Beiträge von Manius Flavius Gracchus Minor

    Die nun folgende Konversation richtete sich auf die Divergenzen des Collegium Pontificium, einer ehrwürdigen Institution, deren Ehre einer Mitgliedschaft auf Manius Maior teilhaftig geworden war, wovon Manius Minor durchaus Kenntnis hatte. Welcher Grund nun indessen seine Mutter derart zu belustigen vermochte, konnte der Knabe nicht ergründen, sodass er sich zu einer diesbezüglichen Frage hinreißen ließ.
    "Warum dürfen Frauen keine Priester werden?"
    fragte er in seiner innocenten Art, die nur einem Kinde zueigen war.

    Zitat

    Original von Sextus Aurelius Lupus, Claudia Antonia, Manius Flavius Gracchus, Aurelia Flora


    Nur schwerlich erbrachte der Knabe die Kapazität sich von jenem Schauspiel der Natur ab- und seiner Mutter zuzuwenden, deren Tadel ihn nun traf. Für gewöhnlich memorierte und inkorporierte er sich derartige Edukationsregularien durchaus, doch konnte er in diesem Kasus nicht umhin, selbigen genauer in Augenschein zu nehmen. Nach einem kurzen Spintisieren, ob er diese Angelegenheit nicht von dem üblichen Gehorsam exkludieren sollte, obsiegte letzten Endes dessenungeachtet doch die Servilität gegenüber parentalen Zurechtweisungen und er wandte seinen Blick nicht zurück zu den Aureliae, sondern hin zu jener Person, die offenkundig seinen Intellekt pries.
    Auch hier enthielt er sich jedoch eines Kommentares um zuvor seinen Eltern Raum zu bieten, einen solchen abzugeben, sodass er sich nicht des fälschlichen Hochmutes schuldig machte.

    Zitat

    Original von Manius Flavius Gracchus


    Aufs Neue hatte der junge Flavius an jenem Tage die Tunica von einer Farbe, der von Granit überaus similär, geziert durch samtene Borten angelegt um, alternierend die Nähe seiner beiden Elternteile suchend, an einer Bestattung teilzunehmen. Im Gegensatz zu der letzten derartigen Gelegenheit handelte es sich in diesem Falle hingegen um ein Individuum höchsten Prestiges, ja um einen Senator Roms, welcher an diesem Tage zu Grabe getragen werden sollte. Dem Anlass entsprechend hatten sich daher Vertreter der renommiertesten Häuser Roms versammelt, deren sich der Knabe in Teilen von anderen Ausflügen in die hohe Gesellschaft Roms erinnerte. So mochte er mit gewissem, irrationalem Unbehagen diesen ergrauten Mann memorieren, der nun auf einen Stock gestützt bei anderen gravitätisch dreinblickenden Persönlichkeiten stand, aber auch jene überaus konfundierenden, sich in seinen Augen gänzlich gleichenden aurelischen Damen, deren Bekanntschaft er auf den Sponsalia im Hause Flavia gemacht hatte.


    Doch inmitten des gedämpften Gemurmels unzähliger Kehlen vermochten die neuerlichen Gedanken an den Tod und die inimmaginable Endlichkeit des Lebens den Knaben in gleichem Maße zu bedrücken wie bei dem kürzlich vergangenen Male, sodass er es nicht wagte, heranzutreten und die bleichen Leichname im Zentrum zu inspizieren, sondern bei seinen Eltern verharrte und die Situation schweigend und mit gewisser Furcht vor dem Ungewissen in sich aufnahm.

    Vor dem geistigen Auge des Knaben erstanden die schroffen Landschaften Britannias, die laut der Aussage seines Lehrers Artaxias zu den Gefilden der Barbaroi zählten, weswegen sie zweifelsohne gänzlich mit undurchdringlichen, schwarzen Wäldern und perikulösen, von Larven und Lemuren bevölkerten Sümpfen bedeckt waren. Dorthin entsandt zu werden musste wahrlich einer schrecklichen Strafe gleichkommen, zumal jene Landschaften mit größter Sicherheit von nach Blut gierenden Bestien bewohnt wurden!


    Darüber hinaus vermochte er jedoch keinerlei Erkenntnis aus den Überlegungen seiner Eltern zu gewinnen, da er sich keinerlei Begegnungen mit Mädchen seines Alters erinnern konnte und ihm die Tragweite jener Thematik in keinster Weise bewusst war. So griff auch er nach Stücken des köstlichen Fisches und tat sich an ihnen gütlich, stets darauf bedacht, mögliche Gräten rasch zu identifizieren und somit dem Erstickungstod präventiv entgegenzugehen.

    Zitat

    Original von Sextus Aurelius Lupus
    Aber es gab ja noch das Kind. “Salve, junger Mann. Amüsierst du dich gut?“ Sextus gab sich nett und freundlich. Er hasste Kinder ja. Diese Minihektiker mit maximaler Durchschlagskraft waren bestens dazu geeignet, einem Mann das Leben schwer zu machen. Wären sie für einen Stammbaum nicht unablässig und ein eigener Sohn nicht so vorteilhaft, Sextus hätte keine Verwendung für sie allgemein. Dennoch hieß das nicht, dass er das nach außen auch zeigen musste, schon gar nicht, wenn es um den Sohn eines potentiellen Verbündeten ging.


    Folgsam wie eh und je stand Manius Minor an der Seite Manius Maiors, präpariert zu freundlichen Grüßen für sämtliche Gäste, wie seine Edukation ihn seit frühester Kindheit konditioniert hatte. Als er indessen das Atrium betrat, wurde er unvermittelt eines Fremden gewahr, dessen wildes, zugleich jedoch überaus fragiles Aussehen ihn unverzüglich in ihren Bann zog. Entgegen des Rates seines Lehrers Artaxias starrte der Knabe Duccius Vala seinerseits mit großen Augen und unverholener Indiskretion an, insbesondere die leuchtenden Narben und Kratzer in seiner Haut examinierend.


    Jäh aus jener Betrachtung gerissen wurde er unvermittelt von der Ansprache durch Aurelius Lupus. Für einen Augenschlag plagte den jungen Flavius daraufhin eine überaus große Insekurität, während der er nun den Ansprechenden lediglich lethargisch und desorientiert anblickte, ehe er die Situation endlich umriss und ein
    "Salve, durchaus!"
    replizierte. Doch kaum war jene Disruption der Musterung jenes Adventuröses verheißenden Objekts absolviert, betraten zwei gänzlich unbekannte junge Damen das Parkett, die dem Knaben einen neuerlichen Schauer über den Rücken jagten, glichen sie sich doch wie ein Ei dem anderen! Erschrocken blickte er von einer zur anderen und von der anderen zur einen. Derartiges hatte er in seinem kurzen Leben niemals erlebt! So war es ihm in keinster Weise möglich, das süße Lächeln Floras adäquat zu erwidern, sondern lediglich, sie mit ebenso großen Augen wie zuvor den malträtierten Duccius zu betrachten.

    Geführt von der Hand seines Vaters hatte auch der Knabe den Weg hinaus zur Via Appia gefunden. Getragen von jenem lugubriösen Marsch, dargeboten von überaus ernst erscheinenden Artisten, setzte er einen Fuß vor den anderen, den Blick stets auf seinen Vordermann Flavius Piso gerichtet. Die Stimmung erweckte auch die Empathie des jungen Flavius, weshalb ihm bei Erreichen des Bestattungsfeldes bereits kleine Tropfen salziger Tränen über die Wangen rannen. Kaum ein Wort hatte er mit jener Flavia Vera gewechselt, doch vermochte jene Atmosphäre wohl auch ein Kind von höchster Elation zu Tränen zu rühren.


    Als letztlich gar sein Onkel Piso in Tränen ausbrach, drückte der Knabe sich an das dunkle Gewand seiner Mutter, die treu an der Seite ihres Gemahls stand und schluchzte in den einer Trauerkleidung beinahe unangemessen weichen Stoff. Als sodann noch der Rauch in die Richtung Manius Minors zog, fühlte auch er sich inkapatibel ein Husten zu unterdrücken, wenngleich die Humidität seiner Cornea kaum durch jene Verschmutzung durch die darin enthaltenen Partikel zu erhöhen war.


    Niedergedrückt von all jenen Geschehnissen, dem widerwärtigen Gestank brennenden Fleisches, der auch durch den parfümierten Holzkohleduft drang, der Hitze des Feuers und der Disposition der Anwesenden blieb der Knabe nach jener Zeremonie betreten an seiner Stelle, um sich letztlich von seinen Eltern zurück in das vertraute und Sekurität vermittelnde Heim zurückzuwenden.

    Überaus erbaulich wirkte die schützende Hand des Vaters auf der Schulter des Knaben, als produziere lediglich die korporale Verbindung eine schützenden Schirm, der jedwedem Larven oder gar Lemuren undurchdringlich sein würde und somit größte Sekurität evozierte.


    Die Mahnung des Manius Maior hingegen ob der Pflicht zur Höflichkeit beschämte Manius Minor ein wenig, dennoch beeilte er sich unverzüglich diesem implizierten Befehl Folge zu leisten. Doch wusste er dennoch nicht, welche Worte einem derartigen Anlass angemessen sein mochten, sodass die Insekurität förmlich aus der Beileidsbekundung herauszuhören war, als er äußerte:
    "Salvete, Onkel Piso und Tante Nigrina. Mein...ähm...Beileid."
    Kaum hatte er jene Worte formuliert und über seine Lippen gezwungen, suchte er den Augenkontakt mit der letzten noch zu begrüßenden Hürde, bevor er ihm wieder gestattet war, sich in sein wohliges Schweigen zu hüllen. Dass auch hier eine Beileidsbekundung angebracht war, hatte die Mahnung des Vaters nicht expressis verbis impliziert, sodass dem jungen Flavius dies auch nicht in den Sinn kam.
    "Salve, Tante Celerina."

    Erschien der Inhalt der Replik dem Knaben mehr verdrieslich denn ergötzlich, so vermochte ihn doch das konspirative Timbre in der Stimme des Vaters zumindest dahingehend zu saturieren, dass er nicht einen von Trotz und Passion geprägte Disput begann, sondern sich, in dunkler Vorahnung, welch eine Reaktion seine Mutter bei Detektion jenes Ausflugs hervorkehren würde, dass es selbst das Haupt der Familia, Manius Maior, nicht wagte, diese zu evozieren, von diesem durch die Gänge, vorbei an den Käfigen mit sonst eher schläfrigen Tieren, geleiten ließ.


    Indessen begann sein infantiler Geist bereits mit der Retrovision der Impressionen, die sich nun gänzlich unerwartet in ihm gesammelt hatten. In der Retrospektive erschien gar die Näherung an den Löwenkäfig überaus konvenierlich, sodass er die Frage seines Vaters ohne Zögern und mit größter Inbrunst beantwortete.
    "Es war toll, Papa! Wann gehen wir wieder hier her?"
    Fraglos erschien dieser Hort adventuröser Erlebnisse auch für die Zukunft überaus attraktiv und selbstredend erwartete der junge Flavius eine Antwort mit einer naheliegenden Zeitangabe!

    An diesem Morgen hatten die Ammen, die den jungen Flavius jeden Morgen einzukleiden pflegten, überraschend eine für den Knaben gänzliche Novität präsentiert, indem sie eine dunkelgraue, mit schwarz schimmerndem Samt bestickte Tunica präsentiert hatten. Doch nicht nur dies, auch im Folgenden offerierte der Tag Unkonventionelles: Entgegen der üblichen Gepflogenheiten hatte Artaxias eine Repetition in das Curriculum eingefügt und erneut die Bestattung des Patrokolos behandelt, verbunden weniger mit grammatikalischen Analysen denn nahezu philosophisch anwandelnden Erörterungen den Tod im Allgemeinen und die Trauer im Besonderen thematisierend. Der Anlass all dieses befremdlichen Treibens wurde Manius Minor gleichwohl erst im Anschluss an diese ausführlichste Präparation offenbart: Das Dahinscheiden der Tante zweiten Grades Flavia Vera, die der Knabe der Einfachheit halber similär zu sämtlichen weiblichen, adulten Flaviae aus seiner Stirps mit 'Tante' titulierte. Ungeachtet all jener behutsamen Schilderungen und Beschwichtigungen hatte er diesen Casus indessen mit infantiler Indifferenz aufgenommen.


    Erst nun, da das Wehklagen der Klageweiber durch die Villa erscholl, Artaxias die übrigen Passagen des dreiundzwanzigsten Buches abgeschlossen hatte und man sich zum Totenbett der jungen Dame aufmachte, ergriff den jungen Flavius eine Beklemmung, deren Intensität ihn geradezu kleinmütig werden ließ. Langsam, stets die Hand seines Paedagogus haltend, näherte er sich auf Zehenspitzen der prächtig geschmückten Kline. Vorsichtig, als könne zu jedem Zeitpunkt der Leib der Verblichenen erneut von Leben erfasst werden und sich aufraffen, oder gar ihre Manen die Umstehenden attackieren, reckte der Knabe den Hals und blickte in das blasse, leblose Gesicht seiner Tante. Selten hatte er sich getroffen oder gar gesprochen, doch erschrak ihre offenbare Fremdartigkeit, evoziert durch die mit dem Ableben eintretende vollkommene Muskelrelaxation, ihn beträchtlich und, ergriffen von der allseits auftretenden Xenophobie, selbst dem Tod gegenüber, trat er vom Totenbett zurück und suchte die Nähe seines in seinen Augen omnipotenten, gar dem Tode überlegenen Vaters.

    Der zweite Sitzungstag jener Verhandlung, in der Manius Maior als Iudex fungierte und Manius Minor hinzugezogen worden war, um die Verhandlung zu verfolgen und so Kenntnisse in der römischen Rechtspraxis zu gewinnen, gebärdete sich für diesen gänzlich similär zu dem ersten Zusammentreffen der Parteien:


    Zur Rechten seines Lehrers und Paedagogus Artaxias saß der junge Flavius in den Reihen des Publikums. Deplorablerweise fand die originäre Destination seines Besuches indessen in keinster Weise Erfolg, da das Interesse des Knaben primär den übrigen Gästen galt, die ihrerseits partiell gar interessiert den Reden beider Parteien folgten. So erschien ihm mancher unter ihnen gleich einem Schwamm, der jedwedes Wort in sich aufsog, während andere hingegen ihr Desinteresse offen zur Schau stellten, indem sie sich während den Reden ohne jede Senkung der Stimme über die neuesten Geschehnisse im Senat, auf dem Forum, aber auch in den Hinterzimmern der römischen Noblesse austauschten.


    Obschon er durchaus bemüht war, den Reden des Octavius Macer und des Decimus Mattiacus zu folgen und ihre Gestik und Mimik mit Interesse beäugte, mangelte es ihm doch an saturierendem Intellekt und suffizienter Jurisprudenz, um diese inhaltlich zu erfassen. Stets aufs Neue richtete er daher seinen Blick, bemüht um jene Gravitität, die das Antlitz seines Vaters bei öffentlichen Auftritten stets beherrschte, hinauf zu dem Subsellium seines Vaters, als besäße dieser die Macht dem enervierenden Zwiegespräch Einhalt zu gebieten.

    Das Vorhaben erhöhter Indiskretion gegenüber den Gesprächen seines Eltern trug bereits unmittelba nach dem Entschluss Konfusion evozierende Früchte. Durchaus war es dem Knaben bekannt, dass es dem Usus seiner Zeit entsprach, dass Männer und Frauen, seinen eigenen Eltern gleich, Verbindungen schlossen, deren Anbahnung auch innerhalb jenes Spottverses, dessen Provenienz ihm kürzlich entfallen war, 'verliebt - verlobt - verheiratet' thematisiert war, obschon das erste Adjektiv dem jungen Flavius im Gegensatz zu den letzteren gänzlich unbekannt war. Ob dessen beschloss er, sich erneut jeglichen Kommentares zu enthalten, sondern die Worte seines Mutter zu erwarten, um größere Kenntnis vom Vorlauf einer derartigen Verbindung zu gewinnen.

    Gänzlich gefangen von der Darbietung jenseits der Stäbe, die die Grenze darstellten zwischen human und hominid, erreichte der Kommentar des Lanista nicht ansatzweise das Ohr des Knaben, vielmehr schenkte dieser erst der Frage seines Vaters erneute Aufmerksamkeit, entsprach es doch der Gewohnheit, dass derartige Äußerungen von größter Bedeutung war, selbst wenn jene nicht der Kreativität eines Manius Minor hätte entspringen können.


    Die Replik erschien indessen einleuchtend für den jungen Flavius, dem es nicht gelingen mochte, derartige Geschöpfe mit Waffen fechtend zu immaginieren. Gleichwohl war es jedoch durchaus deplorabel, denn die Unfähigkeit zur Imagination weckte gerade erst die Unrast Derartiges zu erblicken.


    Nun, da der Bann der Affen, die unterdessen die Frucht verspeist hatten, gebrochen war, verlangte es dem Knaben sogleich nach neuen adventurösen Ereignissen, weshalb er sich an seinen Vater wandte.
    "Was machen wir jetzt?"

    Stets darauf bedacht, die parentale Konversation nicht durch kindliche Interjektionen zu stören, wandte der Knabe sich den Speisen zu, die auf dem Tisch präsentiert wurden. Hierbei präferierte er in seiner infantilen Liebe zu jedweder Süßspeise insbesondere die Honigkruste der Siebenschläfer, die er mit geschickten Handgriffen von einem der Tiere löste, in kleine Stücke brach und zum Munde führte, Gedanken über Sestius oder den Esquilin völlig ignorierend, sondern sich lediglich am jenem Geschmackserlebnis in seinem Munde freuend.


    Als seine Mutter unvermittelt das Wort an ihn richtete, blickte er daher voll Konfusion zu ihr hinauf. Weder hatte die Zurückhaltung seiner Mutter, noch den Kommentar des Manius Maior vernommen, sodass er, nachdem er sorgsam seinen Bissen gen Magen gesandt hatte, freimütig erwiderte
    "Ich finde die Kruste ausgezeichnet."
    Ob dies ein saturierendes Argument für das Bleiben des Koches sein mochte, zumal in Rom zahlreiche berühmte Köche existierten, die die Noblesse sich partiell zu einzelnen Gastmählern zu mieten pflegte, entzog sich gänzlich der Kenntnis des jungen Flavius. Mehr wagte er daher nicht zu äußern. Vielmehr fasste er den Vorsatz, den Worten seiner Eltern besser zu lauschen, um qualifiziertere Beiträge zu deren Gespräch abgeben zu können.

    Deplorablerweise bewahrheiteten sich die Befürchtungen des jungen Flavius prompt, als sein Freund jedweder Replik entbehrte und beschämt nur wenige Worte stammelte. Manius Minor entschloss sich letztendes ein Herz zu fassen und bewegte vorsichtig, beinahe unmerklich sein Haupt in Caius' Richtung und raunte, kaum hörbar, ein
    "Nach ihren Führern, Caius!"
    gen dem freundlichen Ohr. Doch schon wandte Artaxias seinen strafenden Blick von letzterem Knaben, um ihn seinem Herrn zuzuwenden und erzürnt erscholl seine Stimme:
    "Domine, das habe ich gehört! Davon wird Flavianus das Griechische nicht besser lernen, wenn du ihm alles einsagst!"
    Nun war es an dem jungen Flavius, beschämt zu Boden zu blicken, als wäre seine Äußerung tendenziös oder gar obszön gewesen. Wiederholt hatte er versucht, seinen Freund aus der Klemme seiner Inkompetenz im Bereiche der Sprache zu befreien, doch gleich den Augen des Argus schienen auch die Ohren des Artaxias jedwede auditive Äußerung innerhalb des Lernraumes aufzunehmen und zu identifizieren, sodass regelmäßig Strafhomilien zu vernehmen waren.
    "Flavianus, dekliniere mir he stratia im Singular!"
    Mochte es auf die Knaben wirken, als geruhe der greise Lehrer die beiden mit jenen stetigen Fragen und Befehlen zu malträtieren, so bezweckte jener doch lediglich eine Stärkung individueller Schwächen bei beiden und eine letztendliche Ausmerzung derselben.

    Unvermindert führten die Knaben ihre Schritte gen Camera Ludi. Der junge Flavius genoss geradezu die Präsenz eines Gleichaltrigen, dessen Verhältnis zu ihm sich durchaus gewandelt hatte: War einst er selbst der Staunende gewesen, vermochten seine Rapporte nun ihrerseits jenen Caius in Staunen zu versetzen!


    Obschon er selbst einst eben jene Befürchtung gehegt hatte, dass er seinen Besitz in eben jener Weise persönlich zu versorgen hatte, erschien ihm dies inzwischen völlig inimmaginabel, sodass ihm ein glockenhelles Lachen entfuhr.
    "Nein, nein! Das ist ja viel zu gefährlich! Ich kann ihn aber immer ansehen, wenn es mir danach verlangt, wenn es so weit ist."
    In der Tat lag jener Tag vermutlich in weiter Ferne. Weitaus näher hingegen lag die Camera, vor der sie nun zum Stehen kamen. Selbstredend öffnete Manius Minor die Pforte gedankenlos und trat ein, uneingedenk der Tatsache, dass das Interieur den Gast zweifelsohne in Staunen zu versetzen vermochte:


    Zur Rechten türmte sich ein gewaltiges Regal, dessen einzelne Sektionen mit verschiedensten Gegenständen angefüllt waren: Im unteren Bereich lagerten diverse Geräte, die sowohl für die inwendige Nutzung, als auch für die unter freiem Himmelszelt adäquat waren. So lagen an ihren zugewiesenen Stellen diverse lederne, gänzlich runde Pilae mit einer Füllung aus dem Federkleid einer Ganz, aber auch ein Follis, der dank seiner Permeabilität mehr einem gefüllten Ledersack als einem Sportgerät größter Beliebtheit aus zukünftigen Tagen glich.


    In der folgenden Etage lagerten Holzfiguren, die dort in größter Diversität auf ihren Plätzen standen, saßen oder lagen. Unter ihnen befanden sich Werke wie eine getreuliche Darstellung eines römischen Senators, aber auch Soldaten, Gladiatoren, sowie Wesen, die hellenischen Mythen entsprungen zu sein schienen, aber auch Vertreter der regionalen und imperialen Fauna. Beherbergte eine weitere Etage auch vier linnene Puppen, sowie eine vollständige Centuria bemalter Holzfiguren, stellten das unzweifelhafte Prunkstück dieser Kollektion jene Gebilde dar, die auf einer kreuzförmigen Konstruktion in einer weiteren Ecke des Raumes präsentiert wurden: Darauf hing, gleich dem eines römischen Feldherrn in dessen Praetorium, ein schimmernder Muskelpanzer aus getriebenem Metall, obschon die Bronze im Gegensatz zu seinem Vorbild von minimaler Dicke, sowie deutlich minderer Größe war, sodass sie für einen Knaben im neunten Lebensjahr angenehm zu tragen war. Dieser wurde durch einen Helm ergänzt, ebenfalls von silbrigem Glanze und mit einem prächtigen Rosshaar-Busch besetzt. Um die Feldherrn-Ausrüstung des Knaben jedoch zu vervollständigen, hingen ebenso ein Gladius, das dessen übliche geringe Länge noch unterschritt, um der zierlichen Statur des jungen Flavius gerecht zu werden. Weitaus weniger augenfällig, jedoch ebenso dieser Montur zugehörig, lehnte zuletzt ein hölzerner Speer an der Wand, dessen Spitze jedoch durch eine lederne Hülle verborgen war, was zweifelsohne der Sekurität des Mitspielers dienen sollte.


    "Da wären wir."
    erklärte der Knabe und wies mit einer Geste in die Weite des Raumes.

    Zitat

    Original von Manius Flavius Gracchus Minor
    Für die nächsten Wochen werde ich nun der vita otiosa fröhnen, da meine Studien für diese Zeit ein Ende finden und ich nun in fremde Gefilde aufzubrechen geruhe. Möglicherweise wird sich mir indessen noch am morgigen Tage eine Possibilität der Kommentation diverser Threads oder gar Nachrichten ergeben.


    Nachdem nun sämtliche Formalitäten geklärt werden konnten, werde ich beginnen, mich erneut einzulesen und endlich wieder zu schreiben.

    Für die nächsten Wochen werde ich nun der vita otiosa fröhnen, da meine Studien für diese Zeit ein Ende finden und ich nun in fremde Gefilde aufzubrechen geruhe. Möglicherweise wird sich mir indessen noch am morgigen Tage eine Possibilität der Kommentation diverser Threads oder gar Nachrichten ergeben.

    "Aber nachdem sich geordnet ein jegliches Volk mit den Führern,
    Zogen die Troer in Lärm und Geschrei einher, wie die Vögel:
    So wie Geschrei hertönt von Kranichen unter dem Himmel,
    Welche, nachdem sie dem Winter entflohn und unendlichem Regen,


    Dort mit Geschrei hinziehn an Okeanos strömende Fluten,
    Kleiner Pygmäen Geschlecht mit Mord und Verderben bedrohend;
    Und aus dämmernder Luft zum schrecklichen Kampfe herannahn.
    Jene wandelten still, die mutbeseelten Achaier,
    All' im Herzen gefaßt, zu verteidigen einer den andern."

    Die Expression des Metrums, eines stichischen, katalektischen und daktylischen Hexameters, von Artaxias immitierend verlas der junge Flavius den ihm vorgelegten dritten Gesang der Ilias, die an diesem Tage in der wohlklingenden Sprache der Hellenen gelesen wurde. Dem Knaben imponierte seit jeher jene erbauliche Poetik des selbst bereits mythenhaften Homers, weniger ob der Ebenmäßigkeit seiner Poetik denn vielmehr der plastischen und überaus inspirierenden Schilderungen jenes gewaltigen Krieges, der vor Jahrhunderten im Osten des Mare Nostrum getobt und Opfer unter den vortrefflichsten aller Griechen gefordert hatte. Dennoch vermochte die Lektüre ihn bisweilen zu ermüden, sodass seine Aufmerksamkeit wie auch seine Konzentration schwand und er des Öfteren gar einen Daktylus als Spondeus intonierte. Obschon es ihm diesmal hingegen auf das Vortrefflichste gelang fehlerfrei zu , gab der gestrenge Artaxias mit einem Wink zu verstehen, dass Manius Minor die Rezitation zu unterbrechen hatte.


    "Flavianus, wie sind die Griechen organisiert?"
    fuhr er den Kameraden des jungen Herrn an, der zwar von diesem stets nur mit dem Praenomen, von dem Lehrer wie den meisten Sklaven der Villa jedoch bei jeder Gelegenheit auf die unpersönlichste Weise tituliert wurde, derer das römische Sprachwesen mächtig war. Für den jungen Flavius lag die Kausalität hierfür klar in der Unfähigkeit Caius' begründet, sich des Griechischen in Wort und Schrift fehlerfrei zu bedienen, obschon auch er selbst bisweilen Schwierigkeiten bei der Orthographie der Sprache besaß ohne Einbußen im Respekt der Dienerschaft hinnehmen zu müssen, möglicherweise da seine oralen Kapazitäten dank der bilingualen Edukation durch hellenische Sklaven nahezu an die Perfektion heranreichten.


    Und so hatte er wieder einmal die Befürchtung zu hegen, sein Freund würde erneut die strafenden Blicke des Magisters oder gar schlimmeres ernten, falls er die soeben verlesenen Worte nicht aufgenommen hatte, was aufgrund von dessen Kapazitäten durchaus nicht vermessen war zu prognostizieren.

    Der Knabe verspürte den Druck, mochte ihn indessen nicht einzuordnen, hatte dieselbe Hand vor wenigen Augenblicken ihn doch in Richtung jener horriblen Bestien geschoben, ein Zustand, dessen bloße Erinnerung ihn schaudern ließ.


    Nun verließ man jenen Ort des Grauens und zog weiter, freilich nicht ohne erneut auf Raubkatzen zu stoßen. Die Geschmeidigkeit und Eleganz jenes tiefschwarzen Tieres, dessen Kongruenz zu einer Katze weitaus schwieriger zu leugnen war als bei den soeben gesehenen Wesen, erzeugte in dem jungen Flavius jedoch vielmehr Staunen denn Furcht, was wohl auch dem Umstand geschuldet war, dass man den Panther weitaus weniger auf jenen hohen Besuch vorbereitet hatte, der nun geradezu achtlos an ihm vorbeischlenderte. Auch das nächste Wesen brachte positive Emotionen hervor, da seine offenbar überaus flauschige, wenn auch nur imaginable Haptik Manius Minor sofort zu Assoziationen mit einigen seiner Spielwaren in der Camera Ludi brachte. Aufgrund seiner völlig fehlenden Erfahrung uneingedenk der Tatsache, dass Bären wohl zu den gefährlichsten Wesen des Erdenkreis gehörten, verspürte er gar den Wunsch den Käfig zu betreten und das sanft schlummernde Tier zu liebkosen. Da er jedoch nicht wagte auch nur einen dahingehenden Laut zu produzieren, zog man weiter vorbei an einem überaus sympaathsiches Wesen, dessen träger Blick ebenfalls sanftmütig auf den Knaben wirkte.


    Doch auch hier kam er nicht zu Fragen, sondern erreichte endlich die ersehnten Affen. Mit weit geöffneten Augen versuchte Manius Minor die zahlreichen Tiere zu verfolgen, die in einer überaus anthropomorphen Art, wenn auch gewiss sich in einer völlig differenten Art und Weise bewegend, ihren Tätigkeiten nachgingen, sich stritten, soziale Kontakte pflegten oder schlichtweg ruhten.
    "Weiß ich."
    kommentierte er abwesend die Erklärungen des Lanista, der offenbar der Meinung war, dass ein Name wie der des Pan einem Knaben seines Alters nichts zu sagen vermochte, womit er durchaus irrte, hatte man diesen doch bereits seit frühester Kindheit mit Mären von all jenen Gottheiten, Heroen und berühmten Männern ergötzt! Dass jedoch nicht die geringste Similität zwischen dem Hirtengott und den Wesen im Käfig vorhanden war, ging in der großen Bandbreite an dargebotenen Spektakeln völlig unter, die noch durch die Fütterung weiter entflammt wurden.


    Als der Lanista dann plötzlich dem jungen Flavius einen Apfel präsentierte, benötigte jener einen Augenblick, ehe dieser zu reagieren vermochte. Niemals hatte er ein Wesen gefüttert, lediglich innerhalb des Universums seiner Spiele, in denen er von frühester Kindheit an seinem Krokodil Caius Speisen von seinen eigenen verabreicht hatte! In der Tat stellte es sogar eine Überraschung dar, dass diese Affen offenbar ähnliches zu sich nahmen wie ein Mensch!
    Ohne ein Wort ergriff er endlich die Frucht und warf sie zaghaft von sich, sodass sie zwar etwa einen Schritt durch die Luft eilte, dann jedoch noch vor den Gitterstäben zu Boden fuhr und damit einen Kampf hinter selbigen evozierte: Gierig griffen die behaarten Hände durch die Leerräume, bis endlich eine von ihnen den in ihre Richtung weiterrollenden Apfel ergriff und sich rasch zurückzog. Der wohl von Fortuna selbst, oder zumindest von deren Pendant für die Fauna Begünstigte sprang mit kräftigen Sätzen davon, verfolgt von einer Horde seiner Artgenossen, sodass gar eine Art Fangspiel entstand. Manius Minor selbst verfolgte das Treiben mit leuchtenden Augen. Wohl niemals in seinem gesamten privilegierten Leben hatte er derart possierliches erblickt!

    Auch dem Knaben entging der akkusative Habitus in Mimik, Gestik und Tembre seiner Mutter nicht, was ihn zwischen einem behaglichen Gefühl des Behütet-Seins und einer empathischen Furcht vor Strafe für einen ungerechtfertigten Tadel am Verhalten des Pater Familias schwanken ließ. Ob die Beteuerungen Antonias indessen der Wahrheit entsprachen, vermochte er nicht einzuschätzen, da er zum einen jeglicher Komparabilität seiner Leistungen mit Älteren entbehrte, zum andern eine derartige Äußerung noch nie aus dem Munde seines Lehrers Artaxias vernommen hatte.


    Der Kommentar Manius Maiors hingegen brachte nun wieder ein weitaus inkommodierenderes Gefühl in Manius Minor auf, der bereits das Geschenk jenes Gefährten bedroht sah, das ihm in den letzten Tagen und Monaten eine so große Labsal verursacht hatte, indem es die Aufmerksamkeit des Lehrers bisweilen von ihm abzulenken vermocht und dem jungen Flavius so immer wieder einige Augenblick der Ruhe und Erholung im fordernden Lernbetriebe offeriert hatte.
    "Nein, nein, er ist mir eher eine Stütze!"
    warf er daher rasch ein, ehe sein Vater weitere Sanktionen ins Auge fassen konnte. Doch in der Tat entsprach dies der Wahrheit, zumindest auf dem Felde der enzyklischen Wissenschaften, insbesondere der Geometrie und Mathematik, die Manius Minor stets aufs Neue veritable Mühen bereiteten.