Und sie drehte sich im Kreis, so, wie es sich gehörte. Und hatte scheinends Spaß daran. Ebenso wie Piso, der nun endlich wieder einmal öffentlich seine eigenwillige Vorstellung der Ästhetik zelebrieren konnte. Der verrückte Flavier und die womöglich nicht minder verrückte Iunierin bekamen den einen oder anderen Blick, aber es waren Faunalien, und niemand schien sich groß zu scheren. Gerade wollte Piso kühn vorwärts preschen und einen neuen Tanzschritt ausprobieren (es wäre wohl eine verdrehte Mazurka rausgekommen). Da geschah es aber, dass Axilla in ihn reinrumste statt er in sie, wie geplant. Der Rumser war wirklich nicht stark, und resultierte nur darinnen, dass er mit dem linken Fuß zwei oder drei Zoll zurücktrat, um jegliches Risiko, nach hinten zu kippen, aus dem Wege zu schaffen. Zumal, da sie sich nun an ihm abstützte.
„Schwindlig ist dir? Du solltest was trinken.“, meinte er fröhlich zurück, untermalt von farbenfroher Gestik seiner linken Hand, mit der er hinaufzuwedeln schien. Bei ihrer nächsten Ansage musste er aber lachen. „Ich und Salier? Nein, sicher nicht! Und außerdem, ich kann jetzt eh nicht mehr Salier werden. Ich bin nämlich schon Arvalbruder.“ Er grinste. „Dort tanzt man nicht, nein, man frönt höheren Künsten. Man... singt.“ Das letzte Wort sprach er voller Ehrfurcht und Demut aus, als ob er von einer Gottheit reden würde. In seinen Augen funkelte die Begeisterung. „Du musst wissen, ich singe sehr gerne.“ Wenn es auch nur die Wenigsten schätzen.
Beiträge von Aulus Flavius Piso
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Dieser Opimier schien ein recht lustiger Wicht zu sein, so wie er dreinschaute. Piso konnte sich vorstellen, dass er mit dem Typen noch hervorragend zusammen arbeiten würde können, und biss sich sachte auf die Unterlippe, um nicht loszulachen. Celerina hätte er vielleicht erwähnen können, doch er kannte sie leider nicht sehr gut, und wären ihm Fragen gestellt worden, was sie anging, wäre er aufgeschmissen gewesen.
Er lächelte, doch dies gefror ihm, als Naso meinte, Gracchus sollte nach Höherem streben als nach dem Pontifikat. Ach, wenn Opimius Naso nur wüsste, wie Piso Gracchus beschworen hatte, Rex Sacrorum, oder Flamen Dialis, zu werden... aber das Schicksal schien es anders zu meinen. Er nickte also nur vage, ein Nicken, das alles bedeuten konnte.
Und der Opimius setzte noch einen drauf, als er Gracchus‘ Unterschrift erwähnte. Pisos Lächeln schwand komplett. Er hatte nicht extra auf Gracchus‘ Unterschrift gesehen, als der Brief entstand, und er verbiss sich nur mit größter Mühe die Frage, ob er den Brief sehen könnte. Doch er wusste die Antwort auch, ohne den Brief zu sehen.
Es war die selbe Antwort auf die Frage, wieso Gracchus zu nichts Höherem aufsteigen würde als das Pontifikat. „Es ist...“ Die Götter sollten ihn verdammen, wenn er Familiengeheimnisse ausplaudern würde. „...nur etwas temporäres.“ Er lächelte dem Opimier zu, auch wenn das Lächeln nicht hundertprozentig richtig aussah. Was er gesagt hatte, war gelogen.
Es war nicht nur etwas zeitweiliges, was Gracchus hatte.
Sein Lächeln entkrampfte sich. „Ich werde es ihm natürlich ausrichten, und ich bin mir sicher, er wird sich sehr freuen über deine guten Wünsche.“, umschrieb er, was wohl der Opimier gemeint hatte. „Ich danke dir sehr für die Zeit, die du für mich gefunden hast, und...“ Und? „...das Gehör, das du mir geschenkt hast.“ Er erhob sich. „Vale, Magister Septemvirorum.“ -
Ad
Manius Tiberius Durus
Villa Tiberia
Roma
ItaliaA. Flavius Piso Consuli M' Tiberio Duro salutem dicit.
Dem bereits kund gegebenen Aufruf folgend bitte ich dich, mich als Kandidaten zum Vigintivirat in der kommenden Wahl zu veröffentlichen und einzutragen.
Ich danke im Voraus.Mögen die Götter ihre Hand über dich und unsere geliebte Heimat halten.
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„Gmfffhh.“ Obwohl sie sogar ein wenig jünger war als Piso, blickte Phrima fast mütterlich auf ihn herunter. „Guten Morgen ebenfalls.“, lächelte sie, trat zum Fenster hin und zog die Girladen auf. „Urk...grgl... äh... ngngnngggnn...“ Die hübsche Räterin kicherte leise. Piso allmorgendlich aus dem Bett zu holen war immer wieder göttlich. Der Flavier hatte ihr nämlich erlaubt, alles zu tun, um ihn nur aus seiner Schlafstätte herauszukratzen. Und so ergriff sie seine Decke und zog sie runter. Piso, nun deckenlos und sich in seinem Nachtkleid zusammenkauernd, protestierte, jedoch nicht sehr effektiv, denn aus seinen Worten entströmte nur unverständliches Gemurmel. Phrima schüttelte den Kopf. „Komm ussa do.“ Piso machte seine Augen in einem Gewaltakt halbwegs auf. „Rauskommen...? M-mmmm... schlafen...“ Die Räterin, wieder bestrebt, verständliches Latein zu reden, seufzte. „Ich habe da eppas für dich. Etwas.“ Piso blickte schläfrig zu ihr hin. „Ein Aufruf zur Wahlkandidatur.“ Piso sperrte seine Augen auf. „WAS?“ „Jawohl. Wenn du Vigintivir werden willscht, musst du itz einen Brief schicken.“ Piso setzte sich auf, jegliche Müdigkeit war wie weggewischt aus ihm. „Aber... es gab doch keine Anweisung... gestern bin ich doch noch in der Kanzlei gewesen! Gestern am Abend noch... es ist unmöglich, dass eine Anweisung von Salinator durchgekommen wäre, ohne dass ich es nicht gewusst hätte. Nicht zu fassen... die Consuln müssen auf eigene Faust gehandelt haben.“ Phrima blickte Piso groß an. „Ja, dürfen sie das?“ Piso blickte seine Lieblingsräterin an und zuckte die Achseln. „Nun... es ist gegen das Wahlgesetz... Durus und Marcellus haben sich wohl drübergesetzt.“ Er stand auf und grinste. „Bona dea, wer hätte es geglaubt? Wir haben Consules mit Rückgrat. Und ich bin mir sicher, Tiberius hat das durchgepeitscht.“, jubilierte er. Phrima hatte den Faden verloren in Pisos Ausführungen und blickte ihn nur noch mehr an, vergaß sogar, sich wegzudrehen, als Piso sein Nachthemd auszog und seine Tunika überstreifte. Der Flavier, der ohnehin nicht als prüde verschrien war, und dessen Laune nun unheimlich verbessert war, störte sich nicht dran und grinste nur. „So, ich werde jetzt noch einen Brief schreiben und einen Sklaven zu den Tiberiern schicken.“ Phrima blickte verwundert. „Aber s’Frühstück...“ Piso lachte. „Das kann warten, das ist nicht wichtig... ich bin so glücklich, dass ich endlich kandidieren kann, Phrima, ich...“ Er packte sich die Kammerdienerin unverwandt und drückte ihr einen Kuss auf die Lippen. „Ich könnte die Welt umarmen! Juheirassa!“ Von der verduzten Räterin hopste er zum Schreibtisch hin und suchte sich eine unbeschriebene Schriftrolle raus. „Danke, Phrima.“ Dieselbige blickte nochmals verständnislos zum Flavier hin, bevor sie das Zimmer verließ und leise die Tür hinter sich zumachte. „Kindskopf.“, murmelte sie, als sie endlich im Gang stand... und lächelte kurz, bevor sie abging.
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Hm. Jaaaa... Wie konnte man das interpretieren, fragte sich Piso innerlich, als er seine rechte Hand leicht anhob und begann, sich philosophisch an seinem Kinn zu knubbeln. War das jetzt positiv? Oder kam dieser Laut einer Abweisung gleich? Natürlich musste Piso wissen, dass er gute Chancen hatte – denn welcher andere Kandidat hatte gleich 3 Pontifices hinter sich? Aber trotzdem, ein Teil von Piso war zaghaft, denn so überoptimistisch er war, was seine Gesangskunst anging, so realistisch, fast pessimistisch war er, was seine Karriere betraf.
Bevor Piso weitere Mutmaßungen anstellen konnte, verkündete der Priester, er werde nachdenken. Er fragte sich wieder, ob dies ein gutes Zeichen war. Nun, der Mann musste das Ganze ja noch mit den restlichen Septemviri absprechen.
Als Piso sich aber schon gedacht hatte, der Priester würde ihn nun rauswerfen, warf dieser noch eine Frage auf ihn. Piso wunderte sich immens über die Frage, aber er würde die beantworten, keine Frage.
„Nun, Flavius Gracchus ist mein Vetter. Ich halte sehr viel von ihm, in vielerlei Hinsicht ist er so etwas... ja, wie ein Vorbild für mich. Er ist ein sehr trefflicher Mensch, und auf jeden Fall ein würdiger Pontifex.“ Was Aurelius betraf, war es nicht mehr ganz so eindeutig. „Bisher habe ich Pontifex Aurelius nur zweimal gesehen, und nur einmal habe ich mit ihm eine längere Konversation bestritten. Er erscheint mir aber sehr kompetent und sympathisch.“ Mehr konnte er auch nicht sagen dazu. -
„Das hoffe ich ebenfalls.“, erwiderte Piso ebenso knapp wie Corvinus. Es war eigentlich gar nicht seine Art, jetzt nicht noch einen Kommentar draufzusetzen, aber er war sich ziemlich sicher, dass Furianus es nicht schätzen würde, wäre er indiskret mit familiären Angelegenheiten. Und als Strafe drohte eine hinter die Löffel, also auf keinen Fall etwas, was sich Piso einhandeln wollte.
Er hörte lieber dem Manne zu, als jener seine Rechtfertigung, tresvir capitalis werden zu wollen, abnickte. Gerade noch gut gegangen. Und, es kam noch besser. Piso blickte erstaunt drein, als der Aurelier ihm seine Unterstützung aussprach. Beide Augenbrauen hob er hoch, und sein Mund war geformt, als ob er ein Ü oder ein Ö verlautbaren wollte (Corvinus hatte Piso wohl mit seinem Versprechen wirklich überrascht). Doch entrann ihm kein Ton, und Piso renkte nach einer Sekunde wieder sowohl Mund wie auch Augen ein. „Das ist sehr freundlich von dir. Vielen Dank!“, rief er also mit einem frohen Lächeln im Gesicht aus. „Ich hoffe ebenfalls, dass wir uns besser kennen lernen. Und ja, eine engere Verbindung zwischen der flavischen und der aurelischen Familie ist mehr als nur wünschenswert.“ War er nicht schon für irgendeine schwindlige Verbindung mit einer Tiberierin eingeplant? Er verzog nachdenkend die Lippen. Doch bei den Tiberiern gab es ja keine ungebundene Dame, wie Piso gehört hatte (in der Kanzlei, im Zusammenlauf der Informationen des Reiches, tätig zu sein, hatte nämlich auch Vorteile). Er zuckte leicht, fast unmerkbar, die Achseln. Im Gegensatz zu den Aureliern, wohlweislich, dachte er sich, an eine Marktbegebenheit zurückdenkend. Er blickte genau auf Corvinus, sehend, ob es nicht eine physische Gemeinsamkeit mit Prisca gäbe. Corvinus ohne Dreitagebart... könnte fast hinkommen...
Er blinzelte, als der Mann etwas anderes ansprach. „Oh, ja, ich habe eine Schwester. Sie heißt Vera.“ Der Kerl wusste ja enorm viel. „Und sie ist auf der Suche nach einem Ehemann.“ Beziehungsweise die Familie für sie. Piso dachte fast, der Aurelier erwarte sich eine Antwort in dieser Hinsicht. -
„Das stimme ich komplett mit dir überein!“, meinte Piso überzeugt. „Ich traue nur den wenigsten meiner eigenen Sklaven komplett über den Weg. Im Grunde gar keinen komplett. Antiochos vielleicht, aber selbst jener ist ein alter Zyniker...“ Nein, einen, bzw. eine wie Quadrata hatte er nicht. Er musste wirklich schauen, dass er in der Richtung etwas hinbekam. Irgendeinen verlässlichen Sklaven. „Ich muss wohl noch einmal die Sklavenzucht der Familie durchforsten.“, dachte Piso laut. „Nur dort weiß man noch, was man bekommt. Die Sklavenhändler sind ja ganz elende Betrüger. Man hört da ja Sachen... irgendjemand bezahlt 100 Aurei für irgendeinen Sklaven, und dann stellt sich der Sklave als komplett nutzlos heraus, oder verschwindet einfach irgendwie. Gefährlich sind vor allem die, die frei geboren wurden.“ Ihm schüttelte es beim Gedanken daran, dass irgendein Sklave einmal ihn im Schlaf umbringen würde. Nicht sehr angenehm, daran zu denken. „Jawohl, man muss sorgsam sein bei der Auswahl von Sklaven.“, meinte er bestimmt. „Am besten ist es sowieso, wenn ein Sklave dich durchs ganze Leben begleitet. Aber ich hoffe doch nicht, dass es jemanden geben muss, der auf meine Tugend aufpasst.“ Er lachte. „Am Ehesten noch Artomaglos, den niemand versteht, der ist aber momentan in Germanien. Hast du noch Sklaven außer Quadrata?“, fragte er.
Der Flavier nickte nur, als Laevina ihn bat, sich vorher anzumelden, bevor er erschien. Nun wusste Piso endlich, wann er zu kommen hatte. Wenn er sich angemeldet hatte. Obwohl, die Anmelderei schien schon ein wenig anzüglich... als ob er sich zu einer Liebschaft schleichen würde, wobei deren Eltern nicht wüssten, dass er käme, dass sie überhaupt einen Verehrer hätte. Und dass Piso und Laevina jemals ein Pärchen in diesem Sinne abgeben würden, war fraglich. Egal, was sich Laevina so dachte.
Sein Gesicht hellte sich zu gleichen Teilen auf wie Laevinas, als sie begann, Titus und Vespasian zu loben. Diesen Lob ließ er sich natürlich gefallen, waren die beiden doch über ein paar Ecken mit ihm verwandt.
„Alle beide hast du gesehen? Was du nicht sagst! Ich leider nicht, wieso, kannst du dir denken... und Titus hat... dir zugezwinkert?“ Er lachte hell auf, bevor er sich das runterschluckte. Das könnte fast noch falsch interpretiert werden. „Verzeih.“ Er grinste aber noch immer. „Ich stelle mir aber nur vor... nun... Titus Flavius Vespasianus Minor mit einer Germanica...“ Des Piso Hand winkte ab. „Die Geschichte hätte so anders verlaufen können, denkt man sich immer wieder...“ Doch nun mussten die Germanicer und die Flavier einen schier ewig zu während scheinenden Kleinkrieg ausfechten.
Neugierig blickte er sie wieder an. „Wie war denn der Triumphzug? Ich war damals noch gar nicht geboren, und, nun ja, heutzutage gibt es solche Züge einfach nicht mehr. Weil es keine Kriege mehr gibt, Lob sei den Göttern... aber so ein Spektakel hätte ich mir schon allzu gerne angeschaut.“ Es musste sicherlich gigantisch gewesen sein, wobei, der sehenswerteste Triumphzug war sicherlich der des Caesar gewesen, als er Gallien und seine innerrömischen Feinde bezwungen hatte.
Er nickte nur, als Laevina vermutete, er fände Gefallen an Ovid. „Sicherlich hat er das. Doch ich genieße auch sehr die Dichtungen von Vergil und Sallust.“ Der wuchtige, altertümliche Stil der beiden war doch etwas Besonderes. „Oder aber die Griechen, die haben auch gute Dichtung hervorgebracht. Zu zahlreich, als dass ich sie aufzählen könnte. Was denkst du von den Griechen als Dichter?“ Piso nahm an, Laevina, als Frau aus angesehenem Hause konnte griechisch. -
Ebenfalls ein frohes neues Jahr.
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Eine Finte war Pisos Frage nicht mehr gewesen, vielmehr ein Teil einer Strategie, um auf den Händler ein bisschen sympathischer zu wirken. Sodass der Parther mit seinen Preisen runtergehen würde. Piso schützte echtes Interesse vor, und legte, freundlich lächelnd, noch gleich eins drauf. „Welch schöne Namen! Solche Namen können auch nur die Parther ihren Kindern geben... mehrere Frauen hast du auch noch? Sag mir, was sind denn ihre Namen? Und woher stammst du eigentlich? Aus der sagenumwobenen Hauptstadt Ktesiphon? Aus dem glänzenden Ecbatana, der heiligen Stadt Hatra, dem legendären Susa oder der Stadt der vielen Tore, Hekatompylos?“, fragte er scheinends interessiert. Gut, dass er aufgepasst hatte, als sein Hauslehrer ihm über Parthien gelehrt hatte.
Wichtiger jedoch noch als das Gelabere des guten Parthers war aber seine Begleiterin. Als er Prisca anblickte, kam ihm ins Gedächtnis, dass er schon eine halbe Stunde lang nicht mehr an Serrana gedacht hatte. Und ihm fiel auf, dass er jetzt, wo er wieder an sie dachte, sich davor behüten konnte, wieder in das selbe tiefe elende Loch zu fallen wie vormals, wo seine Tendenz, leicht zum Waschlappen zu werden, ziemlich manifest wurde.
„Ich... kann es anfassen? Sehr schön.“, sagte Piso, während er den Seufzer hörte. Was war dies für ein Seufzer? War das wegen ihm? Denkbar, dachte sich Piso schmunzelnd und griff vorsichtig zum Kleid hin. Lieb hatte sie gesagt, er wäre lieb. Das war ja was. Konnte das ein gutes Zeichen sein?
Es knisterte wie ein prasselndes Feuer, als er das Kleid angriff. Fast wäre er mit seiner Hand zurückgefahren, jedoch strich er sodann sorgsam über das Geschmeide. Die schwaren Stellen waren faszinierend, stellte er fest. Sie waren nicht so blickdicht, als dass man darunter gar nichts wähnen konnte, und doch nicht so durchsichtig, dass Prisca genauso gut nackt einherschreiten hätte können. Es musste eine Art Seide sein.
Die gelben Stellen, welche undurchsichtig waren, verdeckten nicht zu wenig und nicht zu viel. Piso hätte ewig draufschauen können. Selbst an einer hässlichen Frau wäre dieses Kleid reizvoll gewesen – und an Prisca erst, bona dea! Da würden selbst Eunuchen einen roten Kopf bekommen. Hatte Piso einen? Er wusste es nicht, aber ein wenig warm war es schon in seinem Gesicht geworden, als er das Kleid genau untersuchte. Ein letztes Mal strich er, fast liebevoll, über den edlen Stoff, bevor er mit seiner Hand wieder abließ. Unwillig, an diesem Stoff hätte er sich noch stundenlang ergötzen können.
Seine Trägerin wandte sich unverwandt an ihn, und der Flavier blickte auf. Ein gesellschaftlicher Anlass? Es war doch ein gesellschaftlicher Empfang in der Villa Flavia geplant! Zumindest hatte er dies mit Vera und Gracchus ausgemacht. Noch stand nichts fest, aber definitive Namen, die man in die Gästeliste füllen könnte, waren mehr als nur gefragt. Ihr letzter Satz aber war wie das Sahnehäubchen am Kuchen. Nur für ihn! Pisos Kinnlade, akut vom Herunterfallen bedroht, öffnete sich ein wenig, bevor seine Lippen ein freudiges Lächeln formten. „Nur für mich? Du weißt gar nicht, was das für eine Freude für mich ist.“, rief Piso aus. „Wir haben ein Fest geplant in der Villa Flavia. Ich weiß noch nicht, wann es stattfindet, aber ich werde sicher stellen, dass du dabei bist, Prisca.“, versprach er. Das Gefühl, dass Prisca mit ihrem Angebot den Bogen überspannt hatte, fand er nicht, im Gegenteil! Piso wusste nun, dass Prisca ihn soweit schätzte, dass sie bereit wäre, ihn noch einmal zu sehen. Und Piso wollte ebenfalls, dass dies nicht das letzte Mal war, dass er Prisca sah. Sie hatte so etwas... erfrischendes, was Piso auf komplett andere Gedanken brachte als immer nur sein Liebesgewürgse, das jetzt sowieso unwiderruflich vorbei war. Selbst wenn Serrana wieder zurück kam nach Rom, wie sollten sie wieder anknüpfen an die alten Tage?
Auch seine Begleiterin schien nicht allzu angetan vom Preis des Parthers, und es wäre natürlich eine Niederlage für Piso, als Römer, als Mann, und als Geldbeutelbesitzer, würde er solch eine gigantische Summe weggeben. Es wäre eine Niederlage vor Prisca, dachte er ebenfalls. Und so etwas war undenkbar.
Er setzte sich wieder zum Parther hin und nickte, als jener auf ihn einredete. Kunstwerke waren es wohl, was Piso zu erstehen versuchte. „Es sind durchaus feine Stücke, aber...“ Er kam nicht dazu, weiter zu reden, denn der Parther zauberte irgendetwas hervor. Irgendein Brettspiel, das Piso nicht im Geringsten interessierte. Der Flavier warf trotzdem einen Blick darauf. „So?“, wiederholte er zweifelnd und langte zum Spielbrett hinüber. Es enthielt mehrere Glasperlen (dass es solche waren, erkannte ein großer – wenn auch selbst ernannter - Kunstkenner wie Piso auf einen Blick) und irgendwelche Einritzungen. Er hatte aber keine Ahnung, wie das Spiel funktionierte, er hatte es noch niemals gesehen. Als er leicht daran herum rüttelte,
klackten die Glaskugeln leise zusammen.
Er ließ das Brettspiel sinken und blickte den Parther freundlich an. „Interessant... ich denke durchaus, dass dieses Spiel sehr wertvoll ist.“ Nur brauchte es kein Schwein. Und Piso würde das Glump sicher nicht mit sich herum schleppen. „Aber, so Leid es mir tut, ich sehe nicht, wann ich es jemals verwenden würde. Weißt du was? Ich gebe dir für alles 10 Aurei, und dafür verzichte ich auf das Spiel.“, schlug er vor, als ob das Spiel Teil des ursprünglichen Geschäfts gewesen wäre. „10 Aurei wären, so denke ich, mehr als nur angemessen.“
Die Blicke von Prisca bemerkte Piso durchaus, und seitlich schielte er ebenfalls zu ihr, mit einem verschmitzten Grinsen und einem Blick, der ausdrückte, dass er alles unter Kontrolle hatte (oder zu haben glaubte).Sim-Off: EDIT: Falls dir die persischen Namen ausgehen... hier sind noch welche.
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Das Tanzen war als Kunstform der Ästhetik unterworfen, und diese wiederum ganz spezifischen Regelungen, die, wenn es nach Piso ging, nur er in aller Deutlichkeit kannte. Alles außerhalb war Banausentum. Und das konnte man keinem Gott zumuten, nicht einmal dem wilden Faunus. Ihre Aufforderung, ihr zu zeigen, wie man ordentlich tanzte, nahm Piso also gerne auf. Denn er hielt Axilla nicht für eine Banausin. "Gut. Dann schauen wir mal, was passiert." Denn er selber wusste noch nicht, was als Tanz passend war.
Er ergriff also ihre beiden Hände. Mit festem Griff, aber nicht zu fest. Eine Sekunde hörte er auf die Musik und dachte nach. Fröhliche Musik, kein Trauermarsch. Reigen. Lustig im Reigen tanzen. Terpsichore, Muse des Tanzes. Fast extasisch, wie bei Dionysien bei den Griechen.
Der Flavier packte sich seine Tanzpartnerin und wuselte mit ihr nach links, wo er sich rasch rückwartig bei ihr einhackte und begann, rund um Axilla zu hüpfen. Kenner der Materie würden unweigerlich erkennen, dass Piso eine ein wenig primitive Form der Polka aus dem Hut gezaubert hatte. Der Flavier hatte keine Ahnung, ob Axilla wusste, wie ihr geschah, auf jeden Fall legte er eine rapide Drehung ein und tanzte nun in die andere Richtung, fast instinktiv, im Takt der Musik vorwärtshüpfend, mit den Beinen nach vorne schwingend. Die Musik wurde immer schneller, und so akzelerierten sich auch die Bewegungen des Flaviers.
Schließlich ergriff er sie wieder und hastete wieder an ihre vorherige Position zurück, wo er sie losließ bis auf die linke Hand, die er noch immer mit der rechten umklammert hielt, und hob jene, um die Iunierin zu erlauben (oder zu zwingen, je nach dem, wie man es sah), sich im Kreis zu drehen. -
Der victimarius ließ sich Zeit, in den Eingeweiden herumzukramen. Piso bemerkte, wie ihm die Schweißperlen begannen, aus der Stirn hervorzukriechen. Es waren noch nicht viele, aber wenn er weiterhin so herumstehen müsste, würde sein Gesicht bald komplett eingenässt sein. Er wagte es aber nicht, sich die unangenehme Feuchtigkeit aus seinem Kopf zu wischen. Seine Zunge war das einzige, was er bewegte – er leckte sich damit seine auszutrocknen drohenden Lippen.
Der victimarius erhob sich schließlich, und Piso hörte den erlösenden Ruf.
"Litatio!"
Das Opfer war angenommen.
Es war vollbracht.
Piso atmete kraftvoll aus und ließ seine Schultern, bislang angespannt, gen Boden sacken. In seinem Kopf kreischte eine innere Stimme Jubilationen.
Er wandte sich zum Priester, Messius Iuvenalis, hin und lächelte ihm zu, bevor er zu ihm hinschritt.
„Vielen Dank für deine Unterstützung.“, meinte er salbungsvoll. „Wieviel macht das?“ -
Gratulation an meinen schon mehrmals in Anspruch genommenen Pruefer.
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Das blutige Opfer also. Piso wusste, es war eine gewichtige Sache, die konnte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Er würde dieses Opfer ordentlich machen. Hoffentlich würde Iuppiter es annehmen. Hoffentlich. Bitte. Bitte, Iuppiter, nimm das Opfer an.
Er atmete tief ein, bevor er hinausschritt, inmitten der kleinen Prozession, die der Priester auf die Schnelle organisiert hatte. Da war ein Herold, der sich vor Piso hinstellte und laut: „Favete linguis!“ brüllte. Alles sollte schweigen, es solte keine Distraktion geben für den Opfernden. Als Piso näher zum Altar hintrat, wich der Herold wieder in die Prozession zurück.
Es gab mehrere Flötenspieler, die Piso erblickte, welche, sobald der Opferleiter ins Freie tart, anfingen, lustig vor sich hin zu dudeln. Und da waren die popae, ein paar von jenen standen herum, einige ketteten das Lamm am Altar an. Und da waren die ministri, welche mola salsa in ihren Körben trugen, und zum Lamm hinschritten, sowie die Popae fertig waren. Sowie ein popa, der in seinen Händen das mallium latum hielt, das Tuch, welches Piso nach dem gebet brauchen würde. Das Flötengedudel wurde lauter, schriller. Das Tier wurde mit der mola salsa ordentlich eingeseift, von unten bis oben, während Piso noch immer langsam auf den Altar hinschritt. Ein wenig Wein wurde über das Tier gegossen. Es quäkte ein wenig, doch dies ging komplett im Lärm der Musik unter. Zwei fidicines begannen, die Laute zu spielen, obwohl man dies durch den Lärm der Flötenspieler hindurch kaum noch hörte. Ein kurzer Blick von Piso fiel auf das Lamm. Das Tier zitterte, er konnte es sehen. Nur kein Mitleid haben. Nur kein Mitleid. Was wärst du für ein Römer, hättest du dies. Nur kein Mitleid. Denke an Iuppiter, wie er sich freuen wird über das Lamm.
Nochmals atmete er tief ein, bevor er vor das Lamm hintrat, die Hände ausstreckte und, die Handinnenflächen nach oben zeigen lassend, mit lauter Stimme anfing, zu beten.
„Vater Iuppiter Optimus Maximus, Oberster aller Götter, Größter aller Unsterblicher, erhöre mein Gebet. Das Reich hast du beschützt sein Anbeginn seiner Geschichte, über den Kaiser hast du deine Hand gehalten, sowie über das Volk, über uns alle. So höre mich! Ich, dein treuer, frommer Diener Aulus Piso aus der gens Flavia, rufe dich an! Ich, der dir dieses Opfer hier gebe zu deinem Ruhm! Nimm dieses Lamm an, welches ich dir darbringe. Ich bitte dich dafür, halte weiterhin deine Hand über Rom, vereitle die Pläne der Feinde des Römertums, halte deine Hand über meine gens, und über mich! Stehe mir und uns Römern bei, sowie Gefahren drohen! Sei uns gnädig. Wenn du mein Gebet erhörst, werde ich dir auch weiterhin opfern. Reiche Gaben sollst du auch in Zukunft von mir erhalten, wenn du mir gibst, so wie ich dir nun gebe.“
Leicht fatalistisch klang sein Gebet wohl. Doch Piso konnte nicht sehr optimistisch sein, was die momentane politische Lage in Rom anging.
Er drehte sich nach rechts, wo er von einem popa das mallium latum erhielt. Er wischte sich damit langsam die Hände ab, bevor er es zurückgab. Es hielt daneben bereits ein popa ein Opfermesser bereit. Piso nahm es an und kniete sich zum Lamm hinunter. Vorsichtig zog er es vom Kopf bis zum Schwanz des Tieres, dabei eine Rille in der draufgepappten mola salsa hinterlassend. Nach links drehte er sich nun, zum victimarius, welcher bereits da stand und darauf wartete, zu opfern. Dieser bekam das Opfermesser in die Hand gedrückt, und Piso trat zurück. Der victimarius kniete sich zum Tier hin und setzte das Messer am Hals an.
„Agone?“, fragte er mit lauter Stimme.
Piso atmete tief durch, bevor er laut und deutlich antwortete.
„Age!“
Und der victimarius agierte. Die Halsschlagader wurde mit einem Schnitt durchtrennt. Das Blut spritzte, über die Schürze des victimarius, auf den Boden hin, wo der weiße Stein sich rot zu verfärben begann. Auch der Altar bekam Blutsprenkel ab.
Piso schloss die Augen, als der victimarius begann, das Tier auszunehmen, um zu sehen, ob das Opfer akzeptiert worden war.
Würde Iuppiter das Opfer annehmen? -
„Jawohl, einfach nur so.“, meinte Piso fröhlich zu Archias hin, und maß seiner leichten Bestürzung keinerlei Bedeutung bei. Sicherlich war sein Freund auch nur überrascht. Davon, dass Archi ihn mit Axilla scheinends verkuppeln wollte, ahnte er nichts. „Jawohl, ich habe ihr etwas vorgetragen vom Gedicht. Ich habe dir eh schon davon erzählt, Archi, und dir auch, Vera...“ Bald würde es wohl ganz Rom wissen. Gut möglich, die Welt war elend klein, wie es hie und da den Anschein hatte.
Bei Seianas Worten lachte er wieder. „Nicht doch. Was meinst du, wie er von dir vorgeschwärmt hat in seinen Briefen, ich habe die Liebeskrankheit richtig herauslesen können.“ Gut, dass Archi kein Kitschbruder war, bei Piso wären solche Briefe einfach nur triefend schlimm gewesen.
Als seine Schwester, ungewöhnlicherweise, einen Korbsessel herbeischaffte, ließ sich der Flavier endlich auch auf eine Kline nieder. „Sag, Imperiosus, willst du nicht auch Platz nehmen?“, fragte er seinen Arbeitskollegen, der noch immer herumstand.
Als die Haare ins Gespräch kamen, grinste Piso wieder. Er konnte sich gut daran erinnern, wie Archi seine Schwester immer an den Haaren gerupft hatte, nur um ihrem legendären Quieken (welches man sicherlich bis nach Rom gehör hatte) zu lauschen. Piso vermutete stark, dass es eben dieser Missbrauch gewesen war, der Vera schlussendlich veranlasst hatte, die Zöpfe zu lassen.
Er erhob schließlich seinen Becher. „Sehr wohl. Darauf, dass alle heil hier sind.“, sagte er salbungsvoll und stürzte seinen Becher hinunter, wie in den guten alten Zeiten in der Taberna Apicia. Er grinste zu Imperiosus hin. „Sag mal, hast du Blumenvasen herumstehen? Wenn ich du wäre, würde ich die schon einmal in Sicherheit bringen.“ Unvergessen der Vorfall in der Taverne... doch selbst, wenn die Gesamtheit der Flora in der Casa Pompeia entfernt werden würde, würde der Flavier doch anderes finden zum Vernichten, wenn er erst einmal genug Wein intus hatte. -
Piso hörte sich die Worte der Frau von ihm an, und seine Augen wurden leicht größer, als er die Gute sprechen hörte. Wie sollte er reagieren? Am Liebsten wäre er laut herausgeplatzt vor lauter Lachen, konnte sich aber beherrschen und destillierte sein Amusement in ein Lächeln, ein Grinsen, begleitet von einem unbewussten leichten Anheben beider Augenbrauen. „Dass du neu in Rom bist, kannst du, mit Verlaub, nicht verhehlen. Glaub es mir, du wirst die tausenden von ungeschriebenen Regeln noch kennen lernen.“, meinte er.
„Apropos, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt, verzeih mir diesen Faux-Pas. Aulus Flavius Piso heiße ich. Welches ist dein Name?“ Die junge Dame die ganze Zeit hindurch Gnädigste nennen zu müssen, wäre doch ein wenig kompliziert.
Doch abrupt wurde er vom Gespräch abgelenkt, als plötzlich ein unbeschreibliches Jubeln um sie herum ausbrach. Das Wagenrennen war zu Ende. Die Veneta hatte gewonnen – doch nicht ohne Abstriche. Auch Piso stand nun auf und ließ sich von Archi zu ihm hinziehen. Und da standen sie nun, herumspringend, Piso, Archias und Centho. Piso hüpfte ebenfalls mit Archi mit, doch war er etwas weniger enthusiastisch – Casetorix hatte nämlich seinen Einzug verpasst. Dabei war es so knapp gewesen. Zu ärgerlich, jetzt standen nicht 3, sondern nur 2 Venetawägen am Start. Dies war doch ein wenig hinunterziehend. Nichtsdestotrotz brüllte auch Piso laut: „Victrix!“, mit (denn das „Veneta“ schrien andere Leute). Und tat es Archias weiterhin gleich. Hüpfen, immer nur hüpfen. Selbst wenn man nicht mehr konnte – weiterspringen! -
Jetzt, da der umtrunkerfahrene Piso durch vorsichtiges Süppeln den Weinpegel im Becher auf ein akzeptables Niveau gesenkt hatte, war es viel einfacher, noch einen Schluck zu tätigen, was er nun auch tat.
Natürlich war Piso so wie viele andere junge Männer. Obwohl er sich oft einbildete, unendlich weit über anderen zu stehen, tat er das nicht, wie der Magister es richtig erkannte.
Wieso also die Septemviri, lautete die Frage. Piso war durchaus geschmeichelt davon, dass der Magister befand, er wäre gut geeignet für die Haruspices. Er hatte sich ja auch schon überlegt, ob er sich nicht an jene wenden sollte. Doch die Leberschau war doch ein wenig zu unästhetisch, dachte sich Piso. Doch dies reichte als Argument nicht. Es wunderte ihn doch ein wenig, dass es noch spektakulärere Arten und Weisen zu Sterben gab als die vom toten Septemvir Stolo (der in seiner Casa mir nichts, dir nicht, umgekippt war), und dass solch eine Todeswelle bei den Collegien wütete, doch hielt er sich nicht lange mit solchen Gedanken auf.
„Die Aufgaben der Septemviri sind in ihrer Natur solche, mit denen ich schon gut vertraut bin von meiner Arbeit in der Kanzlei her, und deshalb denke ich, dass ich als Septemvir von größerem Nutzen sein kann als in sonst einem Collegium. Ich habe mich nicht blindlings entschieden für irgendein Collegium, sondern für das, für welches ich mich am Besten geeignet halte.“ Er blickte kurz nach oben und faltete seine Hände kurz, bevor er wieder zu Naso hinschaute. „Ich bin juristisch gebildet, und somit habe ich einen guten Einblick in das weltliche wie auch das religiöse Recht gewonnen, mit welchem sich die Septemviri doch häufig im Rahmen ihrer administrativen Arbeit beschäftigen. Auch habe ich umfassende Bildung in der Wirtschaftskunde hinter mir, welches ohne Zweifel sehr nützlich wäre beim finanziellen Aspekt der Arbeit eines Septemvirs. Der aufgrund der organisatorischen Arbeit, die man als Spetemvir zu leisten hat, substanziell ist. Zudem studiere ich an der Schola Atheniensis die Ausrichtung von Feierlichkeiten. Noch habe ich mein Prüfungsergebnis nicht zurückerhalten, aber ich bin zuversichtlich.“, versicherte er Naso. „Da die Septemviri auch dafür zuständig sind, denke ich, dass ich der richtige Mann bin für die Füllung des Posten.“ -
Pisos Hoffnung, Furianus könnte in seiner Unterstützung hinter ihm stehen, wurde enttäuscht, als jener mit Gracchus übereinstimmte, wobei er ebenfalls ein wenig ungläubig klang. Piso blieb somit nur übrig, widerwillig die Realität zur Kenntnis zu nehmen. Gracchus konnte in dieser Kondition nicht Rex Sacrorum werden. So lächelte Piso nur vage, als Gracchus ihm dankte für sein Vertrauen, jedoch klar machte, dass er in nächster Zeit nicht Rex Sacrorum werden würde.
Zumindest aber ließ er mit dem Wort „Derzeit“ Piso etwas Hoffnung, welche mit dem Ausdruck „Zu anderer Zeit allfällig“ erhöht wurde. Er rang sich ein Lächeln ab. Doch war jenes nur halbherzig. Wie konnte es anders sein? Gracchus, eines seiner größten persönlichen Vorbilder in so vielen Belangen – politisch, geistlich, spirituell, intellektuell, moralisch – präsentierte sich vor ihm reduziert zu einem menschlichen Wrack. Etwas, was sehr saure Kost war für den jungen Flavier, der nicht nur die Möglichkeit für seine gens, mehr Einfluss zu gewinnen hinfortschwimmen sah, sondern auch die Möglichkeit, sich jederzeit auf Gracchus‘ Gewicht als politisches Schwergewicht zu verlassen. Doch immerhin blieb die Hoffnung, es könnte besser werden, Gracchus könne sich erholen, genauso wie Furianus, und die beiden könnten, zusammen mit ihm als neues Element in der gens Flavia, die alte kaiserliche gens wieder zu ungeahnten Höhen antreiben.
Aber selbst dieses vage Lächeln erlosch, als er Gracchus‘ verwirrten Gesichtsausdruckes gewahr wurde, als Furianus erwähnte, dass er eine Frau ehelichen würde. Wieso wusste Gracchus das nicht? Es pfiffen schon die Spatzen von den Dächern, um es profan auszudrücken. Piso wusste noch nicht, dass Pontifex Aurelius dies wissen würde, doch erstaunen würde es ihn nicht. Denn alle wussten es, außer Gracchus. Er spürte den Blick von ebendiesen auf sich lasten, als er kontemplierte. Der Blick sah aus wie ein Fragezeichen, und wurde entgegnet von einem bedrückten Streifblick des Piso.
Welcher sich sofort wieder Furianus zuwandte, als dieser begann, von seiner Frau zu erzählen. Auf jeden Fall war dies erfreulicher, als über Gracchus‘ Gesundheitszustand nachzudenken. Obwohl, dies galt auch nur eingeschränkt, denn eine tiberische Verbindung wurde aufs Tapet gebracht. Piso blickte zu Furianus hin, als er sich von ihm angeschaut fühlte. Es war einschüchternd, das Objekt so vieler vielsagender Blicke zu sein. Wieder ratterten Pisos Gehirnwindungen. Es war ohne Zweifel so, dass Furianus eine Bindung mit den Tiberiern wünschte – doch wer sollte dies garantieren? Er? Er fühlte sich echt nicht nach Heiraten im Moment. Vera? Er sollte seine Schwester verschachern an irgendeinen Tiberier? Sicher nicht. Familiäre Bindungen waren durchaus keine schlechte Sachen, doch Piso fühlte sich sehr unwohl dabei, in so etwas hineingezogen zu werden.
Wobei, das war sicher noch nicht alles, was von Piso erwartet wurde. Am Besten, er dachte gar nicht darüber nach, und gönnte sich stattdessen noch etwas vom Wein.
„Valerius.“, meinte er auf Furianus‘ Worte hin. „Die Valerier haben ja enge Bindungen mit den Claudiern.“ Er hatte mal was darüber gehört. „Wirst du ein Heiratsfest veranstalten?“, war seine nächste Frage. „Sicherlich wäre das die Gelegenheit, Catilina kennen zu lernen.“ Da sie nun Teil der Familie war, benutzte er automatisch ihren Cognomen. Der ihn an Sergius Catilina erinnerte, wenn er darüber nachdachte. -
„Das wird sicherlich stimmen.“, meinte der Arvalbruder Piso zum Salier Gracchus. Da hatte sein Vetter ohne Zweifel Recht. Durus wäre der Mann, der am Besten eine Empfehlung schreiben könnte von der Warte eines Arvalbruders aus.
Er nickte nur zu den Aussagen seines Vetter hin, als jener ihm Hinweise gab, wie er seine Qualifikationen beim Magister Septemvirorum anbringen könnte. Sicherlich, juristisches Denken war sicherlich nützlich bei den Epulonen, vor allem, da es durchaus denkbar war, dass ihre Tätigkeiten nicht nur religiöses, sondern auch weltliches Recht tangieren würde. Bei dieser Gelegenheit fiel ihm auf, dass er tatsächlich noch nie die Chance erhalten hatte, seine Künste vor Gericht zu beweisen. Die Leute klagten viel zu wenig heute. Schade.
Die letzten Pinselzüge wurden am Dokument getätigt, und Piso blieb nicht viel anderes übrig, als sich abermals zu bedanken. Doch sein „Danke“ war nicht ohne einen Seitenblick zu Sciurus hin gemurmelt, dessen Geschreibsel von Gracchus nicht einmal durchgelesen wurde (außer, Gracchus las, während er unterschrieb, was schwer möglich war). Was, wenn der Sklave nun einen bösartigen Text geschrieben hatte, daraufhin gerichtet, der Flavia, insbesondere ihm und Gracchus, zu schaden? Er konnte nur hoffen, dies wäre so. Noch vertraute er seinem Schreiber Antiochos nicht so, dass er nicht nach jedem diktierten Brief (obwohl, seine Briefe schreib er am Liebsten selber) noch einmal darüber gehen würde.
Wie dem auch sei, der Brief war nun nicht mehr das Thema, welches relevant war, und dem sich Piso noch mehr Zeit widmen wollte. Sein Problem war nun ein anderes. Er zog es aus einer Tasche hervor. Es hatte die Form einer Schriftrolle, die Piso sorgsam vor Gracchus ausrollte. Er wollte sie schon Gracchus zeigen, da hielt er inne. Zog die Schriftrolle wieder zu sich her und wendete sie, sodass das Geschriebene in seine Richtung zeigte. „Ich lese es dir vor, ja?“ Er räusperte sich und begann.
„Es ist der Abschriedsbrief von Marcus. Marcus Aristides.“ Als ob Gracchus das nicht wüsste. „Es steht dort: Piso, mein guter Vetter, ich muss mich bei Dir entschuldigen, es kommt wohl leider doch nicht zu unserem Musikabend in nächster Zeit. Ich werde Rom verlassen und erstmal all dem Sumpf und dem Moloch dieser Stadt den Rücken zu wenden. Es ist für mich Zeit, etwas Ruhe und meinen inneren Frieden zu finden und das werde ich in der Hauptstadt nicht können. Ich bin mir sicher, daß Du Deinen Weg weiterhin großartig gehen wirst. Laß Dich nicht unterkriegen, glaube an Dich und höre nicht auf, Deine Lyra zu spielen, egal, was die Anderen sagen. Mögen Dir Götter über Dich wachen, dein Vetter.“
Wieder räusperte er sich. „Doch dies ist nicht alles. Marcus fügte ein Post Scriptum ein. Es liest sich folgendermaßen: Piso, ich hab nie wirklich schlecht von Dir gedacht. Es wäre auch absurd, denn Du ahnst gar nicht, wie ähnlich wir uns doch sind. Vielleicht erzählt Dir Manius eines Tages davon.“
Er ließ seine rechte Hand, mit der er die Rolle hochgehalten hatte, wieder sinken. „Der Gedanke daran, was er gemeint haben mochte, hat mich lange beschäftigt, gequält. Ich habe nachgedacht darüber, was er gemeint haben mochte... doch außer unseren offensichtlichen Gemeinsamkeiten, unzweifelbar im flavischen Blut verankert, habe ich nichts finden können. Ich ahnte es damals nicht, und heute auch noch nicht. Kannst du mir sagen, was Marcus damit gemeint hatte? Ich finde keine ruhige Sekunde mehr, wenn ich es nicht herausfinde.“, beichtete Piso Gracchus. -
Ja, was sollte er denn groß sagen, wenn man ihn nicht zu Wort kommen ließ? Er aß nur seine Leber, blickte hie und da zu Archias hin, mit einem Blick, der nur zwischen zwei Leuten, die nicht richtig in eine Konversation einsteigen konnten, gewechselt werden konnte, und hörte zu. Das Gespräch driftete ab in eine Richtung, bei der er sich gut auskannte, sehr gut sogar. Er schrieb ja ein Gedicht darüber. Er lächelte, als das familiäre Thema angeschlagen wurde, und wartete auf die geeignete Möglichkeit, ins Gespräch zu kommen.
„Man muss aber bedenken, Iunius Brutus und Tarquinius Collatinus, die beiden ersten Consul, hätten ihren König nicht stürzen können, nur aus dem Gefühl heraus, dass er ein schlechter König war. Es musste eine Missetat geben, die der König begehen würde, welche das Volk gegen den Tyrannen aufbringen würde, und einen legalen Grund hergeben würde, um einen Umsturz zu initiieren. Und genau dies tat der letzte Kronprinz von Rom, als er Lucretia schändete. Diese Tat war so ungeheuerlich, dass es einen legitimen Grund gab, die Monarchie zu stürzen. Es gab nach der Vergewaltigung eine gesetzliche Basis für die Absetzung des Königtums. Die Verbannung war somit kein Verrat mehr, sondern ein Dienst am Vaterland.“
Er beugte sich zurück und klatschte zweimal in die Hände. Es wurde für alle Beteiligten am Mahl eine Suppe gebracht, wieder von den selben 5 Sklaven. „Hühnersuppe a la Flavia.“, wisperte einer der katzbuckelnden Sklaven, dessen Ankündigung sowieso ignoriert wurde. Man konnte ja schließlich sehen, dass es eine solche war – mit Gewürzen durchaus exquisit abgeschmeckt.
„Es muss also einen Grund geben, um einen Despoten abzusetzen. Er muss an einen deutlich festsetzbaren Punkt daneben treten, um seine Legitimität zu verlieren.“, meinte er, als er sich der Suppe zuwendete und interessiert mit dem dargereichten Löffel darin kurz herumrührte, bevor er sie probierte. -
Es ist schon faszinierend, kaum kommt man drei Tage nicht zum Schreiben, schon hat man wieder 10 offene Threads.
Verzeiht meine nicht stattgefundene Abmeldung, bin jetzt wieder des Oefteren hier.