Beiträge von Emilía Bantotakis

    "Ich bin die Scriba meines Cousins Anthimos und fühle mich mit dieser Aufgabe sehr wohl. Vielleicht würde ich danach auch ein Amt annehmen, aber genau überlegt habe ich mir das nicht. Sowas werde ich erst mit Timotheus besprechen müssen, er ist ja schließlich das Oberhaupt und ich möchte in erster Linie Teil meiner Familie sein."


    Emi plapperte mehr oder minder frei drauflos, was hieß, sie dachte erst hinterher ob das was sie sagte auch wirklich klug war. Allerdings hatte Nike einige gute Fragen gestellt und sie war gespannt, was Nikoloas dazu antworten würde.

    Uuuuah, spannend. Mit gespitzten Ohren und großen Augen lauschte Emi ihrem Lehrer, dessen ruhige Stimme sehr anschaulich von den Taten Alexanders berichtete. Das meiste hatte Emi schon gehört, war doch das Leben und das Streben dieses Mannes ihre Lieblingsgeschichte, etwas, mit dem sie sich schon immer gerne beschäftigt hatte. Sie hatte auch mal einen Kater gehabt, den sie Nikanor genannt hatte, doch irgendwann war der doch recht wilde Draufgänger nicht mehr nach Hause gekommen...


    Würde Nikolaos noch mehr erzählen? Als er nachfragte, ob jemandem etwas unklar war, schüttelte Emi heftig den Kopf. Gespannt hing sie an seinen Lippen und wollte eigentlich nur, dass er noch mehr erzählte.

    "Ja, hat er." Emi kicherte immer noch, besonders da sie nun das aufgeregte Gesicht ihres Cousins vor sich hatte. Er schien, gelinde ausgedrückt, sehr überrascht und machte ein entsprechend dummes Gesicht, dessen Ausdruck sich erst nach einigen AUgenblicken wieder normalisierte. Daher unterdrückte auch der Lockenkopf das restliche Gekichere und nickte fleißig, als er sie um den Gefallen bat. Schnell blickte sie Anthi nochmal genau an, bevor sie sich auf den Weg machte und sich an den anderen vorbei schlich. Nach einer Weile hatte sie dann auch etwas gefunden, dass Anthi nun anziehn konnte und stahl sich auf Samtpfoten wieder zurück in die Küche. Sie reichte es ihm kommentarlos und schürte nochmal das Feuer, damit das Wasser bald kochen würde.

    Emi schlug sich in Gedanken vor den Kopf, ihrem Cousin ging das viel näher als sie erwartet hätte. Aber sie hatte ja auch keine Ahnung gehabt, was geschehen war und nun tat es ihr leid, dass sie gefragt hatte. Anthi sah auch nicht so aus, als würde das erneute Erleben der Geschehnisse ihnen etwas von ihrem Schrecken nehmen. Ihre Hand, die immer noch auf seinem Unterarm ruhte, begann sanft darüber zu streichen, irgendwie wollte sie ihm zeigen, dass sie für ihn da war.


    Es musste schlimm gewesen sein, nein, viel schlimmer. Emi fand kein passendes Wort für das Grauen, dass ihre Cousins miterlebt hatten, mitansehen zu müssen wie der eigene Vater abgeschlachtet wurde. Und zu wissen, dass die Mutter geschändet werden würde. Grausam! Ekelerregend! Zorn flackerte in ihr auf und loderte heißer als die alexandrische Sonne es konnte, sie konnte nur hoffen, dass Anthi es schaffte weiterzuerzählen. Wie waren sie denn schlußendlich hier her gekommen?

    "So ist es, Timothéos und Ánthimos sind unsere Cousins." Bestätigend nickte Emi, den Familienältestens zu Erst nennend. Als er sie dann so eindringlich anschaute, musste Emi lächeln. Andere wären unter dem Blick vielleicht nervös geworden, hätten sich Gedanken gemacht ob in seinen Worten eine versteckte Botschaft lag, dass man zu hochnäsig sei oder nicht Stolz genug. Doch Emi hatte die Angewohnheit auf sowas nciht allzu genau zu reagieren, wenn er meinte sie sei zu Stolz oder nicht Stolz genug, sollte er ihr das sagen. Sie selbst fand sich nämlich sehr gut so, wie sie war und würde sich sicherlich nicht ändern. Nicht von sich aus.


    Auuuußerdem gab es eh viel wichtigeres im Moment! Wie sie solche Geheimnisse und Bevorzugereien liebte, er würde ihr was sagen, was er sonst keinem sagte. Und sie mussten versprechen nicht zu sagen, dass er es gesagt hatte! Wie aufregend! Eifrig nickte sie. "Aber natürlich, das versteht sich doch von selber." meinte sie und auch wenn ihre Wortwahl vielleicht etwas lapidar wirkte, sie war mit Feuereifer bei der Sache und nickte ernst. Und Eifrig. Aber das tat sie sowieso öfter.


    Eine Weile gingen sie noch, doch dann wandte sich Nikolaos noch mal mit einer direkten Fragen an die jüngere der Schwestern. Ein wissender Blick streifte aus bunten Augen die Ältere, er hatte eben Emi zu sich gerufen und Nike war nur mit dabei. Das wollte Emi nochmal schnell klar stellen, bevor sie sich auf die Beantwortung der Frage konzentrierte.


    "Als ich Unruhen sagte dachte ich an die Vorkommnisse am Tor zum Königsviertel und das verstärkte Aufkommen römischer Soldaten und ihre aggressive Vorgehensweise, also ihre Präsenz."


    Obwohl sie frei heraussprach, wie immer, war sich Emi nicht ganz sicher, ob sie sich verständlich genug ausgedrückt hatte. Sie hoffte, Nikolaos konnte ihr mehr Einblicke in die Geschehnisse geben. Nicht zuletzt, weil Timos darin ja auch verwickelt gewesen war.




    Sim-Off:

    Ich denke die Vorkommnisse in Basileia beim Tor zum Königsviertel sind zeitlich vor diesem Gespräch, falls ich da oder in einem anderen Bereich falsch liege, korrigiert mich bitte.

    Emi kam nur wenige Augenblicke nach Anthi in der Küche an, naja, vielleicht waren es auch einige mehr Augenblicke gewesen, aber es reichte völlig aus, dass ihr Cousin sich und die direkte Umwelt um ihn herum in Chaos stürzte. Mit einem amüsierten Gesichtsausdruck schaute der Lockenkopf zu, wie Anthi völlig panisch an dem Wasser rumhantierte und sich dann bei ihr beschwerte. Böses Wasser aber auch! Wie konnte es sich nur wagen nicht zu kochen! Sie grinste und kicherte dann auch noch. Allerdings wich das doch beinahe gehässige Kichern schnell zwei aufgerissenen Augen, als sie sah, warum es hier verbrannt roch. Anthi brannte ja! Er schrocken grabschte sich Emi das erstbeste, dass sie zu fassen kriegte und schritt entschlossenen Schrittes auf das Hinterteil ihres Cousins zu. Zu seinem Glück hatte sie einen alten Stoffbeutel gegriffen, in dem man eigentlich Nahrung transportierte. Normalerweise hätte es auch eine Pfanne sein können, doch die Götter ersparten dem werdenden Vater diese Art von Prügel. Stattdessen musste er sich gefallen lassen, wie Emi hochkonzentriert auf das Feuer an seiner Kleidung einschlug.


    "Halt mal still, Anthi." sagte die Bantotakin, wohlweißlich nicht erklärend, warum er still halten sollte. Sie wollte nicht riskieren, dass er sich noch mehr in seine Unruhe reinsteigerte und nachher noch panisch und brennend durch die Gegend rannte. Nein, das Feuer war noch klein genug und nach einigen Versuchen auch gelöscht. "Anscheinend bist du ja Feuer und Flamme für die Idee endlich Papa zu werden." Emi kicherte und brach dann in schallendes Lachen aus. Zu herrlich! Sie hatte ja schon viele nervöse werdende Väter erlebt, aber Anthi überbot jede ihrer kläglichen Versuche um Längen.

    Die plötzliche Gefühlsregung in ihrem Cousin blieb emi nicht verborgen und sie schaute ihn interessiert an. Sie hatte sich denken können, dass die Geschehnisse nicht unbedingt zu den schöneren gehörten, dennoch hatte sie nicht erwartet, dass es ihm so nahe ging. Sie fühlte sich dennoch nicht schuldig, gefragt zu haben. Es fehlte ihr zwar durchaus nicht an Feingefühl, aber sie hatte einfach ein loses Mundwerk und eine zu unbekümmerte Art, ihr Gedanke war nur, dass wenn er nicht erzählen wollte, musste er es ja nicht. Sie hatte ihn gefragt, würde aber nicht auf die Beantwortung bestehen. Und so hielt sie es eigentlich immer mit ihren Fragen, schon allein, weil sie eben viele stellte, auf die der jeweilge Gesprächspartner oft nicht antworten wollte.


    Sie folgte ihm zu den Steinen, setzte sich nah an ihn und schüttelte dann den Kopf. "Nein, das weiß ich nicht. Du musst nichts sagen, wenn du nicht willst." Sanft legte sie ihre Hand auf seinen Unterarm und blickte ihn aus ihren komischen, weil zweifarbigen Augen interessiert an. Sie war ja so gespannt und hoffte, er würde ihr alles erzählen!

    Uuuuh, die Geschichte von Alexander, dem Großen! Emi grinste voller Vorfreude und machte es sich neben Pasiphaë gemütlich, etwas abgerutscht von ihrer Schwester, der sie immer noch etwas böse war. Sollten sie erstmal wieder aus dem Gymnasion raus sein, würde sie ihr noch mal ihre Meinung sagen. Doch fürs erste war ihre Aufmerksamkeit gefesselt nach vorne gerichtet, sie mochte die Geschichten über Alexander und konnte es kaum erwarten, dass Nikolaos loslegen würde.

    Frechheit! Gemein! schrie es kurzzeitig in Emi auf, als sie ihre Schwester hinter sich hörte. Nicht nur, dass sie nun dabei sein würde, nein, sie hatte dem Lehrer auch gleich noch erzählt, wer sie war. "Meine jüngere Schwester" äffte Emi die Ältere in Gedanken nach und verzog ihren Mund zu einem Schmollen. Allerdings nahmen die Anderen das wohl nicht wahr, denn sie sprachen miteinander und Nikolaos schien nicht vollends überzeugt zu sein, dass Nike dabei sein musste.


    In einer fließenden Bewegung stand Emi auf und ging so nah neben dem Lehrer her, wie sie es schicklich fand und warf Nike dann hinter seinem Rücken einen bösen Blick zu. Er hatte sie um ein Einzelgespräch gebeten, sie selbst traf doch gar keine Schuld. Meinte Nike etwa, dass sie auf Emi aufpassen musste? Pah, sie war doch kein kleines Kind mehr! Es fiel dem Lockenkopf schwer, das Verhalten ihrer Schwester unkommentiert zu lassen, aber vor dem Lehrer wollte sie sich diese Blöße nicht geben. Daher sagte sie erstmal nichts, was an und für sich auch schon ungewöhnlich war und folgte Nikolaos.

    "Aber natürlich findest sich jemand!" sagte Emi vergnügt und schaute in die Runde. Sie würde heute kochen und das konnte ihr Pelo auch gar nicht ausreden, die hatte nämlich ganz andere Sorgen. Als es los ging und vor allem, als Pelo mit Anthi gesprochen hatte, war der Lockenkopf sehr still gewesen. Entgegen ihres eigentlich so fröhlichen und unbeschwerten Charakters war sie ernst geblieben und hatte die anderen einfach machen lassen, ohne sich bemerkbar zu machen. Es war ihr schwer gefallen, ja, aber sie war ja kein kleines Kind mehr, dass nun Eifersüchtig auf das neue Geschwisterchen schaute. Sie konnte, wenn sie denn wirklich wollte, sich sogar zurück nehmen und im Hintergrund bleiben.


    Und genau das würde sie nun auch tun. In der Küche war sie niemandem im Weg, tat etwas nützliches und konnte, sollte man sie brauchen, schnell geholt werden. Es gab ja genug andere Frauen, die Pelo beistanden, bis die Hebamme kommen würde. Aueßrdem war ein nervöser Anthi in der Küche auch nicht die beste Idee, fand die (nicht mehr lange) jüngste Bantotakin. "Solltet ihr mich brauchen, findet ihr mich in der Küche." Somit drehte sie sich auch schon um und verließ das Atrium, bevor die Hausherrin noch auf die Idee kommen konnte zu widersprechen.

    Der bantotakische Lockenkopf mit den auffälligen Augen schaute interessiert zu, wie ihr Lehrer nachzudenken schien. Ihr war die Brisanz ihrer Frage durchaus bewusst und hatte sie aus genau diesem Grund gestellt. Obwohl - oder auch gerade deswegen - sie erst so kurz in Alexandria war interessierte sie dieses Thema brennend. In Syrien war der griechisch-römische Zwist etwas weit entferntes gewesen, doch hier geschah alles sozusagen genau vor ihrer Haustür. Und nicht zuletzt weil ihr Cousin der Strategos war fand sie es wichtig, die Meinung ihres Lehrers dazu zu hören.


    Und diese tat er auch bald kund und sie hatte Hand und Fuß, wie man so schön sagte. Sein Wunsch, sie dann noch einmal alleine zu sprechen überraschte sie dann doch etwas. Wo die anderen jetzt eine Stunde frei hatten, sollte sie bleiben. Das an und für sich störte sie nicht, es wunderte sie nur. Ob ihre Frage etwas zu genau war und etwas zu sehr an ein Thema rührte, über das man vielleicht eher nicht sprach? Oder wollte er herausfinden ob sie gar revolutionäre Tendenzen hatte? Verwundert wanderte eine ihrer Augenbraue nach oben, während er sie als gutes Beispiel angab und einige der Jungen strafend ansah. Besonders einer, der die ganze Zeit zu ihnen herüber schielte, bekam einen Rüffel und hielt sich erst mal wieder bedeckt. Wenn auch nicht lange, wie Emi mit einem dummen Grinsen feststellte. Anscheinend reichten drei Frauen aus eine ganze Horde von Jungen zum Schweigen zu bringen.


    Die weiteren Ausführungen von Nikolaos machten Sinn, was er über die Römer im Allgemeinen und über den göttlichen Basileus und den Eparchos im Speziellen sagte klang überzeugend. Emi hatte das Gefühl ihrem Lehrer sei es besonders wichtig, dass sie alle das auch wirklich begriffen. Sie lächelte ihre Schwester an und auch die Freundin von Timos, wie sie sie heimlich betitelte, dann rückte sie näher zu ihrem Lehrer und wartete mit ihm, bis die anderen verschwunden waren. Sie freute sich sehr eine Extrawurst zu erhalten und um den Test herumzukommen, denn so verstand sie die Worte von Nikolaos. Der Gedanke, dass alles nur ein Vorwand für etwas ganz anderes sein konnte, kam ihr gar nicht. So argwöhnisch war sie nicht.


    "Ich hoffe ich habe dich nicht allzu sehr vor allen in Bedrängnis gebracht. Manchmal rede ich erst, bevor ich was sage." Und das war noch untertrieben, eigentlich redete sie immer einfach drauflos und dachte nicht nach. Aber er schien ihr nicht böse und das war schon mal viel wert.

    Natürlich würden sie nicht zu den Waffen greifen, um sich zu verteidigen, obwohl das früher einmal, bevor sie unter dem Schutz der Römer waren, durchaus einw ichtiger Aspekt war. Grade hier, in Alexandria, wo der Wohlstand greifbar war, das rief auch viele Neider auf den Plan. Ob man sich deswegen den Römern untergeordnet hatte? Zumindestens in gewisser Weise untergeordnet, man stand unter ihrem Schutz. Und dennoch sollte man sich gegen alle verteidigen, die die Ordnung störten. Was, wenn es nun die Römer waren, die ihren Hals nicht voll genug bekamen? Wäre ja nicht das erste Mal. Emi blickte erschrocken nach vorne, als der Lehrer sie alle so finster ansah, aber sie war in Gedanken gewesen und hatte nicht mitbekommen, warum Nikolaos so böse war. Irgendwie fühlte sie sich ertappt und blickte kurz zu ihrer Schwester und Pasiphaë, ob sie etwas überhört oder falsch gemacht hatte. Allerdings war dem anscheinend nicht so und sie blickte wieder nach vorne.


    "Ich hätte noch eine Frage, zum Thema der Verteidigung. Es stimmt, wenn du sagst, dass Barbarenstämme aus der Wüste keine Gefahr mehr für uns sind. Aber wenn es darum gehen soll unsere Staatsform zu beschützen, was ist dann mit den Rhomäern?" Emi schaute noch einmal kurz in die Runde, ob jemand ihren Gedankengang verstand. Dann erklärte sie sich. "Die einzigen, die die Macht und militärische Stärke dazu hätten, wären sie und jeder weiß doch, dass es Unruhen gegeben hat. Müssten wir uns nicht gegen ihre Herrschaft verteidigen, wenn man zu dem Schluss kommen kann, dass sie unsere Polis und unsere Ordnung umstürzen wollen?"

    Bereitwillig ließ sich Emi bei der Hand nehmen und von ihrem Verwandten etwas weg führen, sie war gespannt was er noch zu erzählen und zu zeigen hatte und vertraute ihm da völlig. Das Meeresrauschen im Hintergrund, das Klatschen der Wellen gegen die Felsen, wurde lauter, da sie nun den Klippen näher kamen. Emi beobachtete einen Moment einige vorwitzige Vögel, die im steilen Sturzflug in die Wellen eintauchten und - manchmal - mit einem kleinen Fisch im Maul wieder auftauchten. Diese Technik der Nachrungsbeschaffung als wagemutig zu bezeichnen schien gerade richtig, aber das typische Gekreische der Vögel die leer ausgingen gefiel dem Lockenkopf. Es klang gar nicht klagend, eher so, als würden sie sich nur aufregen. Und das konnte sie nachvollziehen. Wenn sie sich hals über Kopf in etwas hineinstürzte, wollte sie schließlich auch, dass es klappte.


    Dann wandte sie sich wieder Anthi zu, der sie eine reichlich dumme Frage fragte. Sie wollte schon zu der frechen Antwort ansetzen, dass sie schließlich nicht blind sei, als er aber anfing zu erklären und sie machte den Mund zu und lauschte lieber. Sie nickte hin und wieder und meinte dann:


    "Das macht großen Sinn, was du sagst. Wenn jeder in diesen Satz seine eigenen Götter hinein interpretiert, fühlt er sich gut empfangen und hat diesen Hafen in guter Erinnerung. Wenn Sostratos das wirklich so gemeint hatte, dann hat er eine große Weitsicht und Großmütigkeit besessen, finde ich. Seefahrer sind nun mal ein eigenes Völkchen für sich, egal aus welchem Land sie kommen und für die Polis unheimlich wichtig. Die Waren von ihren Schiffen erhalten unsere Stadt und machen sie zu dem, was sie ist. Nicht auszudenken, wenn alle Schiffe ausblieben."


    Emi weitete kurz vor Schreck ihre Augen, schüttelte dann aber den Kopf und die schlimmen Gedanken bei seite. Sie dachte noch über etwas anderes nach, dass Anthi nur kurz angesprochen hatte, die Geschichte der Bantotaken. Emi hatte durch ihre Eltern immer mal wieder Gerüchte gehört, aber wirklich wissen, was den drei Männern geschehen war, tat sie nicht. Und es interessierte sie brennend!


    "Ist es nicht beruhigend zu wissen, dass die Götter an unserem Schicksal teilhaben? Ich kann verstehen, dass du dich Aphrodite und Poseidon besonders nahe fühlst. Wie habt ihr es eigentlich geschafft hier nach Alexandria zu kommen und Fuß zu fassen. Wir in Syria haben einfach eine zeitlang gar nichts mehr von euch gehört und dann Nachricht bekommen, dass ihr hier seid."


    Emi, unbedarft wie immer, fragte lieber direkt nach. Auch wenn sie nicht nachbohrte sondern eine eher allgemein gemeinte Frage stellte.

    Natürlich war der wilde Lockenkopf den beiden wieder nach Hause gefolgt und hatte sich auf dem Weg noch etwas umgeguckt. Die Stadt war immer noch viel zu interessant, als dass sie nicht hin gucken konnte und so sagte sie erst wieder was, als sie im Haus angekommen waren. Anthi kümmerte sich sorgfältig um die neue Sklavin und gab ihr reichlich Hilfestellung, vor allem was Pelo anging, aber das konnte Emi verstehen. Sie hatte seit ihrer Ankunft das Gefühl, dass Pelo ihr skeptisch gegenüberstand. Was es für sie irgendwie auch schwer machte, sich ganz auf die werdende Mutter einzulassen.


    Es war interessant, wie Anthi den Haushalt erklärte und als er sie erwähnte, grinste sie kurz. Kiya wußte ja schon, wer sie war und die beiden waren sich auf Anhieb sympathisch - jedenfalls von Emis Seite her. In ihrem zu Hause hatte es nie Sklaven gegeben und sie würde bestimmt keine rhomäischen Sitten einführen und Kiya schlecht behandeln. Nein, das war ganz und gar nicht ihre Art.


    "Ich bin gespannt was die anderen sagen." sagte sie vergnügt und grinste, wobei sie weder Kiya noch Anthi speziell ansprach sondern es einfach so in den Raum stellte.

    Emi konnte gar nicht alles beobachten, was sie gerne sehen würde. Ihre Augen sprangen von hier nach da und versuchten alles mitzukriegen, was sich in einem langen, staunenden Blick kundtat. Der Leuchtturm war riesig! Wirklich beeindruckend und die (noch) jüngste Bantotakin bedauerte ebenfalls, ihn nicht näher in Augenschein nehmen zu können. Gespannt hörte sie dann der Geschichte von Anthi zu und grinste. Das war ja ein doofer Zufall gewesen! Lustig, aber irgendwie auch doof. Jetzt hatte der Pharos seinen so unpassenden Namen nur, weil der König schlecht hörte. Wie das Leben manchmal so spielte...


    "Nein, das wußte ich nicht. Eine schöne Geschichte." sagte Emi vergnügt. "Kennst du noch mehr solcher Geschichten? Ich mag sowas, das sind Sachen, die einem im Gedächtnis bleiben. Ob man will oder nicht."

    Nachdem sie also beachtet wurde und sogar von Anthi mit einem Redeschwall begrüßt, hielt sie sich erstmal zurück. Anscheinend hatte ihr Cousin viele Fragen an die Sklavin und sie hörte selbst auch interessiert zu. In ihrer eigenen Familie hatten sie keine Sklaven gehabt, höchstens mal Erntehelfer oder sowas, aber sie waren viel zu ländlich als dass sie richtige Sklaven gehabt hätten. Anthi war ein sehr gönnerhafter Herr, fand Emi, der Kiya direkt anbot sie könne auch lesen und eigenen Besitz haben und wahrscheinlich würde er ihr auch das ein oder andere im Bereich der Heilung beibringen. Damit sie sich um das Kind kümmerte. Sie hörte also zu, bis Anthi sich wieder an sie wandte.


    "Ja, sie macht einen tollen Eindruck. Ich bin gespannt darauf wie die restlichen Bantotaken reagieren, aber es macht Sinn eine Sklavin im Haus zu haben die sich mit Kindern auskennt. Es ist schließlich euer Erstes und auch wenn wir alle wissen wie sowas geht kann eine Sklavin Pelo viel besser entlasten."


    Hatte Anthi eigentlich daran gedacht, dass Nike seiner Frau zur Hand gehen könnte? Oder wollte er das nicht, damit Nike nicht traurig wurde, weil sie dann sicherlich über ihre Tochter nachdenken würde? Sollte er wirklich soweit gedacht haben, dann rechnete sie ihm das hoch an.

    Anscheinend hatte sie sich nicht bemerkbar gemacht, jedenfalls nicht gut genug, denn Anthi reagierte nicht. Stirnrunzelnd beobachtete sie ihn zwei Sekunden, dann versuchte sie es einfach erneut. Vielleicht hatte er sie auch einfach nicht gehört? Sie ließ sich davon jedenfalls weder ihre Laune ruinieren noch war sie ihm irgendwie böse. Sie stellte sich als zu ihrem Cousin und der neuen Sklavin, die gerade bezeugte sie habe Durst.


    "Chaire, werter Agoranomos. Wie ich sehe bist du heute morgen in Kauflaune! Wenn das deine Frau erfährt..." Versuchte sie es wieder, auch diesmal mit einem Scherz. Wäre doch gelacht, wenn sie Anthi nicht erschrecken konnte. Aus den Augenwinkeln sah Emi, dass die Sklavin von ihr zu Anthi blickte und anscheinend schmunzelte. Da musste auch Emi wieder grinsen, obwohl sie eigentlich versucht hatte, ernst zu bleiben. Aber das konnte sie sowieso nicht.

    Die jüngste Bantotakin machte große Augen, als Anthi erzählte was genau er und Timos vorhatten. Löwen? Krokodile? Und Nilpferde? Also manchmal war sie doch froh, kein Mann zu sein und sich mit sowas abgeben zu müssen. Die Stadt war ihr schon gefährlich genug ,da musste sie sich nicht unbedingt noch mit Wildtieren anlegen. Doch als Anthi sie bat nichts zu seiner Frau zu sagen, nickte sie ganz automatisch. Sie kannte Pelo jetzt ein bisschen und neben ihrer sorgenden Art tat es der Schwangeren sicherlich nicht gut sich aufzuregen. Und das würde sie sicherlich, wenn sie erstmal erfuhr, was die Männer vorhatten.


    "Ich kann nur hoffen ihr seid vorsichtig und wisst, was ihr da tut." Erstaunlicherweise konnte Emi auch mal ganz ernst und erwachsen klingen, besonders wenn sie sowas sagte. Doch ihre lustige und scherzende Art kam fast augenblicklich zurück und sie grinste ihren großen, athletischen Cousin an. "Keine Ahnung, du wohnst ja schließlich hier. Hauptsache ich seh den Leuchtturm."