Ha, Semiramis hatte ihn erfolgreich abgeblockt! Das hoffte sie zumindest. Wobei man sich bei diesem Griechen wohl nicht sicher sein konnte. Sein ganzes Gehabe verwirrte sie einfach. Einen wie ihn hatte sie noch nie getroffen, nicht mal in Damaskus. Und das sollte etwas heißen!
Eilig setzte sie ihren Weg zum balneum der Sklaven fort, bis sie schließlich die entsprechende Tür erreicht hatten. Sie tat anfangs etwas geheimnisvoll, als sie die Tür öffnete, um Patraios so richtig neugierig zu machen und um sich hinterher noch mehr amüsieren zu können.
Trara, da stand er, der berühmt berüchtigte Badezuber. Die Syrerin grinste über beide Ohren, vermied es aber vorerst, laut los zu grölen. Dem Grieche hingegen war gar nicht nach grinsen zumute.
"Ganz recht!", bestätigte Semiramis Patraios scharfsinnige Einschätzung.
"Keine Ahnung." Sie zuckte mit den Schultern und machte sich daran, seine Frage weiter zu beantworten und dabei so sachlich , als möglich zu klingen.
"Ich habe mir nie die Mühe gemacht, sie zu zählen. Aber es sind schon ganz schön viele! Und ja, sie baden alle hier!" Nun konnte sie sich nicht länger zurückhalten und prustete laut los. Wer hätte gedacht, dass dieser Morgen noch so lustig werden konnte? Aber apropos Morgen, mittlerweile war der Morgen schon weiter fortgeschritten. Nicht lange und die ersten der Herrschaften würden aus ihrem Schlaf erwachen und wie kleine Kinder nach ihren Sklaven rufen, damit diese sie wuschen und ankleideten. Der heutige Tag war nur die Fortsetzung dessen, was am vorherigen Tag in der Villa Aurelia ihren Anfang genommen hatte.
"Ich lass dich jetzt besser allein. Viel Spaß beim Schwimmen!", rief sie ihm schließlich spöttisch zu, drehte sich um und ging.
Beiträge von Semiramis
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Nun ja, also das hätte er nicht sagen dürfen, denn nun war Semiramis tatsächlich beleidigt. Der Bursche stellte sie so da, als habe sie den gestrigen Tag nur gefaulenzt. Gewiss, die Hochzeit hatte etwas, aber das Fest war auch mit viel Arbeit und Stress verbunden. Und die paar Häppchen, die sie sich unbemerkt zwischendurch einverleibt hatten, konnte man wohl kaum als Festmahl bezeichnen.
"Ja, ganz recht!", zischte sie. "Und die Weinfahne, die übrigens gar keine ist, habe ich von nur einem einzigen Becher Wein!" Schmollend sah sie in eine andere Richtung. Sie bereute es, so früh aufgestanden zu sein. Glücklicherweise (oder war es sein Glück?) wechselte er das Thema. Er kam wieder auf Piso zu sprechen. Semiramis jedoch konnte sehr nachtragend sein.
"Tja!",antwortete sie spöttisch und würdigte ihn keines Blickes. Hätte sie ihn doch wenigstens eines kleines Blickes gewürdigt, wäre ihr vielleicht aufgefallen, auf welche Weise er sie anstarrte und welche Absichten er verfolgen könnte. Sie fand ihn vollkommen überzogen. Besonders als er vor ihr zu prahlen begann, was für ein toller Hecht er doch war. Selten hatte sie jemand kennengelernt, der so sehr von sich selbst überzeugt war. Nun, vielleicht Piso. Der war auch sehr von sich selbst überzeugt, besonders von seinem Gesang.
"Na, dann komm!" Die Syrerin begann davon zu stürmen, dem balneum servorum entgegen. Ihr Plan war es, ihn dort los zu werden, damit er sich dort nach Herzenslust austoben konnte. Sie freute sich bereits auf sein dummes Gesicht, welches Patraios zweifellos machen würde, wenn er den Badezuber sah, in dem er von nun an "schwimmen" konnte.
"Wie bitte?" Semiramis blieb unvermittelt stehen. Was hatte er da gefragt? "Äh…", machte sie verlegen, um nichts anderes sagen zu müssen. Was sollte sie darauf nur antworten? Und wieso fragte er sie so etwas? So etwas fragte man doch nicht! "Das… das geht dich gar nichts an!", fügte sie nach einer Pause schnell noch an. -
Semiramis war vielleicht keine Leuchte, wenn es um Kunst, Literatur, Philosophie oder dergleichen ging, aber sie hatte genug Bodenhaftung um aus Patraios überkandidelten Worten zu erkennen, was wohl der wahre Grund seines Fernbleibens gewesen sein musste. Es lag ganz klar auf der Hand! Dieser nette junge Mann, mit dem es die Götter gut gemeint hatten, als sie ihn ausstaffiert hatten, war schlicht und ergreifend ein Drückeberger! Während sie und unendlich viele andere Sklaven sich am gestrigen Tage den, pardon Arsch aufgerissen hatten, um jeglichen Wünschen der Hochzeitsgäste gerecht zu werden, hatte Patraios es vorgezogen, sein Alabasterkörperchen zu stählen. Wie Hohn klangen seine Worte in ihren Ohren! Aber glücklicherweise war er damit in der Villa Flavia an der richtigen Adresse! Die anderen Sklaven würden ihm mit der Zeit schon zeigen, wohin der Hase lief. Und nicht nur das, wenn Piso kein Waschlappen war, der vor dem Sklaven seiner Frau kuschte, würde der ihm den Marsch blasen. Sie vertraute da einfach mal auf ihren dominus und seine Extravaganzen.
"Aha, mhm, als wir gefressen und gesoffen haben… soso! Da ist dir wirklich was entgangen!" Es zeugte von Körperbeherrschung, dass sie ihn nicht jetzt schon ins Gesicht gesprungen war.
"Mein dominus hat es nicht so mit Leibesübungen." Jedenfalls hatte sie ihn niemals dabei erlbebt.
"Aber das balneum servorum bietet sich optimal für deine Schwimmübungen an. Kann ich dir nur empfehlen, besonders dann, wenn es mal wieder kein warmes Wasser gibt. Das härtet ab", meinte sie spöttisch. Um genau zu sein, befand sich im balneum servorum lediglich eine alte schäbige Wanne, die man vorher selber befüllen musste. Und wenn man Pech hatte, musste man vorher erst noch für heißes Wasser sorgen, was recht mühevoll war. -
Natürlich wäre Semiramis keinen Moment lang auf die Idee gekommen, was in dem Sklaven vorging oder was er für seine Herrin empfand. Hätte man sie gefragt, ob sie so für Piso empfand, hätte sie wohl nur einen Lachkrampf bekommen. Die Bemühungen des Sklaven, sich nichts anmerken zu lassen, interpretierte Semiramis als sarkastisches Gehabe, was durchaus auch witzig sein konnte. Sie blieb stehen und kicherte. "Gern geschehen!" Während sie noch über die urkomischen Bemerkungen des Sklaven lachen musste, versuchte dieser unmerklich das Thema zu wechseln, Geschickterweise lenkte er es auf die Syrerin und ihren Namen. Er erzählte ihr das, was sie gerne hören wollte, verglich sie mit ihrer Namensvetterin. Ja, so konnte man Semiramis für sich gewinnen. Ihr Lachen war längst verstummt. Nun betrachtete sie ihn eindringlich, als wolle sie seine Worte aufsaugen.
"Patraios!", wiederholte sie gedankenlos, ohne ihre Augen von ihm zu lassen. Doch nachdem er sich ihr vorgestellt hatte und erläutert hatte, was bisher seine Aufgabe war, wandte er sich plötzlich von ihr ab. Nanu, wo schaute er denn hin? Semiramis versuchte seinem Blick zu folgen und da begann er sich auch schon über ein Fresko zu ergießen, von dem die Syrerin nicht einmal die Hälfte verstand.
"Äh, was?" Göttervater? Wer? Wo? Wie? Olympia? Im Grunde waren das alles hispanische Dörfer für sie, obgleich sie nicht einmal wusste, wo Hispania lag. Semiramis hatte von Kunst ungefähr soviel Ahnung, wie eine gackernde Henne, die nur darauf bedacht war, Eier zu legen. Sie errötete, da sie nur mit so viel Unwissenheit glänzen konnte. Und selbst als Patraios sie nun wieder ins Visier nahm, fühlte sie sich noch immer etwas unbehaglich. Denn sie war geradezu im wahrsten Sinne des Wortes überwältigt von der Wortgewalt seiner Frage.
"Ah, ich komme aus Syrien," antwortete sie vorsichtig, als ob sie sich davor fürchtete, etwas falsches zu antworten. Ebenso war es ihr fast schon peinlich, über die Ereignisse zu sprechen, die dazu geführt hatten, dass sie nun Sklavin war. "Mein… äh.. der alte Aziz… äh also mein Ziehvater, hat mich an einen Sklavenhändler verkauft, weil er das Geld brauchte. Danach hätte ich eigentlich so wie immer wieder weglaufen sollen, aber leider ging das diesmal nicht." Semiramis vermied jegliche Beteuerung, dass sie mit dieser Masche schon ein gutes Dutzendmal durchgekommen waren und damit bis dahin gutes Geld verdient hatten. Unglücklicherweise war ihr aber die verflixte dreizehn zum Verhängnis geworden.
"Aber jetzt sag doch mal, wieso kommst du erst jetzt und warum warst du nicht auf der Hochzeit?", fragte Semiramis hartnäckig nach, denn Patraios hatte zwar viel erzählt, ihre Fragen aber hatte er nicht beantwortet. -
Semiramis hatte sich selten so verloren gefühlt. Was doch so ein bisschen Stoff alles bewirken konnte! Und erst der Verlust desselben! Nun denn, mit zitternder Hand stopfte sie den beiden Römern die gewünschte Frucht in deren Münder. Doch mit der Zeit konnte sie die Auswirkungen des nachhaltigen Weinkonsums beobachten. Zuerst war da noch ein lallen. Dann noch ein kurzes Aufflammen beim Curatier, welches aber fachgerecht von Astarte vereitelt wurde. (Dafür hatte die Sklavin jetzt einen gut bei Semiramis!) Und dann war da nur noch Stille, welches ab und an von einem Schnarchen unterbrochen wurde.
Spätestens als die Weintrauben aus Pisos und Pulchers Mündern wieder ungekaut heraus kullerten, war sich die Syrerin sicher, ihre Arbeit beendet zu haben. Erleichtert ließ sie sich zusammensacken und schob sich nun selbst noch eine der süßen Trauben in den Mund. Geschafft! Zufrieden sah sie zu den beiden Sklavinnen auf.
"Na gut, Mädels! Die haben genug von uns. Lasst uns gehen! Mit denen sind wir fertig!" Vorsichtig, ohne Lärm zu machen und somit das erwachen einer der beiden Römer zu riskieren, stellte sie die Schale zurück, hob ihre Tunika auf und zog sie sich wieder hastig über. Dann wartete sie noch auf Astarte und Phrima, bis auch diese sich von den beiden Männern erhoben hatten.
"Das hast du richtig gut gemacht, Astarte! Dieses widerliche Ekel! Pfui!", sagte sie kichernd zu der Sklavin und spuckte kurz aus, um ihren Widerwillen noch stärker zum Ausdruck zu bringen, als sie sich langsam zum Ausgang schlichen. -
Ja, sie konnte helfen! Semiramis war ganz Ohr. Und nicht nur das. Auch behielt sie den Fremden im Auge und überlegte zudem, ob sie ihn nicht doch schon einmal gesehen hatte. Zweifellos war dieser junge Mann recht ansehnlich, um nicht zu sagen hübsch. Hübscher jedenfalls, als die widerlichen Kerle, die ihr Herr gelegentlich zwecks gemeinsamer Besäufnisse einzuladen pflegte. Immer noch dachte sie mit einem Schauder an Curatius Pulcher zurück. Igitt, igitt!!!
Doch das Rätselraten um den fremden Schönling nahm ein jähes Ende, als er den Schleier um seine Person lüftete. Weit gefehlt, er sei ein patrizisches Überbleibsel der Feierlichkeiten des vorhergegangen Abends! Nicht mal ein plebejisches war er. Eigentlich war er nur ein Sklave. Einer von vielen also, denn in der Villa gab es unzählige Sklaven. Um genau zu sein, hatte es die Syrerin hier mit einem der Sklaven der Aurelia Prisca zu tun, der neuen Frau ihres Dominus.
"Ach so!" Die Enttäuschung in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Gleichzeitig nahm sie wieder eine wesentliche entspanntere Haltung an.
"Die Unterkünfte der männlichen Domestiken?", echote sie, indem sie leicht amüsiert grinste, weil sie die gestelzten Ausdrücke des Sklaven lustig fand. Das war eindeutig zu viel für Semiramis´einfaches Gemüt.
"Die Sklavenunterkunft suchst du? Ja, sicher kann ich dir die zeigen. Komm einfach mit!" Wieder stieß sie sich von der Säule ab und ging voraus, in der Hoffnung, der fremde Sklave würde ihr folgen.
"Sag mal, wie heißt du eigentlich? Und wieso kommst du erst jetzt? Warst du nicht auf der Hochzeit?" Semiramis war trotz der frühen Stunde schon sehr gesprächig, was lediglich daran lag, ihren Wissensdurst stillen zu wollen. Zum einen war es immer hilfreich, wenn man wusste, mit wem man es in Zukunft zu tun hatte. Andererseits konnte man später während des Essens im cenatio servorum mitreden. Nein, man konnte mit dem neuerworbenen Wissen vor den anderen Sklaven glänzen und stand so, wenigstens für kurze Zeit, im Mittelpunkt.
"Ach ja, ich heiße übrigens Semiramis. Und es sieht so aus, als ob wir in Zukunft öfter miteinander zu tun haben werden, denn mein Dominus ist der neue Mann von deiner Domina!", fügte sie beiläufig hinzu, während sie im Begriff war, das peristyl zu verlassen. -
Ahh, einfach herrlich, diese Ruhe. Sie atmete tief ein und auf einmal war sie wie weggeblasen, diese Übelkeit, weil sie am Abend zuvor viel zu viel Alkohol getrunken und noch mehr viel gegessen, als sie es eigentlich gewohnt war. Hachja, das war ein Fest gewesen! So was gab´s nicht alle Tage! Und trotzdem war jetzt die Stille angenehm, denn ihr war, als hallte der Lärm immer noch in ihren Ohren. Es war furchtbar laut gewesen, auf dem Fest. Massig viele Leute waren da gewesen. Irgendwann hatte Semiramis aufgehört, zu zählen. Aber jetzt war die Villa wie ausgestorben. Von den Flaviern war noch keine Spur, Weder Piso noch Flaccus und noch weniger Gracchus. Sie schliefen alle noch mit, bei oder auch ohne ihre Frau, sofern sie eine hatten. In wenigen Stunden schon, würde die Sache anders aussehen, deswegen genoss sie diesen Augenblick. Einfach nur so dastehen, mit geschlossenen Augen und tief durchatm…. Ah, was war das denn? Semiramis riss schnell die Augen auf und stieß sich etwas von der Säule ab, als sie hörte, wie ihr eine fremde Stimme einen guten Morgen wünschte. We war das denn? Den hatte sie ja noch nie gesehen!
"Äh ja, guten Morgen," machte sie zaghaft und musterte den Fremden. Auch wenn er "nur" eine einfache wollene Tunika trug, so war dies zu dieser Stunde nichts ungewöhnliches. Der Fremde konnte sonst wer sein. Vielleicht einer von den Aureliern, der letzte Nacht hier versackt war, weil er einfach zu viel getrunken hatte. "Kann ich irgendwie helfen?", fragte sie dann noch. Schließlich sollte es am Ende nicht heißen, Semiramis hatte sich nicht aufopfernd um die Gäste des Hauses gekümmert. Sonst landete sie vielleicht deswegen noch im Loch. Das hätte ihr gerade noch gefehlt! -
Dies war einer jener Momente, da sich Semiramis wünschte, nie geboren worden zu sein. Es war ihr so peinlich, direkt auf dem Präsentierteller sitzen zu müssen und den lüsternen Blicken und sabbernden Mäulern ausgesetzt zu sein. Ihre Arme schlangen sich noch fester um ihren Körper. Wie ein Lamm unter Wölfen kam sie sich vor, ja genau, dieser Vergleich war wohl am treffendsten. So fühlte sie sich jetzt. Und die Bestien machten keinen Hehl daraus, was sie mit ihrem Opfer zu tun gedachten.
Semiramis zuckte zusammen, als sie wieder ihren Namen hörte. Langsam gingen ihre Augen hinauf zu Piso. In ihrem Blick lag etwas flehendes. Aber Moment mal, was hatte er denn mit ihrem Rücken? Wieso sollte das für ihren Rücken nicht gut sein? Das verstand sie nicht. Im Augenblick hatte sie ganz andere Probleme als ihr Rücken. Oder hatte das doch eine tiefere Bedeutung? In Semiramis Kopf begann es zu arbeiten. Sie zählte eins und eins zusammen und kam immer wieder auf das gleiche Ergebnis, obwohl sie noch nie ein Leuchte in Mathematik gewesen war. Und überhaupt, Mathematik, sie wusste gar nicht, was das war. Hauptsache sie konnte ein wenig rechnen und wusste was herauskam wenn Mahmoud zehn Kamele hatte und sieben davon weit unter Wert verkaufen musste. Genau, Krach mit der Alten!
Aber zurück zu der syrischen Sklavin und den beiden geilen Böcken.Semiramis schüttelte andeutungsweise ihren Kopf. Nein, sie hatte nichts an sich, wofür sie sich hätte schämen müssen. Aber deswegen musste sie doch damit nicht gleich hausieren gehen. Doch sie musste, denn da waren immer noch die vermaledeiten Trauben in der Obstschale, womit sie die beiden Römer füttern sollte. Zögernd löste sie die Umklammerung ihrer Arme und nahm Haltung an. Dann überwand sie ihren Ekel und stopfte eine Traube in Pisos Mund. Doch das Schlimmste stand ihr noch bevor. Den Curatier zu füttern, war noch weitaus ekelerregender.
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Semiramis verhielt sich still und beobachtete nur. Sie konnte sich auch keinen Reim darauf machen, was die neuen Sklaven sagten oder warum sie sich so verhielten. Das sah alles nach einem großen Missverständnis aus. Ein Glück, dass es nicht ihre Aufgabe war, die Fäden zu entwirren.
Doch dann richtete Domitilla wieder das Wort an sie, vielmehr herrschte das Mädchen sie an. Sie behauptete, sie spräche ihre Sprache und befahl ihr, mit den beiden zu reden. Der Syrerin wurde es heiß und kalt zugleich. Sie hatte es kommen sehen, dass man sie verantwortlich machen würde. Dabei hatte sie doch selbst kein Wort von dem verstanden, was die beiden Neuen redeten!
Die Angst saß ihr in den Knochen. Sie suchte nach Worten der Erklärung, aber ihre Kehle fühlte sich seltsam trocken an. Sie brachte kein Wort heraus. Warum half ihr denn niemand?
Die Griechin! Die Griechin konnte ihre Rettung sein! Sie flüsterte ihrer Herrin etwas zu. Und siehe da, Domitilla revidierte sofort wieder ihren Befehl. Der Syrerin fiel ein Stein vom Herzen. Stattdessen verlangte sie nun nach jemanden, der die beiden Sklaven verstehen konnte. Das war Semiramis Chance, so schnell wie möglich aus diesem verrückten cubiculum zu kommen.
"Ich werde sofort nachfragen, ob einer der Sklaven ihre Sprache spricht, domina." Und schon war sie weg! Die Tür hatte sie schnell hinter sich geschlossen, damit Domitilla nicht gleich schon wieder auf die Idee kam, ihre Meinung zu ändern.Semiramis eilte durch die Villa und fragte jeden Sklaven, den sie traf. Doch keiner konnte ihr helfen. Mutlos lief sie ins servitriciuum und ließ sich auf ihr Bett sinken. Sie war erledigt, wenn sie niemanden herbei schaffte! Aber dann hatte sie eine Idee. Die Lösung ihres Problems lag so nah!
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Hochzeiten hatten etwas Gutes, zumindest wenn man nicht die Sklavin der Braut war. Semiramis hatte den gestrigen Tag doch recht ausgiebig genossen. Man hatte ihr eine Tunika aus feinstem Stoff gegeben, die sie zu tragen hatte und über das leckere Essen und den guten Wein, welcher für sie abgefallen war, konnte sie auch nicht klagen. Ganz zu schweigen über die vielen illustren Gäste, die der Einladung zur Villa Aurelia gefolgt waren, wo die Feierlichkeiten stattgefunden hatten. Das war genug Nahrung für eine Menge Tratsch im flavischen, sowie auch im aurelischen Sklaventrakt! Pech für die, die nicht dabei gewesen waren und somit nichts zu erzählen hatten!
Später am Abend, als es schon dunkel gewesen war, war sie mit dem Brautzug wieder zur Villa Flavia gezogen. Ach war das romantisch gewesen, im Fackelzug durch Rom zu laufen! Auch wenn der Weg nicht besonders lang gewesen war. Nun ja, und die Spottverse, die die Hochzeitsgäste gesungen hatten, waren recht derb und besonders leise waren sie dabei auch nicht gewesen.
Die Syrerin war an diesem Abend ausgelassen und merkte erst, wie müde sie wirklich war, als Piso mit seiner frischvermählten Frau in dessen Cubiculum verschwunden war.Am nächsten Morgen erst, spürte sie dann, wie viel Wein sie tatsächlich getrunken hatte. Und überhaupt war die Nacht viel zu kurz gewesen! Mit verquollenen Augen war sie aufgestanden, hatte einige Wassertropfen an ihr Gesicht gelassen und seufzte. Der Kopf! Der Kopf schmerzte so! Ein wenig Frischluft konnte sicher nicht schaden! Recht ziellos irrte sie durch die Villa, bis sie schließlich im Peristyl gelandet war. Ein sorgfältig angelegter Ziergarten wurde von dem mit marmornen Säulen gesäumten Gang eingefasst. So früh am Morgen, so war sie sich sicher, würde sie noch niemand von den Flaviern begegnen. Und sie sollte recht behalten. Die Herrschaften schliefen alle noch. Später am Tag wurden noch weitere Besucher erwartet und ein weiteres Festmahl stand noch an.
Doch jetzt lehnte Semiramis erst einmal an einer Säule und atmete tief durch und genoss die Ruhe.Sim-Off: Reserviert
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Die Syrerin hasste Situationen, wie diese, wenn sie bei etwas ertappt wurde. Dabei war sie doch noch genau damit beschäftigt, dem Wunsch der Flavierin nachzukommen. Fast hätte sie sich ganz durch den Türspalt gedrängt, als Domitillas Stimme ertönte. Und zwar so, wie sie sie bis dahin noch nicht erlebt hatte. Sofort blieb sie wie angewurzelt stehen, bis der komplette Befehl auch in der letzten Hirnwindung angekommen war. Erst sollte sie gehen, jetzt sollte sie bleiben. Sollte einer diese Römer verstehen!
"Wie du wünschst, domina!" Schnell schloss sie wieder die Tür und blieb dezent an der Seite stehen, denn schließlich hatte sie sich ja nicht darüber ausgelassen, weswegen sie hier bleiben sollte. Aber umso besser, so konnte sie weitaus besser das Schauspiel beobachten, welches sich nun direkt vor ihrer Nase abspielte.
Nanu, hatte sie das eine Unsicherheit bei der jungen Flavia entdeckt? Die Kleine wirkte etwas überfordert mit den beiden Neuen. Genauso überfordert, wie sich Semiramis gefühlt hatte, als man ihr die beiden einfach aufs Auge gedrückt hatte. -
Die beiden Neuen traten ein und erregten sofort das Interesse der jungen Domina. Semiramis blieb diskret im Hintergrund stehen, nicht nur weil sie so auf die weiteren Wünsche der jungen Flavierin eingehen konnte. Nein, die Syrerin konnte so auch auf ganz unauffällige Weise ihre Neugier befriedigen. Und diese wurde auch sofort genährt. Die Flavia war ganz gefangen von der Ausstrahlung der Frau. Selbst der Syrerin war von der ungewöhnliche Haarfarbe dieser Frau gebannt gewesen. Auch jetzt wieder starrte sie zu Aoife und der Flavierin, die sich ihr näherte. Fast hätte sie gar nicht die Worte gehört, die die Domina an sie richtete. Lediglich ein leichtes Antippen der Kinderfrau der Flavierin ließ Semiramis wieder aufmerksam werden.
"Äh, Semiramis, domina," antwortete sie etwas zeitversetzt. Doch, dass sie gehen sollte hatte sie wohl überhört. Wieder war es Amaltheas pantomimisches Talent, die ihr auf die Sprunge half.
"Äh, ja domina."
Fast in Zeitlupe näherte sie sich der Tür, allerdings blieb ihr Blick bei den beiden Frauen haften, der Sklavin und der Herrin. Nun untersuchte die Flavia auch noch das Haar der Frau, als wäre sie ein plumper Gegenstand, was sie wohl auch in den Augen der Römer war. Die Frau gab eine weitere Kostprobe ihrer seltsamen Sprache, die niemand verstand.
Sie war bereits an der Tür angekommen, hatte die Türklinke nach unten gedrückt, war im Begriff hinaus zu treten, als sie dann doch plötzlich wieder inne hielt und sich wieder umwandte. Der Mann hatte gesprochen. Er hatte bisher nicht viel gesagt. Aber diesmal, und das war wohl das überraschendste, sprach er Latein! Er hatte zwar einen üblen Akzent, doch man konnte verstehen, was er meinte. Er wollte ins Wirtshaus gehen! Semiramis kicherte leise in sich hinein. Doch er hatte es sogar gewagt, die Domima zu berühren! Das wurde ja immer besser. Nein, jetzt konnte sie doch nicht gehen! Jetzt, da es begann interessant zu werden! -
Semiramis wartete, bis sich im Cubiculum etwas regte und sie dann eine Stimme hinein bat. Vorsichtig öffnete sie die Tür und trat ein. Vor sich sah sie das junge Mädchen zum ersten Mal richtig aus der Nähe. Sie saß auf ihrem Bett und betrachtete sich das Ergebnis ihres heutigen Einkaufmarathons. All die neuen Kleider, Stolae, pallae und Schuhe lagen durcheinander auf dem Boden, die das dort befindliche Mosaik zum Teil bedeckten.
"Domina, ich bringe dir deine neuen Sklaven." Sie winkte die beiden herein. -
Da stand es, das heißumkämpfte Essen. Oder sollte man besser Dreckspampe dazu sagen? Es mochte ja sein, dass Attalus bei den Herrschaften großes Ansehen genoss, doch was er den Sklaven täglich bot, war unter aller Sau! Puls á la Attalus bedeutete einfach nur einmal quer durch die Küche. Alles was von den großen Festmählern oder der vorzüglichen Cena vom Vorabend übrig geblieben war und auch sonst keiner mehr mochte, wanderte am nächsten Tag gnadenlos in den Puls für die Sklaven. Wenn man viel Glück hatte, erwischte man auch mal ein Stückchen Fleisch. Aber das war so selten, wie ein Sechserpasch im Würfeln.
Na, was war das denn? Den beiden schmeckte es wohl nicht? Sie hatten es ja noch nicht einmal angerührt und machten schon "Bäh"! Wen wunderte es auch? Semiramis war auch kein Liebhaber des attulischen Fraßes. Glücklicherweise kannte sie Mittel und Wege, gelegentlich an etwas besseres zu kommen. Aber das würden die Neuen sicherlich auch bald herausfinden. Dessen war sie sich sicher.
Wenigstens schien ihnen die Posca zu schmecken, denn die Frau kippte den Becher nahezu in einem Zug und hielt ihn der Syrerin hin, damit die ihn wieder vollmachte. Das Wort Poscsa kannten sie sogar schon! Nun ja, auf diese Art wurde man auch seinen Hunger los, wenigstens für kurze Zeit.
"Du nix wollen pro-bie-ren? Puls? Nein? Na dann! Klar kriegst du noch Posca!" Semiramis schenkte noch nach und wartete, bis beide zu Ende getrunken hatten.
"Tja, wenn ihr nichts gegessen habt, gewaschen und frisch angezogen seid, dann werde ich euch jetzt mal zu eurer Domina bringen," sagte sie etwas gedankenverloren. Aber die fragenden Gesichter der beiden erinnerten Semiramis schnell wieder, dass sie nichts verstanden hatten.
"Ach Mist! Blöde Sprache! Ich euch bringen zu Do-mi-na! Ja? Ihr kommen mit!" Unterstützt mit allen möglichen Gebärden, versuchte sie sich verständlich zu machen.
Wieder lief die Syrerin voraus. Bald hatten sie den Sklaventrakt hinter sich gelassen und schlagartig sah auch das Interieur wesentlich heller und freundlicher aus. Auf dem Weg zum Atrium, das so etwas wie den Mittelpunkt der Villa darstellte, passierten sie wieder Gänge, deren Wände mit wundervollen Szenen aus der griechisch- römischen Mythologie geschmückt waren. Das große helle Atrium, in dessen Mitte sich das gut mit Regenwasser gefüllte Impluvium befand, lag einladend vor ihnen. Marmorne Büsten der Ahnen, darunter selbstredend auch die drei flavischen Kaiser, standen an der Seite und kündeten vom Ruhm der Gens Flavia. Edles Möbel mit Goldbeschlägen und Intarsien wartete nur, bis es jemand benutzte. Die Wände erzählten von den triumphalen Siegen des Vespasianus und des Titus über die Hebräer und den Fall Jerusalems. Doch das Atrium durchquerten die Sklaven nur, um dann einem weiteren Gang zu folgen, der zu den Gemächern der Herrschaften führte. Vor der Tür der Domitilla blieb Semiramis schließlich stehen und klopfte. -
Die beiden Neuen bewegten sich nicht vom Fleck. Statt sich in ihrer neuen Schlafstatt einen Platz zum Schlafen zu suchen, blieben sie demonstrativ stehen. Dann begann die Frau in ihrer komischen Sprache zu protestieren. Semiramis empfand es jedenfalls so, verstehen konnte sie es ja nicht.
"Äh… tut mir leid… ich nix verste-hen!" Sie schüttelte den Kopf und zuckte mit den Schultern.
"Du da jetzt reingehen und du," die Syrerin drehte sich zu dem Mann um, und deutete zum Eingang des Sklavenquartieres für die Männer. "Du gehen da hin! Kapiert?"
Da ergriff die Frau die Hand des Mannes und versuchte wohl mitzuteilen, dass sie bisher immer zusammen ihre Nächte verbracht hatten. Dann folgte auch noch dieser süße bittende Hundebabyblick. Ja, endlich verstand die Syrerin. Aber es lag nicht in ihrer Macht, zu entscheiden, ob die beiden auch weiterhin als Ehepaar leben durften. Das entschied ganz allein ihre Domina.
"Ach herrje! Ihr seid so was wie verheiratet.. jaja. Echt blöd jetzt, aber Sklaven dürfen nicht verheiratet sein. Sklaven nix ver-hei-ra-tet." Um ihre Ausführungen noch besser darzulegen, nahm die Syrerin Aoifes Hand von Aidans und schüttelte wieder mit dem Kopf.
"Nur Domina kann sagen ja oder nein, wenn Aoife mit.. bei Aidan schlafen will." Irgendwie hörte es sich ja schon sehr lächerlich an, wie sie mit den beiden sprach. Aber sie wusste sich nicht anders zu helfen. Dabei war es schon eine Glanzleistung, dass sie sich die Namen der beiden hatte merken können. Den armen Tropf, der den beiden Latein beibringen musste, beneidete sie kein bisschen. Plötzlich wurde ihr heiß und kalt zugleich… dieser arme Tropf war doch am Ende nicht sie. Oder?
"Ach, am besten ihr fragt eure Domina! Soll sie sich doch Gedanken machen, wie sie rauskriegt, was ihr wollt!" Ja, genau, immer nett gucken und lächeln, dann konnte ihr nichts passieren.
Ihr war klar, dass sie eine Menge Verwirrung bei den beiden hinterlassen hatte. Um davon abzulenken, war es am geschicktesten, die Zwei auf andere Gedanken zu bringen.
"So, ihr habt bestimmt einen Bärenhunger? Dann zeige ich euch, wo es was zum essen gibt. Kommt mit!" Wieder behalf sie sich mit der Zeichensprache und winkte den beiden, damit sie der Syrerin folgten.
Semiramis ging einen weiteren Gang entlang, der zur Küche und zum Speiseraum der Sklaven führte.
Sie deutete auf die Tür die zur Küche führte und die man besser nicht durchschritt, hatte man keinen triftigen Grund dafür. Dies war Attalus Reich und man tat gut daran, sich nicht mit dem Koch anzulegen. An dieser Stelle machte sie ein unheilvoll wirkendes Gesicht.
"Hier nix reingehen! Hier böser Koch! Essen gibt´s da!" Sie deutete auf die Essensausgabe, die im Moment gähnend leer war, da es noch lange hin war, bis zur nächsten Mahlzeit. "Äh, ja…," machte sie ernüchternd. Semiramis beschlich das ungute Gefühl, das sie sich nun selbst in die Höhle des Löwen begeben musste, wollte sie den beiden Neuen etwas essbares besorgen. Sie nahm all ihren Mut zusammen und verschwand in der Küche. Draußen hörte man plötzlich ein unheilvolles Geschrei und das hektische Scheppern von Kochtöpfen.
Nach einigen Minuten kehrte sie schweißgebadet wieder zurück aus der Küche, allerdings mit zwei Holzschälchen in der Hand, in der sich recht unappetitlich ausschauender Puls befand.
"Das für euch! Mhhhm, lecker! Ihr jetzt essen!" Sie stellte die Schälchen auf einen Tisch, an dem zwei Stühle standen. Um das ganze perfekt zu machen, schenkte sie den beiden noch zwei Becher mit Posca ein. -
Herzlichen Glückwunsch!
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Semiramis Frage hatte durchaus ihre Berechtigung, denn den beiden stand die Ahnungslosigkeit ins Gesicht geschrieben. Offenbar verstanden sie absolut nichts von dem, was sie gesagt hatte. Allerdings erwiderte die Frau ihr Lächeln, was ja schon ein Anfang war. Dann begann sie zu sprechen. Es war eine seltsam klingende Sprache, die mit nichts etwas gemein zu haben schien, was sie bis dahin kannte. Nun schien die Syrerin recht dumm aus der Wäsche zu schauen.
"Äh…" Zu mehr war sie nicht fähig. Doch als die Frau zwei Wörter wiederholte, die so etwas wie Namen sein sollte, begann sie langsam zu verstehen.
"Aoife und Aidan," wiederholte sie langsam und deutete dabei erst auf die Frau und dann auf den Mann. Seltsam, seltsam, dachte sie sich. Den Namen der Frau konnte sie sich ja vielleicht noch merken, da er dem Namen Eva oder Chava auf gewisser Weise ähnelte. Namen, die in ihrer Heimat gebräuchlich waren.
Nach einer Weile begann Semiramis, sich hecktisch umzusehen. Nicht dass sie sich noch Ärger einholten, weil sie immer noch hier waren. Sie hatten schließlich lange genug herumgestanden. Es wurde Zeit, dass die Syrerin ihrer Aufgabe nachging und die beiden ins Servitriciuum führte. Da sie mit Worten nicht weiterkam, bediente sie sich vorerst mit Handzeichen, die jeder verstehen sollte. Sie winkte ihnen, ihr zu folgen.
War der Eingang zur Villa noch atemberaubend schön, all die schönen Wandmalereien, die Naturszenen darstellten und der glänzende Marmorboden in dem Mosaike eingearbeitet waren, so war der Gang, der in den Sklaventrakt führte, alles andere als schön. Statt fein bemalter Wände und schönen edlen Böden, gab es hier nur grob verputze Wände und Steinböden aus grob behauenen Steinplatten. Der Gang wirkte düster, denn das Tageslicht hatte hier nicht viele Möglichkeiten, einzudringen.
Ab und sah sich die Syrerin um, um sicher zu gehen, das die beiden ihr noch folgte. Schließlich erreichten sie das balneum servorum, jener Raum, der den Sklaven als Waschraum diente. Sie führte die beiden herein, machte einige Waschbewegungen und rief dann noch einen weiteren Sklaven herbei, der ihr beim Wasser holen behilflich sein sollte. Das Wasser, welches in einem hölzernen Waschzuber landete, war nicht besonders warm aber dafür sauber.
Damit sich die beiden nun ungestört waschen konnten, verließ sie das balneum, um für die beiden passenden Kleidung zu suchen. Nach einer Weile kehrte sie mit zwei weißen wollenen Tuniken zurück. Eine für eine Frau und eine für einen Mann. Natürlich waren sie nicht von bester Qualität. Das war die Kleidung der einfachen Haussklaven. Diese hatte nichts mit dem zu tun, was Semiramis auf dem Leib trug. So schräg und bizarr ihr Herr auch war, so legte er doch großen Wert, dass seine Sklaven gut gekleidet waren. Was allerdings Pisos Schwester Domitilla mit ihren Sklaven vorhatte, konnte niemand wissen.
Die Syrerin verschwendete keinen Gedanken daran, denn es war ja nicht ihr Problem. Sie brachte den beiden die neue Kleidung und betrachtete dabei ganz betört das lange, feuerrote Haar der Frau. Schließlich räusperte sich.
"Äh.. ich zeige euch dann noch eure Schlafräume." Sie hatte ganz vergessen, dass die beiden sie a nicht verstehen konnten. Doch dann machte sie auch hierfür eine Handbewegung und bat die beiden, ihr zu folgen.
Wahrscheinlich würde es den beiden neuen nicht gefallen, dass sie von nun an, ihre Nächte getrennt verbringen mussten. In der Villa Flavia gab es für Männer und Frauen getrennte Schlafräume. Doch mit Sicherheit würden die beiden einen Weg finden, auch nachts zueinander zu finden.
"Hier schlafen die Männer! … Aidan du …hier!" Mit Händen und Füßen versuchte sie ihm klarzumachen, dass er sich hier ein freies Lager suchen konnte.
Ein paar Schritte weiter lag der Schlafraum der Frauen. "Aoife, du … hier schlafen!"
Beide Schlafräume waren einfach gehaltene düstere Räume, in denen manchmal bis zu zwanzig Menschen schliefen. Dementsprechend schlecht waren der Geruch und die Luft. Lediglich einige kleine Öffnungen ließen etwas Frischluft und Licht ein, doch dieses verlor sich wieder in der Dunkelheit. -
Die Syrerin hatte an gar nichts böses gedacht, nicht mal an den verrückten Flavier, als sie aus ihrem tagtraumähnlichen Zustand gerissen wurde. Normalerweise reagierte sie nicht auf 'He du'. Doch da sie die einzige Weit und breit war, war sie wohl damit gemeint gewesen.
Verstört sah sie zu der grauhaarigen Sklavin, die die Erzieherin der 'Neuen' war. Viel hatte sie von der neuangekommenen Flavia noch nicht gehört, geschweige denn gesehen. Das gleiche galt für ihre Sklavin.
"Ja?" Mit jedem weiteren Wort, welches aus dem Mund der Alten kam, veränderte sich Semiramis´ Blick, von erstaunt über dümmlich fragend, bis hin zu leicht entnervt. "Äh…., ich?" Die Griechin blieb Semiramis eine Antwort schuldig, was dann eben einfach so viel wie ja bedeutete. Im Handumdrehen hatte Amalthea sie schließlich mit den beiden neuen Sklaven stehen gelassen und war davon geeilt.
Da stand sie nun. Musterte die beiden und lächelte dann etwas verlegen.
"Salvete… ihr seid also die Neuen. Mein Name ist Semiramis…. Aha… ja also dann…" Semiramis wurde das komische Gefühl nicht los, dass die beiden rein gar nichts verstanden hatten, von dem was sie gesagt hatte.
"Ihr versteht mich doch.. oder?", fragte sie noch einmal nach und hoffte auf ein "ja". -
Ja, Semiramis hatte das Richtige getan! Ihrem Herrn und nur ihrem Herrn bestätigend zuzunicken, war das Klügste, was sie machen konnte. Und sie spürte, wie es Piso gefiel. Innerlich entspannte sie endlich wieder. Ja, sie hatte diesmal keinen Fehler mehr gemacht. Mit etwas Glück vergas auch der Flavier alles, was bei ihrem letzten Beisammensein geschehen war. Ja, die Syerin wog sich in Sicherheit, endlich wieder zurückgekehrt, in die wohlwollenden Hände ihres Herrn, bildlich gesprochen versteht sich. Und selbst wenn sich diesmal wieder seine Hand in Richtung ihres Pos verirren sollte, hätte sie sich diesmal nicht gesträubt. Diesen Fehler würde sie nicht noch einmal begehen.
Beinahe schon mit einer wohldosierten Portion Schadenfreude sah sie zu dem elenden Lustmolch hinüber, aus dessen Fängen ihr Herr sie soeben gerettet hatte. Sie lauschte Pisos Belehrungen, die er dem Curatier angedeihen ließ, als sei es süßer Gesang und beobachtete die Demontage des curatischen Gastes, der immer mehr kleinlauter wurde und sich seiner Schuld bewusst war. Ja, Semiramis spürte in sich ein Gefühl der Dankbarkeit. Das alles hatte der Flavier nur für sie getan – glaubte sie. Nein, nein, sie konnte sich nicht irren. So sehr sie bisher Piso auch verachtet hatte, dies war ein Beweis seiner Zuneigung. Vielleicht begann sie den Flavier ja doch noch irgendwann zu mögen. Vielleicht würde sie auf diese Weise irgendwann wieder ihre Freiheit erlangen. Vielleicht…
Semiramis fühlte sich fast schon trunken von all dem Wohlwollen, welches ihr widerfuhr. Zufrieden sah sie zu Phrima hinauf, der Räterin, die immer noch auf dem Rücken des Flaviers saß, aber längst nicht mehr massierte. So lächelte sie auch ganz entspannt, als Piso wieder das Wort an sie richtete. Vor lauter Dankbarkeit würde sie nun alles, oder sagen wir mal, fast alles tun. Es brauchte eine Weile, bis auch das letzte seiner Worte in ihr Hirn vorgedrungen war. Sei ein Schatz… Aber ja doch... Wie bitte! Ausziehen?Ach, es war ein Jammer! Die alten Sorgen um ihre ach so kostbare Jungfräulichkeit brachen wieder durch. Was war eine junge Frau in Damaskus denn schon noch wert, wenn sie sich erst einmal den männlichen Begierden hingegeben hatte? Nichts! Nicht einmal der Dreck unter ihren Fingernägeln war sie dann noch wert, wenn sie erst einmal nackt dasaß und begafft wurde. Wobei das noch ihre kleinste Sorge war.
Ihr Gesichtsausdruck änderte sich augenblicklich. Das Lächeln war auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Unsicherheit beherrschte nun wieder ihr weiteres Handeln. Sie wollte es nicht wahrhaben, was sie soeben gehört hatte. Konnte sie sich so getäuscht haben? Natürlich hatte sie das, denn Piso war einfach nur Piso und nicht etwa ein strahlender Ritter, der sie befreite und dann war alles anders. Er konnte einfach nicht anders, als Piso zu sein. Töricht, wer anderes erwartet hatte! Ebenso wenig wie sie über ihren Schatten springen konnte, hätte sie dies von dem Flavier versprechen können.
Zuerst wollte sie noch protestieren. Aber sie hatte Glück, dass sie sich anders entschied. Eine schnelle Einsicht brachte sie schließlich dazu, sich ohne Widerworte zu fügen. Zuerst warf sie den beiden Männern noch einige unsichere Blicke zu, dann begann sie die Tunika erst langsam und dann schneller über ihren Kopf zu schieben. Um ihren Körper vor den Blicken der beiden Römer zu schützen, verschränkte sie schnell ihre Arme vor ihrem Oberkörper. Ihre Augen wandte sie ab von Piso. Sie starb beinahe vor Scham. -
Leider bin ich etwas angeschagen aus dem Urlaub zurückgekehrt. Gebt mir ein paar Tage, um mich wieder einzulesen, dann folgen auch wieder Beiträge meinerseits.