Natürlich war die Angelegenheit nicht mit etwas derartig Simplem wie einem Holzeimer zu regeln. Vielmehr keimte in Alsuna die Befürchtung auf, dass ihre einmal mehr etwas unbedachte Tat eine Art frisches Stück Fleisch gewesen war, welches sie einem auf seltsame Weise ausgehungerten Wolf entgegengeschleudert hatte, in der Absicht, ihn zu vertreiben. Was selbstredend nicht funktionieren konnte. Nun hatte das Biest erst recht Blut geleckt und war wahrscheinlich gar nicht mehr aus den Waschräumen zu vertreiben. Oder, positiver formuliert, es würde noch komplizierter werden ihn davon zu überzeugen, dass Umdrehen und Laufen den besten Plan von allen darstellte. Die Sklavin mochte sich gar nicht ausmalen, wie viel wertvolle Zeit sie einmal mehr an diesen Kerl würde verschwenden müssen. Sie konnte nur hoffen, dass sich aus diesem neuerlichen Aufeinanderprallen zweier sturer Schädel kein ähnliches Szenario entwickeln würde, wie kurz nach ihrer Ankunft. Natürlich trug sie selbst nicht unerheblich Mitschuld an den vergangenen Geschehnissen. Warum hatte sie den Bastard auch nicht einfach in einen der vielen Tode rennen lassen, die sich ihm in dieser Nacht mit ausgebreiteten Armen entgegengestellt hatten? Es war seine Akademie, welche sie so schätzte, nicht er selbst.
Aber selbstverfreilich lagen die Dinge immer noch unangenehm komplizierter verknüpft. Man durfte nicht dort gedankenlos mit einem Messer herumhacken, wo man nur vorsichtig einen einzelnen Faden lösen wollte. Und Alsuna vermochte durchaus filigrane Fingerspitzenarbeit zu leisten, wenn es darauf ankam. Bei anderen Begebenheiten, mit anderen Personen. Unglücklicherweise funktionierte diese Sensibilität bei Achilleos einfach nicht so unkompliziert, denn da war einfach was an ihm, das sie sofort und ohne Umwege zur Klinge greifen ließ, wenn sie ihn nur von Weitem sah. Er musste sie nicht einmal auf so störende und nervtötende Weise ansprechen, wie er es gerade tat, es genügte vollkommen, wenn er irgendwo, irgendwann durch die Gegend schlich, um Alsunas Mordfantasien aufblühen zu lassen wie Schimmelpilze auf einem warmen Kadaver. Eigentlich musste sie nicht befürchten, von irgendwem angeklagt zu werden, wenn sie ihren Gelüsten eines wundervollen Tages doch einmal nachgeben sollte, denn nach vollendeter Arbeit würde niemand mehr diesen Haufen zerrissenen Fleisches als Marcus Achilleos identifizieren können.
Die Germanin sog langsam die leicht nach Zitrusfrüchten duftende, warme Luft des Bades ein und versuchte, mittels fröhlich sadistischer, doch leider nur geistiger Kreativität ihre Nerven ein klein wenig zu beruhigen. Er wollte sie provozieren, und diese Erkenntnis änderte einiges. Denn so fabelhaft ihm dies auch gelang, Alsuna plante ganz gewiss nicht, dem Feind mit ihrer gewalttätigen Reaktion auch noch einen freundlichen Gefallen zu tun. Stattdessen zwang sie sich ein Lächeln auf die Lippen, das einem Zähnefletschen nicht ganz unähnlich sah, wandte sich von der Tür ab und wieder ihrem Haar zu, so, als hätte sie ihr Ziel mit dem Eimerwurf bereits erreicht und der Störenfried würde inzwischen tödlich getroffen in seinem eigenen Blut liegend am Boden herumzucken.
"Ach ja, ich vergaß, du bist ja nur so schnell wenn es darum geht, dicht gedrängten Menschenmassen die Köpfe abzuschlagen", kam es munter von ihren Lippen, während sie ihr Haar mit gleichmäßigen Bewegungen kämmte.
"Das hatte so etwas unglaublich Heroisches. Wie ein kleiner Junge, der übereinander gestapelte Frösche in einem Eimer mit einem Stein erschlägt. Hach, ich war noch nie so stolz darauf, dich näher kennen zu dürfen, wie in diesem Augenblick. Wirklich zu schade, dass man dich anschließend verhaftet hat, ich finde nichts erregender als einen Mann, der mit Schwert, Rüstung und knallharter Kampfausbildung ein paar unbewaffneten, tumben Bauern so gnadenlos überlegen ist."
Immer noch übertrieben freundlich lächelnd legte Alsuna den Kamm zur Seite und begann, einzelne Strähnen ihres Haares hochzustecken, die dafür benötigte Haarnadel bereits zwischen den Lippen.