Beiträge von Manius Flavius Gracchus Minor

    Augenscheinlich hatte Manius Minor einen wunden Punkt des Tiberius touchiert, denn selbst ohne das Entgleisen seiner Mimik vermochte er aus seiner Sprechweise wie der nervösen Geste zu schließen, dass ihm das Sujet überaus inkommod erschien. Der Blick des Jünglings glitt hinüber zu Luna, der ihrerseits die Schamesröte ins Gesicht gestiegen war, was darauf deutete, dass seine Hypothese ins Schwarze getroffen hatte. Doch fühlte er sich keineswegs geneigt, jenes heimliche Paar weiterhin zu torquieren, weshalb er letztlich mit einer legeren Geste, die gleichsam die Angelegenheit beiseite wischte, erklärte:
    "Nun, du kannst es halten, wie es dir beliebt."
    Schon in Roma war es ihm weitgehend entgangen, respektive unerheblich erschienen, wo und wie das Gesinde der Villa Flavia Felix sich vergnügte, sofern es sich nicht um seinen Patrokolos hatte gehandelt, bei welchem er jedoch nicht die sexuelle Aktivität an sich, sondern vielmehr die dadurch bedingte Absenz missbilligt hatte.


    "Gibt es irgendetwas, was ich bei Lunas Handhabung beachten sollte?"
    , fragte er endlich, um jenes unbehagliche Schweigen zu brechen, welches das ertappte Liebespaar zweifelsohne nicht sonderlich beglückte. Womöglich würde er an einem anderen Tage das Gespräch mit dem Tiberius suchen, wenn dieser weniger derangiert sein würde.

    Durchaus war seine neuartige Aufgabe keine Leichtigkeit gewesen, wie der junge Flavius zu konzedieren genötigt war, doch hatte er letztlich reüssiert. Zumindest hoffte er dies, als er, flankiert von Patrokolos, welcher eine Karte der Umgebung, und seinem Cornicularius, der einige Tabulae mit sich führte, beim Praefectus Castrorum vorstellig wurde. Als Tribunus genoss er gewisse Privilegien, sodass man ihn recht baldig vorführte.


    "Salve, Praefectus Iulius!"
    , grüßte er erstlich den Lagerkommandanten, wenn auch in unmilitärischer Variante, wie sie unter den Stabsoffizieren der Legion gebräuchlich erschien.
    "Ich bin hier, um dich über meine Präparationen hinsichtlich des allmonatlichen Übungsmarsches in Kenntnis zu setzen."
    Ein Gestus des Jünglings ließ seinen Sklaven Patrokolos den Plan entrollen.
    "Ich habe mich entschieden, die Legion zum Taunus Mons an den Limes zu führen. Decurio Brisius versicherte mir, dass jene Distanz durchaus an einem Tag zu überwinden sein dürfte, zumal wir partiell die befestigte Straße nach Aquae Mattiacorum benutzen könnten, was den Vorteil bietet, die Männer sowohl im Straßenmarsch, als auch im Durchqueren der Wildnis zu exerzieren. Die genaue Route hat mein Cornicularius zusammengestellt."
    Nun war jener Sekretär an der Reihe, eine seiner Tabulae vorzulegen.
    "Das Marschlager für die Nacht ist zu Füßen des Limesturmes XXI vorgesehen."
    Der Jüngling kniff ein wenig die Augen zusammen, um seinen Blick zumindest insoweit zu schärfen, dass er die dick eingezeichnete Linie auf der Karte zu identifizieren vermochte, welche die Grenze zum Barbaricum symbolisierte. Diesen Part seiner Präsentation hatte er gemeinsam mit Patrokolos einstudiert, da es ihm selbstredend impossibel war, jene winzigen Beschriftungen und Symbole zu identifizieren, welche die Karte zierten, und sich aufs exakteste jene Position in Relation zum geschwungenen Bogen eingeprägt, an welcher benannter Turm zu finden war. Wie Brisius ihm versichert hatte, stand jener Posten auf einem Hügel, der ein erquickliches Panorama in die germanischen Wälder bot, sodass auch das touristische Interesse des Tribuns befriedet werden mochte.
    "Der Ort verfügt über hinreichend Baumbewuchs, um das Lager zu errichten, zusätzlich könnte jene Übung genutzt werden, um den Limesweg an dieser Stelle ein wenig zu verbreitern."
    Wie sein Cornicularius ihm mitgeteilt hatte, bestand der Limes an dieser Stelle aus einer schlichten Kette von Türmen, zwischen welchen zur Ermöglichung von Sichtkontakt Schneisen in den Baumbewuchs geschlagen waren. Dass die Errichtung eines Marschlagers, in deren Rahmen zahlreiche Bäume zu schlagen sein würden, geeignet war, um jene Schneise und damit die Kontrollabilität der Grenze zu vergrößern, war hingegen die Idee des jungen Flavius gewesen, welche er indessen durchaus ihn mit Stolz erfüllte.

    Sim-Off:

    Ich bin so frei, jenes belanglose Geplänkel von Höflichkeiten zu überspringen ;)

    Der Kommentar des Duccius ließ Manius Minor ein wenig konfundiert zurück, da er doch nicht zu erkennen vermochte, ob es sich bei jenem um eine nüchterne Diagnose, eine relativierende Herabwürdigung seiner Ambitionen oder gar eine plumpe Kritik seinem Stand darstellte, welchem es zweifelsohne weder wohl anstand, in arroganter Faulheit zu verharren, noch durch hochmütigen, doch letztlich leeren Aktionismus von sich reden zu machen. Zumindest mochte er jedoch dem Statthalter beipflichten, dass er seine Inkompetenz zu überwinden hatte und dies auf jener Mission als Tribunus anzugehen gedachte.


    Noch immer ein wenig perplex ergriff er somit den hispanischen Wein, nippte vornehm daran und lauschte sodann den weiteren Reflexionen Valas, welche in ihrer Kryptizität nun doch seine Nachfrage zu erfordern schienen:
    "Um was für Zwischenfälle handelt es sich? Und wie gedenkst du, auf sie zu reagieren?"

    Zitat

    Original von Aulus Tiberius Verus
    "Ich tue, was ich kann," kommentierte Verus nur und wollte nicht weiter auf die flüchtigen Worte des Flavius eingehen. Die Hand seiner Idun stützte ihn, gab ihm Kraft, diese Gedanken an den Krieg und den weiteren Dienst unter Waffen abzuschütteln. Mit einem wütenden Atemzug, der kräftig Luft in seine Lungen sog, blickte er den neuen Tribun an. "Lunas Verlust ist ein schmerzlicher Verlust aber...," sagte Tiberius Verus kalt, wenn auch gespielt, denn er wollte als guter Römer erscheinen, der nicht allzu sehr an einer Sklavin hin und doch konnte er nicht verbergen, dass seine Augen Sehnsucht gefunden hatten. "... ich kann sie ersetzen." Er nickte dem Flavius zu. "Zudem ist diese Leihgabe nur von Dauer und nicht bis Ultimo," fügte er ernst an und strich sich unsicher durch die Haare. Der Offizier war nicht mehr so standfest, wie gewohnt und schien auch eine Krümmung in seiner Haltung zu widerfahren. Er stand nicht mehr so gerade, wie vor wenigen Momenten. Nein, er machte sich nicht krumm aber es fehlte an Körperspannung, da sein Herz trauerte und Luna bereits ernstlich vermisste; ohne bereits gegangen zu sein.


    Selbst ohne die Mimik des Centurio erkennen zu können, war die Melancholie und Desillusion, welche er verbreitete, mit Händen zu greifen. In Unkenntnis der Traumatisierung seines Opponenten schloss der Jüngling jedoch darauf, dass jene Missgestimmtheit dem Umstand geschuldet war, dass er seine Sklavin von sich zu lassen hatte. Ein wenig irritierte ihn jene innige Relation zu einer Germanin, welche er seinen Informationen zufolge erst vor wenigen Wochen getroffen hatte, doch war selbstredend auch dem jungen Flavius bekannt, dass mancher römische Dominus eine amoureuse Anhänglichkeit an seine Sklavinnen entwickeln konnte (zumal er selbst, wenn auch platonische Liebe zu seinem Patrokolos empfand), was in jenem Falle womöglich den Grund darstellte, warum in den Mannschaften Gerüchte hinsichtlich der Behexung des Tiberius aufgekommen sein mochten.
    "Es steht dir selbstredend frei, sie jederzeit aufzusuchen, so dir danach beliebt."
    , erwiderte er deshalb, da er keinerlei Interesse daran hegte, Luna von ihrem Herrn zu separieren, zumal er sie ja lediglich deshalb aufgenommen hatte, um dem Praefectus Castrorum einen Gefallen zu tun, nicht aus einer abwegigen Überzeugung, magische Relationen zu kappen, über deren Vorliegen er sich erst ein Bild würde machen müssen.
    "Respektive kann ich sie auch zu dir senden, so du ein Rendez-vous in vertrauter Atmosphäre präferierst."
    Ein Koitus würden die beiden wohl eher nicht in den bescheidenen Sklavenunterkünften seines Hauses vollziehen wollen, so sie dies taten, wofür einiges sprach, selbst wenn ihm die verborgene Hand auf dem Rücken des Centurio entging.

    Zitat

    Original von Marcus Iulius Licinus
    "Die Freude ist ganz die meine" antwortete Licinus. "Ich hoffe, du hast dich gut hier eingelebt?" Die Frage war mehr als bloßes gesellschaftliches Geplänkel, denn für solche Fragen war in Licinus Sicht auf den Alltag der legio keine Zeit, sie interessierten aber tatsächlich.
    "Nun, es ist eine hießige Spezialität, die ich mittlerweile ganz gerne trinke. Du wirst sehen, dass sie sehr erfrischend ist. Und sehr unterschiedlich von dem Wein, den man in Italia trinkt." Dass es ein ausgesprochen saures Aroma war, verschwieg Licinus bewusst, der tribunus würde es daraufhin vermutlich unbesehen wegschließen lassen.
    "Ich hoffe, du hast nicht schon alles durchprobiert, was es hier besonderes an Speisen gibt?"


    Der Jüngling verspürte die Ernsthaftigkeit jener Frage, die ihm heutig augenscheinlich jeder Gast zu stellen gedachte, weshalb er einen Augenschlag darüber nachsann, in welcher Weise er sie beantworten sollte, ohne einerseits zu lamentieren, andererseits ihrer Seriosität nicht gerecht zu werden, ehe er sprach:
    "Nun, die Legio ist durchaus eine Herausforderung, welche einige Zeit der Akklimatisierung bedarf. Indessen sind mir mein Cornicularius und meine Scribae eine wertvolle Stütze, welche es mir gestatten, mit meinen Obliegenheiten gedeihlich zu wachsen."


    Sodann blickte er nochmalig auf das Krüglein, deren Inhalt durchaus seine Neugier erweckte, obschon die Präsentation ihn nicht gänzlich unkritisch stimmte. Er würde jenen Trunk in jedem Falle in einem ruhigen Moment verkosten, da die Menge ja keineswegs genügte, um seine heutige Feiergesellschaft zu versorgen.
    "Mitnichten. Wie ich mit meinen dienstlichen Aufgaben zu wachsen mich mühe, so auch innerhalb der örtlichen Kulinarik."
    , erwiderte er endlich mit einem Lächeln. In der Tat hatte er noch keinerlei ortsspezifische Speisen versucht, lediglich jenen örtlichen Getreidesaft, den die Germanen Bier titulierten und dessen herbe Note ihm in keinster Weise zugesagt hatte. Seither enthielt er sich weitgehend kulinarischer Experimente, selbst wenn er argwöhnte, dass er, sobald er in der örtlichen Gesellschaft besser integriert sein würde, durch Gastmähler und Einladungen inevitabel ihnen ausgesetzt sein würde.


    In diesem Augenblick erschien der nächste Gast, Tribun Severus, mit welchem der junge Flavius bereits kooperiert hatte, kurz darauf auch der Primus Pilus. Die zivilen Amtsträger Mogontiacums hatten sich hingegen augenscheinlich nicht ernstlich geladen gefühlt und blieben fern, sodass der flavische Tribun final beschied, mit dem Essen zu beginnen, um die präsenten Gäste nicht allzu lange darben lassen zu müssen...

    Sim-Off:

    Ich fahre ein wenig fort, damit das Einstandsmahl nicht bis zum Ende meiner Dienstzeit dauert ;)

    Der Blick des Jünglings streifte die Gesellschaft, als Vala so überaus schroff die Präsenz seiner Gattin refutierte, da es ihm doch überaus einsichtig erschien, warum kultivierte Personen, zu welchen ein Spross der patrizischen Gens Tiberia zweifelsohne zählte, es schätzen mochten, von derartigen, zweifelsohne strapaziösen Reisen dispensiert zu bleiben. Obschon Mogontiacum ihm durchaus nicht so barbarisch erschienen war, wie er befürchtet hatte, so musste selbst jene Provinzmetropole hinter den Erfordernissen eines Stadtrömers in erschröcklichem Maße zurückbleiben.


    Gleich den übrigen Decuriones enthielt er sich jedoch nach der vorwitzigen Interjektion eines von ihnen weiterer Kommentare hinsichtlich der Tiberia, sondern wandte sich der nächsten Frage des Legaten zu:
    "Nun, ich bin hierher gekommen, um mich mit Leib und Leben in den Dienst Roms zu stellen, wie dies wohl nur der Kriegsdienst in vollstem Maße gestatten mag. Ich erhoffe mir, keineswegs geschont zu werden, sondern an jenen Platz gestellt zu werden, wo ich dem Imperium den größten Nutzen bringen mag."
    Jene Explikationen mochten ein wenig pathetisch erscheinen, doch spiegelten sie durchaus die Intentionen Manius Minors wider, welcher ja eben hierher gekommen war, um jenen Ruhm für seine Familia zu erwerben, den Manius Maior zu erwerben deplorabel gescheitert war und der seinem Dafürhalten nur an der vordersten Front zu erwerben war.
    "Ich stehe durchaus auch parat, an militärischen Kampagnen zu partizipieren."
    , fügte er deshalb zur Klarifizierung seiner Ausführungen an.

    Der Tribun lauschte interessiert, als Seneca seine Karriere rekapitulierte, welche augenscheinlich ex caligae begonnen und bis hinauf zu einer Präfektur geführt hatte. Auch sein Onkel Aristides hatte jenen Weg beschritten, welcher in jener Zeit weitaus eher dem Usus hatte entsprochen als heute, wo den Mores Maiorum gemäß Jünglinge wie er selbst direkt in die Stäbe der Legionen einrückten.
    "Augenscheinlich hast du dich durch große Tüchtigkeit ausgezeichnet, dass dich dein Weg bis hierher führte."
    , vermerkte er deshalb durchaus respektvoll, da konträr zu ihm selbst jener Iunius bereits diverse Leistungen vollbracht haben musste, anstatt sich egoistisch der Privilegien eines angeborenen Standes zu bedienen. Zweifelsohne war ein Flavius nicht berufen, im Schmutz der Plebs zu verkehren, wie ein Miles gregarius seine Habseligkeiten auf der Schulter durch das Imperium zu schleppen oder gleich einem Sklaven an der Produktion öffentlicher Bauten mitzuwirken, doch sprach doch nichts dagegen, Admiration für jene zu empfinden, welche ebenso ihrem Stande gemäß eben dies unternahmen und dabei ihren Umständen gemäß ihren göttergefälligen Beitrag für Ordnung und Frieden leisteten.
    "Das vermag ich durchaus zu glauben. Ich hatte bereits die Ehre, einem Gastmahl zu Ehren des Legatus Augusti pro Praetore in Nida beizuwohnen, wo ich erfahren durfte, dass man durchaus auch am Rande des Imperiums das Leben zu genießen versteht."
    Jene Provinzgrößen waren ihm zwar ein wenig primitiv erschienen, doch hielt es der junge Flavius für unschicklich, sie ob jener barbarischen Grobheit zu verurteilen, welche zweifelsohne zwangsläufig aus der geringen Distanz zum Barbaricum erwuchs. Roma zivilisierte diese Landstriche mit größtem Erfolg, wie die Annehmlichkeiten zahlreicher Städte hier bewiesen, doch um den Geist der Germanen zu kolonisieren, mochten noch Jahre ins Land gehen, zumal mit der römischen Ordnung auch jene Dekadenz einzureißen drohte, der Manius Minor selbst bereits zu viel hatte gefrönt.
    "Ich lebte während des Bürgerkrieges eine Weile im Castellum der Legio I Traiana. Meine Familie war genötigt aus Roma zu fliehen, weshalb wir beim damaligen Legatus Aurelius Ursus Obdach fanden."
    , nahm er sodann jedoch den Faden aus der Vita des Praefectus auf, sein Sujet jedoch sogleich wieder bereuend, da jene Tage von überaus großer Tristesse waren geprägt gewesen, insonderheit von unerquicklichen Einsichten in die Natur seines Vaters, gegen deren Erbe er nunmehr an diesem Platze anfocht. So verdüsterte sich der Blick des Jünglings für einen Augenschlag, ehe er sich mühte, jene sinistren Gedanken beiseite zu schieben und sich der positiven Remineszenzen jener Zeit zu erinnern.
    "Bereits damals war ich erfüllt vom Wunsch, Rom als Soldat zu dienen. So schlich ich mich, als die Legion zum Kampfe aufbrach, in den Tross und verbarg mich in einem Wagen. Deplorablerweise wurde ich ertappt, noch ehe es mir vergönnt war, in die Schlacht zu ziehen."
    Er lächelte, da jene Episode, welche damalig ihn vehement verärgert hatte, in der Retrospektive durchaus ridikulös mochte erscheinen, da es einem Knabe wohl selbst, wenn er sich auf dem Felde der Ehre selbst erst enttarnt hätte, nimmermehr gestattet wäre gewesen, an den Kampfhandlungen zu partizipieren. Insonderheit war jene Reise jedoch auch insofern als positiv zu bewerten, da sie ihn final zu seinem väterlichen Freund, dem guten Vindex geführt hatte.

    Seine erste irreguläre Obliegenheit war die Präparation eines Übungsmarsches für die Legio II Secunda, wie sie jeden Monat zu absolvieren gepflegt wurde. Für den jungen Flavius, welcher selbst das Marschieren wie jedwede korporale Anstrengung degoutierte, mochte dies keine sonderlich erfreuliche Aufgabe darstellen, doch erkannte selbstredend er die Necessität eines wohlexerzierten Exercitus, um die Feinde Roms auf Distanz zu halten.


    Nach einigem Studium der Karten hatte er deshalb beschieden, einen Marsch an den Rand des Imperiums zu unternehmen, da der Limes nördlich von Mogontiacum in einer Distanz verlief, welche an einem Tagesmarsch durchaus zu erreichen war. Nach diesen erstlichen Erwägungen ließ er sich sodann Decurio Brisius kommen, den der Praefectus Castrorum ihm als Kundschafter empfohlen hatte.


    "Ave, Tribunus Flavius!"
    , salutierte der Kavallerist, als er eintrat, was der Tribun sogleich erwiderte:
    "Ave, Decurio."
    "Du hast mich rufen lassen?"
    "In der Tat. Mir obliegt die Organisation des nächsten Übungsmarsches. Ich habe mir den Limes nördlich von Mogontiacum ausersehen."
    , eröffnete der Jüngling sogleich seine Pläne nach einem Nicken, welches Brisius' Frage gestisch replizierte. Sogleich gelang es dem Decurio, jene Region zu identifizieren:
    "An den Mons Taunus?"
    Der junge Flavius vermeinte, dass Patrokolos ihm jenen Namen in der Tat von der Karte verlesen hatte, sodass er neuerlich nickte.
    "Da geht's ein gutes Stück in die Berge. Aber prinzipiell ist das schon machbar."
    "Wie würdest du empfehlen, die Route zu wählen?"
    Brisius strich sich nachdenklich durch den krausen Bart, welcher seine Wangen und sein markantes Kinn verbargen.
    "Naja, man könnte über Aquae Mattiacorum marschieren, da gibt's eine ordentliche Straße. Sonst gibt's aber auch genug Wildnis, wenn man eine etwas anspruchsvolle Route will."
    Der Decurio lächelte grimmig.
    "Quasi mit Barbaricum-Flair."
    Die Idee, einen Marsch nach Germania Magna zu simulieren, erschien Manius Minor durchaus interessant, zumal er sich jene Region als undurchdringliche Wälder imaginierte, in welchen die Pioniere der Legion zuerst einen Weg bahnen mussten, ehe die Kohorten samt ihrem Tross sich fortbewegen mochten.
    "Womöglich wäre eine Mixtur aus Straßenmarsch und dem Weg durch die Wildnis agreagel. Oder wie entspricht es denn für dem Usus derartiger Übungsmärsche?"
    Selbstredend hatte er auch bereits seinen Cornicularius konsultiert, der ihm zu einem reinen Straßenmarsch geraten hatte. Doch zweifelsohne hatte Iulius ihm nicht ohne Grund davor gewarnt, den Mannschaften in derartigen Fragen leichtfertig zu trauen, da gerade ein Schreiber natürlicherweise ermattende Märsche ebenso verabscheute wie der dickliche Tribun selbst.
    "Mal so, mal so. Zuletzt war es ein Straßenmarsch, aber im letzten Jahr hatten wir auch was querfeldein dabei. Zuletzt zu diesem Germanendorf mit der Strafaktion."
    Der junge Flavius vermochte sich zu erinnern, dass in der vergangenen Stabsbesprechung dieser Fall disputiert worden war. Augenscheinlich hatte er einen beachtlichen Teil der Legion beansprucht.
    "Nun, wie würdest du die Marschleistung der Legion einschätzen? Oder könntest du eine attraktive Destination in jener Region dir vorstellen?"
    "Da im Limes-Knie sind die Cohors I Ituraeorum Civium Romanorum und die Cohors V Delmaturum zuständig. Da gibt's natürlich auch Limes-Türme. Die Legion könnte also die Wachmannschaften dort besuchen."
    Unschlüssig zuckte der Decurio mit den Schultern.
    "Da oben gibt's auch paar Berge, von denen man einen ganz schönen Übersicht über die Region hat. Aber für das Marschlager würde ich eher das Tal empfehlen."
    Die Perspektive, von einem Berg aus hinaus auf das Barbaricum zu blicken, erschien Manius Minor überaus attraktiv.
    "Dann würde ich dich bitten, eine konkrete Marschroute zu erarbeiten, womöglich partiell auf den Straßen, sodann ein wenig durch die Wildnis, um auch jene Qualität der Legion zu exerzieren. Als Destination würde ich mir einen Wachturm wünschen."
    Er war durchaus vorwitzig, wie die Männer an der Grenze lebten. Warum also sollte er nicht gleich in Gesellschaft einer ganzen Legion dorthin reisen?

    Die Runzeln, welche sich auf der Stirn des Haruspex bildeten, entgingen dem jungen Flavius selbstredend, der abwartend an seiner Seite verharrte und geduldig erwartete, welches Votum die Unsterblichen durch die Eingeweide jenes Tieres ihm offenbarten. Doch die kundigen Hände des Priesters drehten und wanden die Organe immer weiter, deren strenger Odeur auch Manius Minor in die Nase stieg und ihn nötigten, das feine Näslein ein wenig zu rümpfen, und ihn ein wenig kalmierten, dass er nicht genötigt war selbst seine Speisen zuzubereiten.


    Doch endlich zog der Haruspex seine blutüberströmten Finger zurück und der Victimarius trat mit der Schale an den Altar, wo der Knecht des Tribuns bereits das Feuer ein wenig stärker entfacht hatte. Stechender Gestank und feindseligen Zischen entfuhren den Flammen, als die Organe samt der blutigen Masse dem Feuer übergeben wurde. Eine Rauchschwade erfasste auch Manius Minor und nötigte ihn zu heftigem Husten, als die Partikel seine Lunge lähmten.
    Nachdem er mit heftigem Räuspern wieder Kontrolle über seinen Odem gewonnen hatte, trat endlich der Haruspex, welcher unterdessen seine Hände vom Blut liberiert hatte, vor ihn.
    "Der Befund ist unklar. Der Pars hostilis war makellos, was für eine Annahme des Opfers spricht. Auf dem Pars familiaris waren allerdings einige Mängel im Bereich des Cel. Das spricht dafür, dass Mars dir deine Bitten nur gewähren wird, wenn du dein Bestes dazugibst."
    Der Tribun war durchaus beeindruckt, da eine derart detaillierte Deutung einer Opfergabe er selbst in Roma niemals hatte erfahren, obschon selbstredend dortig er niemals größeres Interesse an detaillierten Wahrsagereien gehegt hatte. Dass ihm der Erfolg als Soldat nicht ohne Weiteres als Präsent würde präsentiert werden, hatte er bereits erwartet, doch kalmierte ihn der Umstand, dass Mars ihm seine Assistenz nicht rundheraus versagte.
    "Ich danke dir, Haruspex. Du sollst deinen gerechten Anteil am Opferfleisch haben."
    Selbstredend würde er wie alle Partizipanten an dem Ritual einen Anteil erhalten, während der Rest den Legionsfleischern würde übereignet werden, die daraus Rationen für die Männer bereiteten.

    Zitat

    Original von Luna
    „Danke Dominus.“ erwiderte auf das Angebot sich noch etwas zu schonen. Doch gerader als sie wieder Platz nehmen wollte stellte er die Frage nach der Dekoration. Luna konnte sich gerade noch abfangen und blieb stehen. „Die Dekoration... nun die war vorhin fast vollständig. Ich werde aber sofort überprüfen ob alles so ist wie du es wünscht. Dominus.“ Sagte sie und setzte sich in Bewegung. Nein sie wollte auf keinen Fall, dass der Flavier unzufrieden war. Bisher hatte sie mit ihm keine Probleme und sie wollte, dass das so bliebt. Immerhin bot er ihr ein Obdach und dafür ar sie ihn dankbar, auch wenn sie Verus natürlich unheimlich vermisste. Sie vermisste die Gespräche, die Nähe... einfach alles.


    Der Jüngling legte seine juvenile Stirn in feine Runzeln.
    "Es wäre durchaus günstig. Die Gäste dürften jeden Augenblick erscheinen. Womöglich könntest du ihnen dann bereits ein Mulsum offerieren."
    Luna war bisherig stets als fleißige, respektive unauffällige Sklavin aufgetreten, weshalb der Tribun beschied, jene kurze Phase der Inaktivität ihr nicht negativ anzurechnen, zumal der derzeitig nicht in der Lage war, sich mit derartigen Nihilitäten aufzuhalten.

    Zitat

    Original von Luna
    Kaum das sie die Stimme ihres vorübergehenden Dominus vernahm, sprang sie fast schon erschrocken auf. Bisher hatte sie es geschafft nicht aufzufallen, dass dies nun gerade heute passieren musste, wo der Flavier wegen des Festes angespannt war, war alles andere als ein gutes Omen. Sie senke also schuldbewusst den Blick. „Nein Dominus, der Miles sagte ich solle mich hier ausruhen, während er zu seinen Kameraden geht um die Lage zu sondieren.“ Sagte sie mit leise Stimme und konnte nur hoffen, dass dies dem Flavier als Erklärung reichte, warum sie herum saß während alle anderen geschäftig waren. „Aber soweit ich es überblicken konnte ist alles vorbereitet für die Gäste.“


    Der junge Dominus blickte das Mägdlein an und wünschte wieder einmal, seine visuellen Kapazitäten würden ihm gestatten, die Mimik seines Gegenübers exakter zu erfassen, doch deplorablerweise war ihm dies nicht beschieden, weshalb er gänzlich sich auf das Timbre in ihrer Stimme zu konzentrieren hatte, welches durchaus von Aufrichtigkeit zeugte.
    "Nun, so dies der Fall ist, ist es dir selbstredend gestattet, ein wenig die Ruhe vor dem Sturm zu genießen."
    , erklärte er somit, obschon er argwöhnte, dass die Milites Luna lediglich ob ihres attraktiven Äußeren, welches dem Tribun trotz seiner Hypermetropie nicht entgangen war, von ihren Pflichten dispensiert hatten, um ihre Gunst zu gewinnen.
    "Ist auch die Dekoration des Triclinium vollständig?"
    , fügte er sodann an, um gleichsam seinen Argwohn direkt zu befrieden.

    Mit einiger Admiration notifizierte der Jüngling die gewählte Ausdrucksweise des Procurator, welche er bisherig in Germania noch bei niemandem, selbst dem Legatus Augusti pro Praetore höchstselbst, vernommen hatte. Umso beachtlicher erschien sie ihm angesichts des Umstandes, dass jener Eques niemalig jene Provinz verlassen, es ihm folglich also nie vergönnt gewesen war, sich in wahrer Zivilisation zu bewegen. Dass er das Militär zu schätzen wusste, erschien hingegen wieder adäquater in jener Proximität zu den ungezügelten Barbarenhorden, welche Manius Minor jenseits des Limes wähnte.
    "Nun, meines Wissens präferierte er die südlicheren Gefilde als Dienstort, doch umso erfreulicher, dass sein Ruhm bis in den Norden strahlte."
    , vermerkte er endlich beiläufig, als Patrokolos nahezu unmerklich den Saum seines Gewandes zog und damit seinem Herrn signalisierte, dass er achtsam seine nächsten Schritte zu führen hatte, um nicht einer ihm invisiblen Implanität des Bodens zum Opfer zu fallen. Routiniert hob der Jüngling somit seine Füße ein wenig höher, überwand mühelos das sublime Hindernis und erreichte somit unbeschadet die Koppel.


    Von Ferne erblickte er diverse Rösser, jedes seinem unexerzierten Auge formidabel erscheinend, obschon bereits er eine gewisse Diversität hinsichtlich des Temperaments auszumachen vermeinte, reichend von einem vermeintlich passiv grasenden bis hin zu einem lustvoll galoppierenden Exemplar, welches sich direkt den beiden Besuchern zu approximieren schien.
    "Eindrucksvoll, in der Tat."
    , kommentierte er die Qualitäten der Rosse, die all das übertrafen, was er seitens der Pferde auf dem Gestüt Onkel Furianus' hatte vernommen, wo seine Reittiere selbstredend nicht für die Schlacht, sondern den gemütlichen Ausritt waren gezüchtet worden.
    Auf die Frage endlich hinsichtlich seiner eigenen Präferenz war er genötigt einen Augenblick zu stocken, da ihn seine wohlbewusste Inkapabilität hinsichtlich des Reitsports durchaus grämte, ja sie ihm schlechthin beschämend deuchte, er indessen ebenso keinen Nutzen mochte ziehen, so er etwa jenen kraftvoll dahineilenden Hengst erwarb, auf dessen Rücken er sich kaum zu halten vermögen würde.
    "Mir scheint, für den Alltag wäre ein ruhigeres Tier annehmlicher."
    , erwiderte er somit endlich nach einigem Nachsinnen und fügte zur Zerstreuung jedweden Verdachtes seiner mangelhaften Reitkünste launig, doch durchaus nicht mit größter Sekurität an:
    "Was sollte man sich unnötige Mühen machen, wenn es ohnehin vornehmlich gilt, den Zug der Maultiere des Marius zu eskortieren?"
    Verlegen lächelte Manius Minor den Duccius an und wandte sodann sich wieder den Pferden zu.

    Zitat

    Original von Marcus Iulius Licinus


    Licinus kam relativ spät. Das allein war ungewöhnlich. Was ihn aber wirklich wurmte war der Umstand, dass er offensichtlich noch nach dem Iunius angekommen war, der ja die weiteste Anreise gehabt haben dürfte. Aber natürlich ließ er sich davon nicht die Laune vermiesen und trat hinter diesem um abzuwarten, bis er mit Begrüßungen an der Reihe war, dann sprach er:


    "tribunus Flavius, ich freue mich über deine Einladung." sogar eine Kleinigkeit als Gastgeschenk hatte Licinus besorgt und überreichte dem jungen Römer einen Krug Obstwein, wie er ihn mittlerweile ganz gerne trank.


    "Salve, Iulius! Ich bin erfreut, dich heutig einmal in privater Runde zu treffen."
    , salutierte der junge Flavius auch den Praefectus Castrorum, nachdem er den Iunius in adäquater Weise versorgt hatte, und ergriff beherzt das Präsent, welches auch dieser mitgebracht hatte.
    "Oh, was mag sich darin verbergen?"
    , fragte er vorwitzig, da ihm von außen nicht ersichtlich war, worum es sich bei dem Krüglein handelte.

    Zitat

    Original von Aulus Tiberius Verus
    Warum fiel es Verus so schwer, Idun loszulassen? Sie für eine Zeit gehen zu lassen, damit ihr Theater nicht zusammenbrach. Er wollte kein Theater spielen und doch war diese ganze Welt nur ein mieses Stück in einer großen Geschichte, die beide zu erdulden hatten. Wie selten und schön, war doch dieses Gefühl, so seltsam und angsterfüllend es war. Bereits jetzt war er einsam und vermisste die Zukunft mit ihr, da er nicht mehr bereit war, in jenes Tal der Einsamkeit zu gehen. Der Krieg hatte ihn nicht nur am Körper verwundet, sondern auch an der Seele. Sie half ihm, nicht nur durch Nähe, sondern durch eine Wärme, die er vermisste. Ja, Verus erinnerte sich an den Brief seiner einstigen Calena. Noch immer hatte er nicht geantwortet, da er keinen klaren Gedanken zu ihr fassen konnte. All seine Kraft sowie Aufmerksamkeit galt dem, den Tag zu überleben und nicht von seinen Albträumen heimgesucht zu werden. Ohne Idun würde dies nur noch schwieriger. Wahrscheinlich gab es niemals eine Flucht vom Schlachtfeld. Wahnsinn lag im Detail der Erfahrung. Es war der Geruch, der Geschmack und die Erinnerung. Die Welt hatte keinen Gegenwert gegen diese Erfahrung und doch präsentierte sie ihm Idun. Sie war die Antwort; etwas, was die Welt sinnvoll machte. Nicht für sich, sondern für sie. Beide hatten etwas, was selbst den Tod vergessbar werden ließ. Wenn auch nur für Momente. Unbemerkt und unbewusst hatte der junge Flavius eine Wunde geöffnet, die niemals vernarbte. "Ja," antwortete Verus ehrlich und hatte diesen traurigen Glanz in den Augen. "In vielerlei Hinsicht," offenbarte er in Teilen ihr Geheimnis und wich dann aus, um beide zu schützen: "Der Krieg ist grausam. Ein Mann kann dort nur verlieren," begann Verus mit einer Weisheit, die der junge Flavius vielleicht nie verstehen würde, wenn er nicht selbst auf dem Felde gestanden hatte. "Man geht als fremde Person dorthin, verliert entweder sein Leben oder etwas von sich, doch wirklich für sich selbst gewinnt man nie etwas. Man kehrt als ein anderer Mann zurück, als der man aufgebrochen ist," sprach Verus vielsagend und seine Stimme brach dabei leicht, obwohl er sich am zynische Standfestigkeit mühte. "Das Echo des Schlachtfeldes brennt, wie ein Gesang der Sterbenden, und erinnert einen stets daran, wie wertvoll ein Tag ohne Blut ist. Es erhöht den Wert von Ordnung und...," wollte Verus seine Gedanken verdeutlichen aber scheiterte. "... Rom selbst," folgte dann nüchtern, als ihm bewusst wurde, dass er alles für Rom geopfert hatte. Nicht nur sein Herz, seine Wärme und Seele, sondern auch Tatkraft und Hingabe. Als Antwort und Geschenk hatte er nur unsägliches Leid empfangen und ... doch war dort etwas, was ihn reifen ließ. Das Schlachtfeld hatte ihm etwas Wichtiges gezeigt: lebe den Moment. Alle Zeit, die er hatte, so schön und verloren sie war, war wertvoll, weil sie mitunter nie wieder kam. Idun war wertvoller als jeder vergangene Moment und selbst ihr Angesicht schaffte ihm ein Fundament an Hoffnung. "Ich wäre im Kampf gefallen, um das Überleben meiner unterstellten Kameraden zu sichern. Luna rettete mich und ich...," sagte Verus mit dem Blick zum Boden gewandt. "Ich habe sie im Namen Roms in einer gerechten Gnade unterwiesen und als Sklavin errettet. Meine Pflicht als Römer war es, sie zu versklaven und aus den Fängen des Barbarenwesens zu befreien," formulierte er hart und seine Worte gerieten fest; fast in Zement gegossen, während er wieder aufblickte. "Ich bin ihr dankbar und habe es ihr auf römische Weise gezeigt," erklärte er bitter, wobei sich seine Augen krude verfinsterten und sein Gesicht wieder an Farbe verlor. Verus fühlte sich nun okkult entrückt in einen neuen Nachtmahr, da ihm die Zeit entglitt und auch seine Gefühle, die Schweißperlen in seinen Nacken trieben.


    Der Centurio verharrte einen Augenblick, was dem jungen Flavius bereits die Furcht bereitete, ein inkommodes Thema aufgeworfen und damit seinen Gast verärgert zu haben, weshalb er bereits über ein neues Sujet zu spintisieren begann, als der Tiberius doch noch antwortete. Konträr zu der Intention des Tribuns entfleuchte dem Centurio jedoch ein ganzer Schwall melancholischer Worte, Äußerungen tiefschürfender Desillusion und endlich ein augenscheinlich unbeholfenes Sinnen, jenen verlebten Irrsinn zu reifizieren. Dem Jüngling entging indessen nicht, dass jenes Klammern an Ordnung, an den Begriff seiner Vaterstadt keineswegs das explizierte, was der Soldat zu kommunizieren wünschte, was ihn wiederum argwöhnen ließ, ob jene Worte der Wahrheit entsprachen und lediglich die Furcht und Irritation eines Soldatenlebens vor ihm als unerfahrenen Knaben zu cachieren sich mühten.
    Letztlich kehrte er jedoch zu der Sklavin zurück, die schweigend beiseite stand, um ihre Knechtschaft zu legitimieren. Auch diese Worte jedoch irritierten Manius Minor mehr als dass sie ihn aufklärten, da doch die Sklaverei keineswegs ihm als adäquater Ausdruck von Dankbarkeit erschien, ja der Weg in die römische Zivilisation seines Wissens jedem Freien, sei er Römer, Grieche oder Barbar, weitaus offener stand, so er bereit war sich unter Roms Joch zu beugen.
    "Dein Pflichteifer ehrt dich."
    , erwiderte er somit ein wenig insekur und schlug die Augen nieder, inkapabel, seine Gedanken zu ordnen oder erbauliche Worte zu formulieren. Ihn drängten durchaus Fragen, etwa danach, inwiefern die Versklavung eine adäquate Art römischer Dankbarkeitsbezeugung darstellte, jedoch ebenso nach den schnöden Umständen seiner Rettung, der früheren Identität des Mägdleins et cetera. Doch wagte er es nicht, jenem augenscheinlich gebrochenen Mann durch kritische Einwände zuzusetzen, weshalb er sich letztlich für eine unverbindliche, doch weitere unerquickliche Lamentationen, welche ihn faktisch doch ein wenig ängstigten, vermeidende Bemerkung entschied:
    "Ich hoffe, du verfügst über alternative Dienstboten, welche Luna zu ersetzen vermögen."

    Zitat

    Original von Aulus Iunius Seneca
    "Flavius, die Freude ist ganz meinerseits." entgegnete Seneca und ließ zwei seiner Männer ein paar Schritte vortreten "Ich habe dir ein wenig Wein mitgebracht. Ein guter Tropfen aus iunischem Anbau. In Italia allerdings. Der doch recht spontanen Einladung ist meine geringe Kreativität zuzuschreiben." scherzte der Iunier ob dem einfallslosen Gastgeschenk und fuhr fort, denn offenbar war der junge Bursche noch ein wenig nervös "Nun, ich hoffe doch, dass du dich gut eingelebt hast."


    Artig akzeptierte der junge Flavius das Präsent seines Gastes, inspizierte die Amphore einen Augenschlag (obschon er ob seiner Fehlsicht nicht einmal ein Etikett zu lesen vermocht hätte) und reichte sie final an den Octavius, der als Diener parat stand, weiter.
    "Besser ein unkreatives Geschenk bester Qualität als ein kreatives, welches womöglich keinen Nutzen bringt."
    , vermerkte er vergnügt und uneingedenk, dass diese Äußerung womöglich unbeabsichtigt als eine Kritik an der Kreativität des Praefectus zu lesen sein mochte. Indessen wandte er sich ohnehin sogleich der Frage des Iunius zu:
    "Nun, das Leben sub Aquila ist durchaus beschwerlicher als inmiten der Lustbarkeiten Roms, doch wird mir der Alltag im Castellum von Tag zu Tag vertrauter. Insonderheit genieße ich die Unterstützung meines Stabes und meiner Amtskollegen, welche mir durchaus Orientierung zu geben vermögen."
    Insonderheit sein Beneficarius leistete ihm imponderable Dienste, wie der Tribun zu konzedieren genötigt war. Die übrigen Tribune und Centurionen hingegen hatten hingegen bisherig noch wenig Kontakt zu ihm gesucht, was mitunter eine Motivation für jenes Gastmahl darstellte.
    "Auf welchem Posten begann deine Militia Equestris, wenn ich fragen darf?"
    Womöglich hätte er sich diesbezüglich vorherig informieren sollen, doch da er dies inmitten der Präparationen seiner Casa entfallen war, wagte er nun direkt jenen Vorstoß, den Praefectus ein wenig besser kennen zu lernen, wie es der Intention jenes Gastmahles entsprach.

    Zitat

    Original von Luna
    Luna blieb immer einen Schritt hinter Verus. Als sie nun zum Stehen kamen sah sie auch kurz den Flavier an. Ihre wachen Augen trafen ihn. Ihr Blick lag in dem seinen. Ja auch der junge Mann hatte eine Vergangenheit, es lagen auch Schatten auf ihm. Natürlich war ein kein Soldat und doch war auch sein Leben nicht nur von Sonnenschein geprägt. Sie senkte ihren Blick und sah erst wieder auf, als Verus ihren Namen richtig stellte. Kurz streifte ihr liebender Blick ihren Centurio, bevor sie den Flavier ansah und nun, nachdem der Flavier sie ja angesprochen hatte, das Wort an ihn richtete. „Ave Dominus Flavius. Ich möchte dir danken, dass du mir eine Unterkunft gewährst. Ich werde mich bemühen, dass du keinen Grund zu Klage hast und dir eine gute Sklavin sein.“ Ihr Stimme war leise, nicht aufdringlich, nein sie war wohl das was man gemeinhin als angenehm bezeichnet. Schon trat sie auch wieder in den Hintergrund. Auch wenn es hier um ihre „Übergabe“ ging war sie doch nur eine Sklavin. Eine die von den Römern gemeinhin als Gegenstand betrachte wurde. Und genau so verhielt sie sich. Auch wenn es ein großes Theater war, half ihr doch genau dieses Theater nicht zusammenzubrechen. Denn natürlich zerriss es sie innerlich, dass sie von nun an Verus nicht mehr so oft würde sehen können – wenn es denn überhaupt noch möglich war.


    Der Umstand, hinsichtlich des Namens einem marginalen Irrtum verfallen zu sein, betrübte den jungen Flavius selbstredend kaum, da es ihm doch keineswegs ehrrürig erschien, den Namen einer gemeinen Sklavin, derer er niemals ansichtig geworden war, zu vergessen.
    "Oh, selbstredend Luna!"
    , konfirmierte er yomit fröhlich und zog seine Hand, welche soeben noch einen nicht sonderlich festen, doch ebensowenig schwächlichen Händedruck erwiesen hatte, wie er in der Hautevolée Roms gebräuchlich war, zurück.
    "Ich bin überzeugt, wir werden eine agreable Zeit miteinander verbringen."
    , vermerkte er sodann an die Adresse Lunas und präsentierte ein sonniges Lächeln, um dennoch sich wieder dem Tiberius zuzuwenden, da es doch ein wenig ungehörig erschien, in Präsenz des Herrn mit der Sklavin zu parlieren.
    "Der Praefectus berichtete mir, dass diese Sklavin dein Leben rettete? Du musst ihr zweifelsohne dankbar sein für jenen Umstand!"
    Keineswegs zielte sein Kommentar darauf ab, den Soldaten zu verspotten oder zu provozieren, sondern vielmehr auf die Initiation einer zwanglosen Konversation, was sich im leichten Unterton dey Jünglings widerspiegelte.

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    Original von Aulus Iunius Seneca
    Mit einer kleinen Entourage aus vier Equites bestehend hatte sich Seneca von seinem Kastell aus auf den Weg zum Kastell der Legio II gemacht. Es war ein kleines Stück, weshalb sich die Truppe auch ein wenig verspätete ohne dabei unhöflich lange absent zu seien. Die Hürde des Tores des Lagers hatte man als Praefectus Alae recht schnell genommen und natürlich würden die Equites nicht am Essen teilnehmen sondern draußen bei ihren römischen Kameraden auf ihren Kommandanten warten. Dennoch noch in Begleitung seiner kleinen Garde klopfte der Praefectus an der Tür des jungen Tribuns und wartete auf Einlass.


    Pollux war wie gewöhnlich an der Porta eingeteilt worden, weshalb er eilig öffnete, als er des ersten Gastes ansichtig wurde, wobei eine tiefe Verneigung seine missmutige Miene verbarg, während der Praefectus ihn passierte. Bereits im Atrium empfing ihn sodann der junge Hausherr persönlich, welcher die letzten Momente vor dem Eintreffen der Gäste voller Unrast an der frischen Luft auf- und abgegangen war. Bar einer wohlexerzierten Dienerschaft hatte die Präparation des Gastmahles ihm bis zuletzt einiges an Mühen bereitet, sodass seine Stirne trotz des mittaglichen Bades bereits wieder von Schweiß glänzte (obschon daran die sommerliche Wärme Mogontiacums durchaus ihren Anteil trug). Hastig ließ er sich von Patrokolos, seinem Sklaven, nochmalig das Schweißtuch reichen, sodann fixierte er den Iunius mit einem routinierten Lächeln und trat auf den Fremden zu, den er dank der ersten Kontakte während der Stabsbesprechung als Praefectus Alae identifizierte.
    "Salve, Iunius. Ich freue mich, dass Du meiner Einladung gefolgt bist."
    Trotz der Verspätung war der Praefectus der erste Gast, weshalb der junge Flavius bereits auf glühenden Kohlen saß und sich bereits mehrmalig in fulminanten Farben imaginiert hatte, keiner seiner geladenen Gäste würde ihm die Ehre einer Visite bereiten, sodass nun doch ein wenig an Spannung von ihm abzufallen vermochte.

    Zitat

    Original von Luna
    "Ja, Dominus." bestätigte Luna die Anweisung. Obwohl es gar keine war, weshalb sie noch ein "Danke." hinterher schob. Ja sie war wirklich dankbar für diese kleine Verschnaufpause. Der Tag heute würde ohnehin noch anstrengend genug werden. Schließ wollte ja nicht nur das Haus hergerichtet und das Essen zubereitet werde. Nein man musste es ja auch noch an die Gäste bringen. Ja es würde ein langer Tag werden.
    So trank sie also in Ruhe den Met aus, lehnte mit geschlossen Augen an der Wand und verschnaufte einen Moment auch um Kraft für die weiteren anstehenden Arbeiten zu finden.


    Als Manius Minor eintrat, vermochte er lediglich geschäftiges Treiben zu identifizieren, in dessen Mitte seine neue Villica das Regiment führte: Einer der Legionäre schnitt Kräuter klein, Pollux legte Feuerholz unter dem Herd nach, ein weiterer Legionär rührte die Sauce, deren Duft sogleich an die feine Nase des jungen Flavius drang.
    Er vermochte nicht zu memorieren, wann zuletzt er persönlich die Culina der Villa Flavia Felix hatte aufgesucht, sodass ihn das routinierte Werk seines Gesinde durchaus als Faszinosum erschien.
    "Steht alles parat?"
    , fragte er schließlich und erblickte Luna, die augenscheinlich als einzige in diesem Raume ruhte. Manius Minor war nicht geneigt, sich als allzu gestrenger Herr zu gerieren, doch irritierte ihn jene Muse inmitten der Hektik der Präparationen doch ein wenig, weshalb letztlich er sie direkt fragte:
    "Ist dir kein Auftrag zugewiesen?"

    Der Centurio sowie seine Begleiterin wurden von Pollux sogleich in das Triclinium geführt, wo der Tribunus soeben zu Tisch lag und sich dabei von Patrokolos, seinen wohlgestalten Diener, einige Verse der Aeneis rezitieren ließ. Als der Soldat eintrat, verstummte die liebliche Stimme des Sklaven und Manius Minor blickte die beiden Gäste an.
    "Ave! Du musst Tiberius sein!"
    , identifizierte der Jüngling sogleich die Situation, da der Vitis des Centurios ihm doch aus zahlreichen Berichten seines Onkels Aristides bekannt war und es nicht eben häufig geschah, dass ein Offizier in Geleit einer Dienerin ihn in seinem Hause aufsuchte, weshalb er die Situation sogleich mit der Bitte seitens des Praefectus Castrorum konnektierte, welcher ihn um Obdach für eine Sklavin hatte gebeten, die als germanische Seherin gefangen worden war und nun in dezenter Weise zu verbergen war.
    Somit erhob er sich mit einiger Mühe, sprang von seiner Kline hinab und ging mit einem Lächeln auf Verus und Luna zu, um ersterem sogleich seine Hand zu präsentieren.
    "Mir scheint, wir hatten noch nicht persönlich das Vergnügen. Mein Name ist Manius Flavius Gracchus."
    Sodann wandte er sich seiner neuen Magd zu, die den Gerüchten in der Principia zufolge nichts geringeres als eine germanische Seherin, eine Art barbarischer Haruspex, repräsentierte. Aus der Nähe vermochte er selbstredend ihre Gestalt nur verschwommen zu erkennen, doch vermeinte er selbst aus dieser Distanz ein Leuchten in ihren Augen zu vernehmen.
    "Und dein Name war... Stella?"
    Deplorablerweise war ihm die Denomination seiner neuen Sklavin entfallen, hatten ihn doch andere Partikularitäten ihrer Personen weitaus mehr in den Bann geschlagen, da sie den Explikationen des Iulius zufolge höchstselbst dem Centurio an ihrer Seite das Leben gerettet, womöglich gar ein gesamtes Dorf an Germanen motiviert hatte, die Waffen zu strecken und sich ohne jeden Widerstand dem Kreuzestode zu beugen.