Beiträge von Lucius Duccius Ferox

    Hin.
    Her.
    Hin.
    Her.
    Hin.
    Her.


    Hadamar stromerte nervös vor der Principa – hin und her. Er war direkt nach dem Besuch daheim hierher gekommen, obwohl er eigentlich den ganzen Nachmittag und Abend frei gehabt hatte, und obwohl er eigentlich zu seiner Mutter gewollt hatte. Aber darauf hatte er verzichtet nach dem Treffen mit Witjon und Alrik, das musste warten. Stattdessen war er nun hier und lief auf und ab. Er wusste nicht, was er tun sollte. Er wusste nicht, was das Richtige war! Was er erfahren hatte vorhin in der Casa Duccia, das war... wichtig. Jeder Trottel wüsste, dass das wichtig war. Und jeder Trottel wüsste, dass das wohl den Legat interessieren würde. Aber er hatte es eben von seiner Familie erfahren, von Verwandten, und das zwar nicht so wirklich absolut unter Verschwiegenheit... aber er hatte auch nicht nachgefragt, und er ahnte, dass Witjon und Alrik nicht begeistert sein würden, wenn er das rumerzählte. Andererseits: er hatte Witjon auch schon einige Sachen erzählt, die er genau genommen wohl nicht hätte erzählen dürfen...
    Hin und her, hin und her. Seine Familie bedeutete ihm viel, er konnte doch nicht einfach deren Vertrauen enttäuschen... aber die Legio war auch zu einer Familie für ihn geworden. Eine, die er selbst gewählt hatte, eine, die ihm vertraute, eine, die ihm mehr zutraute als er bisher erfahren hatte.
    Als er sich damals als Tiro aus dem Castellum geschlichen hatte, um bei Elfledas Beerdigung dabei sein zu können, da war das richtig gewesen. Hadamar war schlau genug, um das nicht laut zu sagen, dass er immer noch so dachte – aber er war nach wie vor dieser Meinung, auch wenn das bedeutet hatte, dass nicht nur er, sondern sein ganzes Contubernium übel bestraft worden war. Das einzige, was wirklich falsch gewesen war, war seine Kameraden nicht vorher einzuweihen und sie um Hilfe zu bitten. Aber es war richtig gewesen, die Regeln zu brechen, sich in diesem Fall gegen seine neue Familie zu entscheiden.
    Hadamar rieb sich unwillig über das Kinn. Die Situation jetzt war ähnlich, aber das Dilemma, in dem er jetzt steckte, war ungleich größer, oder es fühlte sich jedenfalls so an, weil die Sache um die es ging ungleich wichtiger war. Er hasste es. Er hasste es, vor diese Entscheidung gestellt zu werden. Aber er konnte nicht einfach so tun, als hätte er nichts gehört, nichts erfahren. Dafür war es einfach zu wichtig. Er musste sich entscheiden, musste entscheiden, was mehr zählte in dieser Situation: die Loyalität zu seiner Familie oder die zu seiner Legion? Aber was konnte seiner Familie schon passieren, wenn er diese Informationen weiter gab? Auf dieser Proskriptionsliste stand Alrik ja schon... er verlor nur einen Informationsvorsprung, und damit vielleicht einen Vorteil bei was auch immer für Treffen oder Verhandlungen anstanden. Einen Vorteil, den sein Legat damit gewinnen würde. Wenn er weiter erzählte, was er erfahren hatte. Hadamar ließ kurz seinen Blick über das Lager schweifen, über das, was er von hier aus sehen konnte, und schloss dann die Augen. Er hatte einen Eid geschworen. Und ein Vorteil für den Legaten hieß ein Vorteil für die Legio II. Für seine Legio. Seine Kameraden. Das war zu wichtig.


    Mit einem grimmigen Gesichtsausdruck, der so ganz und gar nicht typisch für ihn war oder zu ihm passen wollte, rammte er frustriert seine Faust in die Wand neben der Tür, bevor er die Principia schließlich betrat und in die Schreibstube stampfte. „Optio Duccius Ferox. Ich such meinen Centurio, den Primus Pilus Artorius Massa. So weit ich weiß müsst der hier irgendwo unterwegs sein.“ Hadamar zögerte kurz, dann fügte er mit Nachdruck an: „Es ist wichtig.“



    Sim-Off:

    Das hier spielt ein paar Tage vor der Kommandositzung in der Regia.

    Hadamar wartete, bis der Scriba wieder auftauchte – dann nickte er knapp und ging wieder nach draußen. Und fand es äußerst unhöflich von dem Decurio, gar nicht abzuwarten ob er irgendwas sagte. Der Kerl marschierte einfach an ihm vorbei! Die Hilfstruppen hatten anscheinend nicht den Drill, der bei den Legionen herrschte... Aber gut. Dafür waren es wohl auch nur Hilfstruppen.


    Dennoch stirnrunzelnd und deutlicher misstrauischer als noch zuvor gab Hadamar den drei Soldaten einen Wink, zu verschwinden, und ging dann ebenfalls wieder hinein, um wie befohlen im Vorzimmer zu warten.

    Vor der Principia angekommen wandte Hadamar sich kurz an den Decurio. „Warte hier einen Augenblick, Decurio. Ich werde dich ankündigen.“ Mit diesen Worten verschwand Hadamar im Gebäude, während der Decurio mit den Soldaten zunächst draußen blieb.


    Drinnen angekommen klopfte Hadamar beim Büro des Legaten und trat dann gleich ein, ohne eine Antwort abzuwarten. „Salve, Scriba, Optio Duccius Ferox, ich komm vom Wachdienst am Tor. Gerade eben sind zwei Turmae vor dem Castellum aufgelaufen... Sie sagen, sie sind von der ALA II Numidia. Und erbitten Quartier für insgesamt 11 Turmae mitsamt Tross.“ Hadamar räusperte sich. 11 Turmae. Das war doch fast die gesamte ALA, oder nicht? Warum um alles in der Welt kam fast die gesamte ALA II zu ihnen nach Mogontiacum? Zumindest so weit er wusste, war noch kein Befehl zum Sammeln der Truppen hinausgegangen, und Hadamar war sich ziemlich sicher, dass der Legat sie informiert hätte mit einem weiteren Appell, wäre es so... schon allein wegen der Gerüchteküche, die jetzt ganz sicher in der ganzen Legio II hochkochte, wenn da vor dem Castellum plötzlich 330 Reiter ihr Lager aufschlugen, ohne dass auch nur irgendwer was davon wusste. „Decurio Tiberius wartet vor der Principia darauf, sein Anliegen dem Legat oder einem der Tribune vortragen zu können.“

    Zitat

    Original von Decurio ALA II
    In Hastawurfweite blieb er stehen und rief;


    Hadamar verkniff es sich darauf hinzuweisen, dass der Decurio bei seinem ersten Ruf so weit weg gestanden hatte, dass er selbst noch keine Veranlassung gesehen hatte ordnungsgemäß zu grüßen... oder auch nur seinen Namen und Dienstrang durch die Luft zu brüllen. Stattdessen salutierte er nur zackig, kaum dass der Decurio ans Tor gekommen und abgesessen war. „Optio Duccius Ferox, Decurio.“ Der Mann gab seine Waffen gleich von selbst ab, ohne auf die entsprechende Aufforderung zu warten. Die Zeit währenddessen nutzte Hadamar, um zwei der Milites um ihn einen kurzen Wink zu geben, dass sie ihn begleiten sollten, während der Rest hier bleiben und die Turmae draußen im Blick behalten würde. „Hier entlang, Decurio“, meinte er dann zu dem Besucher und ging voraus, um ihm den Weg zu weisen, während drei Soldaten sich zu ihnen gesellten, um sie zu begleiten – zwei rechts und links vom Decurio, ein wenig nach hinten versetzt, einer direkt hinter ihm.

    Als Alrik vom Alter sprach, grinste Hadamar wieder freimütig. Wenn er sich ihn ansah, dann hatte er ganz sicher nicht das Gefühl, dass der langsam alt wurde. Oder Witjon. Sie waren alt... für Hadamar jedenfalls. „Keine Sorge, du wirst nicht alt... du bist es schon“, grinste er zurück. Hadamar wäre nicht Hadamar, wenn er das für sich behalten hätte. Was seinen Vater hingegen betraf... den hatte er schon übertroffen, wie er gerade einigermaßen verblüfft feststellte. Für ihn war nie so sehr ein Thema gewesen, Sigmar nachzueifern... weswegen er darüber auch nie wirklich nachgedacht hatte. Aber so direkt darauf angesprochen: als Optio hatte er seinen Vater überholt. Das wiederum war nun aber nichts, was er großartig erwähnen wollte. Einerseits, weil er nicht zur Legion gegangen war um seinem Vater nachzueifern oder ihn gar zu übertreffen... sondern weil er sich hatte abgrenzen wollen von den lebenden Duccii. Dass auch sein Vater bei der Legio gewesen war, war da eher Zufall gewesen. Und andererseits... nun, andererseits hatte er sich natürlich gefreut, seiner Familie erzählen zu können, dass er es in der Legio tatsächlich zu was brachte. Dass seine Entscheidung also richtig gewesen war, und dass er in der Lage dazu war, was hinzukriegen. Nur: so richtig wohl fühlte er sich in seiner Rolle als Optio noch nicht. Er war sich nicht so sicher, ob sein Centurio die richtige Wahl getroffen hatte... Wo er daheim immer das Gefühl gehabt hatte, dass ihm zu wenig zugetraut und er nur blockiert worden war zwischen all seinen älteren Verwandten, die schon so viel erreicht hatten, und den gleichaltrigen, die irgendwie auch mehr konnten als er, hatte er nun bei der Legio das vage Gefühl, dass der Primus Pilus ihm zu viel zutraute. Er war absolut und ohne jeden Zweifel fest entschlossen, sich zu beweisen, vor anderen und vor sich selbst – aber so wie die Situation im Moment war, hatte er weniger das Bedürfnis danach, damit zu prahlen dass er befördert worden war.


    Bei dem folgenden Wortwechsel verstummte Hadamar zunächst. Aus mehreren Gründen. Zum einen brauchte er einen Moment, bis er sortiert hatte, was er da an Infos bekam. Zum anderen war auch ihm klar, dass das, was er gerade hörte... heftig war. Er wusste nicht genau, wo Aegyptus lag, aber auch er wusste, dass das eine der wichtigen Provinzen war. Die Bemerkung von Alrik mit dem wertvollen Getreide half zusätzlich, bei Hadamar die richtigen Glocken klingeln zu lassen. Und dann war da noch der Satz mit dem Annaeus und seinen Chancen auf den Kaiserthron. Annaeus. Kaiser. Die II hatte aber den Korni ausgerufen. Das konnte nicht nur, das würde Ärger geben, wenn der LAPP tatsächlich selbst Kaiser werden wollte. Hadamars Kopf begann leicht zu schwirren. Er hatte ja ohnehin keine Ahnung, wer da nun wie viel Anrecht darauf hatte, Imperator zu werden... aber irgendwie schienen sich die möglichen Anwärter gerade karnickelartig zu vermehren. Er warf Witjon einen kurzen Blick zu, aber der reagierte darauf gar nicht, und Hadamar beschloss, sich an sein Sippenoberhaupt zu halten und dazu auch nichts zu sagen. Witjon würde schon wissen, warum er die Klappe hielt darüber, zu wem sich die II bekannt hatte. Überhaupt interessierte den etwas anderes viel mehr, etwas, das Hadamar in seiner ganzen Tragweite gar nicht so ganz begriffen hatte bis jetzt. Ein Duccius auf der Proskriptionsliste. Gut, die Legio II hatte sich auch gegen den Kaiser in Rom gestellt, aber das war eine ganze Legio, die Namen der einzelnen Legionäre interessierte niemanden, nur der Legat, und sein Stab vielleicht noch. Aber Alriks Worte bedeuteten, dass auch der Name seiner Familie nun in der Reihe der Verräter stand.

    Nachdem sein Centurio ihm den Auftrag gegeben hatte, erneut die Werbetrommel zu rühren in der Stadt, um einen Schwung neuer Rekruten zu kriegen, hatte Hadamar sich daran gemacht. Hingesetzt, überlegt, gegrübelt. Artorius hatte nichts gesagt von einer Prämie, die damals ausgelobt gewesen war, als er sich hatte anwerben lassen – und das hatte ganz sicher gezogen. Da er das also nicht hatte, musste er sich was anderes einfallen lassen.
    Zum einen war da der Ort: sicher war der Marktplatz DER Ort schlechthin, um auf die Legio aufmerksam zu machen und anzuwerben... aber er musste schon auch einen Plan haben wie er das den jungen Kerlen nahe bringen wollte. Und dann gab es ja noch eine Menge mehr Orte, zu denen man gehen konnte, wie er schon im Gespräch mit dem Primus Pilus vorgeschlagen hatte.


    Und deswegen war er jetzt hier, in der Taberna seiner Verwandten. Er hatte weitere Milites quer durch die Stadt geschickt, in andere Tabernae – mal abgesehen von den feinsten Häusern und den übelsten Spelunken, die hatte er mal ausgespart, weil sie da so oder so nicht fündig werden würden. Die Leute, die er losgeschickt hatte, hatte er speziell ausgesucht. Überzeugend mussten sie sein... und ein schnelles, gutes Händchen mussten sie haben. In den Tabernae hing viel rum... vor allem aber auch Spieler. Und neben allgemeiner Werbung für die Legio hatte Hadamar es konkret auf die abgesehen. Vielleicht ließ sich ja der ein oder andere dazu verleiten, statt Kohle eine Verpflichtung bei der Legio zu setzen... dann musste er nur noch verlieren, und dann würden sie schon dafür sorgen, dass er seinen Einsatz beglich. Und Hadamar hätte darauf wetten mögen, dass es ein paar Deppen gab, die das tun würden – die Risikofreudigen, die ohnehin mit dem Gedanken spielten sich zu melden, die zu viele Schulden hatten, die keinen Ausweg mehr sahen, die allein waren und sich nach Kameradschaft sehnten... und nicht zuletzt die, für die der Gewinn, den Hadamar umgekehrt bot, zu verlockend war. Es gab so einige Gründe, warum sich jemand auf diesen Spieleinsatz einlassen könnte. An ihm – und seinen Kameraden – lag es nur, herauszukitzeln was es war... und dann genau das zu bieten.
    Gut: er war sich nicht wirklich sicher, ob der Primus Pilus diese Form der Rekrutenwerbung gut geheißen hätte, wenn er davon gewusst hätte. Aber hey – Rekrut war Rekrut. So lange sie welche mitbrachten, interessierte doch keinen, wie sie die gekriegt hatten. Manchmal musste man halt zu etwas rabiateren Methoden greifen, fand Hadamar, und immerhin hatte er ja noch keine Milites losgeschickt, die die Leute einfach im Suff abgeschleppen sollten, wo sie nicht mehr klar denken konnten und gar nicht wussten, wofür sie sich verpflichteten. Und das ganze hatte einen weiteren Vorteil: das hier konnten sie Abends erledigen. Tagsüber konnten also die meisten im Castellum sein und ganz normal ihr Training absolvieren. Und das Wichtigste: Artorius wusste ja nichts davon, denn von der Idee hatte Hadamar beschlossen erst mal nichts zu erzählen.


    Und so war Hadamar heute also hier. Und stellte vergnügt fest, dass er richtig gelegen hatte: heute war Mulinello-Abend. Herrlich. Zum ersten Mal seit seiner Beförderung konnte er wieder ein bisschen Spaß haben, und nicht immer nur Arbeitarbeitarbeit – und trotzdem kam er seiner Pflicht nach. Besser ging es kaum. Aufgeräumt steuerte er den erstbesten Tisch an und setzte sich. Der Kerl hatte noch nichts gelegt, also nahm Hadamar das Recht gleich mal großzügig für sich in Anspruch, griff sich die schwarzen Steine und legte den ersten. „So. Welcher Einsatz?“ grinste er den anderen dann an.

    Hadamar hatte diesmal Dienst, mit ein paar Leuten der ersten – zwar war hauptsächlich seine ehemalige Centurie von der zwo-vier für den Wachdienst abgestellt, aber auch die konnten hin und wieder Unterstützung gebrauchen, und da diese ausgewählt worden waren, weil der Legat Centurio Artorius Massa vertraute, war es nur logisch, dass dessen neue Centurie einsprang, wenn Dienste besetzt werden mussten.


    Als der Warnruf kam, waren die beiden Turmae noch relativ weit weg, und als diese schließlich herangekommen waren, waren Tor und Palisade besetzt von hoch wachsamen Soldaten, die teils noch zusätzlich alarmiert worden waren, als die Wachhabenden das Anrücken der Turmae erkannt hatten. Hadamar rieb sich über das Kinn, als er beobachtete wie sich zwei Männer lösten vom Haupttrupp und etwas näher ritten, bevor auch sie wieder hielten und schließlich sagten, was sie wollten. Zumindest vom Äußeren her schien alles wahr genug zu sein... Nach kurzem Überlegen rief er zurück: „Ave, Decuriones! Einer von euch soll hereinkommen. Wir geben ihm Geleit zum Legatus Legionis, er wird über euer Anliegen entscheiden. Eure Männer bleiben bis dahin draußen.“

    Hadamar hatte sich ziemlich zurückgezogen. Er war sich eigentlich sicher gewesen, dass sein Vorschlag gut gewesen war, und hatte sich ernsthafte Hoffnungen gemacht, das hier ein bisschen schneller erledigen zu können. Aber naaaeeein... Es verdarb ihm nun nicht wirklich die Laune, aber es bewirkte, dass er einfach auf Abstand zum Decurio ging, und zumindest für die ersten paar Stunden ihres Ritts auch auf Abstand zum Rest der Truppe. Die Equites kannte er ohnehin nicht so gut, Hadamar trieb sich eher bei den Fußsoldaten rum, wenn er durchs Lager streunerte und sich irgendwo mal dazu setzte, um neue Bekanntschaften zu schließen. Und auch das hatte deutlich abgenommen, seit er befördert worden war... obwohl er sich immer noch bemühte.


    So oder so: er hielt sich zurück, auch weil er befürchtete, die Aufmerksamkeit des Decurios auf sich zu ziehen, und erst, als ihn irgendwann der Eques, der sich mit ihm die Nachhut teilte, ansprach, wandte er ihm tatsächlich aufmerksamer den Kopf zu. „Ausgefressen?“ Er hatte nix ausgefressen. Er war Optio! Hadamar grinste flüchtig und deutete ein Kopfschütteln an. „Nix. Der Primus Pilus wollt mich einfach dabei haben.“

    „Du tust ja grad so als ob ich das mit Absicht tu!“ gab Hadamar gespielt empört, aber mit einem Lachen zurück, das den Effekt so ziemlich verdarb. „Ist ja nicht so als ob ich mir das so ausgesucht hab... oder hätte können.“ Er war ja nicht mal gefragt worden, ob er das wollte, ob er sich das zutraute, aber nun ja, das wurde man in der Legio generell nicht gefragt. Es wurden einem Aufgaben serviert, und man sah zu dass man die erledigte – oder daran scheiterte und dann die Konsequenzen trug. Und: freilich hätte er nicht nein gesagt, selbst wenn er gefragt worden wäre. Wer lehnte schon eine Beförderung ab? Doch nur irgendwelche alten Säcke, die sich nicht mehr anstrengen wollten. „Ich bin da völlig unschuldig, das sind immer andere, die's mir schwer machen wollen...“


    Dann verdrehte Hadamar die Augen. „Das ist nicht alles dasselbe. Du lebst hier, du müsstest das eigentlich wissen. Ich sag doch auch net, dass Griechen und Römer dasselbe sind.“ Und dann kam einer der wenigen Momente, in denen sogar Hadamar seine grundsätzlich gute Laune zu verlieren drohte. Stirnrunzelnd sah er sein Gegenüber an. „Was meinstn mit: zu den wenigen intelligenten?“ maulte er – immerhin redete Corvinus da gerade auch von seinen Leuten, seinen Verwandten, und in letzter Konsequenz ihm. „Jetzt hör ma auf so zu tun, als wären die Stämme allesamt Trottel. So weit ich weiß ist es noch keinem Römer gelungen, das Gebiet hinterm Limes zu erobern. Und ich weiß net ob’s so intelligent von ihr war, hierher zu kommen. Sie ist doch allein hier, oder? Wär wesentlich einfacher wenn sie sich ner anderen Sippe angeschlossen hätt, durch Heirat wär das in jedem Fall möglich gewesen. Ich weiß net ob sie allein so gut klar kommt, grad hier, wo du das hier“, Hadamar kramte eine Münze raus und schnippte sie in die Luft, „brauchst, um zu überleben. Und je älter sie wird, desto schwieriger wird’s.“ Ein wenig unwillig zuckte er die Achseln. Während die Münze wieder runterkam und klimpernd auf dem Tisch landete, schob er sich von dem Fraß was in den Mund, kaute und sprach erneut weiter, bevor er ganz runtergeschluckt hatte – aber wieder zwar in der Aussprache ein wenig beeinträchtigt, doch deutlich genug: „Und das mein ich eben mit ungewöhnlich. Dass sie allein hierher kommt und allein hier lebt, anstatt irgendwo Anschluss zu suchen.“

    Nein. So simpel. Noch nicht mal ein kurzes Abwägen oder so. Hadamar verdrehte die Augen, aber wohlweislich erst dann, als der Decurio ihm den Rücken zuwandte. Sie würden doch doppelt so lang brauchen mit dem Karren! Und wo er bei dem alten Sack noch wenigstens hatte nachvollziehen können, dass der keine Ahnung vom Militär hatte und vielleicht kein Vertrauen, verstand er das beim Vibius überhaupt nicht. Hallo? Mal abgesehen von ihm hatte der Mann die Männer, die ihn begleiteten, höchstpersönlich ausgesucht! Das waren von ihm handverlesene Equites aus seiner eigenen Turma, und er vertraute ihnen nicht genug, um die Kohle in Beutel umzuladen, damit sie schneller sein würden? Und dabei hatten sie genug Männer dabei, dass er Hadamar nichts hätte anvertrauen müssen – obwohl das ein ziemlich extremer Beweis seiner Ablehnung gewesen wäre. Der Decurio mochte ihn nicht, das wusste Hadamar nur zu deutlich, aber er war hier auf Befehl des Primus Pilus, weil er dessen Vertrauen besaß – und der Primus Pilus besaß das Vertrauen des Legaten. Was dann doch genug Wert sein sollte für einen popligen Decurio – poplig im Vergleich zum Legaten, wohlgemerkt –, fand Hadamar, um ihm auch Vertrauen entgegen bringen zu können.


    Er tauschte einen kurzen Blick mit einem der Equites, der gerade an ihm vorbei ritt, den er aber nicht wirklich zu deuten imstande war, und presste dann nur die Kiefer aufeinander. Schön. Brauchten sie halt ewig, anstatt nur halb ewig. Würde spaßig werden, das, mit ihm und dem Decurio, umso spaßiger, je länger sie brauchten – juhu. Vermutlich durfte er sich auch auf Mittelwache jede Nacht freuen.
    Hadamar wartete, bis die Equites mitsamt dem Karren an ihm vorbei waren, und übernahm dann die Nachhut. Der Decurio hatte ihm konkret nichts anderes gesagt... und so lange er ihm nicht befahl, zu ihm aufzuschließen, würde Hadamar auf dem Platz in ihrer kleinen Truppe bleiben, der den größtmöglichen Abstand zum Vibius bot.

    Zitat

    Original von Marcus Marius Madarus
    Hadamar ging das ganze anscheinend sehr viel lockerer an als er selbst, was wohl in dem Jahr Vorsprung seinen Grund haben mochte.. auf jedenfall war die Ungezwungenheit, mit der sein Freund vor Sönke Aufstellung nahm ansteckend... und definitiv beruhigend.
    "Ich hab einfach keine Lust gerade dich verprügeln zu müssen..." , grinste Sönke schief, und versuchte sich danach in einem geschüttelten Kopfnicken: "Ich spüre meinen Körper gar nicht mehr... es tut alles gleich weh.. ich hab keine Ahnung ob das an dem Marsch von gestern liegt... oder an dem von vorgestern... oder noch von dem von vorvorgestern."


    Er tat es dem Duccier schließlich gleich und versuchte sich in Lockerungsübungen, auch wenn so ziemlich alle davon Schmerzen durch seine Glieder jagten anstelle ihn zu einem besseren Fechter zu machen: "Wir haben uns hinter dem Scutum vor einem Baumstamm versteckt... und mit dem Schwert sehr siegessicher auf diesen eingeschlagen. Das war's."


    „Ah, versuch's doch einfach“, grinste Hadamar zurück und zuckte dann Achseln. „Den Gewaltmarsch von gestern spür ich auch noch... aber sonst gewöhnt man sich dran mit der Zeit. Wird besser, glaub's mir.“ Er räusperte sich und überlegte dann. Übungen mit Scutum und Gladius beim Baumstamm. So weit, so gut. Wie war das noch mal bei ihm gewesen in der Ausbildung? Er wusste nicht mehr ganz so genau, was ihr Ausbilder ihnen alles gesagt hatte oder so... aber er wusste inzwischen, worauf es ankam. Und er wusste noch sehr genau, was ihm am Anfang Schwierigkeiten gemacht hatte. „Weißt wo der Unterschied zwischen nem Sax und nem Gladius ist?“


    Sim-Off:

    Sorry - ganz übersehen.




    Hadamar hielt sich zurück, auch dann noch, als ziemlich klar wurde dass der Kerl ein Verwandter war – Alrik. Vage meinte er sich zu erinnern, irgendwann, vor... wie lang war das her? Er war auf jeden Fall noch ziemlich klein gewesen, und konnte ihn nicht sonderlich oft gesehen haben. Was ihn allerdings nicht daran hinderte, den Griff kräftig zu erwidern und zu grinsen. Auch wenn das Grinsen bei den folgenden Worten Alriks ein wenig verlegen wurde. „Eh, ja“, erwiderte er und hoffte unwillkürlich, dass seine Ohren nicht rot wurden. „Wobei die Baumstämme auch schon mal gegen Kameraden gewechselt werden.“ Er kratzte sich am Kopf. „Ich bin hier bei der zweiten“, nickte er dann. Und horchte auf, als Alrik weiter erzählte. „Welche Provinz?“ hakte er nach und fügte an: „Wenn's gegen den in Rom geht, bist hier schon mal nicht schlecht.“

    Als Hadamar merkte, wie aufmerksam der Primus Pilus zuhörte als es um die Ausbildung ging, nahm er sich vor sich in den nächsten Tagen damit noch mehr zu beschäftigen. Was er dem Centurio jetzt erzählte, war halt das Übliche, aber wenn ihn das schon so interessierte, dann würde er wohl sicher bald noch mehr Einzelheiten zu allen wissen wollen. „Zwei Wochen mit Betreuung, sonst Lazarett“, wiederholte er dann mit einem Nicken, als es um den ging, der nicht ganz so mitkam wie der Rest.


    Beim nächsten Thema nickte Hadamar wieder, und wünschte sich jetzt fast, er hätte was zum Schreiben oder so – obwohl er da immer noch nicht so gut war, nicht so gut, wie er wahrscheinlich sein müsste, wie es auf jeden Fall hilfreich war, und das war auch etwas, was ihn in den letzten Tagen zusätzlich gefordert hatte: das Üben, Üben Üben. Nicht auf dem Platz, sondern in der Schreibstube. Hadamar verbrachte da im Moment ohnehin jeden Abend, um sich einzuarbeiten, und sowohl währenddessen als auch danach nutzte er die Gelegenheit um zu üben. Als Miles war das noch völlig in Ordnung gewesen, es gab viele unter den Kameraden, die auch gar nicht lesen und schreiben konnten. Aber als Optio brauchte er das einfach, das hatte er schon am ersten Tag mitgekriegt.
    Zu schreiben hatte er aber gerade ohnehin nichts, also wiederholte Hadamar die Punkte in Gedanken: Einzelteile rechtzeitig zum Campus, genügend Geschosse, Hilfsknechte organisieren. Hilfsknechte? Wo sollte er die herkriegen?
    Wenigstens kam nichts mehr wegen der Verzögerungssache... Hadamar hatte in seinen ersten Tagen als Optio seinen Kopf völlig woanders gehabt, aber ganz sicher nicht dabei, den Tirones bei irgendwelchen Beschwerden zuzuhören. Er hatte sich erst mal eingearbeitet und die Ausbildung noch größtenteils Gutta überlassen, hatte sich nur von dem Immunes erzählen lassen, wie der grobe Stand war. Gut dass der Centurio nicht noch mehr nachhakte, dann musste er nicht zugeben dass er dazu einfach nicht mehr sagen konnte.


    Und dann kam gleich das nächste auf seiner gedanklichen Liste: anwerben. Und er sollte die Verantwortung tragen. Götter das wurde ja immer mehr... für Augenblicke bekam er mal wieder ziemliche Zweifel, ob er hier wirklich an der richtigen Stelle war, weil er das Gefühl hatte dass es ihm gerade wieder über den Kopf wuchs – und das, wo er sich doch gerade so weit durchgewurschtel hatte, dass er endlich glaubte halbwegs einen Überblick bekommen zu haben! –, aber er riss sich zusammen. Verus, er brauchte Verus. Unbedingt. Er musste ja nicht alles komplett allein machen, dafür gab es ja eben Leute wie den Scriba. Und mit dem würde er das schon hinkriegen. „Geschützausbildung vorbereiten. Werbetrommel in Mogontiacum rühren. In Ordnung, ich kümmer mich drum.“ Er überlegte kurz, versuchte seine Gedanken zu sortieren und den Berg an Arbeit wegzuschieben, der sich vor ihm gerade immer höher zu türmen schien, bis er ihn unter sich begrub – und stattdessen auf die neueste Aufgabe zu konzentrieren. „Ist vielleicht sinnvoll, nicht nur auf dem Marktplatz eine Aktion zu machen... sondern auch in den Tabernae der Stadt, gerade in den billigeren. Und ich kenn nen paar andere Plätze, wo junge Kerle rumhängen.“ Er dachte gar nicht darüber nach, ob der Centurio seine Gedanken dazu überhaupt hören wollte, oder ob das einfach nur ein weiterer Auftrag gewesen war, der keiner Diskussion mehr bedurfte in den Augen seines Vorgesetzten.

    „Na mal sehen...“ grinste Hadamar zurück, wobei er sich tatsächlich nicht ganz so sicher war, ob das so einfach war wie sie behauptete. Zwar waren viele der Schmuckstücke hier schön, aber Frauen waren da... manchmal etwas eigen. Was seiner Schwester – seine ältere wohlgemerkt, die kleine freute sich noch über alles – manchmal alles nicht gefiel, Dinge, von denen er gedacht hätte dass die ganz in Ordnung waren, fand er hin und wieder schon etwas seltsam. Vor allem die Gründe, aus denen sie die dann ablehnte! Das zu groß und jenes zu blau und hier was zu eckig... Und dann, umgekehrt, fand sie plötzlich etwas schön, wo er nur den Kopf schütteln konnte... aber gut, meistens war es schon so, dass er sich eher wunderte warum ihr irgendwas nicht gefiel.
    Allerdings: er gab sich tatsächlich Mühe, während er die Auslage betrachtete und immer wieder zu ihr sah. Er wollte etwas finden, was ihr gefiel. Als er sich dann wieder zuwandte und ihre Reaktion auf seine Worte sah, musste er sich schon wieder zusammenreißen um nicht zu breit zu grinsen. Sie lächelte nicht einfach nur, nein, sie schien zu strahlen, jedenfalls sah es so aus, und irgendwie hatte er auch den leisen Eindruck, als ob ihr wenigstens für einen Moment die Worte fehlten. „Eine Ausrede? Meinst du?“ Diesmal zeigte er sein Grinsen, flüchtig – und war dann selbst ein wenig verdutzt, als sie plötzlich ihm ein Kompliment machte. Damit hatte er nicht gerechnet, und plötzlich war er es, der ein bisschen verlegen dreinschaute. „Eh“, machte er und räusperte sich, während er sich am Kopf kratzte – wie immer, wenn er verlegen war.
    „Kampf und Aussehen haben aber nicht wirklich was miteinander zu tun“, antwortete er dann – und konnte sich gerade noch zurückhalten, nun ins Plappern zu geraten. Wäre ja noch schöner, wenn er ihr nun irgendwas von irgendwelchen Hackfressen erzählte, die unter seinen Kameraden so rumliefen. Zum Glück widmete sie sich jetzt der Spange, die er ausgesucht hatte, so dass er Zeit sich wieder ein bisschen zusammnzureißen. Je länger sie das Schmuckstück betrachtete, desto deutlicher hatte er das Gefühl, dass sie ihr wirklich gefiel, und tatsächlich war es so. Dass sie ein bisschen stichelte, störte ihn da überhaupt nicht. Hadamar grinste zufrieden und hakte seine Daumen in den Gürtel. „Nee, nee, wir wissen das wirklich nicht. Frauen haben nen ganz anderen Blick auf so was, glaub ich. Aber... nachdem ich nicht wusste, was dir gefällt, hab ich mir überlegt was mir an dir gefallen würde...“ Er steckte die Spange, die er ja immer noch in der Hand hielt, ihr ins Haar, dort, wo er vorhin die – imaginäre! Hadamar musste schmunzeln, als er daran dachte, dass das für ihn ja nur ein Vorwand gewesen war sie zu berühren – Strähne zurückgestrichen hatte. „Hin und weg also, hm?“

    Als sie von der Regia beim Stadttor ankamen, konnte Hadamar den Decurio schon sehen. Für Augenblicke wankte sein innerer Entschluss, sich nicht die Laune davon verderben zu lassen, dass er die nächsten Tage mit dem da unterwegs sein musste... er konnte die Rute noch zu gut spüren, und die ein oder andere Narbe hatte er auch noch. Allerdings: leichter erträglich würde die Zeit dadurch ganz sicher nicht, wenn er schlecht gelaunt war, und sie würde mit Sicherheit schwer erträglich, wenn er sich provozieren ließ. Er musste nur aufpassen, dass er nicht – ob nun beabsichtigt oder nicht – den Decurio provozierte... Hach. Als ob sein Leben nicht schon kompliziert genug war, jetzt als Optio.


    Als er beim Decurio angekommen war, gab er das Zeichen zum Halten und salutierte dann zu Pferd vor dem Vibius. „Ave, Decurio. Optio Duccius Ferox meldet sich.“ Er wies auf den Karren hinter sich und zog dann zunächst das Band mit dem Schlüssel über den Kopf, löste anschließend den Behälter mit der Schriftrolle von seinem Gürtel und überreichte beides dem Decurio. „Die Botschaft für den Procurator Augusti von Raetia und der Schlüssel für die Truhe“, fügte er erklärend hinzu. „Wenn ich einen Vorschlag machen darf, Decurio: wir wären deutlich schneller, wenn wir den Inhalt der Truhe in Beuteln zu Pferd mitnehmen und auf den Karren verzichten würden.“

    Hadamar nahm Schlüssel und Behälter entgegen, während sich sein Stirnrunzeln kurz ein wenig vertiefte. Er hatte keine Ahnung, wer der Kerl war, der ihm das nun überreichte – nur ein Soldat war er eindeutig nicht. Und dass er mit seinen Worten andeutete, er oder die ausgesuchten Equites der Secunda wären nicht vertrauenswürdig und würden etwas von dem ihnen Anvertrauten stehlen, gefiel ihm ganz und gar nicht. Sicher war nun nicht jeder Legionär derart vertrauenswürdig... aber die suchte man ja dann nicht für solche Aufträge raus. Auch wenn Hadamar bis gerade eben noch gar nicht gewusst hatte, was in dieser Kiste überhaupt drin war, war er sich sicher dass der Legat es wusste – und dass er entsprechend auch nur die Milites für den Transport hatte aussuchen lassen, die sich davon nicht in Versuchung führen lassen würden. Und immerhin hatten sie einen Eid geschworen. „Du kannst dir sicher sein, dass eure wertvolle Fracht sicher und vollständig an ihr Ziel kommt, alter Mann. Gleich wie sie transportiert wird.“ Trotzdem hängte er sich den Schlüssel an seinem Band um den Hals, verstaute den Behälter an seinem Gürtel und schwang sich dann wieder auf seinen Gaul, um erst mal mitsamt Truhe und Karren abzuziehen. Sie würden mit dem Ding zwar deutlich länger brauchen, bis sie ihr Ziel erreichten... aber da der alte Sack so empfindlich reagierte und ihm nicht offiziell die Erlaubnis gab, konnte er auch nichts zu tun. Dann hatte nicht er das zu entscheiden, sondern der Decurio. Mit einem „Auf geht’s“ gab er den Befehl zum Abmarsch, und Reiter und Karren setzten sich in Richtung Stadttor in Bewegung.

    Irgendwie hatte Hadamar gehofft, dass der Centurio in den nächsten Wochen ein bisschen mehr Zeit haben würde... aber danach klang er ganz und gar nicht. Nicht nur die Ausbildung, sondern das Training der ganzen Centurie würde weiter in seinen Händen liegen? Hadamar war sich nicht so sicher, ob er das alleine wirklich gebacken bekam. Andererseits: sonst war es vielleicht üblich, dass der Centurio da war, aber Artorius war ja kein normaler Centurio mehr, weswegen in der I möglicherweise generell einiges anders lief... und Corvinus hatte eine ganze Zeitlang völlig ohne Centurio den Laden schmeißen müssen. Da war der zwar nicht mehr ganz neu als Optio gewesen, aber trotzdem. Was zählte war doch, dass es hinzukriegen war.


    Er wollte zwischendurch schon auf die Fragen antworten, aber der Centurio sprach weiter, und so wartete Hadamar erst mal ab und versuchte, seine Gedanken zu sortieren, bevor er schließlich wieder was sagte: „Was die Ausbildung und das Training angeht, kannst du dich auf uns verlassen. Gavius hat ja auch schon meinen Vorgänger unterstützt... das kriegen wir hin.“ Sagte er jetzt einfach mal so. Und er würde sich halt reinhängen, damit es auch wirklich so klappte. Das hieß: klappen würde das ganz sicher, Gavius war ja nun wirklich nicht unerfahren, aber Hadamar wollte ja dass alles so lief wie gewünscht, weil er schnell lernte und seine Sache gut machte, und nicht weil Gavius ihm die Arbeit abnahm. Dass der ihm half war völlig okay, fand er, aber er musste aufpassen, dass er da so schnell wie möglich selbst reinfand. „Uhm. Wir haben im Augenblick 17* Tirones“, fuhr er dann fort. „Neun davon sind fast fertig mit der Ausbildung, bei sieben von denen gibt es schon Empfehlungen für den weiteren Einsatz, größtenteils in anderen Centurien der I. Cohorte, weil unsere annähernd vollständig ist, ein paar auch in andere Cohorten, einer zu den Turmae... Einer wird die Ausbildung wohl nicht schaffen, da ist-“ Hadamar unterbrach sich. Er war vielleicht erst seit kurzem Optio, aber das hieß nicht, dass er sich aus der Verantwortung stehlen würde. Er war Optio, also musste er auch dafür grade stehen und konnte nicht einfach den Immunes vorschieben. „Da sind Gavius und ich uns noch nicht sicher, ob sie verlängert werden oder ob der Tiro besser entlassen werden sollte.“


    Er wartete kurz, was der Centurio dazu sagen würde, bevor er fortfuhr: „Wie viele Tirones die anderen Centurien der Cohors I haben, weiß ich nicht, werd mir die Zahlen aber besorgen. Und von Verzögerungen bei der Rekrutierung selbst ist mir nichts bekannt... aber ich werd mal mit unseren Tirones und den Zuständigen in den Büros sprechen und nachforschen. Und mir was überlegen, wenn’s da tatsächlich zu langsam zugeht.“ Er wusste zwar noch nicht was oder wie, aber was nicht war, konnte ja noch werden... und das war immerhin was Handfesteres als das Durchgehen irgendwelcher Akten. Er hob eine Hand und rieb sich den Nacken. „Ich hab mich damals aufm Marktplatz anwerben lassen. Soll ich ein paar Milites losschicken, die mal wieder ein bisschen die Werbetrommel rühren in der Stadt?“



    Sim-Off:

    *Ich hab keine Ahnung, ob die Zahl realistisch ist – wenn nicht, editier ich gern

    „In Ordnung“, erwiderte Hadamar und wartete ruhig, bis der Wagen kam – nur um dann da zu stehen und das Ding kritisch zu mustern. „Sag mal, können wir den Inhalt der Truhe auch in Beuteln mitnehmen? Wir sind ein paar Reiter, das könnten wir aufteilen... und wir wären wesentlich schneller, wenn wir keinen Karren dabei hätten.“ Zumal sie nicht mal den direkten Weg nehmen konnten noch Augusta Vindelicum, weil der direkte Weg durch Germania Magna führte – und er ging einfach mal davon aus, dass der Legat und alle anderen wohl erwarteten, dass sie den sicheren Weg nahmen und diesseits des Limes entlang reiten würden. Was die Strecke deutlich verlängerte, wenn das auf der Karte richtig angegeben war.

    Auch bei der Frage konnte Hadamar nur die Achseln zucken. „Hört man auch mal so, mal so. Offiziell wissen wir noch von nix“, und er ging davon aus, dass es das war, was Witjon interessierte – was sie in der Legion wirklich erfahren hatten von ihren Vorgesetzten. Aber noch war da nicht mehr, als dass sie sich dem Cornelius angeschlossen hatten. „Aber ich geh mal davon aus, dass wir das bald erfahren. Ich glaub net dass das noch lang dauern wird, bevor wir marschieren.“ Er trank noch einen Schluck und nickte dann mit einem flüchtigen Grinsen. „Ja, nen bisschen unterwegs sein, das-“ In dem Moment wurde er unterbrochen, als die Tür aufging und jemand herein kam – jemand, der ihm nicht wirklich bekannt vorkam. Oder doch? Oder nicht? Hadamar war sich nicht so sicher, aber der Neuankömmling schien sich hier offenbar ziemlich... selbstverständlich vorzukommen. Hatte Witjon irgendwelche neuen Handelspartner, mit denen er so gut stand dass die einfach hereinplatzten, oder war das irgendein Verwandter? „Heilsa“, machte er zunächst einfach nur, während er aufstand und den Neuankömmling begrüßte. Und den Rest erst mal Witjon überließ.

    Als der Primus Pilus auf ihn aufmerksam geworden war, trat Hadamar ein und salutierte zackig. „Optio Duccius Ferox meldet sich. Hast du einen Augenblick Zeit, Centurio?“ Er wartete Artorius' Antwort ab – ha, er wurde richtig gut in solchen Dingen – und meinte dann: „Ich wollte Bericht erstatten über meine ersten Tage als Optio.“ Und ganz generell mit seinem Vorgesetzten mal reden, weil sie außer ein paar kurzen Wortwechseln bisher noch keine Gelegenheit gehabt hatten dazu seit seiner Beförderung... aber das sagte Hadamar nicht laut. Das hätte so... so... so weinerlich geklungen. So sehr nach bitte nimm mich an die Hand, wie ein Kleinkind. Neinein, lieber erzählen was er schon alles auf eigene Faust gemacht hatte, dass er sich selbständig eingearbeitet hatte, und dann mal sehen, wie sich das Gespräch entwickelte. Ob der Centurio Anmerkungen hatte oder so – oder ob alles so passte.


    „Scriba Balventius Verus hat mir größtenteils bei der allgemeinen Einarbeitung geholfen, und mir alles gezeigt was die Verwaltung der Centuria I Cohors I angeht. Immunes Gavius Gutta hat mich auf den aktuellen Stand gebracht, was die Ausbildung der Tirones angeht.“ Gutta war der Immunes, der dem alten Optio zur Seite gestanden hatte bei Ausbildung und Drill, und er hatte zwischenzeitlich die Ausbildung ganz weiter geführt, um die Lücke zwischen Weggang des alten und Ankunft und Einarbeitung des neuen Optio zu schließen. Er räusperte sich. „Meine Einarbeitung ist damit so gut wie abgeschlossen, jedenfalls was das Übliche angeht laut Scriba Balventius und Immunes Gavius. Die Erstellung der neuesten Dienst-, Ausbildungs- und Wachplänen habe ich schon übernommen, ich hab sie dabei, wenn du sie sehen und freigeben möchtest.“ Hadamar legte dem Primus Pilus ein paar Unterlagen hin. Und beschloss, jetzt erst mal zu schweigen und abzuwarten, was Artorius dazu sagen würde. Ob er noch weitere Anweisungen hatte. Oder so.