Unglücklicherweise hat es mich kurz vor Weihnachten doch noch erwischt, dann kamen auch noch die Feiertage dazwischen -.^. Pünktlich zum Skiurlaub bin ich aber wieder fit. (Als ob wir nicht schon genug Schnee hätten, na gut, die richtig hohen Berge fehlen halt! :D)
Also, bis 31.12 bin ich noch da. Die kommende Woche bin ich komplett absent.
Beiträge von Semiramis
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Oh, eine Königin, dachte Semiramis. Man wurde ja nicht täglich mit einer Königin verglichen. Und dann auch noch so viel Lob ob ihrer Schönheit! Die Sklavin errötete. So nett war schon lange niemand mehr zu ihr gewesen.
"Wenn du es sagst. Danke," meinte sie schüchtern. Wie gut, dass sie sich noch einmal umgeschaut hatte, bevor sie den Laden verlassen wollte. Sonst hätte sie weder die schönen Komplimente noch das Hilfsangebot des freundlichen Scribas erhalten. Wenn sich einer mit Schriften und Büchern auskannte, dann doch wohl ein Scriba.
"Oh ja gerne!" Semiramis erstrahlte, da die Hoffnung wieder stieg, mit der von Piso gewünschten Buchauswahl nach Hause zu kommen. Was doch ein paar nette Worte alles bewirken konnten!
"Ja, also… ich soll eine Auswahl neuerer Texte mitbringen. Gedichte, Geschichten und sowas. Ach ja und auch noch was für´s Herz." Wofür das Piso nur brauchte? Vielleicht als Geschenk, für seine Angebetete. Eins stand jedenfalls fest, in Sachen Literatur war Semiramis ziemlich unbedarft. Sie hatte zwar vor wenigen Wochen den mühevollen Weg beschritten, lesen und schreiben zu lernen, doch der große Erfolg war bislang noch ausgeblieben. Es war also auch ausgeschlossen, sie als bibliophil zu bezeichnen. Davon war sie noch meilenweit entfernt. -
Just in dem Moment, als Semiramis wieder den Laden verlassen wollte, sprach man sie doch noch an. Zwar war es nicht der der bilbiopola, wie gehofft. Dennoch hielt sie inne und drehte sich zu dem Mann um, der sich als Gadatas vorstellte und der Scriba personalis eines Germanicers war, dessen Name sie sowieso nicht kannte.
"Salve! Ja, da kannst du recht haben! Das ist einfach zu überwältigend für mich, da ich davon überhaupt keine Ahnung habe. Eigentlich hatte ich gehofft, der bibliopola könnte mir helfen, aber anscheinend hat er zu viel zu tun oder hat mich übersehen. Oder vielleicht bin ich doch unsichtbar? Ach ja, und ich heiße Semiramis." Wessen Sklavin sie war, behielt sie erst einmal für sich. Diese Information konnte sie immer noch weitergeben, wenn es einen Anlass dazu gab. Im günstigsten Falle konnte ihr vielleicht Gadatas doch noch bei der Auswahl an Literatur helfen. Dann war ihr schon viel geholfen. -
Sicher, im ersten Moment war die Enttäuschung wohl groß, hatte sie doch gehofft, mit dem Parther gelegentlich ein paar Worte in ihrer Muttersprache sprechen zu können. Doch bei näherer Betrachtung war es im Prinzip gleich. Hauptsache der Parther entpuppte sich als freundlicher Zeitgenosse, mit dem man sich dann und wann unterhalten konnte, wenn sich die Möglichkeit bot.
"Ach, das ist nicht weiter schlimm!" meinte sie dann und winkte beschwichtigend ab.
"Umso besser lernst du dann Latein." Was ja für ihn auch nur von Vorteil sein konnte. Im Nachhinein fiel ihr dann ein, dass Shayan wohl kaum etwas von dem verstanden hatte, was kurz zuvor wasserfallartig aus ihr gesprudelt war.
"Ja, wie ich schon sagte, mein Name ist Semiramis und ich bin nun schon seit fast drei Jahren hier. Und wie du gemerkt hast, komme ich ursprünglich aus Syrien, genauer gesagt aus Damaskus," wiederholte sie nun lächelnd in Latein. Doch das Lächeln wich schnell einen ziemlich verdutzten Ausdruck, als sie hörte, was der Parther auf ihre vorhergehende Frage antwortete.
"Ach, ein Befehl? Von deinem Herrn?" Mitleid schwang in ihrer Stimme mit. Wenn Semiramis es nicht besser gewusst hätte, dann hätte sie auf Piso getippt, der dem Parther eine solche Aufgabe aufgebürdet hatte. Keiner der anderen Flavier, die derzeit in der Villa lebten, hatten eine solche musikalisches Vorliebe, wie eben Piso.
"Ach ja mit dem Talent ist das so eine Sache," fuhr Semiramis grinsend fort, um den Parther etwas aufzumuntern. "Mein Herr hat auch kein Talent, aber er glaubt doch tatsächlich, singen und Lyra spielen zu können." Kurz darauf erkundigte sie sich schließlich:"Wer ist denn dein Herr?" -
Selbst als Semiramis bereits mit dem Rücken zu Wand stand, beziehungsweise zur Tischkante hockte, ließ dieser Widerling nicht davon ab, sie zu bedrängen. Es war wie im Alptraum für die Syrerin, inmitten einer Schlangengrube zu sitzen, ohne die Aussicht auf Rettung. Jedoch vollkommen unerwartet kam dann doch noch die Wendung in diesem abscheulichen Spiel. Offenkundig verlor nun auch der Flavier seine Geduld, was die Nachstellungen seines Freundes betrafen, der zweifelsohne schon etwas mehr Bacchus gehuldigt hatte und daher wohl nicht mehr so genau wusste, wo die Grenzen des guten Geschmacks und von mein und dein lagen. Pisos empörter Aufruf ließ nicht nur den Curatier innehalten, ebenso ließ er die Sklavin voller Schreck aufhorchen. Ein kleiner Funke Hoffnung stieg in ihr auf. Doch der Wortwechsel zwischen den beiden Römern, der nun folgte, verwirrte sie nur wieder. Sie hatte keinen blassen Schimmer, wovon die beiden schwafelten. Offenbar war auch Piso weitaus mehr besoffener, als sie angenommen hatte. Doch bei genauer Betrachtung fällt dem geneigten Leser auf, dass der gute Flavier gar nicht so anders daherkam als sonst, sprich im nüchternen Zustand. Blieb jedoch nur noch die Frage offen, wann ein Römer wie Piso, der tagein tagaus verdünnten Wein den Vorzug gab, statt sprödes Essigwasser oder verdünnten Fruchtsaft zu goutieren, tatsächlich nüchtern war.
Doch kommen wir wieder zu der angstvoll zitternden Syrerin zurück, die zwischen den beiden Römern am Boden saß und auf bessere Zeiten hoffte. Sie empfand es als einen Akt der Gnade, als Piso ihr bedeutete, sich zu ihm zu begeben. Schnell rutschte sie an seine Kline heran, so dass der liebestolle Curatier sie nicht mehr begrabschen konnte.
Indes wanderten ihre Augen von dem einen zum anderen Römer. Sie verfolgte jedes Wort, was gesprochen wurde, auch wenn sie gerade nur Kolosseum verstand. Erst als Piso das Wort an sie richtete und er demonstrativ dabei nickte, blieb ihr Blick an ihm haften. Sie brauchte etwas, um zu verstehen. Das war genau einer jener Momente, in denen es besser war, seinem Herrn nicht zu widersprechen. Sie würde nicht noch einmal diesen dummen Fehler begehen und Piso zu erzürnen. Also nickte sie brav, so wie es Piso ihr ja bereits suggeriert hatte. Sie nickte auch noch als er ihr diese seltsame Frage stellte, über Ästhetik und diesen ganzen Schmarrn, welches jenseits ihres Verständnisses lag. Doch irgendwie merkte sie schnell, dass es wohl besser war, verneinend den Kopf zu schütteln, um dem Herrn zu gefallen. -
Zitat
Original von Semiramis
Bis 30.11. habe ich leider keine Zeit zu posten. Danach sollte es endlich wieder besser werden.Zwar hat es etwas länger gedauert, doch melde ich mich jetzt wieder zurück.
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Bis 30.11. habe ich leider keine Zeit zu posten. Danach sollte es endlich wieder besser werden.
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Original von Spurius Purgitius Macer
Seit dem 10.11., täglich 4 bis 6 Stück.Scheinen relativ clevere Bots zu sein, aber Gegenmaßnahmen sind in Arbeit (und zum Teil schon erfolgreich eingesetzt).
Einige davon geben Homepages an, die ganz offensichtlich Links zu diversen Werbeseiten, aber auch Pornoseiten sind.
Ich finde es ja schon zweifelhaft, wenn man auf diese Art versucht, Werbung zu machen. Aber die Pornoseiten gehen eindeutig zu weit.
Kann man sowas nicht wieder löschen? -
Phoebus führte die Herrschaften wie geheißen ins triclinium, verbeugte sich noch einmal tief vor ihnen und entschwand dann.
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[Blockierte Grafik: http://img232.imageshack.us/img232/9697/acanthusmj4.jpg] Acanthus
Acanthus, der flavische Türsteher, der wie immer sehr vertieft in die Fragen nach dem Leben, dem Universum und einfach nach allem da saß, war wieder einmal gestört worden. Gerade war ihm die Zahl XXXXII als mögliche Antwort in seinem Hirn herumgegeistert, als es heftig an der Tür pochte. Seinen Gedankengang nicht mehr zu Ende denken können, erhob er sich mit einem tiefen Seufzer und ging seiner Tätigkeit nach.
Kaum hatte er die Tür geöffnet und war bereit, seinen, wenn auch sehr mürrisch klingenden Satz zum Besten zu geben, kam ihm ein Schwall schier endloser einstudierter und nun schlecht aufgesagter Phrasen entgegen. Verächtlich rümpfte der Ianitor die Nase, besah den Germanen, den er als solches sogleich erkannt hatte, mit einem verächtlichen Blick. Lediglich ein leises "zsss" zischte zwischen seinen Lippen hervor.
Sein geschultes Auge hatte längst die Herrschaften im Hintergrund wahrgenommen, die sich anschickten, aus der Sänfte zu entsteigen. Zu dominus Piso wollten sie. Aha! "Phoebus!", rief er mit herrischer Stimme den Sklavenjungen herbei, was im Grunde gar nicht notwendig gewesen wäre, da der sich die meiste Zeit seines Dasein bei ihm an der Tür herumdrückte. "Phoebus, führe die Herrschaften ins triclinium. Dominus Piso erwartet sie bereits."
Der Junge machte eine tiefe Verbeugung vor den angekommenen Aureliern und bat sie, ihm zu folgen. -
Jedoch noch heilloser überfordert war sie mit der Tatsache, dass niemand sie in dem Buchladen wahrnahm. Schon geraume Zeit hatte sie einfach nur da gestanden und gewartet. Dann versuchte sie, sich interessiert zu geben und begann, sich die vielen Schriftrollen anzusehen. Doch da sie nicht besonders gut lesen konnte (Eigentlich konnte sie ja gar nicht lesen. Aber das in einem Laden voller geballter Literatur zu gestehen, empfand sie als höchst beschämend.), legte sie sie schon bald wieder zurück. Hilfesuchend war ihr Blick, der nach einer kundigen Hand Ausschau hielt. Doch niemand hatte Zeit für sie. Sogar hegte sie zu guter letzt den absurden Gedanken, vielleicht unsichtbar zu sein. Wenn dem so war, tat es der Sache sicher keinen Abbruch, wenn sie einfach ging und es im nächsten Buchladen noch einmal versuchte.
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Ein Parther also! Warum freute sie sich nur so, ausgerechnet einem Parther zu begegnen? Schließlich war er doch kein Landsmann. Wahrscheinlich war der Parther auch nie in Damaskus gewesen. Trotzdem wurde ihr Herz bei dem Gedanken leicht. Innerlich machte sie Freudensprünge. Dieser Mann war ein Hauch von Heimat für sie, was im Grunde ja absurd war. Aber was redet man sich nicht alles ein, wenn man unglücklich und fern der Heimat war?
In ihrem Übermut hätte sie ihn wohl noch stundenlang mit ihrem Syrisch behelligt, hätte er sie nicht mit seiner Bemerkung gebremst. Wie aus allen Wolken gefallen sah sie ihn an. Einen Moment lang lag ihr Blick auf ihm. Kein Syrisch! Der Hauch von Heimat war im Begriff, sich zu sich verflüchtigen.
"Oh, äh… wie schade!" Ihre Enttäuschung war kaum überhörbar.
"Äh, Griechisch? - Nein, leider nicht. Ich befürchte, wir müssen uns auf Latein beschränken." Ein betretenes Schweigen trat ein. Noch einmal fiel ihr Blick kurz auf die Lyra. Ihn noch weiter wegen seines schlechten Spiels aufzuziehen fand sie als nicht angebracht.
"Warum hast du denn versucht, zu spielen?", fragte sie, mit ihrem Kinn auf das Instrument deutend, um das Schweigen wieder zu brechen. -
Der Ansatz zu einem Seufzer war schon da gewesen. Die unverblümte Tatsache, nichts am eigenen Schicksal ändern zu können, sich dem Willen ihres Herrn unterwerfen zu müssen und dann auch noch dieses dämliche Gekichere dazu, wäre schon ausreichend gewesen. Nicht aber das, was sich Semiramis Augen bot, als sie wieder aufsah, um den Curatier mit einer Frucht zu versorgen. Dieser schmierige Lustmolch war nach ganz anderen Früchten aus, wie sie Semiramis in ihrer Schale hatte. Gierig begannen seine Hände nach ihren Rundungen zu grapschen. Doch damit nicht genug! Es schien, als wolle er sie zur Gänze verschlingen. Sein widerliches Zähneklappern, der sabbernde Mund, der nach ihr schnappte, all das, war um ein Vielfaches schlimmer, als die jämmerlichen Annäherungsversuche des Flaviers, die lediglich aus Liebeskummer geschehen waren. Den Curatier mit einer Ohrfeige zu strafen, genauso, wie sie es am Vorabend mit Piso getan hatte, dazu hatte sie nun nicht mehr den Mut. Denn die Konsequenzen die daraus erwuchsen, waren mit Sicherheit beträchtlich, um nicht zu sagen, schmerzlich. Schon die letzte Ohrfeige hatte sie in einen tiefen Konflikt gestürzt. Schließlich hatte sie sich vorgenommen, von nun an, gehorsamer zu sein, da ihr ja endlich bewusst geworden war, wie endgültig doch ihre Lage war. Piso nun vor seinem Freund zu demütigen, hätte wohl diesem Vorsatz nicht gerade entsprochen. Ihren Stolz und die damit verbundene Absicht, ihre Jungfräulichkeit zu verteidigen, war so oder so sinnlos geworden. So sinnlos, wie Sand in die Wüste zu tragen. Ihre Unberührtheit war keinen Quadrans mehr wert, da Sklaven für gewöhnlich nicht heiraten durften. Also, warum sich deswegen Ärger einhandeln?
Curatius Pulchers Bestrebungen hingegen, gingen weit darüber hinaus. Er war im Begriff, sie nun endgültig zu einem Gebrauchsgegenstand zu degradieren.
Um seinen Nachstellungen zu entgehen, wich sie zurück. Dabei ließ sie die Obstschale fallen, deren Inhalt nun über den Marmorboden kullerte. Jedoch war ihr Rückzugsgebiet recht beschränkt gewählt, da sie im Rücken bereits die Tischkante spürte.
Oh, wie sehr bereute sie, was sie getan hatte! Hätte sie sich Piso doch nur hingegeben, als es noch Zeit dazu war! Dann hätte er sie jetzt nicht zu Freiwild erklärt. Auch wenn sie von ihm keine Hilfe zu erwarten hatte, gingen ihre flehenden Augen zu ihm. Und nicht nur die Augen, der Rest folgte auch noch, indem sie zu seiner Kline rutschte, um dem Curatier mehr als deutlich zu machen, wie die Besitzerverhältnisse gelagert waren. Wenn der Flavier jetzt Manns genug war, beschützte er sie und überließ sie nicht diesem brünstigen Lüstling. -
Kaum hatte sie sich bemerkbar gemacht, streiften sie bereits wieder die gierigen Blicke des Flaviers. Seltsam fühlte sie sich an den vergangenen Abend zurückversetzt. Mit dem klitzekleinen Unterschied, daß Piso sich diesmal Verstärkung besorgt hatte. Sobald sie den Namen des Besuchers erfuhr, schwang ihr Blick zu jenem hinüber. Dieser Curatius Pulcher machte auf die Syrerin mindestens einen genauso schwulstigen Eindruck, wie Piso es selbst tat. Kein Wunder, daß die beiden Freunde waren.
Semiramis Blick jedoch konnte nicht lange auf dem Besucher ruhen, denn schon folgten die Anweisungen Pisos. Als sie registrierte, was sie tun sollte, war sie mehr als sprachlos, was allerdings nicht weiter schlimm war, da ihr soeben die kinnlade nach unten geklappt war und sie es ohnehin vorzog, zu schweigen. Doch sie begann sich selbst zu fragen, was dieser Tag noch bringen sollte. Was hatte sich der Flavier nur für sie ausgedacht? Nachdem sie ihn am Abend zuvor so gedemütigt hatte, würde heute nun sicher die Strafe folgen. Und eigentlich hätte sie Piso mit nichts mehr überraschen können.
Nach kurzem Zögern schien es, als seien Pisos Worte in ihrem Hirn angekommen.
"Wie du wünschst, Herr," erwiderte sie kurz. Sie nahm sich die Schale mit den Trauben und ließ sich zwischen den beiden Männern an der Tischkante nieder.
Hier auf Augenhöhe mit den beiden Römern empfand sie plötzlich Ekel vor ihrer Aufgabe. Wenn sie sich die leckeren, prallen Trauben so anschaute, die sie nun abwechselnd in die Münder dieser beiden degenerierten Gestalten stecken sollte, drehte sich ihr der Magen um.
Widerwillig zupfte sie die erste Traube ab und schickte sie auf die Reise zu Pisos Mund. Als die Traube es schon fast geschafft hatte, begann sie zu zittern. Warum sie das tat, wußte wohl Semiramis selbst nicht. Vielleicht fürchtete sie, der Flavier könne ihr die Finger ablecken oder sie gar beißen.
Aber da half nur eins, Augen zu und durch. Schnell drückte sie ihn die Traube in den Mund, zog dann schnell ihre Hand wieder zurück, um den anderen Römer bedienen zu können.
Bei Curatius Pulcher empfand sie nicht weniger Ekel. Aber ein kurzer Blick in die Schale verriet ihr, es waren unglaublich viele Trauben darin. -
Für jemanden, der es nun schon eine Weile in der Gegenwart eines von sich selbstüberzeugten Dilettanten aushalten mußte, war dieses Eingeständnis pure Erfrischung. Das imponierte des Syrerin. Ein Mann, der haargenau seine Fähigkeiten einzuschätzen wußte. Und Moment mal, hatte sie da nicht einen parthischen Akzent in der Aussprache erkannt? Auch sein Name klang danach. Shayan… Shayan, der Parther. Obgleich sie noch nie das Land der östlichen Nachbarn besucht hatte, war ihr deren Sprachklang doch recht vertraut. Damaskus war schon jeher ein Umschlagplatz für den Austausch zwischen Ost und West gewesen. Und dies bezog sich nicht nur auf den Handel. Die parthischen Händler brachten stets auch ihre Geschichten und Lieder aus ihrer Heimat mit, die Semiramis immer wieder inspiriert hatten.
"Du bist Parther, nicht?" Ihre Gesichtszüge brachten ein zögerndes Lächeln hervor.
"Ich heiße Semiramis…. aus Damaskus", entgegnete sie und bediente sich diesmal dem Syrischen, ihrer eigenen Sprache die sie schon seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr gesprochen hatte, in der Hoffnung, er könne sie verstehen.
"Leider bin ich schon etwas länger hier. Schon seit fast … drei Jahren," fuhr sie weiter fort und war über ihre eigene Aussage schockiert. Schon fast drei Jahre! Es war noch kein Tag vergangen, an dem sie nicht an ihr Zuhause gedacht hatte, an den alten Aziz und all die anderen. Wie mochte es dem alten Mann in der Zwischenzeit ergangen sein, ganz allein? Semiramis wollte diesen Gedanken gar nicht weiterdenken, denn es hätte sie nur noch unglücklicher werden lassen. Stattdessen deutete sie wieder auf die Lyra, die auf Shayans Oberschenkeln ruhte. "Ähm…, warum klimperst du dann auf diesem Ding herum, obwohl… du… nicht richtig … spielen kannst?", fragte sie vorsichtig, aber mit einer kindlich-naiven Direktheit. Diesem Kuriosum wollte sie nun einfach auf den Grund gehen. Unvorstellbar, daß man sich einen muskelbepackten Parther anschaffte, um ihn dann Lyra zupfen ließ! Aber diesen Römern war ja alles zuzutrauen! Und den Flaviern sagte man ja ohnehin nach, daß sie seltsam waren. Wobei seltsam stark untertrieben war. Ihr Flavier war ja dafür das beste Beispiel. -
Wenn man von Schicksal getroffen worden war und nun, im Schlimmsten Fall bis zum Lebensende, Sklavin des Flavius Piso war, dann war man so einiges gewohnt. Insbesondere wenn es um künstlerische Belange ging. Grausiger Gesang, der Irrglaube, ein Genie zu sein und nun auch das noch! Dieser Irre versuchte sich nun auch noch im Lyraspiel! Mit wenig Erfolg, wie man deutlich hören konnte. Weshalb der Herr sich dafür aber aus seinen Räumen begeben hatte, war ihr schleierhaft. Solch grausigen Töne wären wesentlich besser in seinem cubiculum aufgehoben gewesen.
Semiramis wollte schon weiter ihrer Arbeit nachgehen und den verunglückten Lyraspieler sich selbst überlassen. Im Grunde fühlte sie sich wesentlich besser, wenn sie sich nicht allzu oft in Pisos Gegenwart aufhalten mußte. Doch wie es bei Frauen manchmal so war, machte die Neugier auch vor der Syrerin nicht halt. Nahezu lautlos näherte sie sich dem Raum aus dem die schiefen Töne herrührten.
Voller Überraschung mußte sie dann aber feststellen, daß sie sich gänzlich geirrt hatte. Nicht Piso war derjenige, der hier das bedauernswerte Instrument quälte. Diesen Mann, der dort saß, hatte sie bislang noch nicht gesehen. Mit Sicherheit handelte es sich um einen Neuzugang. Ein Sklave, wie sie. Noch beobachtete sie ihn, wie er sehr vertieft mit seinem Instrument herum hantierte."Das ist eine Beleidigung für jeden Gehörgang!", meinte sie, als sie näher an den neuen Sklaven herantrat. Dabei begann sie ihn von oben bis unten zu mustern. Nun ja, schlecht sah er ja gerade nicht aus, wobei Semiramis wohl die letzte war, die das so genau beurteilen konnte. Schließlich hatte sie damit wenig Erfahrung. Der alte Aziz, ihr naja nennen wir ihn einfach Adoptivvater, hatte alles menschenmögliche getan, um die Kerle von ihr fern zu halten. Nur echte Jungfrauen brachten ein ordentliches Sümmchen auf dem Heiratsmarkt. Aus dem Heiratsmarkt war ein Sklavenmarkt geworden und der alte Aziz war im fernen Damaskus, wenn er überhaupt noch lebte.
"Wer bist du eigentlich? Ich habe dich hier noch nie gesehen." Semiramis´ Augen waren wieder am Gesicht des Mannes angekommen. Ein wirklich hübsches Gesicht, für jemanden, der nicht gerade aussah, als würde er seine Zeit mit Schönheitskuren verbringen. -
… ist unaufhaltsam! Dabei besaß Semiramis nicht einmal ein Erstbuch! Nicht mal das Fragment einer Schriftrolle. Gar nichts! Aber wen wunderte das groß? Schließlich konnte sie ja auch nicht lesen. Bücher hatte sie stets mit einer guten Portion Argwohn beobachtet. Dennoch, wenn es das Schicksal nicht so ungemein schlecht mit ihr gemeint hätte, dann wäre sie vielleicht einst zur größten Märchenerzählerin aufgestiegen, die Damaskus´ Gassen je gesehen hatte. Nicht auszudenken, welch großer Erfolg ihr sicher gewesen wäre, wäre sie schreib- und lesekundig gewesen, so daß sie ihre Märchen auf Papyrus hätte bannen können. Unglücklicherweise war ihr etwas dazwischen gekommen, was ihre Karriere sozusagen über Nacht beendet hatte.
Nun fristete sie ein trauriges Sklavendasein in der Fremde, mit einem schwülstig blasiertem Römer als Herrn, dem der Hang zur Theatralik nicht fremd war. Und genau dieser war es, der ihr an jenem Tag wieder aufzeigte, wie ungebildet und stupide sie doch war. Oder wie hätte man es sonst bezeichnen sollen, wenn eine Analphabetin in eine Buchhandlung geschickt wurde, mit dem Auftrag, sie solle sich die Neuerscheinungen ansehen und eine kleine Auswahl an belletristischer Literatur mit nach Hause bringen. Natürlich würde die Syrerin mit dieser Aufgabe heillos überfordert sein. Doch das wußte sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Selig waren die Ahnungslosen… -
Nach dem Schockerlebnis in Pisos Reich, welches noch gar nicht lange zurücklag, hatte sich die Syrerin recht erfolgreich im Hintergrund aufgehalten. Nur nicht auffallen, war ihre Devise. Und das funktionierte auch. Geschätzte vierundzwanzig Stunden. Dann wurde sie von ihren Ängsten wieder eingeholt. Genau in dem Augenblick, als sie realisierte, wie man ihren Namen durchs Servitriciuum brüllte. Wenn sie gekonnt hätte, wäre sie nun auf die Suche nach dem nächsten Erdloch gegangen, um sich darin zu verstecken. Da dies aber nicht zu machen war, reagierte sie einfach nicht auf die ihr geltenden Rufe. Mit eingezogenem Kopf versuchte sie sich davonzustehlen. Aber all dies nützte nichts, denn sie hatte nicht mit Alea, der zypriotischen Schlange gerechnet, deren Mundwerk wie immer niemals still stand. Auch jetzt nicht. "He, du, hörst du nicht? Du wirst gerufen! - He, hier ist sie, hier ist Semiramis!"
Die Syrerin blieb wie versteinert stehen. Ertappt! Unter anderen Umständen hätte sie Alea sicher mit Freuden erwürgt. Aber nicht heute. Heute nicht! Morgen vielleicht, wenn sie dann noch lebte.
Sie schluckte. "Äh, ja?"Der Weg zum Triclinium glich einem Gang zur Hinrichtung. Sich selbst Mut zusprechend, erreichte sie schlußendlich die Tür. Zögernd durchschritt sie dieselbe, doch im gleichen Moment waren alle ihre Ängste ganz weit weg geschoben von ihr. In ihren angsterfüllten Augen spiegelte sich Verwunderung. Sie erkannte das Triclinum nicht wieder. Alles war mit bunten, durchsichtigen Stoffen bezogen. Die Farbauswahl war grenzwertig. Ein glatter Verstoß gegen den guten Geschmack. Sie ließen diesen ach so prächtigen Raum verrucht wirken, wie halbseidene Etablissements in leicht anstößigen Gegenden. Andere Römer hätten den Verantwortlichen sicher ans nächste Kreuz nageln lassen.
Doch das I-Tüpfelchen ihres Erstaunens war aber der anwesende Gast, der wie Piso massiert wurde. Die ganze Szenerie, die schiefen Töne des Lyraspielers, die leichtbekleideten Sklavinnen, die alle Wünsche der beiden Herrn zu erfüllen hatten und der schwer-süßliche Duft, der in der Luft lag und zweifellos vom Massageöl und dem Wein stammte, der wohl schon in Strömen geflossen war, erinnerte an ein schlechtes Theaterstück (obwohl es Sermiramis noch nie in ihrem Leben vergönnt gewesen war, einer Theateraufführung beizuwohnen).
In Semiramis Kopf begann es zu dämmern, Piso wolle da ansetzen, wo er gestern von ihr ausgebremst worden war. Sie ahnte böses. Gleichzeitig besann sie sich aber auch, was sie sich gestern immer wieder vorgesagt hatte, ihn nicht wieder zu erzürnen.
Mit leichten Schritten trat sie an die Kline des Flaviers heran. Ihr Blick traf erst Phrima, die alle Hände voll zu tun hatte, aber ihr trotzdem zulächelte, und schließlich Piso. Oder besser gesagt, Pisos Rücken.
"Du hast mich rufen lassen, Herr," stellte sie mit rauer Stimme fest, als habe sie einen Kloß im Hals. -
Lediglich schluchzend aber ansonsten völlig reglos war die Syrerin dort liegen geblieben. In der Hoffnung, Piso würde ihr nichts antun. Er tat ihr auch nichts. Eigentlich tat er gar nichts mehr. Nicht ein Wort kam über seine Lippen. Gar nichts. Was hätte er auch sagen sollen? Sich etwa entschuldigen? Bei ihr?
Plötzlich ging eine Tür, einige Schritte und dann ein Knall. Es vergingen einige Sekunden, bis sich Semiramis regte, bis sie sich traute, nachzusehen ob der Flavier tatsächlich gegangen war. Ers hob sie nur leicht den Kopf an. Als sie niemanden mehr erspähen konnte, setzte sie sich auf. Piso war gegangen. Ein aufatmen. Sie erhob sich, zerrte ihre Tunika zurecht, sah sich um. Dieses eine Mal war sie ihm wie durch ein Wunder noch entwischt. Aber der Flavier würde Vergeltung fordern, für die Schmach, die sie ihm zugefügt hatte. Sorgenvoll blickte sie in die Zukunft, denn sie konnte es drehen und wenden. Sie war ihm vollkommen ausgeliefert. Und irgendwann würde auch die Geduld des Flaviers ausgereizt sein.
Ganz und gar nicht glücklich über den Sieg, den sie heute errungen hatte, begab auch sie sich zur Tür und öffnete sie vorsichtig. Nein, er stand nicht davor, abwartend, bis sie das cubiculum verließ. Schnell huschte sie davon. Für den Rest des Tages vermied sie es, ihm noch einmal vor die Augen zu treten. Aber sie wußte auch, daß dies nur eine temporäre Losung war. Schon morgen vielleicht würde sie sich ihm erneut stellen müssen. -