Ein wenig beschämte es den Jüngling, dass ihm der Umstand nicht war aufgefallen, dass es sich bei seinen Kritikpunkten um legislatorische Fakten handelte, welche bereits bestanden. So beschloss er, diesbezüglich besser zu schweigen, um sich zuerst nochmalig kundig zu machen, und bis dahin den Disputationen seiner Anverwandten zu lauschen.
Beiträge von Manius Flavius Gracchus Minor
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Das die Equirria unter freiem Himmel sich vollzogen, konnte das Publikum die Pompa circensis bereits von Weitem erkennen, als sie sich zwischen den Thermae Agrippae und der Saepta Iulia auf das Marsfeld schob. Der Tradition folgend trat zuerst eine Abteilung von Jünglingen aus dem Ordo Equester hoch zu Ross auf, deren archaische Ausstaffierung an jene gloriosen Tage erinnerte, in welchen die Equirria der Beginn der Kriegssaison waren gewesen und man zu Beginn des Jahres auch die Pferde hatte gemustert. Ihnen folgten Musikanten und sodann jene rituelle Infanterie, zu der prinzipiell auch die Editoren dieses Spektakels zählten: Nachdem die ganze Pompa den Tanz der Salier zur Vertreibung des Winters hatte geleitet, partizipierten diese nun auch an der Pompa und verliehen ihr weiteren Glanz.
Herius Claudius Menecrates und Manius Flavius Gracchus Minor indessen waren heute nicht unter ihnen, sondern folgten den beiden Sodalitäten auf einer jener zweispännigen Bigae stehend, mit welchen nicht lediglich zum Equus October, sondern ebenso zu seinem frühlingshaften Antipoden, den Equirria, sich die Aurigae maßen. Consul und Quaestor gleichermaßen trugen das purpurne Ehrengewand der Spielgeber und standen Seit an Seit auf jenem Gefährt, das zudem noch einen Lenker zu tragen hatte.
Obschon dem jungen Flavius heute der Waffentanz der Salii war erspart geblieben, standen Schweißperlen auf seiner Stirne und er vermeinte, seine Tunica picta bereits zur Gänze durchgeschwitzt zu haben, als sie endlich das Marsfeld erreichten. Dies war das erste Mal für ihn, dass er als Editor auftrat, und obschon er bereits einige Routine beim Vollzug öffentlicher Riten hatte entwickelt, so erschien ihm das Geben von Spielen doch als besonderes Ereignis, bei welchem man sich nicht lediglich bei seinen Standesgenossen, sondern ebenso der Plebs einen Namen machen konnte. So grüßte tapfer er die am Rande stehenden Massen und präsentierte ein genantes Lächeln, dessen Gequältheit wohl lediglich dem Consul mochte auffallen.Den Editoren folgten schließlich die Athleten des heutigen Tages, die Aurigae. Für das vorliegende Rennen hatte man sich, um ein wenig Abwechslung von den vorhergegangenen Equirria zu bieten, primär den Nachwuchs der Factiones geladen, was auf den Tafeln, welche jedem Gespann vorangetragen wurde, klärlich zu erkennen war:
PRUSIAS KYNEGROS
FACTIO VENETAAlter: XVI
Rennen: VII
Beste Platzierung: II (Ludi Palatini)Hinter der Tafel fuhr Prusias mit stolz geschwellter Brust zwischen den Tribünen hindurch, furchtlos auf seiner Biga stehend, mit welcher die Aurigae heute würden antreten. Diese Gefährte mochten ein wenig langsamer fahren und ebenso leichter zu dirigieren sein, doch war dies den Editores des Rennens lediglich adäquat erschienen für ein Kräftemessen der Nachwuchskräfte, selbst wenn diese bereits minimal vier Rennen hatten absolviert.
TANCO
FACTIO AURATAAlter: XIX
Rennen: IV
Beste Platzierung: V (Ludi funebres Cornelii Palmae)Tanco war als nächster an der Reihe, mit seinen vier Rennen zwar der am wenigsten Erfahrene unter den Lenkern (und dies bei bereits neunzehn Lenzen!), doch mitnichten jener mit den bescheidensten Erfolgen.
PHEIDON VON CALYDON
Alter: XXV
Rennen: VI
Beste Platzierung: III (Ludi Palatini, Vorlauf)Dies war nämlich Pheidon von Calydon, der mit fünfundzwanzig Jahren bereits zu den Greisen unter den Homines novi der Rennbahn war zu rechnen. Dessenungeachtet grüßte jedoch auch er voller Stolz von seinem Wagen herab und hoffte zweifelsohne insgeheim, in diesem etwas einfacheren Feld einen herausragenden Platz zu erringen.
LUSORIX
FACTIO ALBATAAlter: XVII
Rennen: VII
Beste Platzierung: IV (Munera funebres Tiberii Duri)RIANORIX
FACTIO PRAESINAAlter: XVI
Rennen: V
Beste Platzierung: IV (Ludi Palatini)Lusorix und Rianorix schließlich waren die letzten beiden Aurigae, welche das Marsfeld betraten. Kurz vor der Tribüne der Editoren scheute eines der Pferde des Praesina-Fahrers ein wenig, so voller Elan schien es zu sein, doch brachte der Jüngling seine Tiere rasch wieder unter Kontrolle.
Nun waren das kultische Personal an der Reihe, beginnend mit Trägern güldener Weihrauchfässer sowie einem Chor von Cornicines, welche das für Mars darzubringende Opfer olphaktorisch wie audiell umrahmten. Dann folgte die zentrale Opfergabe, ein rot gefärbter Schafbock, prächtig gezüchtet und mit farbigen Bändern dekoriert, ehe zuletzt der Flamen Martialis als Opferherr erschien. Gleichsam als Höhepunkt und Abschluss dieser Darbietung trug man dann ein großes Kultbild des Mars auf jenes Feld, das seinen Namen trug. Glänzend leuchtete die vergoldete Haut in der Frühlingssonne, kraftvoll strahlte das Silber seines Helmes und das Purpur seines Paludamentum, welches er um die Schultern trug. Zweifelsohne war er der wahre Gastgeber jener militärisch konnotierten Festivität, dem das Volk ebenso huldigte wie den Finanziers des ersehnten Rennens.
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Mitnichten hatte der Quaestor vermutet, dass der Consul mit derartigem Zorn auf das Betragen der Sergia reagiert hätte, selbst wenn er zu konzedieren genötigt war, es durchaus als forsch und einer Dame inadäquat zu betrachten. Indessen wurde ihm, während die Zeugin sprach, bewusst, dass er bereits vor geraumer Zeit ihre Bekanntschaft gemacht hatte, als sie ihn zu einem Händel im Interesse der Cura Annonae hatte geladen. Schlagartig wurde ihm bewusst, dass jene Sergia eine Freundin seiner Stiefmutter, der aurelischen Natter war, dass er damals noch ohne sonderliches Interesse für die Geschäfte seiner Familie das Geschäft hatte platzen lassen, was beides nicht gerade für jene Eques sprach.
Als der Tiberius jedoch sodann sie unerwartet gänzlich exkulpierte, wurden jene Reminiszenzen jäh unterbrochen. Der Rapport der Praetorianer bereits war ihm hinsichtlich der Sergia reichlich konstruiert erschienen, zumal ihre damalige Stelle als A Memoria ja bedeutete, dass sie zur intimsten Camarilla des Princeps hatte gezählt, weshalb grundsätzlich dieser Freispruch kein imprävisibles Faktum darstellte. Doch dass der Trecenarius nicht a priori jene zentrale Information hatte vorenthalten, war doch ein höchst partikuläres Betragen, welches nicht nur bei dem jungen Flavius Irritationen evozierte.Der Claudius schien dennoch geneigt, die Ermittlungen der Praetorianer zu überprüfen, weshalb sein Quaestor beflissen diesbezügliche Fragen hinzufügte:
"Auf welcher Grundlage konnten die Verdachtsmomente gegen die Zeugin zerstreut werden?"
Diese Frage wandte sich an die Adresse des Trecenarius, während die folgende an die Sergia selbst ging:
"Und was konntest du den Cohortes Praetoriae hinsichtlich der Verstrickung deines Ianitor berichten?" -
Zitat
Original von Manius Flavius Gracchus
"Ein Disput über die Prädestination jedes Standes für seinen Lebensweg - eine komplexe Angelegenheit aus philosophischer Sicht und durchaus ein Sujet für ein langwieriges Gesprä'h."
Dass die claudischen Damen überaus geistreich waren, mochte er indes nicht weiter kommentieren, brachte ihm dies doch Antonia in Erinnerung, welche nie um eine tiefgründige Antwort war verlegen gewesen.
"Zweifelsohne wirst du nach deiner Quaestur wieder ein wenig mehr Zeit für die Philosophie finden können."
Zumindest so lange bis Minor im Senat würde sitzen und aufgrund der Prädestination seines Standes ein anderes Amt würde annehmen müssen.
"Allfällig ist auch Philonica an solcher Konversation interessiert? Schon zu Zeiten meines Vetters Felix gab es in diesem Hause bisweilen illustre Runden, welche sich philosophischen oder künstlerischen Themen widmeten, gleichwohl sind dies unbe..zweifelt Themen, welch in jeder Generation zeitgemäß sind."
Auch wenn vieles ihm aus dieser Zeit verschwommen war, Gracchus entsann sich noch sehr genau daran, dass er auf solch einem Conventus zum ersten Male Antonia begegnet war.
Das feine Gehör des jüngeren Gracchen vernahm das vergnügte Kichern der Claudia, welches wie so häufig ihn ratlos hinsichtlich seiner Bedeutung hinterließ, da es doch sowohl Spott, als auch Freude mochte kommunizieren. Ihr geradehin verlockender Blick hingegen entging ihm ob seiner Fehlsicht, selbst wenn ihre Gestik ihm verriet, dass sie ein wenig sich ob seines Lobes genierte, was wiederum aufs Neue einen Spiegel zu seiner eigenen Gefühlswelt darstellte. Denn gerade als sein Vater auf die Cornelia verwies, wurde dem Jüngling aufs Neue gewahr, dass seine Emotionen mitnichten gerecht gegenüber seiner Verlobten waren, hatte sie ihr unattraktives Äußeres wie seine Neigungen mitnichten zu verantworten.
Indessen trug sie wenig dazu bei, eine auch nur platonische Liebe zu sich zu entfachen, als sie ein wenig insekur erwiderte:
"Nun, vielleicht wäre das etwas für meine Brüder. Meine philosophischen Kenntnisse sind leider eher bescheiden."
Ihr Blick huschte hinüber zu der überaus attraktiven Claudia, deren Blicke sie, konträr zu ihrem Verlobten, durchaus zu dechiffrieren wusste, obschon daraufhin sie keineswegs Verärgerung offenbarte, sondern betreten zu Boden starrte.
"Auch sie wären herzlich eingeladen."
, verlautbarte Manius Minor schließlich, da auch er die Befangenheit Philonicas verspürte und insgeheim mit jener Option hoffte, seine Begierden in der Präsenz seiner Schwäger besser zu zügeln und sich so davor zu bewahren Unkluges zu begehen.
Mit tapferer Freundlichkeit, einer mühsam errichteten Fassade der Satisfaktion, blickte er sodann hinüber zu Silana, die an der Seite ihres Großvaters zu Tisch saß.
"Je mehr Meinungen, desto vollständiger das Bild, nicht wahr, Claudia?" -
Der junge Flavius vermochte nicht zu erdenken, welche Mittel der Trecenarius sich erhoffte, um seinen Dienst zu leisten, weshalb er neuerlich das Sujet in jene Gestade lenkte, von welchen er ein wenig mehr verstand:
"Nun, letztlich wird es davon dependieren, ob wir alle gute Arbeit leisten, sodass sich der Plebs keine Anlässe ergeben, sich gegen uns zu erheben."
Brot und Spiele waren es, die Ruhe und Frieden in Rom bewahrten, und dies war weder die Obliegenheit der Speculatores, noch irgendwelcher anderer Militäreinheiten, sondern einzig der imperialen Administration und der Magistrate. Allein wenn er bedachte, welche Unsummen die von Claudius Menecrates projektierten Ludi Palatini verschlangen, schien ihm die Bedeutsamkeit jener Necessitäten auf.Seine weiteren Worte drangen dagegen augenscheinlich nicht zu dem Tiberius vor, welcher, anstatt Trost zu empfangen, selbst Trost zu spenden sich anschickte. Selbstredend hatte er Recht, wenn er den indirekten Nutzen seines Amtes thematisierte. Doch war dies suffizient, um die Maiores zu saturieren? Was, wenn er niemals jene Ämter würde erreichen, in denen er seine Erfahrungen zum Einsatz mochte bringen? Würde dann nicht lediglich jenes zählen, was er vollbracht hatte?
"Dennoch sollte eine Quaestur keinem Tirocinium fori gleichkommen."
Jenen Status hatte der junge Gracche übersprungen in seiner Begierde, dem Gemeinwesen zum Nutzen und seiner Familie zur Ehre zu gereichen. Womöglich holte ihn jene Überhastetheit nun wieder ein... -
Als Quaestor und Sekretär der Kommission empfand es der junge Flavius als seine Aufgabe, dem Consul bei der Leitung zu assistieren, weshalb er, als die Sergia eintrat und um die Identität der übrigen Kommissionäre bat, seine Stunde gekommen sah:
"Wie dir zweifelsohne berichtet wurde, handelt es sich hier um eine durch den Consul eingesetzte Ermittlungskommission zur Klärung der Hintergründe der Sklavenaufstände im vergangenen Jahr."
Er wies auf den Consul, dessen Toga praetexta ihn unzweideutig als leitenden Magistraten auswies.
"Der Consul Herius Claudius Menecrates ist dir zweifelsohne ein Begriff"
Sodann folgte er der Hierarchie der Beteiligten, wobei mit jedem Namen er auf die entsprechende Person verwies, deren Antlitze er aus der Nähe zwar nur schemenhaft zu identifizieren wusste, deren Hexis und Silhouette ihm im Verlauf der vergangenen Sitzungen jedoch wohlvertraut geworden war:
"Dies ist der Curator rei publicae Marcus Decimus Livianus, dies der Consular Spurius Purgitius Macer. Sodann folgt der Tribun Lucius Petronius Crispus, der Trecenarius Aulus Tiberius Verus und zuletzt Optio Marcus Octavius Maro."
Er blickte kurz in die Runde um sich zu vergewissern, keinen der Anwesenden übersehen zu haben, was angesichts seines Hin- und Herspringens im Raum (da die Sitzordnung nicht der hierarchischen Ordnung entsprach, welche Menecrates ja ohnehin für diesen Raum als unerheblich deklariert hatte) durchaus mochte geschehen sein, um sodann mit etwas Überraschung anzufügen:
"Und meine Wenigkeit ist Quaestor Manius Flavius Gracchus Minor, Sekretär dieser Kommission."Sim-Off: Da außer den Genannten zuletzt sich die übrigen Kommissionäre nicht beteiligten, habe ich sie für die heutige Sitzung schlicht als absent gezählt. Sollte jemand sich übergangen fühlen, mag er sich jedoch gern zu Wort melden.
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Augenscheinlich empfand der Consul durchaus Freude an ihrer Kooperation, was dem Jüngling durchaus Satisfaktion bereitete, zumal er doch fürchtete, seine kläglichen Beiträge zum Wirken des Claudius, welcher seine Gesetzesinitiativen und bisherig auch seine zahllosen ferialen Unternehmungen weitgehend in Eigenregie durchzuführen und seinen Quaestor lediglich in bestimmten Fällen hinzuzuziehen pflegte, seien dem Umstand geschuldet, dass er ihm als inkapabel erschiene.
"Wie du es wünscht, Consul."
, konfirmierte er daher nicht ohne guten Mut, zumal die Auctoritas eines Consuls zweifelsohne die Domini factionis eher zur Partizipation an jenem Rennen würde bewegen als die bescheidene Anfrage eines simplen Quaestors, selbst wenn dieser dem noblen Hause der Flavii mochte entstammen.Sim-Off: PN
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Sanfte Sonnenstrahlen bedeckten das Trigarium zu Füßen des Stadium Domitiani, wo seit alter Zeit die Equites Roms ihre Manneskraft stählten, heute indessen primär die Factiones ihre Aurigae präparierten. Der Tag vor den Iden des Martius war nicht lediglich der Tag des Mamurius Veturius, jenes mythenhaften Schmiedes, der zu Zeiten des Königs Numa die Kopien des Ancile hatte gefertigt, sondern insonderheit jener der zweiten Equirria, mit welchem Mars geehrt und zugleich der Beginn des traditionellen Jahreskreises zelebriert wurde.
Wie bereits einige Tage zuvor, wo der traditionale Abschied des alten Jahres mit einem Opfer an Mars war gefeiert worden, waren auch für diesen Tag Opfer an Mars und sodann weitere Wagenrennen angesetzt worden, welche diesmalig nicht allein unter den Auspizien des Consul Herius Claudius Menecrates, sondern ebenso seines Quaestors Manius Flavius Gracchus Minor sollten stattfinden. Letzterem war es auch oblegen, den Ablauf der Spiele wie die Spielstätte selbst zu präparieren, denn da die Mores Maiorum verlangten, jenes Rennen nicht in einem der fest gemauerten Stadien durchzuführen, sondern auf dem Campus Martius, jenem uralten Exerzierplatz jenseits der kultischen Grenzen der Stadt, hatte man unweit der existenten Spielstätte des Stadium Domitiani hölzerne Tribünen errichtet, zwischen denen ein Parcour als Rennstrecke lag. Unterhalb der hölzernen Konstruktionen hatten außerdem fliegende Händler, insonderheit die Produzenten von Knabbereien, Wein und größeren Mahlzeiten, die Konzessionen für Stände erworben, mit denen das Volk sich vor und nach dem Rennen würde verpflegen können.
Während also die Menge bereits zusammenströmte (insonderheit jene Bewohner Roms, welche nicht das Privileg genossen, dass Ordner und Staatssklaven ihnen die vornehmsten Plätze auf den Tribünen freihielten), waren die Spielgeber selbst noch gar nicht erschienen, da beide als Salier zuerst genötigt waren, dem Erschaffer ihrer kultischen Schilde im archaischen Tanze ihre Referenz zu erweisen.
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Schweigend verfolgte der junge Flavius vorerst die angeregte Debatte seines Vaters und Vetters mit dem Aurelius, welche eine profunde Kenntnis beider in Fragen des Rechts offenbarten, welche dem Jüngling bisherig selten praktisch waren demonstriert worden. Als Manius Maior dabei auch die Zahl der Zeugen erwähnte, atmete Manius Minor zufrieden auf, da auch ihm bei der Durchsicht des Entwurfes jener Einwand war gekommen, welchen er ebenso durch eine Reduktion der erforderlichen Zeugen auf drei modifiziert hätte. Da nun jedoch bereits der ältere Gracche diese Thematik ansprach, blieb dem jüngeren ein wenig mehr Zeit, sich nach der Vorspeise auch dem Hauptgang zuzuwenden und mit spitzen Fingern ein wenig Kalbfleisch zu goutieren.
Dennoch fühlte auch er sich bemüßigt, zumindest einige wenige Einwände anzusprechen, um sowohl dem Aurelius, als auch seinen Anverwandten seine Befassung mit der Thematik zu belegen, weshalb er nach dem sorgsamen Kauen des Fleisches schließlich bemerkte:
"Mir ergab sich hinsichtlich § 18, Absatz drei eine kleine Ungereimtheit: Wie wären nachgemachte Waren zu definieren und in welcher Weise ist zu ermessen, ob eine Ware als gesundheitsschädlich zu titulieren wäre? Ist nicht jedwede Speise in Unmaßen genossen als Gift zu erachten? Und dient manches Gift nicht zugleich in anderen Kontexten als Arznei?"
Damit thematisierte der Jüngling geradehin eine Binsenweisheit, welche jeder Diätiker konfirmieren konnte, da doch nicht lediglich die Philosophie des Aristoteles, sondern ebenso nahezu jeder Mediziner die Aurea mediocritas in der Lebensführung empfahl.
"Darüber hinaus würde ich empfehlen, in § 22 lediglich die Aedilen als Zuständige für die Kontrolle des Handels zu bestimmen, da doch die Cohortes Urbanae lediglich in deren Auftrag, respektive dem des Praefectus Urbi, welcher eventuell parallel zu benennen wäre, handeln. Denn in anderen Civitates mögen ja die Vigiles jene Obliegenheit übertragen bekommen oder auch andere Amtsträger, sodass ein offener Verweis auf die Option der Delegierbarkeit dieser Kontrolle die bessere Wahl wäre." -
Auch Manius Minor wandte sich wieder dem Geschehen in der Arena zu, welches aufs Neue groteske Züge annahm, als einer der Jäger sich gleich einem kretischen Stierkämpfer auf den Rücken des siegreichen Löwen schwang und diesen mit Stichen traktierte. Sogleich war er genötigt an eine similäre Situation zu denken, deren Zeuge er unlängst während eines Gastmahles geworden war, wo indessen Zwerge eine Venatio lediglich parodiert hatten. Während somit einer der Venatores im Sande der Arena um sein Leben zu fürchten hatte, verspürte der junge Flavius eher Amusement angesichts jener Reminiszenz.
Dann jedoch wandte sich aufs Neue der junge Pompeius an ihn, welchen der Hinweis auf seinen Vater augenscheinlich ein wenig derangierte, doch erst der Nachsatz ließ den jungen Gracchen erkennen, welches Missverständnis zu dieser Irritation mochte geführt haben, zu deren Aufklärung indessen die Rückfrage an ihn förmlich einlud:
"Nun, nicht direkt."
, erwiderte er daher und war genötigt zu imaginieren, wie sein Vater in der Rüstung eines Offiziers mochte aussehen, was indessen ihm gänzlich abstrus erschien, wenn er allein bedachte, dass seinen Vater bereits der Anblick von Blut der Blümeranz überantwortete und er selbst, wenn er einen Dolch in Händen hielt, gänzlich derangiert wirkte. Jene förmliche Opposition zu jedwedem Militärischen war es ja auch gewesen, die Manius Minor zu dem Fehlschluss hatte verleitet, sein Vater sei ein gemeiner Feigling, der am Ende stets nur an sich selbst dachte, anstatt dem Feind die Stirne zu bieten.
"Die Qualitäten meines Vaters liegen nicht eben auf dem Feld der Kriegskunst. Zwar wies er mich in die Obliegenheiten des Cultus Deorum ein, doch militärische Belange vermittelte auch mir ein gemeiner Soldat, der Freund eines Klienten meines Onkels Flavius Aristides. Reiten lernte ich hingegen auf dem Gut meines Onkles Flavius Furianus. Aber alles doch mehr oder minder im Kreise der Familie."
Dass insonderheit die soldatischen Präparationen nicht eben unter der Ägide seines Vaters, der ja kaum dem Wunsch seines Sohnes nach einem Tribunat zu konsentieren kapabel war gewesen, stattgefunden hatte, sondern letztlich von dem jüngeren Gracchen selbst war bewerkstelligt worden, verschwieg der Jüngling lieber. Er wusste um die Qualitäten seines Vaters, doch aus eigener Erfahrung war ihm bekannt, dass insonderheit ein Knabe wie jener hünenhafte Pompeius dies womöglich nicht zu ästimieren vermochte. -
Der Quaestor legte die Stirn in Falten, als der Consul die detaillierten Hintergründe seines Votums erörterte, welche zu beachten ihm in Unkenntnis der Einzelheiten des Renngeschäftes niemals in den Sinn gekommen wären. Dass die Aurigae bisweilen lediglich fünfzehn Lenze zählten, erschien ihm zudem als erschröckliche Einsicht, wenn er bedachte, dass er in jenem Alter sich bereits als zu jung hatte erachtet, die Toga virilis zu tragen, während diese bereits ihr Leben auf der Rennbahn riskierten.
"Nun, wenn dem so ist, habe ich diesbezüglich nichts einzuwenden. Letztlich sollten für die Starter ja zumindest annäherungsweise similäre Voraussetzungen vorliegen, um das Rennen für das Publikum hinreichend spannend zu halten."
In dieser Frage war der Jüngling ohnehin gänzlich unpassioniert und verließ sich somit auf die Expertise seines Vorgesetzten.Sim-Off: Da du nun bereits die Einladungen versandt hast, könnte ich, sofern du dies wünscht, die Beschreibung des Rennens übernehmen. Heute schließe ich zumindest eines meiner SimOff-Projekte ab, sodass mir hoffentlich wieder ein wenig mehr Zeit für das IR bleiben wird.
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Dem Quaestor fröstelte ein wenig bei dem Gedanken, dass zahlreiche Menschen Zeugen der gräuelichen Taten jener Amazone geworden waren, indessen nichts dagegen unternommen hatten, obschon ihm die Prozedur, einer Person seinen eigenen Siegelring zur Speise zu geben, durchaus brutal erschien. Intuitiv griff er selbst nach dem Karneol an seiner Rechten, dessen kühle, harte Oberfläche mit dem fein eingeschliffenen Caduceus in seiner Imagination hinreichend wäre gewesen, um ihm den Hals zu verschließen und einen qualvollen Erstickungstod zu bereiten. Dass niemand sich bemüßigt sah, derartigen Taten Einhalt zu gebieten, bot tiefe Einblicke in die Rohheit und Bestialität der Plebs, welche in der Subura ihr Dasein fristete, und er fragte sich, wie er es gewagt haben mochte, das Etablissement der Morrigan am Rande jenes tristen Viertels allein in Begleitung seines Leibsklaven aufzusuchen.
"Wie organisiertest du den Aufstand? Wie wähltest du deine Unterführer und woher wussten sie, wann sie zuzuschlagen hätten?"
, formulierte Manius Minor nach einigem Nachsinnen eine weitere Frage, doch Varia schien es vorzuziehen, weitere Fragen keines Blickes mehr zu würdigen, weshalb der Consul zur Befragung weiterer Gefangener voranschritt. In Ermangelung einer Präferenz für die weiteren Inquisiten enthielt er sich hierbei jedoch eines Kommentars und wartete schlicht, wie der Trecenarius auf die kritischen Rückfragen des Tribuns und des Consuls würde reagieren. -
Als Spross des Hausherrn weilte auch Manius Minor (samt seiner Verlobten) an jener zentralen Klinengruppe, auf der auch der Consul und sein Vater platziert waren, weshalb die Panegyrik des Claudius ihm selbstredend nicht entging. Er vermochte nicht mit Sekurität zu sagen, ob dieser ihn beständig so überschwänglich lobte, weil er seine Obliegenheiten tatsächlich so vortrefflich erfüllte, oder ob es sich lediglich um Schmeicheleien ihm gegenüber handelte, mit welchen der Claudius die Gunst seines prominenten Vaters zu erwerben sich mühte. Da indessen Menecrates keineswegs berühmt dafür war, sich durch Geschmeidigkeit und Speichelleckerei günstig zu positionieren, sondern vielmehr als Mann der ungeschminkten Wahrheit bekannt war, fühlte er sich neuerlich beinahe geneigt, trotz seines in seinen Augen insuffizienten Engagements ein wenig Stolz zu verspüren.
Uneingedenk des Umstandes, dass seine Verlobte, mit welcher der junge Flavius (zum ihrem Nachteil) unweit seiner selbst zu Tisch saß, mischte er sich sodann spontan in das Gespräch von Consular und Consul, als diese auf Silana zu sprechen kamen:
"Claudia Silana ist eine überaus geistreiche junge Dame, wie ich dir versichern kann, Vater. Wir hatten bereits mehrfach das Vergnügen und hegen die feste Absicht, einen entstandenen philosophischen Disput noch zu einem Ende zu führen, selbst wenn die Götter jenem Projekt abhold zu sein scheinen, da sich, obschon ich beständig in der Villa Claudia ein- und ausgehe, noch nicht die Gelegenheit dazu ergab."
Sein Blick streifte Cornelia Philonica, doch da sie direkt an seiner Seite war postiert, vermochte er ihre Mimik nicht zu entschlüsseln, die indessen, wie die übrigen Gäste erkennen mochten, keinen Verdacht hinsichtlich der untreuen Gedanken ihres Verlobten trotz jenes überschwänglichen Lobes offenbarten. Der Jüngling hingegen fühlte in Antizipation seines Überschwanges doch sich ein wenig schuldig, da doch insonderheit die Uninspiriertheit seiner Angetrauten im Vergleich mit der Claudia ihn abstieß (abseits selbstredend der physischen Erscheinen, bei der Silana Philonica ebenso beiweitem übertraf). Als ihm hingegen gewahr wurde, dass der Verweis auf philosophische Dispute den Argwohn seines Vaters mochte erwecken, er hinge noch immer den epikureischen Abwegen an, fügte rasch er hinzu:
"Ich sehe mich genötigt, meine Position hinsichtlich der Prädestination jedes Standes für seinen Lebensweg nochmalig ein wenig extensiver darzulegen."
Sein Vater und womöglich auch der Consul (obschon er mit diesem niemals zu philosophieren gewagt hatte) mochten diesen Andeutungen bereits entnehmen, dass er keineswegs eine epikureische Position einnahm, ohne hingegen Silana unverblümt jener antisozialen Ansicht zu bezichtigen, mit welcher Extremisten wie seine Myrmidonenschar in Alexandria bisweilen Epikurs Lehren auslegten."Dessenungeachtet darf ich anmerken, dass Claudius Menecrates mir ein formidabler Lehrmeister ist, dessen Expertise insonderheit bei der Organisation der Ludi einige Einsichten offerierte."
, fügte er dann hinsichtlich des anderen Sujets der beiden Patriarchen an, um die Lobesreden seines Vorgesetzten in adäquater Weise zu erwidern, zumal Menecrates ja nicht lediglich bei den Spielen, sondern ebenso bei den Sacra sich als unermüdlicher Magistrat erwies. -
Sim-Off: Verzeihung, derzeitig bin ich doch ein wenig desorganisiert, sodass mir diese Handlung aufs Neue entglitten ist.
"Augenscheinlich."
, erwiderte Manius Minor auf den lakonischen Kommentar des Centurio, um zumindest irgendeinen Kommentar jener melancholischen Perspektive entgegenzusetzen, mit welcher der Tiberius immer wieder bereits während seines Tribunates seine Konversationskunst herausgefordert hatte. Nach einem kurzen, insekuren Schweigen entschied er schließlich, Verus zumindest ein wenig Mut zuzusprechen:
"Doch nehme ich an, dass derart gefährliche Ereignisse wie jener unsägliche Sklavenaufstand sich nicht sogleich iterieren werden."
Um sodann weiteren trübsinnigen Erörterungen der Imprävisibilität jener Entwicklungen und womöglich der eigenen Inkapabilitäten angesichts ihrer zuvorzukommen, fügte er dann an:
"Und selbst wenn, wirst du sie zu verhindern wissen."Er räusperte sich kurz und warf neuerlich einen Blick auf den bedeckten Schreibtisch des Trecenarius.
"Mein eigenes Amt erscheint mir angesichts der Last deiner Verantwortung beinahe marginal, da ich doch lediglich einem Consul zuzuarbeiten habe, welcher selbst derart voller Tatendrang steckt, dass er kaum meiner Assistenz bedarf und mir bisweilen scheint, er ersänne lediglich in didaktischer Absicht hier und da eine Aufgabe für mich, sodass ich ihm eher selbst eine Last bin denn eine Entlastung."
Arglos dahergesagt waren diese Worte, welche dem Jüngling unerwartet in den Sinn waren gekommen, doch enthielten sie durchaus Wahrheit, da doch der Claudius sich primär auf sein persönliches Officium, insonderheit seinen Scriba und Lictor Proximus stützte, während er selbst nur bei Bedarf ins Vertrauen wurde gezogen, sonst hingegen vor allem repräsentativ sich an den Aktionen des Consul beteiligte. Der junge Flavius wusste ebensowenig, ob dies der rechte Ort war, um derart intime Gedanken zu offenbaren, doch da Verus ohnehin eine wortkarge Person war, der weniger großspurige Einsichten in das eigene Handeln womöglich würden helfen, seine eigene Situation ein wenig in positive Direktion zu relativieren, wagte er es dennoch. -
Kaum hatte der Consul sich neuerlich dem Kaiser zugewandt, öffneten die Diener des Imperators doch die Tür und der flavische Quaestor, gefolgt von Aurelius Lupus, erschienen im Triclinium. Der Jüngling hielt selbstredend zuerst auf den Gastgeber zu, um ihn pietätvoll zu salutieren:
"Ave, Princeps! Ich danke dir für deine Einladung!"
Ein Blick offenbarte ihm prompt die übrigen Gäste, welche neuerlich gegen eine Schelte als Anlass dieser Vorladung sprachen, was wiederum Manius Minor weiter kalmierte. Die Erlesenheit der Gäste sprach eher dafür, dass der Aquilius eine politische Frage zu erörtern oder sich bei den ausschließlich präsenten Magistraten schlicht hinsichtlich ihrer Amtsführung zu informieren wünschte.
"Salve, Consul!"
, fügte der Jüngling schließlich noch an die Adresse seines Vorgesetzten und präsentierte auch dieser derzeitig wohlvertrauten Präsenz ein sublimes Lächeln. -
Zitat
Original von Herius Claudius Menecrates
Der Consul wunderte sich ein wenig, warum einzelne Factiones - zuletzt als recht lautstark aufgefallen - dieses Mal eher unscheinbar blieben. Natürlich konnte dies am aktuellen Platz des zugehörigen Fahrers liegen, obwohl ein guter Fan auch dann anfeuerte, wenn alle Hoffnung bereits am Boden lag. Möglicherweise fröstelte der eine oder andere Zuschauer und bekam deswegen keinen Laut heraus.
Er blickte zu den Rängen, wo er die Unterstützer des grünen Rennstalls wusste. Von ihnen erhoffte er sich Stimmung, was er durch ein aufmunterndes Kopfnicken andeutete.
"Flavius Minor, Faustus, welches des Gespann wird nach eurer Einschätzung als erstes durch das Ziel fahren?"
Dass man bisweilen das Suffix seines Cognomen auch seinem Gentilnomen hinzufügte, befremdete den jungen Flavius bisweilen, da doch dies auch keiner bei seinem Vetter Scato unternahm, obwohl dieser ebenfalls jünger war als sein Vater. Insofern stellte es doch eine gewisse Bürde dar, der Sohn seines Vaters zu sein und somit beständig in dessen Schatten zu stehen.Selbstredend wagte er indessen nicht, jenes Missfallen gegenüber einem Consul kundzutun, sodass er freundlich erwiderte:
"Ich vermag dies nicht recht zu sagen. Wie du weißt, bin ich eher ein Amateur, was den Rennsport betrifft. Indessen scheint mir Hamiris recht große Reputation zu genießen, weshalb ich für ihn votieren würde."
Selbstredend wünschte er sich, dass Proteneas wider sein Erwarten größere Leistungen würde vollbringen, doch nach seinem mäßigen Erfolg bei den Ludi Palatini hatte er sein Vertrauen ein wenig verspielt.Deplorablerweise erfüllte sich die antizipierte Entwicklung für den Jüngling im Laufe der nächsten Runde nur mäßig, denn weder vermochte Proteneas seinen Rang verbessern, noch setzte sich Hamiris an die Spitze, sondern verharrte an seiner Stelle, obschon er beständig seine Bahnen zog.
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Die Interrogation dieser Zeuginnen verfolgte der junge Flavius schweigend, da recht zügig sich offenbarte, dass sie wenige jener Fragen zu beantworten wussten, welche in seinen Augen von vornehmlichem Interesse waren. Faktisch bezogen ihre Informationen sich lediglich auf Einzelfälle und Loci communes, welche bereits a priori als strukturelle Kontexte auf der Hand gelegen waren.
Als sodann der Consul die drei Grazien entließ und sogleich den nächsten Zeugen offerierte, fühlte Manius Minor sich doch bemüßigt, seine Meinung kundzutun:
"Mir erschiene es sinnvoll, eine gut vernetzte Person aus der Subura zu befragen, um die allgemeinen Hintergründe des Aufstandes zu ergründen. Wenn jener Tolmides von den Aufständischen niedergeprügelt wurde, scheint mir seine Haltung ihnen gegenüber leichtlich antizipierbar und somit seine Perspektive nicht als sonderlich objektiv. Mir erschiene es insofern sinnvoller, einen neutralen Beobachter zu befragen, welcher sich gleichsam neutral zwischen den Fronten bewegte." -
Der Consul war augenscheinlich für sämtliche Eventualitäten gewappnet, denn nach seiner Offerte ging er immediat in medias res und präsentierte umgehend auch die erforderlichen Fakten, welche er gar auf dem Schreibtisch vor sich parat hatte. Zweifelsohne stammte jene Notizen noch von den Präparationen der übrigen Läufe, derer Menecrates ja einige in seiner Amtszeit veranstaltet hatte, respektive zu veranstalten gedachte.
"Nun, prinzipiell schwebte mir nichts Konkretes vor."
, erwiderte der Quaestor auf die Rückfrage und präsentierte ein sublimes Lächeln.
"Es handelte sich lediglich um eine spontane Idee. Nun, da ich darüber nachdenke, erschiene es mir indessen am praktikabelsten, wenn aus jeder Factio schlicht der jüngste Fahrer zu starten die Option erhielte."
Konträr zu dem Claudius war Manius Minor kein Experte hinsichtlich des Renngeschäftes, weshalb er die Implikationen seiner Offerte nicht zu ersinnen vermochte, obschon er argwöhnte, dass sämtliche der jüngsten Aurigae der Factiones in einem komparablen Alter waren. -
Die Verliese der Praetorianer waren ein Ort, welcher dem jungen Flavius gänzlich unsympathisch erschien, noch ehe er tiefer in ihn war eingedrungen. Nicht lediglich die mit Händen zu greifende Desperation dieses Hortes der Unseligen, die Brutalität der Bedingungen, unter welchen sie hier ihr klägliches Dasein fristeten, sondern auch die Dunkelheit der Keller, in welcher der fehlsichtige Flavius kaum sich zu orientieren wusste, ließen die engen Gänge ihm als eine Art Vestibulum des Tartaros erscheinen, durch den er beständig stolperte. Während er die schmale Treppe hinabstieg, kam ihm gar der Gedanke, dass diese Räumlichkeiten geradezu eine grässliche Metapher für sein eigenes Leben darstellten, in dem beständig er sich mühte, die Götter als seine potentiellen Peiniger zu befriedigen, wie auch die Häftlinge hier ihre hiesigen Herren über Tod und Leben vergeblich zu saturierten versuchten. Hierzu passte, dass Patrokolos als Protokollant dieser Exkursion ein kleines Öllämplein in Händen hielt und damit ihm als einziger Licht und Orientierung bot (obschon es eigentlich dem profanen Zwecke diente, ihm das Notieren der Fragen und Repliken zu gestatten).
Als sie endlich sie Varias Zelle erreichten, atmete der wohlbeleibte Quaestor ein wenig erleichtert auf, da bis zu diesem Ort zweimal er beinahe gestrauchelt und in den Rücken des Consulars Purgitius gefallen wäre. Fortunablerweise hatte stets sein allzeitig aufmerksamer Leibdiener jedoch ihn beim Arm gepackt und damit ihm die Gewinnung seines Gleichgewichtes gestattet, womit das Schlimmste war zu vermeiden gewesen.
Die Repliken Varias wiederum stimmten den jungen Gracchen aufs Neue bedächtig, denn similäre Gedanken waren auch ihm gekommen, als damals in Germania Superior er im Namen des Statthalters war zu Gericht gesessen, um Roms Gerechtigkeit auch jenen aufzuoktroyieren, die niemals um sie gebeten hatten. Prompt fühlte er sich erinnert an Epikurs 33. Lehrsatz: Niemals gab es absolute Gerechtigkeit, sondern nur einen Vertrag, der jeweils im gegenseitigen Austausch an beliebigen Orten darüber abgeschlossen wurde, niemanden zu schädigen oder sich schädigen zu lassen. Ganz augenscheinlich war die Gerechtigkeit, welche Rom beständig produzierte, für viele nichts anderes als schnöde Tyrannis.
Manius Minor seufzte betrübt über jene Einsicht, die doch nichts an den Umständen des Lebens änderte, denn konträr zu den Reden der Amazone war die Welt sehr wohl so beschaffen, dass Geburt und Schicksal beschieden, wer Herr war und wer Knecht, und niemand imstande war, seiner Bestimmung zu entfliehen, wie er selbst durchaus schmerzlich hatte erfahren. Obschon es inoch immer ihn bisweilen gelüstete, Rom und den Lasten des Cursus Honorum den Rücken zu kehren, um alleinig sich der Philosophie zu widmen (selbst wenn Epikur augenscheinlich irrig war), so harrte er hier aus, in jenem stinkenden Loch, um der Kehrseite des Glanzes Roms ins Auge zu sehen. Freiheit war nichts denn eine Illusion, Hunger und Elend dem einen ebenso bestimmt wie Überfluss und Verantwortung dem anderen.Diesem Bewusstsein der Verantwortung war es auch geschuldet, dass Manius Minor jene betrüblichen Gedanken aufs Neue beiseite schob und der Aufforderung des Consul, seinerseits Fragen zu stellen, nachkam:
"Du bist eine Tochter des Mars? Oder von welchem Kriegsgott sprichst du? Und wie wurde jener 'Mythos', wie du ihn titulierst, bekannt? Wiegeltest du das Volk mit öffentlichen Reden auf und erklärtest dich zur Heilsbringerin? Oder wie gelangten jene Unterdrückten zu der Einsicht, dass du sie in die Freiheit führen würdest?"
Dem Quaestor war nicht bekannt gewesen, dass just ein Kriegsgott in den Kreisen der Armen jene Admiration genoss und ebensowenig, dass sie lediglich darauf warteten, einen Befreier zu finden, um welchen sie sich scharen konnten. -
Als Hilfsmagistrat nahm der junge Flavius auch anlässlich der Equirria die Position zur Rechten des Consul ein, während dieser an jenem Tag den Wagenrennen präsidierte. Der Wind war in der Tat eisig und obschon Manius Minor ob seiner Wohlbeleibtheit eher der Hitze als der Kälte abhold war, so war auch ihm es bei jenen Temperaturen impossibel gewesen, lediglich mit Tunica und Toga zu erscheinen. Stattdessen hatte Patrokolos ihm am Morgen nicht allein in eng anliegende Bracae, sondern dazu ein mehrere Schichten von Tunica geholfen, um final seine Füße in gefütterte Calcei zu stecken, die eigentlich er während des germanischen Winters in Mogontiacum hatte erworben. Neben der zuäußerst drapierten Toga hatte er außerdem ein weißes Focale um seinen Hals gelegt und einen Pileus aus Filz aufgesetzt.
Auch wenn lediglich ein Durchlauf sie erwartete, so fröstelte dem Jüngling bereits bei dem Gedanken daran, so lange auf seinem Platz unter offenem Himmel verharren zu müssen. Bei diesen Temperaturen jedoch auf einem Wagen zu stehen und neben dem eisigen Ostwind noch den Fahrtwind durch das windige Trikot der Aurigae spüren zu müssen, erschien ihm geradezu inhuman.
Den heutig versammelten Rennställe schien all dies jedoch mäßig zu imponieren, denn selbst die aus dem Süden des Imperiums stammenden Aurigae präsentierten sich routiniert wie eh und je. Deplorablerweise würde Amasis nicht starten, doch Proteneas, der unbestrittene Held der Russata, war dem jungen Gracchen ein formidabler Ersatz, selbst wenn er (wie kürzlich Amasis) in eher mäßiger Position startete.