Tatsächlich machten die jungen Frauen keineswegs den Eindruck, als würde ihnen der Gedanke nicht behagen, ihre zarten Hände nähere Bekanntschaft mit den strapazierten Muskeln der virilen Körper schließen zu lassen, sondern schienen vielmehr, nachdem die vier Männer sich auf die einzelnen Liegen niedergelassen hatten, in beinahe aufgeregter Erwartung untereinander auszuhandeln, wer sich welchen Körpers annehmen durfte. Tatsächlich offenbarte die spärliche Bekleidung der Männer, jedenfalls bei flüchtiger Begutachtung, keineswegs den bestehenden Standesunterschied zwischen ihnen, wenngleich der Flavius doch sichtbar einige Sommer weniger als seine Begleiter zu zählen schien. Ihre blanken Körper erzählten jedoch gänzlich unterschiedliche Geschichten. So waren jene beiden Männer, die sich bereits ihr ganzes Leben im Besitz der flavischen gens befanden, und schon in manch heikler Situation ihre unbrüchliche Loyalität und treue Untergebenheit unter Beweis gestellt hatten, mehr sehnig als muskulös, dennoch in gewissem Sinne athletisch gebaut und von ansprechender Gestalt, wurden sie doch stets angehalten, ihre Körper in der palaístra zu stählen, wenngleich manche Narbe an den kräftigen Armen und breiten Rücken von vergangenen Kämpfen zu erzählen schien. Auch die anderen beiden Körper schienen von unterschiedlichen Schicksalen gezeichnet. So präsentierte sich der eine mindestens ebenso athletisch wie die beiden anderen, doch schien er noch mehr Kraft zu beherbergen. Klar zeichneten sich auf dem flachliegenden Rücken einige Muskelstränge ab, und auch dieser Körper mochte bereits viel erlebt zu haben. Das Kriegshandwerk hatte auch hier die eine oder andere Spur hinterlassen, wenngleich die blassen, nahezu parallel liegenden Streifen, welche als Spuren von forcierter Verwundung, wie sie lediglich durch mehr oder minder freiwilliges Ertragen, niemals jedoch gegen den Kampfeswillen des Opfers zugefügt werden konnte, die Rückseiten der beiden sehnigeren Oberkörper zierten, hier gänzlich fehlten. Dafür wären dem kundigen Betrachter hier unter Umständen die untrügerischen Spuren harter Feldarbeit in der Vergangenheit in den Blick gefallen, welche wiederum alle anderen entbehrten. Der vierte Körper schließlich hob sich bei genauerer Betrachtung zweifellos am deutlichsten von den übrigen ab, und das aus vielerlei Gründen. Zuerst war er jünger, jugendlicher und in gewisser Weise zarter als die anderen, was nicht nur dem geringeren Alter zuzuordnen war. Oberflächlich schien er beinahe makellos, jedenfalls fielen keine deutlichen Spuren des Krieges oder harter Arbeit ins Auge. Waren die anderen Körper von herber, beinahe bitterer Schönheit, so schien dieser süßer, weicher. In seinem ganzen Erscheinungsbild machte der vierte Körper einen unberührten, unbefleckten, beinahe jungfräulichen Eindruck. Er war schlank, nur wenige Muskeln zeichneten sich unter der Haut ab und die Zähheit schien unter einem zarten Mantel der Unschuld verborgen. Hatten die anderen Körper von zahlreichen Abenteuern und harten Prüfungen zu erzählen, so strahlte jener reine und tugendhafte Stille aus.
So war es schließlich auch die jüngste der Frauen, die etwas scheu und beinahe ehrfurchtsvoll an den jungen Flavius herantrat, als die etwas reiferen Frauen die in gewissem Sinne ansprechenderen Männer bereits unter sich verteilt hatten. Ihre mädchenhaften Züge beherrschten tiefgrüne Augen, deren wacher Blick dem des Flaviers schüchtern auswich, als jener seitlich hochblickte, um die Sklavin zu betrachten, die an seine Liege getreten war. Während die anderen Frauen sich mit kundiger Erfahrung bei den Männern erkundigten, ob es unter Umständen bestimmte Öle gäbe, die sie bevorzugten, schwieg die blonde junge Sklavin betreten. Erst als letzte stellte auch sie diese Frage. "Magst du ...", ein verlegenes Räuspern ließ einen rosigen Hauch auf ihre Wangen huschen, "magst du einen Duft besonders gern?", brachte sie ihre Worte schließlich zu Ende, während die schlanken Finger ihrer rechten Hand, die Quintus aus den Augenwinkeln betrachten konnte, hielt er doch den Kopf mittlerweile wieder gesenkt, nervös die zarten Fläschchen umkreiste, in denen die kostbaren Öle aufbewahrt wurden. "Amarakinon.", erklang die warme Stimme des jungen Mannes, der an den köstlichen Duft des exquisiten Öls dachte, das durch das mitunter beigemengte Zimt besonders kostbar war. Dann kam ihm aber der Gedanke, dass diese Duftmischung in der provinzialen Therme von Mogontiacum allfällig gar nicht zur Verfügung stand, sodass er rasch, um die junge Frau nicht gänzlich in Verlegenheit zu bringen, einige andere Möglichkeiten nachschob. "Oder Kyphi. Susinon und Nardinon mag ich auch gerne." Noch einige bekannte Duftmischungen folgen lassend, erwies sich schließlich, dass seine Besorgnis gänzlich umsonst gewesen war, da die zarten Finger, deren geschmeidigen Bewegungen er fasziniert folgte, bereits eines der Fläschchen geöffnet hatten. Vereint mit dem anregenden Duft drang die sanfte Stimme erneut an sein Ohr, wenngleich diesmal bereits etwas selbstsicherer. "Wir haben wunderbares Amarakinon. Es stammt aus Kyzikon.", erklärte sie und versetzte den Flavier dadurch in einiges Erstaunen, galt doch das Amarakinon aus Kyzikon als besonders exquisit. Auf welch verschlungenen Pfaden das delikate Öl seinen Weg aus der Provinz Asia bis hierher in den Norden des Reiches gefunden hatte, mochte ein Rätsel bleiben, doch der sich zart ausbreitende Duft von Majoran, Kostus, Amomum, Narde, Balsamsamen und Myrrhe ließ an der Qualität der Herkunft keinerlei Zweifel. Die etwas ahnungslosen Worte Lucas allerdings, die von dessen erfahrener Masseurin in niedlicher Weise gelenkt wurden, drangen unterdessen kaum in die bewussten Sphären flavischer Wahrnehmung, schien dessen Geist doch bereits angenehm benebelt und beruhigt von dem erlesenen Duft, der sich sanft im Raum verbreitete. Eine weitere Frage der jungen Sklavin, die mittlerweile kaum mehr schüchtern sondern vielmehr freudig und glockenhell klang, rief Quintus noch einmal zurück seinen Geist auf die Gegenwart zu richten. „ Ach … eigentlich alles.“, murmelte er leise, auf dem schmalen Grat zwischen Erschöpfung, Entspannung und Schläfrigkeit wandernd. Seine Antwort zauberte ein Lächeln auf das feingeschwungene Antlitz der blonden Germanin und ließ sie verhalten kichern, während sie in einer einzigen, geschmeidigen Bewegung, einen schmalen Streifen des kostbaren Öles das schlanke Rückgrat des Flaviers entlang fließen ließ. Dann schließlich spürte Quintus eine erste, zarte Berührung an seinem Rücken, der, sich beinahe vorsichtig vorantastend, schießlich eine weitere folgte.