Romana war schon ziemlich froh, dass Sedulus sie verstand. Manches sollte die Familie einfach nicht verlassen. Wie ein altes iberisches Sprichwort sagte, die schmutzige Wäsche wäscht man im Haus.
Sie senkte den Blick, als er ihr sein Beileid aussprach. „Ich danke dir. Und, mir tut dies ebenfalls Leid. Die Götter seien den Seelen unserer beiden Mütter gnädig.“, schloss sie ab, und schlug andächtig die Augen nieder. Wie es ihrer Mutter wohl im Elysium gehen würde?
Als er ihr eine gewisse Freude doch verkündete ob der Tatsache, dass sie ihm nicht böse war, entgegnete sie ein Kopfnicken. Mehr war die Sache nicht wert, das Kapitel war jetzt abgeschlossen. Zum Glück... für Sedulus. Wäre er ihr nicht von Anfang an sympathisch gewesen, hätte sie durchaus eine große Portion Jähzornigkeit zu Tage bringen können. Ihre Freunde aber würden nie etwas von ihren etwas erratischen Anfällen, die dann und wann auftauchten, sehen.
Sie zuckte die Achseln. „Du hast wohl recht. Die Überwachung überlasse ich da lieber den Cohortes Urbanae.“ Sie strahlte ihn an, als ob sie es nur für ihn gesagt hätte, nicht etwa, weil sie doch heute ein wenig Vertrauen in die Prätorianer verloren hatte. „Ich mache meine Arbeit, dazu zu sehen, dass die Götter nicht voller Zorn Rom zerstören.“ Für die streng gläubige Romana war dies durchaus eine Möglichkeit.
Sie hörte seiner Reisebeschreibung zu. „Die Alpen, das muss erst schön sein. Dort sind die höchsten Berge der Welt!“, behauptete sie. Nach kurzem Nachdenken lenkte sie jedoch ein. „Nein, die zweithöchsten. Die größten sind in Asien, in Ostparthien. Alexander der Große hat sie dort gesehen.“ Sie lächelte in sich hinein. „Ich sollte es vielleicht wirklich ausprobieren. Über die Alpen nach Germanien. Nun ja, vielleicht ergibt sich ja dereinst etwas.“
Bei seinen nächsten Worten war sie nun doch erstaunt. „Deine Familie hat dort ein Theater erbaut? Das ist ja beeindruckend! Das würde ich zu gerne sehen. Und eine Therme? Bona Dea, deine Familie ist wohltätig!“, staunte sie. Was hatten die Claudier in letzter Zeit erbaut? Hm, ihr fiel da nicht so viel ein.
Beim Gedanken an die Germanen rann es ihr nun doch heiß und kalt über den Rücken. „Welch Menschen das sein müssen!“, meinte sie. „Nur gut, dass dort schon gerodet worden ist. Anders kann man keine Zivilisation bringen. Wo Wald ist, ist Wildnis.“ Der Mensch musste sich die Natur untertan machen, das war ihr Credo.
„Die Duccier? Das sind doch die archetypischen germanisierten Römer. Außerdem, wir beide haben uns gerade mit einer Duccierin, einer eingeheirateten...“ Sie deutete zu der Schnepfe hinüber, „unterhalten. Da war es nicht allzu schwer, wieder auf das Thema zurück zu kommen.“
In dem Augenblick kam Serranas Ankündigung, die cena sei bereit. Sie weitete ihre Augen, als sie hörte, sie würde, zusammen mit Sedulus, einen Ehrenplatz bekommen. Sie blickte zu demselben hin. „Das ist ja was.“, meinte sie, eher flüsternd. „Das machen wir doch glatt.“ Schelmisch begann sie zu lächeln.