STASIMON
Während Symbanes noch am Feuer saß, begann der Chor mit dem nächsten Zwischengesang, deren Zeit die übrigen Schauspieler nutzten, um sich von der Bühne zu machen.
"Der Jüngling saß nun still am Feuer
und hielt allein die erste Wacht.
Bedachte lang das Abenteuer,
das einst sein Vater hatt' vollbracht.
Doch in Symbanes triumphierte
der Wunsch s' dem Vater gleich zu tun.
So stand er auf und losmarschierte
zum Flusse Bouphorbia nun."
Der Symbanes-Darsteller erhob sich nun tatsächlich und sprang schließlich eilig von der Bühne.
"Er wusste nicht, dass er erfüllte
damit des Helkos bösen Plan,
der Muphasos die Falle stellte
aufdass den Thron er selbst bekam."
"Kaum war der Jüngling weggegangen
weckt' Helkos den Muphasos auf
berichtet' von des Prinz Verlangen,
facht' an des Königs Sorg' darauf.
Muphasos' Furcht war rasch entzündet,
dass Symbanes ertrinken sollt'
wenn nicht, wie Helkos nun verkündet
wenn man ihn nicht gleich hindern wollt'.
Am Morgen also eilt' der König
mit Helkos zum Bouphorbia.
Symbanes war voraus nur wenig
und doch am Fluss als erster da."
II. SZENE: AM FLUSS BOUPHORBIA
Für die zweite Szene schwenkten die Sänger des Chores blaue Stoffbahnen hin und her, um den Eindruck des reißenden Stromes Bouphorbia zu erwecken, dazu boten die Musiker durch wildes Flötenspiel ein musikalisches Abbild der rauschenden Fluten. Durch einen Hintereingang der Scena kam nun Symbanes an die Kante der Bühne und blickte hinunter in die Orchestra, wo ihm die Fluten des Flusses entgegenflogen.
"Bouphorbia, welch' gewalt'ger Fluss!
Am Ufer doch ich schaudern muss!"
Zögernd lief er an der Kante der Bühne ein Stück weiter, blieb dann wieder stehen:
"Doch was gelang dem Vater schon,
das sollt' auch schaffen leicht sein Sohn!"
Mit diesen Worten warf er seinen Bogen beiseite und stürzte sich, die Arme voraus, in die Fluten. Sofort scharten sich die Chorsänger, die die "Wellen" schwenkten, um ihn und einer setzte ihn auf die Schultern, sodass es wirkte, als schwimme er auf den Fluten. So bewegte er sich ein wenig auf und ab, noch immer untermalt von der Kakophonie der Flöten.
Da plötzlich trat Muphases, gefolgt von Helkos, auf die Bühne. Hoch erhoben stand er da und blickte um sich, bis er seinen Sohn im Fluss erblickte und seine mit goldenen Armreifen geschmückte Hand in die Richtung streckte.
"Symbanes, Sohn, was tust du hier?
Bei Zeus, das Herz bleibt stehen mir!"
Überstürzt rannte er zur Bühnenkante, dem "Ufer" des Flusses. Symbanes streckte die Hand in seine Richtung, doch die Fluten trugen ihn weg von seinem Vater. Klagend und japsend rief er:
"Vater, die Flut - fort trägt sie mich!"
"Halt aus, mein Sohn, ich rette dich!"
gab Muphases zurück, warf ebenfalls seinen Mantel ab und stürzte sich ebenfalls in den Fluss, wo weitere Chorsänger ihn wie seinen Sohn aufnahmen. Helkos trat inzwischen langsam schlendernd ans Ufer, von wo aus er beobachtete, die der König sich mühevoll in Richtung seines Sohnes arbeitete, während beide weiter von den wilden "Wellen" umspielt wurden. Das Flötenspiel wurde dramatischer, schwoll an, während Symbanes immer ängstlicher zu werden schien und wild mit den Armen fuchtelte. Kraftlos klagte er:
"O weh, mir's nun der Kraft gebricht!"
Quälend langsam arbeitete Muphases sich zu ihm vor, doch kurz bevor er ihn erreicht hatte, versank Symbanes in den Fluten.
"Symbanes, nein! Verlass mich nicht!"
rief der König und verdoppelte seine Anstrengungen, sodass er doch zu der Stelle gelangte, wo sein Sohn gerade untergegangen war. Auch er verschwand im Reigen der "Wellentücher" und die Flöten verstummten plötzlich. Einige Sekunden schien alles erstarrt zu sein.
Mit einem Beckenschlag setzten die Flöten jedoch wieder ein und die Köpfe von Muphases und Symbanes stießen plötzlich wieder hervor. Offenbar hatte der König seinen Sohn herausgezogen und hielt ihn nun, während er mit dem freien Arm ans Ufer zu kommen versuchte. In Panik brüllte er:
"Helkos, der Bogen - hilf uns schnell!"
Helkos, der noch immer an der gleichen Stelle verharrte, wo er ans Ufer getreten war, schien langsam aus einer Starre zu erwachen. Dann lief er herbei und streckte den Bogen in Richtung Muphases.
"Mein König, ich bin gleich zur Stell'!"
Muphases gelang es, den Bogen zu ergreifen und zog. Mit beiden Händen hielt Helkos dagegen, doch der König zitterte:
"Ich halt's nicht, erst Symbanes fang!"
Ächzend schob der König Symbanes nach vorn und hängte ihn über den Bogen, mit dem Helkos sie beide hielt. Mit einem weiteren Stoß fiel der leblose Prinz aufs Ufer.
In diesem Moment richtete sich Helkos auf.
"Heil dir, mein König - lebe lang!"
rief er und ließ den Bogen los. Sofort wurde Muphases fortgerissen und verschwand in der Flut aus Chorsängern, "Flut-Tüchern". Die Musik schwoll noch einmal an, doch das laute Lachen von Helkos übertönte die Instrumente mit ihrem tragischen Klang.
Erst nach einer Weile schwoll der Klang ab und verlief in einer leisen, traurigen Melodie.
Da ertönte plötzlich ein Husten. Langsam regte sich Symbanes und Helkos trat auf ihn zu. Als der Prinz endlich den Kopf hob, blieb sein Onkel stehen und sah auf ihn hinab. Langsam schüttelte er den Kopf.
"Symbanes, was hast du getan?"
Der Jüngling brach wieder zusammen und hustete.
"Ich weiß es nicht, sieh mich doch an!
Mein Vater eilt' zur Hilfe mir,
als ich droht' zu ertrinken hier!"
Er sah auf und blickte um sich. Fragend blickte er schließlich zu Helkos hinauf:
"Wo ist er nun? Los, sag es mir!"
Ungerührt und kalt antwortete dieser:
"Tot! Er ertrank nur wegen dir!"
"Mein Vater tot? Das kann nicht sein!"
Mühevoll setzte Symbanes sich auf, weiter zu seinem Onkel aufblickend.
"O doch! Und schuld bist du allein!"
Symbanes stürzte zurück.
"Ihr Götter, o was soll ich tun?
"Nur eines: Du musst fliehen nun!"
Helkos strich sich genüsslich durch den schwarzen, ungepflegten Bart. Dann setzte er zur Erklärung an:
"Denn wenn der ganze Hof erfährt,
dass er nur starb, weil du begehrt
zu sein Held, das wär' kein Glück!
Verschwind - und komm nie mehr zurück!"
Langsam, dann immer schneller erhob sich Symbanes. Noch einmal blickte er auf den Strom, der nun fast ruhig dahinzufließen schien, dann wieder zu seinem Onkel. Dieser zeigte jedoch keine Regung.
Noch einen Augenblick zögerte der Prinz, dann wandte er sich um und rannte davon.