Beiträge von Manius Flavius Gracchus Minor

    Obschon beide Patrizier, so entstammten Manius Minor und der greise Menecrates doch divergenten Welten, insonderheit was die Religio Romana betraf. Da der Flavius indessen nicht recht kapabel war, diese Divergenz zu reflektieren, ging er über die ein wenig bedächtige Miene des Alten hinweg und wandte sogleich sich den praktischen Fragen zu:

    "Nun, ich würde ebenfalls einen Auguren konsultieren, da dies zweifelsohne kein alltäglicher Fall ist. Indessen erscheint es mir nicht abwegig, hiesig von einem militärischen Casus auszugehen, in jedem Falle jedoch das Auguraculum auf dem Capitolium als Ort zu wählen."

    Als Menecrates noch die Partizipation seiner Männer zur Sprache brachte, lächelte der Aedil neuerlich.

    "Selbstredend bist du mit deinen Männern höchst willkommen, obschon ich empfehlen würde, für diesen Termin nicht offen bewaffnet zu erscheinen, da doch das Auguraculum eben innerhalb des Pomerium liegt."
    Zweifelsohne würde die Einladung zügig ergehen, sodass in jener Frage baldig bereits Clarität würde eintreten.


    Dass auch der Claudius hinsichtlich der bisweilen zäh mahlenden Mühlen des Senates ein wenig fatiguiert sich präsentierte, rang dem jüngeren Senator ebenfalls ein leicht amüsiertes Lächeln ab.

    "Nun, dann ersparen wir wohl am besten wirklich all jenen Gremien eine neuerliche Debatte. Und das Votum der Pontifices wird ohnehin die Meinung des Senates wie des Princeps vorwegnehmen, möchte ich meinen."
    Immerhin waren die meisten Collegae des obersten Collegium selbst Senatoren und auch der Kaiser hatte seine Repräsentanten darin.

    Quod non licet a Iove non licet bovi | Auspicia zur Statio Urbana


    An einem sonnigen Morgen erschien der Aedilis curulis Manius Flavius Gracchus Minor wieder einmal auf dem Auguraculum. Nicht häufig war es in seiner bisherigen Amtszeit vonnöten gewesen, die Auspicia einzuholen, um Amtshandlungen zu legitimieren, doch zweifelsohne kamen keine von ihnen an Bedeutung jenen gleich, welche er an diesem Tage einzuholen gedachte. Dies zeigte bereits die Entourage an, mit welcher er den Hügel des Capitolium erklomm, denn neben ihm stieg auch der Praefectus Urbi gemeinsam mit einer Schar an Milites hinauf zu jener bescheidenen Hütte, von der aus seit Alters her die Auguren ihres Amtes walteten.

    Rudimentär waren die Kenntnisse des jüngeren Flavius in Fragen des Marktrechtes wohl zu titulieren, denn obschon er derzeitig tagtäglich mit ihnen war konfrontiert, so empfand er doch die Details als überaus disturbierend und er war überaus dankbar, in seinem Consilium eine Schar überaus kompetenter Juristen um sich zu haben, welche ihm rieten, wie die vorgebrachten Streitfälle zu entscheiden waren.

    "Nun, ich wäre dir überaus dankbar, wenn du mir bei diesem Edikt ein wenig assistieren würdest, da du bereits intensiv dich mit der Materie befasst hast. Gemeinsam werden wir zweifelsohne eine Stütze für das Marktrecht der Urbs entwickeln!"

    Faktisch würde Manius Minor dazu wohl nicht viel mehr als einige salbungsvolle Worte zur Einführung beitragen, doch war dies der Lauf der Welt: Die Experten ersonnen in mühevoller Kleinarbeit Inhalte, die Politik offerierte sie der Menge!

    Einst waren die Iunii eine potente Gens gewesen, der Heroen der Historie wie die Iunii Bruti waren entsprungen. Dieser Tage indessen machte jene Gens kaum mehr von sich reden und da der Sohn ein gemeiner Miles war, hielt der Flavius dafür, dass auch jener Iunius Priscus mitnichten eine Persönlichkeit repräsentierte, die er kennen oder gar memorieren mochte, weshalb der Name direkt verhallte. Lieber wandte er sich daher den Informationen zu den Seii zu, welche zweifelsohne auch das Bild über den einen der beiden Milites ergänzte:

    "Halbschwester? Deine familiären Relationen erscheinen mir recht komplex!"

    Er lächelte amüsiert und blickte in die Runde, obschon selbstredend die meisten jener, die ihre Stammbäume pflegten, recht schnell auf ein kaum zu überblickendes Durcheinander von Vettern und Angeheirateten kamen, das zu durchblicken dennoch gerade in der Nobilität von größter Bedeutung war.


    Der Höflichkeit halber ergänzte er sodann an die Adresse des Miles:

    "Gefällt dir der Dienst bei den Cohortes Urbanae?"

    Der Valerius, dessen umfassende Vorarbeit nun die Kritik des Magistraten traf, wirkte ein wenig derangiert, sodass eine kurze Pause des Schweigens erfolgte, die Manius Minor nutzte, noch ein wenig weiter über die Ideen und Intentionen des Juristen zu spintisieren. Endlich ergriff sodann erneut er das Wort, um einen weiteren Gedanken, welcher unfiltriert und lediglich unvollkommen durchdacht war, zu formulieren:

    "Eine weitere Option wäre indessen, zunächst mit einem Edictum Aedilis Curulis zu beginnen, das zu erlassen mir in meiner amtlichen Vollmacht ohnehin zusteht. Da das bestehende Recht mir sowohl die Aufsicht über die Märkte als auch das Iud Edicendi in meinem Amtsbereich zubilligt, könnte ich dadurch immediat die Leistungsfähigkeit des Systemes unter Beweis stellen, was den Senat womöglich noch leichter würde überzeugen."

    Dies war eine schlankere Variante als das Risiko einer erschöpfenden Senatsdebatte, wie er sich in seinem jungen Senatorenleben schon so häufig hatte erleben müssen.

    Augenscheinlich hatte Manius Minor, der gleichsam mit der Muttermilch (oder eher dessen paternalen Pendant) die komplexen Relationen und Zuständigkeiten innerhalb des Cultus Deorum hatte aufgesogen, den Claudius mehr disturbiert, als ihm Clarität zu verschaffen. Ein wenig amüsiert ob des Umstandes, dass der Jüngere dem Älteren hier voraus war (was indessen keine Schande repräsentierte, da dieser Tage ja viele Ämter des Cursus Honorum ebenfalls eher administrativer als gestaltender Natur waren, sodass lediglich höchst selten es gefordert schien, über formelle Auspicia hinaus den Rat der Götter zu holen, während Manius Maior dies ja als sein täglich Brot behandelte), lächelte der Flavius freundlich und versuchte nochmals sich in einem unumwundenen Ratschlag:

    "Das Einholen von Auspicia steht, wie du weißt, jedem Magistraten offen, was ich bereits vor einem Votum des Pontifices auf mich nehmen würde. Fällt dies positiv aus, so wäre im nächsten Schritt zu fragen, welche Restriktionen sich additiv ergeben, eben ob eine Prozession, ein besonderes Opfer, eine regelmäßige Entsühnung oder dergleichen vonnöten ist, um die Götter nicht doch noch zu provozieren."

    Der Aedil legte die Stirne in Falten.

    "Indessen fehlt mir die Kenntnis, ob weitere Maßnahmen für einen derartigen Eingriff in das Pomerium vonnöten sind, insonderheit womöglich durch das Einholen des Plazet des Princeps als Censor oder des Senates. Sofern dies nicht bereits bei deinem ersten Anlauf geschah, selbstredend."

    In der Praxis widersprachen weder Pontifices, noch Senat jemals dem erklärten Willen des Kaisers, weshalb dieser final Dreh- und Angelpunkt jeder Initiative war, die größere Eingriffe in das Gefüge der Res Publica wie der Urbs selbst bedeutete. Mochte Menecrates bereits bangen, so war Manius Minor recht zuversichtlich, dass seine Ideen Gehör würden finden, sofern die Unsterblichen tatsächlich dem nichts entgegensetzten.

    Selbstredend hatte der Aedil, respektive sein Officium, nicht schlicht sich aufgemacht, um an Ort und Stille einen beliebigen Bauarbeiter zu kontaktieren, sondern seinem Amte entsprechend hatte Manius Minor dafür Sorge getragen, dass Titus Maecilius Noctua, Inhaber eines florierenden Straßenbauunternehmens, welches dank hinreichender Zuwendungen an den Curator Viarum beständig im staatlichen Auftrag diverse Straßen instand hielt, höchstpersönlich zu diesem Termin erschien.


    "Salve, Manius Flavius Gracchus Minor! Es ist eine seltene Ehre, dass ein Aedil sich um Straßen außerhalb Roms sorgt!"

    , begrüßte Noctua den Flavius, als dieser vor einem großen Baldachin, welches direkt neben der ersten Baustelle an der Via Salaria war aufgerichtet worden. Augenscheinlich hatte er einige Vorbereitungen getroffen, um den Magistraten standesgemäß zu empfangen, denn sogleich erblickte dieser zwei bequeme Stühle im Schatten des bunt bestickten Stoffes und einige Diener, welche augenscheinlich Erfrischungen parat hielten.

    "Ave, Maecilius! Es ist gewissermaßen eine Gefälligkeit für den Praefectus Urbi, welche mich hierher führt: Er bat mich, den Zustand der Baustellen in diesem Abschnitt zu inspizieren und in Erfahrung zu bringen, wann die gänzliche Einsatzbereitschaft wieder hergestellt werden kann."
    , spielte Manius Minor mit offenen Karten, während der Unternehmer mit einem stummen Gestus ihn unter das Baldachin wies, wo er, seinen Reisemantel ein wenig lupfend (für eine Toga war jene Exkursion vor die Tore Roms bei sommerlicher Temperiertheit gänzlich inadäquat) sich sogleich platzierte.

    "Ich hörte es bereits - ist Claudius Menecrates mit der Arbeit des Curator nicht zufrieden?"

    "Keineswegs, ihm gebrach es schlicht der Zeit, diese Angelegenheit selbst auf sich zu nehmen und ich hielt bereits Rücksprache mit dem Curator, dass ich gern ihm diese Arbeit abnehme. Wie ich hörte, weilt er ohnehin derzeit im Süden, um Reparaturen an der Via Appia zu inspizieren. Da ist dieser stadtnahe Einsatz doch für mein Amt naheliegender."

    "Nun, die Fingerzeige der Götter sind diffizil, doch bisweilen auch überaus vehement: Nicht selten ist doch ein Prodigium mit erheblichem Schaden verbunden!"

    Dies musste keineswegs implizieren, dass die Motive und Intentionen der Missetäter sich mit jenen der Götter deckten, wobei Manius Minor ohnehin zweifelte, ob es nicht müßig war, über selbige zu spekulieren. Erweckte der Glaube des Claudius bisweilen einen oft eher rustikal-simplen Charakter, so hatte der jüngere Flavius bereits höchst deutlich erlebt, welche Schläge die Götter jenen versetzten, welche die Pax deorum störten: seiner Schwester hatten sie den Lebensfaden durchtrennt, hatten ihn zur Geisel des Morpheus werden lassen und in unsäglichen Schmerz gestürzt.


    Jene theologischen Erörterungen verließen sie aber rasch wieder, um aufs Neue ihr Band enger zu schnüren, was Minor selbstredend mit Freuden registrierte:

    "Höchst gern, Menecrates! So nenne auch mich fortan Gracchus!"

    Obschon der jüngere Flavius diesen Cognomen mit dem älteren teilte, so erschien es ihm doch unadäquat, sich schlicht als 'Minor' zu titulieren, da dieser Zusatz einerseits zahllosen Nachgeborenen zueigen war, andererseits ihn an den Kosenamen seines Vaters 'Minimus' erinnerte, was bereits als Jüngling ihm als despektierlich war erschienen, sodass seither lediglich dann er ihn verwandte, wenn er zur Differenzierung von seinem Vater erforderlich erschien.


    Sogleich wandten sie sich jedoch wieder den manifesten kultischen Fragen zu, wegen derer Menecrates um Rat fragte:

    "Mir erscheint es zunächst erforderlich, jene Experten zu konsultieren, die über Maß und Art der Akte am trefflichsten bescheiden können, sofern das grundständige Placet der Unsterblichen via Auspicia eingeholt ist. In diesem Falle erscheinen mir dabei die Pontifices die korrekte Adresse, da dein Ansinnen mit dem Pomerium doch eine uralte Institution betrifft, zu der weniger die Sibyllinischen Bücher Auskunft werden können."

    Neben dem Vollzug einzelner Opfer war ja eben jene Gutachtertätigkeit ein Kern der Arbeit sämtlicher Priestercollegia, die je nach Gestalt für verschiedene Fragen seitens des Senates oder einzelner Magistraten wurden herangezogen.

    "Ich würde dir hiesig empfehlen, eine formelle Anfrage mit sämtlichen Daten zur geplanten Station, ihrem Standort sowie einem detaillierten Bericht über das Schicksal des ersten Anlaufes zu verfassen, sodass das Collegium sämtliche Daten beisammen hat und darauf einen Bescheid kann erteilen."

    Sim-Off:

    Meinem geschätzten Vater gebricht es meines Wissens augenblicklich ein wenig der Zeit für das IR, sodass eine unausgesimmte, schlicht per Brief zu beantwortende Anfrage womöglich die schnellsten Resultate wird liefern ;)

    Ein kritischer Geist mochte die Replik des Aedituus als Unverfrorenheit erachten, da doch einem Magistraten des Cursus Honorum kaum etwas mochte in den Sinn kommen, was die Bedeutung seiner höchstpersönlichen Visite übertraf, doch der Flavius verfügte über hinreichend Gravitas und Dignitas, um über derartige Unzulänglichkeiten hinwegzusehen, sodass schlicht er über die Desorganisation des jungen Mannes lächelte und nickte.

    "Mein Kollege Lucretius Carus ist heute nicht mit mir."
    , bemerkte er noch, da doch keine Kollegen, sondern Bedienstete ihm folgten, während der Amtskollege auf dem Posten des Aedilis plebis sich anderen Sujets widmete.

    "Doch werden mein Architectus und ich dir gerne folgen!"

    Der Aspekt, welchen Lucilius nun erwähnte, hatte Manius Minor in der Tat nicht bedacht, sodass bedächtig er seine Stirne in feine Runzeln legte, während er ihn kurz erörterte. Selbstredend bestand ein vitales Interesse der Res publica, Sitten und Anstand auch auf den Bühnen der Urbs zu wahren und auch seine eigene Biographie erschien ihm geradehin als Lehre, dass gefährliche Lehren und unsittliche Poesie, wie gerade die dionysischen Dichtungen in Alexandreia ihm waren gewesen, den Menschen zum Schlechten beeinflussten. Indessen erschien es ebenso ihm unsinnig, juristische oder moralisch-kasuistische Maßstäbe an die großen Mären des Theaters anzulegen, da doch bereits die Gründungssage dieser Stadt bereits Rechtsbrüche implizierte, welche wohl kaum als Basis eines friedlichen Zusammenlebens im Volke mochten dienen.

    "Die Historie beschreibt die singulären Geschichten, die Literatur hingegen die beständig und allgemein wahren!"
    , eröffnete endlich er das Resultat seiner Gedanken:

    "Selbstredend gilt es, Sittlichkeit und Mores maiorum zu achten, doch steckt zweifelsohne ein Hauch jenes Urzustandes in uns allen und sofern die Dichtung dies in Maßen thematisiert, erscheint mir dies nicht abwegig. Immerhin ist ja auch Mercurius der Gott der Diebe und dennoch ehren wir ihn, wir bringen Pluto, Magna Mater und anderen Gottheiten trotz manch finstrer Aspekte Opfer und ist nicht auch der Schelm ein populärer Charakter auf unseren Bühnen? Insofern würde ich dafürhalten, es dependiert vom Einzelfalle-"
    Einen wissenden Blick sandte der Aedil bei diesem Worte in Richtung seines Consilium, wo tagtäglich jene Einschätzung ihm entgegenschallte, wann immer er einen juristischen Rat einzuholen sich mühte.

    "-doch werde ich gern mir ein Bild machen! Was bin ich dir schuldig für beide Werke?"

    Sogleich griff Patrokolos, sein Leibsklave, nach dem Geldbeutel seines Herrn, da doch der Flavius niemals sich mit den Niederungen des Handels selbst befasste und für gewöhnlich nicht einmal Notiz davon nahm, welchen Preis er für diese oder jene Annehmlichkeit zahlte.


    Unterdessen hatte der Accensus seine stichprobenartige Kontrolle zu einem Ende gebracht und da er fragend zu seinem Magistraten blickte und diesem nickte, erwiderte der Aedil dieses als Zeichen, dass es keiner eingehenderen Überprüfung bedurfte.

    "Soweit ich es sehe, bestehen keinerlei Beanstandungen, Lucilius, meine Gratulation!"

    Ein joviales Lächeln verband sich mit diesen Worten.

    "Ich wünschte, jeder Betrieb Romas wäre von derartiger Vorbildlichkeit und würde von derart belesenen Besitzern geführt werden!"

    "Die Taberna ist als Altersvorsorge gedacht oder für den Fall, dass einer von uns mal dienstunfähig wird."


    Wem genau das Ding gehörte - ob Lurco oder ihm - hatten sie nicht geklärt, wobei nach Scatos Dafürhalten eher Lurco der Eigentümer war, dem ja auch das Haus gehörte. Scato selbst hatte im leeren Raum nebenan eine Taberna Medica eröffnen wollen, jedoch einsehen müssen, dass ihm die Zeit selbst für eine sporadische Soldaufbesserung auf diesem Wege einfach fehlte. Anders sah das bei der Taberna aus, wo seine Anwesenheit nicht erforderlich war.


    "Die Sklaven kümmern sich hier um alles, sie sind sehr tüchtig. Wenn der Lallende Löwe zu kontrollieren wäre, dann müsste das ein Kamerad erledigen, um die Neutralität zu gewährleisten."

    Sim-Off:

    Verzeihung, hier entging mir etwas :) Und eine Frage: Werden meine Schergen in der Vorratskammer etwas Verdächtiges entdecken?

    Selbstredend wollte der Aedil einem Kriegsmanne nicht seine Altersvorsorge strittig machen, vielmehr schätzte er es, wenn auch Männer des gemeinen Volkes (obschon so gemein er augenscheinlich nicht war, wenn er familiale Relationen zu den Priesterfürsten Cappadocias hegte) jene Weitsicht besaßen, für die Zukunft zu sorgen und auch jener Tage zu gedenken, in deen sie nicht mehr rank und rüstig würden sein. Indessen war jener Interessenkonflikt dennoch nicht zu negieren:

    "Manus manum lavat."


    , kommentierte er daher ein wenig schnippisch und beschied, dass an diesem Orte durchaus eine besondere Sorgfalt ihm oblag, da er konträr zu den Cohortes Urbanae des Praefectus Urbi wohl einen unabhängigeren Blick auf das Etablissement würde haben.

    "Indessen scheint mir, dass ein Anverwandter meines geschätzten Tiro fori kaum Übles wird im Schilde führen!"

    Die bemerkte Binsenweiseheit galt selbstredend auch in diesem Falle, sodass Verdacht und Milde sich wohl würden die Waage halten.

    ...

    Kaum gelang es dem Flavius jedoch ohnehin, das Augenmerk auf jene ursprüngliche Intention seines Besuches zu wahren, denn jener Charislaus überschlug förmlich sich mit der Präsentation lukullischer Pretiosen, sodass geradehin er jenen seiner Erben glich, die Jahrtausende später in theatralischen Darbietungen Rezepte vorkochten, wobei sie jene Dinge, welche sie beschrieben, sogleich in präparierter Form präsentierten, sodass letztlich eine kondensierte Darstellung sich ergab, die dem geneigten Laien bisweilen Schweißperlen auf die Stirne trieb. Dennoch genoss er das furiose Feuerwerk an Köstlichkeiten und verkostete selbstredend die Wirkung des Würzhonigs sowohl auf den Globi als auch im Rosenwasser, wobei seinem erlesenen Gaumen jener Geschmack zumindest vertraut erschien.


    Die kurze Unterredung der Brüder amüsierte ihn hingegen aufs Neue, da doch sie offenbarte, dass weder Ravilla, noch Atticus augenscheinlich wechselseitig bereits waren informiert gewesen, in welchem Status sich der jeweilig andere hier in Roma befand, hätten sie doch sonst zweifelsohne nicht jenes Zufalles einer ädilizischen Kontrolle bedurft, um erstmalig ihrer ansichtig zu werden.

    "Nun, eine solitäre Reise über das Mare nostrum? Zweifelsohne ein Abenteuer, nicht wahr, Seius Atticus?"

    , hakte er in die Bemerkung ein, die Frage des Grundes nach seinem Besuch in der Urbs aussparend, da doch Ravilla recht unmissverständlich hatte formuliert, dass er dies unter vier Augen zu erörtern wünschte, während die Passage über das Meer ein treffliches Sujet für unverfängliche Konversation darstellte, nachdem sämtliche Beteiligte eine solche bereits hatten verlebt und sie für die meisten Landbewohner eine grässliche Strapaze repräsentierte, zu der leichtlich einige Worte waren zu finden.

    Selbstredend schmeichelte der Applaus des Buchhändlers dem Aedil, obschon er wusste, dass dies eben nichts als Schmeichelei mochte sein, sodass zufrieden er über das Lob derartiger Qualität lächelte. Der Moment verflog allerdings rasch, als Posca sein neuestes Werk offerierte, welches selbstredend sogleich verfing:

    "Nun, das Volk liebt doch das Blutvergießen. Sofern es nicht selbst dessen Opfer wird selbstredend."
    , erwiderte der Flavius und lächelte vorsichtig ob seines limitiert geistreichen Scherzes.

    "Strigae, Lamiae, Empusae, Mormolycien: Die Liste der Blutsauger, die auch immer wieder in Epik und Lyrik erscheinen, ist doch lang! Und wenn es sich auch noch mit unsterblicher Liebe und großen Emotionen verbindet, hat es zweifelsohne alles, was für einen Bühnenerfolg vonnöten ist!"
    Mehrfach gleich hatte der Buchhändler die Suche nach einem Mäzen expliziert, was Manius Minor selbstredend als mehr oder minder explizite Bitte hatte verstanden, welcher er gerne nachkam:

    "Du kannst ihn gerne an meine Tür verweisen, ich bin gewillt, ihn kennenzulernen. Und zur Präparation würde ich gleich eines oder zwei seiner Werke erwerben!"
    Die Salutatio der Familia Flavia Graccha war eine nicht unbekannte Adresse für Kunstfertige aller Art, da nicht allein die Bauten der flavischen Imperatoren, sondern auch ihre private Freude an geistreichen Poeten und Autoren bekannt war, was zwar nicht bedeutete, dass jeder arme Dichter hier sein Brot mochte verdienen, doch immerhin eine reelle Chance bot, als schmückendes Beiwerk eines gnädigen Patrons seinen Unterhalt zu verdienen.

    Während der Aedil mit den Knaben Konversation betrieb, hatte der Accensus die Bücher genauer unter die Lupe genommen.

    "Wo finde ich die Aufzählung der einzelnen Mitarbeiter und ihrer Anstellungszeiten?"
    , richtete er sein Wort an Kyriakos, der ja noch bei ihm weilte.

    "Und bis wohin reichen deine Nachweise über die gezahlten Steuern?"
    Der Unterton der Worte war kritisch, was womöglich darauf hindeutete, dass der beflissene Beamte eine Irregularität hatte entdeckt.

    "Nun, nicht selten verwirren die Götter die Sinne einzelner Menschen und gebrauchen sie als ihr Werkzeug."

    , gab Manius Minor zu bedenken, da ihm doch eine Kausalität zwischen der Störung der göttlichen Rechte und dem Scheitern der Errichtung jenes Statio innerhalb des Pomerium nicht gänzlich abwegig erschien, da er doch bestens darum wusste, welchen Mummenschanz die öffentlichen Opfer bisweilen repräsentierten, deren Nichtannahme manch ein Haruspex oder Pontifex nicht zu publizieren wagte, um die Unruhe im Volke nicht zu schüren oder gar den Zorn des Princeps auf sich zu ziehen.

    "Womöglich hatte der zuständige Pontifex sich geirrt. Die Leberschau ist eine höchst diffizile Angelegenheiten und die Fingerzeige der Götter bisweilen dezent."

    Auch dies wusste der Flavius von seinem Vater.

    "Indessen wären es nicht die ersten Bewaffneten innerhalb der heiligen Grenzen Roms. Möglicherweise wäre das Geloben einer gesonderten, beispielsweise alljährlichen Entsühnung der dortig Stationierten eine Möglichkeit, die Gnade der Götter zu erlangen. In jedem Falle würde ich - nach Möglichkeit nicht coram publico - neuerlich den Willen der Götter erfragen. Hierfür könnte die Einholung von Auspicia ein geeigneter Weg sein."

    Die Wege der Götterbefragung waren vielfältig und reichten von den heute recht modischen divinatorischen Methoden wie der Leberschau bis zu jenen uralten, ehrwürdigen Praktiken wie den Auspizien, die den Legenden zufolge bereits Servius Tullius bei der Begrenzung des Pomerium hatte eingeholt, sodass sie nun auch dem Flavius als analoge Vorgehensweise adäquat erschienen. Bis heute galten sie als Privileg der oberen Magistrate Roms und auch wenn sie ein wenig aus der Mode waren gekommen, so oblagen sie noch heute similär den Consuln, Praetoren sowie in beschränkter Form auch den curulischen Aedilen und Quaestoren für ihre Amtsbereiche.

    Einen Augenschlag sann er nach, ob die Tragweite jener Frage nicht eher die höchsten Magistrate betraf, um dann jedoch einen naheliegenderen und damit praktischeren Weg zu offerieren, da jenes Sujet doch seine Amtsobliegenheiten recht immediat betraf:

    "Ich könnte dies übernehmen, so du es wünscht. Vielleicht ließe sich hier eine Lösung finden, die ein wenig praktikabler wäre als die Relegatio ad insulam für jeden innerhalb Roms, der in Verdacht steht ein Halsabschneider zu sein."

    Ein amüsiertes Lächeln geleitete jenen letzten Satz, da er dafürhielt, dass die von Claudius benannte Alternative auch von ihm als Scherz war gemeint gewesen.

    "Wie ich schon sagte, kann ich auch wegen der Weihe meinen Vater konsultieren."

    Dass militärische Einrichtungen formell geweiht wurden, war Minor nicht geläufig (derartiges hatte er auch niemals erlebt), doch erschien es ihm gerade ob der Pomerium-Frage nicht unklug, zumal ja auch jedes Castellum ein eigenes Sacellum besaß, das den Genien der Einheit geweiht war.

    Anders als der erste, augenscheinlich fehlgeleitete Blick des Aedituus ihm vorgaukelte, erschien der rundliche Herr mit Toga praetexta als Ausweis seiner magistratischen Würden keineswegs allein mit jenem Architekten, sondern geleitet von einer ganzen Schar an Schreibern, Boten und Sklaven, welche ihm seine Sella curulis sowie alles weitere, was ein Mann seines Amtes bedurfte, beitrugen. Der wichtigste unter ihnen war jedoch zweifelsohne sein Leibsklave Patrokolos, welcher ihm nicht nur sein wichtigster Sekretär, sondern auch sein erweitertes Augenlicht war, da er doch an einer Fehlsicht laborierte, welche ihm lediglich auf die Distanz das scharfe Sehen gestattete. Ihm war es auch zu verdanken, dass er auf ein Zeichen hin eine leichte Unebenheit auf dem Pflaster vor dem Tempel überstieg und so zielstrebig auf den jungen Hüter jenes Heiligtums zugehen konnte.


    "Ist ihm nicht die Ankündigung meiner Inspektion zugegangen?"

    , fragte der Aedil ein wenig derangiert ob der Salutation und blickte, anstatt das Gespräch mit dem Quintilius zu suchen, fragend zu seinem Accensus, der seinen Stab leitete und sogleich beflissen antwortete:

    "Das Schreiben wurde ordnungsgemäß zugestellt."
    Dann wandte sich der Beamte dem Aedituus zu und erklärte:

    "Der ehrenwerte Aedilis curulis Manius Flavius Gracchus Minor ist zur Inspektion hier. Der Besuch wurde dir angekündigt. Es geht um die Inspektion der Bausubstanz des Tempels."

    Tempestates templas deminuunt | Eine Inspektion des Fortuna-Tempels


    Ernst nahm Manius Flavius Gracchus Minor seine ädilizischen Obliegenheiten und ob seiner Furcht, den Ansprüchen der Götter nicht zu genügen und deren ewige Strafe auf sich zu ziehen, schenkte er jenen Pflichten, die mit dem Cultus Deorum verquickt waren, besondere Aufmerksamkeit. Selbstredend vermochte er nicht sämtliche Tempel in persona zu kontrollieren, doch einigen von ihnen stattete er doch selbst eine Visite ab, um sich vom baulichen Zustand jener Häuser der Unsterblichen zu überzeugen. Der Tempel der Fors Fortuna in den Horti Luculliani zählte auch zu ihnen, was indessen weniger der Sorge um jenen relativ jungen Bau als dem Vorwitz war geschuldet, da Manius Minor jenes Heiligtum bisherig niemals selbst hatte aufgesucht.


    Gemeinsam mit einem Architekten sowie seinen gewöhnlich ihn geleitenden Apparitoren erschien er somit zu einem angekündigten Termin vor dem kleinen, doch durchaus nicht unansehnlichen Tempel und sah, wo der zuständige Aedituus ihn erwartete.

    Anerkennend registrierte der Aedil die umfassende Weite des offerierten Angebots sowie den Umstand, dass augenscheinlich der Inhaber dieses Betriebes jedes jener Werke selbst gelesen hatte und freigiebig daraus zu zitieren oder paraphrasieren wusste. Dass auch jenes Stück sein Interesse gewonnen hatte, welches durch das Mäzenatentum des Flavius in die Theater war gekommen, erfreute diesen selbstredend besonders.

    "Nun, der gute Meccius hat in der Tat einen trefflichen Erfolg gelandet und es freut mich überaus, dass ich mich dazu entscheiden konnte, das Werk ins Programm zu nehmen. Tatsächlich kannte ich seinen Inhalt vor den Megalesia selbst nicht, aber ich war höchstzufrieden!"
    Dass die Kopier-Arbeit nicht inmitten der Mercati Traiani, welche immerhin zu den teuersten Verkaufsräumlichkeiten der Urbs zählten, wurden erledigt, sah der Aedil ein. Tatsächlich hatte er bisherig wenig Notiz vom "Innenleben" jener ihm so geliebten Branche gewonnen, sodass selbstredend auch die Namen der Kopisten ihm nicht geläufig waren.


    "Nun, wollen wir eine Probe wagen!"

    , erwiderte er dennoch vergnügt und reichte die dargebotene Rolle des Miles gloriosus an seinen Patrokolos weiter, um dem Lucilius nun seinerseits eine Probe seiner Werkkenntnis zu geben:

    "Vierter Akt, siebente Szene!"

    Beflissen öffnete Patrokolos die Rolle und bedurfte einiger Zeit, ehe er die Titel identifiziert und das Werk vorangerollt hatte, bis die gewünschte Stelle bereit lag, um sie vorzulesen:

    "Wüßt' ich es nicht, daß Mancher schon manch Schelmenstück

    Der Liebe wegen aufgeführt, ich scheute mich

    Noch mehr, in dieser fremden Tracht umherzugeh'n.


    Doch weil ich weiß, daß Manche manches Böse schon

    Der Liebe wegen thaten, manch Unehrbares; –

    (Ich schweige, wie sein Volk Achill geopfert hat"

    "Der Liebe wegen thaten, manch Unehrbares - das genügt!"
    , vollendete mit einem zufriedenen Lächeln der Aedil selbst den Text, welchen er über viele Stellen hinweg auswendig kannte und deren Korrektheit er somit zu bestätigen vermochte.

    "Mein lieber Lucilius, die Qualität deiner Ware überzeugt mich so sehr, dass ich beinahe geneigt wäre, sogleich eines deiner Werke käuflich zu erwerben. Gibt es denn etwas neues in der Theaterwelt?"

    Mit einem nicht unbescheidenen Unterton fügte er hinzu:

    "Abseits dessen selbstredend, was mir von meinen eigenen Spielen bereits bekannt ist?"

    Auch jene Freundlichkeiten erfreuten den jüngeren Flavius und evozierten ein genierliches Lächeln auf den feisten Lippen, zumal er doch selten in seinem bisherigen Leben Lorbeeren für seine Fachexpertise hatte erhalten. Der letzte Satz hingegen mochte dem (selbst-)kritischen Hörer als Relativierung der Lobpreisungen erscheinen, was indessen seinem Selbstbild auch weitaus besser entsprach als eine allzu hohe Meinung seiner selbst.


    Damit wendete sich das Gespräch Sujets zu, die Manius Maior zweifelsohne weitaus kompetenter hätte erörtern können, doch da Minor seinen Vater kannte und von ihm en passant nicht wenig über den Cultus Deorum und seine Vorgehensweise hatte erfahren, vermochte er einzuschätzen, dass die Wünsche des Claudius durchaus nicht auf taube Ohren würden stoßen.

    "Nun, mir ist nicht im Detail bekannt, wo die Statio stand, respektive stehen soll, doch gerade innerhalb des Pomerium sollte peinlich beachtet werden, die Götter nicht durch die Errichtung eines Lagers für Soldaten zu erzürnen."
    Dass der Praefectus Urbi indessen mit der Statio in der Subura die allgemeine Herakles-Aufgabe fokussierte, jenem Quartier der Elenden Ordnung aufzuoktroyieren, stieß bei dem Aedil auf eine Mischung aus Respekt und Ratlosigkeit, da ihm doch die Phantasie fehlte, wie jenes Konglomerat aus Ausländern, Halsabschneidern und lichtscheuem Gesinde nachhaltig der ordnenden Hand des römischen Staates zu unterwerfen wäre.

    "Nun, ich meide zwar wo ich kann den Aufenthalt dort wie alle Täler Roms, doch möchte ich dafürhalten, dass jene Aufgabe dich recht lange okkupieren könnte, da es mir doch als eine Sisyphos-Arbeit erscheint, einen Sack voll an Bienen zu dressieren. Mehr Präsenz des Staates mag ein guter erster Schritt sein, doch Ordnung in das Chaos zu transferieren, bedarf zweifelsohne weitaus mehr als einer Schar von Milites."
    Zu dieser Einsicht zumindest war der Flavius während seines Tribunates in Germania Superior gelangt, wo er (amüsanterweise am Ende des Imperiums, wo eine similäre Situation auch im Herzen der Urbs vorlag) zu dem Schlusse war gelangt, dass das Imperium sich glücklich schätzen konnte, wenn seine zahllosen Untertanen in allen Provinzen zumindest leidlich ihre Steuern abtraten und im Übrigen nach ihren eigenen Gesetzen lebten, da doch auch die Präsenz der Legionen an den Grenzen nicht hinreichte, die Bevölkerung an jenen Orten alleinig den römischen Gesetzen zu verschreiben.

    "Ich weiß nicht, ob ich dir bei dieser Initiative von Nutzen sein kann, doch wenn du eine Idee verfolgen willst, stehe ich dir gern zur Seite."

    Ein gewisses Unwohlsein verband sich mit jener freimütigen Offerte, da Minor nicht alleinig aus Furcht vor Übergriffen die Gefilde der Plebs mied, sondern in demselben Maße, weil er die Gesellschaft unkultivierter Primitiver nicht sonderlich schätzte, sodass bereits dieses Amt, bei dem bisweilen nicht allein gelehrte Advokaten, sondern auch simple Krämer vor seinem Richterstuhl erschienen, ihm als gewisse Last bedeutete, selbst wenn er nicht in jene niederen Sphären abtauchte, in der er ausnahmslos furchterregende Ausländer, fanatische Kultisten und gewissenlose Banditen wähnte, die sonst aus freien Stücken nie vor den Gerichten des Staates erschienen.

    Während dem Leiter des Etablissements es in der Tat gelungen war, sich unkontrolliert in die Speisekammer zu stehlen und dort die Restanten seiner illegalen Aktivitäten zu verbergen suchte, der Inhaber jedoch vor dem Tisch des Aedil stand und beinahe bereits vergessen war, hatte dieser wiederum beinahe vergessen, was die Intention jenes Kontrollganges war, so sehr vereinnahmten ihn die Köstlichkeiten des Charislaus und die Überraschungen, welche die Visite in der Taberna bot.

    "Nimm doch Platz, Marcus Seius Atticus!"

    , offerierte der Flavius dem Jüngling einen Platz an seinem Tisch, dessen schamhaftes Lächeln registrierend, doch die Similitäten zu seinem Bruder nicht erkennend. Selbstredend erschien es ihm als gnadenhafte Ehrgewährung, dass Atticus an seinem Tische sich platzieren durfte, während er Iunius Scato dieses Privileg nicht wollte gewähren, da doch das gemeinsame Dinnieren mit einem gemeinen Miles dem Aedil nicht sonderlich adäquat erschien, zumal dieser, wie er nun sich entsann, ja eigentlich ein zu kontrollierender Inhaber einer Taverne war. Daher wandte er nun sich zwischen zwei Globi an Scato:

    "Iunius, du betreibst neben deinem Dienst noch dieses Etablissement? Ist es nicht ein gewisser Konflikt der Obliegenheiten, einerseits die Wirte zu kontrollieren, andererseits selbst einer von ihnen zu sein?"

    Die Frage war in freundlichem Plauderton gestellt, implizierte jedoch ein ernstliches Bedenken des Magistraten, da doch das Gesetz des Marktes eine gewisse Gleichbehandlung aller Caupones durch die Behörden verlangte und es nahe lag, dass in diesem Falle der Gärtner gleichsam zugleich als Bock fungierte, was die Gefahr einer Bevorzugung dieses zweifelsohne gut frequentierten Lokals implizierte.

    Claudius Menecrates hatte Manius Minor gebeten, in seinem Namen ein Auge auf die Via Salaria zu werfen, welche zu den wesentlichen Magistralen zur Versorgung der Urbs von Norden und Osten her zählte. Uralt war jene Straße und man erzählte sich, dass bereits die Sabiner auf ihr ihr Salz von der Tibermündung hatten transportiert und dass Tullus Hostilius mit ihnen jenen Pakt hatte geschlossen, der dies ermöglichte. Heute indessen gehörte war Salz das Geringste, was auf ihr zur Porta Collina wurde transportiert, da sie wie jede der großen Straßen nach Roma von allen möglichen Händlern, Transporteuren, Immigranten und Besuchern von Roms Märkten wurde frequentiert. Dass jene intensive Nutzung implizierte, dass auch die zweifelsohne robusten Steinplatten, welche ihr zuoberst lagen und durch tiefe Fuhrrinnen durchschnitten wurden, nicht selten der Ausbesserung bedurften, verstand sich folglich von selbst. Da nun indessen Bauprojekte anstanden, welche just diese Straße gen Antemnae zur Lebensader für Baustoffe machten, war es erforderlich, die Reparaturen zu forcieren und zu prüfen, welche Dauer ihnen noch war beschieden, ehe der Verkehr würde frei und flüssig wieder rollen.


    Folglich hatte der amtierende Aedilis Curulis an diesem Tage nicht allein seine übliche Entourage aus gelehrten Consultoren und kräftigen Apparitoren mit sich genommen, sondern auch einen Architekten mit besonderer Expertise im Straßenbau für jene Runde genommen, die er den zuständigen Unterhaltern der Straße hatte angekündigt. Gänzlich amtsferne Gedanken indessen bewegten ihn hingegen, als er dem Weg hinaus aus der Stadt durch die Porta Collina folgte, war dies doch auch die Passage gewesen, auf der einst er von seinem Cremonensischen Exil nach Roma war zurückgekehrt. Damals war er noch ein Knabe gewesen, zerrissen zwischen Enttäuschung über die feige Flucht und Vorfreude auf das Wiedersehen mit Manius Maior. Heute war jener Konflikt begraben, doch war geblieben war eine neuerliche Zerrissenheit in der paternalen Relation, die diesmalig auf der ungeliebten Stiefmutter und der damit einhergehenden Bedrohung für die eigene Linie einherging. Ein Seufzen entfleuchte Manius Minor bei jenen Gedanken, die seine Passage unter dem Tonnengewölbe der Toranlage geleiteten, ehe er von der Sänfte hinab auf die flachen, großen Steine der Straße blickte, die kurz nach dem Stadttor die Abzweigung zur Via Salaria bedeckten.