Beiträge von Manius Flavius Gracchus Minor

    Sim-Off:

    Ich wollte ohnehin nicht dies dir zum Vorwurf machen :)

    "Nun, es ist niemals ein Fehler, die Seinen bei sich zu wissen. Ich hatte schon längere Zeit nicht mehr das Vergnügen, Zeit mit meinem kleinen Bruder Titus zu teilen!"

    , kommentierte der Aedil mit einem Hauch von Trübsal, da voll Wehmut er an seine eigenen Geschwister dachte, die deplorablerweise schon seit langer Zeit nicht mehr ihm so nah waren gewesen, dass er auf sie hatte Acht geben können. Titus weilte irgendwo im Osten des Imperium, wo er gemeinsam mit seinem Vetter die Welt bereiste, zweifelsohne längst der urbanen Aristokratie entwachsen und an der Seite von Selenus zum Tunichtgut herangewachsen, während seine geliebte Schwester Flamma gleich seiner Mutter war verloschen, während Minor selbst in Alexandria seinen Lastern hatte gefrönt.

    Einen Augenschlag verweilte der Flavius in jenen Gefühlen der Scham und des Bedauerns, ehe er mit einer wegwerfenden Handbewegung seinen freundlichen Blick zurückgewann und erfreut sich von jenen mysteriösen Globi nahm, die Charislaus ihm offerierte.

    "Gib also gut auf deinen Bruder Acht und hilf ihm, zu einem ehrenwerten Manne heranzureifen!"

    Erst nach jenem Ratschlag kostete er von dem Gebäck und ein neuerliches, zufriedenes Lächeln umspielte seine honigtriefenden Lippen.

    "Mir scheint, ich muss unseren Coquus in dieses Haus entsenden, um sein Wissen um Desserts zu erweitern! Köstlich, köstlich!"

    , rief er aus und schenkte dem Sklaven, welcher bereits beflissen die übrigen Gäste mit seinen Lieblichkeiten versorgte, ein aufrichtig-anerkennendes Strahlen.

    "Diese Erfahrung kann ich vortrefflich teilen!"

    , erwiderte der Flavius auf die Bemerkung Menecrates' hinsichtlich der Spiele und lächelte aufs Neue.

    "Ich hatte die einzelnen Tage der Megalesia ein wenig aufgeteilt und obschon ich letztlich überall die Verantwortung trug, so war das große Rennen, welches ich im operativen Ablauf an meinen Tiro fori Seius Ravilla hatte delegiert, zweifelsohne das erquicklichste Ereignis in jener Reihe der Ergötzlichkeiten."


    Hinsichtlich der Lex Mercatus blieb ihm ebenso ein entwaffnend offener Kommentar, da er doch die Bedächtigkeit des Claudius weniger als der erwähnten Personen (der gegenüber auch Minor selbst gewisse Befindlichkeiten hegte) als der Komplexität der Aufgabe zumünzte:

    "Ich selbst bin, offen gesprochen, ebenfalls zweifelsohne kein großer Rechtsgelehrter. Doch bin ich glücklich, dass in unserer Familia vortreffliche Juristen zu finden sind, welche hier Entwürfe erarbeiten, die ich verhoffentlich ebenfalls hinreichend verstehen kann, um sie dem Senat zu unterbreiten."

    Einem Konkurrenten gegenüber wäre jenes Eingeständnis von Inkapazität womöglich schädlich gewesen, doch da Minor einerseits dafür hielt, dass Menecrates selbst ebenfalls eher Praktiker als Theoretiker der Rechte war, andererseits auch nicht fürchtete, mehr als Nachsicht für jene Schwäche zu erfahren, ließ er sich zu jenen Worten hinreißen.


    Dass dann sogar ein konkreter Auftrag sich auf seine Nachfragen ergab, erfreute ihn ebenso, selbst wenn die bisherig in persona vollzogenen Inspektionen nicht eben das Erquicklichste repräsentierten, was er in seiner bisherigen Karriere hatte auf sich genommen. Zudem war, wie der Flavius, der ja auf dem Quirinal in immediater Nachbarschaft residierte, die Via Salaria eine der Landstraßen vor den Toren Roms, welche prinzipiell nicht im engsten Sinne zum Amtsbereich des Aedils zählte, dennoch wollte er seinem alten Mentor die Assistenz nicht verwehren:

    "Gern bin ich bereit, die Inspektion der Straße persönlich vorzunehmen."
    Selbstredend wusste er wenig über die Architektur, welcher er trotz der künstlerischen Aspekte ob ihrer Unbestechlichkeit hinsichtlich statischer Rahmungen als weniger erquicklich als die biegsame und harmonischer gestaltbaren sprachlichen Künste erschien, sodass er wie wohl jeder Delegat, den der Claudius konnte entsenden, similäre Expertise würde einbringen können. Doch war bisweilen die Präsenz eines ranghohen Magistraten auch ein Zeichen für die Bedeutsamkeit einer derartigen Kontrolle, die sämtliche Beteiligten zu größerer Beflissenheit und Eile anspornte.


    Der Tempel der Flavii und Claudii war indessen ein Sujet, welchem er nicht allein aus amtlichen, sondern ebenso aus familiären Gründen war verpflichtet, sodass rasch er zustimmte:

    "Ich werde diese Frage mit meinem Vater erörtern und mir selbst ein Bild machen. Es ist nicht allein ob unserer Maiores, sondern auch für das Salus publica Romana höchst relevant, den Unsterblichen ihre Wohnungen wieder zu restituieren!"

    "Wie amüsant! Ein Neffe väterlicher- oder mütterlicherseits?"

    , fragte der Aedil amüsiert ob jener Kuriosität nach, erschien es ihm doch höchst ungewöhnlich, dass ein Aspirant auf den Senat verwandtschaftliche Relationen jener Enge (obschon die Titulatur als Neffe einen breiten Interpretationsspielraum offerierte) zu einem gemeinen Miles hegte, da doch die erforderliche finanzielle Potenz gewöhnlich nicht derart scharf war verteilt, dass der eine den Senat, der andere dagegen lediglich den schnöden Felddienst mochte ins Auge fassen.

    Jene Kontrolle war wohl die Erquicklichste, die bisherig er in persona hatte durchgeführt, was zweifelsohne dem Produkt ebenso wie dem Inhaber des Betriebes war geschuldet. Dass dieser sich nun auch noch als Connaisseur seiner favorisierten Komödie offenbarte, mehrte die Sympathie selbstredend noch.

    "Oder wie Acroteleutium den Hauptmann umgarnt - schlicht eine köstliche Posse!"

    Damit griff er nun aber nach dem Sabellus und betrachtete die Bildlein, welche, obschon angestrengt er die Augen zusammenkniff, nicht mehr ihm blieben als verschwommene Schemen. Dennoch nötigte allein die selbst ihm erkennbare schiere Zahl an Protagonisten Erstaunen ab, da es ihm doch als überaus akrobatische Herausforderung erschien, den Akt zugleich zu vollziehen.

    "Vortrefflich, was meinst du, Patrokolos?"

    , fragte er und zeigte es seinem Leibdiener, um seine Inkapazität zu cachieren und die Vermutung, dass ein derartiges Etablissement hielt, was es versprach, zumindest zu prüfen. Als dieser nickte, reichte er das Buch an den Händler zurück, um nun den Plautus zu erhalten.

    "Woher beziehst du deine Bücher? Gibst du die Kopien selbst in Auftrag?"

    Tempestates templas deminuunt | Eine Inspektion des Aesculapius-Tempels


    Als Aedil oblag Manius Minor neben den wenig rühmlichen Kontrollen von Garküchen und Lupanaren auch die Aufsicht über die Baulichkeiten sakraler Natur und da er von Manius Maior hatte vernommen, dass der Tempel des Aesculapius auf der Tiber-Insel zuletzt in mäßigen Zustand sich hatte befunden und einem neuen Aedituus war anvertraut worden, so hatte er sich ankündigen lassen und stand eines Tages nun, geleitet von einer Schar Apparitoren und Beratern, darunter natürlich auch eines Architekten aus dem Umfeld der Familia Flavia Romae, jenes "Boot" betrat, auf welchem die Priester des Heilergottes Sieche kurierten und ihrem divinen Herrn die Opfer der Heilsuchenden darboten.

    Der Flavius lächelte geschmeichelt, als Menecrates seine Spiele in höchsten Tönen lobte, was angesichts des exorbitanten Aufwandes, welchen dieser während seines Consulates in jenem Metier hatte an den Tag gelegt, geradehin ironisch wirkte.

    "Nun, ich durchaus - ich durfte sogar selbst an deren Organisation partizipieren!"

    , erwiderte er daher mit schelmenhalftem Unterton, da der Alte wohl sich zusammenreimen konnte, worauf er anspielte.


    Damit kamen sie direkt zum "Geschäftlichen" jener Unterredung, was durchaus dem Naturell des Claudius entsprach, wie Minor sich trefflich erinnerte. Seine lakonische Art, welche kaum bereit war sich mit Höflichkeiten und Tratsch aufzuhalten, hatte ihn einst bisweilen ein wenig irritiert, sich in amtlichen Fragen jedoch als wohltuend effizient erwiesen, selbst wenn dies wohl einer der Gründe war, warum nicht sämtliche Senatoren den greisen Claudius im Übermaße schätzten und wohl auch verhindert hatten, dass er damals eine Auszeichnung für sein arbeitsame Magistratur hatte erhalten.

    "Nun, du verfügst zweifelsohne über einen sehr viel besseren Überblick als ich, was die Cura urbis betrifft."

    , erwiderte er auf die nächste Frage, um sodann selbstredend doch stärker ins Detail zu gehen, da auch Floskeln und inhaltsarme Beiträge seinem Gegenüber lästig waren.

    "Ich höre die Klagen der Marktleute, lasse Kontrollen durchführen und nehme sie bisweilen auch persönlich vor, um zu demonstrieren, dass ich die Gewerbe im Auge habe und geneigt bin, meine Obliegenheiten gewissenhaft auszuführen. In dieser Hinsicht bin ich auch konzeptionell an der Arbeit: Gemeinsam mit Valerius Flaccus, einem überaus rechtskundigen Klienten meines Vaters, gedenke ich ein Edictum zu erarbeiten, das in seiner Struktur wieder zu perpetuieren wäre, da sich doch in der Praxis zeigt, dass die Lex Mercatus trotz der Erweiterungen durch Aurelius Lupus kaum hinreicht, um die allfälligen Dispute zwischen den Kaufleuten zu regulieren. Ich hoffe, dass mir dies noch während meiner Amtszeit gelingt!"
    Er nahm neuerlich einen Schluck des kühlen Nasses und blickte sodann erwartungsvoll zu dem Präfekten:

    "Indessen bin ich eigentlich gekommen, um dieselben Fragen dir zu stellen, respektive dir meine Unterstützung in Fragen der Cura urbis zu offerieren, so ich dir an irgendeiner Stelle von Nutzen sein könnte."
    Offiziell zählten noch immer sämtliche Bereiche der Cura urbis zu den Amtsbereichen des Aedilis, doch waren sie faktisch von den kaiserlichen Curatoren unter der Aufsicht des Praefectus Urbi aufgeteilt, sodass Manius Minor und seinen Amtskollegen praktisch lediglich einige missliebige Felder wie die Abhaltung von Spielen, die Kontrolle von Maßen und Gewichten sowie von Lupanaren und Garküchen verblieb. Dennoch bestand selbstredend die Option, auf Wunsch der kaiserlichen Amtsträger hier oder da unterstützend tätig zu werden, respektive auf Wunsch bestimmte Domänen komplett zu übernehmen.

    "Ich hatte erwogen, eine Inspektion einiger Tempel vorzunehmen, um die dortigen Baulichkeiten zu kontrollieren. Mir scheint, dass an mancher Stelle einige Gelder wären zu investieren, um die Substanz zu erhalten."
    Diesbezüglich hatte Manius Minor selbstredend mit Manius Maior eine exklusive Informationsquelle, die er in dieser Frage hatte konsultiert.

    "Dies ist mein werter Neffe, Aedil", proklamierte der Seius, um die Memoiren des Flaviers zu präzisieren. Dass es dem Aedil an der Schärfe seiner Sehkraft mangelte, wusste er zwar nicht mit Gewissheit, hegte jedoch die entsprechende Mutmaßung, welche aus den Beobachtungen während der gemeinsamen Zeit resultierte. So zeigte Ravilla sich gern bereit, dem Aedil das Augenlicht zu leihen, indem er das visuell wahrgenommene verbal übermittelte. "Miles Sisenna Iunius Scato von den Cohortes Urbanae, welcher uns bereits im Sprechsaal der Aedile gemeinsam mit seinem Kameraden Manius Purgitius Lurco zwecks Unterredung zur Sicherung der Ludi Megalensis aufsuchte." Ein Blick traf den jungen Bruder. "Und jener ist mein jüngerer Bruder Marcus Seius Atticus."

    Der Aedil vernahm die Bemerkung seines Tiro fori überrascht, doch reminiszierte er prompt jene absonderliche Situation, dass just inmitten Roms der Spross einer Tempelfürsten-Dynastie in einem gemeinen Urbaniacus seinen Neffen wiedersah, bei welchem er, wie er sich an ein Gespräch zu erinnern glaubte, gar ein Weilchen hatte residiert. Trotz jenes bemerkenswerten Umstandes war ihm der Name ebenso wie der seines Kameraden entfallen und würde wohl nicht bald darauf wieder seinem Gedächtnis entfleuchen, da gewöhnliche Milites einem Magistraten eben doch nicht bedeutsam genug waren, um sie im Detail sich einzuprägen. Dennoch lächelte er ob jener Erinnerung und nickte.

    "Richtig, der Neffe! Dann darfst du dies wohl als eine Art Gegenbesuch zu deiner Visite in der Basilica Iulia werten!"

    Wie beim letzten Mal notifizierte er die geringe Altersdifferenz zwischen jenen unterschiedlichen Generationen angehörenden Jünglingen.


    Als er sodann jedoch auch noch seinen Bruder offenbarte, strahlte Minor amüsiert und winkte den bezeichneten Jüngling herbei. Dieser hatte in der Tat wenig beeindruckt sich gezeigt, dass ein Aedil das Etablissement betrat, was einerseits als Unverfrorenheit mochte bewertet werden, andererseits womöglich auch Ausweis seines aristokratischen Selbstbildes als Spross eines Tempel-Aristokraten sein, welcher eben auch einem römischen Magistraten sich ebenbürtig fühlte.

    "Dein Bruder? Du hattest ihn bisherig überhaupt nicht erwähnt, wenn ich mich recht entsinne! Ich freue mich darauf, seine Bekanntschaft zu machen."

    Während er darauf wartete, dass jener weitere Seius sich zu ihnen begab, bemerkte lächelnd er:

    "Hier scheint ein Nest der Seii zu sein. Sind noch weitere deiner Familiaren in der Urbs?"

    Der Sklave passte nach dem Dafürhalten des Flavius nicht recht in jene Stätte mit augenscheinlich recht simplem Publikum, sondern wäre eher für ein nobleres Etablissement adäquat gewesen (doch womöglich war dies ein solches, Minor kannte jene Welt der Garküchen und Gasthäuser lediglich aus dem abfälligen Diskurs der Nobilität über selbige). Indessen erfreute es ihn, hier mit Köstlichkeiten versorgt zu werden, sodass bereits er mit Spannung auf die erwähnten Globi wartete, die ebenfalls ein gustatorisches Meisterwerk verhießen, als just der Inhaber erschien, welcher durchaus Reminiszenzen erweckte:

    "Ave!", salutierte er zunächst, um sodann zu fragen:

    "Sind wir uns nicht bekannt?"

    Die Stimme erschien ihm vertraut, doch vermochte er nicht recht, sie zu kontextualisieren. Fragend blickte er zu Scato, sodann zu Patrokolos und Ravilla, die mit ihren nicht-fehlsichtigen Augen für gewöhnlich leichter Personen identifizierten.

    "Es geht um die Überprüfung deines Betriebs!"

    , explizierte ein beflissener Viator zugleich.

    Der Accensus beugte sich im Kämmerlein über die Bücher und begann achtsam, die Kalkulationen nachzuvollziehen, holte endlich einen Abakus heraus und berechnete hier und dort selbst, inwiefern die Zahlenkolonnen harmonierten. Dem Herrn über jene Zahlen schenkte er unterdessen wenig Aufmerksamkeit, so sehr vertiefte er sich in jene mathematischen Fragen.


    Dem Herrn des Accensus auf der anderen Seite des Geschäftes hingegen blieb nichts, als die Aufmerksamkeit den durchaus hübschen, wenn auch ihm sexuell nicht sonderlich anziehend erscheinenden Knaben zu richten, die beflissentlich sich mühten, dem edlen Besucher eine angenehme Konversation zu bereiten.

    "Du beherrscht neben der Liebeskunst auch die Baukunst?"

    , fragte Minor den soeben berichtenden Evenor mit sichtlicher Überraschung, da er doch keinerlei Kenntnis von beiden Metiers besaß und es ihm damit inimaginabel erschien, dass jemand sowohl das eine, als auch das andere beherrschte.

    Mit freundlichem Gesicht vernahm der Flavius zunächst den Gemeinplatz hinsichtlich der Lasten des Amtes und schenkte dem Verweis auf das Quellwasser gar ein mildes Lächeln, da er doch beinahe wieder hatte vergessen, dass während seiner Quaestur er beinahe sich bereits daran hatte gewöhnt, dass sein damaliger Consul konträr zu nahezu jedem römischen Haushalt, sich des Weines enthielt und gar seinen Gästen bloßes Wasser offerierte, doch nahm er ob jener vergangenen Tage ebenfalls einen Becher.


    Als er sodann sich jedoch platziert hatte, erfolgte eine überaus unerwartete Explikation der amtlichen Absenz des Claudius, mit welcher er mitnichten gerechnet hätte, denn obschon natürlich kein Consular Roms unbemerkt sich aus der Öffentlichkeit zu retirieren vermochte und die Gerüchte über die Hintergründe derartiger Züge sogleich sprudelten (weshalb auch mancher selbstredend von seiner eigenen Schwäche für Opium hatte erfahren), so war es doch überaus ungewöhnlich, dass ein derart potenter Protagonist eingestand, der Melancholie in einem derartigen Umfange verfallen gewesen zu sein. Mitleidsvoll wurde die Miene Minors somit bei der Erwähnung jener tristen Situiertheit, um dann umso mehr sich zu erhellen, als Menecrates auf die wohltuende Wirkung seiner eigenen Bemerkungen zu sprechen kam, welche in einen Trinkspruch mündeten:

    "Auf die Achtsamkeit!"

    , konfirmierte der Aedil somit und nahm ebenfalls einen Schluck aus seinem Becher, der in seiner liquiden Geschmacklosigkeit um jene Tageszeit in der Tat ein wenig ungewohnt erschien.

    "Ich hoffe, dass deine Krankheit und deine mentale Indisposition dir nun, da die Arbeit in ihrer Gänze über dich hereinbricht, nicht aufs Neue lauern! Du solltest Acht geben, dass nichts sich einschleicht, was neues Ungemach evoziert!"

    Jener Rat aus dem Munde eines Jüngeren mochte als eine Plattitüde erscheinen, doch wusste der Flavius, welcher selbst mehr als einen mentalen Rückschlag hatte erlebt, wovon er sprach.

    Offen gesprochen entzieht es sich mir ein wenig meinem Verständnis, inwiefern ein Präzedenzfall zu schaffen ist für eine Amtszeit, welche ex post um einen Monat gekürzt wurde (mir zumindest war dies bis zur Publikation der Wahltermine nicht bekannt gewesen) und die sich nun ohne mir ersichtliche Nachteile doch auf die originale Länge ließe erweitern, doch trage ich selbstredend jedwede Entscheidung der SL mit. Nur wäre es für mich überaus hilfreich zeitnah zu wissen, ob mir noch zwei oder sechs Wochen gegeben sind, da ich entsprechend meine Ressourcen kanalisieren müsste :]

    Manius Minor hatte lange seinen alten Mentor und ehemaligen Magistraten Claudius Menecrates nicht mehr persönlich gesprochen, was angesichts seines nunmehrigen Amtes umso deplorabler war, als sich damit letztlich die neuerliche Option zur engen Kooperation ergab, welche bereits während seiner Quaestur, die er sub Consule Claudio hatte absolviert, so reiche Früchte hatte getragen. Wenige seiner bisherigen ädilizischen Obliegenheiten hatten somit dem Flavius mehr Freude bereitet als das heutige Treffen, welches die Officia beider Amtsträger zur achten Stunde des heutigen Tages hatten vereinbart. Den Etiketten entsprechend erschien der Aedil zusammen mit einer Entourage an Apparitoren, die indessen im Foyer des Verwaltungsgebäudes warteten, während der Flavius selbst, aus Respekt angetan mit den Insignien seines Amtes, lediglich begleitet von seinem Tiro fori, seinem Accensus und seinem Leibsklaven Patrokolos in das Officium des Praefectus Urbi vordrang, um seinen geschätzten Freund heute ein wenig mehr auf Augenhöhe als in ihrer letzten amtlichen Relation zu sprechen.


    "Claudius, ich grüße dich herzlich! Es freut mich außerordentlich, dass wir nun aufs Neue Seit' an Seit' stehen!"
    , salutierte er den greisen Menecrates mit einem strahlenden Lächeln, als er das Officium betrat.

    "Es ist viel zu lange her, seit wir uns sprachen! Ich glaube gar, dass ich noch gar nicht Gelegenheit hatte, dir von meinen Plänen für diese Amtszeit zu berichten und nun ist sie bereits weit fortgeschritten!"

    Zu seinem Gastmahl nach der Wahl war Menecrates damals nicht erschienen und seit seinem Amtsantritt hatte er diverse Arbeitsessen anzuberaumen gehabt, die deplorablerweise jedoch den Claudius nicht hatten inkludiert und da dieser auch die Abordnung von Milites der Cohortes Urbanae hatte delegieren lassen, waren sie tatsächlich seither sich lediglich im Senat begegnet, wo sich kein Gespräch hatte ergeben.

    Sim-Off:

    Ich verzichte einmal auf die Formalia, da man nie weiß, wie viel Amtszeit mir noch gegeben ist ;)

    Mit großem Interesse verfolgte der Aedil, wie nach dem Start sich das Feld formierte und zunächst der güldene sowie der grüne Rennstall sich an die Spitze setzten. Beiden waren Familiaren des Flavius verbunden, doch er selbst sympathisierte eher mit einer weiteren Factio, die erst in der zweiten Runde mühsam sich voranschob. Die erste Runde verblieb Minor somit Zeit, aus den Augenwinkeln seinen sichtlich nervösen Tiro fori zu beobachten, der für seinen ranken Leib eine beachtliche Menge von Nüsslein sich einverleibte.

    "Ruhig Blut, mein Freund - alles läuft vortrefflich!"

    , bemühte er mit leutseligen Worten, ihn ein wenig zu kalmieren.


    Dann jedoch erforderte die Rennbahn wieder seine Appetenz und er jubilierte innerlich, als Proteneas mit einem geschickten Manöver die Verfolgung des einsamen Spitzenreiters Sotion antrat. Noch war ein Großteil des Rennens zu bestreiten, doch die Direktion der Entwicklungen sagte dem Editoren ebenso zu wie die organisatorische Perfektion, die Ravilla an den Tag hatte gelegt.

    "Das will ich hoffen!"

    , knurrte der Apparitor den jungen Seius an und nahm die Hand von seiner Schulter. Dennoch postierte sich neben ihm, als argwöhne er, der Jüngling würde neuerlich einen Fehltritt begehen.


    Der Aedil, der nun neben seinem Tiro fori der einzige in der Räumlichkeit war, der saß, da selbstredend alle nach der Zurechtweisung durch den Apparitor sich beeilten, die entsprechende Referenz zu erweisen, vermeinte, dass der spendable Gestus des Sklaven ein desperater Versuch war, die Situation zu kalmieren, doch freute er sich, den mäßigen Wein nun zumindest durch ein exotisches Getränk ersetzen zu können. Ignorierend, dass alle anderen, die in den Genuss jener Spende kamen, weiterhin neben ihren Tischen standen, kostete er davon und setzte ein saturiertes Lächeln auf.

    "Eine rustikale Gesellschaft, doch eine vorzügliche Köstlichkeit! Süß, lieblich und fruchtig zugleich!"
    , jubilierte er und stellte aufs Neue fest, dass jene Kontrollgänge bisweilen kulinarisch überaus interessant sich ausnahmen.

    Als die Sklaven die Geschäftsbücher herbeischleppten, machte der Accensus sogleich sich daran, diese zusammen mit einem Librarius zu inspizieren. Der Scriba wandte sich hingegen der Waage zu und holte ein Kästlein mit einer geeichten Waage und ebensolchen Gewichten hervor. Sorgsam legte er zunächst seine Gewichte auf die Waage des Buchhändlers und begann sodann, die einzelnen, eisernen Gewichte mit seinen eigenen auf der ädilizischen Waage gegenzuwiegen.


    All dem schenkte der Flavius indessen wenig Aufmerksamkeit, da weder Zahlen, noch Gewichte sein sonderliches Interesse weckten, während die Offerten des Lucilius ihm umso kurzweiliger erschienen. Zwar schien dieser dafürzuhalten, dass es um eine Einkaufstour ging, was Minor auch nicht zu exkludieren wagte, doch nicht der eigentliche Grund seiner Bitte war gewesen:

    "Mein Gustus ist für unsere Überprüfung von untergeordnetem Belang!"
    , bemerkte er daher freundlich und lächelte, da selbstredend es nicht anstößig sein konnte, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden:

    "Ich möchte die Qualität deiner Waren kontrollieren, doch warum nicht mit einem Stücklein erquicklicher Literatur?"
    Folglich lauschte er aufmerksam dem Angebot des Buchhändlers, welches durchaus interessante Einzelstücke versprach, selbst wenn nicht alles (insonderheit die architektonischen Arbeiten des Vitruvius) nicht seine erste Wahl hätten repräsentiert. Ehe er sich entschied, wollte er jedoch die finale, vollmundige Versprechung erproben:

    "Jede Rolle? Wie steht es um den Miles gloriosus von Plautus?"

    Dieses Werk zählte zu seinen favorisierten Kommödien und er vermochte beinahe, jedes Wort von ihr mitzusprechen, sodass er auch ohne eine Referenz imstande würde sein, die Korrektheit der Abschrift zu prüfen. Mit einem Lächeln fügte er dann noch an:

    "Während du ihn suchst, werde ich aber gern die Illustrationen des Sabellus inspizieren."

    Erotische Abbildungen versprachen immerhin einige Kurzweil und auch wenn ihm das Werk nicht geläufig war, da er wenig Verwendung für derartige Ratgeber hatte, nachdem er mit seiner Gattin noch niemals mit Erfolg den Beischlaf hatte vollzogen und die Bemühungen bereits vor ihrer Rückkehr nach Rom hatte eingestellt, die bisweilen ihn aufsuchenden Prostituierten jedoch ihre Spezialitäten mitbrachten.

    Der Leno wirkte ein wenig kalmiert und der Accensus selbst folgte der Offerte, indem er Kyriakos in die hinteren Räumlichkeiten folgte. Der Aedil selbst hingegen blieb ein wenig unschlüssig im Eingangsbereich mit der Sitzgruppe stehen. Dies war einer seiner ersten Kontrollgänge und er wusste selbst nicht recht, wie er als immerhin hoher Magistrat des Cursus Honorum sich inmitten einer derartigen Situation gerieren sollte, da einerseits er wenig Neigung verspürte, sich in das zweifelsohne sinistre, wenig freundliche Kämmerlein des Besitzers zu begeben, um eng beschriebene Bücher zu konsultieren, andererseits es auch als unter seiner Würde erachtete, mit den noch immer ihn umgebenden Lustknaben Konversation zu betreiben, die augenscheinlich keinerlei Kenntnis davon besaßen, wie man sich gegenüber einem Amtsträger wie ihm zu gerieren hatte.


    Er blickte somit fragend in die Runde, des Accensus und damit seines wichtigsten Consultoren beraubt, und entschloss sich endlich, sich auf die Sitzgruppe zu bequemen, auf der noch eben ein Jüngling lasziv sich hatte geräkelt.

    "Ich möchte mich setzen!"

    , wies er daher Patrokolos an, der sogleich ein wenig über das Polster wischte und klopfte, als vermöge dies, Körpersäfte und andere Restanten der hier arbeitenden Knaben zu vertreiben, obschon selbstredend nicht war zu erwarten, dass sie ihrem Erwerb bereits im Foyer des Lupanars nachgingen. Daher nahm Manius Minor daraufhin Platz und bedeutete auch Seius Ravilla, sich zu ihm zu gesellen, während wie gewöhnlich seine übliche Entourage stehen blieb.

    "Dies scheint ein recht exquisites Etablissement gewesen zu sein."

    , konstatierte er ohne einen bestimmten Adressaten und blickte weiter sich um. Er verfügte nicht über sonderlich große Erfahrung mit derartigen Örtlichkeiten, was weniger seiner Abscheu zur Nutzung derartiger Dienste als der Bequemlichkeit war geschuldet, sein Mütchen entweder an hauseigenen Sklavinnen zu kühlen oder sich professionelle Liebesdienerinnen direkt nach Hause zu bestellen. Bisweilen hatte er sie jedoch auch frequentiert, sodass er durchaus darum wusste, dass Lupanare nicht selten eher Löcher für die Befriedigung niederer Gelüste darstellten, die ohne sonderliche Lieblichkeit oder Aufwand waren gestaltet, während das verbliebene, kunstfertige Gemälde doch ließ vermuten, dass hier einiger Aufwand in die gestalterischen Details war gesteckt worden.

    Soweit der Flavius erkennen konnte, sandten die Unsterblichen, respektive Kybele, zumindest keine allzu offensichtlichen Bemerkungen hinsichtlich der Ablehnung eines Opfers, woraus er schloss, dass eine Litatio unausweichlich war, da er doch als Sohn eines Pontifex durchaus wusste, dass eine Obnuntatio bei einem öffentlichen Staatsopfer nahezu zu exkludieren war, sofern nicht ein augenscheinliches Prodigium sich just während der Opferhandlungen ereignete. In der Tat übernahm einer der Quindecimviri die Leberschau des geschlachteten Kalbes, während die Galli weiterhin Lieder intonierten und mit Zymbelspiel und Selbstkasteiung das Volk unterhielten.


    Eine Weile verfolgte auch Minor jene Darbietungen, die offiziell selbstredend uralte Riten zum Gefallen der Göttin darstellten, in ihrer Theatralik indessen den Argwohn nicht ließen verstummen, es handelten sich um übertriebene Praktiken zum Gefallen des Volkes, dessen Spenden man an diesen Tagen ja erhoffte, da es dem Flavius doch kaum wollte einleuchten, warum eine so altehrwürdige Göttin wie die Große Mutter, die bereits den göttlichen Aeneas selbst hatte bewahrt, Gefallen an derart skurriler Aufmachung und Selbsterniedrigung mochte finden. Während er darüber nachdachte, kam ihm zwar auch für den Hauch eines Augenschlages der Gedanke, dass eine similäre Selbstdarbringung womöglich ein Weg würde sein, vor den Unsterblichen seine Pflichtvergessenheit zu kompensieren, doch musste er letztlich doch konzedieren, dass eben das unrömische Gebahren im Kreise der Myrmidonen, welches am ehesten dem Lebenswandel der Galli mochte entsprechen, ja der Anfang vom Ende seines göttergefälligen Lebenswandels war gewesen und seine Mutter ja eben ihn hatte ermahnt, seines Standes sich als würdig zu erweisen. Die weibische Aufmachung, das Singen und Selbstkasteien der Galloi zumindest war keines aufrechten Quiriten, zu schweigen für einen römischen Patrizier würdig, weshalb jener Gedanke hinfort war gewischt, noch ehe die Schale mit der Leber des Tieres die Hand des Quindecimvir hatte berührt.


    Ein wenig beschämt ob jener Gedanken wandte der Aedil somit seinen Blick dem Publikum zu, welches partiell bereits in den Farben ihrer Factiones war erschienen, da sie ja bereits ihren favorisierten Göttern auf den Quadrigae hatten gehuldigt und nun wohl eher unwillig als pietätvoll den heiligen Riten beiwohnten, selbst wenn die Darbietungen der Galloi eine willkommene Abwechslung vom ewig-gleichen, starren Ritual des Ritus romanus mochte darstellen, der selbst einem pietätvollen Römer insonderheit zwischen Schlachtung und Litatio bisweilen ein Gähnen mochte entlocken.

    In der Tat konnte auch der flavische Opferherr sich eines solchen nicht erwehren, wobei es ihm entgegenkam, dass er inmitten der Arena stand und kaum einer der Zuschauer nahe genug ihm war, um jene Äußerung von Fatigue zu erkennen, als endlich das Zeichen folgte, dass das Opfer akzeptiert sei.


    "Litatio!"
    , verkündete der Praeco mit getragener Stimme und das Volk jubilierte. Die Kultgemeinde der Großen Mutter intonierte einen neuen Preisgesang ihrer Göttin und ließ erneut Zimbeln und Tympanon erschallen. Der Aedil hingegen wandte sich gemeinsam mit den Quindecimviri und seinen Assistenten nach rechts um und verließ die Rennbahn, während die Opfermetzger bereits die ersten Portionen des Kalbes präparierten, die dem Opferherrn, seinen Freunden und der Priesterschaft nun würden ausgeteilt werden.


    Damit war es offiziös: Die Megalesia hatten begonnen und das Kultbild mit dem Schwarzen Stein vom Berge Ida selbst wachte über ihren Verlauf!

    Der Aedilis machte einige, zögerliche Schritte in die Taberna hinein und schenkte dem augenscheinlich ein wenig überraschten Wirt ein höfliches Lächeln, garniert mit einer Replik auf seine Offerte:

    "Sehr gern."
    , womit er sich an dem dargebotenen Tisch platzierte und artig wartete, bis ihm ein Becher Weines offeriert wurde. Da es dem Gebrauch entsprach, dass in Präsenz eines römischen Magistraten einjeder Bürger aus Ehrerbietung gegenüber jenem Amte sich erhob und stehen blieb, sofern ihm nicht explizit ein Platz wurde angeboten, blieben auch die Angestellten und Knechte des Aedils bei seinem Tische stehen. Lediglich seinem Tiro fori, der ihn geleitete und die einzige Person von Stand in seiner heutigen Entourage darstellte, gewährte Manius Minor dieses Privileg. Einer der Apparitoren warf unterdessen dem Wirt einen misstrauischen Blick hinterher, als argwöhne er, der Hellene mache sich davon, um etwas zu vertuschen.


    Sodann betrat ein bartloser Sklave das Etablissement und begann sogleich, die Bewirtung der Gäste zu übernehmen und dabei sogleich ein überaus exotischer Getränk feilzubieten. Der Flavius blickte ein wenig bedauernd auf seinen Becher, der mit schnödem Wein war gefüllt und ihm verwehrte, sogleich die weinfreie, doch durchaus köstliche Süße versprechende Melange von der Theke zu ordern. Während er allerdings bedachte, wie er doch ohne die Etikette zu verletzen einen Schluck Rosenwasser mochte erhalten, stürzte ein Jüngling voran, der sich inmitten seiner Entourage in den Gastraum hatte gestohlen und nahm, den hohen Gast ignorierend, das gewöhnliche Leben in der Stube wieder auf.


    Während Minor indessen noch rätselte, was an jenem Jüngling mit wallendem Haar ihm vertraut erschien und an wen er ihn erinnerte, trat bereits einer der Apparitores vor und legte Atticus schwer die Hand auf die Schulter, zog ihn zu sich heran und erklärte mit kühler Stimme:

    "Solange der ehrenwerte Aedilis Curulis hier ist, wird nicht gewürfelt!"


    "Was für eine rustikale Runde in diesem Etablissement!"

    , kommentierte mit einem Schmunzeln der Aedil an seinen Tiro fori gewandt die Unbedarftheit, mit der just dessen Bruder hier die Etikette verletzte, während manch einer ebenfalls nicht zu wissen schien, ob und wie er auf seinen hohen Besuch sollte reagieren.