Beiträge von Sextus Aurelius Lupus

    Neben dem besagten Wein wurde dem Tiberier auch in regelmäßigen Abständen Gebäck geboten, falls er auch etwas essen mochte und damit der Wein nicht zu schwer im Magen liegen würde so früh am Morgen. Allerdings musste Lepidus auch nicht zu lange warten, lediglich bis zum Ende des aktuellen Gespräches, das der Hausherr noch zuende führte. Nachdem also das vorige Gespräch beendet war – was übrigens mit einem Bäcker geführt worden war, der aufgrund der aktuell noch knappen Nahrungslage doch besser vom Atrium auch ins Tablinum gebracht worden war – verschwand auch kurz einer der Sklaven beim Hausherr, und direkt danach wurde auch der Tiberier in den Nebenraum gebeten.


    “Ah, Tiberius“, wurde er auch gleich freundlich begrüßt und erhielt mit einer Geste die Aufforderung, sich doch auf dem bequemen Stuhl gegenüber von Sextus niederzulassen. “Sehr schön, dass du heute hier bist, das spart mir den ein oder anderen Boten. Doch berichte erst du, gibt es von deiner Seite aus etwas neues zu berichten oder gibt es sonst etwas, über das du zunächst sprechen möchtest?“

    Selbstverständlich erhob sich auch Sextus, der dieses doch recht eindeutige Zeichen seines neuen Patrons nun als deutlichen Hinweis auf das Ende des Gespräches nahm. Der Einwand des Kaisers war da eine der gelegeneren Abschiedsbemerkungen, denn die ihm damit angebotene Position wollte Sextus natürlich in jedem Fall wahrnehmen. Wann denn sonst bot sich die Gelegenheiten, wichtige Staatsangelegenheiten durch sanfte Einflüsterungen in die persönlich präferierte Richtung zu lenken, wenn nicht bei der Deutung von Zeichen für den Kaiser?
    “Hättest du es nicht erbeten, ich hätte insistiert, diese ehrenvolle Aufgabe zu übernehmen“, meinte er also feinsinnig und besah mit einem schnellen Blick den Faltenwurf seiner Toga. Jene aber war von den Sklaven ausreichend gestärkt worden, um auch nach dem kurzen Gespräch im Sitzen noch einwandfreie Falten zu zeigen, ohne zu knittern. Zumindest auf seiner Vorderseite. Erbaulich.
    “Ich werde dann meinen Klienten auch unterrichten, dass er sich in nicht allzu ferner Zukunft darauf freuen kann, dir persönlich vorgestellt zu werden. Vermutlich ist dein Tagesplan in den nächsten Wochen noch zu gefüllt für eine vormittägliche Salutatio, nehme ich an? In dem Fall wäre ich dir über eine kurze Nachricht dankbar, ab wann und in welchen Abständen ich dir regelmäßig die neuesten Entwicklungen zu meiner Person vortragen kann und dir vielleicht bei der ein oder anderen Gelegenheit von deiner Seite ausgehend behilflich sein kann.“ Bis der Kaiser einen geregelten Tagesablauf hatte, konnte nach so einer Machtübernahme, insbesondere einer durch Bürgerkrieg, wohl einige Zeit verstreichen. Allerdings benötigte Sextus selbst ja ebenfalls noch einige Wochen, um die soeben besprochenen Änderungen auch alle herbeizuführen und so neues berichten zu können.

    “Wie ich bereits eingangs sagte: Meine Termine richten sich nach den deinigen. Und ich bin mir gewiss, dass mein Klient hierbei nicht widersprechen wird.“ Im Grunde konnte der Tiberier allein für die Gelegenheit, zum Kaiser mitgenommen zu werden, obwohl er weder Rang noch Namen hatte, Fortuna zum Dank eine halbe Schafherde opfern. Dieses Glück konnten wohl wahrlich nur wenige Menschen für sich beanspruchen.


    Im Grunde war es Sextus auch gleich, ob dieses Treffen nun morgen oder in einem Monat stattfinden würde. Er würde seine Termine für diesen Tag dann schon vertrösten können. Und es war ihm auch gar nicht unrecht, dass dies keine private Audienz sein würde. Immerhin stellte die Öffentlichkeit sicher, dass sein Klient nicht genügend Zeit mit dem Kaiser haben würde, um etwas dummes zu tun, was dem Cornelier missfallen könnte. Darüber hinaus würde Sextus so ganz nebenbei noch etwas mehr von der Politik des Kaisers aus erster Hand erfahren, sowie einige Details der Kommunalpolitik der umliegenden Städte. Nicht, dass diese unbedingt hilfreich wären, aber Wissen konnte man nie genug haben. Es war nie abzusehen, wann es einmal nützlich sein würde.


    Dass der Iulier auch den Ritterstand erhalten würde, war ebenfalls sehr zu Sextus' Zufriedenheit. Er hatte ungern bei irgendjemandem Schulden – egal in welche Richtung – und mühte sich stets, diese in angemessener Münze zu bezahlen. Der Iulius hatte bei ihm etwas gut gehabt, mit der Erhebung in den Ritterstand wären sie beide quitt. Daher fiel es Sextus auch nicht schwer, sich für den Iulier zu freuen – oder wie man das emotionslose Äquivalent dazu auch immer nennen mochte. “Ich danke dir, Imperator.“


    Und so schnell der Termin gekommen war, so schnell schien er sich auch wieder seinem Ende zu neigen. Die feinen Zwischentöne der Verabschiedungsphase gingen an Sextus nicht vorüber, so dass er es dem Kaiser hierbei auch nicht unnötig schwer machen wollte.
    “Und auch hier kann ich nur wiederholen, was ich zuvor schon gesagt habe: Ich besitze den Ehrgeiz, mein Fortkommen durch eigene Taten zu sichern. In der Hoffnung, dass du mich dann bedenkst, wenn ich es mir verdient habe, und nicht, wenn ich es erbettelt habe. So wie diejenigen, für die ich bat, es verdient haben – oder es sich im Falle des Tiberius verdienen werden.“
    Sollte Sextus den Abschied dann schon einleiten, oder es dem Kaiser überlassen? Er war sich nicht gänzlich sicher, da der Kaiser aber eindeutig im Rang über ihm stand, war es an diesem, die Entscheidung zu treffen. Also floskelte Sextus nur noch ein wenig weiter.
    “Und so hoffe ich, dass wenn dich in einer hoffentlich ruhigen Minute in den nächsten Wochen die Nachricht erreicht, dass das Collegium Haruspicium mich zu seinem neuen Primus gewählt hat, dass du dies wohlwollend aufnehmen wirst.“In der Tat hatte Sextus keinen Grund zur Sorge, jemand anderes könnte in diesen Stand gewählt werden. Er hatte schon zuvor das Collegium nach seinem Willen gelenkt, nun würde er es einfach auch offiziell tun. Sobald die nächste Sitzung einberufen und alle verstreuten Mitglieder – oder zumindest die meisten von ihnen – eingetroffen waren.

    Wirklich erleichtert über diesen Handel war Flaccus nicht. Und wirklich Lust auf... ablenkendere Tätigkeiten hatte er im Moment gerade auch keine mehr. Er konnte nur hoffen, dass das Mädchen da jetzt noch sehr überzeugend sein würde (denn wo er schon für sie bezahlt hatte, käme er sich noch dämlicher vor, jetzt nicht zu ihr zu gehen).
    “Ähm... gut. Dann... gut. Ich... ähm... geh dann mal wieder“, verabschiedete er sich etwas unbeholfen und ging dann recht zögerlich von dem unheimlichen Kerl mit den seltsamen Fragen weg. Und folgte dann der zuvor ausgewählten Dame in eines der hinteren Zimmer, um möglichst wenig über das soeben Geschehene nachzudenken.

    “Ich habe nie behauptet, die Schola wäre autark und unabhängig. Alles, was ich gesagt habe, und was du geflissentlich ignoriert hast, ist, dass sie ihre Kosten durch ihre Einnahmen senkt. Natürlich verursacht sie Kosten, wie jedes öffentliche Gebäude Kosten verursacht. Und natürlich werden öffentliche Kosten auch vom Staat getragen.
    Und darin liegt auch der größte Mangel deiner Argumentation: Das Gebäude, die Räume, die Sklaven, all jene gehören dem Staat bereits. All sie generieren Kosten. Ob dieses Gebäude nun für die Schola genutzt wird oder zu einem anderen Zweck. Diese Kosten verschwinden nicht. Das Gebäude wird selbst durch eine Abschaffung der Schola sich nicht in Luft auflösen. Und der Staat wird kein öffentliches Gebäude verkaufen. Auch nicht seine Sklaven. Und allein aufgrund der Größe der Bibliothek wird diese in diesem Gebäude bleiben. Und selbstverständlich auch nicht veräußert werden. Auch die Sklaven, die sich um die Schriftrollen kümmern, werden genau dort bleiben und weiterhin dieselbe Arbeit machen.
    Oder was hast du gedacht, was durch eine Schließung der Schola mit dem Gebäude, den Schriftrollen und den Sklaven dort passieren würde?“
    Bislang war Vala um diese Frage ja herumgetanzt wie eine Katze um den heißen Brei.


    “Und an deiner Stelle, als Mann mit peregrinen Vorfahren, wäre ich zumindest in der Senatsrede vorsichtig, zu konstatieren, was römisch ist und was nicht. Dieses Argument könnte sehr leicht auf dich zurückgeworfen werden.“
    Und ja, Sextus ließ sich das von einem Halbbarbaren mit nicht dem mindesten Verständnis für die Zusammenhänge von Staat und Religion da auch nicht gerne implizit vorwerfen, nicht römisch zu sein, nur weil er nicht die Meinung teilte, die Schola müsse zwangsweise abgeschafft werden, um Kosten für den Staat zu sparen.

    Wohnt der Datenbank-Kobold zufällig im Verbraucher-Assistenten? Der funktioniert nämlich nicht mehr. Obwohl ich noch genug Brot mit Käse für eine kleine Legion im Warenlager habe und das auch brav auf "O" gestellt ist, bin ich unter den von mir angegebenen Wert gefallen.

    Kurz überlegte Sextus, welche Fürsprecher der Tiberius noch für sich geltend machen könnte. Aber da in den letzten Jahren das Collegium von allen nicht-Salinatorfreunden systematisch gesäubert worden war und dieser Missstand nun noch nicht wieder revidiert worden.
    “Ich fürchte, im Collegium Pontificum gibt es derzeit niemanden, der ihn sonst empfehlen könnte. Wenn du mir Nachricht zukommen lässt, wann ich ihn dir vorstellen darf, werde ich dieser Pflicht mit Freuden nachkommen, auf dass du dir selbst ein Bild von ihm machen kannst.“
    Und Sextus konnte nur beten, dass der Tiberier sich da dann besser zu benehmen wusste als vor dem Tempel des Mars. Es würde ihm gerade noch fehlen, wenn der Mann dann anfangen würde, den Kaiser über Religion zu belehren.


    Nachdem also diese zweite Sache geklärt war, konnte Sextus schließlich zu seinem letzten Punkt kommen.
    “Und wenn du nun erlaubst, möchte ich meine letzte Bitte an dich richten, die... recht persönlicher Natur ist.“
    Sextus holte noch einmal neu Luft, wodurch eine künstliche Redepause entstand. Allerdings sollten Tonfall und Wortfluss im Anschluss andeuten, dass Sextus das Anliegen als solches wohl am Herzen lag, wiewohl gleichsam aufgrund der persönlichen Natur etwas unangenehm sein mochten. Kurzum: Sein Rhetoriklehrer hatte gute Arbeit geleistet.
    “Ich verdanke dem jetzigen Praefectus Castrorum Marcus Iulius Licinus einiges. Er war es, der mich sicher von Mantua nach Mogontiacum gebracht hat und dessen militärischer Sachverstand es uns ermöglichte, eine Vereinigung mit den Legiones aus Germania herbeizuführen. Nach der Verwundung meines Vetters Aurelius Ursus schließlich führte er tadellos die erste Legion den restlichen Feldzug hinweg.
    Du siehst, dass meine Gens und insbesondere ich persönlich bei ihm eine Schuld zu begleichen haben. Daher möchte ich dich bitten, ihn mit dem Stand eines Ritters zu bedenken.“

    Na, das mit dem Überreden üben wir nochmal, dachte sich Sextus nur trocken. Zu Valas Ausführungen fehlte eigentlich nur noch ein passendes 'mach gefälligst, was ich sage, du dummer Trottel', um es zu vervollkommnen. Und dabei war es Vala, der etwas von Sextus wollte, nicht umgekehrt.


    “Das mag so ja richtig sein, dass das Geld, welches die Schola im Moment angehäuft hat, daher stammt. Allerdings ist das für dein Anliegen absolut unerheblich. Wie du selber sagst, wurde der nicht ganz rechtmäßige Teil daran bereits eingestellt, das Vermögen aber ist geblieben. Eines, über das der Staat auch so verfügen kann, ohne die Schola zu schließen. Dafür genügt ein Befehl des Kaisers, oder ein Senatsbeschluss.


    Und auch für die Stärkung des Bildungssystems bedarf es nicht einer gänzlichen Abschaffung der Schola. Da genügt schon eine Abänderung der zugehörigen Lex, um freien Lehrern dieselben Befugnisse zu erteilen wie jenen, die im offiziellen Auftrag der Schola lehren.“ Da Vala ohnehin andauernd vergaß, dass Sextus Haruspex war, unterließ er den Hinweis an der Stelle. In diesen dummen Barbarenschädel war schon die vorigen Male nie hineingegangen, dass ein Haruspex sehr viel studierte und lernte und nicht nur irgendwelches Zeug brabbelte.


    “Und was die Freistellung von Ressourcen angeht... wie bereits gesagt, wird das Gebäude der Schola wohl kaum geräumt und aufgegeben werden, allein der Bibliothek wegen. Die Sklaven dort fegen nun die Räume und pflegen die Schriftrollen, und auch später werden sie die Flure fegen und die Schriftrollen versorgen. Wenn dadurch vielleicht fünf Sklaven zwei Tage häufiger in der Kanzlei auch tätig sein können, macht dies keinen nennenswerten Unterschied.
    Du allerdings sprichst hier von der Abschaffung von ehrenamtlichen und damit unbezahlten Posten. Und verzeih mir, aber günstiger als umsonst geht nicht. Du kannst bei deren Abschaffung nicht mit der Kostenfrage argumentieren. Und wenn dies dein einziges Argument hierzu ist, kann ich dich darin nicht unterstützen.“

    Sextus sparte sich ob des Einstiegskommentars ein Rollen mit den Augen. Wenn Vala den homo novus heraushängen lassen wollte, dann sollte er. Mit der Rückkehr in heimische Gefilde hatte Sextus sich vorgenommen, vermehrt die Werte der Stoa wieder zu leben und sich nicht von solchen Kleinigkeiten ablenken zu lassen. Auch nicht von nervigen Kleinigkeiten.
    “Die Kurse der Schola finanzieren sich aus den Kursgebühren der Teilnehmer. Aus diesen erhobenen Gebühren wird das Entgelt für die Lehrer bezahlt und...“
    Ein Klopfen und Hämmern drang zwar leise, aber doch störend von Seiten des hinteren Gartens heran und unterbrachen kurz Sextus Konzentration. Das hatte er vollständig vergessen. Er winkte kurz eines der beweglichen Hausintarsien herbei und flüsterte ihm leise den Befehl zu, dass die da draußen mit ihrem Krach gefälligst noch warten sollten, bis er das Haus verlassen hatte.
    Der Sklave dackelte ab, und Sextus wandte sich wieder dem Gast zu. “Entschuldige, ich lasse gerade Umbaumaßnahmen am Haus durchführen. Du benötigst nicht zufällig ein bis zwei Pferde oder trägst dich mit dem Gedanken, auch ohne zwingenden Grund welche zu kaufen?“ Warum auch immer jemand mitten in einer Stadt, in der man nicht reiten durfte und in der nur der Flamen Dialis, seine Frau und die Virgo Maxima einen Wagen tagsüber fahren durften, Pferde haben wollte. Eine Tatsache mehr, weswegen Sextus den Abriss dieses elenden Pferdestalles im hinteren Bereich der Villa angeordnet hatte. Abgesehen davon, dass das Gebäude beständig nach Mist stank, was bis in den Garten herüberwehte. Im Sommer noch mehr als im Winter.


    Das Hämmern hörte auf, und Sextus war zufrieden. “Wo waren wir? Achja, Schola. Wie schon gesagt, finanzieren sich die Kurse selber, mitsamt der Kosten für fremde Lehrer über die Kursgebühren. Die Ämter an der Schola sind ehrenamtlich und damit selbstverständlich unbezahlt. Was bleibt, sind die Kosten für die Instandhaltung des Gebäudes, der Sklaven und und der Verwaltung. Das Gebäude wird wohl kaum abgerissen werden. Allein die Bibliothek mit ihren Abschriften wird wohl weder umverlegt noch gar vernichtet werden.“ Kaiser sammelten seit jeher Bücher und Schriftrollen. Nicht umsonst war die Bibliotheke des Museions Alexandria beispielsweise im Privatbesitz des Kaisers. “Und wohl auch nicht verkauft. Die Sklaven sind schon gekauft und müssen versorgt werden, ebenso müssen sie sich um die besagten Schriftrollen und das Gebäude so oder so kümmern. Auch hier sehe ich keine Einnahmen für den Staat. Und die Verwaltung wird soweit ich weiß von den ehrenamtlichen Trägern gestellt.


    Von daher ist dies wohl eher ein Verlust für die Staatskasse, da Einnahmen aus Kursgebühren wegfallen, während Fixkosten bleiben, die, wenngleich höher als die Einnahmen, nicht vermieden werden können, durch die Einnahmen aber gemindert werden.
    Und wenn ich dies sehe, wird es ein Senator Germanicus Avarus, der in der Vergangenheit einer der größten Verfechter der Rechte und Privilegien der Schola war, es erst recht sehen.


    Von daher bräuchte ich schon einen...“ etwas weniger fadenscheinigen “greifbareren Grund, warum ich unterstützen sollte, etwas abzuschaffen, was mein Vetter vor dem Krieg noch durch seine Arbeit selbst mitgeführt und gefördert hat.“
    Vala hielt sich bei seinen Ausführungen so knapp, und dazu waren diese noch in Sextus Augen so wirr, so dass er eine Sorge um den Staatshaushalt an der Stelle sicherlich nicht glauben mochte. Wenngleich ihm kein Grund einfiel, warum Vala ihm bei dieser Sache anlügen sollte.

    So wirklich gefiel Flaccus das Ganze hier nach wie vor nicht. Der Typ war ihm einfach unheimlich. Er wollte lieber nicht zu genau darüber nachdenken, wie der das Mädel nun zu finden gedachte und was er mit ihr anstellen würde. Hoffentlich fiel da nichts auf ihn zurück. Andererseits hatte sein Patron ihn ja hierher geschickt, um den Auftrag zu erteilen....
    Nein, lieber nicht darüber nachdenken.


    “Ähm, ja, kontaktieren...“ Da war ja noch was. Allerdings wollte Flaccus diese unheimliche Person sicher nicht bei sich im Haus, oder dass der Kerl auch nur wusste, wo er wohnte. Und zu seinem Patron konnte er ihn natürlich erst recht nicht schicken!
    “Ähm, gib beim Bäcker gleich links vom Tempel des Mars in Richtung Quirinalis eine Nachricht für mich ab. Sag einfach, für Flaccus. Dann komm ich spätestens zwei Tage später hier vorbei und hol das Mädchen ab. Oh, und sag dann am besten, was das dann noch gekostet hat, dann bringe ich das Geld dafür gleich mit.“

    Sextus zuckte zur causa Iulii nur mit den Schultern. So wichtig war ihm dieser Einfaltspinsel nun nicht, dass er dafür Privatvermögen ausgeben würde, den Mann zu finden. Sollte er wieder auftauchen, gab es ganz andere Mittel und Wege, ihn zu bekämpfen, und solange er sich wie ein Kaninchen in einem Loch vergrub und fernblieb, war es kein Problem. Ein wichtiges Amt bekleiden oder gar Einfluss geltend machen würde der Iulier ohnehin nicht mehr wieder mit dieser Vergangenheit.


    Die andere Sache war da schon etwas interessanter. Das wie und was einer Dokumentation würde sowieso im Senat erörtert werden müssen. Und zum Teil gab es ja auch bereits Dokumentationen über die Tätigkeiten der Ädile beispielsweise. Und sie beide selbst hatten ihren Nachfolgern bei den Vigintiviri eigentlich auch ein bestelltes Feld hinterlassen. Sofern die nachrückenden Generationen dieses nicht verdorren ließen, war schon ein Anfang geschafft, auf den man aufbauen konnte.
    Die Sache mit der Schola aber war da doch etwas verwunderlich. “Ich wusste nicht, dass du ein Problem mit der Schola hast. Wie kommt es, dass du sie abschaffen möchtest?“

    Wo war der Nomenclator, wenn man ihn einmal brauchte? Natürlich hatte Sextus noch weitere Erkundigungen über seinen neuen Klienten eingezogen, aber welcher normale Mensch merkte sich den kompletten Stammbaum anderer Gentes? Abgesehen von einem Nomenclator, natürlich. (Wobei Sklaven, auch besondere Sklaven, für Sextus definitiv auch nicht unter der Bezeichnung 'normaler Mensch' firmierten.)


    “Er ist ein etwas entfernterer Vetter von Tiberius Durus. Weit genug entfernt, dass ihr gemeinsamer Ahn...“ Der einen wohlklingenden Namen hatte. Den Sextus in dessen Gänze nicht mehr wusste, aber es war einer der zahllosen “Tiberius Ahala“ gewesen. “... keinen Ordo an ihn vererbt hat. Allerdings war sein Onkel, ein Tiberius Maximus, auch Senator unter Iulianus bis zu seinem Tod während des hispanischen Aufstandes. Nur stand der eben nicht in dessen direkter Ahnenreihe.“ Die Tiberii hatten da einige Lücken von Männern ohne entsprechenden Ordo. Nur kannte die Sextus so auch nicht auswendig. “Und die Gens der Tiberii ist recht groß. Sicherlich gibt es da einige Stellen in deren Stammbaum, denen der Ordo Senatorius trotz ihres patrizischen Standes fehlt. Dies mag auch seine Ursache darin haben, dass sie ähnlich wie die Aurelier aus einer plebejischen Gens entstanden sind und geadelt wurden.“

    Im selben Absatz unserer Gesetze steht aber auch, dass du solange keinen Sold kriegst, bis deine Ausrüstung abbezahlt ist. ;) Daher würde ich jetzt einfach einmal frech behaupen, dass dein Sold da so gerechnet ist, dass du dir deine Verpflegung in der WiSim einfach kaufst.


    Darüber hinaus kann man nicht oft genug betonen, dass die WiSim kein verpflichtender Teil des Rollenspiels ist. Das ist absolut freiwillig. Man muss kein Konto haben.
    Bevor irgendwer aufschreit von wegen und Cursus Publicus: Da reicht eine PN an die SL, und es wird eine Möglichkeit gefunden. Beispielsweise über Familienwertkarten, die ja für die ganze Familie gelten. Oder auch individuell.
    Oder die Bestimmungen zum Landbesitz: Wir haben auch einen Senator ohne WiSim-Konto und folgerichtig ohne WiSim-Landbesitz: Manius Flavius Gracchus. Wer kein WiSim-Konto hat braucht auch keinen WiSim-Landbesitz.


    Wer allerdings an der WiSim teilnimmt, wird auch folgerichtig an den Werten seiner Balken gemessen. Und wenn die dauerleer sind, dann darf das Gegenüber die Person auch als halb verhungert, heruntergekommen und schäbig sehen.
    Von daher, wen die leeren Balken und damit verbundenen Reaktionen der Mitspieler stören, der braucht kein Konto haben. Wem das mit der Wirtschaft zu kompliziert ist, der braucht auch kein Konto haben. Man kann auch alles ohne machen.

    Unversehrt? Blaue Flecken? Wo bei Orcus war er hier hingeraten?
    Die Augen des Opimius wurden bei den Worten seines Gegenübers immer größer und der Blick immer zweifelnder. Das erste, was dann auch folgerichtig aus seinem Mund als Antwort kam, war ein recht langgezogenes “Äääääh?“ gefolgt von einem Räuspern, um sich wieder einigermaßen von dem Schock zu erholen. Er hatte gefragt, ob sein gegenüber das Mädchen finden konnte, nicht, ob er es verprügeln konnte.
    “Natürlich soll ihr nichts geschehen“, meinte er dann als erste Antwort. Allerdings hatte er sich noch nicht wirklich wieder von seinem Eindruck des seltsamen Kerls hier erholt, was ihm wohl auch anzuhören war. “Er will sich mit der jungen Dame unterhalten und... so.“ Was genau er mit dem jungen Ding wollte, hatte Flaccus weder gefragt, noch gehört. Allerdings konnte er es sich schon denken, was man(n) üblicherweise mit einem hübschen, jungen Mädchen machte, das sich als Konkubine an wohlhabende Männer ranschmiss. Allerdings ging das natürlich besser, wenn besagte Dame vorher nicht mit einem Knüppel malträtiert worden war!
    “Der Preis ist da in Ordnung, da muss ich nicht mit dir verhandeln. Aber dem Mädchen soll nichts geschehen“ Gerade eben hatte Flaccus ja schon einen Aureus hingeblättert für ein Mädchen, da war ein weiterer für das andere sicher nicht zu hoch gegriffen. Eher für das erstere, das deutlich überbezahlt war. So aber fischte er nach dem zweiten Aureus, der ihm mitgegeben worden war, und gab ihn, wenn auch etwas widerwillig, an sein Gegenüber. “Aber dem Mädchen darf kein Leid geschehen, ja?“ fragte er da sicherheitshalber nochmal nach, während er die Münze überreichte.


    Sim-Off:

    Dann mal jeweils 100 Sesterzen an jeden von euch zwei ;)

    Vermutlich würde diese Angelegenheit also noch ein wenig dauern, bis alles so umgesetzt war, und eine Prüfung der Sachlage war zwar sicherlich erforderlich, aber beschleunigte den Prozess nicht unbedingt. Zumal die Kanzlei, die das prüfen würde, um Moment vermutlich 'etwas' unterbesetzt war. Aber immerhin eine Zusage.
    Also weiter zu Nummer drei auf der Liste.
    “Vermutlich hast du Recht, und ich danke dir schon einmal vorab für deine Veranlassung.
    Die zweite Sache, die ich mit dir besprechen möchte, betrifft einen meiner Klienten. Tiberius Lepidus ist sein Name, ein Verwandter von Tiberius Durus, der allerdings während der Zeit des Bürgerkrieges hier in Rom zurückgeblieben ist und bemüht war, das Ansehen seiner Familie soweit dies unter Vescularius möglich war, zu wahren. Allerdings hat auch er natürlich unter dessen Willkür gelitten, so dass er trotz seiner Herkunft als Patrizier den Göttern nur als Aedituus dienen durfte. Da du ja selbst patrizischen Blutes bist, weißt du um unsere besondere Verpflichtung der pax deorum gegenüber, und dass der Posten als Hausmeister eines Tempels dem ganz und gar nicht gerecht wird.
    Mein Klient würde sein Wissen und seine Fähigkeiten gerne bei den Pontifices unter Beweis stellen. Da das Collegium von den Anhängern des Vescularius derzeit auch gesäubert wird, steht einer Kooptation unter deiner Zustimmung dann sicherlich nichts im Wege. Lediglich eine Erhebung in den Ordo Senatorius müsste zuvor erfolgen, denn auch dies war Tiberius Lepidus von Vescularius verwehrt worden.
    Daher möchte ich dich bitten, ihm den Ordo zu verleihen und, sofern das nicht zuviel verlangt ist, ihn in der nächsten Sitzung des Collegium Pontificum zur Kooptation vorzuschlagen.“

    “Wie könnte ich den vergessen?“ fragte Sextus und verdrehte schon bei der Erinnerung an den Iulier die Augen. “Es ist mir bis heute schleierhaft, wie der danach noch hat Quästor werden können. Seinen Senatorenposten hat er wohl auch nur sehr tiefen Kriecharbeiten in vescularischen Hinterteilen zu verdanken.


    Wenn du den Vorschlag einer vernünftigen Dokumentation der Magistrate einbringst, kannst du dir meiner Unterstützung sicher sein. Es ist schon eher eine Schande als ein Wunder, dass niemand zuvor die Idee gehabt hatte, das vorzuschlagen, was ja bei Ädilatstätigkeiten beispielsweise auch Gang und Gebe ist.“

    Was für ein unfreundlicher Geselle. Flaccus war das ganze ja schon ein wenig unheimlich, wie der Kerl sich aufführte, und seine Lust flaute auch mehr und mehr ab, aber jetzt war er schon so weit gekommen, da wollte er auch zu einem Ende kommen.
    “Ich glaube nicht, dass sich mein Bekannter mit dir unterhalten will...“ meinte er erst etwas zweifelnd. Sein Patron hatte ihn schließlich nicht vorgeschickt und mit Informationen ausgestattet, wenn er wollte, dass am Ende bekannt wurde, dass er eine kleine Lupa privat suchte. Und so vertrauenswürdig erschien der Kerl hier nun nicht zu sein.
    “Also, das Mädchen nannte sich Thalia, ist ungefähr so groß“ Er deutete etwas unterhalb seiner Nase als Höhenangabe. Besonders hoch gewachsen war die Frau nicht gewesen nach der Beschreibung, die er erhalten hatte. “hat schwarzes Haar und – ganz auffällig – blaue Augen dazu. Sie war vor einigen Jahren die Konkubine von Vescularius, und hat sich deshalb wohl versteckt. Ob er ihr damals irgendwelche Unterkünfte gewährt hat, wo sie sich verstecken könnte, weiß ich nicht. Oder ob er sie sehr lange behalten hat. In der Zwischenzeit müsste sie so achtzehn, höchstens zwanzig Jahre alt sein.“
    Kurz überlegte Flaccus, ob er etwas an der Beschreibung wohl vergessen hatte, oder wichtige Informationen. Er glaubte aber, nicht.
    “Natürlich wird mein Bekannter für deine Mühen, das Mädchen zu finden, auch zahlen. Nachdem du jetzt die Informationen hast, wieviel verlangst du dafür?“ Flaccus hatte einen gewissen Rahmen, in dem er verhandeln konnte. Aber diesmal würde er nicht den Fehler machen und irgendwas anbieten. Die hundert Sesterzen von eben waren viel, VIEL zu teuer gewesen.

    Na also, ging doch. Sextus verneigte sich betont bescheiden ganz leicht in Richtung des Corneliers und nahm so wohlwollend zur Kenntnis, nun zu dessen Klientel offiziell zu zählen. Und im Grunde nur zu dem Preis, den jeder Klient seinem Patron zahlte. Sogar im Grunde weniger, da er explizit gesagt hatte, nicht als billiges Sprachrohr zu fungieren, selbst wenn sein Patron das wünschte...


    Gleichgültig, die erste Hürde war genommen, also konnte man zu den nächsten Punkten kommen. Sextus hatte durchaus noch mehrere Dinge auf seiner Liste. “Ich danke dir, Patronus. Es ist mir eine große Ehre, dir auch in Zukunft behilflich sein zu können.“ Nicht nur in der Vergangenheit. Auch wenn letzteres ja nicht gänzlich überhaupt auch nur seinem freien Willen entsprochen hatte und eher dem Zufall geschuldet war.


    “Unabhängig davon hoffe ich, auch noch zwei... nein, um exakt zu sein, drei Dinge mit dir besprechen zu dürfen.
    Zunächst einmal eine Kleinigkeit, an die du selbst vermutlich schon gedacht hast, die ich aber dennoch gerne auch von dir persönlich gehört hätte. Es geht um einige Formalia, die Vescularius erlassen hatte. Unter anderem auch die Beschlagnahmung diverser Privatvermögen und Erbschaften, nicht zuletzt auch die von Tiberius Durus. Soweit ich das nachrecherchieren konnte, ist ebenfalls mein Vetter Aurelius Avianus unter seiner Herrschaft plötzlich verschwunden, und offiziell ist dessen Vermögen wohl ebenso beschlagnahmt. Ebenso wohl auch das von Vinicius Lucianus. Ich denke, eine kleine Ankündigung über die selbstverständliche Rücknahme aller beschlagnahmter Besitztümer und vor allen Dingen Erbschaften unter Vescularius wäre ein gutes Zeichen, und würde dir auch gleichzeitig in jedem Fall die Dankbarkeit der Tiberii und der Vinicii einbringen. Consular Vinicius Hungaricus wird sicherlich das Erbe seines Bruders antreten wollen. Und sicherlich gibt es hier auch die ein oder andere Familie, die nun keinen so großen Namen trägt. Du hast zwar in deiner Senatsrede bereits gesagt, dass sich die Gerichte mit den Unrechtmäßigkeiten unter Vescularius befassen müssen, aber da es hierbei um vielerlei Verwaltungsakte geht, rate ich dir und würde dich darum bitten, dass du hier doch einen Erlass herausgibst, um die Gerichte ein wenig zu entlasten.“

    Das war schon einmal Nummero Uno.