Während ihr Blick an seinem Körper immer tiefer glitt, wurde Sextus Lächeln eine Spur süffisanter. Er widerstand dem Drang, angeberisch ein paar Muskeln unter dem Stoff spielen zu lassen, und lehnte sich einfach nur entspannt zurück. Sollte sie sich ruhig satt sehen und ihre Gedanken in dieselbe Richtung wandern lassen, wie seine gingen, wenn er sie anschaute. Dass sie seine Cousine war, war dabei vollkommen gleichgültig. Das gab der ganzen Sache nur einen um einiges verbotenen Hauch, der es eher interessanter machte.
“Welche Sterbliche könnte sich schon mit dir, meine Göttin, messen? Verblassen muss sie wie der Morgenstern, wenn die Sonne aufgeht.“ Sextus sah sie noch immer betont bekümmert und leidend an, wobei er allerdings keinen Zweifel daran ließ, dass auch das zum Schauspiel gehörte.
Seine Begleitung also war eine Flavia. Folglich war Priscas Auserwählter ein Flavius, noch dazu einer, den Corvinus wohl nicht mochte, denn sonst wäre dieser Seitenblick vorhin von ihr nicht nötig gewesen. Und auch jetzt schaute sie kurz zu dem Hausherren hinüber, als müsse sie sichergehen, er würde nichts davon mitbekommen. Das machte die ganze Sache doch schon eine Spur komplizierter, vor allem in Anbetracht der geplanten Hochzeit von ihm selbst mit einer Flavia. Er konnte seine angedachte Begleitung also nicht so einfach um den Finger wickeln, wenn er nicht befürchten wollte, dass es sich im Haus der Flavier herumsprach und es zu Schwierigkeiten bei den Verhandlungen anschließend kam. Andererseits war eine Flavia doch so gut wie eine andere, und er konnte notfalls dann auch dieses Mädel nehmen, wenn man es deichseln konnte. Im Grunde war es ihm vollkommen gleichgültig, wer letztendlich in seinem Bett landen würde, war es so oder so doch eine Pflicht, der er sich nicht entziehen konnte. Politik war eben Politik.
Dennoch waren all das Informationen, die Sextus nur zu gern in sein Repertoire aufnahm, um sie möglichst gewinnbringend für sich selbst zu benutzen. Es gab keine Information, die vollkommen wertlos war.
Als sie sich dann wieder versicherte, dass er wirklich mitmachen würde, wurde Sextus schon eher hellhörig. Nicht nur, wie sie versuchte, ihn zu umgarnen, sondern auch die zweideutige Wortwahl dabei. Sicher, sie hatte mit dem Thema gespielt, es waren die einen oder anderen Andeutungen gefallen, aber so direkt war keiner von beiden gewesen. Jetzt war es an ihm, seinen Blick an ihr hinabgleiten zu lassen. Ein leiser Zweifel kam auf, ob das hier nur Spiel war oder doch einer Einladung gleich kam, die Sextus sicher nicht ausschlagen würde. “Ja, wirklich ein Jammer, dass die Dinge, die man am meisten begehrt, die sind, die einem das Schicksal verweigern will.“
Sein Blick war wieder zu ihren Augen gewandert, und er sah sie einen Augenblick lang nur durchdringend an. Er zweifelte nicht daran, dass sie sich erfahrener gab, als sie war. Er konnte sich nicht vorstellen, dass eine so beherrschte Frau wie Prisca ihren Ruf ruinieren würde. Nicht für ein profanes Abenteuer. Wenn sie verheiratet wäre, dann vielleicht , aber nicht, solange sie mehr riskierte, als einen Ehemann vor den Kopf zu stoßen, so er es herausfände. Allerdings war er auch gerne bereit, sich vom Gegenteil überzeugen zu lassen. “Andererseits sagt man ja auch, dass das Glück die Mutigen belohnt.“ Er wandte seinen Blick nicht eine Sekunde von ihren Augen und beobachtete so die Reaktionen, die sich wohl in den ihren widerspiegelten. Im Grunde waren sie ja sogar weit genug voneinander entfernt, dass es theoretisch möglich wäre, dass sie eine Verbindung eingingen. Nicht, dass einer von ihnen sich darauf wohl einlassen würde, denn es bedeutete trotz rechtlicher Möglichkeit einen Rufverlust, den sie beide sich wohl nicht leisten wollten. Dennoch war diese Tatsache gut genug, dass Sextus nicht auch nur den Hauch eines schlechten Gewissens bekam, während er Prisca weiter neckte und reizte.