Beiträge von Manius Flavius Gracchus Minor

    Der Sprachcode seines Onkels war nicht minder elaboriert als der seines Vaters, sodass sämtliche Attention des Knaben auf die Worte gerichtet zu sein hatte, wollte er ihren Sinn erfassen. Mit andachtsvollem Blick begann er daher über diesen zu spintisieren: Integrität, so wurde nun offenbar, war keine klar zu definierende Zuschreibung, sondern lag vielmehr im Ermessen des Iudex Prior. Nach welchen Maßstäben eine solches Urteil zu fallen hatte, vermochte er indessen kaum zu ermessen, reichte sein infantiler Horizont doch kaum über die präkonventionelle Ebene moralischer Entwicklung hinaus. Demgemäß zog er die inkorrekte Konsequenz, sein Vater habe sich dem Praetor gegenüber freundlich verhalten, sodass dieser ihn als 'guten Mann' kategorisierte.
    Uneingedenk dieses Irrtums richtete der junge Flavius seinen Blick im Anschluss erneut hinab zu dem Text und las den folgenden Abschnitt:
    "'Das Amt basiert auf Freiwilligkeit, kann vom Imperator Caesar Augustus aber auch angeordnet werden.' Heißt dies, der Kaiser fragt und mein Papa macht dann mit oder nicht, wie er will?"
    Mit gewisser Insekurität ob der Korrektheit seiner Interpretation blickte er auf zu seinem Onkel.

    Mitnichten hatte der Knabe eine vollständige, systematische Lektion, die legale Kulisse, vor der die Selektion seines Vaters vonstatten gegangen war, nahezu vollständig erfassend, erwartet, sondern vielmehr eine knappe, sentenzenhafte Schilderung des Auswahlverfahrens. Indessen hatte sein Onkel Piso augenscheinlich differente Ansichten betrefflich dieser Zusammenkunft, weswegen der junge Flavius sich in diese klaglos zu integrieren genötigt fühlte in der Annahme, die Motive Pisos verhielten sich similär zu denen seines geliebten Vaters. Zumindest war ihm die Division des Rechts in universales und iuridicales in der Theorie ein Begriff, obschon er sich wenig darunter vorzustellen vermochte, sodass er anfänglich folgen konnte.


    Aufgrund seiner fehlenden weitergehenden Kenntnisse verfolgte er jedoch mit Erstaunen die kurze akrobatische Einlage seines Lehrers, ehe er sich schweigend über die Rolle beugte, auf der die Regularien betreffs des Fortgangs judikativer Prozesse verzeichnet waren. Augenscheinlich war eine knappe Formulierung jedwedem Gesetze zueigen, ebenso stachen Manius Minor geradezu singuläre mirakulöse Worte ins Auge, von denen die Evidenz eines Gesetzestextes abzuhängen schien. Ob diesem überaus infamiliären Ductus war es dem Knaben indessen schwerlich möglich, das Gesetz zu erfassen, weshalb sich ihm zahllose Fragen ergeben, ehe er überhaupt in die Debatte einzusteigen vermochte. Daher fasste er letztendlich den Beschluss, mit dem ersten problematischen Wort zu beginnen:
    "Integrität! Was heißt das?"

    Folgsam an seiner Stelle der Prozession folgend, hatte auch der junge Flavius den Palatin erreicht. Ob seiner infantilen Konstitution war ihm der weite Weg vom Marsfeld bis hin zum Haus der Caesares weitaus beschwerlicher gewesen als den adulten Teilnehmern. Geklammert an jenen Urceus, den er mit sich zu führen die Ehre hatte und dessen glänzende Oberfläche von seinen mehr und mehr feuchten Händen verschmiert worden war, war es ihm schließlich gelungen, den Hügel zu erklimmen und zwischen zwei ihn an Körpergröße und wohl auch Alter überragenden Ministri seinen Platz eingenommen.


    Von dieser Position aus galt es nun die weiteren Opfer zu hospitieren, die den Divi Augusti gewidmet waren. Besonders freudige Erregung offerierte selbstredend die Verlesung der Oratio durch seinen Onkel Piso, der zudem gar den ersten Divus Flavius, den göttlichen Vespasian, anrief, dessen Kult auch in der Villa Flavia mit größter Hingabe praktiziert wurde und dessen Vita Manius Minor bereits wiederholt präsentiert worden war. Stolz erfüllte ihn trotz jeglicher Erschöpfung angesichts der Kenntnis der verwandtschaftlichen Verbindungen, die zwischen ihm und einer staatlichen Gottheit ein unverbrüchliches Band knüpften.

    Eine leichte Insekurität befiel den Knaben, als er zwischen die stillen Reihen kaum supervisibler Regale passierte, zwischen denen ohne jedwede Ankündigung sein Onkel hervortrat. In der Tat war ihm diese Überraschung trefflich gelungen, denn der junge Flavius zuckte von Schreck ergriffen zusammen, trat gar einen Schritt zurück und blickte zu Piso auf, wobei seine Miene suggerierte, nicht der ihm wohlbekannte Onkel, sondern ein leibhaftiger Lemur sei auf ihn zugetreten.


    Mit größter Eile bemühte Manius Minor indessen, jenen Schrecken zu bezähmen und seinem Gegenüber die ihm gebührende Zuneigung zuteil werden zu lassen, was durch den Umstand, dass dieses ihm einen zweifelsohne wohlschmeckenden Keks offerierte, bedeutend erleichtert wurde.
    "Gern!"
    war nämlich die Antwort, die synchron zu einem Ausstrecken der Hand, in welche er vor einem Augenschlag noch die Beine zu nehmen getrachtet hatte, erfolgten. Nachdem er dieses Objekt seiner Begierde erhalten hatte und vornehm, wie man ihn ermahnt hatte, davon abgebissen hatte, wobei das Gebäckstück Krümel hinterließ, die Magos Sinn für Makellosigkeit zweifelsohne empfindlich zu disturbieren geeignet waren, nahm der Knabe an der Seite Pisos Platz, während umschweifslos in medias res ging. In Wahrheit gebrach es indessen dem jungen Flavius selbst an einer präzisen Frage, doch hatte Artaxias ihn eindringlich ermahnt Interesse vorzugeben und sich umgänglich zu gebärden, da es Onkel Piso an wichtigsten Obliegenheiten nicht mangelte und er sich lediglich aufgrund seiner großen Zuneigung zu ihm, Minimus, herabgelassen hatte, ihm Rede und Antwort zu stehen.
    "Ähm, ja..."
    kommentierte er dessentwegen den Prolog dieser Lehrstunde, unterdessen fieberhaft über eine mögliche Frage sinnierend, die ihm noch von dem Gerichtstermin her präsent war. Deplorablerweise erschienen in seinem Geiste lediglich Remineszensen an den korpulenten Praefectus Urbi, besonders seiner barbaresken Custodes Corporis, sowie eine Paar von älteren Männern, die sich im Seitenschiff der Basilica Ulpia an einem Mühle-Spiel verlustiert hatten. Der Selbsterkenntnis seiner überaus mangelhaften Aufmerksamkeit färbten sich seine Wangen in einem geringen Maße rosig, während sein Spintisieren zunahm, dank des in ihm entstehenden Druckes jedoch gleich einem sich schließenden Tore immer härter blockiert wurde.
    "Warum durfte Papa Iudex sein?"
    sprudelte schließlich eine Frage aus dem Knaben heraus, wenig bedacht, vielmehr einer Intuition folgend. Dennoch erschien sie überaus adäquat, ermöglichte sie doch kaum Bezüge zum tatsächlichen Prozessgeschehen, das dem jungen Flavius ja entfallen war.

    Das Rom dieser Tage laborierte unter einem kühlen Wind, der vom Mare Tyrrhenum her wehte und so die unpläsierliche Zeit des Winters ankündigte. Derhalben hatte man Manius Minor nicht in den Hortus, sondern die Bibliotheca einbestellt um gemeinsam mit seinem Onkel Aulus, dessen Vollendung des Cursus Iuris nicht allzu lange zurück lag, womit er in den Augen Manius Maiors eine weitaus größere Eignung als er selbst aufwies, seinem Sohne die bestehenden Fragen, die sich aus dessen Expedition in die Untiefen der Iurisdiktion zweifelsohne ergeben hatten, zu replizieren und zugleich dessen Lernfortschritte durch diese zu prüfen. Zwar waren seit dem Schiedsspruch, an dem der Vater ja persönlich partizipiert hatte, bereits einige Tage vergangen, doch hatte es sich nicht früher ergeben, den Quaestor Principis für die Erziehung des jüngsten Flavius heranzuziehen.


    So erschien der Knabe gehorsam, wie der Sklave ihm gewiesen hatte, in den Räumen voller Regale, die säuberlich die Buchrollen separierten und im Falle genauerer Nachfragen zweifelsohne den adäquaten Kommentar oder den präzisen Wortlaut des Gesetzestextes offerierten.

    Die Exempla, die die Replik seines Vater mit der Promptheit eines Bogenschusses nannte, evozierten bei den Knaben ein veritables Gefühl der Erschlagenheit, während er sich zugleich schalt, die Kurzsichtigkeit eine derartige Frage überhaupt zu artikulieren besessen zu haben ohne a priori intelektuelle Nachforschungen zu ihrer Ergründung angestellt zu haben. Denn selbstredend erzwang die stringente Argumentation Manius Maiors unverzüglich eine Komprehension des Sachverhalts.
    "Achso."
    waren dem angemessen die beschämten Worte Manius Minors, der sich indessen wieder dem Mahle zuwandte, bestärkt in dem Vorsatz, die parentalen Unterredungen nicht mehr durch seine minderqualifizierten Interjektionen zu disturbieren.

    Die folgenden Geschehnisse offenbarten zweifelsohne, dass der Knabe jedweden Talentes für jenes Spiel entbehrte. Erneut sprang er der Pila entgegen, wobei allerdings beide Arme die Flugbahn zur Linken passierten und zu allem Überfluss nicht einmal an dem gleichen Punkt kollidierten, sondern ins Leere griffen. Zumindest gelang es dem jungen Flavius, lediglich mit seinen Füßen auf der Erde aufzukommen, ohne dass sein übriger Körper diesen tangierte. Indessen fing Antigonus mit größter Leichtigkeit das Wurfgeschoss auf und lächelte, mehr voll Anteilnahme denn voll Hohn. Als Manius Minor sich hingegen zu ihm umwandte, verschwand dieses jedoch in selbigem Augenblick, sodass es jenem dank Fortunas Gunst entging.


    Dennoch erfüllte die erneute Niederlage den Knaben mit neuerlicher Scham, die von gewissem Zorn ob seiner defizitären Fähigkeiten okkludiert wurde. Geradezu akkusativ betrachtete er seine glücklosen Hände, um erneut in Frustration umzuschwingen und diese zu verbalisieren.
    "Ich fange ja gar nichts!"
    In seiner Stimme schwang diese Betrüblichkeit deutlich mit.

    Da der Impetus der Teilnahme des Knaben an den väterlichen juristischen Verpflichtungen derjenige war, dass dieser vertraut wurde mit der Praxis römischer Juristdiktion und Jurisprudenz hatte der junge Flavius auch am finalen Verhandlungstage zu partizipieren. Selbstredend fand auch an diesem ungeachtet jedweder Wünsche und Ideen seiner Erzieher mitnichten der Praetor Urbanus, der ja bereits von den zuvorliegenden Sessiones bekannt war, das primäre Interesse Manius Minors, sondern vielmehr der neuerliche Faktor in der Basilica, jene Gruppe fremdartig barbarisch wirkender Custodes Corporis, die in dem Knaben gänzlich fremden Beinkleidern zu der Verhandlung erschienen waren.


    Dicht gedrängt an seinen Paedagogus musterte er so die Skythen, versuchte Fetzen der Worte ihrer barbarischen Sprache zu erhaschen und fürchtete mehr und mehr die Präzision ihrer grotesk gebogenen Bögen und jene Dinge, die unter ihren Umhängen ebenso ungeläufiger Machart verborgen waren.


    So beruhigte es Manius Minor ungemein, als sich letztlich sämtliche Anwesende von ihren Plätzen erhoben, der ja bereits bekannte Praetor wenige Worte machte und endlich Manius Maior seinen erhöhten Platz auf dem Tribunal verließ, um zu seinem Sohne zurückzukehren. Dieser eilte ihm nun entgegen voll von Fragen, die sich angesichts derartiger Exotik einem Knaben aufdrängten.

    Jene beschwichtigenden Worte, die der Knabe nur allzu oft vernommen hatte, vermochten seine Indigniertheit kaum zu bremsen, regte doch das geringste Auftreten von Versagen in ihm ein Gefühl des Ungenügens, ja der Furcht den hohen parentalen Erwartungen, die die Direktiven eines patrizischen Lebens darstellten, nicht zu genügen. Dennoch suggerierte er seinem Verwandten, der Indoktrination durch seinen Paedagogus folgend, neuerlichen Kampfesmut und blickte nun in einem geringen Maße feindseliger hinüber zu Antigonus, der erneut den Ball ergriff und in einer nicht über alle Maßen komplizierten Weise hoch in die Luft, jedoch mit relativ großer Präzision in Richtung des jugendlichen Flavius warf.


    Manius Minor hingegen sprang erneut in die Höhe, die Hände wie zu einer absonderlich übertriebenen Beifallsbekundung ins Leere zusammenschlagend. Kaum hatten seine Füße wieder den Kontakt zu Gaia gefunden, setzte er zu einem weiteren Sprung nach der indessen für die infantile Länge seiner Gliedmaßen in unerreichbarer Ferne forteilenden Pila an, der erwartungsgemäß nicht von Erfolg bekrönt war.

    Obschon die Festivitäten, die das alljährlich das Anniversarium des Imperator Caesar Augustus Ulpius Aelianus Valerianus zelebrierten und somit den Kaiser in divine Sphären enthoben, ebenso alljährlich zu den impressivsten Ereignissen des lokalen Kalenders zählten, stellten sie in diesem Jahr für den jungen Flavius eine besonders eminente Causa dar, da er, wie sein Vater ihn gewiesen hatte, sich zu den Camilli zu zählen die Ehre hatte und somit an der Seite desselbigen coram publico an den öffentlichen Kulthandlungen teilhatte. Aus diesem Grunde heraus hatte man den Knaben, der die Gravität derartiger Aufgaben lediglich zu ahnen vermochte, glänzend präpariert: Seinen noch mit infantilen Rundungen versehenen Leib bedeckte eine glänzend weiße Tunica, die von einem roten, mit prächtigen Stickereien versehenen Gürtel gehalten wurde, während sein Haupt von einem frischen Kranz von Lorbeer gekrönt war. Selbstredend war er zuvor gründlichst gewaschen worden um jedweden Verdacht der Unreinheit bereits zu zerstreuen.


    Wenige Augenblick nach dem Überqueren des Marsfeldes, an dessen Rand die sorgsam geschmückte Ara Pacis aufzufinden war, sandte Manius Maior Manius Minor dessenungeachtet von seiner Seite und übergab ihn Sciurius, jenem omnipräsenten Schatten, dessen Assenz dem Knaben stets eine gewisse Insekurität, bisweilen sogar einen schwerlich kausal einzuordnenden Schauder über den Rücken jagte. Doch drückte der Villicus ihm rasch den Urceus in die Hand, mit deren Hilfe er seinen Vater in den Status völliger kultischer Reinheit versetzen würde, sobald der ihm bezeigte Calator das entsprechende Zeichen geben würde, und schob ihn in die Reihe anderer Knaben, die in dem jungen Flavius geradezu gewohnte Gefühl unbestimmter Xenophobie evozierten, an das er sich mit fortschreitenden Lebensjahren geradezu zu gewöhnen begann.


    Da das Opfer der capitolinischen Trias zu den letzten des Tages zählen würde, oblag es dem Knaben nun indessen, durch ernstes Dreinblicken, Ruhe und Aufmerksamkeit das Spectaculum nicht zu disturbieren, das der adipöse Flamen Divorum in diesem Augenblick vor dem Altar des Friedens vollführte. Insbesondere galt die Aufmerksamkeit des jungen Flavius hierbei selbstredend jenem Servus Publicus, der während des unblutigen Voropfers seine Aufgabe wahrnahm und dem Opferherrn das kühlende Nass über die sorgsam manikürten Finger goss.

    Selbstredend war eine dergestalte Attacke, wie Flavius Flaccus sie nun präsentierte, den Kapazitäten eines Knaben von neun Jahren, dessen spielerische Qualitäten stark unter der Nachgiebigkeit, mit der die Sklaven das Spiel mit ihrem jungen Dominus zu praktizieren pflegten, sodass nichts ferner lag denn die Possibilität einer erfolgreichen Parade. Obschon der junge Flavius desorientiert gen Himmel griff, flog die Pila mit höchster Velozität an diesem vorbei und prallte auf die Erde.
    Indessen hatte auch Antigonus ein Abfangmanöver initiiert, ebenso das finale Streben verfehlt und somit wie sein Ziel die Erde mit größter Heftigkeit tangiert. Doch ehe Manius Minor aus der Starre seiner Überraschung sich zu lösen vermochte, hatte er sich bereits aufgerappelt und war dem Ball entgegengehechtet und ihn in der Tat ergriffen.
    "Ach Mist!"
    kommentierte der Knabe in einem Ausruf sein Versagen, verstärkt durch einen entsprechenden Gestus, fügte sich dann jedoch seinem Schicksal und schlurfte mit hängenden Schultern in die Mitte, um seinerseits den 'Affen' zu spielen, eingedenk der Tatsache, dass ihm ob seiner infantilen Statur besondere Kalamitäten beim Fangen des Balles drohten.

    Nach einem letzten, schamhaften Blick auf die supraterrestrisch Duplikation von seinem Antlitz ließ Manius Minor sich von Manius Maior zu den neuerlichen Geschehnissen schieben, die den Anlass dieses Konventes bedeutender Persönlichkeiten bildete. Dabei führte, wie der junge Flavius erkannte, eine, insbesondere aufgrund des starken frontalen Faltenwurfes im Rahmen seiner Gestik, überaus irritierende Persönlichkeit das Wort, die dem Gebahren nach zu den flavischen Domini zählte, sich dessenungeachtet jedoch gänzlich seiner Kenntnis entzog und somit einer entfernteren Stirps angehören musste. Um dem stechenden Blick dieses älteren Herren zu entkommen, wich er daher einen weiteren Schritt hinter die wallenden Gewänder seiner Mutter zurück.


    Die erfolgenden Handlungen indessen evozierten kaum den Enthusiasmus des Knaben, gehörte doch das Unterzeichnen von Verträgen und der Austausch von in infantilen Augen nutzlosen Schmuckstücken kaum zu dem, was die Augen eines Knaben von neun Jahren zu bannen vermochte, zumal besagte nicht gänzlich geheure Person daran teilhatte.

    Anhaltend den achtungsvollen Blick auf seinen Verwandten richtend, akzeptierte der Knabe dessen Beschwichtigungsformeln. Durchaus war es ihm bekannt, dass gewisse Personen ihre Bescheidenheit ostentativ zur Schau stellten, wie etwa auch Cicero stets von sich im Pluralis Minoritatis zu sprechen pflegte. Dies mochte auch als Indiz für eine gute Erziehung geeignet sein, was die Handlungen des jungen Flavius indessen eher intuitiv denn bewusst beeinflusste.
    "Du bist!"
    wies er dann mit einem knappen Ausruf den anderen Flavier an, den von ihm eroberten Ball erneut ins Spiel zu geben.

    Mitnichten vermochte Antigonus dem neuen Kombattanten das Wurfgeschoss zu entreißen, sodass er unverrichteter Dinge ebenfalls auf den weichen Rasen fiel. All dies betrachtete der junge Flavius mit größter Bewunderung, zumal all jene Kämpfe sich in Höhen vollzogen hatten, die expressis verbis die Kapazitäten des Knaben überstiegen. Der Sklave hingegen war, wie der geneigte Beobachter unschwer in seinem Mienenspiel zu interpretieren vermochte, angefüllt mit Frustration, der er mit einem dumpfen Faustschlag auf die innocente Bodenbegrünung Ausdruck verlieh. Dessenungeachtet erhob er sich jedoch im Anschluss von der Erde, klopfte den Staub von seiner Tunica und begab sich an die vormalige Position des Siegers.
    Indessen hatte Flaccus Manöver durchaus seine Reputation bei Manius Minor erhöht, sodass jener mit einem geradezu affirmativem Wort seine Reverenz erwies.
    "Hui, das war ganz schön gut! Spielst du das öfter?"
    Zweifelsohne bedurfte es größter Routine, einen Ball im ersten Durchgang bereits sicher in Händen zu halten! Und obschon der Knabe selbstredend weder den stärksten, vielweniger noch den besten Werfern auch nur seiner Alterskohorte angehörte, erschien der Sprung dem Knaben doch durchaus hochachtungswürdig.

    In der Tat suggerierte der Habitus Flavius Flaccus', dass dieser in dem Spiel auf satisfizierende Weise bewandert war, womit sich jedwede Explikation erübrigte und der Knabe hinforteilte, die Pila aus dem Gewächs zu befreien. Obschon dies ob des dichten Laubes, das sich in diesem Quartal noch an den Ästen zu halten vermochten, einige Augenschläge benötigte, war er rasch und voll überbordernder Motivation zurück. Auch der Sklave Antigonus zeigte seine Präparation für die erste Runde und so schleuderte der junge Flavius, untermalt von einem lauten Ruf
    "Looos!",
    den Ball mit nach seinen infantilen Maßstäben größter Kraft in die Höhe, woraufhin jener einen Hechtsprung in Richtung des ästimierten Aufschlagortes unternahm, stets der Gefahr gewahr, die von dem im Zentrum des Spielfeldes befindlichen anderen Flavier ausging.
    In höchster Anspannung betrachtete der nun freie Manius Minor seinerseits die Situation, die es seinem neuesten Mitspieler durchaus beschwerlich werden ließ, den Sieg dieser Runde zu erringen.


    Sim-Off:

    Bei Bedarf besteht durchaus die Possibilität zu einem dritten Kombattanten!

    Wie nun ersichtlich, betätigte der Unbekannte sich vornehmlich an Lektüre, wie es auch bei dem Knaben der Fall war, dessen Lehrer und Paedagogus Artaxias ihm bisweilen das sanfte Hinübergleiten in Morpheus' Reich durch adventuröse Erzählungen, oftmals entnommen aus dem Reich der römischen oder hellenischen Mythologie, versüßte. Doch selbstredend beherrschte auch der junge Flavius selbst die Majuskeln des Lateinischen, sowie, wenn auch in einer augenfällig weitaus größeren Humilität des Niveaus, des Griechischen. Dennoch verlangte es ihm zu postmeridialen Tageszeiten mit größter Regelhaftigkeit nach stärkerer korporaler Betätigung.
    In Anbetracht der bereits seit einigen Augenschlägen initiierenden Ermüdung von den Anstrengungen, stets aufs Neue diffizile Wurfbahnen zu produzieren um die Fangkapazitäten des Gegners zu erschöpfen, erwählte Manius Minor nun eine alterniederende Spielart.
    "Dann spielen wir Ballfangen. Du musst in die Mitte!"
    Selbstredend kalkulierte der Knabe bei jener überaus knappen Ankündigung ein, dass der neue Mitspieler mit den Regularien dieses Ballspieles vertraut war, erfreute es sich doch in infantilen und juvenilen Kreisen größter Beliebtheit!

    Soeben hatte Antigonus den Ball erneut erhascht, den der Knabe mit höchster Konzentration auf möglichst diffizile Weise auf seinen Weg gesandt hatte, als ein junger Mann der Szenerie beitrat, dessen Name Manius Minor gänzlich unbekannt war. Rasch ergriff ihn die ihm zueigene Insekurität, die bisweilen noch immer bis hin zu einer Xenophobie sich zu verstärken vermochte, sodass es ihm in seiner Aufwallung gänzlich entfiel, die Pila, die sein Gefährte ihm zurückwarf, aufzunehmen, sodass letztere in einer sorgsam gehegten Hecke verschwand.


    Erfreulicherweise vermochte jedoch der Sklave mit dem Ball den Jüngling rasch und bar jeglicher Komplexität zu integrieren, indem er seinem jüngsten Herrn offenbarte
    "Das ist Quintus Flavius Flaccus, dein...ähm...entfernter Verwandter! Willst du ihn nicht fragen, ob er mitspielen möchte?"
    Ob jener Erklärung, die zwar dem jungen Flavius das Potenzial schuf, den Fremden zu benennen, wie gar eine verwandtschaftliche Nähe einzuräumen, blieb jener weiterhin wie erstarrt, ehe er sich nach endlosen Augenschlägen der Worte seiner Mutter besann, die ihn stets zu größerer Amiabilität und Offenheit ermahnte, und sich zu einigen Worten zwang.
    "Ave! Möchtest du mitspielen? Zu dritt könnten wir Trigon spielen...oder Ballfangen!"
    Beiderlei Spiele erfreuten sich größter Beliebtheit in den Thermen Roms, die Manius Minor zwar niemals aufgesucht hatte, barg doch die Villa Flavia eine eigene, private Therme, doch war dies der Umstand, warum seine Ammen und Sklaven ihn in diesen Spielen bereits in früher Jugend gelehrt hatten, aufdass er in späteren Zeiten mit seinen Gefährten diese zu spielen vermochte.

    Bisweilen bot sich dem Knaben auch Relaxation von jenen anspruchsvollen Studien, die inzwischen seinen Tageslauf zu dominieren begannen. Gern suchte er in diesen Phasen der Ruhe den Garten auf, wo er der stickigen Luft des Lehrraums zu entkommen vermochte und sich gänzlich dem Spiele hingab, häufig assistiert von einem der jüngeren Sklaven, die auf diese Weise ein plausibles und wohlakzeptiertes Motiv für die Unterlassung ihrer Aufträge vorweisen konnten. Auch an diesem Tage stand Manius Minor daher auf dem Rasen, der nun im Herbst dank der größeren Regelmäßigkeiten von Regengüssen noch einmal grünte, zusammen mit einem Jüngling von etwa achtzehn Jahren, der den Namen Antigonus trug. Gegenseitig warf man sich die Pila, einen kleinen, überaus festen Ball zu, wobei der junge Flavius stets bemüht war, das Wurfgeschoss so zu platzieren, dass ein Fangen seitens seines Gegners impossibel erschien. Unerfreulicherweise beherrschte Antigonus jenes Spiel aber überaus gut, sodass der Knabe begann sich zu langweilen.


    Sim-Off:

    Ein oder mehrere Spielpartner werden für eine veränderte Spielweise gesucht!

    Obschon der junge Flavius des Hellenischen fließend mächtig war und somit der Unterricht theoretisch auch in jener Sprache möglich gewesen wäre, hatte Artaxias aus Rücksichtnahme auf den jungen Flavianus den mathematischen Unterricht ins Lateinische gewandelt. Dies vermochte indessen nicht den Umstand zu ändern, dass Manius Minor sehr unter sämtlichen Zahlenspielereien laborierte, deren Regelhaftigkeit und Logik sich ihm mitnichten zu offenbaren herabließen.


    "Heute widmen wir uns wieder dem Fingerrechnen: Gestern haben wir unterschiedliche Fingerhaltungen für unterschiedliche Zahlenwerte kennen gelernt - Domine, wie hältst du die Hand für die Zwanzig?"
    Unverzüglich begann der Knabe fieberhaft zu spintisieren. Prinzipiell bereiteten ihm derartige Kodierungen noch die geringsten Probleme innerhalb der Mathematik, doch hatte das Unvermögen die in seinen Augen komplexen Rechenoperationen zu erfassen zu einer starken Reduktion seiner Achtsamkeit bei derartigen Studieninhalten geführt.
    Voller Insekurität hob er schließlich seine kindliche, linke Hand in die Höhe, seinen kleinen Mittelfinger auf den Daumen gelegt. Sowohl Gestik, als auch Mimik offenbarten hierbei eine Insekurität, die auch dem Magister nicht entging. Warnend hob er den Zeigestab, der auf Befehl seiner Herrin niemals zur Strafung seiner Schüler zu gebrauchen gestattet war, und dozierte:
    "Falsch! Du musst besser Acht geben! Was du zeigst, ist die Zehn! Bei der Zwanzig muss der Daumen zwischen Zeige- und Mittelfinger!"
    Reumütig wandte der junge Flavius sein Haupt in Richtung seiner Tabula, die er unterhalb seines Hockers auf den Mosaikboden gelegt hatte. Zwar wurde er häufig gelobt, insbesondere seine Eltern jubilierten mit großer Regelmäßigkeit ob seiner Progression innerhalb der Studien, doch evozierte dies eine umso niederschmetterndere Violation seines Gefühles von individuellem Eigenwert durch jedwede Kritik. Kleinmütig imitierte er daher die Präsentation seines Lehrers und schalt sich, bei der nächsten Gelegenheit größere Gelehrsamkeit aufzuweisen.