Beiträge von Furia Calliphana

    "Ja dieses Cubiculum ist wirklich sehr schön..." - sagte sie mit einem undeutbarem Lächeln zu Chaerea.


    "Also meine Mutter fährt in ein paar Tagen weg. Um genau zu sein in 2 Tagen. Anfang nächster Woche könnte ich dann einziehen. Ich hätte selber einige Möbel. Und ich möchte gerne, dass meine Sklavin an meiner Seite ist. Sie heißt Maeve und wir kennen uns schon mein ganzes Leben lang. Sie hat mich immer begleitet und wich nie von meiner Seite. Es gibt da noch 1-2 Sachen die ich mit euch gerne besprochen hätte. Zum Ersten, wie viel wird die Miete kosten?"

    Calliphana erschrak und wollte so laut schreien wie sie nur konnte, aber kein Ton kam aus ihrer Kehle. Centho hatte sie gegen die Wand gepresst und festgehalten. Sie wusste auf einmal nicht wer dieser Mann war. Wieso hatte er denn das gemacht? Am liebsten wäre sie vor ihm geflüchtet. Sie konnte sich nicht befreien, aber ihr Körper machte auch nicht das, was sie von ihm verlangte. Sie war wie versteinert.


    Das war noch eine Sache, aber als Centho sie dann halbwegs losließ, und sie dann küsste, das konnte Calliphana einfach nicht verstehen.


    "Lass mich los Centho! Was in aller Götters Namen ist in dich gefahren? Wie viele nennen dich Geliebter? Wieso hast du mich so heftig an die Wand gedrückt? Ich verstehe nicht was das jetzt sollte!!! Lass mich endlich los!!!" - schrie sie wie verrückt und wollte sich aus seiner Umarmung lösen. Sie war wütend, enttäuscht und traurig zu gleich. Sie konnte und wollte dies nicht verstehen. Sie wollte einfach nur von ihm weg.


    Sie wandte sich ihm ab, legte ihr Gesicht in die Hände und fing an zu weinen. So versuchte sie das ganze zu verarbeiten. Die riesigen Tränen enthielten alle ein kleines Stückchen Erleichterung. Dass sie doch noch am leben war und ihr nichts passiert ist. Sie schluchzte laut und schüttelte den Kopf. Dann hat sie sich schnell umgedreht und fuhr fort...


    "Ja ich sollte meiner Mutter helfen, ich habe vorhinst was vergessen ein zu kaufen, und dann sah ich dich und wollte dich überraschen, und mit dir wenigstens eine kleine Weile spazieren, zusammen sein. Aber du... du... du... Wieso hast du das gemacht?!"


    Sie konnte nicht anders, sie war ihm so sehr wichtig, egal was er tat, sie konnte ihm zwar böse sein, aber ihn nie alleine lassen. Ihr Herz zog sie wieder in seine Nähe. Sie stellte sich dicht vor ihm und legte ihre Handflächen auf seine Brust.


    "Sag, weißt du denn nicht was ich für dich empfinde? Ich liebe Dich doch du Narr! Und das tust du mir an?" - flossen ihre Tränen weiter als sie das sagte und ihre Hände drückte sie zu Fäusten zusammen und schlug damit leicht auf Centhos Brust.


    "Carissime..." - flüsterte sie und umarmte ihn so fest sie nur konnte.

    "Geht es euch gut, soll ich einen Arzt holen lassen?" - fragte Calliphana ganz besorgt. Severa schien es nicht wirklich gut zu gehen, hoffentlich war es nur diese unerträgliche Hitze... Die machte in der letzten Zeit einigen Menschen zu schaffen.


    "Nein danke, ich möchte nichts."


    Chaerea? Diesen Namen hörte sie auch neulich, als sie mit Centho durch den Hortus flüchteten. Sie war schon gespannt, wer sie war. Immerhin hätte sie die beiden fast entdeckt.

    "Ja, sie ist meine Cousine! Sie hat mir die Arbeit angeboten, weil sie den Posten nicht mehr ausüben konnte, aber wenn du sie kennst, dann gewiss auch die dazu gehörige Geschichte" - lächelte sie ein wenig erleichtert.


    "Das wäre wunderbar. Ich kenne auch einen Mieter von dir, Iulius Centho, wir haben damals gemeinsam den Cursus Res Vulgares besucht und Freundschaft geschlossen. Er war auch derjenige, der mir von dieser wunderbaren Casa erzählt hat."

    Calliphana ärgerte sich, weil sie dadurch, dass sie auf dem Markt Centho traf, einiges vergessen hat ein zu kaufen, und so nochmal hin musste. Die große Strecke nochmal ablaufen... Wie konnte sie so vergesslich sein??


    Sie sprach derweil mit ihrer Sklavin.


    "Stoff, Salben, Papyrus... Was brauchen wir denn noch? Erinnerst dich noch was Mutter gesagt hat?..."


    Doch dann sah sie etwas, wovon ihr Atem stockte. Das gibt es doch nicht... Nicht noch einmal am selben Tag, wieso? Der Schicksal und die Götter meinen es anscheinend nur gut mir ihr. Aber dass es solche Zufälle geben kann. Oder ist es doch Schicksal?


    "Maeve, geh bitte nach Hause und bring die Einkäufe heim, ich habe noch was zu erledigen. Und beeil dich, Mutter wird sich sonst wieder aufregen. Und nu geh."


    Calliphana brach auf in die Richtung einer kleinen Gasse. Sie wusste selber nicht wo es hinführt, nur wem sie folgte. Sie versuchte ungehört zu bleiben, und das fiel ihr schwer, da es in der Gasse hallte und nur sehr wenige Menschen dort unterwegs waren. Dem den sie folgte fiel es nicht auf, dass er von jemanden beobachtet wird, das war ihr Glück. Nach einer kurzen Zeit bot sich ein idealer Moment. Er ließ ein paar Rollen fallen und musste sie aufsammeln. Calliphana schlich sich dicht hinter ihm, und als er dann aufstand und die Rollen unter seine Arme klemmte ging Calli ganz dicht ran, und hielt ihm die Augen zu. Worauf sich derjenige so sehr erschreckte, dass er erneut alles fallen ließ. Worauf sie anfing zu kichern.


    "Sag Geliebter, du hast dich doch nicht etwa erschrocken?" - schmunzelte sie weiter.

    "Salve, mein Name ist Furia Calliphana. Ich bin hergekommen, weil ich wissen möchte, ob bei dir eine Wohnung frei wäre. Wenn ja, ich würde sie gerne nehmen. Es geht darum, dass meine Mutter wieder zurück nach Sparta möchte, sie hat schrecklichen Heimweh, und alleine kann ich in unserer Bleibe nicht bleiben, könnte es mir nicht leisten. Ich habe zwar eine Arbeit, bin die Curatrix Libris in der Bibliotheka der Schola Atheniensis, aber das reicht nicht aus." - erzählte sie ganz schnell. Sie wunderte sich selbst dass sie das alles ohne dabei Luft zu holen sagte.


    "Wäre es denn möglich?"

    "Ja das wird glaube ich schwer zu lösen sein, aber ich sehe was ich tun kann. Sage dir dann per Boten bescheid wann und wo wir uns treffen könnten, in Ordnung? Ich freue mich schon drauf! Ich hoffe ich hab dich nicht all zu viel deiner kostbaren Zeit vergeudet und dich von deiner Arbeit abgehalten! Wenn ja, entschädige ich dafür natürlich..." - uns sie schenkte ihm ihr schönstes Lächeln während sie das sagte. Wobei es ihr ja nicht all zu schwer fiel in seiner Gegenwart zu lächeln, zu strahlen. Ganz im Gegenteil...


    "Also wir besprechen die Verabredung noch, hab einen schönen Tag! Vale!"


    Sie küsste ihn auf die Wange zum Abschied und machte sich in die Richtung zum Scriptorium.

    Calliphana traf es eher wie ein Schock dass er das Flüstern gehört hatte und sich zu ihr gedreht habe. Er stand ja mindestens 2-3 Meter von ihm entfernt. Sie wusste auf die Schnelle nicht was sie ihm antworten solle...


    "Ja... Überraschung... Salve Centho..." - sagte sie kurz und bündig. "Ich bin nur hier um ein zu kaufen, wie ich aber sehe bist du auch sehr beschäftigt, möchte dich nicht stören, und ... " - wollte sie grade sagen, als Centho ihr ein wenig näher kam und ihre Hand nahm. Sicher sie wollte nichts lieber als bei ihm bleiben und mit ihm irgendwas unternehmen, aber sie konnte nicht wegen ihrer Mutter und auch wegen neulich... Nicht weil sie bereut hätte was sie getan haben, eher dass sie sich nicht verraten wollte, dass sie mit Severa geredet hatte, dass sie jetzt auch in die Casa ziehen würde. Sie wollte dies noch geheim halten.


    Aber seine Augen, wie warm und liebevoll sie sie ansahen. Die sanfte Stimme, mit dem er sie ansprach, als wäre jedes Wort von ihm eine Liebeserklärung an sie. Die Gefühle zerrten in ihr, aber sie entschied sich dennoch dafür das Geheimnis noch zu bewahren.


    "Ich muss jetzt bald nach Hause, weißt doch, ich musste unsere Verabredung absagen weil Mutter meine Hilfe dringend braucht. Leider kann ich jetzt nicht bleiben... Wir reden dann ein anderes Mal weiter, ja? Bitte verzeih, aber ich muss los! Vale..." - sagte sie, drehte sich um und ging fort.


    "Ach Geliebter, könnte ich dir jetzt doch alles sagen, dir erklären wieso ich jetzt einfach so gehen musste... Ich hoffe du verstehst mich und fängst jetzt nicht an mir zu zweifeln..." - flüsterte sie als sie sich im Lauftempo von der Mercatus Urbis entfernte. Ihr rannten Tränen ihrer Wange runter, sie versuchte sie mit ihrer Hand ab zu wischen, aber kaum waren sie weggewischt, kamen die nächsten.

    "Gut, ich sage denen, sie sollen sich mit den Rollen beeilen, und schicke sie dann, so schnell es geht zu euch nach Hause. Danke für euer Verständnis!"


    Dann sah sie dem Mann hinterher als er aus der Tür raus ist, atmete ganz tief durch, sah zum Himmel, seufzte ganz laut und flüsterte : "Jupiter, meine Nerven... Ich hoffe die Rollen werden bald fertig, sonst kommt er wieder und beschimpft mich..."


    Sie sackte auf ihren Stuhl und sah Centho ganz liebevoll an, und lächelnd sagte sie ihm "Danke... Für die Unterstützung." Dann stand sie auf, ging zu ihm rüber, streichelte seine eine Wange und gab ihm auf der selben einen Kuss.


    "Du weißt, ich schicke dich nur ungern weg, aber ich müsste dann nach den Rollen sehen... Treffen wir uns dann in zwei Tagen vor der Taverna Apicia? Ja? Wunderbar. Ich freu mich schon darauf, habe dir noch eine Menge zu erzählen!" Damit fasste sie ihn an der Hand und sie spazierten aus dem Officium heraus.

    Calliphana spazierte mit ihrer Sklavin durch den Markt. Ihre Mutter wollte heute eigentlich mal wieder raus um ein paar der nötigen Einkäufe zu erledigen für ihre Reise, aber dann doch nicht. Calliphana ärgerte sich darüber ein wenig, denn sie wusste zwar, was alles ihre Mutter an Essen mochte, was für Farben ihre Kleidungsstücke ihr am besten standen, und was man alles für eine lange Reise so brauchte, aber sie hätte sich gewünscht, wie verabredet sich heute mit Centho zu treffen. Zwei Tage zuvor haben sie beschlossen, wieder in die Taverna Apicia essen zu gehen. Aber leider musste Calli dies absagen. Dabei hatte sie sich schon so sehr drauf gefreut. An dem Tag, an dem sie sich das letzte mal sahen, war in ihrem Officium viel los, sie konnten sich gar nicht richtig unterhalten.


    Ihre Sklavin schien heute irgendwie ein wenig verwirrt zu sein. Sie stolperte öfters, verlor das ein oder andere Obst, und musste immer hinter her rennen, oder sie blieb ab. Obwohl Calliphana deswegen ein wenig irritiert war, verstand sie doch genau was in ihrer Sklavin vorging, immer hin, kannte sie die Tollpatschigkeit persönlich ebenfalls sehr gut, man könnte meinen sie wären Freunde gewesen. Wie auch zuletzt als sie in der Taverne waren, sie den Becher fallen ließ und sich dabei mit dem Kopf in der Tischkante gestoßen hatte, als sie versuchte es dann auf zu heben. Und an die nachfolgenden Kopfschmerzen konnte sie sich auch noch gut erinnern. Ihr Schädel pochte und pulsierte. Das war eine Erfahrung, die sie gerne wieder ungeschehen machen ließe.


    Aber seitdem sind viele Monate vergangen, und sie war froh, dass sie Centho hatte. Außer ihrer Mutter war er der Einziger, dem sie blind vertraute. Und nicht zu vergessen, dass sie ihn liebte. Es dauerte zwar eine Weile, bis sie sich dessen bewusst war, aber dann um so mehr erfreute sie die Tatsache, dass er für sie genau so empfand.


    Sie drehte sich zum hundertsten Male ungefähr zu ihrer Sklavin nach hinten, um zu sehen, ob sie auch schritt halten konnte, und da wanderte ihr blick dabei in der Menge. Sie sah die Familie, wie sie gerade mit einem Händler über den Preis diskutierten, dann einige ihrer früheren Mitschüler von der Schola, wie sie ihre Späße mit anderen Jugendlichen trieben, und dann sah sie noch... Sie musste zwei mal hinsehen, bis sie ihn wahr nahm. Aber er... er... er war es wirklich, sie konnte es kaum glauben. Er stand zwar mit dem Rücken zu ihr, aber sie erkannte ihn sofort, seine rotbraunen Haare, seine Haltung, seine Gesten, wie er mit einem anderen Mann sprach... Ihr Herz machte einen Sprung, ihre Augen strahlten...


    Centho... - flüsterte sie leise.

    Calliphana saß schon auf der Fensterbank, und zog ihre Knie an ihren Körper. Sie machte sich so klein wie sie nur konnte, nicht dass eine kleine Bewegung sie verriet. Es war zwar noch keiner auf, aber man konnte nie vorsichtig genug sein!


    Centho kam leise auf sie zu gerannt, und streckte seine Arme nach ihr aus. Umfasste mit denen ihre Taille, sie legte ihre Hände auf seine Schultern und er half ihr runter. Sie standen sich ganz nah gegenüber, eng umschlungen, Stirn an Stirn, und da war wieder dieses Gefühl, diese Vertrautheit, das Verlangen den anderen zu halten, küssen, umarmen, spüren. Sie konnte ihre Gefühle nicht zügeln, obwohl sie wusste, sie könnten jeden Moment ertappt werden. Sie presste ihre Lippen auf seine und küsste ihn zärtlich. Er hob sie ein wenig hoch, sie schwebte Wort wörtlich. Er hielt sie fest, trat ein paar Schritte Richtung Wand, ließ sie runter, drückte sie gegen die kalte Wand und küsste sie mit all seiner Leidenschaft. Seine eine Hand hatte er auf ihrer Taille gelassen, mit der linken Hand wanderte er sanft streichelnd ihr Arm hinauf bis zu ihrem Nacken, den er dann hielt und streichelte. Ihre Hände spielten an seinen Schultern, ruhten um seinen Nacken, vergruben sich in seinen Haaren. Dieser tiefer, honigsüßer Kuss hatte leider einen bitteren Nachgeschmack, als sie aus der Ferne ein paar Sklaven sich unterhalten hörten. Sie zuckten zusammen und versuchten keine rasche Bewegung zu machen, oder gar einen Lauten Ton von sich zu geben. Centho flüsterte ihr leise ins Ohr, dass er auf dem Weg zum Seitenausgang keinen gesehen hätte, sie solle ihm nun dort hin folgen.


    Und so tat sie dann auch. Er ging vorne, und blieb immer stehen, wenn er meinte, jemanden gehört oder gesehen zu haben. Noch kaum 3 Meter bis zum Ausgang. Calliphana schien die Zeit so langsam wie noch nie zuvor. Sie dachte sie würden nie den Ausgang erreichen. Und endlich, die Distanz wurde immer kleiner, bis sie dann endlich an der Tür ankamen. Sie hörten leise Schritte auf der anderen Seite der Tür, und eine junge weibliche Stimme rief zu jemanden. Die Tür öffnete sich eine kleine Spalte weit, und Centho zog Calliphana schnell hinter die Tür in den Gebüsch. Auf einmal erklang von draußen die warme stimme der Vermieterin nach dem Mädchen rufend :


    "Chaerea, komm mit uns Frühstücken, wir warten schon auf dich!" - hörten die beiden sie rufen.


    Dir Tür schloss sich, und die junge Frau eilte in die Richtung, woher die Worte kamen. Centho und Calliphana atmeten zu gleich auf. Sie hörte wie ein riesiger Felsbrocken von ihrem Herzen fiel. Einen Moment lang dachte sie, das war's, sie könnten entdeckt werden. Aber die Götter meinten es gut mit ihnen. Nie war sie so froh die Götter auf ihrer Seite zu haben. Centho kroch langsam aus dem Versteck, öffnete die Tür und sah nach ob noch jemand zu sehen war. Kein Mensch weit und breit. Calliphana kam mit zitternden Knien auch aus dem Versteck und schritt zur Tür hinaus. Sah sich noch mal um, um sicher zu gehen, dass sie wirklich keiner gesehen hatte.


    "Danke dir, dass du mir geholfen hast hier raus zu kommen. Alleine dafür werde ich dir ewig dankbar sein!" - sagte sie und drückte einen eiligen Kuss auf seine Lippen und wollte schon los. Er nahm sie aber bei der Hand, zog sie zurück, und küsste sie nochmal ganz sanft und lang. Dann küsste er sie leicht auf ihre Stirn, auf ihre Nase und schließlich nochmal auf die Lippen. Er lächelte sie mit einem warmen Blick an, und ließ schweren Herzens ihre Hand los. Centho blieb noch so lange in der Tür, bis sie aus seiner Sichtweite verschwunden ist...

    Calliphana erschrak auf einmal als sich die Tür so plötzlich öffnete, besser gesagt, als der Sklave die Tür so schnell so weit aufriss. Sie machte einen kleinen Sprung nach hinten, nicht zu ahnen was sie an der Tür erwartete. Als sie dann den lächelnden Sklaven sah, beruhigten sich langsam ihre Nerven. So heimliche Besuche waren anscheinend doch nicht so ihre Sache. Es fehlte ihr an Nerven. Stotternd fing sie an:


    "Salve, ich suche Sergia Severa, die Herrin der Casa, ich möchte sie gerne unter vier Augen sprechen..."

    Calliphana machte sich auf dem Weg in die Casa Sergia. Sie wusste, dass Centho kurz davor zum Arbeiten losging. Also brauchte sie sich nicht zu fürchten, er würde sie hier draußen sehen. Dennoch fühlte sie sich, als würde jeder sie beobachten, als würde jeder bescheid wissen, wieso sie hier ist. Dabei sollte es eine Überraschung werden.


    Sie ging zum Tor und nervös klopfte sie an.


    *klopf klopf klopf*

    Calliphana fragte sich langsam, wo der Mann seine Manieren gelassen hat. Bestimmt bei einer seiner ach so wichtigen Terminen. Sie versuchte so schnell es ging im Katalog nach den Rollen zu sehen.


    "Ich bedaure mein Herr, das was ihr sucht befindet sich zur Zeit im Scriptorium, zum abschreiben. Wenn ihr wünscht schicke ich die Rollen nachher mit einem Boten zu euch nach Hause, so müsst ihr nicht mehr so lange darauf warten. Das ist die beste Lösung die ich euch zur Zeit anbieten kann. Ich hoffe Ihr seid damit einverstanden..." - antwortete sie ihm kurz und bündig. Sie selber konnte ja nichts dafür, dass die gewünschten Rollen nicht da waren. Obwohl Calliphana ihm ansah, dass er wütend wurde, hoffte sie, er besäße Anstand, und schrie sie dafür nicht an, geschweige denn, dass er sie dafür beschuldigen wollte. Verus machte keinen guten ersten Eindruck auf sie. Hoffentlich hatte er nur einen schlechten Tag gehabt, und war in Wirklichkeit nicht so mürrisch.


    "Wenn Ihr bitte noch eure Adresse hier lassen könntet, so weiß dann der Bote, wohin er sie hinbringen muss..."

    "Salve" - grüßte ich zurück. "Wartet ich muss erst in dem Katalog nachschauen."


    Mit den Worten stand Calliphana auf, ging zum Regal, und suchte dort nach dem Katalog, welcher ihr schwer zu finden erschien, denn diese vielen Rollen, Schriften, Tafeln... Sie verlor leicht den Überblick. Vor allem, da ihre Sklavin heute früh ja für sie das Officium sauber gemacht hatte. Sie versuchte so schnell wie möglich den Katalog zu finden, sie wollte den Mann nicht unnötig warten lassen.


    "Einen Moment Geduld noch, ich habe ihn gleich..." - sagte sie, und sah sich dabei den Mann besser an. Ein Gewand aus feinster Seide, in einer prachtvollen Farbe, so elegant, so vornehm. Calliphana schaute danach ihr eigenes Tunika an. Ein schlichtes blassblaues Tunika, nicht sehr elegant, und auch nicht so vornehm. Sie wünschte sie hätte die Möglichkeit gehabt, sich feiner zu machen.


    "Da haben wir ihn schon!" - sagte sie erleichtert als sie den Katalog endlich fand. Mit diesem in der Hand schritt sie wieder hinter ihrem Schreibtisch, sah den Besucher an, und ihr fiel auf, sie wusste ja nicht mal, wer er war.


    "Solange ich den Katalog durchblätter, verratet mir doch bitte, zu wem ich die Ehre habe? Möchtet ihr eine kleine Erfrischung?" - zeigte sie dabei auf die prall gefüllte Obstschale und dem Krug frischem Wasser.

    "Du hast recht. Gibt es hier einen Ausgang, den kaum einer kennt? Oder einen der dicht bepflanzt ist, so dass man mich nicht sehen kann? Bitte denk darüber nach, es muss einen Ausgang geben. Ich hoffe es so sehr!"


    Sie überkam ein ungutes Gefühl, ihr war übel und sie hatte Angst. Ihr Magen fühlte sich an, als würde sich darin eine riesige, glitschige Qualle einnisten. Und vor allem, es würde mit jeder ihrer Schritte auf dem Weg zur Tür wachsen. Sie nahm Centhos Hand und drückte sie ganz fest. Das gab ihr ein Gefühl der Sicherheit. Jetzt aber nur sehr schwach, ihr Angst erschien größer zu sein.

    Calliphana wollte gerade was zu Centho sagen, als es an der Tür klopfte. Ein wenig enttäuscht darüber, dass sie wieder nur so wenig Zeit für ihn hatte, setzte sie sich an ihren Schreibtisch und sah zur Tür. Aber dennoch, es war ihre Aufgabe dort zu sein, den anderen behilflich zu sein. Sie konnte dies nicht vernachlässigen. So setzte sie wieder ihr strahlendes Lächeln auf und gab die Erlaubnis einzutreten.


    "Bitte herein!" - rief sie dann.

    "Guten Morgen dir ebenfalls" - antwortete sie noch ein bisschen schläfrig. "Hast du gut geschlafen?"


    Ja, stimmt, es war wie an einem sehr schönen Traum zu glauben, dass niemals wahr werden würde... Aber nun lagen sie beide gegenüber dem anderen da, und lächelten sich in der Morgensonne an. Ihre Fingerspitzen berührten sich, ihr Hand glitt in seine, und hielt sie fest. Mit seinen Fingerspitzen kitzelte er ihre Handfläche, worauf sie zu lachen begann.


    "Hör auf, das ist sehr kitzlig!" - lachte sie halber der süßen Qual.


    "Was wollen wir heute unternehmen? Nicht zu vergessen, dass ich später nach Hause muss, meine Mutter macht sich bestimmt schon sorgen! Ich hoffe aber, dass sie meinen Brief erhalten hat!" - sagte sie, worauf ihr leichte Sorgegedanken durch den Kopf schossen. Sie versuchte die aber gleich wieder zu verdrängen, ihrer Mutter ging es bestimmt gut.
    Sie drehte sich wieder gegenüber ihm, legte ihre Stirn an seine und versuchte im gleichen ruhigen Takt zu atmen wie er es tat.

    Es war draußen, wirklich sehr kühl geworden. Die Fürsorglichkeit Centhos ließ ihre Ängste verfliegen, als er sich neben sie legte. Sie wusste zwar, dass er ihr nichts aufzwingen würde, aber dennoch war es eine sehr intime Angelegenheit. Seine beruhigenden Worte verjagten die bisher gekommenen Gedanken, und sie schloss die Augen. Sie erinnerte sich, was alles an diesem Abend passiert ist, was für einen großen Schritt sie beide doch gewagt haben, aber sie war glücklich. So schlief sie anschließend ein...


    Nach nicht all zu langer Zeit donnerte es kräftig. Schlagartig wachte Calliphana auf. Sie war sich nicht sicher, ob es wirklich donnerte, oder sie sich das bloß eingebildet hatte. Kopf und Arme auf Centos Kissen abgestützt lag sie neben ihm. Blassgraues Licht fiel durch das Fenster. Es musste kurz vor der Morgendämmerung sein. Stöhnend streckte sie ihre Beine aus, sogar ihre Knochen waren müde.


    Centho schlief. Sein Gesicht sah wunderbar friedlich aus. Sie wollte ihn nicht wecken, solch friedlicher Schlaf durfte nicht gestört werden. Sie drehte sich zu ihm, legte sich wieder neben ihm, streichelte sein strahlendes Gesicht, und sie flüsterte ihm leise, in der Hoffnung, er würde es nicht hören:


    "Danke dir, Geliebter!"