Als der Haufen endlich entflammt, auf welchem seine Mutter symbolisch vom Leben geschieden und ihre Aufnahme in himmlische Gefilde vollzogen wurde, wandte Manius Minor seinen Blick von seinem Bruder ab und hin zu dem Geschehen. Rasch erklommen die Feuerzungen das hölzerne Gebilde, umschlangen Holzscheit um Holzscheit bis hinauf zum Feretrum, welches doch nun nicht nur für den jungen Flavius zu einem Schemen verschwamm, da es doch hinter einem Vorhang der Flammen verhüllt wurde. Genau dort verharrte der Blick des Knaben, verfolgte, wie ein dem Augenschein nach der Pyra inhärenter Wind die Stola erfasste und aufblähte, ehe sie selbst in Flammen aufging und samt dem durch sie verhüllten Leib verzehrt wurde. Der Duft gebratenen Fleisches mischte sich in den Rauch, was in Manius Minor zwar keineswegs Hungergefühle erweckte, derer er ohnehin seit der Nachricht vom Dahinscheiden seiner geliebten Mutter entbehrte, in ihm aber doch Remineszenzen an das Auftragen seiner liebsten Köstlichkeiten zum Gastmahl im heimischen Triclinium erweckte, was wiederum, als er sich dessen gewahr wurde, ihn schamvoll zu Boden blicken ließ. Er ein sanftes Stoßen vonseiten Patrokolos' erweckte ihn aus dieser Lethargie und erinnerte ihn, ein winziges Gefäß entgegenzunehmen, welches mit dem liebsten Parfum seiner Mutter gefüllt war und dessen wohlig vertrauter Duft die Gedanken einer Konjunktion von Fleischspeisen und Leichnam hinfortwischte, um dieses sogleich in einem infantil ineffektiven Wurf in Richtung des Scheiterhaufens zu werfen. Mit einem Zischen zerscholl die Phiole auf den glühenden Kohlen, als mit einem Satz die gesamte Pyra in sich zusammenstürzte und eine glühende Wolke voller Funken freisetzte.
Doch verharrte der Knabe ungerührt weiter, ungeachtet der Ermattung, welche seine Beine ihm nach geraumer Zeit meldeten, starr dahinblickend und, obschon seine Augen hierfür nicht die beste Eignung boten, in den Trümmern nach der nun zweifelsohne bereits verkohlten Hülle der Claudia forschend, bis das Feuer kleiner wurde und schlussendlich durch Wein und Wasser gelöscht wurde.
Was dann Manius Maior aus der Asche sammelte, erschien Manius Minor geradezu grotesk, da doch die Hitze nicht nur das Fleisch von den Knochen gebrannt hatte, sondern diese auch in ihre Größe verringert hatte, womit es dem Knaben gänzlich unwirklich schien, dass eben dies die Überreste seiner Mutter, jener stattlichen und wohlansehnlichen Dame, sein sollten. Dennoch transportierte sein Vater diese in den finsteren Schlund des Mausoleums und für einen Augenblick keimte in dem jungen Flavius der Wunsch auf, dass nicht jener, sondern seine Mutter durch die Pforte in die Welt zurückkehren würden und damit gleichsam Pluto ein Tausch würde vollziehen. Doch blieb diese Hoffnung ebenso unerfüllt wie jene an Apoll, sein Augenlicht wieder zur Gänze herzustellen, sodass er endlich ohne weitere Äußerungen oder Regungen sich mit Feuer und Wasser entsühnen und zur Villa Flavia Felix zurück eskortieren ließ, um das Leichenmahl einzunehmen.