Beiträge von Azizos

    Salve!


    Ich sehe gerade zu meiner Überraschung, dass diese ID offenbar nicht, so wie ich annahm, bereits auf "Exilium" stand, sondern noch aktiv geschaltet war und jetzt in den Desideratus-Status gerutscht ist. Das soll nicht sein.


    Bitte diese ID ins Exil versetzen!


    Sorry, meine Unachtsamkeit. :(

    Hallo liebe Leute!


    Pünktlich zum neuen Jahr hat mich leider wieder einmal ein Rückfall einer Erkrankung erwischt, dir mir schon seit meiner Kindheit immer wieder mal "Hallo" sagt. Ich bin jetzt erst seit Kurzem wieder dabei, meine Angelegenheiten einigermaßen in Ordnung zu bringen.


    Sorry an alle, die vielleicht oder sogar sehr wahrscheinlich auf mich gewartet haben! Ich hoffe, hier in absehbarer Zeit wieder mitschreiben zu können.


    Titus Pompeius Atticus hat noch eine eigene PN.

    Der neue Tiro hatte also glücklich sein Contubernium in der ersten Centurie der Cohors II Esquilina gefunden. Damit hatte er zugleich den ersten Teil des Befehls erfüllt, den ihm der Tribun dieser Kohorte in seinem Officium erteilt hatte. Der zweite Teil dieses Befehls führte Azizos jetzt in die Rüstkammer der Cohors II Esquilina. Selbstverständlich hatten ihm seine neuen Kameraden aus dem Contubernium einen falschen Weg gewiesen, um ihn zu foppen, aber der mit jedem Schritt penetranter werdende Geruch der Latrinen war dem Peregrinus aus Palmyra recht schnell aufgefallen, und ein anderer Vigil, den er unterwegs traf, zeigte Azizos schließlich, wie er am besten zur Rüstkammer gelangte.


    "Salve! Tiro Azizos aus Palmyra, erste Centurie, zweites Contubernium. Auf Befehl von Tribun Taprilifius soll ich mich hier für die Ausbildung ausstatten lassen." Der neue Tiro war stolz, nun den Namen des Tribuns erstmals richtig aussprechen zu können; seine Contuberniums-Kameraden hatten ihn ihm verraten.


    "Äh, das läuft doch hier auch so, dass ich die Sachen dann vom Sold abstottern kann, oder?" fragte Azizos noch vorsichtshalber. Anders durfte es jedenfalls auch nicht sein, denn der Peregrinus hatte bei weitem nicht genug Geld, um den Ausrüstungs-Kram auf einen Schlag zu bezahlen.

    Der Gang mit den Contubernien der ersten Centurie, der Azizos von nun an angehörte, war innerhalb der Castra der Cohors II Equilina der römischen Vigiles leicht zu finden. Diese Tatsache gab dem neuen Tiro die Gelegenheit, sich noch einmal seine kurze Begegnung mit dem Tribun in Erinnerung zu rufen und Schritt für Schritt durchzugehen, was er dort gehört hatte.


    "Tod, Verstümmelung, Erblindung" - da war dieser düstere Dreiklang wieder gewesen, den Azizos zuerst aus dem Munde des Rekrutierungsoffiziers im Officium Conducendi vernommen hatte. Der Tribun hier in der Castra der Cohors II Esquilina hatte es so nicht gesagt, nein, doch er hatte von Plätzen gesprochen, die in Contubernien der ersten Centurie frei geworden waren, weil Kameraden im Einsatz ihr Leben gelassen hatten. Nun würde er, Azizos, nachrücken - wie würde man ihn aufnehmen, wenn man doch vielleicht noch um den verstorbenen Kameraden trauerte, um den verstorbenen ... Freund?


    Ansonsten hatte der hiesige Tribun, dessen Namen Azizos immer noch nicht kannte, keine Worte mehr verloren, die nicht unbedingt als Anweisung an einen neuen Tiro notwendig waren, und das war durchaus ganz nach dem Geschmack des Peregrinus. Besonders hatte Azizos dabei zugesagt, dass nicht noch einmal sein Werdegang zur Sprache gekommen war, so dass er wieder hätte rechtfertigen müssen, warum er die Classis verlassen und nun bei den Vigiles angeheuert hatte. Überhaupt, fand Azizos, war die Flotte ja Vergangenheit, die Vigiles aber Gegenwart und Zukunft; er selbst hatte die Zeit in Misenum auch innerlich längst schon abgehakt und war erleichert darüber, dass er jetzt nicht mehr Rede und Antwort über seine ins Trudeln geratene Militär-Karriere stehen musste. - In dieser Hinsicht sollte der Peregrinus sich allerdings gründlich getäuscht haben.


    Über all seinen Erwägungen war Azizos mittlerweile innerhalb der Castra der Cohors II Esquilina den Stuben der Contubernien der ersten Centurie sehr nahe gekommen. Als er auf den Gang einbog, an dem diese Stuben lagen, erblickte er eine Gestalt, die er kaum genauer ausmachen konnte, weil sie geschwind in eine der Stuben huschte. Aus der gleichen Richtung meinte der neue Tiro, ein Zischeln zu hören. Er horchte genauer - und traute kaum seinen Ohren: "Ich glaub', jetzt kommt der, den sie bei der Classis rausgeschmissen haben", begleitet von unterdrücktem, aber deutlich hämischem Gelächter. Der Peregrinus aus Palmyra war verdattert: Wie konnte sich diese Nachricht denn bloß so schnell herumgesprochen haben? Es war doch nur im Officium Conducendi davon die Rede gewesen, und das befand sich ja in einer ganz anderen Castra und nicht etwa hier in der Castra der Cohors II Esquilina, und auch der hiesige Tribun hatte ja gar nicht den Eindruck gemacht, als wisse er von Azizos' abgebrochener Ausbildung bei der Flotte. Die Vigiles der ersten Centurie waren dagegen offenbar um so besser im Bilde, wie der neue Tiro einerseits konsterniert feststellte. Auf der anderen Seite bewunderte er aber auch, wie rasch die römischen Vigiles Informationen weiterzugeben imstande waren.


    Nachdem Azizos sich von seiner ersten Überraschung erholt hatte, schritt er mutig weiter in den Gang mit den Contubernien der ersten Centurie hinein. Doch der nächste Schlag ließ nicht auf sich warten, sondern traf den stolzen Peregrinus gerade in dem Moment, als er an einer der geöffneten Stubentüren eines Contuberniums der ersten Centurie vorbeiging und folgenden Ausschnitt einer Unterhaltung im Inneren dieser Stube vernehmen musste: "Nee, ne? Hat bei dieser Zierfischteich-Truppe in Misenum abgekackt und will hier jetzt Vigil spielen?? - Nee, echt jetzt, manchmal komm' ich echt nicht mehr darauf klar, was die Herren da oben hier oft für Pack einberufen." Azizos erstarrte. Er begann, am ganzen Leib vor Zorn zu zittern, und ballte die Faust. Es kostete ihn äußerte Überwindung, nicht sofort in die Stube hineinzustürmen und die Typen, die sich gerade darin aufhielten, nach allen Regeln der Kunst zu vermöbeln. Jedoch wusste Azizos nur zu gut, was ein solcher Auftritt hier gleich an seinem ersten Tag bei seiner Vorgeschichte bedeuten würde: das sofortige Aus für ihn bei den Vigiles und für seine Träume.


    Mehrfach schnappte der neue Tiro verkrampft nach Luft, um wieder Gewalt über sich und seinen Zorn zu gewinnen. Dabei fiel sein Blick auf eine Tafel, die neben der Tür zu der besagten Contuberniums-Stube angebracht war. Azizos erinnerte sich jetzt wieder an die Anweisung des Tribuns, in eines derjenigen Contubernien aus der ersten Centurie einzurücken, die bei einem Feuer erst kürzlich Mitglieder eingebüßt hatten. Wie der Tribun ihm weiter mit auf den Weg gegeben hatte, zählte Azizos aus einer plötzlichen Eingebung heraus jetzt die Namen auf der Tafel neben der Tür zu derjenigen Contuberniums-Stube, aus der heraus er gerade unter das "Pack" gerechnet worden war. Und siehe da: Auf der Tafel standen nur sechs Namen.


    Ohne weitere Überlegung trat Azizos mit Schwung in den Raum, dessen Bewohner die Tafel nannte: "Salvete, die Herren! Ich bin Azizos aus Palmyra und ja, ich bin das 'Pack', über das ihr euch hier gerade das Maul zerreißt. - Stimmt schon, ich konnte bei der Classis den Dienst auf See nicht vertragen. Mir wurde dauernd schlecht, und ich war kampfunfähig. Deshalb habe ich die Flotte auch noch während meiner Ausbildungszeit im Einverständnis mit meinen dortigen Vorgesetzten verlassen. Aber ich BIN ein brauchbarer Soldat, und wenn ihr euch jetzt fragt, ob so ein Looser wie ich euch im Einsatz nicht eher im Weg stehen als helfen wird, dann kann ich euch versichern, dass ihr euch voll und ganz auf mich verlassen könnt. Und wer hier noch einmal in meiner Gegenwart die Classis beleidigt, der kriegt es mit mir zu tun: Die Jungs da auf den Schiffen, die sind genauso gut wie wir. - So, hat jetzt noch irgendjemand ein Problem mit mir?" Azizos blickte entschlossen in die Runde. "Noch irgendwelche Fragen an mich?" - "Ja: Kannst du auch kochen? Du hättest dann nämlich ab übermorgen zehn Tage lang die Mahlzeiten für uns alle zu übernehmen."


    Diese Worte waren aus dem Munde eines recht kleinen, aber breitschultrigen jungen Mannes mit dunkelblonden Haaren gekommen, der mit Schüsseln und Besteck beschäftigt gewesen war, bevor Azizos zu seinem großem Auftritt angesetzt hatte. Der Peregrinus aus Palmyra drehte sich zu diesem Mann herum und bejahte die Frage nach der Nahrungszubereitung. Dabei fiel sein Blick auf einen kleinen Wandtisch neben dem jungen Mann, auf dem eine ganze Reihe unterschiedlichster Figuren standen. "Kann ich meinen Gott dazu stellen?" fragte Azizos, indem er auf diesen Tisch deutete. Auf das zustimmende Gemurmel seiner neuen Kameraden hin öffnete der frischgebackene Tiro den Sack mit den wenigen Habseligkeiten, die er mit sich führte, und holte ein überraschend wertvolles Tuch daraus hervor, aus dem er vorsichtig eine grob bearbeitete tönerne Gestalt auswickelte. Während er für sie einen Platz zwischen den anderen Götterfiguren suchte, wandte sich einer seiner Stuben-Kameraden an ihn: "Wie heißt dein Gott?" - "Azizos", entgegnete der Angesprochene. "Ach, ein Gott bist du also auch noch?" Der Peregrinus aus Palmyra überhörte geflissentlich das unterdrückte Lachen seiner Kameraden: "In meiner Heimat verehrt man Azizos als Gott des Morgensterns. Er ist der Gott meiner Familie." Und dieser stand nun friedlich da mit den anderen Göttern des Contuberniums II der ersten Centurie der Cohors II Esquilina.


    Sim-Off:

    Edit: Nummer des Contuberniums eingefügt.

    Zu Azizos' Überraschung begnügte der Tribun sich nicht damit, sich den Laufpass des neuen Tiros reichen zu lassen. Vielmehr stand er selbst von seinem Schreibtisch auf, ging auf Azizos zu und nahm diesem den Marschbefehl ab. Während er dies alles tat, konnte der Peregrinus seinen ersten Eindruck bestätigt, ja noch übertroffen sehen, denn der Tribun hatte wahrlich eine bedeutende Körpergröße und wirkte damit beinahe einschüchternd.


    Wichtiger war für Azizos aber in diesem Moment, was der Tribun zu ihm sagte, denn schließlich handelte es sich dabei ja um Befehle, welche der neue Tiro würde befolgen müssen. Als der Tribun seine Anweisungen mit der Frage beschloss, ob bei Azizos noch irgendetwas offen geblieben sei, überlegte dieser einen Augenblick lang, auf welche Art und Weise er ihm antworten sollte: Bei der Classis hatten nämlich manche Vorgesetzte Erwiderungen bevorzugt, die so kurz wie möglich zu sein hatten, während andere Vorgesetzte Wert darauf gelegt hatten, dass man längere Instruktionen noch einmal in Stichworten wiederholte, damit sie ganz sichergehen konnten, dass ihre Kommandos auch verstanden worden waren. - Weil Azizos zum jetzigen Zeitpunkt natürlich noch nicht wissen konnte, wie das nun hier bei den Vigiles im Allgemeinen und bei dem Tribun vor ihm im Besonderen gehandhabt wurde, entschied er sich für die etwas ausführlichere Antwort-Variante: "Erste Centurie - Contubernium wird ausgesucht - Ausrüstung in der Rüstkammer holen - antreten morgen zur hora Secunda - keine weiteren Fragen, Tribun."


    Mit diesen Worten drehte sich der neue Tiro auch schon um und schritt auf die Tür zu, um das Dienstzimmer des Tribuns zu verlassen und dessen Befehle auszuführen. Dabei konnte er es sich nicht verkneifen, dem Hund, der sich mittlerweile auf einer Decke im Officium niedergelassen hatte, noch einen triumphierenden Blick zuzuwerfen: Ganz offenbar war es glücklicherweise doch auch hier noch so, dass die Menschen die Kommandos gaben und nicht etwa die Vierbeiner.

    "Quint..." Azizos stockte, als er den Namen des Anführers der CUler wiederholte, der sich ihm gerade vorgestellt hatte: Vor Kurzem war dem Peregrinus ja noch durch den Kopf gegangen, dass sich die Cohortes Urbanae aus Stadtrömern zusammensetzten. Doch dabei hatte sich Azizos gar nicht wirklich bewusst gemacht, dass dort eben auch ausschließlich Männer dienten, die über das römische Bürgerrecht verfügten, während bei den Vigiles ja zumindest in den Mannschaftsrängen fast nur Freigelassene oder Peregrine wie er selbst waren. Dieser Unterschied sollte aber bei der vor ihnen allen liegenden gemeinsamen Nachtstreife keine große Rolle spielen, das hoffte Azizos jedenfalls, und so grüßte er den Anführer der CUler freundlich zurück: "Quintilius Canus, ich freue mich ebenfalls, Dich kennenzulernen."


    Diese Freude des Tiros war ganz echt, obwohl er möglicherweise weder dem Quintilier noch dessen Kameraden je wieder begegnen würde. Immerhin waren diese ja jetzt in der Subura stationiert, während er - so wie auch Charminus - ja eigentlich der vigilischen Kohorte am Equilin zugeteilt war. Allerdings... - dass man dienstlich vielleicht nicht wieder miteinander zu tun bekam, musste ja nicht heißen, dass man sich nicht anderweitig irgendwann noch mal treffen konnte.


    Das aber war im Augenblick Zukunftsmusik. Für die aktuelle musikalische Untermalung der gemeinsamen Nachstreife von CU und Vigiles sorgte dagegen Vigil Sam, der gerade von Neuem einen Nachtwächter-Vers anstimmte, den er zu Beginn ihrer Patrouille schon einmal zum Besten gegeben hatte. "Du, Azizos, müssten wir anderen Vigiles da nicht eigentlich mitsingen?" fragte Charminus leise. Der Angesprochene überlegte: Auf der einen Seite kam ihm die Frage seines Kameraden alles andere als abwegig vor. Auf der anderen Seite... Beinahe hätte Azizos seinen Gedanken laut geäußert, aber er kannte Charminus einfach noch nicht gut genug. Deshalb behielt er zunächst einmal für sich, wie dieser vermeintliche Nachtwächter-Vers tatsächlich bei ihm ankam. Azizos hegte nämlich gegen Vigil Sam den wenig schmeichelhaften Verdacht, dass der sich den Vers selber ausgedacht hatte, vielleicht sogar ganz spontan, um den CUlern zu imponieren; für ihn, Azizos, hörte sich das ganze nämlich genau so an.


    Wie schon gesagt, verschwieg der peregrine Tiro diesen Verdacht aber fürs Erste; hörbar, wenn auch leise dagegen antwortete er Charminus: "Das könnte schon sein, hm... Frag' doch Sam mal danach. Oder diesen Aelfwine. Und das am besten in eurer Sprache." Falls Charminus und er sich durch diese Frage nämlich lächerlich machen sollten, würden das wenigstens die CUler nicht so direkt mitbekommen.


    Der Kamerad aus der vigilischen Cohors Esquilina nickte Azizos auf dessen Vorschlag hin mit Verschwörerblick zu und wandte sich dann auch wirklich in fremder Zunge tuschelnd an Aelfwine. Azizos war gespannt, was dabei herauskam; je nachdem, würden dann bestimmt auch die CUler gerne mitsingen wollen. ( :P)


    Nachdem die Klärung dieser akustischen Angelegenheiten also glücklick angeleiert war, schien der optische Wettstreit zwischen den beiden nunmehr ausführlich diskutierten Laternen-Typen für die Cohortes Urbanae endgültig entschieden, und zwar zugunsten der hellen Laterne, wie sie auch die Vigiles für gewöhnlich trugen. In diesem Sinne verstand Azizos jedenfalls das, was Quintilius Canus und einer seiner Kameraden noch zu diesem Thema äußerten. Der Tiro aus Palmyra wünschte aber, es genau zu wissen: "Entschuldigt bitte, nur dass ich das richtig verstehe: Besteht Euer Auftrag als Stadtkohorten bei euren Streifen durch die Subura also am ehesten darin, hier Präsenz zu zeigen und..." - Azizos zögerte einen Moment, entschied sich aber dann, genau diejenige Formulierung zu verwenden, auf die er vorhin spontan in seinen stillen Überlegungen gekommen war - "... und mögliche Straftäter von vornherein abzuschrecken?" Das wäre natürlich ein völlig anderer Ansatz, als wenn die entscheidende Aufgabe der Cohortes Urbanae in der Subura darin bestünde, Ermittlungen anzustellen.

    Mit seiner zum Klopfen erhobenen rechten Hand hatte Azizos die Tür zum Officium des Tribuns kaum mehr als gestreichelt, als diese Tür sich plötzlich wie von Geisterhand öffnete. Der Peregrinus war darüber so verdutzt, dass er einen Moment lang wie vom Donnerschlag gerührt seine rechte Hand anstarrte. Dann endlich wurde ihm bewusst, dass es niemand anderes als der Hund gewesen war, der ihn nicht nur sicher zum Dienstzimmer des Tribuns geleitet, sondern auch noch die Tür für ihn aufgetan hatte. Vor lauter Haar- und Bartpflege hatte der neue Tiro kaum noch Augen für das von ihm ohnehin verachtete Tier gehabt, welchem er nun aber in seinem Innern durchaus ein Kompliment aussprach.


    Doch wie jetzt weiter? Azizos richtete seinen Blick in den Raum, den die Tür zuvor verborgen hatte. Dort sah er einen jungen, hochaufgeschossenen blonden Mann sitzen, den er im ersten Moment nicht so recht einschätzen konnte. Ein Sklave war er jedenfalls nicht, so viel war klar, aber für einen gestandenen Vigil schien er doch eigentlich noch zu jung zu sein. - In dieser Unsicherheit war es wiederum der Hund, der für Aufklärung sorgte: Sein vertrauter Umgang mit dem sitzenden Mann verriet dem neuen Tiro, dass er hier tatsächlich den Tribun selbst vor sich hatte.


    Azizos hatte jetzt natürlich allen Grund dazu, sich darüber zu ärgern, dass er eben am Tor der Castra nicht nach dem Namen des Tribuns gefragt hatte. Trotzdem zögerte er nicht, dem Befehl, den dieser nun an ihn richtete, zu folgen, und ging in das Dienstzimmer hinein. In Unkenntnis des Namens konnte der neue Tiro seinen Vorgesetzten nur mit einer generischen Formulierung grüßen: Salve, Tribun! Ich bin Azizos aus Palmyra, am heutigen Tag als Tiro bei den Vigiles aufgenommen und vereidigt und der hiesigen Kohorte zugewiesen."


    Dann machte der Peregrinus noch einen Schritt auf den Tribun zu und überreichte ihm den Laufpass, den er nach seiner Vereidigung erhalten hatte und den er seitdem stolz mit sich herumtrug. Als er seine Hand mit der Urkunde ausstreckte und sie noch einmal voller Befriedigung mit seinen Blicken streichelte, erkannte er jedoch mit Schrecken, dass er sie jetzt falsch herum hielt. Hektisch drehte er das Schreiben richtig herum, nicht dass der Tribun noch auf den Gedanken käme, er, Azizos, könne nicht richtig lesen. Immerhin würde er in den kommenden Wochen und vielleicht sogar Monaten und Jahren sehr vom Wohlwollen dieses jungen Mannes abhängen. Und vielleicht ja auch von dem seines Hundes, auf den noch ein verstohlener Blick des neuen Tiros fiel, bevor er wieder eine stramme Haltung annahm und ohne weitere Regung auf eine Reaktion des Tribuns wartete.

    Zitat

    Original von Titus Pompeius Atticus
    [...]
    “Gibt es eigentlich irgendwas bestimmtes, was ihr wissen wollt?“


    "Soviel wie möglich!" hätte Azizos am liebsten laut auf die Frage Sams, des Anführers ihrer kleinen Gruppe, geantwortet. Mit großem Interesse hatte er den Erklärungen zugehört, mit denen dieser Sam die beiden unterschiedlichen Laternenarten bedacht hatte, welche sie in dieser Gruppe jetzt in ihren Händen hielten. Azizos hatte sich während dieser Ausführungen die Laterne genauer angesehen, die sie Charminus und ihm in der heimatlichen Castra mitgegeben hatten und an der er eben noch so gedankenverloren herumgespielt hatte. Sie glich derjenigen Laterne, die Sam selbst gerade an einem Stock befestigt hatte, den er dann über seine Schulter legte, um seiner Gruppe den Weg zu leuchten.


    Die andere Art von Laterne, diese Blendlaterne, die Sam dann besprach, hatte Azizos dagegen noch nie gesehen. Verstohlen warf er einen Blick auf diejenigen Blendlaternen, welche eben die CUler von Sam erhalten hatten. Er hätte sich diesen Laternentyp gerne noch einmal genauer angesehen, traute sich aber nicht so recht, näher an die Milites der Stadtkohorten heranzutreten.


    Das änderte sich, als sich Sam singend und im Gleichklang mit dem Sonnenuntergang in Bewegung setzte. Charminus, den Sam seiner eigenen und damit auch Azizos' Gruppe zugeteilt hatte, gesellte sich dabei gleich wieder zu seinem Kameraden aus der vigilischen Cohors II Esquilina. Natürlich konnte Azizos irgendwo verstehen, dass Charminus es eben genossen hatte, mit den anderen Vigiles in seiner Muttersprache zu reden, aber er hatte dieses Verhalten dennoch als unhöflich empfunden und war nach wie vor deswegen etwas eingeschnappt. Um Charminus das auch ja spüren zu lassen, rückte der Peregrinus aus Palmyra ein wenig von seinem Kameraden ab und an die Urbaner heran. Dabei bekam er gerade noch so mit, wie einer der CUler nach der Abwägung zwischen den beiden durch Sam vorgestellten Laternentypen fragte. "Salvete! Na ja, welche Laterne man nimmt, hängt wohl davon ab, was man in dem Licht, das sie spendet, machen möchte - oder muss. Das helle Licht der Laterne, die Vigil Sam da über seiner Schulter hängen hat, ist zumindest mir jetzt ziemlich willkommen. Mein Kamerad Charminus da" - Azizos deutete mit dem Finger auf ihn - "und ich, wir kommen zum Beispiel nämlich gar nicht aus der Subura und der Wache, wo wie eben losgegangen sind. Für uns ist das hier alles fremd, und da ist es natürlich gut, wenn so eine helle Laterne einem den unbekannten Weg leuchtet." Zumal die Dämmerung jetzt im beginnenden Winter nur kurze Zeit dauerte; mittlerweile war es schon sehr dunkel geworden, und es fiel Azizos gar nicht leicht, in den unübersichtlichen Gassen, durch die sie gingen, den Überblick zu behalten.


    "Kennt ihr euch denn hier alle gut aus?" richtete der Peregrinus aus Palmyra das Wort wieder an seine Kollegen von den Stadtkohorten. "Ihr seid zwar wahrscheinlich alle Stadtrömer, aber eure Wache hier ist doch auch neu, wie ich gehört habe. Wenn ihr dann hier Straftäter jagen sollt, ist es wahrscheinlich besser, man nimmt so eine dieser Blendlaternen, wie ihr sie ja bekommen habt. Dann werdet ihr nicht so leicht gesehen und könnt euch besser anschleichen." Das setzte natürlich voraus, dass die CUler sich hier in der Subura auskennen mussten wie in der Stube ihres Contuberniums. Falls sie Verbrecher allerdings nicht jagen, sondern abschrecken sollten, wäre ein so helles Licht wie das aus der Laterne Sams oder Azizos' möglicherweise auch für Milites der Stadtkohorten besser.


    Mitten in seinen Überlegungen wurde dem neuen Tiro auf einmal klar, wie unhöflich er sich selbst gerade benommen hatte, und er setzte schnell hinzu: "Ach übrigens, mein Name ist Azizos."

    Erwartungsvoll sah Azizos der Wache am Tor zur Castra der Cohors II Esquilina dabei zu, wie sie seinen Laufpass begutachtete, welcher den frischgebackenen Tiro genau hierher befahl. Auf einmal aber gewahrte der Peregrinus aus den Augenwinkeln, wie im Hintergrund etwas Großes, Schwarzes auftauchte und sich tänzelnd auf die Vigil-Gruppe am Tor zubewegte.


    Ein Hund! Seit seiner Kindheit hegte Azizos gegen diese Tiere eine tiefe Abneigung. In seiner Heimatstadt war es ihm immer vorgekommen, als wimmle Palmyra nur so vor Straßenkötern. Gut, selbst bei bloß oberflächlicher Betrachtung musste man zugeben, dass der Hund, der da gerade über den Hof der Castra auf das Tor zugelaufen kam, ganz bestimmt kein Straßenköter war, im Gegenteil: Auch Azizos konnte auf den ersten Blick einen rassigen Molosser erkennen, der ganz offensichtlich gut gepflegt und kerngesund war und dessen eindrucksvolles schwarzes Fell nur so glänzte. Wenn man Hunde mochte, würde man diesen Hund hier sicher lieben - wenn...


    Als das Tier nun immer näher rückte, presste Azizos schnell seine Beine so eng wie möglich zusammen und hielt sich den Leinensack, in dem er einige wenige Habseligkeiten mit sich führte, angespannt vor seine Körpermitte: Nur zu gut wusste der Peregrinus, an welcher Körperstelle Hunde sich nicht nur gegenseitig beschnüffelten, sondern auch zudringlich wurden zu Menschen, vor allem wenn sie diese noch nicht kannten.


    Zum Glück richtete jetzt einer der Wachsoldaten sein Wort an den neuen Tiro und wies ihm den Weg zum Officium des Tribuns, wo er sich zunächst melden sollte. Dass er auf seinem Weg zu diesem Dienstzimmer allerdings ausgerechnet diesem schwarzen Hund folgen sollte, vergrätzte den stolzen Peregrinus sehr. Und würde der Hund ihn den überhaupt zum Officium des Tribuns führen? Nachher würde das Tier stattdessen zu den Latrinen der Castra laufen, das konnte man doch gar nicht wissen?! Als Azizos dann aber aus dem Mund des Wachsoldaten erfuhr, dass der Hund dem Tribunen selbst gehörte, sah er wohl ein, dass er sich fügen musste. Er verabschiedete sich mit Dank von den neuen Kameraden am Tor der Castra und folgte, wenn auch nur unter innerlichem Protest, dem Hund zum Dienstzimmer seines Herrch- äh, Herren.


    Auf dem Weg zu diesem Offizium richtete Azizos noch rasch Haare und Bart. Natürlich rechnete er nicht damit, dort auf den Tribun in persona zu treffen, sondern auf einen älteren Vigil oder vielleicht sogar auf einen Sklaven. Dennoch hielt der neue Tiro es für angezeigt, sich in der Nähe der Macht so gut wie möglich zu präsentieren. An der Tür zu dem Dienstzimmer angekommen, nahm Azizos zu diesem Zweck auch eine stramme Haltung an, bevor er


    klopfte.

    Nachdem Azizos seinen Fahneneid bei den Vigiles geleistet hatte und danach als Tiro aufgenommen worden war, nahm er mit nochmaligem Dank von dem Rekrutierungsoffizier Abschied - und auch von der Castra der Cohors I in der Innenstadt von Rom. Mit klopfendem Herzen und voller Erwartung machte sich der Peregrinus und frischgebackene Tiro auf zur Castra der Cohors II Esquilina, wohin ihn der Laufpass schickte, den Azizos in seinen Händen hielt.


    Vor seiner Aufnahme bei den Vigiles war der Peregrinus noch nicht lange in der Urbs aeterna gewesen. Deshalb war er bei seinem Marsch zum Esquilin darauf angewiesen, mehrmals Passanten nach dem Weg zu fragen. Wie kaum anders zu erwarten, war unter diesen Passanten so mancher selbsternannte "Spaßvogel", der Azizos eine falsche Route wies. Die Mehrheit der Leute, die der neue Tiro befragte, zeigten sich aber ebenso hilfs-bereit wie hilf-reich, besonders wenn sie erfuhren, dass Azizos unterwegs sei zu den Vigiles und selbst zu diesen gehören werde. Zufrieden leitete Azizos aus diesem Verhalten ab, dass die Vigiles bei vielen Römern offenbar einen guten Stand hatten.


    Als der neue Tiro am Tor zur Castra der Cohors II Esquilina angekommen war, ging er sofort auf die dortigen Wachen zu und stellte sich vor: "Salvete! Mein Name ist Azizos, ich bin eben als Tiro bei den Vigiles aufgenommen und dieser Kohorte zugeteilt worden. Wo soll ich mich melden?" Dabei zeigte der Peregrinus den Wachen den Laufpass vor, den ihm der Rekrutierungsoffizier nach seiner Vereidigung überreicht hatte.


    Sim-Off:

    edit: Überschrift wieder hinzugefügt, hatte ich offenbar unbeabsichtigt gelöscht.

    Sim-Off:

    Noch mit falscher, weil ziviler Signatur, aber dafür mit ausdrücklicher Genehmigung von Atticus und mit großem Enthusiasmus: Azizos! :D In wenigen Stunden sollte diese ID dann auch offiziell Tiro bei den Vigiles sein, der Eid ist jedenfalls schon abgeleistet.


    So unsicher und durchgerüttelt hatte Azizos sich das letzte Mal als Tiro der Classis auf den Schiffen der kaiserlichen Marine in Misenum gefühlt: Denn kaum hatte er als frischgebackener Tiro der Vigiles in Rom seine ersten Schritte in seinem neuen Zuhause, der Castra der Cohors II Esquilina, getan, als er auch schon abkommandiert wurde zu derjenigen Statio der Vigiles, die für die Stadtbezirke VI und VII verantwortlich war.


    Azizos war von diesem Befehl völlig überrumpelt worden und hatte zudem auch nicht wirklich verstanden, was er dort eigentlich tun sollte. Immerhin aber musste er sich nicht allein auf den Weg zu dieser Statio machen, sondern mit ihm zusammen war ein weiterer, ebenso frischer Tiro der Cohors II Esquilina dorthin abkommandiert worden, den Azizos allerdings bislang nur vom Sehen kannte, weil er zu einem anderen Contubernium als er gehörte: Charminus.


    Wegen ihrer in Rom erst rudimentären Ortskenntnis und angesichts der um diese Jahreszeit so früh hereinbrechenden Dämmerung hatten diese beiden Tirones der Cohors II Esquilina, Charminus und Azizos, Mühe gehabt, ihre Ziel-Statio zu finden. Unterwegs hatten sich die beiden natürlich über den Zweck ihrer Abkommandierung unterhalten, über den sie sich beide nicht vollständig im Klaren waren. Soviel aber schien festzustehen: Von der Statio der Vigiles, die für die Stadtbezirke VI und VII zuständig war, sollte wohl eine nächtliche Patrouille abgehen, die zu einem Teil aus einem Contubernium der dort ansässigen Vigiles bestand, zu ihrem anderen Teil aber aus einem Contubernium der Cohortes Urbanae, die in der Subura jetzt wohl neuerdings auch eine Statio hatten und sich nun mit Hilfe der einschlägig geschulten Vigiles an nächtliche Kontrollgänge gewöhnen sollten. Irgendein Vorgesetzer bei den Vigiles hatte es jetzt offenbar für eine gute Idee gehalten, an diesem Ausbildungsgang auch die beiden neuen Tirones Charminus und Azizos teilnehmen zu lassen.


    Über diese dienstlichen Angelegenheiten hinaus erfuhr Azizos auf dem Weg zur Statio der Vigiles für die Stadtbezirke VI und VII auch noch, dass sein Kollege Charminus von den britischen Inseln stammte. Was das für ihn bedeutete, begriff Azizos dann, als sie beide endlich an ihrer Ziel-Statio angelangt waren: Nach einer kurzen Vorstellungsrunde mit den anderen Vigiles, die an der avisierten nächtlichen Ausbildungs-Patrouille teilnehmen sollten und zu diesem Zweck bereits vor der Statio warteten, konnte sich Charminus lachend in seiner Muttersprache mit den dortigen Vigiles unterhalten, während der semitisch-sprachige Azizos mit langem Gesicht daneben stand.


    Aus diesem Grund konnte Azizos es auch gar nicht mehr abwarten, dass die Patrouille endlich losging, obwohl er sich zugleich Sorgen machte, wie er sich dabei schlagen würde, denn seine eigene Ausbildung hatte ja noch kaum angefangen. Nervös spielte Azizos an seiner Laterne und war sichtlich erleichtert, als das Contubernium der CU eintraf. Interessiert blickte Azizos zu den Kollegen von den Stadtkohorten hinüber, von denen einige auch gleich freundlich versuchten, mit den Vigiles in Kontakt zu kommen. Dafür aber blieb keine Zeit, denn schon gingen ein Miles der CU und ein gewisser Sam, der augenscheinlich Anführer der Vigiles war und von demselben Flecken Erde stammte wie Charminus, an die Einteilung von Gruppen für den Patrouillengang.


    Azizos war sehr gespannt, in welche Gruppe er kommen würde. Auf jeden Fall nahm er sich vor, zusammen mit den Kollegen von den Stadtkohorten in dieser Nacht soviel wie möglich zu lernen.

    Erleichtert und mit großer Vorfreude folgte Azizos dem Rekrutierungsoffizier die wenigen Schritte vom Officium Conducendi hinein ins Sacellum der Castra. Dort nahm der Peregrinus stolz Aufstellung vor dem Kaiserbildnis und der Standarte der Vigiles, also derjenigen Einheit, welcher er, Azizos, von Stunde an angehören sollte.


    Der Rekrutierungsoffizier präsentierte dem Tiro in spe eine Wachstafel, auf der der Text des nunmehr abzuleistenden Schwures enthalten war. Azizos blickte auf die Tafel, las den Text kurz noch einmal durch, sammelte sich und sprach die Eidesformel dann laut aus: "IURANT AUTEM MILITES OMNIA SE STRENUE FACTUROS QUAE PRAECEPERIT IMPERATOR CAESAR AUGUSTUS, NUMQUAM DESERTUROS MILITIAM NEC MORTEM RECUSATUROS PRO ROMANA REPUBLICA."


    Obwohl der Peregrinus diese Eides-Zeremonie ja bereits von seiner Aufnahme in die Classis her kannte, konnte er mit Befriedigung feststellen, dass ihn auch dieser Schwur, sein zweiter, wieder ziemlich ergriffen hatte. Noch einmal sah Azizos zum Kaiserbildnis und zur Standarte der Vigiles, dann wandte er sich wieder zu dem Rekrutierungsoffizier und nickte ihm leicht zu.

    Endlich! Als der Rekrutierungsoffizier die Ausführungen des Bewerbers befriedigt quittierte, atmete Azizos erleichert und durchaus hörbar auf, und auch seine Körperhaltung lockerte sich zusehends. Selbst ein Lächeln konnte der Peregrinus nicht ganz bezwingen, und so lauschte er entspannt den Informationen, die der Rekrutierungsoffizier ihm nun noch mitteilte.


    Das meiste davon kam für Azizos freilich auch nicht ganz unerwartet: Dass er bei den Vigiles sorgfältig in der Brandbekämpfung aussgebildet werden würde, lag auf der Hand, genauso wie ein gewisses Maß an Kampfübungen. Andere Dinge, die der Rekrutierungsoffizier verlauten ließ, kannte Azizos auch schon aus seiner Zeit bei der Flotte, und einiges hatte er auch schon vom Hörensagen, seitdem er in Rom war.


    An zwei Stellen der Einführung durch den Rekrutierungsoffizier aber horchte Azizos auf: Diese "Mater"... - wie hieß sie noch mal? Also, von dieser Mater hatte Azizos bisher noch nichts gehört, aber es hätte ihn eigentlich sehr interessiert, mehr über sie zu erfahren. Am liebsten hätte Azizos den Rekrutierungsoffizier sofort noch etwas zu dieser Gottheit gefragt, aber er unterdrückte diesen Impuls, weil sich sein Bewerbungsgespräch hier wegen seines misslichen Lebenslaufs sowieso schon so lang hingezogen hatte. Außerdem rechnete Azizos darauf, dass in seiner Ausbildung schon noch die Rede von dieser Mater sein würde. Und vielleicht fand ja bald sogar mal eine offizielle Kulthandlung für sie bei den Vigiles statt, bei der Azizos dann zugegen sein würde.


    Den größten Eindruck machte es auf Azizos freilich, als der Rekrutierungsoffizier ihm eindringlich die Risiken vor Augen stellte, die der Dienst bei den Vigiles mit sich brachte. So ganz detailliert hatte sich der Peregrinus das nämlich noch nicht bewusst gemacht. Als er von "Tod, Verstümmelung, Erblindung" hörte - und die Brandnarben am Hals des Rekrutierungsoffiziers waren ihm auch nicht entgangen -, musste Azizos schlucken. Doch rief sich der Bewerber rasch in Erinnerung, wie schnell die Götter doch auch immer wieder bis dahin völlig gesunde und in vergleichsweise sicheren Verhältnissen lebende Menschen mit allerlei Übeln schlugen bis hin zum Tod. Beim Dienst in einem Verband wie den Vigiles konnte man den Gefahren wenigstens entgegensehen.


    Dieser Gedanke versetzte Azizos wieder in eine entschlossene Stimmung, so dass er nach dem Ende der Belehrung dem Rekrutierungsoffizier in festem Ton erwiderte: "Ich danke Dir für Deine Geduld. Und nein, Fragen habe ich im Moment erst einmal keine mehr."

    Unmittelbar nachdem er seine letzte Äußerung - die über seine Fähigkeiten im Rechnen - gegenüber dem Rekrutierungsoffizier beendet hatte, war Azizos sich auch schon vollständig darüber im Klaren, dass sein Bewerbungsgespräch jetzt in die entscheidende Phase ging. Seine distanzierte Körperhaltung löste sich immer mehr, und am Ende blickte der Peregrinus den Rekrutierungsoffizier offen an.


    Eine Herkunft, für die er sich keinesfalls zu schämen brauchte, ein noch annehmbares Alter, Gesundheit, körperliche Leistungsfähigkeit, Begeisterung für den Beruf, schulische Grundkenntnisse - Azizos hatte für diese Bewerbung bei den Vigiles alles in die Waagschale geworfen, was er überhaupt nur zu bieten hatte. Wenn das alles nicht reichte, dann würde es für ihn hier gar nicht reichen. Und einen Plan B hatte er nicht.


    Zu seinem größten Erstaunen schlug der Rekrutierungsoffizier jetzt allerdings ganz andere Töne an und stellte Azizos sogar eine gewisse Karriere bei den Vigiles in Aussicht. Dem Peregrinus war zwar auf der einen Seite in diesem Moment gar nicht nach solchen Gedankenspielen, denn schließlich musste er sich ja erst einmal noch im Dienst beweisen - nach seinem Debakel bei der Classis auch nicht zuletzt vor sich selbst. Auf der anderen Seite durfte er diesen von ihm nicht erwarteten Gesprächsverlauf aber natürlich auch als ein zuverlässiges Zeichen dafür werten, dass sich nicht seine schlimmsten Befürchtungen bewahrheiten würden, sondern seine Hoffnungen auf Arbeit bei den Vigiles.


    Einen aber hatte der Rekrutierungsoffizier noch: "Nein, straffällig geworden bin ich noch nie", konnte Azizos wahrheitsgemäß auf seine Frage antworten. Obwohl er bei der Flotte seine Ausrüstung hatte abbezahlen müssen, war ihm bei seiner Entlassung gerade noch so viel Geld geblieben, dass er zwar in miesen, aber doch gesetzestreuen Verhältnissen hatte leben können. Nun freilich war sein Geld so gut wie aufgebraucht.

    Nach den für seine Verhältnisse langen Äußerungen hatte Azizos wieder die stocksteife Körperhaltung angenommen, die er eigentlich hatte vermeiden wollen. Außerdem hatte er einen Gesichtsausdruck aufgesetzt, von dem er annahm, dass er eines Soldaten und auch eines Vigils angemessen wäre, ein Gesichtsausdruck nämlich, der dem jeweiligen Gegenüber nicht erlauben sollte, die Gedanken zu erkennen, die durch den Kopf hinter jenen Gesichtszügen gingen. Azizos hatte wohl schon als Kind einen Hang zu diesem Gesichtsausdruck gehabt, ganz einfach, weil er dem Naturell des Peregrinus entsprach. In seiner Zeit bei der Flotte hatte er sich diesen Gesichtsausdruck dann endgültig angewöhnt, jedenfalls für dienstliche Angelegenheiten: unbewegte Gesichtszüge natürlich, dabei aber um den Mund herum immer schön locker bleiben und keinesfalls verkrampfen, die Stirn glatt und nicht in Falten und die Augen geradeaus.


    In Wirklichkeit aber blinzelte Azizos in diesen Augenblicken im Officium Conducendi der Vigiles unruhig zu dem Rekrutierungsoffizier hinüber, um dessen Gesichtszügen zu entnehmen, wie es wohl mit ihm weitergehen werde. Wie eine Erlösung kam es Azizos daher vor, als der ihn nach einer gefühlten Ewigkeit aufforderte, ihm seine Zähne zu zeigen. Auf diesen Test war Azizos freilich vorbereitet, denn er wusste aus seiner Zeit bei der Classis noch gut, welcher Wert auf den Zustand des Gebisses gelegt wurde; anscheinend konnte man Krankheiten daran ablesen oder so etwas in der Art. Jedenfalls hatte Azizos seine Zähne vor dem Gang zur Castra sorgfältig gereinigt. Er machte seinen Mund weit auf, legte seinen Kopf langsam nach hinten, drehte ihn dann zu beiden Seiten und ging schließlich vor dem Rekrutierungsoffizier in die Knie, damit dieser einen möglichst guten Blick auf das Gebiss des Bewerbers bekam.


    Von den Knien aus konnte Azizos dann auch gleich die nächste Tauglichkeits-Übung absolvieren, die der Rekrutierungsoffizier von ihm sehen wollte, und bewältigte die geforderten zehn Kniebeugen ohne erkennbare Mühe.


    Die Schulbildung des Bewerbers, nach welcher der Rekrutierungsoffizier als nächstes fragte, zeigte ein wechselvolles Bild: "Von meiner Heimat her spreche ich noch ganz gut griechisch, kann es auch einigermaßen lesen und auch ein wenig schreiben." Nach den langen Jahren im Westen waren die Griechisch-Kenntnisse des Peregrinus allerdings eingerostet; falls man sie aber eines Tages doch noch einmal wieder brauchen würde, sollte es eigentlich möglich sein, relativ schnell auf ein brauchbares Niveau zu kommen.


    "Was meine Latein-Kenntnisse angeht, so kann ich wohl sagen, dass ich diese Sprache mittlerweile fließend spreche. Auch lesen kann ich sie gut und einigermaßen schreiben." Beim Schreiben fehlte auch hier die Übung, obwohl Azizos in dem zeitlichen Leerlauf, den er bei der Classis wegen seiner Untauglichkeit für See-Einsätze notgedrungen gehabt hatte, immer mal wieder Latein und auch Rechnen trainiert hatte: "Im Rechnen bin ich, denke ich, ziemlich sicher."

    Es reichte also noch nicht... Nicht, dass Azizos über die kritische Nachfrage des Rekrutierungsoffiziers überrascht gewesen wäre, sie war ja auch ganz legitim. Also versuchte er, sie so gut wie möglich zu beantworten: "Du hast natürlich Recht, im Lager hätte ich meinen Dienst versehen können, und dort habe ich ihn ja auch versehen - ich glaube, noch nicht einmal ungeschickt. Wenn ich schon Nauta oder Miles gewesen wäre, wäre es wohl auch so gekommen, wie du gesagt hast. Aber weil ich ja als Tiro noch in einer Probezeit war, war es für beide Seiten - für mich wie auch für meine Vorgesetzten bei der Classis - einfach naheliegend, sich zu trennen, wenn ein Soldat für einen großen Teil des vorgesehenen Einsatzgebietes ein bleibender Totalausfall ist."


    Auf die Sache mit dem Colosseum ging Azizos nicht ein; allein die Vorstellung, dort seinen "Dienst" tun zu müssen, war ein frontaler Angriff auf den Stolz des Peregrinus, so staatstragend Spiele ja auch immer sein mochten. Stattdessen fügte er noch an: "Außerdem habe ich einfach auch an mich selbst den Anspruch, eine Sache, der ich mich weihe, zu einem guten Ende zu bringen. Das war mir bei der Flotte leider nicht möglich. Darum bin ich hier."

    Das folgende Prozedere kannte Azizos nur zu gut: Der Rekrutierungs-Offizier griff zu einem Stylus sowie einer Wachstafel, auf der er sich die grundlegenden Daten des Bewerbers notieren würde.


    Zunächst suchte Azizos, die konkreten Fragen des Rekrutierungs-Offiziers zu beantworten: "Ich kam vor 26 Jahren in Palmyra zur Welt. Mein Vater heißt wie ich Azizos, der Name meiner Mutter lautet Berenike. Beide sind wie ich Peregrini."


    Soweit das Familiäre. Jetzt aber stand der schwierige Teil der Bewerbung bevor. Und obwohl Azizos die folgenden Worte aus guten Gründen sorgfältig vorbereitet, ja, sie sogar ein paar Mal regelrecht eingeübt hatte, konnte er ein Verlegenheits-Räuspern nicht unterdrücken. Dann aber setzte er sofort an: "Was meine Erfahrungen angeht... Ich möchte meinen Dienst bei den Vigiles nicht mit irgendwelchen Heimlichkeiten antreten. Deshalb sage ich offen, dass ich bereits einmal beim Exercitus Romanus gedient habe. Genauer gesagt, war ich eine ganze Weile Tiro bei der Classis am Stützpunkt Misenum. Trotz der fundierten Ausbildung und geduldigen Hilfestellung meiner dortigen Vorgesetzten bin ich aber einfach nicht mit den Bedingungen auf einem Schiff und auf See klargekommen. Darum bin ich noch in meiner Zeit als Tiro mit dem Einverständnis meiner Vorgesetzten aus der Flotte ausgeschieden."


    In der Zeit nach diesem Ausscheiden war in Azizos dann mehr und mehr die Erkenntnis gereift, dass sein Sprung von einer Wüstenstadt zu den Seestreitkräften zwar wagemutig, aber auch total naiv gewesen war. "Was den Dienst an Land angeht, hatte ich bei der Marine aber keine Schwierigkeiten: Meine Augen und mein Gehör sind gut, ebenso meine allgemeine Gesundheit. In brenzligen Situationen kann ich mich flink bewegen, und das körperliche Training bei der Classis hat mir ganz sicher auch nicht geschadet. Weil ich außerdem am disziplinierten Leben in einer Castra und mit den Kameraden Gefallen gefunden habe, möchte ich es gerne hier bei den Vigiles in Rom noch einmal versuchen. Wie ich ja schon gesagt habe, bin ich in Palmyra aufgewachsen, also einer Stadt, die geprägt ist von dem Gerappel von Händlerkarren und in der Brände allein schon wegen des Klimas oft genug vorkommen. Ich bin deswegen überzeugt davon, dass ich mich in den belebten Gassen Roms gut zurechtfinden werde, und zwar auch dann, wenn ich unter Druck und in Gefahr agieren muss."


    Reichte das? - Azizos wusste natürlich, dass er alles daran setzen musste, die hässliche Scharte, die sein Scheitern bei der Flotte seinem Werdegang zugefügt hatte, auszumerzen. Zugleich hatte er sich allerdings auch vorgenommen, es bei seinem Auftritt hier im Rekrutierungsbüro nicht zu übertreiben mit militärischem Zack. Seine Nervosität führte nun aber dazu, dass er stocksteif vor dem Rekrutierungsoffizier stand und ungeduldig auf dessen Antwort wartete.

    Je näher Azizos der Tür kam, die ihm der Vigil am Tor als das Rekrutierungsbüro der Castra Vigilum gewiesen hatte, desto mehr pochte das Herz des jungen Peregrinus. Denn er wusste ja ganz genau, dass seine Bewerbung zu den römischen Vigiles nicht ganz unproblematisch werden könnte.


    An der Tür des Rekrutierungsbüros angekommen, zögerte Azizos denn auch noch einmal kurz, betrat dann aber doch entschlossen den Raum und entrichtete seinen Gruß: "Salve! Mein Name ist Azizos, und ich möchte den Vigiles beitreten."

    Nachdem Azizos sein Anliegen vorgebracht hatte, bemerkte er nur zu gut, wie die beiden Vigiles, die gerade Wachdienst am Tor hatten, ihn musterten. Weil diese Inaugenscheinnahme offenbar zur Zufriedenheit der möglichen künftigen Kollegen ausgefallen war, verriet Azizos einer der beiden denn auch bald den Weg zum Rekrutierungsbüro der Castra Vigilum. Azizos nickte den beiden dankend zu und machte sich dann gleich auf den Weg.