Beiträge von Manius Flavius Gracchus Minor

    Langsam ließ sich der Knabe auf dem teppichbedeckten Boden nieder und postierte die beiden animalischen Figuren zu Füßen seines Vaters. Indessen lauschte er zugleich dessen Worten, deren Komplexität und Elaboriertheit jedoch seinem kindlichen Gemüt kaum entsprachen. So erreichten ihn nur ein Teil der Botschaft, der sich auf seine noble Derivation und die Mahnung zu Ernsthaftigkeit beschränkte.


    Schweigend, weil darüber nachsinnend, nahm er von Lakrates schlussendlich den Elefanten, wie auch die übrigen Tiere entgegen und gruppierte sie um den Löwen und den Bären. Plötzlich wurde er sich gewahr, dass ja der Elefant, nicht jedoch der Löwe, der erklärte Kommandeur jener animalischen Streitmacht war, sodass er ihn an die Spitze seiner Truppen stellte. Anschließend führte er auch seine Hände zu Boden, um in kriechender Weise zu seinen Legionen hinzuzutreten, da nun beide Armeen aufgestellt waren.
    "War dein Papa ein Kaiser?"
    fragte er dann plötzlich und unerwartet. Diese Nachfrage war unvermittelt in ihm aufgetreten, da seine Abstammung ihm wohl besonders stark im Gedächtnis haften geblieben war. Zweifelsohne hatte er bereits die Geschichten seiner Mutter über Männer wie Flavius Vespasianus, Claudius Nero und andere vernommen, doch aufgrund seines mangelhaften Gefühls für Zeiträume vermochte er diese Geschichten kaum in Relation zum hier und jetzt stellen.

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    Original von Manius Flavius Gracchus


    Auch jenes Spektakel bot dem jungen Flavius ein vielschichtiges Potpourri an Sinneseindrücken, das ihm inzwischen dank der zahlreichen Visitationen unterschiedlichster Feierlichkeiten geradezu familiar erschien, weshalb er seiner Xenophobie an diesem Tage weitestgehend entbehrte. Besonders adventurös erschien es ihm jedoch, dass er jedoch bar jeglicher Luxuria seinen Weg in den Circus Flaminius gemacht hatte, bekleidet fast wie ein Sklave, begleitet von einem geradezu plebejisch wirkenden Vater. In der Tat schenkten ihm all jene Umstände ein Gefühl konspirativer Diskretion, die diesem Besuch einen weitaus größeren Reiz verschafften als jenen Terminen der letzten Tage.


    Während Manius Maior und Minor sich ohne Begleitung von Sklaven, die gewöhnlich eine freie Bahn an jeden beliebigen Ort ermöglichten, durch die aufgepeitschte Menge schoben, legte der Knabe besondere Aufmerksamkeit auf die lyrischen Ergüsse der verschiedenen Anhängergruppen, die ihre Zugehörigkeit zu diesem oder jenem Rennstall offenbar mit Hilfe der Farbe ihrer Kleidung, Stoffbänder oder Banner offenbahrten. Diese Kognition wiederum ließ ihn rasch umherblicken, wo weitere Personen in orangener oder brauner Kleidung sich zusammenrotteten, um die Lautstärke ihrer Gesänge zu erhöhen. Da er derlei jedoch nicht ansichtig wurde, richtete er, nachdem er Platz auf jenem ungewohnt harten Stein genommen hatte, eine Frage an seinen Vater, jenen omniscienten Quell der Weisheit:
    "Papa, für welche Factio sind wir?"
    Selbstredend enthielt er sich hingegen eines Kommentares betreffs der Körpertemperatur oder seiner Libido bezüglich der hiesigen Vorgänge, erschien es ihm in diesem Augenblick doch inimaginabel, sich freiwillig von jenem einem Bienennest an Geschäftigkeit gleichkommenden Ort zu entfernen!

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    Original von Manius Tiberius Durus et Manius Flavius Gracchus et Claudia Antonia et Marei


    Für die gesamte Dauer der eher kurzen Reise in der Sänfte hatte der junge Flavius darüber lamentiert, dass ihm das Gefährt keinerlei kommoden Platz bot, zumal er an diesem Tage bereits eine besonders ermüdende Ankleidezeremonie über sich ergehen lassen hatte müssen und er ob dessen keineswegs gewillt war, die Last einer Feierlichkeit nun ebenfalls auf sich zu nehmen.


    So suchte seine Hand rasch die seiner Mutter, als sie die Sänfte verlassen hatten und sich auf den Weg ins Innere des Anwesens machten, das in seiner Größe zwar durchaus mit der Villa Flavia vergleichbar sein mochte, doch in seiner prunkvollen Dekoration und der Menge an Menschen, die sich im Atrium versammelt hatte, eher eine einschüchternde Wirkung auf den Knaben hatte. Zwar waren ihm einige der Personen innerhalb des Raumes durchaus bekannt, wenn auch weniger namentlich denn von vorhergehenden Begegnungen, dennoch verhinderte es seine gewisse Xenophobie, dass in jenem Umfeld ein wohles Gefühl in ihm aufkeimte. Indessen betrachtete er alles mit großen Augen und erstarrte gar, als der offenbare Gastgeber, jener ältliche Mann, dessen Wege die Parzen in den letzten Tagen des Öfteren mit denen des Manius Minor kreuzen ließen.


    Selbstredend bewirkte die Begrüßung durch physischen Kontakt in dem jungen Flavius eine gewisse Abneigung gegenüber dem Consul, weshalb er sich auch eines Kommentares angesichts dessen Dankbarkeitsbezeugung enthielt. Vielmehr trat er vorsichtig einige Schritte zurück, sodass er zwischen seinen Eltern verschwand.


    Als er sich umwandte, blickte er verblüffenderweise in das Antlitz eines Knaben seines Alters, da es ihm unbekannt war, dass es sich um ein Mädchen handelte. Tatsächlich blickte sie ihn nicht nur an, sondern grüßte ihn vielmehr verhalten, was Manius Minor erneut eine gewisse Insekurität gab, da er nicht wusste, wie man auf derartige Annäherungen zu reagieren hatte. Nach einer ihm endlos erscheinenden Pause, in der er rasch verschiedene Alternativen der Reaktion bewertete, rang er sich schließlich zu einem erwidernden
    "Salve!"
    durch und erwartete voller Anspannung, wie sein Gegenüber wohl reagieren mochte.

    Die Regung, die seine Insekurität bei dem Knaben ihm gegenüber hervorrief, verstärkte jene noch um ein Vielfaches, da es Manius Minor den Eindruck schaffte, er habe falsch gehandelt. Schon erwog er, die Flucht zu ergreifen und in die schützenden Arme seiner Mutter zu eilen, als der Fremde sich schließlich doch auf eine Konzession einließ und es gestattete, den Rat der Claudia einzuholen. Daraufhin ergriff eine gewaltige Welle der Tranquillisation den Knaben, weshalb auch seine Züge sich nun wieder entspannten und sich gar zu einem Lächeln verzogen.
    "Bestimmt! Komm, wir gehen gleich zu ihr!"


    Er ergriff die Hand des unbekannten Knaben und zog ihn mit sich, wobei sein Gang sich rasch zu einem eiligen Lauf beschleunigte, während er durch die Korridore der Villa Flavia Felix eilte, um das Schlafgemach seiner Mutter möglichst rasch zu erreichen.

    Im eiligen Lauf strömten Freude, gar Begeisterung in dem jungen Flavius auf, dem sich die Perspektive, einen gleichaltrigen Spielgefährten zu erhalten, jäh eröffnet hatte. Und obschon Flavianus Aquilius nicht zu den konventionellen Gästen im Hause zählte, verhinderte die geradezu physische Verbindung zwischen diesem und Manius Minor, dass die beiden unbeirrt ihren Weg fanden. Dennoch spielte wohl auch der Einfluss der Fortuna eine gewisse Rolle, denn hätten die beiden einen der Erzieher des jungen Flavius angetroffen, hätte dieser zweifelsohne Nachforschungen angestellt, um wen es sich bei dem Gefährten ihres Zöglings handelte.


    Nichtsdestotrotz kamen die beiden vor der Tür des Cubliculum zum Stehen und Manius Minor riss entsprechend seiner Gewohnheit einfach die Tür auf, ohne jedoch zuvor anzuklopfen.

    Unter den Ermahnungen von Manius Maior machte sich Manius Minor nach der geräuschvollen Äußerung seines Unmutes rasch daran, einen weiteren Anlauf zu nehmen, um möglichst viele der Tiere aufzusammeln, als er inne hielt und seinen Vater anblickte, hatte dieser nun doch angeordnet, sich lediglich die wichtigsten Wesen zu selektieren. Sein Blick bar jeglichen Verständnisses währte jedoch nur für eine kurze Zeitspanne, dann lenkte er ihn erneut auf den Teppich, auf dem die Holzfiguren lagen. Den gewöhnlichen Vorlieben eines infantilen Knaben gehorchend wählte er schließlich den Löwen, sowie den Wolf, da jene beiden Tierarten ihm als die gefährlichsten seiner Sammlung erschienen (obschon er zu Beginn seines Spiels den Elefanten als Anführer erkoren hatte).


    Ehe er Lakrates befehlen konnte, die übrigen Tiere aufzunehmen, hatte dieser jedoch bereits den impliziten Anordnungen seines Herrn gehorcht und war herbeigeeilt, um die Wahl seines jüngsten Herrn zu erwarten und die übrigen Transporte zu vollführen. So schenkte er dieser Obliegenheit keinerlei weitere Beachtung, sondern unterbrach seinen Lauf, um auf die Frage seines mahnenden Vaters zu reagieren, die ihn erneut in eine gewisse Konfusion warf. Was war wohl die Intention dieser Frage?
    "Ähm...ja, Artaxias sagt das immer. Also Mut gehört dazu, und ruhig sein."
    begann er zu erwidern, wobei eine deutliche Insekurität in seinen Worten mitschwang.


    Aufmerksam lauschte der Knabe den Ausführungen seines Vaters, die, obschon dieser darauf Acht gegeben hatte, sie nicht in ihrer vollständigen Komplexität wiederzugeben, zu erneuter Konfusion des jungen Flavius führten. So schien Iuppiter einerseits durchaus innerhalb jenes Marmorbaus präsent, zumindest offenbar für die Dauer der Zeremonien, andererseits jedoch auch an anderen Orten zu finden zu sein, sodass es Manius Minor unerklärlich erschien, warum jener honorable Zug die Mühen auf sich genommen hatte, diesen Hügel zu besteigen, wo es doch offenbar ebenso legitim erschien, jeden beliebigen Ort für eine derartige Opferung heranzuziehen. In besonderem Maße war dieser Umstand jedoch unbegreiflich, da das Opfer ja gewissermaßen ein Präsent an die Gottheit darstellte, sodass es in den Augen des Knaben gebührlicher gewesen wäre, wenn diese dem Opferherrn ein gewisses Maß an Entgegenkommen gezeigt hätte und die Gabe im Hause des Consuls abgeholt hätte. In ebensolcher Weise war es ihm jedoch kaum apprehendabel, warum Iuppiter darüber hinaus nicht gemäß einem alten Proverbium verfuhr, das da lautete: 'Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul!'.


    All jene Zweifel vermochte der Knabe jedoch nicht zu äußern, denn schon schritten die Consuln zur Tat, kaum hatten sie das Tempelgebäude verlassen. Der Ruf des Herolds war nämlich auch dem Knaben durchaus verständlich und angesichts des Faktums, dass sämtliche Anwesende ihre Gespräche einstellten, schwieg auch er, wenn auch widerwillig. Jener Widerwillen wurde noch durch den Umstand verstärkt, dass er ob seiner geringen Körpergröße wegen wenig von dem Geschehen auf dem Tempelvorplatz zu sehen vermochte, weshalb er letzten Endes beschloss, sich seinem Kuchen, den er während des erhitzenden Marsches vernachlässigt hatte, zuzuwenden.
    Mit größter Vorsicht entledigte er diesen seines Bandes, dann brach er sogleich ein Stück heraus, was den deliziösen Duft süßen Honigs in seine Nase strömen ließ. Als die Beile auf die Schädel der Tiere niederflogen, stießen so auch seine Zähne zusammen, während sie das Gebäckstück zermalmten und so für die Digestion bereiteten. Als schließlich der Haruspex die Litatio verkündete, deuteten lediglich die Rückstände, die im Umfeld um den Mund im Angesicht des jungen Flavius klebten, darauf hin, dass dieser im Besitz jenes Sportulums gewesen war.


    Aus diesem Grunde konnte Manius Minor keinerlei Anlass erkennen, weiterhin auf ermüdende Weise auf einem Hügel zu stehen, weshalb er sich nun endlich wieder an Manius Maior wandte:
    "Papa, gehen wir? Mir tun die Füße weh!"
    Zur Untermauerung seiner Beschwerde beugte er sich leicht nach vorn und knickte seine Knie leicht ein, sodass sich sein Schwerpunkt stärker auf die Fußballen verlagerte, um die Belastung und damit den Schmerz im hinteren Teil seiner Füße zu lindern.

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    Original von Manius Flavius Gracchus
    "Siehst du die Stiere? Sie werden der kapito..linischen Trias und der salus publica geopfert, da diese im letzten Jahr für das Wohl des Staates und des ... Imperators haben Sorge getragen. Glei'hsam werden ihnen erneut Bitten angetragen, ihr Wohl auch für die Amts..zeit der neu gewählten Consulen uns zu gewähren, und dafür weitere Opfer verspro'hen zum Beginn des darauf folgenden ... Amtsjahres. So ist dies ein ewig währender Kreislauf, ein Geben und Nehmen zwischen ... den Göttern und dem römischen Imperium, ein ewig währendes do ut des."


    Nach der Salutatio, die bereits einen gewaltigen, adventurösen Charakter für den Knaben besessen hatte, folgten die beiden Flavii nun auch dem Processus Consularis hinauf zum Capitolium, was für den Knaben mit seinen eher kurzen Beinen einen Marsch von größter Länge darstellte. Dieser Anstrengung entsprechend atmete er, als die beiden jenen uralten Hügel, auf dem an diesem Tage auch die Amtszeit begonnen hatte, erklommen hatten. So erwies es sich geradezu als opportuner Fall der Launen von Fortuna, dass die Gesellschaft das Eintreffen des anderen Consul zu erwarten hatten, in der der Knabe die Muße hatte, weitere Teilnehmer an jener uralten Zeremonie zu beobachten.


    All diese Gesten und archaischen Worte wirkten auf den jungen Flavius geradezu magisch, ebenso wie der Tempel des Iuppiter Optimus Maximus, dessen Dach auf unerklärliche Weise das Licht der Sol in goldener Farbe widerspiegelte. Dann jedoch betraten jener Tiberius, der ihn vor kurzer Zeit in die Wange gekniffen hatte, gemeinsam mit einem Mann größeren Leibesumfangs dieses Gebäude und sein Vater gab gewisse Annotationen zum Geschehen.
    "Und Iuppiter ist da drin? Und was macht er mit den Ochsen?"
    Obschon es dem Knaben familiar war, dass die Götter stets der Opfer bedurften, kam diese Frage in diesem Moment an die Oberfläche, obgleich er sie bereits seit geraumer Zeit im Herzen trug.

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    Original von Titus Aurelius Ursus


    Als das an Körpergröße minderste Element der Familia Flavia Graccha besuchte auch Manius Minor die Naumachia des Aedilis Plebis. Ohne die verheißungsvollen Worte seines Vaters, sowie seiner Sklaven, hätte jenes Spektakel jenseits jeglicher Imaginationskraft des Knaben gelegen, hatte er doch niemals ein Schiff erblickt, lediglich eines der Spielzeuge, die er im Bade der Villa Flavia zu verwenden pflegte, um sich während der ermüdenden Badezeremonie der Familie Zerstreuung zu bereiten.
    Dennoch wurden all jene Rapporte von dieser sich ihm bietenden Realität weitaus übertroffen. Seine geweiteten Augen verschlangen geradezu jegliche Bilder, die sich in größter Geschwindigkeit darboten, die Händler für getrocknete Früchte wie die reich equipierte Loge des Veranstalters, ebenso und insbesondere jedoch der Anblick der Schiffe, die wartenden Haifischen gleich das ruhige Wasser der Arena durchschnitten.


    Seine Aufmerksamkeit wurde jedoch rasch zu einem der Nachbarn gelenkt, kaum hatte er auf dem weichen Kissen neben Manius Maior Platz genommen. Dort saß ein junger Mann, dessen breiter Purpurstreifen auf der Tunica ihn als den Spross eines senatorischen Hauses offenbarte, was dem jungen Flavius trotz seines geringen Alters bereits bekannt war. Der Erwartung gemäß war dieser, der sich als Aurelius Ursus und kürzlich ernannter Senator erwies, seinem Vater bekannt, was dem Knaben in jeglicher Weise logisch erschien, entsprach es doch der Erfahrung des Jünglings, dass jeder Senator und Patrizier seinem Vater bekannt war. Dennoch machte sich auch in diesem Kasus die Xenophobie des Knaben bemerkbar, sodass er auf seine Vorstellung hin den Aurelier nur verhalten grüßte.
    "Salve, Aurelius."
    Obschon sein Kosename einen durchaus starken Diminutiv darstellte, ja geradezu ein Superlativ war, der seinem Alter, wie auch seiner Körpergröße angemessen war, störte ihn allerdings die Vorstellung mit diesem kaum, war die Nennung ihm doch bereits in Fleisch und Blut übergegangen und so selbstverständlich wie die Titulatur des der Sage nach reichsten Mannes der Republik als Crassus, was ebenso wenig schmeichelhaft als "der Fette" widerzugeben war.


    Indessen wandte er seine Aufmerksamkeit erneut dem Geschehen auf dem Wasser zu, wo die Kriegsschiffe nun begannen, ihre Formation einzunehmen, begleitet von den Kommentaren verschiedenster Ausrufer. Wie bereits bei seinem letzten Besuch der Spiele, so konnte der Knabe auch diesmal kaum verstehen, welche Bedeutung der Austausch von Pfeilen und Geschossen für die Gladiatoren hatte, die dort unten um ihr Leben zu kämpfen hatten. Vielmehr wirkte es auf ihn ähnlich jenen Spielen, die er in seiner Camera Ludi gemeinsam mit seinen Sklaven zu vollführen pflegte, als fleischgewordene Imagination, die sich gewöhnlich seiner bemächtigte, wenn er die leblosen Holzfiguren von Legionären und wilden Tieren aufeinander hetzte.
    Unterdessen entfiel es ihm gänzlich, dass er neben einem Fremden saß, ebenso wie er keinerlei Inhalte des Dialogs zwischen diesem und seinem Vater teilhaftig wurde.


    Selbstverständlich hatte der Knabe bereits vernommen, dass ihm jene honorable Tätigkeit zukommen mochte, obschon er sich der Tragweite einer consularen Hochzeit kaum bewusst sein mochte. Dennoch erfüllte es ihn mit Stolz, dass jener alte Mann ihn daraufhin ansprach, weswegen er gar die ihm eher unangenehme Berührung seiner Wange akzeptierte und ob dessen lediglich leicht das Gesicht verzog.


    Doch auch jene Gefühlsregung blieb nicht von langer Dauer im Antlitz des jungen Flavius, denn schon lenkte Tiberius Durus die Aufmerksamkeit auf jene Sportulae, die bereits zuvor das Interesse des Knaben erweckt hatten. Natürlich nickte er eifrig und nahm den Kuchen aus den Händen des Sklaven entgegen, noch ehe dieser seinen Vater mit einer der Köstlichkeiten hatte ausstatten können.
    Nichts hätte ihm in diesem Augenblicke wohl größere Satisfaktion bereitet als sofort das honigsüße Gebäck in seinen Händen von dessen blauer Bande zu befreien, um kurz darauf seine kleinen Zähne darin zu versenken. Nur seiner bereits vorangeschrittenen Erziehung war es zu verdanken, dass er diese Option nicht unbedacht wählte, sondern vielmehr zu seinem Vater blickte ob dieser das gefürchtete Veto aussprechen würde.

    "Ja!"
    artikulierte der Knabe voller Elan und ergriff sogleich das Ungetüm aus Africa, griff dann einen männlichen Löwen und klemmte ihn sich unter den Arm, nur um weitere Tiere aus dem Regel auf geradezu artifizielle Weise mit seinem linken Arm zu halten. Gerade als er zu dem Entschluss gelangt war, ausreichend Tiere als erste der Fuhren aufgeladen zu haben, verlor er jedoch die Kontrolle über die Vielzahl der Wesen, sodass Löwen, Giraffen, Wölfe, Katzen und Bären in bunter Mischung zu Boden stürzten und sich auf dem Teppich verteilten, der erfreulicherweise durch seine weiche Oberfläche vermied, dass jene filigranen Extremitäten der hölzernen Wesen zerbarsten. Nichtsdestotrotz rief dieses Versagen in dem Knaben jedoch eine gewisse Indigniertheit hervor, der er mit einem lauten
    "Mehercle!"
    Luft machte. Mit jenem kräftigen Fluch, der in seiner Grammatik und Wortwahl wohl kaum der elaborierten Sprechweise eines wahren Flaviers angemessen war, imitierte er einen bereits vor geraumer Zeit wahrgenommenen Ausruf eines der gemeinen Sklaven des Anwesens, der sich ihm jedoch, der Vorliebe von Kindern für die Aufnahme derber Worte und Beschimpfungen, präsent war, als habe ihn soeben einer der Anwesenden ausgesprochen.


    Der Sklave Lakrates ging angesichts dieser Äußerung jedoch seines rosigen Gesichtstones verlustig und blickte entschuldigend und zugleich verängstigt zu seinem Dominus, der zwar seinem Ruf entsprechend kaum seiner Gattin an Anfälligkeit für Wutausbrüchen gegenüber der Dienerschaft gleichkam, dennoch aber wohl kaum eine derartige Ausdrucksweise bei seinem Stammhalter billigte.

    Es erschien dem Knaben gänzlich inimaginabel, sich dem Rat seiner Mutter zu widersetzen, obschon er sich gelegentlich selbst zu derartiger Missetat hinreißen ließ, wenn dieser Umstand zumeist auch lediglich seiner infantilen Uneinsichtigkeit zu danken war.
    "Aber...aber...Mama...passt doch auf mich auf!"
    erwiderte der junge Flavius inmitten jener Konfusion, die ihn befing. Hatte er soeben noch geradezu übergeschäumt vor Waghalsigkeit, begann sein Mut nun erneut zu sinken. Durchaus existierten doch inpraevisible Gefahren jenseits jener schützenden Mauern! Würde er sie nun ohne das Wissen seiner Familie überwinden, wäre er ihnen schutzlos ausgeliefert! Welch deplorabler Gedanke!

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    Original von Manius Flavius Gracchus
    [...]
    "Ave, Consul Tiberius! Ein großer Tag ist dies für das römische Imperium. Mögen die Götter dir in dieser Amts..zeit ganz besonders gewogen sein, dass dir all das gelingen wird, was du dir vorge..nommen hast und mehr!"
    Er blickte zur Seite, an welcher Minor neben ihm stand, legte die Linke ihm auf die Schulter und schob ihn ein wenig vor sich.
    "Dies ist mein Sohn, Manius Gracchus Minor"
    , stellte er diesen vor und wartete darauf, dass jener artig den Consul grüßte.


    In dem jungen Flavius hatte die Perspektive auf den wohl potentesten sämtlicher Männer Roms zu treffen, eine erwartungsvolle Unrast hervorgerufen. Nur jener gewissen Befangenheit, die die Präsenz seines bewunderten Vaters hervorrief, hatte es jenem erspart mit beständigen Fragen über die Persönlichkeit, Machtfülle sowie deren Begründungen überhäuft zu werden. Ob diese Begeisterung jedoch Ausdruck seines Verständnisses für die Tragweite jenes politischen Amtes sein mochte, war für den indipendenten Beobachter wohl mehr als fraglich, da es dem Knaben kaum möglich war, das Consulat in Beziehung zu jenen altehrwürdigen Institutionen des römischen Staates zu stellen. Lediglich der Vergleich mit dem Kaiser als schier omnipotenten Potentaten war der Auslöser der Begeisterung geworden.


    Mit wachsender Erregung verfolgte er daher das Prozedere der Salutatio, das ihm bereits von seinem Vater bekannt war, im Hause Flavia üblicherweise jedoch weitaus weniger breite Purpursäume umfasste, als dies an dieser Stelle der Fall war. Selbstverständlich vermochte der Knabe auch dies zu deuten, hatte seine Mutter ihm doch mehrmals erklärt, dass lediglich Senatoren und Knaben das Recht besaßen, ein derartiges Kleidungsstück zu tragen. Am heutigen Tage, an dem er dieses Recht wahrnahm, fühlte er sich in dieser Umgebung daher umso stärker familiär.


    Schließlich fand er sich an der Hand des Manius Maior vor dem Senator wieder, der auf einem Hocker sitzend die Scharen seiner Bewunderer empfing und dabei offenbar mit jedem wenige Worte wechselte, gelegentlich Präsente in Empfang nahm und anschließend einem Sklaven befahl, Kuchen auszuteilen, die selbstverständlich unvermittelt das besondere Interesse des jungen Flavius erweckten, da diesem eine Vorliebe für jegliche Formen des Süße zueigen war.
    "Salve, Consul!"
    grüßte er endlich jenen Mann, der bei näherer Betrachtung einen durchaus gewöhnlichen Eindruck erweckte - all jene Insignien der Macht hatte der Knabe bereits an seinem Vater wiederholt erblicken können, als jener das Amt des Praetor bekleidet hatte.

    Nachdem der Legionär seinen Platz innerhalb der Schlachtordnung wieder eingenommen hatte und auf geradezu akribische Weise wieder dem imaginären Feinde entgegen ausgerichtet worden war, was Manius Minor zweifelsohne zu keinem Zeitpunkt in jener Präzision gelungen wäre, wandte der Knabe seine Aufmerksamkeit von den Figuren seinem Vater zu, als dieser eine Frage formulierte, deren Replik in zahlreichen Fällen wohl von nicht geringer Diffizilität gewesen wäre, gereichte es dem jungen Flavius doch häufig schon zu saturierender Freude, jene Miniaturen in geometrischen Formen anzuordnen, was in der Realität möglicherweise einer Parade seiner Streitmacht gleichgekommen wäre. Der mirakulösen Fortuna jedoch war es an diesem Tage zu verdanken, dass der Knabe wahrhaftig gedachte, seine fragilen Truppen einem Feind entgegenzuwerfen, der in der Realität der römischen Armee wohl keinerlei Bedrohung darstellte, denn Manius Minor verkündete freiheraus
    "Gegen die Tiere. Ihr Anführer ist der dicke Elefant!"
    In der Tat erhob er sich in diesem Augenblick und eilte zu dem Regal, in dem die hölzernen Tiere sich offenbar auf eine Schlacht vorzubereiten hatten. Triumphierend ergriff er zuerst den hölzernen Elefanten und hielt ihn hoch, sodass es seinem Vater möglich war, ihn zu identifizieren. Für den Knaben war eine derartige Schlacht durchaus immaginabel, zumal sie seinem Erfahrungshorizont, gespeist aus der bereits lange zurückliegenden Visitation des Amphitheatrum Flavium Erfahrung des tödlichen Ringens zwischen Mensch und Tier.

    Die sich verkürzenden Tage, wie auch die nokturne Finsternis, deren Dauer sich inzwischen weit in den Tag hineinzog, beschwerte das Gemüt des jungen Flavius, den insbesondere die Schemen ängstigten, die jeden Morgen im dunklen Zimmer des Knaben einen Tanz zu vollführen schienen. Diese Verfasstheit schien jedoch zu verfliegen, kaum hatte der Knabe nach dem alltäglichen Ientaculum, dem alltäglichen Lernen, dem alltäglichen Prandium, der alltäglichen zweiten Lerneinheit - kurz: dem unentwegt fortgesetzten, stets gleichförmigen Ablauf des Vormittags sein Spielzimmer betreten und war in jene Welt eingetaucht, die lediglich Bestand in seiner vitalen Phantasie hatte, ihn aber dennoch über die beschwerliche Realität hinwegzuretten vermochte.


    Zu jenem Zeitpunkt nun, als Manius Maior an die Pforte des Raumes klopfte, war Manius Minor gerade in eines seiner typischen Spiele vertieft: Mit größtem Eifer und der Assistenz seines Sklaven Lakrates hatte er seine unzähligen hölzernen Legionäre auf dem durch Hypocausthen erwärmten und einen Teppich erweichten Boden aufgereiht. Wie es seiner Gewohnheit entsprach, hatte er dabei für sich selbst den Centurio mit seinem prächtigen Federbusch erwählt, als Reittier für diesen jedoch nicht etwa ein hölzernes Pferd, sondern seinen geliebten Gaius. Hatte dies anfangs noch Unverständnis bei Lakrates hervorgerufen und war es bis heute auch dem Artaxias ein Ärgernis, so hatte das flavische Beharrungsvermögen doch letztendlich zu dem Erfolg geführt, dass das Krokodil nun ohne jegliche Kritik in jedwedes Spiel des Knaben integriert werden durfte.


    Als nun jedoch sein Vater eintrat, durchfuhr den jungen Flavius ein Schreck, der weniger einer generellen Furcht vor der eintretenden Person als vielmehr dem Umstand geschuldet war, dass jener ihn hier, in seinem Refugium, aufsuchte. So wollte ihm anfänglich kaum eine Erwiderung auf den Gruß und die simple Erkundigung in den Sinn kommen, sodass jene einen sich ins unendliche dehnenden Augenblick auf sich warten ließ, ehe ein kurzes
    "Salve Papa...aufbauen!"
    den Mund des Knaben verließ. Erst im Anschluss gelang es ihm, jene infamiliare, jedoch durchaus familiäre Situation an seinen Erfahrungsbereich zu adaptieren und die Information durch eine erschöpfendere Replik zu komplettieren:
    "Schau, hier stehen meine Soldaten und das da auf Gaius bin ich und Lakrates spielt die Soldaten - also nicht alle."
    Mit größter Geschäftigkeit deutete er auf die diversen Charaktere seines beschaulichen Rollenspiels und machte sie seinem Vater bekannt. Zuletzt schließlich verstummte er unschlüssig dessen, ob es angemessen sei seinen Vater zur Teilnahme an jenem infantilen Spiel einzuladen.

    Voller Präsumption verfolgte Manius Minor, dem sein Präsent wohl weitaus größere Freude zu bereiten vermochte, als seine Eltern annahmen, die Übergabe des Geschmeides an seine Mutter. Selbstredend hatte er sich etwas weitaus faszinierenderes versprochen, doch wurde ihm durch die kleine Enttäuschung wieder aufs Neue bewusst, welch große Differenz beide Geschlechter trennte, obschon es ihm eines gleichaltrigen Exempels mangelte und er daher lediglich die Unterschiede jener Adulte seines Kosmou zu studieren vermochte.


    Indessen konstituierte er jedoch, dass dieses Präsent seiner Aufmerksamkeit kaum würdig war und wandte sich erneut seinem Spielbrett zu, dessen nahezu glatte Oberfläche er nun mit dem Finger sinnlich zu erfahren versuchte, ehe sein Vater ihn aus jener Tätigkeit aufschreckte und gebot, den Raum zu verlassen.
    "Danke, Papa! Bis später!"
    quittierte er jenen Befehl und löste sich in nahezu kletternder Weise von seiner Kline, wobei er gezwungen war, seinen neuesten Besitz auf derselben zu deponieren, um ihn nach gelungenem Abstieg erneut aufzunehmen und in der dem Kleinkindalter eigenen, noch immer leicht infantilen Weise aus dem Raume zu stapfen, das Säcklein mit den Latrones in der einen, das Spielbrett in der anderen Hand.

    Selbstredend war dem Knaben das Spiel der Straßenräuber durchaus bekannt, erfreute es sich doch in allen Schichten, selbst jener der Sklaven, größter Popularität! Dennoch entzog es sich seiner Kenntnis, dass ein Interesse dafür bereits dem edlen Blut in seinen Adern innewohnte, ebenso auch die Regularien jenes Spieles.


    Aus diesem Grunde enthielt er sich vorerst auch eines Kommentares, sondern blickte erwartungsvoll auf den Sklaven Sciurius, der nun mit einem samtenen Paket in Händen zurückkehrte und es seinem Vater reichte, welcher es wiederum ihm überreichte. Vorsichtig begann Manius Minor, den Stoff zu entfalten, sodass er den Inhalt, ein Kästchen, sowie das preziöse Spielbrett, entdeckte. Seiner Intuition folgend behandelte er beides mit höchster Attention und öffnete das Kleinod, um darin die gläsernen Figuren zu erspähen. Eine davon entnahm er und hielt sie ins Licht. Das Sonnenlicht aus den hochgelegenen Fenstern des Triclinium brachte das grüne Figürlein zum Leuchten, sodass der junge Flavius es gebannt betrachtete.
    "Das ist...schön!"
    Abrubt beendete er die Inspektion seines Präsentes und ließ den gläsernen Latro in die Kiste zurückfallen und blickte seinen Vater an.
    "Danke, Papa!"

    Obschon es seinem Vater durchaus Sorgen bereitete, dass sein Sohn bar jeglicher standesgemäßen Kontakte war, ließ er keinen seiner Gedanken offenbar werden, sodass Manius Minor auch von keinerlei Schuldgefühlen einer insuffizienten sozialen Potenz geplagt werden konnte. So erglomm lediglich ein Leuchten in den dunklen Augen des Knaben, als er von der Perspektive eines Präsents unterrichtet wurde, wobei sich zugleich die Neugier seiner bemächtigte und die Worte unwillkürlich aus seinem kleinen Mund sprudelten:
    "Was denn, Papa? Ein hellenisches?"
    Indessen begann er darüber nachzusinnen, welcher Art die Spiele der Griechen, jenes geradezu strahlenden Volkes, sein mochten - ob sie seinen Geist trainieren mochten bis er dem listenreichen Ulixes ebenbürtig sein würde oder ob es sich lediglich zur Bildung der Geschicklichkeit dienen mochte wie das Spiel der Astragaloi, das er bisweilen mit Artaxias zu spielen pflegte.


    Um nicht zu verpassen, wenn Sciurius mit dem Geschenk zurückkehrte, stützte der junge Flavius sich auf sein Kissen und reckte den Hals um einen aggreableren Blick auf die Tür des Tricliniums zu erhalten, wobei sein Blick zwischen jener und dem Antlitz seines Vaters hin- und hereilte.

    Niemals in seinem Leben hatte der junge Flavius gehört, wie sein Vater, jenes nahezu überirdische Wesen unerschöpflicher Weisheit und Exklusivität, einen vokabularen Fehltritt getan hatte. Aus diesem Grunde erschien es ihm auch nun impossibel, vielmehr gelangte er zu der Annahme, dass es sich bei 'darauf vergessen' um eine jener adultären Floskeln, derer sich lediglich sein Vater wie Männer similer Eloquenz bedienten, handeln musste.


    Indessen vermochte die folgende Frage erneut die flavisch-gracchische Insekurität zu evozieren, unter der auch Manius Minor geradezu beständig litt. Vor einer Weile hatte er einen Knaben kennen gelernt, Worte mit ihm gewechselt und gar mit ihm gespielt. Doch war es legitim, ihn deshalb als 'Freund' zu titulieren? Er beschloss, vorerst von jener primären Frage zu distraktieren und stattdessen die zweite Frage zu beantworten.
    "Also mit Perictone oder Glaphyra spiele ich meistens Ball. Oder mit den Puppen. Aber mit Lakrates nehmen wir oft die Legionäre und ich spiele immer den Centurio! Und Artaxias liest mir meistens eher vor."
    vollendete er die Introduktion seiner beiweitem häufigsten Spielgefährten, wie auch seine präferierten Spiele. Dass es sich bei sämtlichen um einfache Sklaven und Ammen handelte, hatte er selbst niemals als ein Manco betrachtet, zumal ihm keinerlei andersartige Verhältnisse bekannt waren.


    Sim-Off:

    Gern darfst du erneut nachfragen, doch muss ich mit Flavianus Aquilius noch den weiteren Verlauf unserer Beziehung aushandeln.