Wieder ein Mal war Antoninus mit einem Marschbefehl durch das halbe Reich unterwegs. Wenn er jetzt noch mal nach Hispania kam, war er an jedem Ende des Reichs. Wobei er die Hauptstatt wie die meisten bevorzugen würde. Aber im Grunde war ihm eine Versetzung nach Mogontiacum gar nicht so unrecht. Mit Freude dachte er an Phryne und natürlich war viel Zeit vergangen, aber wer konnte schon wissen, was passiert. Die letzten Jahre in der Provinz Cappadocia hatten schaurig angefangen, aber sie hatten auch geschlaucht. Der Anfang war übel, denn er und seine kleine Reisegesellschaft waren in den Bergen überfallen worden. Beim letzten Mal war es nicht so ein kleines Scharmützel wie die Male davor. Der Bergstamm, der die Karawane aufgerieben hatte, wusste genau, auf was sie es abgesehen hatten, und zwar sein Reisegepäck. Silberne Becher, teure Stoffe und Geld – kurz das Gepäck eines Präfekten . Er war zu unvorsichtig gewesen, hatte geglaubt, als Mann mit seiner Erfahrung und seiner Kampfkraft könnte ihm das nicht passieren. Nur er Turbo und zwei Sklaven, das würde schon reichen. Es waren gut zwei Duzend, nur leicht bewaffnet, aber eben haushoch in der Überzahl. Seine Sklaven waren geflohen und er und Turbo hatten sich kämpfend in die Berge geflüchtet und noch zwei Angreifer getötet. Aber sie waren verletzt und hatten kaum Wasser. Drei Wochen waren sie in den Bergen von einer Wasserstelle zur anderen geirrt, bis sie am Ende an der Castra angekommen waren. Wie die Vagabunden und abgerissen waren sie am Tor angekommen. Es hatte zwei weitere Wochen gedauert, bis man die Wache von der Porta Regiae gefunden hatte, der seine Identität hatte bestätigen konnte. Seine Papiere, sein Gepäck und seine Kleider waren weg und er sah aus wie ein ausgemergelter Sklave. Wer hätte ihm also glauben sollen? Erst als man seine Identität geklärt hatte, wurde es sehr langsam besser. Der Präfekt der sich auf dem Anmarsch hatte all seine Habe hatte klauen lassen. Klar, dass erst mal hinter vorgehaltener bei allen Miles für Gelächter gesorgt hatte. Es hatte über ein Jahr gedauert, bis er sich den Respekt hatte zurückholen können. Was hatte er die Legion geschliffen. Erst als sie Blut und Wasser geschwitzt hatten und gesehen hatten, dass ihr Präfekt ebenso, in kaltem Wasser geqollene Körner gegessen und mit ihnen in den Bergen auf dem Boden geschlafen hatte, verdiente er sich den Respekt zurück. Das aber war für ihn nicht das Problem, denn das war er gewöhnt. Nur Turbo, der nie die Härten der Legion erlebt hatte, hatte gelitten, aber er hatte nie in der Castra bleiben wollen, auch wenn Antoninus es ihm immer wieder angeboten hatte. Er war ihm über so viele Jahre jetzt schon treu, auch nach seiner Freilassung.
Nein, das, was ihn in seiner Zeit als Präfekt der XV Legio wirklich geschlaucht hatte, war der Verwaltungsdienst. Zahlen und Tabellen und Tabellen und Zahlen, Futterlieferungen und Getreidelieferungen und Krankenlisten. Das hatte ihm Furchen ins Gesicht gegraben. Aber hier hatten sich die Scriba und Cornicularii als feste Stütze erwiesen.
Besonders hatte es ihm bei seiner Abberufung leidgetan, seinen Benificiarius zurückzulassen, einen jungen Mann, der wirklich wachen Geistes war. Erst hatte er ihn nicht haben wollen, weil der Legat Ihn ihm auf Auge gedrückt hatte. Eine Gefälligkeit für einen Bekannten. Wie immer eben. Die mit den besten Beziehungen bekamen in der Legion die besten Jobs. Jetzt war er über Rom nach Germanien gereist und dann wieder mit dem Schiff nach Arelas und dann den Rohdanus hinauf bis Cabillonum, Vesontio und Augusta Raurica, und dann das letzte Stück wieder über den Rhenus. Eine Strecke, wie er sie schon einige Male gereist war. Doch dieses Mal kam er so vor dem Tor der Castra an wie es ihm zukam. In der Paraderüstung eines Präfekten und mit großem Gepäck, das er sich hatte mühsam wieder zusammenkaufen müssen. Aber zum Glück bezahlte man Präfekten sehr gut. Eine Reisegesellschaft, wie man sie sich in diesem Fall vorstellte. Turbo, der ja eigentlich Lucius Cornelius Turbo hieß, nachdem er freigelassen worden war, trug eine Tunika, die aus dem besten Stoff genäht war. Man sah, dass hier wichtige Leute kamen. Obwohl Antoninus auch lange Infanterist war, liebte er doch Pferde und in der Pferdezucht des Iulius Centho war er mit guten Pferden versorgt worden. So saß er heute in einem kurzen Muskelpanzer, wie ihn Reiter meist nutzten, mit einem purpurnen Band mit dem typischen Knoten vor der Brust, wie es bei den Offizieren über dem Centurio üblich war, auf seinem Pferd als sie am Tor ankamen. „Salve Milites.“ Grüßte er den Miles am Tor. Er erwartet das ihm heute der Respekt zukam der ihm zustand.