Beiträge von Germanica Calvena

    Für den Moment blieben sie ungestört und unter sich. Diese wenigen Augenblicke genoss sie am Meisten, denn sie gehörten nur ihnen. Als er sagte, dass er sie auch vermisste hatte und hier war um sie zu sehen, ließ ihr Herz vor Freude hüpfen. Aber warum er nun genau hier war, wollte er ihr nicht verraten. Aber da er strahlte wie ein Honigkuchenpferd, es konnten nur sehr gute Nachrichten sein und sie konnte bereits ahnen, was es sein konnte.


    „Du willst es mir ganz sicher noch nicht verraten?“ fragte sie aber dennoch. Ihre Neugierde konnte sie nicht wirklich zügeln. Sedulus ließ sich noch nicht blicken.


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    Saldir, Dekosklavin


    „Wir haben einen Brunnen, zumindest im Winter versorgt er das Haus direkt von den Äqudukten. Rom wird Unterirdisch mit Wasser versorgt -dominus avarus hat mir das mal erklärt, aber ich hab das vergessen, wie genau das geht. Im Sommer müssen wir zu den öffentlichen Brunnen. Nicht weit von hier. Im unteren Teil des Hauses haben wir auch Thermen...“, erklärte sie und wünschte sich nun ein heißes Bad nehmen zu können. „Wir können das Bad benutzen, wenn unsere Herren fertig sind!“ fügte sie hinzu. Dieses Luxus würde sie gegen nichts auf der Welt eintauschen, es war schön ein warmes Bad zu genießen, hin und wieder. „Aber im Augenblick musst du dich mit dem Wasser hier in der Küche zufrieden geben...“, fügte sie hinzu. Kurz ging sie aus dem Raum heraus und kam wenig später mit mehreren sauberen Tuniken zurück. Ungefärbte Wolle, aber von guter Qualität, mit dem Wappen der Germanicer. „Du hast drei Tuniken, achte darauf, dass du immer vernünftig aussiehst...“, sagte sie. Dann hörte sie zu wie Inken meinte, sie könne Stolz auf ihre Herkunft sein. Es war schon viel zu viele Jahre her und sie war hier Glücklich. Auch reichte sie Inken einfache Sandallen und einen schlichten Mantel.


    „Ich schäme mich nicht für das was ich bin“, leicht zuckte sie mit den Schultern. „Ich habe es hier gut und die Germanica sind alle nett!“ meinte sie im Brustton der Überzeugung. Fast könnte man meinen man hätte sie einer Gehirnwäsche unterzogen.


    Kurz kramte sie im Vorratsschrank und förderte Brot, Käse und Obst zu Tage. "Du wirst Helena und Demetrius hier in der Küche helfen. Wir essen, wenn die Herrschaften fertig sind. Aber du kannst heute eine kleien Ausnahme machen," machte sie Inken mit den Regeln des Hauses vertraut.

    Kurz nickte Calvena, als Inken meinte, sie habe keine Fragen. „Wenn du welche hast, dann komm ruhig zu mir. Ich werde versuchen dir weiter zu helfen. Saldir zeigt dir wo mein Zimmer ist und auch wo du schlafen kannst. Dir steht im übrigen eine eigene Truhe zur Verfügung in die du deine Kleider und auch später dein Geld und andere Dinge tun kannst!“ Etwas verblüfft nahm sie dann Inkens Entschuldigung zu Kenntni. Also war doch noch nicht alle Hoffnung verloren. „Ich kann dich verstehen… besser, als du glauben magst..“, meinte sie dann nur. „Ich lass euch nun allein. Aber ich möchte, dass du heute Abend zu mir kommst. Bis dahin steht es dir frei zu tun und zu lassen was du willst!“ Vermutlich würde Inken bei Saldri bleiben und sich alles zeigen lassen. Mit einem Lächeln in Richtung der beiden germanischen Frauen ging sie dann hinauf in ihr Zimmer.



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    Saldir, Dekosklavin
    Saldir sah Calvena nach und nickte bei ihren Worten mehrmals eifrig. Schließlich waren sie mit der neuen allein. „Heilsa, Inken!“ grüßte sie diese zurück. „Ich bin Saldir. Nur Saldir!“ erklärte sie. Wer ihre Familie einmal gewesen war, spielte in diesem haus keine Rolle. „Ich habe einmal zu den Usipeter gehört. Aber das ist lange her!“ meinte sie mit einem Schulter zucken. Ihre Vergangenheit spielte keine Rolle. „Hast du Hunger, oder willst du zuerst ein Bad? Das Haus zeige ich dir später. So können wir dich nämlich hier nicht herum laufen lassen. Das ist ein anständiger Haushalt“, meinte sie dann nur und stand etwas unschlüssig herum.

    Inken war vorläufig verstummt und ein kurzer Blick über die Schulter, verriet ihr, dass sie ihr auch folgte. Wieder seufzte sie kurz. Es würde wohl nicht einfach werden mit der neuen Sklavin. Sie konnte nur hoffen, dass sich Inken eines Tages einlebte und dann vielleicht auch ihre Sichtweise änderte. Wie gut, dass es mehrere germanische Sklaven im Haushalt der Germanica gab, sie würden ihr den einstieg leichter gestallten und ihr auch hoffentlich vermitteln, dass sie nicht so schlecht waren, wie sie glaubte. Den Sklaven im Hause der Germanica ging es gut, sie bekamen vernünftige Kleidung, wurden nur selten gezüchtigt oder bestraft und ihnen wurde jede menge Freiheiten eingeräumt. Sicher es war nicht das Leben, das Inken kannte, aber vielleicht würde sie dem ganzen noch etwas abgewinnen können.


    Calvena lief zielsicher durch das Gewirr der Straßen und schon bald standen sie vor der Casa Germanica. Sie drehte sich zu Inken noch einmal um. „Dies ist dein Neues zu Hause!“ erklärte sie ihr und ging dann hinein.

    Kurz hatte sie Gundhraban zugenickt, als er ihnen die Tür öffnete, ehe sie in Richtung Küche ging. Der Germane hieß sie mit einem Lächeln zu Haus Willkommen und schenkte auch Inken ein freundliches nicken. Da sie Simplex nun nicht mehr brauchte, ging der hinauf zu den Sklavenunterkünften um den anderen von Calvenas Neuanschaffung zu berichten. „Dies ist die Casa Germanica. Du kannst dich im Haus frei bewegen, aber erst einmal nur im Haus. Ich werde veranlassen das du neue Kleider bekommst und auch etwas zu Essen und über ein Bad freust du dich sicher auch!“ Ihr Tonfall war nüchtern und leicht distanziert. Inken hatte ihr eine Menge zum nachdenken gegeben und erst einmal würde sie nicht versuchen sich mit ihr anzufreunden. Mit der zeit würde es schon von allein kommen.



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    Saldir, Dekosklavin
    In diesem Moment lief ihr Saldir über den Weg. „Warte bitte. Ich will dir Inken vorstellen!“ erklärte sie der Sklavin. Das hübsche Ding blieb stehen und musterte die Neue aufmerksam. „Sie ist Germanin, wie du. Könntest du dich bitte ihrer annehmen und ihr alles zeigen? Ein Bad, saubere Kleidung und etwas zu essen. Ach und schau dir einmal ihre Wunden an. Dieser Mistkerl von Sklavenhändler hatte sie die ganze Zeit über in Ketten gelegt!“ sie sprach immer noch germanisch, auch damit Inken wusste, was sie erwartete. „Inken dies ist Saldir. Sie wird dir das Haus zeigen und erklären wie du dich zu verhalten hast und dir Latein bei bringen!“ sie sah Beiden kurz in die Augen. „Erst einmal soll sie in der Küche helfen“, erklärte sie dann an Saldir gewandt. Die Sklavin sah ziemlich begeistert aus, nachdem ihr Inken vorgestellt wurde. "Wie du wünscht, domina!"


    „Hast du Fragen, Inken?“ Sie wartete ab, ob die Germanin noch etwas wollte, ansonsten würde sie sich dann erst einmal in ihr Zimmer zurück ziehen.

    Chaerea hatte sie schnell entdeckt, doch brauchte sie einen Moment, bis sie bei ihr und Calliphana war. In der Zwischenzeit betrachtete sie ihre Freundin verstohlen von der Seite und freute sich über deren Verblüffung. Die Wut war aus deren Zügen verschwunden, sie war für einen kurzen Moment sprachlos. Kurz winkte Calvena Romana zu und auch Serrana, die in Begleitung ihrer Verwandten gekommen war. Dann stand die Sergia auch schon vor ihnen.


    „Salve Chaerea, ich danke dir ganz herzlich für deine Einladung!“ begrüßte sie sie erst einmal. „Du hast ganze Arbeit geleistet. Es ist wunderschön. Schade, das wir uns erst jetzt so gut kennen lernen, du hättest sicher auch deinen Spaß bei den Fontinalien gehabt!“ lächelte sie und ließ den Blick über die Dekoration schweifen.


    Sie machte eine einladende Geste, als die Sergia meinte, sie würde ab hier Calliphana übernehmen. „Nur zu, sie gehört dir!“ zwinkerte sie Chaerea zu. Zu Calliphana sagte sie nur: „Du solltest all deine Frage Chaerea stellen. Sie hat sich dies alles einfallen lassen… sag mal ist der zweite Ehrengast schon da? Ich kann ihn nirgends entdecken?“ fragte sie dann einfach um das Thema zu wechseln.

    Allein weil Sabina so viel Spaß hatte, hatte sich diese Fixe Idee gelohnt. Sabina wirkte ausgelassen und fröhlich und das Mädchen war wohl heute für jeden noch so kleinen Schabernack bereit. Sie selbst freute sich nur darauf Valerian wieder zu sehen und dass sie die Stimmung von Calliphana durch ihren Vorschlag hatte heben können. Eigentlich hatten sie ja nur Centho überraschen wollen mit ihrem Besuch, das aber auch Valerian an diesem Tag da war, hatte sie dann überrascht. Manchmal gab es eben schon sehr merkwürdige Zufälle. Dieser Zufall hatte aber auch sie in Hochstimmung versetzt, denn so oft sahen sie und Valerian sich leider auch nicht. Sie vermisste ihn, ständig. Damit sie nicht immer nur an ihn dachte, lenkte sie sich meist ab, entweder las sie oder ging in den Tempel der Iuno um ihren Pflichten nach zu kommen oder traf sich mit Freunden. Dies alles tat sie nur damit die Sehnsucht nach ihm nicht zu groß wurde.
    Vor lauter Aufregung hatte sie das Gefühl ein Haufen Raupen verschluckt zu haben, die nun in ihrem Bauch rumorten und die sich schon bald in kribbelige Schmetterlinge verwandeln würden. Calliphana schien es ähnlich zu gehen.


    Wie Diebe schlichen sie durchs haus und versteckten sich dann im Garten. Als Sabina ihre Befürchtung äußerte strich sie dem Mädchen kurz über den Kopf. „Keine Sorge, du wirst keinen Ärger bekommen!“ versicherte sie und sah Calliphana ratlos an. Sie hatte keine Idee, wie es nun weiter gehen sollte.


    „Einfach hingehen. Das dürfte sie schon überraschen!“ schlug sie dann wie Sabina vor.

    Sie musste schmunzeln, Romana war immer noch nicht davon überzeugt, singen zu können. „Warum sollte ich dich anlügen?“ fragte sie Romana ernst und sanft lächelnd. „Ich hab bei den Fontinalien auch auf einer Harfe gespielt. War gar nicht so einfach dieses Instrument aufzutreiben. Aber am Ende hat Elissa eine ausfindig gemacht“, erzählte sie ihr. „Es ist gar nicht so schwer“, zumindest empfand sie das so. Ihr fiel es leicht das spielen der Instrumente zu lernen oder Lieder. Eigentlich alles, was mit Musik zu tun hatte. So war es schon immer gewesen, für sie war es nicht wirklich ungewöhnlich, deswegen zuckte sie nur etwas verlegen mit den Schultern, als Romana sie ein wenig dafür bewunderte. „Ich tu mich dafür mit anderen Dingen schwer“, gab sie zu. Hätte sie in diesem Moment geahnt, in welche Richtung die Gedanken ihrer Freundin ging, wäre sie wohl ein wenig aufgebraust. Ihre Ziehfamilie hatte weder aus Barbaren noch Banditen bestanden. Es waren ehrliche Menschen gewesen, die sich aber nicht den Normen und Erwartungen anderer hatten beugen wollen. Höflichkeit und Freundlichkeit hatte ihren Alltag ebenso bestimmt, wie das tägliche Lager bauen oder die unzähligen Auftritte. Es waren eben meistens nur Vorurteile, gegen die sich Gaukler behaupten mussten. Sicher einiges entsprach der Wahrheit, aber Banditen waren sie nicht, im Gegenteil, sie fürchteten sich ebenso vor diesen herumziehenden Banden, wie alle anderen Reisenden. Eben solche verkommenen Subjekte waren es gewesen, die sie überfallen hatte. Feuer und Rauch und Blut und Tod hatten sie gebracht. Zurück geblieben war sie, allein... Doch der Kummer war langsam nun verblasst und sie hatte trotz allem ihr Glück gefunden und in Romana eine wunderbare Freundin.


    Sie musste lachen, als Romana dann ihre Scherze wegen dem Wein machte und wegen den Himbeeren. „Wo kann man denn im Winter Himbeeren her bekommen?“ fragte sie amüsiert. „Die Vestalinnen müssen quälen haben, die für normal sterbliche nicht erreichbar sind. Du hast es wirklich gut!“ Bewunderung schwang in ihrer Stimme mit. Nur kurz kamen sie wieder auf das Thema Fontinalien zu sprechen und sie drückte ihrer Freundin aufmunternd die Hand. „Es hat mich gefreut, dass du da warst!“ lächelte sie und bekam nichts von deren düsteren Gedanken mit.


    Schließlich erhob sie sich und folgte Romana, Sabina nahm sie dabei wieder an die Hand.

    Schweigend breitete sich zwischen ihnen aus und zog sich in die Länge. Schwer und erdrückend. Kurz biss sie sich auf die Unterlippe, Zweifel kamen ihr, ob es das Richtige gewesen war, Inken diesen Vorschlag zu machen. Die Germanin sah sie grimmig an, ehe diese dann ihrem Blick auswich.
    Schon fast höhnisch, aber vor allem verbittert erzählte Inken dann von den Ereignissen, welche sie nach Rom gebracht hatten. Calvena fühlte sich plötzlich ziemlich Unwohl in ihrer Haut. Eigentlich zu Unrecht, denn sie trug keine Schuld an den Ereignissen, die die andere Frau nach Rom gebracht hatten, in die Fänge von Sklavenhändlern. Sie hätte erwidern können, dass es nicht immer Römer waren, die andere Völker in den Krieg trieben, dass die Fehden zwischen den Stämmen oftmals wesentlich blutiger waren und sich hin und wieder versuchten gegenseitig auszurotten. Nur weil sie in Streit miteinander geraten waren. Doch es wäre sinnlos gewesen. Inken würde ihre Erfahrungen selbst machen müssen und vielleicht würde sie dann sehen, dass sie sich irrte. Schweigend ließ sie deren Wortschwall über sich ergehen. Es war eindeutig, dass sie ihr Angebot ihr die Freiheit zu schenken ablehnte. Doch als Inken, alle Römer als Bestien bezeichnete, zeigte sich Verärgerung auf ihren Zügen. „Irgendwann wirst du sehen, dass du dich irrst!“ entgegnete sie hitziger, als sie wollte. „Nähre ruhig deinen Hass, aber du solltest dadurch nicht Blind vor Zorn werden“, meinte sie etwas ruhiger und ließ das Thema fallen. Leicht schüttelte sie den Kopf. „Nicht alles ist so, wie es den Anschein hat. Viele römische Frauen haben auch das Recht dein Volk zu hassen. Denn ihr seid ebenso kriegerisch und habt auch nie davor halt gemacht, unsere Siedlungen zu überfallen, zu morden, zu plündern und schlimmeres... Alles hat zwei Seiten, vergiss das nie“, sie holte tief Luft, zittrig, denn dieses Gespräch wühlte sie auf. Es öffnete Wunden, von denen sie gehofft hatte, dass die Narben endlich verheilen würden. Kurz schloss sie die Augen, um sie gleich wieder zu öffnen. „Ich vermute mal, du lehnst mein Angebot ab“, sie machte eine winzige Pause. „Dann sollten wir wohl jetzt nach Hause gehen“, fügte sie hinzu.


    Inkens schon fast tröstende Worten, vertrieben nicht den Kummer in ihrem eigenem Herzen. Sie zuckte nur leicht mit der Schulter. Sie wusste schon lange, dass es Dinge gab, die sie nicht ändern konnte. Sie konnte nur das Beste aus ihrer Situation und ihrem Leben machen und sie würde sich nicht unterkriegen lassen. Schweigend ging sie nun weiter. Sie ging davon aus das Inken ihr folgen würde. Sicherlich diese konnte jetzt auch einfach weg laufen, doch wohin... Rom war groß und mit entlaufenen Sklaven wurde kurzer Porzess gemacht. Zwar würde sie Inken keine Soldaten hinter her schicken, doch konnte diese nicht nachweisen, das sie ihre Freiheit erhalten hatte.

    Entspannt ließ sie sich tiefer ins Wasser gleiten. Leicht legte sie den Kopf auf den Beckrand und lauschte dann gedankenverloren den Gesprächen um sie herum. Axilla erzählte von Alexandrien und Ägypten. Nur kurz war sie in Alexandrien gewesen, einige Tage, ehe sie weiter gezogen waren. Das war nun viele Jahre her, sie war noch ein kleines Mädchen gewesen und wusste nur, dass diese Stadt beeindruckend gewesen war, anders als Rom. Kurz überlegte sie, ob sie das ständige reisen vermisste, sie kam zu dem Ergebnis, dass dem nicht so war. Sie war glücklich und bald würde sie heiraten. Bei diesem Gedanken wurde sie ganz nervös. Schließlich richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf die jungen Damen um sich herum und richtete sich ein wenig auf. „Wie lange wirst du in Rom bleiben?“ fragte sie die Iunia.


    „Wir sollten einmal gemeinsam zu einem Wagenrennen gehen!“ schlug sie vor, dann konnten sie sich einmal ein eigenes Bild machen und sehen ob es spannend war oder nicht. Wenn nicht. Würden sie sicherlich sich etwas anderes einfallen lassen um ihren Spaß zu haben.


    Sie folgte dem Blick von Serrana und entdeckte ebenfalls das unbekannte Gesicht. Auch sie schenkte der Aelia ein Lächeln.

    Aufmerksam hörte sie zu, hörte den Schmerz, den Kummer und viele andere Gefühle heraus. Gefühle dir ihr nicht fremd waren, die sie selbst durchlebt hatte und sie beinahe um den Verstand gebracht hatten. Ihre ungeweinten Tränen könnten ein Meer füllen und doch hatte sie ebenso ihr Schicksal angenommen, wie es Inken nun tat. Sie entwickelte einen gewissen Respekt für sie und Verständnis und hoffte, dass die Germanin eines Tages verstand, dass sie nicht ihre Feindin war. Aber Inken würde Zeit brauchen und sie würde sie nicht bedrängen. Sie ging weiter und hing ihren eigenen düsteren Gedanken nach, ehe sie dann wieder Inken zuhörte. „Mit mir kannst du offen reden, ich werde dir nicht Böse sein, nur weil du unangenehme Wahrheiten aussprichst. Hin und wieder brauch ich einen anderen Blick um die Dinge klarer zu sehen“, sagte sie gelassen. „Ich will nicht das du Unterwürfig bist, nur vorsichtiger und nachdenkst, bevor du redest!“ riet sie ihr eindringlich.


    Sie zuckte sichtlich zusammen, als Inken ihr offenbarte, dass sie älter war, als sie gedacht hatte und dass diese ein Kind hatte. Bestürzung zeigte sich auf ihrem Gesicht. „Bona Dea... machen diese elende Hunde, denn vor nichts halt?“ fragte sie empört und ballte die Hände zu Fäusten. Sie überlegte ernsthaft Inken in diesem Augenblick die Freiheit zu schenken. Es ungerecht und furchtbar. Sie wollte nicht wissen, wie sie sich fühlen würde. Ein Schauer lief ihr über den Rücken, schon bald würde sie ihre eigene Familie gründen und sie wollte sich gar nicht ausmalen, Valerian zu verlieren. Calvena drehte sich zu Inken um und sah ihr in die Augen. „Wenn du es willst, kannst du auf der Stelle deine Freiheit bekommen“, erklärte sie Sie biss sich auf die Unterlippe, mal wieder zeigte sich ihre impulsive Art. Sie hatte geredet ohne nach zu denken. Aber das spielte für den Moment keine Rolle, auch dass sie eine Menge Geld ausgegeben hatte. „Ich würde nicht wollen, dass du von deinem Kind getrennt bist...“, fügte sie etwas leiser zu, aber nicht minder ernst. „Du sollst zu deiner Familie zurück, wenn du es willst. Ich habe nicht vor deinen Willen zu brechen. Wenn du nicht auf mein Angebot eingehen willst, dann lasse ich mir etwas einfallen um deiner Familie mit zu teilen, das es dir Gut geht!“ Simplex runzelte die Stirn und sah von einer Frau zur anderen, hier spielte sich gerade etwas wichtiges ab und er verstand kein Wort. Dennoch sagte er in Richtung von Inken: „Calvena ist eine gute Herrin!“ Er wollte sie einfach unterstützen, dennoch sah er sie fragend an.
    „Warum ich in dieser Stadt nicht krank werde? Weil ich gelernt habe mich anzupassen. Weil ich alles verloren habe, was ich geliebt habe...“, in ihrer Stimme schwang nun auch Bitterkeit mit. „Meine Ziehfamilie wurde grausam nieder gemetzelt... wir waren Gaukler, waren immer frei und waren glücklich. Zu Hause war dort, wo wir lagerten. Mehr brauchten wir nicht, nur einander. Willst du wissen wer sie mir genommen hat? Einfach Banditen, aus reiner Habgier haben sie gemordet und mich am Rande des Todes zurück gelassen. So etwas prägt. Um so kostbarer ist das Leben, nach einer solchen Erfahrung...“, sie verstummte, sie hatte mehr gesagt, als sie wollte. Sie drehte sich um, da sie nicht wollte, dass Inken sah, wie aufgewühlt sie war.

    Leise seufzte sie. Inken würde es ihr wohl schwerer machen, als sie gehofft hatte. Mit Simplex hatte sie damals Glück gehabt und Elissa war nun etwas völlig anderes. Die Keltin und sie hatten sich auf Anhieb verstanden und gemocht. Außerdem hatte sich Elissa irgendwie abgefunden. Wobei sie glücklicher wirkte, seit dem sie ihre Freundin war. Ob sie und Inken einander jemals verstehen würden. Sie wünschte es sich. „Meine Onkel haben sich ihre Ränge hart erarbeitet. Sie sind nicht einfach so dort hin gekommen, wo sie nun sind. Solche Reden, wie du sie mir gegenüber führst, könnte sie verärgern", erklärte sie ihr im ruhigen Ton. Kurz überlegte sie, Inken zu belehren, sie brauchte kein Schatten sein, aber das würde diese ihr wohl nicht glauben. Wieder seufzte sie und fragte sich, was sie geritten hatte, als sie mit gesteigert hatte. Nun war es wohl zu spät und noch gab sie die Hoffnung nicht auf.


    „Kannst du kochen?“ fragte sie nun direkter. „Wie alt bist du eigentlich?“ Sie schätze Inken auf etwa ihr Alter. Nicht älter wie zwanzig. „Ich weiß wie es dir geht!“ sagte sie, als sie ihren Blick sah. Rom war für jemanden der noch nie in einer solchen Stadt gelebt hatte, verwirrend, beängstigend, laut und groß. „So ging es mir auch, als ich vor einem knappen Jahr hier her kam...“, sie verstummte, ihr Blick wurde dunkel und traurig. Damals war sie noch jemand anderes gewesen, bis sie alles verloren hatte. Die Kehle wurde ihr eng und sie spürte den vertrauten Schmerz des Verlustes. Sie brauchte einen Moment, bis sie sich wieder gefasst hatte.

    Wie der Wind eilte sie die Treppen hinunter ins Erdgeschoss und strich sich dann erst einmal ihr Kleid noch mal glatt. Kurz hielt sie noch einmal vor einem Spiegel an und betrachtete sich kritisch. Nicht wirklich aufregend, aber immerhin besser, als völlig zerzaust und unordentlich. Schließlich betrat sie das Oecus und entdeckte Valerian auch auf der Stelle und wie es aussah, waren sie auch gerade allein. Ohne zu zögern ging sie auf ihn zu und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. Sie hatte ihn vermisst, so sehr vermisst. Ohne ihn war das Leben trist und düster, wenn er da war, war sie glücklich und schwebte wie auf Wolken. In diesem Augenblick gab es nur sie und ihn. Von ihr aus hätte auch jetzt Laevina erscheinen können und ihr Gift verspritzen, sie hätte es nicht mitbekommen. Kurz umarmte sie ihn und schenkte ihm einen flüchtigen Kuss, ehe sie sich ganz leicht von ihm löste.


    „Es tut gut dich zu sehen!“ sagte sie leise. „Ich hab dich vermisst!“ fügte sie flüsternd hinzu. "Was machst du hier?" fragte sie neugierig. Ein aufgeregtes Kribbeln machte sich in ihrem Baum breit. Es konnten nur gute Nachrichten sein.

    Mit leicht verzweifeltem Gesichtsausdruck saß Calvena auf dem Boden starrte den kleinen Holzrahmen an, welchen sie auf ihrem Schoß hielt. Es war ein Kinderwebrahmen, sie versuchte sich selbst das weben beizubringen. Sie wollte den Stoff für ihr Hochzeitskleid, wie es Tradition war, selbst zu machen. Doch ehe sie sich an dem großen schweren Webrahmen heran traute, wollte sie es mit diesem Kinderspielzeug versuchen. Sabina hatte es ihr geliehen und sie ausgelacht, als diese erfuhr, wofür sie es haben wollte. Schließlich hatte sie ihrer kleinen Base das Versprechen abgeluchst, niemanden ihre Pläne zu verraten. Nun saß sie aber da, völlig ratlos. Die grobe Wolle hatte sich verheddert, verknotet und um ihr Handgelenk gewickelt. Die Zungespitze schob sie zwischen die Lippen, während sie versuchte die Kettfäden zu spannen. Es war schon fast ein Hoffnungsloses unterfangen, die Fäden waren entweder zu lang und hingen durch oder zu straff, so dass das Holz ächzte. „Verdammt noch mal....“, entwich ihr ein undamenhafter Fluch. Mehr schlecht als Recht hatte sie es zumindest nach einer halben Ewigkeit geschafft, die Fäden mit dem Holzrahmen zu verknoten, nun betrachtete sie reichlich skeptisch das Schiffchen in ihren Händen. Zum Glück gelang es ihr, die Wolle halbwegs glatt aufwickeln, dennoch einige Knoten konnte sie nicht verhindern. Kurz holte sie tief Luft und schob dann das flache Stück Holz durch die Fäden. Ein Lächeln zeigte sich auf ihren Zügen, als der Schussfaden an seiner Stelle blieb. Das war doch nicht so schwer wie sie gedacht hatte. Doch im nächsten Augenblick verschwand ihr Lächeln und wurde durch eine mürrische Miene ersetzt. Sie hatte das Schiffchen wieder zurück geschoben und der mühsam aufgewickelte Faden, löste sich einfach auf. Zurück blieben nur die ungeraden Kettfäden und der Schussfaden hing baumelnd von ihrer Hand herab. Sie war völlig entgeistert und spürte wie Tränen der Frustration sie zu überwältigen drohten. Was war denn das für ein Mist. In diesem Moment klopfte und ganz eilig schob sie den Webrahmen unter ihre Kommode, gefolgt von der Wolle und dem Schiffchen. Gerade rechtzeitig, denn der Spion des Hausdrachen steckte den Kopf herein.
    Verblüfft hörte sie, dass Valerian da war. Vergessen war der Kampf mit dem Spielzeug, vergessen die Wut über die Wolle.
    Sie sprang auf die Beine und sah in die polierte Kupferplatte, welche ihr als Spiegel diente. Ihr Haar hatte sie zu einem festen Zopf geflochten, sie war dezent geschminkt -dies hatte sie sich angewöhnt, seitdem Laevina im Haus wohnte und damit diese keinen Grund zum herum mäckeln hatte- und sie trug eine schlichte blaue Tunika. An sich war sie vorzeigbar, aber für Valerian hätte sie sich gern hübscher gemacht. Was er wohl wollte? Kurzerhand griff sie nach einer Kette mit blauen Perlen und einem Delphinanhänger. Valerian hatte ihr das kleine Holztier geschenkt und sie hatte eine Schmuckstück daraus machen lassen. Kurzerhand legte sie sich die Kette um den Hals und eilte dann hinunter.

    Kurzerhand drückte Calvena dem Sklavenhändler das Geld in die Hand. Simplex behielt derweil Inken misstrauisch im Blick. Er traute diesem Mannweib nicht über den Weg. „Lasst uns nach Hause gehen!“ sagte sie an Beide, wobei sie für Inken es noch einmal auf germanisch wiederholte, ehe sie ihren Weg durch die Menge suchte. Kurz verabschiedete sie sich noch von Octavius Macer und Tiberia Septima, ehe sie sich ihren weg durch die Straßen Roms suchte.


    In einer Nebengasse wurde sie dann wieder etwas gesprächiger. „Wir haben bereits zwei germanische Sklaven in der Casa: Saldir und Gundhraban. Sie werden dir sicherlich, dass du dich schnell zurecht findest und auch schnell Latein lernst. Du solltest wissen, dass ich mit zwei Senatoren zusammen lebe. Diesen bringst du immer Respekt bei. Du musst nicht zwingend unterwürfig sein, aber wenn du sie beleidigst, kann das Böse enden. Ich kann dich dann nicht in Schutz nehmen. Sie verstehen deine Sprache. Mein Onkel Sedulus war lange in Mogontiacum!“ erklärte sie Inken und hoffte, dass diese verstehen würde, worauf sie hinaus wollte. „Wenn du dich gut anstellst, dann bin ich auch gewillt, dir eines Tages deine Freiheit zurück zu geben“, fügte sie dann mit einem Lächeln hinzu und blieb kurz stehen. „Hast du irgendwelche Fähigkeiten?“ fragte sie dann. „Oder gibt es Aufgaben die du gern machst? Ich will dir den Einstieg so einfach wie möglich machen!“ meinte sie freundlich. „Erst einmal wirst du im Haus bleiben, aber ich werde dich sicherlich das ein oder andere Mal mitnehmen. Zu den Tempeln der Stadt. Ich bin nämlich ein Mitglied des Cultus Deorum. Ich werde Priesterin!“ fügte sie erklärend hinzu. Es war vielleicht etwas zu viel auf einmal. Kurz hielt sie Inne, ehe sie fortfuhr. „Derzeit leben fünf Familienmitglieder hier in Rom: das bin ich, Sabina, meine Cousine, Laevina eine Großtante -nimm dich vor ihr in Acht-, Quintus Germanicus Sedulus, mein Onkel und Vormund und dann noch Medicus Germanicus Avarus, mein Großonkel und pater gens -Familienoberhaupt!“

    Sie sah Macer an, das ihm etwas bedrückte, wollte ihn aber nicht bedrängen. Er sollte von selbst anfangen zu reden und das tat er dann. Sie hörte ihm zu. Ein leicht flaues Gefühl bekam sie im Magen, denn das was er ihr erzählte war doch schon ein ziemlich großes Ding. Es konnte jede Menge Ärger geben, wenn heraus kam, was die Beiden trieben. Es ging nicht um den moralischen Aspekt, dass mussten Beide mit sich selbst ausmachen, aber es ging um die anderen Verwicklungen. Wenn sie nicht vorsichtig waren, würde es nicht nur einen riesigen Skandal geben, Macer würde seine Karriere aufs Spiel setzen und Septima vermutlich noch viel mehr.


    „Das sie heiraten soll, tut mir Leid...“, sagte sie. Kurz nippte sie an ihrem Wein um ihre Gedanken zu ordnen. „Wenn ihr trotz allem zusammen bleiben wollt. Dann müsst ihr sehr vorsichtig sein... vor allem, solltet ihr euch in Zurückhaltung üben, bei bestimmten Dingen!“ Hoffentlich verstand er, worauf sie hinaus wollte. Sie selbst war ja ein uneheliches Kind. Natürlich gab es Mittel und Wege so etwas zu verhindern, doch wusste das auch Septima....

    Hab da mal ne Frage, ich weiß ja das Titus Tranquilius viel zu tun hat, soll ich nun das Geld für Inken einfach überweisen? Und sie dann einfach mitnehmen? ?( Ich will keinem vor den Kopf stoßen, aber ich hab jetzt ne ungeduldige Sklavin :D ;)

    Nachdem sie seinem Gedächtnis ein wenig auf die Sprünge geholfen hatte, kamen ihr Zweifel, ob es so klug gewesen war, ihn direkt nach Septima zu fragen. Er wirkte etwas verlegen und auch deprimiert. Sie erfuhr auch einen Augenblick später, warum. Langsam nickte sie, wusste aber nicht wie sie ihn aufbauen sollte.
    Sie selbst war glücklich mit Valerian und auch wenn sie Beide es nicht allzu sehr an die große Glocke hängten, steckten sie nicht so sehr in der Bedrouille wie Macer. Sie waren einander bereits versprochen, bis zur offiziellen Verlobung würde es nur noch Tage dauern. Hoffte sie zumindest.


    „Ich weiß nicht was ich dir raten soll... Aber wenn du kannst jederzeit mit mir reden. Ich werde niemandem etwas verraten!“ erklärte sie ihm mit einem warmen Lächeln.