Beiträge von Aurelia Narcissa

    Einen kurzen Moment lang sah Narcissa ihre Schwester mit gehobenen Brauen überrascht an, als diese so prekäre familiäre Gehemnisse preisgab. "Nun, sagen wir, dass die Töchter der Aurelia bei aller Tugend auch ihren Willen haben und ihn durchzusetzen wissen...", versuchte sie etwas abzumildern. "Das letzte Wort hat natürlich Manius", Sie konnte sich bei dem Gedanken daran, dass es ihnen nicht sehr schwer fiel dieses letzte Wort zu ihrem Gunsten zu beeinflussen, eines spitzbübischen Lächelns nicht erwehren. Zumindest auf Titus schienen die beiden jedenfalls schon einen gewissen Einfluss zu haben. "Selbstverständlich können wir bis nach der Salutatio warten", versicherte sie ihm. "Und mach dir keine Sorgen...Wir werden uns im Stall nicht langweilen - das passiert nie, wenn wir Pferde in der Nähe haben..."


    Erfreut stellte Narcissa fest, dass er sich Sorgen um sie beide machte. Aber zumindest am Anfang wären sie auch nicht auf die Idee gekommen, allein durch die Gegend zu geistern - später vielleicht, wenn sie sich besser auskannten. Sie nahm seine Warnung aber doch mit gemischten Gefühlen auf. Gefährlich. Für junge Patrizierinnen. Das bedeutete wieder eine gewisse Einschränkung. Sie fühlte sich jetzt schon manchmal eingeengt von all dem, das sie zu beachten hatte. Und eigentlich war sie hierher gekommen, um dem gluckenhaften Verhalten der Mutter zu entkommen. Weniger Kontrolle. Aber, wenn es hier so gefährlich war, wie Titus sagte, dann würde sie sich auch hier nicht so frei bewegen können, wie sie es gern wollte.
    "Ist das ein Angebot für einen Ausritt?", erkundigte sie sich lächelnd...

    Zitat

    Original von Manius Aurelius Orestes:hm da werde ich natürlich erst einmal überlegen müssen, welche dieser Plätze für junge Damen geeignet sind...",


    Überrascht hob Narcissa die Augenbrauen. Wo sich ihr Bruder wohl überall herum trieb? Eigentlich hatte sie ihn für einen eher gesetzten Typ von Mann gehalten, vernünftig. Sollte in ihm doch ein kleiner Rabauke stecken? Ein Manius, der sich in Gegenden herum trieb, die zwar wohl für Männer akzeptabel für junge Frauen aber undenkbar waren, wollte nicht unbedingt zu dem Bild passen, dass ihre Mutter von ihm beschworen hatte. Dennoch musste das nicht schlecht sein, ging es ihr durch den Kopf. Lucillas Manius war stets einfach zu perfekt gewesen. Sie mochte die "realen" Menschen, die mit Schwächen dann doch mehr.


    Na, er will uns imponieren?, stelllte Aurelia lächelnd fest, als Titus vorschlug, sie auch mit den jungen Fahrern sprechen zu lassen. Der Gedanke brachte sie jedoch nicht um ihre Begeisterung. Schließlich war es ein Privileg und sie freute sich ehrlich darauf Einblick in diese Arbeit nehmen zu dürfen - "Es wäre eine Ehre...", pflichtete sie Flora bei. "Du musst uns dann aber auch über deine eigene Arbeit erzählen, Titus!"


    Tatsächlich hatte sie nicht gewusst, dass einer ihrer Verwandten der Natur so zugetan war. Sie nahm es aber freudig auf, denn ein Naturliebhaber konnte nur bedeuten, dass der Garten im Frühling herrlich aussehen musste! "Woher bezieht er die Pflanzen?"
    Es klang tatsächlich wie eine Drohung, aber sie glaubte eine gewisse Ironie darin zu hören und nahm sie daher auch nicht ernst. "Die Priesterinnen würden sich bestimmt freuen", ergänzte sie ihre Schwester. "Aber wir wollen doch kein Unheil für Rom heraufbeschwören..."[/COLOR[COLOR=seagreen]]..."Was wird im Moment denn im Theater gespielt?", erkundigte sie sich, da sie das Theater dann doch interessanter fand, als das Atrium Vestae...Vestalin zu werden, das klang in ihren Ohren absolut abwegig. Wer wollte sich denn schon so extrem binden?

    Anders als ihrer Schwester war es Narcissa nicht unbedingt Recht eine "Sensation" darzustellen. Sie hatte das schon nicht in Terentum gemocht, wenn sie zu einer Gesellschaft dazu gestoßen waren, sich ihnen alle Blicke zugewandt hatte und sie zum Mittelpunkt der Szenerie geworden waren. Sie bewegte sich gern ungezwungen, frei - unbeobachtet. Blicke waren wie ein Zwang, ein Korsett, das sie auf jede ihrer Bewegungen übervorsichtig achten ließ. Normalerweise neigte sie dazu sich in sochen Situationen etwas hinter Flora zu verstecken. Ihre Schwester ging mit Aufmerksamkeit wesentlich besser um als sie. Sie war nicht schüchtern. Sie mochte nur nicht beobachtet werden, eine "Sensation" darstellen. Das war eben nun Mal die Schattenseite des Zwillingsdaseins...dennoch wollte sie Flora um nichts in dieser Welt eintauschen.
    Aus dem Augenwinkel heraus beobachtete sie den Sklaven dabei wie er seine Arbeit tat - sozusagen ein kleiner Rachefeldzug, denn der junge Mann ließ es sich nicht nehmen, immer mal wieder verstohlen herüberzusehen. Als er Narcissas grüner Augen gewahr wurde, die auf ihn gerichtet waren, senkte er jedoch hastig und verschähmt den Kopf und konzentrierte sich dabei, das Feuer im Kohlebecken zu schüren.
    "Dieses Opfer würdest du für mich bringen?", lächelte Narcissa ihrer Schwester nun zu. Sie wusste ganz genau, dass Flora am liebsten sofort aufbrechen und Rom erkunden würde. Auch auf sie übte diese Möglichkeit einen gewissen Reiz aus..."Wir sollten zu erst Manius fragen, die Bibliothek ist auch noch heute Abend da...", meinte sie zuerst, fing dann aber unvermittelt für Floras zweiten Vorschlag Feuer. "Das klingt noch besser! Wir sollten wirklich einmal nach den Pferden schauen gehen. Danach können wir uns Rom immer noch anschauen..."


    Narcissa beugte sich gerade vor, um nach einem Bündel Trauben zu greifen, als Titus Aurelius Ursus mit nassen Haaren die exedra betrat. "Guten Morgen!", begrüßte sie ihren Verwandten lächelnd. er setzte sich zu ihnen dazu und wandte sich dann unvermittelt an ihre Schwester - die er für sie hielt. Im ersten Moment war das allzu komisch, eine Mischung aus Amüsement und Verdutzen, aber sie ließ sich das nicht anmerken. Sie wusste, dass sich Titus die größte Mühe gab und wollte ihn sanft auf seinen Irrtum hinweisen. Narcissa lächelte, als sie für ihre Schwester anwortete: "Wir sind beide Pferdenarren, schon seit wir ganz klein waren und unsere Mutter war zu unserem Glück so großzügig und hat es uns lernen lassen. Es hat uns immer beeindruckt, wenn Gäste und Boten im vollen Galopp in den Hof geprescht sind." Den beiden war bewusst, dass es nicht gerade gängig war, dass junge Mädchen reiten durfte. Sie machte eine kurze Pause, in der sie sein Gesicht beobachtete. Woher er wohl kam? Die Haare waren immer noch nass. Er wirkte entspannt. "Bisher sind wir noch nicht dazu gekommen nach ihnen zu sehen, aber das wollten wir nachher tun - hast du vielleicht Zeit?"

    „Vielen Dank…”, gab sie schüchtern lächlend zurück. Komplimente war sie nicht so sehr gewöhnt. Dabei hatte sie gar nicht im Sinn sich irgendwie zu verstecken – zumindest glaubte sie das felsenfest – sondern machte sich einfach nicht so sehr etwas daraus.„Das kann ich nur zurück geben.” Auch im Gesicht ihres Zwillings flammte ein Grinsen auf. Die Situation war allzu komisch. Ebenbilder.
    „Na hoffentlich…vielleicht treffen wir ja heute morgen Prisca…”, fügte sie hinzu, hakte sich bei ihrer Schwester unter. Arm in Arm wagten sie sich hinaus in ihr neues ungewohntes Zuhause mit all seinen Bewohnern….


    Sim-Off:

    Hier entlang

    Sim-Off:

    Die beiden kommen von hier. Wer dazu stoßen möchte, ist herzlich willkommen!;)


    Wie gewohnt war es in der exedra, die sie ansteuerte, weil sie sich keinen besseren Raum für ein Frühstück vorstellen konnten, warm und behaglich. Ein Sklave war gerade dabei die Kohlenbecken frisch aufzufüllen. Er neigte kurz den Kopf, als er die Zwillinge eintreten sah und verbarg geschickt seine Verwirrung über die Doppelung. Lysandra hatten sie losgeschickt, eine Kleinigkeit für ein solides Frühstück zu suchen.

    „Zumindest einiges – das wichtigste”, gab Narcissa zur Antwort. „Aber es wird wohl noch ein bisschen dauern, bis ich mich hier ganz zurecht finde. Man könnte fast meinen diese Villa sei eine kleine Romminitaur mit all ihren Ecken, Nischen, Räumen…Manius Aurelius Orestes ist mein Bruder und Aurelia Flora meine Schwester.” Sie ließ davon ab nähere Angaben zu den familiären Umständen zu machen. Wieviel das kleine Mädchen wohl über die Geschehnisse in der Familie mitbekam?


    Sie schritten den Säulengang entlang, den sie am Tag zuvor schon mit Marcus Aurelius Corvinus gegangen war. Er führte direkt in Richtung exedra. Narcissa hörte das Erstaunen in Mareis Stimme. „Lernst du denn nicht zu lesen?”, fragte sie mindestens ebenso erstaunt. Natürlich war sie nicht dumm und wusste, dass es nicht allzu viele Sklaven gab, die des Lesens mächtig waren. Für sie, als eine ausgesprochene Bücherliebhaberin, die pro Woche gut und gern mehrere Schriftrollen verschlang, war die Vorstellung nicht lesen zu kennen einfach unglaublich. Aber vielleicht lehrten es sich die Sklaven ja untereinander. Einer musste doch wohl dabei sein, der Lesen konnte. „Na, ich glaube der Hausherr wäre nicht sehr begeistert, wenn wir dort Ballspielen würden”, meinte sie lächelnd. Er wäre ganz sicherlich alles andere als angetan davon."Über ihre Geschichte von Phraates, der die Katze Saba braten un dverspeisen wollte, musste sie dann doch lachen, obschon die Sache an sich nicht sonderlich lustig war. Doch Mareis Art das Gesechen zu erzählen, mit der Arglosigkeit eines Kindes, war einfach zu köstlich. Sie folgte mit dem Blick ihrer Geste „Na das kann ich mir vorstellen, dass sie das nicht so toll fand. Wer ist Phraates? Woher kommt er? Ich habe ihn noch nicht gesehen. Ist Saba deine Lieblingskatze?"
    Warme Luft schlug ihnen entgegen, als sie die exedra betraten. In den metallenen Becken glühten heiße Kohlestücke rot, weiß, grau. Narcissa mochte diesen Raum und sein Flair. Es war beinnahe sah, als betrete man eine andere Welt. Noch war niemand da, was sie doch rech wunderte, denn die exedra schienzu den Lieblingsräumen der Bewohner der Villa Aurelia zu gehören. Sie setze sich in einen der Weidestühle, die um eines der Kohlebecken herumstanden, wies Marei an, sich doch neben sie in einen zweiten Sessel zu setzen und hielt die Hände gegen die Hitze, die doch etwas klamm geworden waren. „Sag Mal Marei, bekommst du viel von den Geschehnissen in diesem Haus mit?”, fragte sie ziemlich beiläufig klingend.

    "Das klingt gut!", nickte Narcissa und nahm sich vor, später einmal nach Prisca zu sehen - gesetzen Falles, dass es dann noch nicht allzu spät war. Sie war immer noch etwas müde, obschon sie ja ein wenig geschlafen hatte.


    Sogleich ergriff sie Marcus´ Faden. "Wir haben zwar das eine oder andere mitbekommen, aber um ehrlich zu sein, wissen wir nicht sehr viel darüber, was momentan in Rom vor sich geht. Ich meine was politisch und gesellschaftlich geschieht", sie lächelte etwas verlegen, aber nicht scheu..."Ich fürchte mich etwas davor in ein Gespräch zu geraten und über nichts Bescheid zu wissen...", Tatsächlich wollte sie sich fundiert an Unterhaltung beteiligen. Sie las zwar viel, aber Geschichtsbücher halfen ihr nicht unbedingt dabei, auf dem aktuellen Stand zu sein. "Meine Frage wäre also: Was ist der Stand der Dinge?" Hoffentlich war ihr Verwandter nicht der Meinung, politische Angelegenheiten seien nichts für junge Frauen.

    Das Gespräch ziwschen den beiden Männern war interessant. So wie sich beständig gegenseitig neckten versprach der gemeinsame Ausflug amüsant zu werden. Aber offensichtlich war den beiden Herren nicht ganz bewusst, auf was sie sich da tatsächlich eingelassen hatten;)...Sie nahmen es mit Versprechen sehr genau. Spannend würde es auch dahingehend werden, welche Plätze sie jeweils für sehenswert hielten. Im Moment hatte sie doch den Eindruck, dass die beiden bei all der Sympathie, die sich gegenseitig mit ihren Neckereien kundtaten, doch recht unterschiedlich waren.


    "Du hast hinsichtlich Titus´ Neigung zu Pferden untertrieben", lächelte sie ihren Bruder charmant an und fuhr dann an Titus gewandt fort. "Wenn deine Tiere gut sind, hast du meine Stimme", Sie wollte nicht urteilen, bevor sie sich nicht selbst ein Bild gemacht hatte und weil sie nicht den Eindruck hatte, dass Titus ihre wegen dieser Aussage böse wäre, wagte sie sich etwas vor. "Vielleicht magst du uns ja auch einmal in den stall mitnehmen? Wir wollten ohnehin noch nach unseren beiden Stuten schauen...Wann ist denn das nächste Rennen?"
    "Theater klingt sehr gut!, stimmte sie Schwester zu. Das was sie bisher an Theater gesehen hatten war kaum der Rede wert gewesen, sodass sie durchaus gespannt darauf war, ein echtes römisches Theater von innen zu sehen. "Die Thermen wären vielleicht noch interessant, die Märkte, die Schola. Oh und - gibt es hier in Rom vielleicht so etwas wie einen größeren hortus, zum Spazieren?" .

    Nein, ihrer Schwester konnte sie nichts vormachen. Es gab kaum etwas, dass sie ihr nicht anvertraut hätte - und selbst dann, wenn sie es nicht aussprach, schien Flora stets instinktiv zu spüren, was in ihr vorging. Sie war sich nicht einmal sicher, weine Schandtat vor ihr verbergen zu können. Das unsichtbare Band, dass sie beiden seit Beginn ihrer Existenz verband, war allzu stark. "Ja, du hast Recht", gestand sie ihr zu. "Vollkommen Recht..aber so ein bisschen stöbern, hmm?", Sie deutete dieses "bisschen" mit den Fingern an und kniff ein Auge zu, als würde sie den Abstand, den sie mit Daumen und Zeigefinger andeutete abmessen. "Du weißt doch, Flora, beschriebene Seite brauche ich zum Leben wie die Luft zum Atmen...",
    Narcissa beobachte ihre Schwester noch einen Augenblick lächelnd, als die sich daran machte, ihren Kleiderschrank zu durchwühlen, der vor feinen Togen, Tuniken und Pala förmlich überquoll, dann wandte sie sich dem Fenster zu und blickte hinaus auf einen Teil des hortus, dem sich die Mauer der Villa anschloss und schließlich unzählige Häuserdächer, sodass es aussah, als blickte sie auf eine unendliche Terrasse hinab, die sich dem Stadtzentrum sprunghaft annäherte. Ein Außerstehender würde wohl nun annehmen, dass Flora nichts anderes als Kleidung im Sinn hatte, was aber absolut nicht stimmte. Das war nur eine ihrer Seiten. Sie mochte eben schöne Stoffe. Manchmal entwarf sie auch selbst Muster und Schnitte - natürlich heimlich. Andererseits waren sie beide gemeinsam auch schon bis zu den Waden im Schlamm gestanden, wenn ein plötzlicher Regenschauer sie bei einem ihrer Ausritte überrascht hatte. Da hatte sie dann nicht mehr so fein ausgesehen - und sich stattdessen herrlich über die Sauerei amüsiert (die Sklavinnen hatten die Matschspuren im Haus nicht so lustig gefunden und als Strafe hatte ihr Mutter angeordnet, sie mit kalten Wasser von oben bis unten abzuseifen...).
    "Wieder das alte Lied, Lysandra?", entgegnete Narcissa wenig erfreut, über die Äußerung der Sklavin. "Ich dachte, wir hätten dieses Thema zur Genüge durchgekaut..." Sie drehte sich wieder um. Ihre Schwester saß auf einem Stuhl und erwiderte ihren Blick über den Spiegel, während Lysandra hinter ihr stand und ihre Locken zu einer kunstvollen Frisur steckte. Sie stand ihr gut. Dankbar lächelte sie Flora zu, als diese sie in Schutz nahm. Schon ihre Mutter hatte stets auf sie eingeredet doch einmal etwas Schminke aufzulegen, diese oder jene Frisur zu versuchen oder Schmuck anzulegen. Für gewöhnlich hatte sich Narcissa dagegen behaupten können. Lediglich wenn Feste oder Besuche angestanden hatten, hatte sie sich dazu durchgerungen. Aber hier war sie Zuhause, sollte sie Zuhause sein und so sah sie nicht, weshalb sie sich "herausputzen" sollte. Ihre Verwandten würden ihre Sympathie schließlich nicht davon abhängig machen, ob sie sich schminkte oder nicht - zumindest hoffte sie das. Leider konnte sie sich auch nicht damit herausreden zu sagen, dass sie Lysandras Händen nicht vertraute. Sie sah es ja an ihrer Schwester, die einfach umwerfend aussah! "Ich habe es deiner Mutter versprochen! Vor den Göttern musste ich dafür schwören!", sagte Lysandra jetzt, sich in den letzten Zügen von Floras Frisur befindend. "Das hättest du nicht tun sollen...", erwiderte Narcissa knapp. flora erhob sich vom Stuhl und trat ein Stück zur Seite, um sich im Spiegel zu betrachten. Die hochgesteckten Locken umschmeichelten ihr Gesicht. Bedrohlich kam Lysandra auf Narcissa zu. "So, du bist dran, Narcissa!", In ihren Ohren klang das wie eine Kriegserklärung. Sie wich einen Schritt zurück, doch die Sklavin war schon bei ihr und nahm ihre Hand. "Versuch es doch einmal, euer Bruder wird sich sicherlich freuen, zu sehen, dass ihr euch darum bemüht ihm Ehre zu machen - so machst du ihm jedenfalls keine!", Sie nahm eine von Narcissas Locken, die nach wie vor wild und ungezähmt um ihr Gesicht lagen, und hielt sie ihr vor die Nase. Sie versuchte sie wirklich mit allen Mitteln zu überreden. Die Erwähnung ihres Bruders war ein böses Foul, denn sie fühlte sich ihm natürlich verpflichtet - immerhin hatte er sie bei sich aufgenommen! Böse sah sie die Sklavin noch einen Moment an und gab dann schaufend kleinbei..."Aber nichts aufwändiges, ich warne dich - und bleib mir mit diesem Bleizeugs fern!" Nur widerwillig ließ sie sich zu dem Stuhl führen. Was man nicht alles tat! Kritisch beobachtete sie dann, wie Lysandra erst ihre Haare ausbürstete und sie dann schlicht hochsteckte - und nicht wie sie es schon einmal getan hatte, zu einem wahrhaftigen turm auftürmte. Schließlich war sie ganz zufrieden damit, verwehrte aber weiterhin Schminke. Nachdem Narcissa noch kurz in ihr Zimmer hinüber gehuscht war, um noch eine zart hellbgelbe Toga anzulegen, hatte sie schon fast ein Loch im Magen, vor lauter Hunger. "So, lass uns schnell etwas frühstücken", meinte sie geqäult zu ihrer Schwester, als sie zurückkam.

    "Na dann bin ich aber froh", Sie lächelte abermals. Dieses kleine Mädchen war überaus aufgeweckt und schlagfertig! Ihr war es doch tatsächlich entgangen, dass Marei ihr ihren Namen bereits gesagt hatte. Vielleicht lag es ja daran, dass sie es von ihren Verwandten nicht gewohnt war, dass sie gleich auf Anhieb ihren Namen verrieten, sondern sie erst einmal durch unauffälliges Informationssammeln dazu gezwungen war, ihren Namen herauszufinden.
    "Ein schöner Name!....Ich bin seit gestern Spätnachmittag da. Aber meine Schwester und ich haben die ganze Zeit mit unserem Bruder verbracht...Er hat uns das Haus gezeigt", fuhr sie dann fort. Wo die beiden im Moment wohl steckten? Manius war zweifelsohne mit politischen Angelegenheiten beschäftigt. Schon den ganzen Tag war der Bruder wie verschollen gewesen. "Ich war gerade auf dem Weg in die exedra, um dort ein bisschen zu lesen...", Sie deutete auf die Schriftrolle in ihrer Hand. "Aber ich dachte, ein wenig Luft würde mir ganz gut tun....Möchtest du mich vielleicht begleiten und mir ein wenig Gesellschaft leisten?" Immerhin würde das Kind dann so aus dieser Kälte heraus kommen!

    "Na, so schlimm ist es nun auch wieder nicht", sagte Narcissa verlegen - was eine reine Untertreibung war. Es hatte Tage gegeben - vor allem im Winter - da war sie von morgens bis spät in die Nacht nur zwischen Buchseiten gesteckt. Lysandra hatte sie teilweise sogar zum Essen oder Schlafen zwingen müsse, weil sie sich einfach nicht hatte losreißen wollen. Aber so sollte es hier in Rom natürlich nicht werden. Sie wollte etwas sehen und so sprach ihre Schwester denselben Gedanken aus. Allerdings musste sie ihr in einem Punkt massiv widersprechen: "Deine Kleider unpassend und langweilig?!" Sie machte große Augen. "Liebe Schwester deine Kleider sind alles andere als das!" Mit einem schelmischen Augenzwinkern fügte sie dann aber noch hinzu: "Aber das weiß Manius ja zum Glück nicht - und ich hätte auch durchaus Lust die Läden hier zu erkunden!"
    Als die Sprache dann auf Frühstück kam, war sie rasch aus dem Bett heraus und zog ihre Palla enger um die Schultern. "Eine sehr gute Idee! Ich sterbe fast vor Hunger" - Immerhin war sie nun auch schon um einiges länger wach, als ihre jüngere Schwester. Wie als hätte sie es erahnt, kam im nächsten Moment auch schon Lysandra herein...

    "Ja, ich weiß was du meinst", stimmte sie ihrer Schwester zu und wandte kurz den Blick hinüber zum Fenster. Normalerweise hatte sie zu dieser Tageszeit bereits die Geräusche der arbeitenden Sklaven vernommen, die sich munter um das Tagesgeschäft, wie den Garten kümmerten. Doch nun war nichts zu hören. Es war so still, man hätte eine Nadel hören können. Die Geräusche der Stadt drangen kaum bis hoch zum Quirinal, wo die prächtige Villa der Familie stand. Die Mauern, die das Anwesen umgaben, schirmten den Lärm zusätzlich ab.
    "Ich nehme an, es wird einfach noch etwas dauern, bis wir uns hier richtig wie Zuhause fühlen!..." Mit einem schelmischen Grinsen bemerkte sie: "Aber ich bin mir sicher, mit der herrlichen Bibliothek der Aurelier wird das rasch gehen..."
    "Noch nicht sehr lange...vielleicht eine Stunde, vielleich zwei...Du hast aber geschlafen wie ein Stein", Abermals grinste sie. "Lysandra hat dir einen Becher Milch gebracht", Mit einem Nicken deutete sie hinüber zu dem Tisch. "Meinst du wir sollten Mutter einen Brief schreiben, dass wir gut angekommen sind? Manius wird ihr bestimmt auch schreiben - na, zumindest hoffe ich das..."

    Narcissa hob die Augenbrauen und folgte der Geste des Mädchens hinüber zu Mauer. Über die Mauer klettern? Auf so eine Idee wäre sie gar nicht gekommen - wozu gab es Türen? Sie schmunzelte, offensichtlich hatte sie es hier mit einem äußerst aufgeweckten Kind zu tun. Ihre Auskunft über ihre Mutter, bestätigte Narcissas Annahme, ein junges Sklavenmädchen.
    "Na, verzeih, wenn ich dich erschreckt habe!", meinte sie dann und beugte sich hinunter, um den Ball vom Boden aufzunehmen. Kurz betrachtete sie ihn, es war noch gar nicht so lange her, da hatte auch sie gemeinsam mit ihrer Schwester auf dem Hof in Terentum Ball gespielt, und schritt dann weiter auf das Kind zu. "Das hat damit zu tun, dass ich erst gestern hier in Rom angekommen bin", fuhr sie fort, als sie das Spielzeug dem Kind zurückgab. "Ich heiße Aurelia Narcissa...Und mit wem habe ich die Ehre?", lächelte sie und beäugte nach wie vor das Kissen. Gänsefedern hin oder her, es war für das Kind viel zu kalt hier draußen! Ob es Ärger für sie bedeutete, wenn sie ihm ihre Palla gab? "Das ist ein sehr schöner Ball", attestierte sie dann mit einem Nicken in Richtung des Spielzeugs. "Passt die Köchin dann auf dich auf?"

    Ein Lächeln breitete sich über Narcissas Züge aus. Alles war dann hier doch nicht so neu...wie gewöhnlich steckte ihre Schwester noch immer im Bett, die Decke über den Kopf gezogen, sodass sich nur ein paar Locken, die es nicht mit unter die Decke geschafft hatten, im Kontrast zu dem weißen Kissen abhoben. Doch das schreckte Narcissa, wie sonst auch, nicht davon ab, leise die Tür hinter sich zu zu ziehen, hinüber zu Floras Bett und mit unter die Decke zu huschen, um sich dort an ihre jüngere Schwester anzukuscheln. Eigentlich war sie inzwischen viel zu wach, um noch einmal in Dösereien zu verfallen, aber sie genoss viel zu gern die Nähe ihrer Schwester. Leise hörte sie Floras Atem, unter dem sich die Decke ruhig und regelmäßig ein wenig hob und senkte. Hier in der Wärme, neben Flora fühlte sich das fremde Heim, doch ein wenig mehr wie zu Hause an und wieder einmal überkam sie ein Schauer bei dem Gedanke, dass sich das eines Tages wohl für immer ändern würde.
    Schweigsam genoss sie eine Weile dieses ruhige Zusammensein.
    Die Tür ging einmal auf und Lysandra eilte auf leisen Sohlen herein, um auch Flora ein Glas Milch auf den Tisch zu stellen. Da die jüngere der Zwillinge in der Regel immer länger schlief als die ältere, hatte sie es sich zur Gewohnheit gemacht, daher auch etwas später nach Flora zu sehen, um sie nicht in ihrem Schlaf zu stören. Es wunderte sie auch nicht sonderlich, dass sie einen zweiten Körper unter der Decke entdeckte. Schon Zuhause in Terentum, war Narcissa des Morgens ift zu ihrer Schwester hinüber gehuscht. Die beiden Schwestern boten somit ein sehr einträchtiges Bild. So leise wie sie herein gekommen war, entfernte sich die Sklavin wieder.
    Noch einige Zeit verging, ehe Flora allmählich etwas unruhiger wurde und langsam aus dem Schlaf zu erwachen schien. Genüsslich streckte sie sich etwas. "Na du Schlafmütze?", sagte Narcissa liebevoll lächelnd. "Bist du aus dem Schlafland gut zurückgekehrt?"

    Nach all den vielen neuen Gesichtern, denen sie in so rascher Zeit begegnet waren, den kunterbunten Eindrücken Roms und der langen Fahrt über die holprige Straße, holte auch schließlich die beiden munteren Zwillinge die Erschöpfung ein. Als Narcissa die Tür zu ihrem Cubiculum hinter sich zuzog, überkam sie bleierne Müdigkeit. Einen kurzen Moment lang lehnte sie sich gegen den Türrahmen und atmete tief durch, ehe sie begann sich auf dem Weg zu ihrem weichen, frischen Bett, das ihr nun wie die Verlockung aller Götter auf einmal vorkam, die Kleidung abzustreifen, zu ungeduldig, um auf die Hilfe Lysandras zu warten, die im Moment zweifelsohne ihrer Schwester half, sich von der schweren Stola zu befreien. Nur noch in eine Tunika gehüllt, hielt sie bei einer kleinen Wasserschüssel, die auf einer Truhe am Fußende des ausladend breiten Bettes stand. Sie schöpfte ein wenig Wasser mit den Händen und tauchte das Gesicht hinein, aber selbst das Kühle, leicht nach Rosen duftende Wasser, vermochte ihre müden Augen nicht mehr zu beleben. Rasch machte sich Narcissa bettfertig und tappste dann vollends hinüber, um sich in die weichen Kissen fallen zu lassen.
    Als Lysandra wenig später noch einmal nach ihr sah, da schlief die junge Patrizierin bereits tief und fest. Mit einem leisen Lächeln, huschte die Frau hinein und löschte die Kerzen, die immer noch in der Dunkelheit flackerten.
    Das gesamte Zimmer war bereits hell, als Narcissa am nächsten Morgen erwachte. Jedoch war es nicht jenes Licht, das einem am helllichten tag entgegenschlägt, sondern vielmehr das kühle, jungfräuliche Licht des herandämmernden Morgen. Schlaftrunken, wie sie war, musste sie sich im ersten Moment zunächst orientieren, wo sie überhaupt war. Alles sah so anders aus als Zuhause, in Terentum. Ihr Blick blieb an den frischen Blumen hängen, die auf dem Tisch standen, daneben ein Glas Milch. Lysandra war also schon da gewesen. Wohlig streckte und räkelte sie sich noch einmal in den weißen Laken und schlug dann die Decke zurück. Etwas überrascht stellte sie fest, dass sie nach wie vor die Tunika des vergangenen Tages trug. War sie doch tatsächlich so müde gewesen, dass sie sich nicht einmal mehr umgezogen hatte?, fragte sie sich verwundert. Eilig schritt sie barfüßig hinüber zu ihrer Truhe, in welcher ihre Kleidung verstaut lag und zog sich eine frische, weiße Tunika und eine dunkelblaue Palla heraus. Angezogen, und das Glas Milch als kleine Stärkung getrunken, klopfte sie leise an der Verbindungstür zu Floras Zimmer an. Kein Laut. Ein zweites Mal schlug sie mit den Fingerknöcheln dagegen und wartete einen Moment, ehe sie die Tür einen Spalt weit öffnete und den Kopf in das Zimmer hineinsteckte: „Flora, bist du schon wach?“, fragte sie mit gesenkter Stimme.

    "Na, er muss uns seine Lieblingsplätze vielmehr zeigen", ergänzte Narcissa lächelnd Floras Ausführung.


    Sie war Titus' eingehender Beobachtung durchaus gewahr. Doch sie empfand das nicht als unangenehm und wich scheu seinem Blick aus, sondern erwiderte ihn offen. Die Zwillinge waren es ohnehin schon gewöhnt ständig regelrecht abgeglichen zu werden. Waren das tatsächlich dieselben Lippen? Derselbe Schwung der Wangenknochen? Meistens lächelten sie amüsiert darüber, denn der Gesichtsausdruck der Menschen konnte zuweilen von Verwirrung, über Schock bis hinüber zu Bewunderung schwanken. Manchmal verzog sich auch innerhalb von wenigen Atemzügen eine Veränderung in den Minen. Nur ganz selten, konnte es einmal geschehen, dass es sie beide nervte, ständig beobachtet und verwechselt zu werden, ihre Mutter hatte dazu dann immer gesagt: "na, die Mädchen haben heute wohl ihre stürmische Zeit!"


    Um sich zumindest ein wenig gegen die Betrachtung andere zu wehren, hatte es sich Narcissa zur Gewohnheit gemacht, sich ihre Gegenüber ebenfalls genauer anzuschauen, teilweise sogar regelrecht zu analysieren. Titus machte auf sie einen sehr lebendigen, gelassenen Eindruck. Aber im Gegenteil zu ihrem Bruder Manius hatte er auch den Pluspunkt, dass er zwar ein Verwandter war, er aber nicht wie ihr doch noch sehr junge Bruder auf einmal die Verantwortung für zwei junge Mädchen aufgebrummt bekam, die er jahrelang nicht gesehen hatte. Ganz nebenbei konnte er sich auch noch nicht so sicher sein, aus welchem Holz die beiden tatsächlich geschnitzt waren. Das entfachte nur erneut Sympathie für ihren Bruder, dessen leise Nervosität sie unter dem Denkmantel der äußeren Gelassenheit sie doch deutlich spüren konnte. Sie bedachte ihn mit einem Lächeln und wandte sich abermals an den Verwandten Titus. "Manius erwähnte, du seist Pferden zugetan..."...

    Es war schon später Nachmittag, als sich Narcissa aus Floras Cubiculum zurückzog, in welchem die zwei Schwestern zusammengekommen waren, um gemeinsam eine Kleinigkeit zu essen und über die zurückliegenden Geschehenisse ausgiebig zu sprechen und zu diskutieren. Letzteres wurde durchaus mit einiger Leidenschaft getan, denn bei aller Ebenbildlichkeit, besaßen die beiden Schwestern durchaus sehr unterschiedliche Charaktere.
    Kurz ging sie in die Bibliotheca, um sich eines der Bücher des Herodot zu nehmen, das sie dort auf ihrem Rundgang mit ihrem Bruder Manius entdeckt hatte und wollte weiter in Richtung der exedra, um sich in diesem orientalischen Flair den Ausführungen des Historikers hinzugeben. Spontan entschloss sie dann jedoch den Umweg über den hortus zu wählen, um zumindest ein bisschen frische Luft zu schnuppern. Schon aus einiger Entfernung drang ein rhythmisches "Klatsch""Klatsch"Klatsch" an ihr. Verwundert beschleunigte sie ihre Schritte und vernahm bald auch eine Kinderstimme, die fröhlich ein Lied vor sich hin trällerte...""Wer sitzt auf unsrer Mauer? Fari, fara, farum...."....Der Text kam ihr überaus bekannt vor. In ihrer Kindheit hatte sie ihn oft selbst gemeinsam mit Flora gesungen und hatte ihren Lehrern damit fast in den Wahnsinn getrieben. Singen machte eben dann doch etwas mehr Spaá als öde Mathematik.
    Vor einer entlegenen Mauer des Gartenms, hockte ein kleiner Junge auf einem Kissen auf dem nackten Boden. Etwas irritierte sie dieser Anblick, denn erstens Klang die Kinderstimme eher ach einem Mädchen und außerdem trug der Kleine auch noch eine Puppe bei sich...Rasch erkannte sie Narcissa ihren Fehler. Einige Schritte entfernt blieb sie stehen. Es war offensichtlich, obschon das Mädchen durchaus gut gekleidet war, dass es sich hierbei um ein Sklavenkind handeln musste. "Klatsch!"...."Klatsch!"..."Klatsch!"....
    "Sag Mal ist dir das nicht zu kalt, mit dem Kissen auf dem blanken Boden?", fragte Narcissa schließlich..."Wo ist deine Mama?"....

    "Oh stimmt! Die Fabeln hatte ich ganz vergessen...Avianus schreibt großartig!", pflichtete sie Flora bei. Einige Bilder huschten vor ihrem inneren Auge vorbei: Ihr griechischer Lehrer, der einen ganzen Band Avianus mitgebracht hatte und über den sie sich tatsächlich gezankt hatten, wer ihn denn nun als erstes Lesen durfte. Sie musste Schmunzeln. Normalerweise war sie diejenige, die Schriftrolle um Schriftrolle verschlang, aber es gab auch Autoren, deren Schriftstücke sie sich hart von Flora erkämpfen musste. Meistens endete dass dann in dem Kompromiss, dass sie sich gemeinsam zurückzogen und sie sich abwechselnd vorlasen.
    Einen Herschlag später öffnete sich die Tür und ein Mann kam herein, leicht gelockte braune Haare, aristokratisches Gesicht, elegante Aufmachung. Sie neigte leicht den Kopf zum Gruß, als Manius ihn vorstellte. "Es freut mich...", sagte Narcissa lächelnd. "Die Reise war...etwas lang. Und was das "unsicher machen" betrifft"...Sie wechselte einen kurzen unschuldigen Blick mit ihrem Bruder - sie hatte seinen "Unmut" durchaus vernommen - "...beschränkte sich das bisher auf eine kurze Führung durch die Stadt. Aber wir sind schon...."Ein Blick in die Richtung Floras, Zustimmung..."gespannt darauf, mehr von Rom zu sehen...". Natürlich würden die beiden nie auf die Idee kommen, Unfug zu veranstalten - zumindest niemals bewusst;)

    Etwas zerknirscht nahm sie zur Kenntnis, dass es ihm überhaupt nicht in den Sinn zu kommen schien, dass sie nicht wussten, wer da nun genau vor ihnen saß. Das wiederrum musste bedeuten, dass er zu jenen Familienmitgliedern gehörte, die auch in der Öffentlichkeit weitgehend bekannt waren. Ein wenig ärgerte sie sich auch über sich selbst, dass sie es nicht wusste. Das ließ sie sich natürlich nicht anmerken.
    Glücklicherweise gelang es dann aber ihrer Schwester, ihn auf die richtige Fährte zu locken. Schon als kleine Kinder hatte sich ihre Zusammenarbeit stets bewährt. Sei es beim gemeinschaftlichen Mehl im Haus verteilen, das Erforschen der Speiskammer, das Bitten um Ausgang oder Geld für einen Einkaufsbummel oder die Flucht vor der Ornatrix...Als er schließlich seinen Namen nannte, fielen ihr sprichwörtlich die Schuppen von den Augen - sein Name unter einer Kopie der Acta Diurna, die einer ihrer Verwandten bei einem Besuch mitgebracht hatte, und in einem Artikel als amtlicher Pontifex. Kein Wunder also, dass er die Frage nicht auf sich gemünzt hatte. Im ersten Moment wirkte sie etwas erschrocken, fing sich aber bereits wieder im nächsten.
    "Mit der Zeit, wird es einfacher", meinte sie ermutigend und wagte sich nun auch an ihren Becher mit Wein, dieses Mal vorsichtig nippend. Prisca war ihnen beiden schon gut bekannt. Sie hatten sich das eine oder andere Mal gegenseitig besucht und ansonsten über Briefe kommuniziert. Sie freute sich schon darauf, sie wiederzusehen. Natürlich hatte sie jede Menge Fragen! Die Acta, Rom....aber all das erschien ihr im Moment allzu hoch trabend und sie wollte ihn nicht schon zu Beginn förmlich durchlöchern, weshalb sie sich erst einmal lieber unverbindlich nach den beiden erkundigte. Der letzte Brief von Prisca lag ja nun auch schon eine kleine Weile zurück...
    "Wie geht es den beiden? Was macht Prisca im Moment?"

    Zusammen mit Flora folgte Narcissa ihrem Bruder in die bibliotheca. Ihr Herz schlug eine Spur schneller, als sie den Raum betrat. An allen vier Wänden standen hohe Regale, die über und über mit Schriftrollen voll gepackt waren. Daneben gab es noch eine kleine gemütliche Sitzecken, bestehend aus ein paar Weidekröben mit Kissen, die um ein Tischchen angeordnet standen.
    Neugierig schritt sie eines der Regale ab, den Blick auf die Titel der Schriftrollen gerichtet, den Ausführungen ihres Bruders folgend: Cicero, Caesar...und sogar einen Band von Herodot! Diese Bibliothek war wirklich außerordentlich gut ausgestattet! All das Wissen, das hier verborgen lag! Und all die Welten! Ein Prickeln lief ihr bei diesem Gedanken über die Haut. schon jetzt freute sie sich darauf den Inhalt dieser bibliotheca genauer zu erforschen. Zu schade, dass jetzt nicht die Zeit dazu war. Sanft strich sie mit der
    Fingerkuppe über den titel einer der Schriftrollen.


    "Cicero ist eine sehr gute Wahl", attestierte sie ihrem Bruder und wandte sich ihm halb zu. "Er war ein großartiger Schriftsteller. Ich mag seine philosophischen Schriften, de fato, und den Stil seiner Reden, wie in In catilinam...Was meine Favoriten betrifft, ist es etwas schwierig, weil ich bei fast jeden Schriftsteller etwas finde, das ich mag, und auch etwas, das ich nicht mag. Ich lese ganz gern Tacitus und würde ihm Livius vorziehen, der mir etwas langatmig erscheint. Ich lese aber auch gern Ovid, Catull oder philosophische Ausführungen des Griechen Sokrates. Gaius Lucillius schreibt interessante Satire, Quintus Ennius lesenswerte Lyrik..." Sie hielt einen Moment inne, um dann verlegen zu einem all umfassenden Fazit zu kommen: "Ich lese eigentlich so ziemlich alles, das mir in die Hände kommt...Aber was ist mit dir? Was schätzt du an Tullius Cicero?"