| Lucius Verginius Esquilinus
War Esquilinus' Gesichtsausdruck eben noch als weitgehend freundlich zu bezeichnen, sah er nunmehr eher nach Gewitter aus. Und zwar mehr nach Donnerwetter denn nach Nieselregen. Verginius Esquilinus war ein einflussreicher Mann. Er hatte es in seinem Leben weit gebracht. Und er führte nun schon lange den Vorsitz über die Auguren. Er hielt sich selbst für geduldig, war es auch weitestgehend, aber dies....! Esquilinus schob seinen Unterkiefer vor. Bis vor wenigen Augenblicken war er noch bereit gewesen, gegen eine kleine Spende für den Iulier zu werben, denn selbstverständlich existierten bisher keine Mitbewerber. Das hatte er nur behauptet, um ein paar Münzen klingen zu hören. Doch dass dieser Iulier ihm nun mit dem Kaiser drohte, ihm, einem AUGUR - keinem gewöhnlichen, sondern dem Vorsitzführenden - das war....ungeheuerlich. Esquilinus musste sich sehr beherrschen, um den Iulier nicht achtkantig herauszuwerfen. Doch ein Augur, sagte er sich, musste eine gewisse Würde ausstrahlen. "Dir ist gewiss bekannt, Iulius Centho, dass der Kaiser selbst auf das Wohlwollen der Götter angewiesen ist", presste er ungehalten hervor. "Dann wird dir ebenso bewusst sein, dass er schwerlich gegen eine Empfehlung des von ihm eingesetzten Gremiums Einspruch erheben kann, ohne gleichsam die Götter zu erzürnen!" Abgesehen davon, dass das letzte Wort in dieser Angelegenheit die Senatoren haben würden, welche ihrerseits ganz sicherlich auch nicht nein sagten zu einer kleinen Spende, sofern sie die richtige Abstimmung trafen.
Nein, dieser Schachzug war kein besonders cleverer gewesen. Esquilinus hätte sich bestechen lassen, darauf hatte er sogar abgezielt, doch hatte die Drohung des Iuliers ihm selbst ein Grab geschaufelt. Zwar lugte der Verginier noch interessehalber in den Beutel hinein, den ihm der Sklave hinhielt, doch er zog nur eine Grimasse und schüttelte den Kopf. "Oh, ich glaube kaum, dass dies dort eine angemessene Spende ist, um die Götter nach deinen Worten von deinen Qualitäten zu überzeugen, geschweige denn mich selbst. Ich schlage vor, Iulius, wenn du nichts....nun ja, Stichhaltigeres vorzubringen hast, solltest du nun gehen." Mit anderen Worten: Die Verhandlung war eröffnet, und es brauchte offensichtlich mehr als läppische zehn Münzen, um den magister augurum umzustimmen. So ein dreister Kerl!
[SIZE=7]MAC[/SIZE]