Zitat
Original von Manius Flavius Gracchus
"Iuppiter ist in seinem Tempel besonders präsent, wiewohl er ni'ht nur in seinen Tempeln zu finden ist. Es ist Teil des göttli'hen Wesens, dass es nicht auf eine einzige materiali..sierte Erscheinung sich reduzieren lässt, do'h dort, wo der Mensch es adoriert, ist es außerordentli'h gegenwärtig."
"Die Ochsen werden geschla'htet und nur die vitalia werden den Göttern über..eignet. Dies sind die kostbarsten Stücke bezügli'h der Vitalität, jene Teile des Tieres, die unabdingbar zum Leben notwendig sind - das Herz, die Leber, die Galle, die Lunge und das Bau'hfell."
Dass es darüber hinaus jene Teile eines Tieres waren, welche der Mensch nicht verzehrte und nicht weiter konnte verwerten - für den Menschen also vollkommen wertlos -, sparte Gracchus ebenfalls vorerst aus.
"In ihnen su'ht der Opferherr oder ein Haruspex nach Anzei'hen des göttlichen Willens, denn so Iuppiter nicht gewillt ist, das Opfer anzu..nehmen, so wird er in jenen vitalia dies zum Ausdruck bringen, dur'h Verknotungen oder Verfärbungen im Gewebe oder ähnlichem."
Wiederum verschwieg Gracchus, dass die Consulen solcherlei Zeichen an diesem Tage würden ignorieren, da für dieses Opfer nicht der Wille der Götter von Belang war, sondern einzig das positive Ergebnis für das Volk.
"Herna'h werden sie dem Feuer übergeben und somit in die göttlichen Sphären überführt, wo die Götter si'h daran laben, einem Mahl gleich. Der Rest des Tieres ist für die Götter uninte..ressant und wird darob an die Menschen verteilt."
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Aufmerksam lauschte der Knabe den Ausführungen seines Vaters, die, obschon dieser darauf Acht gegeben hatte, sie nicht in ihrer vollständigen Komplexität wiederzugeben, zu erneuter Konfusion des jungen Flavius führten. So schien Iuppiter einerseits durchaus innerhalb jenes Marmorbaus präsent, zumindest offenbar für die Dauer der Zeremonien, andererseits jedoch auch an anderen Orten zu finden zu sein, sodass es Manius Minor unerklärlich erschien, warum jener honorable Zug die Mühen auf sich genommen hatte, diesen Hügel zu besteigen, wo es doch offenbar ebenso legitim erschien, jeden beliebigen Ort für eine derartige Opferung heranzuziehen. In besonderem Maße war dieser Umstand jedoch unbegreiflich, da das Opfer ja gewissermaßen ein Präsent an die Gottheit darstellte, sodass es in den Augen des Knaben gebührlicher gewesen wäre, wenn diese dem Opferherrn ein gewisses Maß an Entgegenkommen gezeigt hätte und die Gabe im Hause des Consuls abgeholt hätte. In ebensolcher Weise war es ihm jedoch kaum apprehendabel, warum Iuppiter darüber hinaus nicht gemäß einem alten Proverbium verfuhr, das da lautete: 'Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul!'.
All jene Zweifel vermochte der Knabe jedoch nicht zu äußern, denn schon schritten die Consuln zur Tat, kaum hatten sie das Tempelgebäude verlassen. Der Ruf des Herolds war nämlich auch dem Knaben durchaus verständlich und angesichts des Faktums, dass sämtliche Anwesende ihre Gespräche einstellten, schwieg auch er, wenn auch widerwillig. Jener Widerwillen wurde noch durch den Umstand verstärkt, dass er ob seiner geringen Körpergröße wegen wenig von dem Geschehen auf dem Tempelvorplatz zu sehen vermochte, weshalb er letzten Endes beschloss, sich seinem Kuchen, den er während des erhitzenden Marsches vernachlässigt hatte, zuzuwenden.
Mit größter Vorsicht entledigte er diesen seines Bandes, dann brach er sogleich ein Stück heraus, was den deliziösen Duft süßen Honigs in seine Nase strömen ließ. Als die Beile auf die Schädel der Tiere niederflogen, stießen so auch seine Zähne zusammen, während sie das Gebäckstück zermalmten und so für die Digestion bereiteten. Als schließlich der Haruspex die Litatio verkündete, deuteten lediglich die Rückstände, die im Umfeld um den Mund im Angesicht des jungen Flavius klebten, darauf hin, dass dieser im Besitz jenes Sportulums gewesen war.
Aus diesem Grunde konnte Manius Minor keinerlei Anlass erkennen, weiterhin auf ermüdende Weise auf einem Hügel zu stehen, weshalb er sich nun endlich wieder an Manius Maior wandte:
"Papa, gehen wir? Mir tun die Füße weh!"
Zur Untermauerung seiner Beschwerde beugte er sich leicht nach vorn und knickte seine Knie leicht ein, sodass sich sein Schwerpunkt stärker auf die Fußballen verlagerte, um die Belastung und damit den Schmerz im hinteren Teil seiner Füße zu lindern.