. Auf leisen Sohlen näherte sich ihr eine weibliche Gestalt, die plötzlich etwas rief. Vom unvermittelten Erschallen der fremden Stimme aufgeschreckt, wurde Fhionn aus ihren Gedanken gerissen und sah auf. Noch bevor sie das Weite suchen konnte, stand schon die geheimnisvolle Person vor ihr und sprach zu ihr. Vor Schreck sprang Fhionn auf. Nun stand sie der fremden Person Auge in Auge gegenüber. Auch sie musterte die Frau von oben bis unten. Nein, sie hatte sie hier noch nicht getroffen. Sie hatte keine Ahnung, met wem sie es hier zu tun hatte. Doch benahm sie sich Fhionn gegenüber nicht feindselig.
    Es bereitete Fhionn erhebliche Schwierigkeiten, zu verstehen, was die Frau sagte. Prisca hieß sie. Das hatte sie verstanden. Wahrscheinlich sollte sie jetzt ihren Namen nennen.
    War diese Prisca eine Römerin? Womöglich ein Mitglied der Familie, deren Eigentum sie nun war. Nie zuvor war sie einer Frau aus dem Volk des Feindes begegnet. Wie sollte sie sich verhalten? Ihre Unsicherheit irritierte sie.
    "Fhionn", sagte sie knapp und deutete auf sich selbst. Eines war sicher! Ihre Sprachkenntnisse waren wirklich sehr ungenügend! Sie mußte unbedingt noch besser werden, ob sie nun wollte oder nicht.

    Fhionn hatte sich dezent im Hintergrund aufgehalten. Das Letzte, was sie wollte, war aufzufallen! Außerdem kannte sie niemanden von den Anwesenden. Dem einen oder anderen war sie flüchtig begegnet, doch ein persönliches Gespräch hatte sie noch mit niemanden geführt. Doch sie spürte die fragenden Blicke der Anderen, die zu ihr schauten, die sie allerdings auch nicht zu fragen trauten, wer sie denn war.
    So beobachtete sie nur die Sklaven, die nach und nach eintrudelten. Daß Matho nicht allzu beliebt bei den Sklaven war, hatte sie schnell begriffen. Man konnte es einem auch nicht übel nehmen, so wie er sich seinen Mitsklaven gegenüber verhielt. Einige der neu hinzugekommenen, schienen doch recht mutig zu sein. Zumindest ließen sie sich durch den Maiordomus nicht so leicht einschüchtern. Fhionn jedoch ließ sich zu keinerlei Äußerungen, den Maiordomus betreffend, hinreißen. Sie kannte ihn ja auch noch gar nicht.
    Doch langsam beschlich sie ein schlimmer Verdacht. Hatte er alle Sklaven herbei rufen lassen, weil er sie am Ende doch gesehen hatte, als sie sich auf die Kline gelegt hatte? Aber nein! Wer war sie denn schon? Eine von vielen. Wenn er sie tatsächlich erwischt haben sollte, was sie stark bezweifelte, würde Matho das sicher mit ihr alleine klären.
    Also wartete sie geduldig weiter und schwieg. Hier hinten fühlte sie sich einigermaßen sicher.

    Fhionn wollte einfach nur der Enge des servitriciuums entkommen. Sie konnte sowieso nicht schlafen. Noch immer war sie innerlich aufgewühlt und in einer gewissen Weise fassungslos. Der Tag, an dem ihr Dorf brannte, an dem man sie ihrer Familie entriß und ihr Leben sich von Grund auf änderte, war der schwärzeste den sie je erlebt hatte. Wochenlang hatte man sie kreuz und quer durch das halbe Imperium getrieben. Viele, die mit ihr das gleiche Schicksal teilen mußten, hatten es nicht geschafft. Sie waren unterwegs aus Erschöpfung gestorben oder man hatte sie einfach sterbend zurückgelassen. Doch Fhionn war eine der stärkeren. Etwas in ihr hatte sie immer weitergetrieben. War es ihre Hoffnung auf Rache oder einfach nur der Drang, zu überleben? Sie wußte es selbst nicht so genau.
    Nun war sie hier, in Rom, in einem römischen Haus, als Sklavin! Welch eine Schmach! Das schlimmste, was eintreffen konnte, war eingetroffen und sie konnte nichts dagegen tun. Wobei sie offenbar noch Glück im Unglück hatte. Man hatte sie in einen reichen Haushalt verkauft. Zumindest müßte sie nicht Hunger leiden. Doch würde sie sich nicht für ein Stück Brot erniedrigen! Lieber würde sie verhungern! Nein, man müßte sie erst zähmen müssen. Freiwillig würde sie sich niemals fügen!
    Im Schein des Mondes schritt sie hinaus in den Garten, um für sich zu sein und um endlich frei atmen zu können. Die Villa und auch der Garten wirkten wie ausgestorben. Jeder schien das zu tun, was man um diese Zeit eben tat! Doch Fhionn fand keinen Schlaf. Zu vieles schwirrte in ihren Gedanken herum. Neben der Frage des warum, drehte sich auch alles um die Frage, wie sollte es jetzt nur weiter gehen? Am liebsten hätte sie all ihren Schmerz laut hinaus geschrien. Doch sie besann sich. Sie wollte sich ruhig verhalten, um nicht aufzufallen. Vielleicht würde man sie auf diese Weise einfach in Ruhe lassen. Sie wollte auf jeden Fall jede Begegnung mit einem der Römer vermeiden. Zu groß waren immer noch der Hass und die Verachtung, die sie für dieses Volk empfand. Wahrscheinlich würde sie sich wieder nicht beherrschen können. Schon immer war sie hitzköpfig und impulsiv gewesen.
    In der Dunkelheit bereitete es ihr anfangs einige Schwierigkeiten, einen Fuß vor den anderen zu setzen, doch bald hatten sich ihre Augen an die Lichtverhältnisse gewöhnt. Bald erreichte sie eine Steinbank. Bevor sie sich dort hinsetzte, sah sie sich noch einmal um, um auch sicher zu gehen, daß sie wirklich alleine war. Sehnsüchtig schaute sie auf und ihr Blick traf den Vollmond, dessen fahles Licht ihr Gesicht beschien.


    Sim-Off:

    Offen für alles und jeden! ;)

    Für Fhionn war noch alles neu und ungewohnt in diesem riesigen Haus. Mit großen Augen lief sie noch immer durch die Gänge und sog alles ein, was sie mit ihren Blicken erhaschen konnte. Ihr war es unbegreiflich, warum so wenige Menschen in einem so großen Haus leben mußten. Selbst für die unzähligen Sklaven war der Platz mehr als ausreichend. Mit offenem Mund entdeckte sie immer mehr Kurioses. Die bemalten Wände, die Tiere und eigenartige Menschen zeigten, steingewordene Menschen, die man in die Ecke gestellt hatte, warum auch immer! Edle Möbel, deren Benutzung man ihr untersagt hatte, die aber vielleicht gerade aus diesem Grund ihre Aufmerksamkeit erregt hatten. Die bequeme Kline die vor ihr stand, lud gerade dazu ein, sich auf ihr nieder zu lassen. Bevor sie darauf Platz nahm, sah sie sich erst verstohlen um, damit auch ja niemand sie erwischen würde. Als sie sich in Sicherheit wähnte, legte sie auch ihre Beine auf das weiche Polster der Kline. Doch im gleichen Moment hörte sie plötzlich ihren Namen krakeelen. Außer sich vor Angst sprang sie auf und blieb erst stehen. Hatte man sie etwa doch erwischt? Nein, das konnte nicht sein! Neugierig lief sie in die Richtung, aus der das Geschrei kam. In diesem großen Raum, den man Atrium nannte, standen bereits einige anderen Sklaven und Matho, der die Quelle des Geschreis war! Matho, ein breitschultriger Mann, der von seinem Alter her locker ihr Vater hätte sein können, hatte sie bereits an ihrem ersten Tag kennengelernt. Leider konnte sie ihm nichts väterliches abgewinnen. Im Gegenteil, sie fand diesen Menschen äußerst unsympathisch! Er war selbst Sklave, doch das schien er des öfteren zu vergessen!
    "Was los sein? Warum rufen?" fragte sie die bereits anwesenden Sklaven.

    Sie konnte es förmlich spüren, wie der Blick des Römers auf ihr lastete und es war ihr unangenehm, von allen Seiten so gegafft zu werden. Sie vermied es, ihm mit ihren Augen zu folgen, stattdessen verharrte sie ganz ruhig und unverkrampft und versuchte gleichmäßig zu atmen. Erst als er neben ihr stehen blieb und sie etwas fragte, wandte sie ihren Kopf in seine Richtung und musterte ihn von oben bis unten, so wie er es auch vorher bei ihr getan hatte. In ihren Augen spiegelte sich all ihre Verachtung. Wie wenig doch diese Römer über ihre unterworfenen Völker wußten! Rein Gar nichts! So war es auch hier! Dieses Exemplar von Römer bildete keine Ausnahme!
    "Mein Volk nicht schreiben und lesen in meine Sprache!" gab sie geringschätzig zur Antwort. Alles, was wichtig war, wurde von Generation zu Genration mündlich weitergegeben. Lediglich die Handeltreibenden bemächtigten sich der lateinischen oder wenn nötig der griechischen Schrift, um damit ihre Geschäftskorrespondenz zu gewährleisten. Fhionn hingegen, entstammte einer angesehenen Familie, die weniger Handel trieb, die sich jedoch seit Generationen dem Kriegshandwerk verschrieben hatte. Als Kind hatte man versucht, ihr das Schreiben und Lesen beizubringen. Daher rührten auch noch ihre lückenhaften Lateinkenntnisse. Doch sie hatte sich stets dagegen gesträubt. Und sie sträubte sich auch jetzt, dem Römer voll und ganz Auskunft über ihre Fähigkeiten zu geben.
    Mit der Vokabel musikalisch konnte sie allerdings nicht viel anfangen. Was meinte er damit? Argwöhnisch beäugte sie ihn. "Musikalisch? Was sein?" Sie zuckte nur mit den Schultern und schüttelte leicht ihren Kopf. Fast schon hilfesuchend fiel ihr Blick auf den anderen anwesenden Römer, der keinerlei Kaufinteresse an den fünf Skavinnen gezeigt hatte.


    Der Sklavenhändler indess, verhielt sich ruhig. Was hätte er auch noch tun können? Hatte er nicht schon genug angreichtet!

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    Natürlich war dem Griechen das zurückweichen des einen Aureliers nicht entgangen. Umso mehr legte er jetzt seine Aufmerksamkeit gänzlich auf den Hausherren.
    Man konnte fast schon das Gerumpel des Steinhaufens hören, der von seinem Herzen fiel, als endlich sie aufsässige Sklavin mit dem roten Haar antwortete. Vielleicht würde doch noch alles gut! Wenn die Rote sich noch einigermaßen passabel verhalten würde, könnte er doch noch auf ein gutes Geschäft hoffen.
    "Na los, sag dem Herren, was du alles kannst!" drängte Tolmides die junge Frau und rempelte sie recht unsanft an. Doch was tat da die Sklavin? Haßerfüllt blickte sie in Tolmides´Gesicht und erdreistete sich, den Sklavenhändler anzuspucken.
    Angeekelt wischte sich Tolmides sein Gesicht ab.
    "Du Miststück! Na warte, wenn wir wieder zurück sind!"
    Er vermied es, die Sklavin vor den Augen der beiden Aurelier zu bestrafen. Schließlich wollte er nichts mehr riskieren, was noch mehr seinen Erfolg schmälern konnte.

    Fhionn rechnete jeden Moment damit, die Schläge der Gerte kosten zu müssen. Doch ein Machtwort des Römers gebot dem Sklavenhändler sofort Einhalt und jener ließ auch sogleich die Rute sinken.
    Völlig verwirrt, wegen dem, was gerade hier vor ihren Augen vorgegangen war, sah sie zu dem Römer hinüber, der sie bereits einmal angesprochen hatte und dem sie unmissverständlich zu verstehen gegeben hatte, dass sie mit ihm nicht zu sprechen gedachte. Sie verstand seinen Beweggrund nicht, weswegen er sich für sie eingesetzt hatte. Dieses Unverständnis führte schließlich dazu, daß sie in eine Art Zwiespalt geriet. Sie rang mit sich selbst, was sie jetzt tun sollte, ob sie etwas sagen sollte und wenn ja, was.
    Auf der einen Seite machte dieses Haus hier einen sehr reichen Eindruck. Hungern müßte sie hier sicher nicht, das stand fest. Doch andererseits stand noch immer ihr eigener Stolz im Weg, der im Augenblick mehr als unüberwindlich schien. Wenn sie sich allerdings weiterhin so stur stellen würde, käme sie spätestens in den nächsten Tagen auf den Sklavenmarkt und würde dann wer weiß wo landen.
    Dann wirst du wohl für eine sehr lange Zeit schweigen müssen, denn wir sind hier in Rom, hatte er zu ihr gesagt und es hätte sie fast schon amüsiert! Wäre sie noch ein Kind gewesen, hätte sie sich jetzt demonstrativ mit zusammengepressten Lippen vor ihn hin gestellt. Doch den Verhaltensweisen dieses Alters war sie schon längst entwachsen! Stolz erhob sie ihr Haupt und ihre blauen Augen musterten ihn kritisch. "Fhionn ich heißen!" Sie fühlte sich in keinster Weise dadurch unterlegen, sondern wollte lediglich damit zeigen, daß er es hier nicht mit einer hirnlosen Barbarin zu tun hatte. Sie wußte, wer sie war und sie würde sich auch treu bleiben!

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    Tolmides kam es fast so vor, als müsse er immer und immer wieder einen schlimmen Fiebertraum durchleben. Wie konnte nur alles so eskalieren? Alle seine Sklaven konnten nicht wirklich überzeugen! Die eine viel zu jung und zu nah am Wasser gebaut, die Zweite wirkte einfach nur desinteressiert und langweilte, die Dritte war mit einem lästigen Sprachfehler behaftet, die Vierte war aufsässig und sprach nur unzureichend Latein und die Fünfte konnte auch nicht recht überzeugen.
    Jetzt lag alles bei dem Urteil des Aurelius! Wofür würde er sich entscheiden? Oder würde er Tolmides auf der Stelle hinauswerfen lassen? Der Grieche betete zu allen verfügbaren Göttern.
    "Herr, ich kann dir auch einen sehr guten Preis für die Mädchen machen!" Mit einem verlegenen Lächeln, wollte er die Gunst der beiden Aureliern zurückgewinnen.

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    Tolmides war beinahe außer sich, So etwas hatte er noch nicht erlebt! Dieser Kundenbesuch entwickelte sich immer mehr zu einem Fiasko!


    Er ließ vorerst von der Rothaarigen ab und wendete sich der blonden Germanin zu. Sie war sein letzter Trumph, den er noch besaß. Würde sie sich ebso als unfähig herausstellen, könnte er, ohne ein Geschäft abgeschlossen zu haben, wieder nach Hause gehen!
    Gereizt zog er die stämmige Germanin vor und befahl ihr, mit der Gerte drohend, zu antworten. "Antworte gefälligst, du dummes Ding!"
    "Gunda heiß ich" antwortete sie schüchtern und wurde ganz rot. "Iiich kkann wawaschen und ppputzen und kkkochen." stotterte sie.
    Tolmides war den Tränen nahe! Das durfte doch einfach nicht wahr sein! Das war ein Alptraum!
    Wenn er wieder zurück wäre, würde er sich die fünf Sklavinnen vornehnen, besonders die Rote, die die Dreistigkeit besessen hatte, derart aufsässig zu antworten!